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Land (Freistaat) Sachsen | bpb.de

Land (Freistaat) Sachsen

Wolfgang Ismayr André Fleck

Historischer Hintergrund

Das Gebiet des Freistaates Sachsen (SN) liegt im Südosten Ds und grenzt an die Länder BY, TH, ST und BB sowie die Nachbarstaaten Polen und Tschechien. Mit der Gründung der Mark Meißen im Jahre 929 begann die politische Geschichte des Landes, das erst seit dem 15. Jh. auch als SN bezeichnet wurde. Der 1168 beginnende erzgebirgische Silberbergbau verhalf der Markgrafschaft zu dauerhafter wirtschaftlicher und kultureller Blüte. Dem vom 12. Jh. bis 1918 herrschenden Geschlecht der Wettiner gelang es, als Markgrafen, Kurfürsten (1423) und Könige (1806) einen der größten geschlossenen Territorialstaaten des Reiches zu bilden. Ab 1547 dominierte die albertinische Linie der Familie die Geschicke des Landes, nachdem es 1485 zu einer einschneidenden Landesteilung gekommen war. Als „Wiege der Reformation“ gewinnt SN frühzeitig europapolitische Bedeutung. Spätestens mit Friedrich August I. (der Starke) ist der Ruf des Landes als Hort der Künste und der Wissenschaften weltweit anerkannt.

Eine jahrhundertelang erfolgreiche Expansionspolitik – insbesondere auch durch den Erwerb der Nieder- und Oberlausitz (1635) – kehrte sich 1815 ins Gegenteil, als es zur Annexion eines Großteils des Königreiches Sachsen durch Preußen kam. Gleichzeitig begann mit dem Fortschreiten der Industrialisierung SNs nachhaltiger wirtschaftlicher Aufschwung. Im Laufe des Zweiten Weltkrieges wurde SN aufgrund seiner industriellen Strukturen zunehmend Ziel alliierter Luftangriffe. Nach der Auflösung der Länderstruktur 1952 waren die Bezirke Leipzig, Dresden und Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) wichtige industrielle und kulturelle Zentren in der DDR. Mit der Wiedervereinigung Ds am 03.10.1990 trat SN gleichsam „über Nacht“ gemeinsam mit den anderen „neuen Bundesländern“ der Europäischen Gemeinschaft bei. SN ist heute ein Bundesland mit weltbekannten Kulturinstitutionen, angesehenen Universitäten und Hochschulen, innovativen Industrien sowie qualitativ hochwertigem Handwerk und Gewerbe.

Bevölkerung – Gesellschaft – Wirtschaft

SN ist mit rund 18.450 km2 das zehntgrößte dt. Bundesland. Die Bevölkerungsdichte liegt bei 221 Einwohner/km2. Ende 2017 lebten rund 4,08 Mio. Menschen in SN, davon geringfügig mehr Frauen als Männer.

Das Land ist in drei Direktionsbezirke (Dresden, Leipzig, Chemnitz) mit insgesamt zehn Landkreisen, drei kreisfreien Städten sowie 421 Gemeinden unterteilt. Landeshauptstadt ist Dresden. Die Messestadt Leipzig ist die bevölkerungsreichste Stadt SNs (582.285), gefolgt von Dresden (550.948) und Chemnitz (246.735). Die Bevölkerungsprognose sagt bis 2030 eine sinkende Einwohnerzahl auf knapp unter 4 Mio. voraus. Seit 1990 (4,7 Mio.) hat insbesondere die Zahl der unter 20-jährigen abgenommen. Dieser Trend ist durch die anhaltend hohe Geburtenrate in SN (1,57 Kinder je Frau) rückläufig. Neben der bundesweit höchsten Geburtenrate trägt auch die hohe Zuwanderung der letzten Jahre zu einer Stabilisierung der Bevölkerungszahl bei. Während die Bevölkerungszahl in den Großstädten Leipzig, Dresden und Chemnitz zunimmt, schrumpfen die Kreise Görlitz, Bautzen, Mittelsachsen und der Erzgebirgskreis weiter. Der Anteil der über 65-jährigen ist dort besonders hoch.

