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Arabische Sprache | bpb.de

Arabische Sprache

Das Arabische (A.) zählt aufgrund seiner weiten Verbreitung und globalen Bedeutung zu den großen Weltsprachen. Die frühe Sprachgeschichte ist nach wie vor in entscheidenden Zügen unklar. Innerhalb der semit. Sprachen (die meist mit dem Altägyptischen, den kuschit. Sprachen und dem Libysch-­Ber­berischen zu einer früher «semit.-hamit.», heute gemeinhin «afro-­asiat.» genannten Sprachfamilie zusammengefasst werden) wird das A. inzwischen meist zusammen mit dem «Altsüd-» A. und einem «nordwestsemit.» Zweig (v. a. Aramäisch und Kanaanäisch, einschließlich Phönizisch und Hebräisch) der Gruppe der «zentral­semit.» Sprachen zugeordnet. Diesen stellt man das Ostsemitische (v. a. Akkadisch), das sog. «Moderne Südarabisch» und die «äthio-­semit.» Gruppe gegenüber, mit welcher das A. aufgrund räumlicher Nähe wichtige Charakteristika teilt. Sprachdenkmäler von Vorstufen des sog. «klassischen» A. (s. u.) finden sich in Zentral- und Nord­arabien (Thamudisch, Lihyanitisch, Safaitisch, ca. 5. Jh. v. u. Z. – ca. 4. Jh. u. Z.). Die heute als «A.» bezeichnete Sprache basiert auf nord-­arab. Idiomen, die seit dem 4. Jh. u. Z. belegt sind, sowie auf der Sprache der vorislam. Poesie (Interner Link: Arab. Literatur) und des Interner Link: Korans. Dieses A. wurde mit der Expansion der Araber und des Islams im 7. Jh. weit über die Arab. Halbinsel hinausgetragen und seit dem 8. Jh. von Grammatikern und Lexikographen umfassend normiert, es wurde zum «klassischen» A. Der Status als Sprache der Eroberer, das Prestige als Offenbarungssprache, die hohe Anpassungsfähigkeit und die seit dem 9. Jh. dank reger Übersetzungstätigkeit erfolgte Integration der Wissenschaftssprache der Antike etablierten das klassische A. auf Jahrhunderte hinaus als Träger einer regionenübergreifenden islam. (aber z. T. auch christl. und jüd.) Kultur. Als Sprache des Kultus, der religiösen Gelehrsamkeit, der Wissenschaft, Literatur, Verwaltung usw. beeinflusste es auch die Sprachen anderer islamisierter Völker, insbesondere das Persische und Türkische (Iran. Sprachen, Interner Link: Türkische Sprachen). – Geschrieben wird das A. von rechts nach links (Interner Link: Arab. Schrift). Auffällig im Lautbestand sind eine Reihe von Kehllauten (ḥ, kh, ʿ, gh, q) sowie die sog. emphat., dumpfen Konsonanten (ḍ, ṣ, ṭ, ẓ). Das A. gehört zum Typus der wurzelflektierenden Sprachen. Der Formenbestand ist charakterisiert durch meist 3-konsonantige Wortwurzeln, die eine Grundbedeutung tragen und von denen durch Vokalverteilung u. a. Wortbildungsmittel Nomina und Verben generiert werden. So gibt es z. B. zur Wurzel k-­t-b («schreiben») die Nomina kitāb («Buch»), maktab («Ort, wo man schreibt; Büro, Schreibtisch»), kātib («schreibend; Schreiber, Schriftsteller») und Verben wie kataba («schreiben»), takātaba («einander schreiben»), aktaba («diktieren»), istaktaba («zu schreiben bitten»). – Seit dem 19. Jh. wurde das klassische A., nachdem es zuvor in einigen Bereichen an Bedeutung verloren hatte, von auf einen kulturellen Aufschwung (nahḍa) bedachten Intellektuellen bewusst gefördert und passte sich in der Folge in Wortschatz und Ausdrucksweise den Erfordernissen der neuen Zeit an. Das so entstandene Neuhocharabische ist wie das klassische A. in erster Linie allgemeinverbindliche