Gegenwärtig arbeiten drei von vier aller Erwerbstätigen im Dienstleistungssektor und haben einen großen Anteil an der gesamten Wertschöpfungskette. Seit 1970 hat sich die Dienstleistungsbeschäftigung verdoppelt. Die Industriearbeit im Produzierenden Gewerbe (ausser Bauwirtschaft ) war hingegen um dreieinhalb Millionen Arbeitsplätze rückläufig. In der Aufschwungsphase kam eine Viertelmillion an sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung neu hinzu. Welche Auswirkungen hatte dies?
Mit der Ausweitung des historisch gewachsenen Begriffs "Dienstleistungssektor" wird oft der Prozess der "Tertiarisierung"[1] beschrieben. Dies trifft aber weder die quantitative und qualitative Heterogenität der Dienstleistungen noch die vielfältigen gegenseitigen Verflechtungen von Dienstleistungs- und Industriearbeit. Produktionsbezogene Dienstleistungen, die auch noch dem Produzierenden oder Verarbeitenden Gewerben vorgeschaltet, beigeordnet oder nachgestellt sind, setzen Industriearbeit voraus und durchdringen sie immer mehr, sodass man von einer Symbiose sprechen kann. Schätzungsweise handelt es sich bei bis zur Hälfte der Dienstleistungsstunden um Zuarbeit für die Industrie. Sie heißen funktional betrachtet deshalb auch industrieinduzierte Dienstleistungen.
Unternehmensdienstleistungen umfassen u.a. Information und Kommunikation, Finanz- und Versicherungsdienste sowie wirtschaftliche, wissenschaftliche und freiberufliche Dienstleistungen, die ihrerseits stark in den Produktionsbereich hineinreichen. Handel, Verkehr, Logistik und Gastgewerbe mit über zehn Millionen teils guten Arbeitsplätzen, aber auch vielen schlechten Jobs, lassen sich zu einem Bereich zusammenfassen. Eigenständig ist auch der Öffentliche Dienst mit seinen Verwaltungen und Sozialversicherungen. Schließlich sind die personenbezogenen Dienstleistungen - Erziehung und Unterricht/ Gesundheits- und Sozialwesen/ Kultur, Kunst und Unterhaltung - und andere private Dienstleistungen trotz ihrer Vielfalt als wichtige Bereiche der Daseinsvorsorge gemeinsam zu betrachten.
Der Rückgang der Industriebeschäftigung beruht zu einem guten Teil auf Auslagerungen von einfachen Diensten, die früher in den Produktionsunternehmen direkt angesiedelt waren. So werden konjunkturelle und strukturelle Beschäftigungsrisiken zur Sicherung der Stammbelegschaften der Arbeitnehmerüberlassung überantwortet. Große Industrieunternehmen werden durch Übernahme von Forschungs-, Design- und Entwicklungsarbeiten zu Anbietern von Dienstleistungen. Verstärkend kommt hinzu, dass die eigene Produktion untrennbar mit Dienstleistungen verbunden wird, wie zum Beispiel Planung, Projektierung, Genehmigungsverfahren, Finanzierung, Schulung des Bedienungspersonals, Wartung und Reparatur sowie Entsorgung und Recycling. Gerade weil die deutsche Wirtschaft alles dies aus einer Hand anbieten kann, ist ihr ein vorderster Platz im Export sicher. Werden diese Dienstleitungen nicht selbst vorgehalten, zumal sie ja nicht lagerbar sind, muss ihr Verbund organisiert sein.
Während produktionsbezogene Dienstleistungen meist hoch produktiv, gut bezahlt und mit den Standards der Industriearbeit ausgezeichnet sind, expandieren im Handel und Gastgewerbe sowie in vielen personenbezogenen oder privaten Dienstleistungen niedrig bezahlte, atypisch bis prekäre und geringfügige Arbeitsverhältnisse. Teilzeitarbeit ist zu vier Fünfteln Frauenarbeit, vor allem in vielen, auch niedrig bezahlten Dienstleistungen. Andere Unternehmensdienstleistungen wie Leiharbeit oder Finanzdienste werden ebenfalls kritisch erörtert und es wird über eine Dienstleistungspolitik debattiert, die ordentliche Arbeitsbedingungen und Entlohnungen wie sie für die Industrie und die zugehörige Dienstleistungsarbeit gelten, auch für alle anderen Dienstleistungen erreichen will.
Industrieinduzierte Dienstleistungen als Treiber des Strukturwandels
Seit Anfang der 1990er Jahre verlor das Produzierende Gewerbe in Deutschland rund dreieinhalb Millionen Beschäftigte. Selbst wenn gut zwei Millionen auf die Transformation der Industrie in den neuen Ländern entfiel und die Re-Industrialisierung dort wieder Industriearbeit einbrachte, der Abwärtstrend ist unverkennbar. Gegenläufig dazu konnte das Verarbeitende Gewerbe im laufenden Aufschwung bald 300.000 Arbeitsplätze zulegen.
Die langfristige Abnahme der Industriebeschäftigung hat vor allem drei Ursachen: Erstens wurden nach PROGNOS[2] mit der neuen Klassifikation der Wirtschaftszweige 2008 rd. 350.000 frühere Industriearbeitsplätze den Dienstleistungen zugeschlagen. Zweitens haben vor allem größere Industrieunternehmen einfachere Dienstleistungen, die nicht zu ihrem Kerngeschäft gehören, aus Gründen der Arbeitskosten, der Tarifbindung und Personalvertretung in wirtschaftsnahe Bereiche ausgelagert. Zu denken ist an Reinigung, Wach- und Sicherheitsdienste, Kantinen und Catering sowie einfache Bürotätigkeiten. Auch der Abbau von Personal auf unverzichtbare Stammbelegschaften und der Ausgleich von Absatzschwankungen durch Leiharbeit zählen dazu. Drittens kaufen Betriebe des Produzierenden Gewerbes immer mehr hochwertige Dienstleistungen, die sie früher noch selbst erstellt haben, von anderen Dienstleistern ein. Schließlich betten sie ihre Produkte immer mehr in vorgeschaltete und nachgelagerte Dienstleistungen ein, seien sie selbst erzeugt, seien sie zugekauft, weil nur solche Bündelungen nachgefragt werden.