Der Ausländeranteil betrug Anfang 2018 4,6 % (Bund 12,5 %). Insgesamt leben 195.374 Ausländer aus über 180 Staaten in SN, davon 80.549 Frauen. Die größte Gruppe sind Syrer (ca. 12 %) gefolgt von Polen, Russen, Afghanen und Rumänen. Der Großteil der Ausländer hält sich zwischen einem und vier Jahren in SN auf (ca. 85.000 Personen). 23.759 Asylbewerber (im Verfahren sowie abgelehnte) hielten sich im Juli 2018 in SN auf. Die Zahl der Asylsuchenden ist seit 2016 rückläufig.

In SN ist der größte Teil der staatlich anerkannten ethnischen Minderheit der Sorben beheimatet (Art. 6 SächsVerf.; § 2 SächsSorbG). Etwa zwei Drittel der insgesamt ca. 60.000 Sorben leben in der sächsischen Oberlausitz, insbesondere im Gebiet zwischen Bautzen, Hoyerswerda und Kamenz.

Anfang 2018 war knapp ein Fünftel der SN Mitglied einer der beiden großen Kirchen. 689.858 evangelischen standen 152.011 katholische Kirchenmitglieder gegenüber.

Mit einem BIP 2017 von 121,74 Mrd. € (29.856 € je Einwohner) bei einem Wachstum von 1,4 % gegenüber 2016 und 14 % gegenüber 2010 ist SN das wirtschaftlich potenteste ostdt. Bundesland. Der Landeshaushalt 2018 beträgt 18,9 Mrd. €. Die Arbeitslosenquote betrug im Oktober 2018 5,5 % (Bund 4,9 %). Bei Ausländern liegt die Arbeitslosenquote bei ca. 19 % (Bund ca. 14 %). Das Einkommen in SN Beschäftigter betrug 2017 im Durchschnitt 2670 € und lag damit rund 20 % unter dem Durchschnittseinkommen westdt. Beschäftigter. Im Jahr 2017 pendelten 146.800 SN zu einem Arbeitsplatz außerhalb des Landes, etwas weniger als ein Drittel davon in die anderen neuen Bundesländer.

Aus SN wurden 2017 Waren im Wert von 41,4 Mrd. € ins Ausland exportiert (13 % Steigerung zu 2016); größter Exportpartner war zum wiederholten Mal China. Die Wareneinfuhr stieg mit 24,2 Mrd. € ebenfalls erheblich (11 % Steigerung zu 2016), knapp zwei Drittel der Importe wurden aus der EU eingeführt; wichtigster Importpartner ist die Tschechische Republik.

SN besitzt ein reiches kulturelles Erbe, das intensiv gepflegt und ausgebaut wird. Sehenswürdigkeiten in den touristischen Hauptzielen Dresden und Leipzig zogen 2017 über 7,9 Mio. Besucher an, der Höchstwert seit der dt. Wiedervereinigung. Dagegen zieht es kaum ausländische Touristen in Regionen wie das Vogtland, das Erzgebirge sowie die Sächsische Schweiz. Rechtsextremismus ist in SN ein großes Problem. Rechtspopulistische und völkische Organisationen (z. B. die islamfeindliche Pegida) sind in SN so stark wie in keinem anderen Bundesland.

SN verfügt über 14 Hochschulen und mehr als 40 Forschungseinrichtungen. Mehrere Universitäten (Leipzig, Dresden, Chemnitz, Freiberg), Kunst- und Musikhochschulen sowie Hochschulen für angewandte Wissenschaften bestimmen die akademische und künstlerische Landschaft. Namhafte Forschungseinrichtungen wie die Leibniz-Institute, die Fraunhofer-Gesellschaft und die Max-Planck-Gesellschaft haben sich in Dresden, Leipzig und Halle angesiedelt. Zudem existieren verschiedene Wissenschaftsgesellschaften, darunter mit der 1779 gegründeten Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften eine der ältesten Gelehrtengesellschaften Deutschlands.

