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Zehn Jahre Afrikanische Union | Hintergrund aktuell | bpb.de

Zehn Jahre Afrikanische Union

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Vor zehn Jahren wurde die Afrikanische Union gegründet. Sie war Anlass zur Hoffnung auf einen friedlichen und wirtschaftlich starken afrikanischen Kontinent und hat zu einer stärkeren Kooperation bei der Lösung der zentralen Probleme Afrikas geführt. Dem Integrationsprozess stehen jedoch ein Mangel an Ressourcen und an politischem Einigungswillen entgegen.

Hauptsitz der Afrikanischen Union in Addis Abbeba, Äthiopien (© picture-alliance/dpa)

Die Initiative zur Gründung einer neuen panafrikanischen Organisation – der Afrikanischen Union – geht auf Muammar al-Gaddafi zurück. Der libysche Revolutionsführer propagierte dabei die politische Idee der "Vereinigten Staaten von Afrika" mit gemeinsamer Armee, Währung und starker zentraler Führung. Al-Gaddafi warb mit großem finanziellen Aufwand bei den afrikanischen Staatschefs für die Idee.

Am 11. Juli 2001 wurde in der sambischen Hauptstadt Lusaka die Gründungscharta der AU verabschiedet. Ein Jahr später tagte am 9./10. Juli 2002 im südafrikanischen Durban die erste Gipfelkonferenz der Staats- und Regierungsoberhäupter der Afrikanischen Union. 54 Mitgliedstaaten gehören der AU an, das sind alle Länder des Kontinents mit Ausnahme Marokkos. Hauptsitz der Organisation ist die äthiopische Hauptstadt Addis Abeba. Die AU ist befugt, auf globaler Ebene für Afrika zu sprechen.

Vorläuferin: Organisation für Afrikanische Einheit (OAU)

Einen ersten Versuch zur Einigung des Kontinents unternahmen die afrikanischen Staaten bereits 1963 mit der Organisation für Afrikanische Einheit (Organisation of African Unity – OAU).

Die OAU hatte sich dem dauerhaften Kampf gegen die kolonialen Strukturen in Afrika verpflichtet. Kernziel war die Souveränität der afrikanischen Staaten zu sichern, die im Zuge der Dekolonisation unabhängig geworden waren. In vielen Fällen von Menschenrechtsverletzungen, wie etwa dem Genozid in Ruanda (1994), pflegte die OAU das Prinzip der Nichteinmischung in die innerstaatlichen Angelegenheiten ihrer Mitglieder. Dies führte dazu, dass sie angesichts gewaltsamer Militärputsche, Bürgerkriege und grober Menschenrechtsverletzungen als passive Beobachterin agierte und oft als "Club der Diktatoren" und "Papiertiger" bezeichnet wurde.

Im Gegensatz zur OAU bekennt sich die Afrikanische Union offen zu Menschenrechten und hat eine stärkere politische Ausrichtung.

Ziele und Prinzipien

Die Struktur der AU orientiert sich stark an der EU. Wichtigstes Organ der AU ist die Unionsversammlung der Staats- und Regierungschefs. Nach dem Vorbild des Europäischen Parlaments existiert auch das Pan-Afrikanische Parlament (PAP). Die Abgeordneten werden jedoch nicht direkt gewählt, sondern jedes Mitgliedsland delegiert fünf Mitglieder aus den nationalen Parlamenten. Der Afrikanische Gerichtshof überwacht ferner die Einhaltung der in der African Charta on Human and Peoples' Rights definierten Rechte. Im Unterschied zur EU gibt es für die Mitgliedschaft in der AU keine Aufnahmekriterien, was Regierungsführung, Transparenz oder wirtschaftliche Leistungsfähigkeit angeht.

Im Unterschied zur EU und ihrer Vorgängerorganisation besitzt die Afrikanische Union mit dem Friedens- und Sicherheitsrat ein zentrales Organ zur Friedenssicherung, das sich am Vorbild des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen orientiert. Sein Aufgabenspektrum umfasst eine Reihe von Maßnahmen: von der Konfliktprävention und -intervention über die Schaffung einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik bis hin zur Förderung von Demokratie und Menschenrechtsschutz.

Zusätzlich wurde die Afrikanische Bereitschaftstruppe (African Standby Force – ASF) eingerichtet, die Friedenseinsätze unter afrikanischem Kommando ermöglichen sollte. Dies wurde notwendig, da nach Artikel 4 (h) der Gründungsakte der AU die Organisation im Falle von Kriegsverbrechen, Völkermorden und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in einem Mitgliedsstaat intervenieren darf.

So haben die Aktivitäten der AU auf dem Gebiet der gemeinsamen Verteidigungs- und Sicherheitspolitik kontinuierlich zugenommen: Bereits 2003 entsendete die AU eine Friedenstruppe nach Burundi, es folgten unter anderem Missionen in Darfur und in Somalia.

Ausblick

Gegenwärtig befinden sich viele Institutionen der AU noch im Aufbau. Wie schon bei der OAU scheitern viele Ideen an der Finanzierung. Neben einem Mangel an Ressourcen erschwert auch die heterogene Mitgliedsstruktur die Fähigkeit der AU, Kompromisse zu finden. In vielen Staaten gibt es starke Vorbehalte, Souveränitätsrechte auf ein supranationales Gebilde zu übertragen. Der Prozess der Einigung scheitert auch oft aufgrund starker politischer Differenzen.

Trotz aller Mängel stellen die Einrichtungen der AU einen erheblichen Fortschritt gegenüber denen der Organisation für Afrikanische Einheit dar. Die Gründung der AU war ein Neubeginn in Afrika, mit dem Ziel einer stärkeren politischen und institutionellen Zusammenarbeit afrikanischer Staaten. Die 54 Mitgliedsstaaten stehen heute viel stärker in der Verantwortung für die Lösung der drängenden humanitären Probleme und der bewaffneten Konflikte auf dem Kontinent als noch vor zehn Jahren. Zudem wird die Afrikanische Union international immer mehr als Vertreterin afrikanischer Interessen wahrgenommen und akzeptiert.

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