Die Tabellen und Grafiken beschreiben für die wichtigsten Wirtschaftsbereiche (ohne Finanz- und Versicherungsdienste) die Zahl der Unternehmen, der tätigen Personen und der Bruttowertschöpfung pro Person sowie die jüngste Beschäftigungsentwicklung von 2010 bis Mitte 2013 getrennt für kleine und mittlere Unternehmen (KMU mit bis zu 250 Beschäftigten oder bis zu 50 Millionen Jahresumsatz) und Großunternehmen.
Danach umfasst das Verarbeitende Gewerbe mit 5.400 Großunternehmen fast vier Millionen tätige Personen und in 202.400 kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) kommen noch einmal 3,2 Millionen hinzu. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung expandierte bis 2013 kräftig. Ähnliche Ausmaße erreicht noch der Bereich Handel, die Instandhaltung und die Reparatur von Kraftfahrzeugen mit 4.700 Großunternehmen und 577.000 KMU, in denen zusammen 6,3 Millionen Personen arbeiten. In allen anderen "Dienstleistungsbereichen" gibt es sehr viele KMU und sehr wenige Großunternehmen.
Zahl der Unternehmen in ausgewählten Branchen 2011
Ausgewählte Branchen
KMU1
Größere Unternehmen
zusammen
Verarbeitendes Gewerbe
202.400
5.417
207.800
Handel, Instandhaltung, Reparatur Kfz.
577.045
4.716
581.800
Verklehr, Lagerei
88.731
973
89.700
Gastgewerbe
221.850
353
222.200
Information, Kommunikation
92.201
668
92.869
Grundstücke- und Wohungswesen
196.639
192
196.831
Freiberufliche Wissenschaftliche und technische Dienstleistungen
371.854
707
372.561
Sonstige Dienstleistungen
130.837
1.896
132.732
Alle ausgewiesenen Branchen
1.881.557
14.922
1.896.493
1KMU sind kleine und mittlere Untenehmen mit bis zu 250 Beschäftigten oder bis zu 50 Millionen Jahresumsatz.
Quelle: Zusammenstellung aus Söllner, R. (2014): Die wirtschaftliche Bedeutung kleiner und mittlerer Unternehmen in Deutschland, Wirtschaft und Statistik, Januar, S. 40-51.
Tätige Personen in ausgewählten Branchen 2011
Ausgewählte Branchen
KMU1
Größere Unternehmen
zusammen
Verarbeitendes Gewerbe
3.196.800
3.939.100
7.135.900
Handel, Instandhaltung, Reparatur Kfz.
4.019.000
2.295.900
6.314.900
Verklehr, Lagerei
996.700
985.900
1.982.500
Gastgewerbe
1.759.260
219.510
1.978.770
Information, Kommunikation
575.750
469.810
1.045.560
Grundstücke- und Wohungswesen
424.579
51.739
476.317
Freiberufliche Wissenschaftliche und technische Dienstleistungen
1.602.384
479.129
2.081.512
Sonstige Dienstleistungen
1.356.522
1.538.142
2.894.664
Alle ausgewiesenen Branchen
13.933.995
9.979.230
23.913.225
1KMU sind kleine und mittlere Untenehmen mit bis zu 250 Beschäftigten oder bis zu 50 Millionen Jahresumsatz.
Quelle: Zusammenstellung aus Söllner, R. (2014): Die wirtschaftliche Bedeutung kleiner und mittlerer Unternehmen in Deutschland, Wirtschaft und Statistik, Januar, S. 40-51.
Für die Produktion sind Unternehmen und Erwerbstätige in den Bereichen Verkehr, Logistik und Lagerei mit fast zwei Millionen Beschäftigten, in den Bereichen Information und Kommunikation mit über einer Million Erwerbstätigen und im Bereich der Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen mit über zwei Millionen Personen in Arbeit von besonderer Bedeutung.
Der Produktivitätsvorteil von Großunternehmen wird an der Bruttowertschöpfung je tätiger Person in allen Bereichen sichtbar. Hier wirken die Vorteile der Betriebs- und Losgröße, der Automatisierung, der Arbeitsteilung sowie der Serien- und Massenfertigung. Nur in den Bereichen Information und Kommunikation sowie im Grundstücks- und Wohnungswesen, die besondere Bedingungen haben, ist die Wertschöpfung pro Kopf noch größer als im Verarbeitenden Gewerbe. Im Gastgewerbe, in dem ebenfalls viele Personen tätig sind, beträgt das hier näherungsweise gewählte Produktivitätsmaß lediglich ein Viertel der Industrieproduktivität. In den sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen wie Leasing, Arbeitnehmerüberlassung, Wach- und Sicherheitsdienste werden 42% der Bruttowertschöpfung pro Kopf im Verarbeitenden Gewerbe erzielt. Nicht ausgewiesen ist die Reparatur von Datenverarbeitungsgeräten und Gebrauchsgütern mit 36 600 Tätigen. Die Produktivitätsunterschiede zwischen kleinen und großen Unternehmen werden auch durch die Umsätze je tätiger Person bestätigt. Spitzenreiter ist hier der Großhandel vor dem Verarbeitenden Gewerbe. Große Differenzen in der Arbeitsproduktivität bedingen letzten Endes auch beträchtliche Entlohnungsunterschiede.