International anerkannte Spitzenforschung geschieht in SN insbesondere auf den Gebieten Mikroelektronik, Nanotechnologie, Maschinen- und Fahrzeugbau, Material- und Werkstoffwissenschaften, Biotechnologie, Neurowissenschaften, Medizintechnik sowie im Umweltbereich.

Politisches System

Verfassung

Die sächsische Verfassungsgeschichte begann 1831 mit einer monarchischen Verfassung. Am 01.11.1920 trat die zweite sächsische Verfassung in Kraft. Das ehemalige Königreich wurde nun zu einem parlamentarischen und demokratischen Freistaat. Die dritte Verfassung vom 28.02.1947 blieb im sozialistischen Zentralstaat nur eine kurze Episode, da am 23.07.1952 auch SN auf Beschluss der DDR-Volkskammer aufgelöst und in Bezirke überführt wurde.

Die nunmehr vierte Verfassung in der sächsischen Geschichte wurde am 26.05.1992 mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit der Mitglieder des Landtags beschlossen und trat am 06.06.1992 in Kraft. Im Unterschied zu anderen neuen Bundesländern wurde die Verfassung nicht durch einen Volksentscheid bestätigt. Die sächsische Verfassung ist in 11 Abschnitte und 122 Artikel gegliedert. Dem Organisationsteil der Verfassung gehen Abschnitte über die Grundlagen des Staates und die Grundrechte voraus. Als Staatsziele sind das Recht eines jeden Menschen auf ein menschenwürdiges Dasein, insbesondere auf Arbeit, angemessenen Wohnraum, soziale Sicherung und Bildung verankert. Die Grundrechte sind weitreichend und einklagbar. In ihrer Formulierung spiegeln sich die Erfahrungen zweier unfreiheitlicher Regime wider. Neben Arbeitnehmerrechten finden auch Rechte von Behinderten sowie ausländischen Minderheiten Erwähnung. Im weiteren Verlauf beschreibt die Verfassung die Strukturen des sächsischen Regierungssystems.

Verfassungsändernde Gesetze bedürfen einer Zweidrittelmehrheit der Mitglieder des Landtags. Auf Antrag von mindestens 450.000 Stimmberechtigten oder einer absoluten Mehrheit der Abgeordneten kann die Verfassung auch durch einen Volksentscheid geändert werden. In diesem Fall muss die Mehrheit der stimmberechtigten Bürger dem Antrag zustimmen (Art. 74 SächsVerf.). Im Jahr 2013 wurde ein Neuverschuldungsverbot in die Verfassung aufgenommen (Art. 95).

Organisation des Regierungssystems

Der Freistaat SN ist ein demokratischer und sozialer Rechtsstaat. Mit den Bestimmungen zur Wahl und Abwahl der Regierung, die dem deutschen Grundgesetz entlehnt sind, ist bereits in der Verfassung ein parlamentarisches Regierungssystem angelegt, in dem die Regierung vom Vertrauen der Parlamentsmehrheit abhängig ist. Wie in den anderen Bundesländern kommen allerdings direktdemokratische Verfahren ergänzend hinzu. Ähnlich dem Grundgesetz räumt die Verfassung dem Ministerpräsidenten eine starke Stellung ein.

Der Ministerpräsident wird vom Landtag mit der Mehrheit seiner Mitglieder ohne Aussprache in geheimer Abstimmung gewählt. Kommt diese Mehrheit nicht zustande, genügt in einem weiteren Wahlgang die Mehrheit der abgegebenen Stimmen (Art. 60 SächsVerf.). Der Landtag kann dem Ministerpräsidenten und mit ihm der gesamten Staatsregierung das Vertrauen nur dadurch entziehen, dass er mit absoluter Mehrheit einen Nachfolger wählt (konstruktives Misstrauensvotum; Art. 69 SächsVerf.).

