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Standpunkt: Das EEG ist eine Erfolgsgeschichte

Sascha Samadi Stefan Lechtenböhmer Frank Merten

/ 5 Minuten zu lesen

Das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) ist ein weltweit vorbildliches Modell zum Ausbau erneuerbarer Stromerzeugung, meinen Sascha Samadi, Stefan Lechtenböhmer und Frank Merten. Die Subventionen haben Fotovoltaik und Windkraft effizienter und billiger gemacht. Seit Inkrafttreten des EEG im Jahr 2000 hat sich der Anteil von erneuerbaren Energien am deutschen Stromverbrauch mehr als vervierfacht.

Ein Windrad spiegelt sich am 06.09.2013 in Karlsruhe in den Kollektoren einer Solaranlage wieder. (© picture-alliance/dpa, Lukas Barth)

Mission erfüllt: Markteinführung und Kostenreduktion erneuerbarer Stromerzeugung

Das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) hat sich seit seinem Inkrafttreten im Jahr 2000 als sehr erfolgreiches Instrument für den Ausbau der erneuerbaren Energien im Stromsektor erwiesen. So ist ihr Anteil am deutschen Stromverbrauch von 5 Prozent im Jahr 1999 auf 20 Prozent in 2011 angestiegen. Im Jahr 2012 lag der Anteil nach vorläufigen Zahlen sogar bereits bei 23 Prozent. Ein so schneller Wandel in der Struktur der Stromerzeugung wurde in der Vergangenheit kaum für möglich gehalten. In einer Anzeigenkampagne deutscher Stromversorger von 1993 hieß es beispielsweise, "regenerative Energien wie Sonne, Wasser oder Wind können auch langfristig nicht mehr als 4 % unseres Strombedarfs decken.“

Neben einem dynamischen Ausbau war der wichtigste Anspruch an das EEG, dass die Kosten der erneuerbaren Stromerzeugung durch die Massenproduktion sinken. Dass dieses Ziel erreicht wurde, lässt sich an der Entwicklung der Vergütungszahlungen für neue Anlagen ablesen. Besonders deutlich wird dies bei der Fotovoltaik: Für eine Anlage mit einer Größe von 50 kW ist die Vergütung inflationsbereinigt zwischen 2000 und Ende 2012 um 77 Prozent zurückgegangen, das heißt die Kosten der Stromerzeugung aus Fotovoltaik betragen heute weniger als ein Viertel der Kosten des Jahres 2000. Bei der Windkraft an Land, die bereits vor dem Jahr 2000 durch das Vorgängergesetz des EEG einen Ausbau und damit einhergehende Kostensenkungen erlebte, konnten die Erzeugungskosten zwischen 2000 und 2012 um weitere 20 bis 25 Prozent gesenkt werden – und das trotz steigender Materialkosten. Ohne das EEG wären diese Erfolge nicht erreicht worden.

Das Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG)

Ziel des Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG) ist es, den Ausbau von Windkraft, Fotovoltaik und Biomasse zu fördern und die erneuerbaren Energien langfristig wettbewerbsfähig zu machen.

So funktioniert das EEG: Die Betreiber von Anlagen zur regenerativen Stromerzeugung erhalten für die Dauer von 20 Jahren einen festen Vergütungssatz pro Kilowattstunde. Die Höhe der Einspeisevergütung richtet sich nach der Art der Stromerzeugung, nach Standorten und nach der Größe der Anlagen. Die Vergütungssätze sind degressiv gestaffelt, d.h. je später eine Anlage ans Netz geht, desto geringer fällt die für 20 Jahre garantierte Einspeisevergütung aus.

Außerdem regelt das EEG den Einspeisevorrang von Strom aus erneuerbaren Energiequellen, d.h. die Betreiber haben Anspruch auf den unverzüglichen und vorrangigen Anschluss ihrer Anlagen an das Netz sowie die Abnahme ihres Stroms durch die Netzbetreiber.

Da der Strompreis geringer ist als die festen Vergütungssätze für erneuerbare Energien entsteht ein Differenzbetrag, die sogenannte EEG-Umlage. Diese Umlage wird vom Endverbraucher mit der Stromrechnung beglichen, zur Zeit beträgt sie 5,3 Cent pro Kilowattstunde. Energieintensive Unternehmen sind von der EEG-Umlage teilweise befreit.