Bruttowertschöpfung je Person in Euro in ausgewählten Branchen 2011
Ausgewählte Branchen
KMU1
Größere Unternehmen
zusammen
Verarbeitendes Gewerbe
46.634
86.596
68.697
Handel, Instandhaltung, Reparatur Kfz.
35.150
51.735
41.197
Verklehr, Lagerei
41.172
50.085
45.604
Gastgewerbe
15.435
23.436
16.322
Information, Kommunikation
63.306
135.435
95.716
Grundstücke- und Wohungswesen
119.343
248.624
133.388
Freiberufliche Wissenschaftliche und technische Dienstleistungen
53.788
69.087
57.307
Sonstige Dienstleistungen
30.397
26.847
28.510
1KMU sind kleine und mittlere Untenehmen mit bis zu 250 Beschäftigten oder bis zu 50 Millionen Jahresumsatz.
Quelle: Zusammenstellung aus Söllner, R. (2014): Die wirtschaftliche Bedeutung kleiner und mittlerer Unternehmen in Deutschland, Wirtschaft und Statistik, Januar, S. 40-51.
Die Größenverteilung der Unternehmen blieb von 2005 bis 2011 weitestgehend unverändert. Auch in den KMU selbst, denn darin sind sogar vier Fünftel Kleinstunternehmen, die bis zu neun tätige Personen und bis zu zwei Millionen Euro Jahresumsatz haben. Diese Kleinteiligkeit hat i.d.R. erhebliche Auswirkungen auf die Produktivität, die Entlohnung und die Arbeitsbedingungen, die dort alle weit unterdurchschnittlich ausfallen.
Das Verarbeitende Gewerbe ist und bleibt die wichtigste Branche in der Gesamtwirtschaft. Es erbringt fast ein Viertel der Wertschöpfung, bietet ein gutes Sechstel der Arbeitsplätze an, erzielt je rd. 90 % der Exporte und der Aufwendungen für Forschung und Entwicklung sowie drei Viertel des Innovationsaufwands, so das Institut der deutschen Wirtschaft (DIW). Nach dessen Angaben kaufen Unternehmen dieses Bereichs immer mehr Vorleistungen, insbesondere von Dienstleistern. Als Faustregel entfallen auf 1.000 Euro Wertschöpfung 600 Euro zusätzliche Wertschöpfung im Vorleistungsverbund. Andererseits besteht im Verarbeitenden Gewerbe ein Zehntel der Wertschöpfung aus selbst erstellten Dienstleistungen, z.B. technische Lösungen, Software und Unterstützung bei Montage, Wartung und Reparatur in der Nutzungsphase gelieferter Maschinen und Anlagen. Industrieunternehmen bieten beträchtlich viele und spezifische Dienstleistungen an, sodass das DIW vermutet, die Mehrheit der Mitarbeiter sei nicht in der Produktion, sondern mit Dienstleistungsaufgaben beschäftigt. Gerade das Verarbeitende Gewerbe habe demnach eine "Drehscheibenfunktion" und stehe im Zentrum der Wertschöpfungsprozesse, in die immer mehr Dienstleistungen einbezogen würden. Die Unternehmen kauften mehr, insbesondere Dienstleistungen, bei anderen Unternehmen ein, als sie selbst dorthin liefern. Allerdings sei statistisch nicht ausreichend belegt, was die Produktionsunternehmen selbst an Dienstleistungen erstellen und die Branchengrenzen würden immer mehr verschwimmen.
Als weitere Faustregel kann gelten, dass auf zwei klassische Industriefirmen ein industriell produzierender Dienstleister entfällt. Industrie und die dort geleistete Arbeit seien keine Gegensätze zu Dienstleistungen, sondern "integrierte Leistungsbündel", seien gefragt und bei Umsatz und Beschäftigung überdurchschnittlich erfolgreich. Man spricht deshalb auch von hybrider Wertschöpfung, also der intelligenten Verbindung von Industrie (-arbeit) und Dienstleistungen. Das gebündelte Angebot bindet die Kunden auch enger an das Hauptprodukt, die Dienstleistungen umhüllen es wie ein schützender Mantel und sichern Anschlussaufträge in der Wartung und Reparatur, im Tele-Service, in der Weiterbildung der Bedienungen und schließlich in der Entsorgung oder im Recycling.
Vorgelagert sind Marktanalysen, Beratungs- und Planungsleistungen, Hilfen bei der Finanzierung und Genehmigungsverfahren sowie assistierte Probeläufe und Vorabschulungen der benötigten Beschäftigten erforderlich. Werbung, Leasing und Garantieleistungen kommen hinzu. All das sind industrieinduzierte Dienstleistungen, die im Verbund mit dem Produkt anzubieten sind, aber selten allein, meist in Kooperation mit vielen anderen Wirtschaftsdienstleistern. Kunden werden in die Weiterentwicklung der vor- und nachgelagerten Dienstleistungen einbezogen. Alle diese Dienstleistungen gewinnen als Ursprung von Innovationen stark an Bedeutung. In den Industrieunternehmen verbleiben hauptsächlich spezifische, für das Kerngeschäft unverzichtbare Dienstleistungen.
Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 2011 - Mitte 2013
Ausgewählte Branchen
2010
2012
30.06.2013
Verarbeitendes Gewerbe
6.293.ooo
6.530.000
6.537.000
Handel, Instandhaltung, Reparatur Kfz.