Der Ministerpräsident beruft und entlässt die Staatsminister und Staatssekretäre und bestellt seinen Stellvertreter (der seit 2004 die Koalitionspartei im Kabinett vertritt). Im Unterschied zu manchen anderen Bundesländern bedarf die Regierungsbildung keiner nachträglichen Bestätigung durch den Landtag. Der Ministerpräsident verfügt über die Richtlinienkompetenz. Durch die seit 2004 bestehenden Koalitionsregierungen ist er bei der Wahrnehmung dieser Kompetenzen allerdings faktisch eingeschränkt. Innerhalb der Richtlinien des Regierungschefs leitet jeder Staatsminister seinen Geschäftsbereich selbstständig unter eigener Verantwortung (Ressortprinzip). Staatsminister sind zumeist Mitglieder des Landtags, müssen es jedoch nicht sein. Die wichtigsten Entscheidungen (z. B. Gesetzesvorlagen) werden formell im Kabinett getroffen, wobei unter Bedingungen einer Koalition im Vorfeld bedeutende Weichenstellungen im (informellen) Koalitionsausschuss erfolgen können.

Neben seiner politischen Führungsfunktion nimmt der Ministerpräsident auch Funktionen eines Staatsoberhauptes wahr. So vertritt er das Land nach außen, ernennt und entlässt die Richter und Beamten und übt das Begnadigungsrecht aus.

Der Sächsische Landtag wird auf fünf Jahre gewählt (aktuell 7. WP 119 Sitze). Er kann sich auf Beschluss von zwei Dritteln seiner Mitglieder selbst auflösen (Art. 58 SächsVerf.), was bisher noch nicht erfolgte. Die Abgeordneten sind Vollzeitparlamentarier und erhalten eine steuerpflichtige monatliche Grundentschädigung (Diäten) von 5804 €. Hinzu kommt eine steuerfreie Kostenpauschale, die abhängig von der Entfernung des Hauptwohnsitzes vom Sitz des Landtags zwischen 3223 und 4214 € je Monat beträgt (Stand 2018).

Wie in parlamentarischen Demokratien üblich, besitzt auch der Sächsische Landtag neben der Aufgabe der Regierungsbildung die Gesetzgebungs-, Kontroll- und Kommunikationsfunktion. Den anderen Landesparlamenten vergleichbar ist auch die Struktur des Sächsischen Landtags und seiner Fraktionen durch Arbeitsteilung und Spezialisierung geprägt. Die (derzeit 13) ständigen Landtagsausschüsse sind weitgehend an der Ressortstruktur der Staatsregierung orientiert, um effektiv kontrollieren zu können. Für die spezialisierte Vorbereitung der Arbeit des Plenums und der Ausschüsse sowie der Fraktionsversammlung sind innerhalb der Fraktionen jeweils mehrere Arbeitskreise zuständig. Für die Arbeitsplanung ist neben einer vorbereitenden Runde der Parlamentarischen Geschäftsführer formell das Landtagspräsidium zuständig, dem neben dem Landtagspräsidenten und zwei Vizepräsidenten die Fraktionsvorsitzenden und weitere Vertreter aller Fraktionen angehören.

Die parlamentarische Arbeit wird weitgehend durch die Fraktionen bestimmt, die sich durch Zusammenschluss von mindestens sieben Abgeordneten derselben politischen Partei bilden. Ähnlich wie im Deutschen Bundestag können nur Fraktionen oder eine entsprechende Anzahl von Abgeordneten selbstständige Anträge stellen oder Große Anfragen an die Regierung richten, Fraktionen zudem Aktuelle Debatten durchsetzen. Untersuchungsausschüsse müssen auf Verlangen eines Fünftels und Enquete-Kommissionen auf Verlangen eines Drittels aller Landtagsabgeordneten eingesetzt werden. Insgesamt waren bisher 14 Untersuchungsausschüsse und drei Enquete-Kommissionen tätig. Somit steht eine Reihe von Kontrollinstrumenten zur Verfügung, die allerdings überwiegend von den Oppositionsfraktionen genutzt werden.

