Die bisher präsentierten Daten zeigen Momentaufnahmen der Verdienststruktur. Sie bilden die Verteilung der Arbeitseinkommen lediglich zu einem Zeitpunkt ab. Um einen vollständigen Eindruck zu erhalten, wäre es erforderlich, die Einkommenslagen der Beschäftigten auch im Zeitverlauf zu betrachten. Empirisch abgesicherte Längsschnittanalysen der je individuellen Entwicklung der Arbeitseinkommen im Lebensverlauf liegen jedoch nur begrenzt vor.
Eine solche dynamische Betrachtung ist deswegen von Bedeutung, da ein (relativ) niedriger Verdienst zu Beginn der Berufstätigkeit im Zuge eines beruflichen Aufstiegs durch einen (relativ) höheren Verdienst ausgeglichen werden kann. Aber mehr noch ist das Gegenteil wahrscheinlich: Womöglich bleiben Beschäftigte, die aufgrund einer fehlenden Berufsausbildung einen ungünstigen Berufseinstieg gehabt haben, auf Dauer im unteren Bereich der Einkommensstruktur stecken. Eine lediglich kurzfristige Verweildauer im Niedriglohnbereich ist also anders zu bewerten als ein mehr oder minder dauerhafter Verbleib in der unteren Stufe der Berufs- und Einkommenshierarchie.
Die vorliegenden Längsschnittuntersuchungen
Die Daten der Rentenversicherung (Rentenbestand) belegen diese geschlechtsspezifischen Abweichungen
In den neuen Bundesländern bzw. in der vormaligen DDR sahen die Erwerbsbiografien von Frauen grundsätzlich anders aus. Hier haben 74,3 Prozent der Frauen 40 und mehr Versicherungsjahre auf ihrem Rentenkonto. Typisch war eine weitgehend durchgängige Erwerbstätigkeit, die auch durch die Kindererziehung nicht unterbrochen worden ist. Für den Einkommensverlauf ist nicht nur die Dauer der Erwerbstätigkeit entscheidend, sondern auch die Verdiensthöhe in den jeweiligen Jahren. Auch hier sind die Daten der Rentenversicherung eine wichtige Informationsquelle: Denn bei der Berechnung der Entgeltpunkte werden die in jedem Jahr festgestellten Verdienste eines Versicherten in Relation zu den jeweiligen Durchschnittsverdiensten gesetzt. Ein durchschnittlicher Entgeltpunkt von beispielsweise 0,7 je Versicherungsjahr bedeutet, dass die im Verlauf der Beschäftigung erreichte Verdienstposition bei 70 Prozent des Durchschnitts (arithmetisches Mittel) liegt.
Die so ermittelte Verdienst- oder Entgeltposition von Frauen liegt merklich unter der der Männer. Denn − wie beschrieben − sind nicht nur die Bruttostundenverdienste von Frauen niedriger als die der Männer, sondern durch das hohe und wachsende Ausmaß von Teilzeitbeschäftigung fallen auch die Monatsverdienste besonders gering aus. Teilzeitarbeit und damit Teilzeiteinkommen sind zur Normalität der Frauenerwerbsteilhabe geworden − und dies insbesondere für Frauen mit Kindern.