4.047.000
4.194.000
4.169.000
Verklehr, Lagerei
1.411.000
1.490.000
4.169.000
Gastgewerbe
832.000
886.000
922.000
Information, Kommunikation
827.000
883.000
907.000
Finanz-, Versicherungsleistungen
1.007.000
1.011.000
1.004.000
Grundstücke- und Wohungswesen
209.000
222.000
229.000
Freiberufliche Wissenschaftliche und technische Dienstleistungen
1.584.000
1.751.000
1.849.000
Sonstige Dienstleistungen
1.808.000
1.989.000
2.001.000
Alle ausgewiesenen Branchen
18.018.000
18.956.000
19.132.000
Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Beschäftigungsstatistik
Industrielle Wertschöpfung ist insbesondere immer mehr von Dienstleistungen der Information und Kommunikation abhängig und deshalb sehr arbeits- und IT-intensiv. Hochwertige und hochspezialisierte Dienstleistungsarbeit ist durch die I&K-Revolution (Informations- und Kommunikationstechnologien) in der globalisierten Welt grenzenlos verfügbar, ohne dass Personen 'wandern' müssen. Dem blühenden Außenhandel mit Gütern stehen auch wegen der geringen Kosten immer mehr Dienstleistungen zur Seite. Auch hier ist die Dienstleistungsarbeit die treibende Kraft im Strukturwandel durch Globalisierung.
Sektorale Unterscheidung
Die sektorale Unterscheidung zwischen Dienstleistungen und Produktion verliert zunehmend an Trennschärfe. Das Programm "Forschung für Produktion und Dienstleistungen für morgen - Innovationen für Arbeitsplätze der Zukunft" verzahnt demzufolge die bisherige Forschungsförderung in den Bereichen Produktion und Dienstleistungen, um die zunehmende Entwicklung zu hybriden Leistungen von Produkten und Dienstleistungen aufzugreifen.
Die sektorale Unterscheidung zwischen Dienstleistungen und Produktion verliert zunehmend an Trennschärfe. Das Programm "Forschung für Produktion und Dienstleistungen für morgen - Innovationen für Arbeitsplätze der Zukunft" verzahnt demzufolge die bisherige Forschungsförderung in den Bereichen Produktion und Dienstleistungen, um die zunehmende Entwicklung zu hybriden Leistungen von Produkten und Dienstleistungen aufzugreifen.
Quelle: Jahreswirtschaftsbericht 2014 der Bundesregierung, Maßnahmenanhang Nr. 33
Wegen der engen Verbundenheit der Dienstleistungsbeschäftigung mit der Industriearbeit verwundert es nicht, dass sich konjunkturelle und strukturelle Auf- und Abschwünge eng an die Entwicklung der Wertschöpfung binden. Anders als personenbezogene und private Dienstleistungen, die von Kunden und ihrer Kaufkraft abhängen und anders als öffentliche Dienste, die von Stellenplänen und Budgets unter den Bedingungen von Konsolidierung und Schuldenbremsen arbeiten, folgen wirtschaftsbezogene Dienstleistungen weitgehend der industriellen Entwicklung. Sie bleiben die Stütze der Wachstumsdynamik. Das belegen sowohl der Branchenreport "Unternehmensnahe Dienstleistungen" des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung ZEW in Mannheim als auch das DIW-Dienstleistungsbarometer.
Nach dem starken Einbruch von Wertschöpfung und Beschäftigung in der Krise 2008/2009 haben alle Bereiche ihr Vorkrisenniveau wieder überschritten. Am stärksten expandierten die Sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen, gefolgt von den freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Diensten sowie Verkehr und Lagerei. Dem so zu erwartenden Aufschwungsmuster folgte der wichtige Bereich Information und Kommunikation etwas langsamer. Doch von 2010 bis Mitte 2013 stieg dort allein die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung um 80.000 Personen, also zehn Prozent. Vom allgemeinen Expansionstrend der Unternehmensdienstleistungen verabschiedete sich lediglich die krisen- und regulierungsgeschüttelte Finanz- und Versicherungsbranche, die ihre Beschäftigung im Aufschwung konstant hielt.
Im Zuge der expandierenden Beschäftigung in den Dienstleistungen haben atypische und geringfügig entlohnte Arbeitsverhältnisse sich stark ausgeweitet. Gesamtwirtschaftlich waren Ende 2012 mit 7,5 Millionen gut ein Viertel aller gut 29 Millionen der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten geringfügig entlohnt. Diese Beschäftigungsform legte seit 2003 rd. zwei Millionen Arbeitsverhältnisse zu. Absolut und relativ waren die meisten geringfügig Entlohnten in Verkehr, Logistik, Schutz und Sicherheit tätig und zwar 61,5% aller Beschäftigten. Dort ist auch der Helferanteil mit über 40% am höchsten. Dann folgen Handelstätigkeiten mit fast der Hälfte aller Beschäftigten in niedrigem Lohn. Im Verarbeitenden Gewerbe mit Tätigkeiten in der Rohstoffgewinnung, Produktion und Fertigung waren trotz eines Helferanteils von einem Sechstel gerade knapp 9 % geringfügig entlohnt. Seien die ausgeübten Tätigkeiten nun ausschließlich oder lediglich Nebenerwerb, gering bezahlte Arbeit ist Dienstleistungsarbeit. Die fünf umfangreichsten Tätigkeitsbereiche sind Reinigung (1,14 Millionen), Büro (0,84 Mio.), Lager/Zustellung/Güterumschlag (0,68 Mio.), Verkauf (0,68 Mio.) und Gastronomie (0,56 Mio.). In vielen dieser Tätigkeiten ist der Arbeitslohn so niedrig, dass er nach SGB II vom Jobcenter je nach den Familien- und Einkommensverhältnissen aufgestockt werden muss.