Schriftsprache. Daneben existieren mehrere Regionalsprachen und deren jeweilige lokale Dialekte (vergleichbar etwa den Verhältnissen in der Schweiz mit Hoch/Schriftdeutsch, Schweizerdeutsch und z. B. Zürich-­Deutsch). In den arab. Ländern erlernt man das Hoch/Schrift-­A. erst in der Schule. Es wird außer im religiösen Kultus nur im formellen Rahmen (Reden, Vorträge, Nachrichtensendungen etc.) oder zum Zweck innerarab. Verständigung gesprochen, falls die von den Sprechern benutzten Idiome zu stark divergieren und eine Kommunikation unmöglich ist. Muttersprache und damit auch Sprache der alltäglichen Lebenswelt, des Denkens und Fühlens ist (sofern nicht Berber- oder eine andere nicht-­arab. Sprache) die Variante einer der arab. Regionalsprachen (Hauptsprachregionen: Nordafrika, Ägypten, Levante, Irak, Zentralarabien). Diese Umgangssprachen unterscheiden sich in Lautbestand, Wortschatz, Formen- und Satzbildung ganz erheblich v. a. vom Hoch-­A., je nach Distanz aber auch untereinander. Wegen seiner Verbreitung durch viele Filme wird überregional am besten das Ägyptisch-­A. verstanden. Die meisten A.-Sprecher betrachten die Umgangs­sprache als regelloses und falsches A. und definieren so ihre Muttersprache lediglich negativ. Versuche, die ʿāmmīya (arab. «die Volkstümliche») aufzuwerten, wurden vor dem «Arab. Frühling» regelmäßig eines die arab. Einheit verratenden Separatismus oder auch einer Abkehr vom Islam bezichtigt, obgleich sie sich in der Regel längst auch einen literar. Platz als Sprache des Theaters, des Films und einer umfangreichen Mundartdichtung erobert hatte. Seit den antiautoritären Erhebungen des «Arab. Frühlings» und mit zunehmendem Einfluss des Internets ist die einst so gut wie unerschütterbare Vorrangstellung des Hocharabischen jedoch gehörig ins Wanken geraten, so dass die Umgangssprachen nunmehr v. a. in den Sozialen Medien, immer mehr jedoch auch auf dem Literaturmarkt präsent sind. Im Maghreb, wo zu Kolonialzeiten die Rolle einer Bildungs-, Wissenschafts- und Literatursprache weitgehend vom Französischen okkupiert war und das A. auf diesen Gebieten in den Jahren nach der Unabhängigkeit wieder an Terrain zurückgewonnen hatte, wird die Position der Hoch- und Umgangssprachen gegenüber dem Französischen und einheimischen Berberidiomen nun allenthalben neu verhandelt. Außerhalb der arab. Welt galt die Erlernung der Sprache des Korans (deshalb meist in Koranschulen) seit jeher als Zeichen von Frömmigkeit und brachte hohes Prestige. In einem Europa, das zunehmend muslim. Flüchtlinge in seine Gesellschaften einzugliedern hat, wird der Besuch von Arabisch-­Kursen jedoch nicht selten als Indiz für mangelnde Inte­grationswilligkeit, wenn nicht gar Bereitschaft zu religiösem Extremismus gedeutet.

Literatur: Guth, S.: Die Hauptsprachen der Islamischen Welt, 2012, 41 – 133. – Kogan, L.: Genealogical Classification of Semitic, 2015. – Weninger, S. (Hg.): Semitic languages: an international handbook, 2011. – Fischer, W.: Grammatik des klassischen Arabisch, 1972. – Fischer, W./Jastrow, O. (Hg.): Handbuch der arabischen Dialekte, 1980.

Autor/Autorinnen:Prof. Dr. Stephan Guth, Universität Oslo, Islamwissenschaft, Orientalische Philologie, Begriffsgeschichte

Quelle: Elger, Ralf/Friederike Stolleis (Hg.): Kleines Islam-Lexikon. Geschichte - Alltag - Kultur. München: 6., aktualisierte und erweiterte Auflage 2018.

Fussnoten