Basierend auf den Erfahrungen der autoritären Vergangenheit gewährt Art. 40 der Verfassung der Opposition ausdrücklich Chancengleichheit in Parlament und Öffentlichkeit. Zudem wurde im Unterschied zum Grundgesetz ausdrücklich eine Verpflichtung zur Aktenvorlage als Minderheitenrecht und zur unverzüglichen und vollständigen Beantwortung von Anfragen in der Verfassung verankert (Art. 51, 54 SächsVerf.).

Über Gesetze entscheiden der Landtag oder die stimmberechtigten Bürger auf dem Wege einer dreistufigen Volksgesetzgebung. Gesetzentwürfe können durch die Staatsregierung, eine Fraktion oder sieben Abgeordnete sowie durch 40.000 Stimmberechtigte mittels Volksantrag eingebracht werden (Art. 70, 71 SächsVerf.). Bei der Gesetzgebung kann sich die Regierung auf einen entsprechenden Verwaltungsapparat stützen. Fast alle beschlossenen Gesetze gehen auf Gesetzentwürfe der Staatsregierung oder der Koalitionsfraktionen zurück. Stimmt der Landtag nicht binnen sechs Monaten einem Volksantrag zu, können die Antragsteller ein Volksbegehren in Gang setzen. Wird die erforderliche Anzahl von 450.000 Unterschriften (max. jedoch 15 % der Bürger) erreicht, findet ein Volksentscheid statt, bei dem die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen entscheidet. Der bisher einzige formal erfolgreiche Volksentscheid (zur Reform der Sparkassen) wurde politisch von der Landesregierung mit einer Gesetzesänderung unterlaufen.

Auf kommunaler Ebene wird die Möglichkeit von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid vielfach genutzt. Ein Bürgerentscheid kann auch durch Gemeinderatsbeschluss mit Zweidrittelmehrheit herbeigeführt werden. Von 1993 bis 2017 wurden insgesamt 335 Bürgerbegehren und Ratsreferenden durchgeführt; 174 Mal kam es zum Bürgerentscheid. Der Bürgerentscheid bindet die Verantwortlichen für drei Jahre.

Über die Vereinbarkeit von Landesrecht mit der Verfassung entscheidet der Verfassungsgerichtshof mit Sitz in Leipzig. Seine Mitglieder werden vom Landtag mit zwei Dritteln seiner Mitglieder für die Dauer von neun Jahren gewählt. Verfassungsrechtlich verankert sind insbesondere Organstreitverfahren, konkrete und abstrakte Normenkontrolle sowie Verfassungsbeschwerden (Art. 81 SächsVerf.).

Wahlen, Wahlverhalten und Parteiensystem

SNs Wahlrecht ist an das Bundeswahlrecht angelehnt. Mit seiner „Erststimme“ (Direktstimme) wählt der Bürger mit relativer Mehrheit in seinem Wahlkreis einen Direktkandidaten. Mit seiner „Zweitstimme“ (Listenstimme) entscheidet er sich nach den Grundsätzen des Verhältniswahlsystems für eine Partei, die ihre Kandidaten auf starren Landeslisten präsentiert. Der Zweitstimmenanteil entscheidet über die Mandatsverteilung (personalisierte Verhältniswahl). Dabei werden nur Parteien berücksichtigt, die mehr als 5 % der Stimmen erhalten oder in mindestens zwei Wahlkreisen ein Direktmandat errungen haben. Die Mandatsverteilung erfolgt nach d’Hondt. Kommt es zu Überhangmandaten, werden Ausgleichsmandate vergeben (2014: 3/3; 2019: keine)

Die Sächsische Gemeindeordnung lehnt sich an das Modell der „Süddeutschen Ratsverfassung“ an. (Ober)Bürgermeister und Landräte werden direkt auf sieben Jahre, Gemeinderäte und Kreistage auf fünf Jahre gewählt. Bei den Gemeinderats- und Stadtratswahlen verfügt jeder Wähler über drei Stimmen, die er auf einen Bewerber konzentrieren oder auf verschiedene Wahlvorschläge verteilen kann (kumulieren und panaschieren).