Sozialversicherungspflichtig und geringfügig entlohnte Beschäftigte nach ausgeübter Tätigkeit Ende Dezember 2012; Anteil der Helfer und der geringfügig Entlohnten an allen Beschäftigten
1nach Klassifikation der Berufe 2010 Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Methodenbericht 10/2013
Beträchtlich ist der Aufstockeranteil auch in der Leiharbeit. Diese Beschäftigungsform, neben Vertretungen, Aushilfen und Saisonkräften hauptsächlich im Verarbeitenden Gewerbe bei Fachkräfteengpässen, Auftragsspitzen oder zur Beschäftigungssicherung der Stammbelegschaften eingesetzt, liegt bei starken konjunkturellen Schwankungen knapp unter einer Million. Das sind etwa drei Prozent der Beschäftigten.
Infolge des Exporteinbruchs 2008-2009 war der Beschäftigungseinbruch im Produzierenden Gewerbe am stärksten, gefolgt von I&K- und weiteren Unternehmensdienstleistungen, einschließlich der Zeitarbeit. Die Krise unterbrach den Expansionsdrang der Zeitarbeit. Sie sank von 823.000 Leiharbeitern im Juli 2008 um 243.000, weit überwiegend Männer unter 30 Jahren, auf 580.000 Leiharbeiter im April 2009. Mit 852.000 Leiharbeitern wurde Mitte 2013 das Vorkrisenniveau wieder überschritten. Gut 18.000 Verleihbetriebe überließen damals gewerbsmäßige Arbeitnehmer, so die BA-Statistik zur Arbeitnehmerüberlassung (ANÜSTAT).
Nach Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) wurden 38% des Beschäftigungswachstums von 2009 auf 2010 von der Leiharbeit getragen, von Juni 2010 bis Mai 2011 noch mit einem halb so großen Prozentsatz. Leiharbeit fungiert hier als ein gern genutztes Instrument in Krisenzeiten, aber ob ihre Ausweitung so weitergeht, ist schwierig einzuschätzen. Denn ein beträchtlicher Lohnabstand zur Normalarbeit, kurze Einsatzzeiten von unter drei Monaten für etwa die Hälfte der Leiharbeiter und starke Fluktuationen zwischen Betrieben und Arbeitsorten erschweren tarifliche Regeln und Mindestlohnregeln. Die arbeitsmarktpolitischen Re-Regulierungen wie Begrenzung auf höchstens 18 Monate Entleihdauer, gleiche Bezahlung wie Stammkräfte nach spätestens neun Monaten sowie Verbot des Einsatzes bei Streiks wirken ebenfalls einschränkend. Gleichwohl wird die Unternehmensdienstleistung Arbeitnehmerüberlassung fortbestehen, aber auf ihre "Kernfunktion" ausgerichtet. Großbetriebe organisieren sich Leiharbeit seit einiger Zeit auch konzernintern, mitunter zu schlechteren Bedingungen. Bei den artverwandten Werkverträgen soll möglicher Missbrauch verhindert werden.
Sozialversicherungspflichtig beschäftigte Bezieher von Arbeitslosengeld II nach den wichtigsten Branchen im Juni 2013 ( Grafik zum Download 62 KB)
Die Graphik verdeutlicht die Branchenverteilung der dienstleistenden sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, deren Arbeitsentgelt durch SGB II-Leistungen aufgestockt wird. Sie machen rd. die Hälfte aller erwerbstätigen ALG II-Bezieher aus und verteilen sich über viele Dienstleistungen, Auffällig ist der Rückgang in der Arbeitnehmerüberlassung und im Bereich Erziehung und Unterricht zwischen 2011 und 2013.
Öffentlicher Dienst und personenbezogene Dienstleistungen in der Privatwirtschaft
Öffentliche und private Beschäftigungsverhältnisse trugen seit 1990 über zweieinhalb Millionen zusätzliche Erwerbstätige zur gesamten Beschäftigungsentwicklung bei. Selbst in der kurzen Krise 2008-2009 expandierten sie und fingen Arbeitsplatzverluste in Produktionsbereichen auf. Allerdings hat der Öffentliche Dienst in Bund, Ländern und Gemeinden sowie in den Sozialversicherungen seinen Personalstand in vielen Bereichen nahezu halbiert. Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums verlor der Öffentliche Dienst von 1991-2012 rd. 2,12 Millionen Beschäftigte (-53%). Entfielen 1995 noch 30.5% aller Staatsausgaben auf das Personal, waren es 2009 noch ein gutes Viertel (26,1%), seither stieg der Anteil wieder leicht an. Allein der Bund verringerte sein Personal seit 1992 um gut 130.000 Personen auf knapp 250.000, also ein gutes Drittel. Die öffentlichen Arbeitgeber verweisen auf die staatliche Schuldenlast, restriktive Haushaltsplanungen und die Schuldenbremse, die Neuverschuldung verhindern soll. Die Finanzlage reicht von überschuldeten Kommunen mit hohen Kassenkrediten oder Zwangsverwaltung über finanzschwache Gebiets- und andere Körperschaften bis zu reichlich zahlungskräftigen Regionen, die freilich unter dem Finanzausgleich stöhnen. Die privaten, personenbezogenen Dienstleistungen dagegen hängen von der Kaufkraft und den vielfältigsten Kundenpräferenzen ab und haben den strukturellen Nachteil geringerer Arbeitsproduktivität und Rationalisierbarkeit im Vergleich zum Produzierenden Gewerbe und der Industriearbeit.