Weltweite Vorreiterrolle Deutschlands

Die großen Weltmarktanteile Deutschlands verdeutlichen den wesentlichen Anteil des EEG an der Kostensenkung erneuerbarer Stromerzeugungstechnologien: Ende 2011 war in Deutschland über ein Drittel der globalen Fotovoltaik-Kapazität installiert. Bei der Windenergie lag der Anteil 2003 – als diese Technologie noch weit weniger ausgereift war als heute – ebenfalls bei über einem Drittel.

Dank der hohen Investitionen in Deutschland sind Fotovoltaik und Windkraft heute wesentlich effizienter und billiger. Davon profitieren nun auch andere Länder: 2011 wurde z.B. in drei Ländern mehr Windkapazität zugebaut als in Deutschland. Zwei dieser Länder - China und Indien - haben einen deutlich niedrigeren Pro-Kopf-Lebensstandard als Deutschland, können sich aber mittlerweile dennoch den Ausbau dieser vor 15 Jahren noch relativ teuren Stromerzeugungsoption leisten. Eine ähnliche Ausbaudynamik in anderen Ländern ist in den kommenden Jahren in Bezug auf die Fotovoltaik wahrscheinlich. Damit trägt das EEG auch außerhalb von Deutschland und Europa maßgeblich zum Klimaschutz, zur Schonung fossiler Energieressourcen, zur Verbesserung der Luftqualität sowie zur (ländlichen) Elektrifizierung in wind- bzw. sonnenreichen Entwicklungsländern bei. Da letzteres häufig Voraussetzung für bessere (Aus-)Bildung und eigene Wertschöpfung darstellt, leistet das EEG mittelbar auch wertvolle Entwicklungshilfe.

EEG mindert CO2-Emissionen

Die im Rahmen des EEG vergütete Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien hat im Jahr 2011 den Ausstoß von schätzungsweise 70 Millionen Tonnen CO2 verhindert. Dies entspricht fast einem Zehntel der gesamten deutschen CO2-Emissionen. Zwar weisen Kritiker des EEG darauf hin, dass das EEG aufgrund der Funktionsweise des 2005 EU-weit eingeführten Emissionshandels zu keinen zusätzlichen Emissionsminderungen führen würde. Allerdings berücksichtigt die Festlegung von Emissionsobergrenzen innerhalb des Emissionshandelssystems bereits den erwarteten zukünftigen Ausbau der erneuerbaren Energien. Außerdem kann die Ergänzung des Emissionshandels durch die Förderung erneuerbarer Energien in Form des EEG – entgegen vielfacher Behauptungen – auch ökonomisch sinnvoll sein, sofern durch den induzierten Ausbau bei zunächst teuren Technologien deutliche Kostensenkungen erzielt werden können.. Zudem verringert das EEG nicht nur die CO2-Emissionen, sondern auch die Importabhängigkeit und die lokale Umweltbelastung durch fossile Kraftwerke.

Das EEG ist eine sehr kostengünstige Zukunftsinvestition

Trotz oder gerade wegen seiner Erfolge wird das EEG zum Teil in Frage gestellt. In der öffentlichen Diskussion werden insbesondere die auf das EEG zurückgeführten Strompreissteigerungen thematisiert. Um die zusätzlichen Kosten der EEG-geförderten erneuerbaren Stromerzeugung zu finanzieren, muss das Gros der Stromkunden einen bestimmten Betrag pro verbrauchter Kilowattstunde (kWh) entrichten – die sogenannte EEG-Umlage. Diese Umlage stieg zu Beginn des Jahres 2013 von 3,5 Cent auf 5,3 Cent pro kWh.

Am durchschnittlichen Haushaltsstrompreis von zur Zeit ca. 26 Cent/kWh wird die EEG-Umlage 2013 etwa 20 Prozent ausmachen. Ein nicht unwesentlicher Betrag, der allerdings als wirksame Zukunftsinvestition in Klimaschutz, Importunabhängigkeit, Technologieentwicklung und Wirtschaftsförderung angesehen werden sollte und vor diesem Hintergrund jeden Cent wert ist.

