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Bologna-Prozess | bpb.de

Bologna-Prozess

T.-C. Bartsch

Der B. ist nach der alten ital. Universitätsstadt Bologna benannt, in der 1999 29 europ. Bildungsminister eine Absichtserklärung unterzeichneten, in der sie die Errichtung eines europ. Hochschulraums bis 2010 beschlossen. Angestoßen wurde die Entwicklung durch die Sorbonne-Erklärung der Bildungsminister von Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien von 1998 anlässlich der 800-Jahr-Feier der Pariser Universität, in der neben einem »Europa des Wissens« auch die Harmonisierung der europ. Bildungssysteme gefordert wurde. Zur Umsetzung des europ. Hochschulraums einigten sich die Minister in Bologna zunächst auf 6 konkrete Ziele, die sie auf freiwilliger Basis durch nationale und internationale Regelungen erreichen wollten. Jedes Land sollte ein System vergleichbarer Abschlüsse einführen, ein zweistufiges System von Studienabschlüssen einführen (undergraduate/graduate) und ein Leistungspunktesystem durchsetzen (vergleichbar dem ECTS). Der Abbau von Mobilitätshindernissen, die Förderung der europ. Qualitätssicherung und die Weiterentwicklung der europ. Dimension in der Hochschulausbildung waren weitere Ziele.

In der Folge trafen sich die Vertreter der Bologna-Staaten alle 2 Jahre auf Konferenzen, um die Fortschritte zu beurteilen und das weitere Vorgehen abzustimmen (2001 Prag, 2003 Berlin, 2005 Bergen, 2007 London, 2009 Leuven/Louvain-La-Neuve, 2010 Bundespest/Wien, 2012 Bukarest, 2015 in Armenien, 2018 in Paris). Schrittweise nahmen die Minister weitere Ziele in den Katalog auf, wie die Ratifizierung des Lissabon-Abkommens zur Anerkennung von Studienabschlüssen oder die Aufnahme der Doktorandenausbildung als dritten Zyklus in das System der gestuften Abschlüsse.

Um dem prinzipiell als internationale Konferenz organisierten B. eine Struktur und Dauerhaftigkeit zu verleihen, wurde ein Sekretariat eingerichtet, das die Koordination zwischen den Ministertreffen übernimmt. Mittlerweile nehmen 48 Staaten am B. teil (u. a. Aserbaidschan, Kroatien, Moldau und der Heilige Stuhl) (Stand: 2019). Der B. ist eine Form der freiwilligen, zwischenstaatlichen Koordinierung außerhalb der EU, allerdings unter Beteiligung der EU und ihrer Mitgliedstaaten. Weitere beteiligte Akteure sind neben der EU-Kommission, der Europarat, das Europäische Zentrum für Hochschulbildung der Unesco (CEPES, frz.: Centre européen pour l’enseignement supérieur), die Vereinigung Europäischer Universitäten (EUA), die Europäische Studentenunion (ESIB) sowie der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) und der Europäische Arbeitgeberverband (UNICE). Der B. löste in vielen Teilnehmerstaaten, auch in Deutschland, umfangreiche Hochschulreformen aus.

Internet

Literatur

  • T.-C. Bartsch: Europäische Hochschulpolitik, Baden-Baden 2009.

  • C. Hoareau: Deliberative governance in the European Higher Education Area. The Bologna Process as a case of alternative governance architecture in Europe, in: Journal of European Public Policy (JEPP), H. 4/2012, S. 530-548.

aus: Große Hüttmann / Wehling, Das Europalexikon (3.Auflage), Bonn 2020, Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH. Autor des Artikels: T.-C. Bartsch

Siehe auch:

Fussnoten

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