Auch weite Teile der Dienstleistungsbereiche Erziehung, Unterricht und Lehre sowie Gesundheits- und Sozialwesen sind öffentlich-rechtlich organisiert und staatlicher Haushaltswirtschaft unterworfen. Wie bei den Gebietskörperschaften und auch den Sozialversicherungen gibt es hier Privatisierungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette und stärker noch Auslagerungen von Dienstleistungen wie Reinigung, Pförtner- und Wachdienste, Kantinen/Catering, Fahrdienste und technische Wartungsarbeiten. Bei einigen Versorgungsbetrieben gelangen erfolgreiche Re-Kommunalisierungen. Stets sind damit erhebliche Beschäftigungseffekte verbunden. Mit den Auslagerungen wie Privatisierungen sind hingegen schlechtere Bezahlung und schlechtere Arbeitsbedingungen für die einbezogenen Arbeitnehmer verbunden. Wie die ausgelagerten und neu entstandenen Unternehmensdienstleistungen vom Produzierenden Gewerbe, so hängen die privatisierten Dienstleistungen von öffentlichen Auftraggebern und ihrer Kassenlage ab.
Öffentliche und private Dienstleistungen expandierten seit 1990 Jahr für Jahr und bieten gegenwärtig knapp 13 Millionen Menschen Arbeit, das ist ein knappes Drittel aller 42 Millionen Erwerbstätigen. Eine Besonderheit bei aller Differenzierung und Notwendigkeit dieser Dienstleistungsarbeit besteht darin, deren Wertschöpfung und damit Arbeitsproduktivität mangels messbarer "Produktionswerte" bzw. Wertschöpfung anhand der Entlohnungen zu bestimmen. Die zuständigen Gewerkschaften wollen mit der gesamtwirtschaftlichen Lohnentwicklung mithalten und der Abschluss wird allermeist unverändert auf die Beamten übertragen.
Im größten Beschäftigungsbereich mit Mitte 2012 gut 5,7 Millionen Beschäftigten bei öffentlichen Arbeitgebern, darunter gut 4,6 Millionen im Öffentlichen Dienst, gab es jahrelang einen starken Personalabbau. Von 1991-2008 schrumpfte der Öffentliche Dienst um 2,2 Millionen Beschäftigte auf 4,5 Millionen. Dafür waren anfänglich der starke Stellenabbau in den neuen Ländern, eine stetige Rationalisierung mittels IT-Techniken und zuletzt ein starker Sparzwang verantwortlich. Die Hälfte des Rückgangs entfiel auf Privatisierungen bei Bahn und Post, selbst wenn sie vollständig oder mehrheitlich in öffentlichem Eigentum blieben. Viel Personalabbau im öffentlichen Bereich entstand auch durch die Schließung oder Privatisierung kommunaler Krankenhäuser und anderer Heilstätten (knapp -200.000 Stellen). In Unternehmen mit privater Rechtsform, jedoch überwiegend öffentlichem Eigentum stieg dagegen die Beschäftigung von 0,9 Millionen in 2005 auf 1,11 Millionen im Jahr 2012.
Während der Öffentliche Dienst von 1997-2008 knapp eine Million Vollzeitstellen abbaute, stieg die Teilzeitarbeit bis 2012 um 420.000 Beschäftigte kontinuierlich an. Bei einem Fünftel der Teilzeitkräfte stieg der Teilzeitanteil 1997 zuletzt auf ein Drittel. Von den Bediensteten über 55 Jahre arbeitet über ein Viertel in Altersteilzeit. Der Altersdurchschnitt steigt stark auf rd. 45 Jahre, in vielen Bereichen machen sich gleichzeitig Überalterung und Nachwuchsmangel bemerkbar.
Seit der Krise in 2008 kam der Stellenabbau in Vollzeit zum Stehen, in Teilzeit ging die Expansion weiter. Mehr Personal gab es an allgemeinbildenden Schulen (+24.000 gleich 3%), an Hochschulen (+49.000 gleich 12% bis 2012) sowie in der Kinderbetreuung. Allerdings übernahmen immer mehr Freie Träger die Kleinen. Der Personalzuwachs erfolgte freilich nur auf befristeten Stellen. War 2005 noch ein Zehntel der Beschäftigungsverhältnisse befristet, waren es 2010 schon 15%, vor allem Zeitverträge im Hochschulbereich. Für den Nachwuchs unter 35 Jahren sind im Öffentlichen Dienst fast vier von zehn Stellen befristet. Als größter Bereich mit fast jeder dritten Stelle ist das Bildungswesen recht prägend für diese Arbeitsbedingungen. Während Teilzeit und Befristungen im öffentlichen Bereich eine große Rolle spielen, werden aktuell lediglich rd. 200.000 geringfügig entlehnte Beschäftigte angegeben.
Die Tabelle zeigt die Aufgabenbereiche von Beschäftigten der öffentlichen Arbeitgeber und vom Personal des Öffentlichen Dienstes, das vier Fünftel ausmacht.