Seit Oktober 2019 befindet sich der Sächsische Landtag in der siebenten Legislaturperiode. Nach dem Systemwechsel 1990 entschied sich eine klare Mehrheit der SN für die CDU, die bis 2004 allein regieren konnte. In den Jahren 2004 bis 2009 war die SPD als Juniorpartner in einer „Großen Koalition“ mit der CDU vertreten. Von 2009 bis 2014 bildete die CDU eine Regierungskoalition mit der FDP, die seit den Landtagswahlen 2014 nicht mehr im Sächsischen Landtag vertreten ist (2014: 3,8 %; 2019: 4,5 %). Nach einer Neuauflage der „Großen Koalition“ von CDU (2014: 39,4 %) und SPD (2014: 12,4 %) in den Jahren 2014 bis 2019 reichten die Stimmenanteile beider Parteien bei der Landtagswahl 2019 (2019: CDU 32,1 %, SPD 7,7 %) nicht zur Fortsetzung der „Großen Koalition“ im Sächsischen Landtag. Zweitstärkste Partei wurde die rechtspopulistische AfD mit dem größten Stimmenzuwachs im Vergleich zur Landtagswahl von 2014 (2014: 9,7 %; 2019: 27,5 %). Die Partei Die Linke musste hingegen hohe Verluste hinnehmen (2014: 18,9 %; 2019: 10,4 %), während Bündnis 90/Die Grünen ihr bislang bestes Ergebnis erlangten (2014: 5,7 %; 2019: 8,6 %). Zur Bundestagswahl 2017 erreichte die AfD in SN mit 27 % ein ähnlich hohes Ergebnis und wurde nach Zweitstimmen sogar stärkste Partei. Das Erstarken der in Teilen rechtextremen Partei erschwerte die Koalitionsbildung der übrigen Parteien. Eine Koalition mit der AfD hatte der seit Dezember 2017 amtierende CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer vor der Wahl ausgeschlossen. Nach Einigung auf einen Koalitionsvertrag wurde im Dezember 2019 eine Regierungskoalition aus CDU, Bündnis 90/Die Grünen und SPD gebildet.

Alle sächsischen Parteien mit Ausnahme von Bündnis 90/Die Grünen weisen stetig sinkende Mitgliederzahlen auf (Ende 2016): CDU 10.927 (2000: 16.630), LINKE 8284 (2000: 20.871), SPD 4295 (2000: 5198), FDP 1879 (2000: 2851), B90/GRÜNE 1429 (2000: 951). Der 2013 gegründete Landesverband der AfD verfügt über 1690 Mitglieder (Stand April 2017). Insgesamt fällt es den Parteien schwer, neue Mitglieder zu werben und für die politische Arbeit zu motivieren.

Politische Rolle in Deutschland

SN ist das wirtschaftlich stärkste neue Bundesland, gleichwohl kein zentraler politischer Akteur auf Bundesebene. Der Freistaat verfügt über 38 Mandate im Deutschen Bundestag sowie vier der insgesamt 69 Sitze im Bundesrat. Politisch kooperiert SN eng mit den Ländern BY und BW sowie BB, ST und TH. Durch seine wirtschaftliche Stellung und aufgrund seiner Grenzen zu Polen und Tschechien ist SN ein anerkannter Akteur auf europapolitischer Ebene.

Quelle: Andersen, Uwe/Wichard Woyke (Hg.): Handwörterbuch des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland. 8., aktual. Aufl. Heidelberg: Springer VS 2021. Autor des Artikels: Wolfgang Ismayr

Fussnoten