Gerade bei der oft auf einzelne symbolische Zahlen ausgerichteten politischen Debatte muss der sehr starke Anstieg der EEG-Umlage zum Jahr 2013 differenziert betrachtet werden:

  • Ohne die aus industriepolitischen Gründen nur teilweise zu rechtfertigenden Ausnahmen für die Industrie und ohne die notwendigen "Nachzahlungen“ aufgrund eines Prognosefehlers für 2012 sowie weitere einmalige Effekte läge die EEG-Umlage für 2013 nur bei ca. 3 Cent/kWh. Und auch die sehr günstigen und noch gesunkenen Börsenpreise für Strom sind zum Teil auf den Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung zurückzuführen.

  • Da die EEG-Umlage für 2013 zum Teil aus Nachzahlungen besteht und neue Erneuerbare-Energien-Anlagen gegenüber der Vergangenheit zu deutlich geringeren Kosten errichtet werden können, wird in den nächsten rund fünf Jahren nicht mit einem weiteren bedeutsamen Anstieg der Umlage gerechnet. Verschiedene Studien erwarten zudem, dass die mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien verbundenen Mehrkosten etwa ab 2020 wieder sinken werden und dass langfristig eine auf erneuerbaren Energien beruhende Stromerzeugung günstiger sein wird als eine Stromerzeugung, die im Wesentlichen auf fossile Energieträger setzt.

  • Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Marktkosten der fossilen und nuklearen Stromerzeugung, die für die Berechnung der Mehrkosten des EEG-Stroms als Grundlage genutzt werden, die tatsächlichen Kosten dieser Energieträger unterschätzen. Denn Betreiber fossiler und nuklearer Anlagen müssen nicht die vollen Kosten zahlen, die sie durch Schäden infolge des Klimawandels und der Luftverschmutzung sowie durch die langfristige Endlagerung von Atommüll und potenzielle Großunfälle verursachen. Diese zusätzlichen Kosten lassen sich nicht exakt beziffern und werden auch nicht so transparent aufgelistet wie die EEG-Umlage, sie liegen aber – insbesondere bei der Kohleverstromung – in der Größenordnung von mehreren Cent pro Kilowattstunde.

Trotz der bisherigen Erfolge des EEG wird es in den kommenden Jahren notwendig sein, das Gesetz weiterzuentwickeln. Denn mit einem weiteren dynamischen Anstieg der Stromerzeugung aus fluktuierenden erneuerbaren Energiequellen wird die Integration dieser Stromerzeugung in das derzeitige, im Wandel befindliche Stromsystem immer wichtiger.

Weitere Inhalte

Sascha Samadi ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Wuppertal Institut. Er studierte an der Universität Oldenburg Wirtschaftswissenschaften mit ökologischem Schwerpunkt. Seit 2008 arbeitet er am Wuppertal Institut in der Forschungsgruppe "Zukünftige Energie- und Mobilitätsstrukture“ mit den Arbeitsschwerpunkten Energieszenarien und Förderpolitik für erneuerbare Energien. Sein Promotionsthema ist "Kosten von Stromerzeugungsoptionen und deren Berücksichtigung in Energiemodellen".

Stefan Lechtenböhmer ist Leiter der Forschungsgruppe Zukunftsfähige Energie- und Mobilitätsstrukturen des Wuppertal Institutes. Er ist Co-Chair des internationalen Low Carbon Society Research Networks der G8 und Nationaler Experte für Treibhausgasinventare, Projektionen sowie Emissionsminderungspolitiken im Roster of Experts des SBSTA der Klimarahmenkonvention. Stefan Lechtenböhmer promovierte zur Genauigkeit nationaler Treibhausgasemissionsprojektionen am Internationalen Institut für Management des Fachbereichs Volkswirtschaft der Universität Flensburg.

Frank Merten absolvierte sein Studium im Fachbereich Physik an der Bergischen Universität Gesamthochschule Wuppertal von 1989 – 1996 und schloss dieses mit dem Diplom (DII) im Bereich Angewandte Supraleitung 1996 ab. Seit 1999 ist Frank Merten wissenschaftlicher Mitarbeiter, seit 2007 Projektleiter in der Forschungsgruppe "Zukünftige Energie- und Mobilitätsstrukturen“ des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie. Seine Arbeitsschwerpunkte sind (dezentrale) Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien (EE), System- und Marktintegration von EE, das EEG und Power-to-Gas (neu).