Beschäftigte der öffentlichen Arbeitgeber und Personal im öffentlichen Dienst nach Aufgabenbereichen am 30.06.2012
in Tausend und in Prozent
Aufgabenbereich
Alle Beschäftigten
Struktur in %
Vollzeit- arbeit
Teilzeit in %
Personal des Öffentlichen Dienstes
Allgemeine Dienste
1.569,4
27,4
238,6
21,1
1.550,6
Bildungswesen, Wissen- schaft, Forschung, Kultur
1.629,6
28,4
238,6
41,2
1.596,5
Soziale Sicherung, Familie /Jugend / Arbeitsmarktpolitik
Quelle: Statistisches Bundesamt (2013), Destatis Fachserie 14, Reihe 6: Finanzen und Steuern, Personal des Öffentlichen Dienstes
Die andere, größere Hälfte der hier betrachteten Dienstleistungen umfasst zwar gut sechs Millionen Erwerbstätige, doch gibt es keine aktuelle Gesamtdarstellung. Denn die Bereiche "Erziehung und Unterricht", "Gesundheits- und Sozialwesen" sowie "Sonstige Dienstleistungen/ Private Haushalte" umfassen von Lehrkräften über Ärzte und Freiberufler sowie technisch-medizinische Fachkräfte, Krankenhaus- und Pflegepersonal bis zu geringfügig entlohnten Beschäftigten äußerst vielfältige Personengruppen und Beschäftigungsformen. Am besten belegt sind noch die abhängig Beschäftigten mit Sozialversicherungspflicht nach der Beschäftigtenstatistik der Bundesagentur für Arbeit. Danach gab es Ende 2013 in "Erziehung und Unterricht" rd. 1,2 Millionen Beschäftigte, etwa 50.000 Lehrer und Dozenten mehr als 2010. Im Bildungssektor gibt es obendrein viele beamtete Lehrkräfte, aber auch Honorarkräfte, besonders zahlreich befristete Verträge im Hochschulbereich und bei Weiterbildungsträgern sowie geringfügig entlohnt Beschäftigte.
Im "Gesundheits- und Sozialwesen" arbeiteten Ende 2013 nach derselben Quelle rd. 3,9 Millionen Beschäftigte, fast 300.000 mehr als 2010. Für tiefere Untergliederungen muss man auf Kostenstrukturerhebungen des Statistischen Bundesamtes zurückgreifen, die alle vier Jahre stattfinden, aber nicht alle im selben Jahr. Zum Beispiel gab es 2011 in 131.000 Praxen der Ärzte, Zahnärzte und Psychotherapeuten gut eine Million tätige Personen, darunter 837.000 Arbeitnehmer (82%). Die größte Berufsgruppe bilden die Gesundheits- und Krankenpfleger, die zu etwa zwei Dritteln in Krankenhäusern arbeiten und gesuchte Fachkräfte sind. Auch in diesem großen Bereich Gesundheits- und Sozialwesen gibt es einige hunderttausend geringfügig entlohnte Beschäftigte. Wichtig sind ferner die Bereiche Kultur, Sport und Unterhaltung. Hohe Ausweitungen seit 2010 um allein 275.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte auf 1,1 Millionen Beschäftigte (Ende 2013) gab es auch in den Sonstigen Dienstleistungen( einschl. der Privaten Haushalte). Das sind vor allem personen- und haushaltsbezogene Dienste, die besonders von Kundenwünschen und verfügbaren Einkommen abhängen. Zu denken ist an familienunterstützende Dienstleistungen und Minijobs in Privathaushalten, wo allerdings Schwarzarbeit nicht unbekannt ist.
Dienstleistungsökonomie Deutschland
Deutschland wird seinen Weg in die Dienstleistungsökonomie mit Nachdruck fortsetzen. Allein im Bereich der Unternehmensdienste werden bis 2030 750.000 Arbeitsplätze entstehen. Darüber hinaus werden die Finanzdienste einerseits und die sozialen Dienste Erziehung, Gesundheit und Sozialwesen andererseits per Saldo Arbeitsplätze schaffen. Dem stehen deutliche Arbeitsplatzverluste im Verarbeitenden Gewerbe, in Handel und Verkehr und im öffentlichen Dienst gegenüber. Das Verarbeitende Gewerbe allein wird 768.000 Arbeitsplätze abbauen, in Handel und Verkehr werden es 613.000 sein und in der öffentlichen Verwaltung 461.000. Auch die Bauwirtschaft, die Energie- und Wasserversorgung und die Landwirtschaft werden die Zahl ihrer Arbeitsplätze einschränken.
Deutschland wird seinen Weg in die Dienstleistungsökonomie mit Nachdruck fortsetzen. Allein im Bereich der Unternehmensdienste werden bis 2030 750.000 Arbeitsplätze entstehen. Darüber hinaus werden die Finanzdienste einerseits und die sozialen Dienste Erziehung, Gesundheit und Sozialwesen andererseits per Saldo Arbeitsplätze schaffen. Dem stehen deutliche Arbeitsplatzverluste im Verarbeitenden Gewerbe, in Handel und Verkehr und im öffentlichen Dienst gegenüber. Das Verarbeitende Gewerbe allein wird 768.000 Arbeitsplätze abbauen, in Handel und Verkehr werden es 613.000 sein und in der öffentlichen Verwaltung 461.000. Auch die Bauwirtschaft, die Energie- und Wasserversorgung und die Landwirtschaft werden die Zahl ihrer Arbeitsplätze einschränken.
Quelle: Kurt Vogler-Ludwig, Nicola Düll (2013): Arbeitsmarkt 2030, S.58f.
Derartige Projektionen unterliegen vielfältigen Annahmen und Modellrechnungen. Sie sind als Diskussionsbeitrag über mögliche Arbeitslandschaften in Deutschland gedacht und klingen wegen der Zahlen etwas apodiktisch ( unumstößlich). In vielen Dienstleistungstätigkeiten wird es künftig um eine viel stärkere Professionalisierung mittels Aus- und Weiterbildung gehen und es sind Wege und Instrumente gefragt, wie die verbreiteten ordentlichen Standards der Industriearbeit auch auf die übrige Dienstleistungsarbeit übertragen werden können.
Trotz vielfältiger Datenquellen und Einzeluntersuchungen wäre eine flächendeckende, tief untergliederte und aktuelle Erfassung des riesigen Beschäftigungsbereichs Dienstleistungen notwendig. Will man ein detailliertes und jährlich aktualisiertes Gesamtbild über mehr als sechs Millionen Arbeitsplätze erzielen und bezieht man hierbei den öffentlichen Sektor mit ein, dann bedeutete eine entsprechende Berichtspflicht mehr bürokratisch-statistischen Aufwand. Das Problem hat das Statistische Bundesamt schon vor Jahren bei der Aktualisierung der Klassifikation der Wirtschaftszweige 2008 erkannt. Eine EU-Initiative, die in diese Richtung zielt, wäre hilfreich.
Dienstleistungssektor
Ziel der Neuerungen ist es, mit Hilfe der amtlichen Statistik ein realitätsgetreues Bild der vielfältigen Strukturen und Besonderheiten des Dienstleistungssektors zu erstellen, das seiner Bedeutung Rechnung trägt und eine fundierte Grundlage für Entscheidungen in der Politik liefert sowie Informationsgrundlage für Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft ist.
Ziel der Neuerungen ist es, mit Hilfe der amtlichen Statistik ein realitätsgetreues Bild der vielfältigen Strukturen und Besonderheiten des Dienstleistungssektors zu erstellen, das seiner Bedeutung Rechnung trägt und eine fundierte Grundlage für Entscheidungen in der Politik liefert sowie Informationsgrundlage für Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft ist.
Quelle: Statistisches Bundesamt (2009): Der Dienstleistungssektor Wirtschaftsmotor in Deutschland. Ausgewählte Ergebnisse von 2003-2008, S. 57.
Literatur
Bosch, G.; Weinkopf, Cl. (2011): Arbeitsverhältnisse im Dienstleistungssektor, Schwerpunktheft Dienstleistungsarbeit zwischen Niedriglohn, Professionalisierung und Innovation, WSI-Mitteilungen Heft 9, Düsseldorf
Bsirske, F. (2011): Dienstleistungspolitik und Dienstleistungsforschung – Ein Plädoyer für neue Impulse, Schwerpunktheft Dienstleistungsarbeit zwischen Niedriglohn, Professionalisierung und Innovation, WSI-Mitteilungen Heft 9, Düsseldorf
Bundesagentur für Arbeit (2013): Arbeitsmarkt nach Branchen. Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte und gemeldete Arbeitsstellen nach Wirtschaftsabschnitten. Tabellen und Graphiken, Januar, Nürnberg
Bundesministerium für Wirtschaft (2014): Jahreswirtschaftsbericht 2014, Berlin
Eckelpasch, A.; Brenke, K.; Geppert, K.; Gornig, A. (2009): Wachstums- und Beschäftigungschancen in wissensintensiven Dienstleistungsmärkten in Ostdeutschland, DIW Politikberatung kompakt Nr. 54, Berlin
Heß, B. (2011): Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte Ausländerinnen und Ausländer in qualifizierten Dienstleistungen, working paper 38 des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge
Niebel, Th. (2010): Der Dienstleistungssektor in Deutschland – Abgrenzung und empirische Evidenz, ZEW-Dokumentation 10-01, Mannheim
Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung, RWI (2008): Potential des Dienstleistungssektors für Wachstum von Bruttowertschöpfung und Beschäftigung, Essen
Statistisches Bundesamt (2009): Der Dienstleistungssektor Wirtschaftsmotor in Deutschland. Ausgewählte Ergebnisse von 2003-2008, Wiesbaden
Statistisches Bundesamt (2013): Kostenstruktur bei Arzt- und Zahnarztpraxen sowie Praxen von psychologischen Psychotherapeuten 2011, Wiesbaden
Vogler-Ludwig, K.; Düll, N. (2013): Arbeitsmarkt 2030. Eine strategische Vorausschau auf Demografie, Beschäftigung und Bildung in Deutschland, Bielefeld
Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut, WSI, (2011): Schwerpunkheft Dienstleistungsarbeit zwischen Niedriglohn, Professionalisierung und Innovation, WSI-Mitteilungen Heft 9, Düsseldorf
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vgl. zum Begriff Glossar auf bpb.de: Spezifische Form des wirtschaftlichen Strukturwandels, in dessen Verlauf Dienstleistungen zum relativ oder absolut wichtigsten Zweig wirtschaftlicher Aktivitäten werden. Der Begriff fußt auf der Einteilung wirtschaftlicher Aktivitäten in drei Sektoren: Land- und Forstwirtschaft, Industrie (verarbeitendes Gewerbe einschließlich des Baugewerbes) und Dienstleistungen (Handel, Banken, Versicherungen, private und öffentliche Dienstleistungen).
PROGNOS ist ein Wirtschaftsforschungs- und Beratungsunternehmen in Europa.
Fahrzeugpflege vor der Auslieferung, hier bei VW in Hannover. Oft werden einfachere Dienstleistungen, die nicht zum Kerngeschäft der Firmen gehören, aus Gründen der Arbeitskosten, der Tarifbindung und Personalvertretung in wirtschaftsnahe Bereiche ausgelagert.
Pflegerin und Bewohnerin in Seniorenpflegeheim in Berlin: In Deutschland denkt mehr als die Hälfte des Pflegepersonals in Pflegediensten und Pflegeheimen an einen Berufsausstieg.
Teilzeitanteil der Beschäftigten der öffentlichen Arbeitgeber und des Öffentlichen Dienstes nach Aufgabenbereichen am 30.06.2012 ( Grafik zum Download 57 KB)
Jürgen Kühl ist Diplom-Volkswirt. Von 1969-1997 war er Mitarbeiter im Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, zuletzt im Bereich Konzept und Aufbau des IAB-Betriebspanels; von 1997-2004 war er Abteilungsleiter im Bereich Arbeit und berufliche Bildung erst im Thüringer Sozial-, dann im Wirtschaftsministerium in Erfurt.
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