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Grußwort bei der Buchpräsentation des Länderberichts Kanada (Bonn, 26. Juni 2018) | Presse | bpb.de

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Grußwort bei der Buchpräsentation des Länderberichts Kanada (Bonn, 26. Juni 2018)

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Im Rahmen der Buchpräsentation zum "Länderbericht Kanada" sprach Thomas Krüger zu Beginn der Veranstaltung am 26. Juni im bpb:medienzentrum ein kurzes Grußwort und betonte, warum explizit Kanada ein Länderbericht gewidmet wurde.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Frau Professorin Lehmkuhl,

ich darf Sie ganz herzlich zur Präsentation des Länderberichtes Kanada begrüßen. Wie wir seit vorletzter Woche wissen, wird Kanada, die Eishockey-Nation schlechthin, zusammen mit Mexiko und den USA die Fußball-Weltmeisterschaft 2026 ausrichten. Sie sehen: selbst bei einer Veranstaltung zu Kanada müssen wir nicht ohne den dieser Tage üblichen Bezug zum Thema Fußball auskommen. Aber Scherz beiseite: wir freuen uns, dass Sie alle heute Abend erschienen sind, um den neusten Zugang zu unserer Reihe der Länderberichte vorgestellt zu sehen.

Aber warum ausgerechnet ein Länderbericht über Kanada? Für viele in Deutschland ein Sehnsuchtsort, nicht nur für Reisende, grundsympathisch, menschenleer, friedlich und vielleicht etwas verschlafen; politisch und kulturell von seinem südlichen Nachbarn gerne mal in den Schatten gestellt. Indizes und Meinungsumfragen weisen Kanada als eines der lebenswertesten Länder der Erde aus. Vergangene Woche hat das das Gesetz zur Legalisierung von Cannabis das kanadische Parlament passiert – auch das passt nach Ansicht vieler in das Bild einer progressiven und liberalen Gesellschaft. Und wie wir seit Justin Trudeaus abschließender Rede beim jüngsten G7-Gipfel wissen: „We Canadians are polite, we are reasonable, but we will not be pushed around“ – „Wir Kanadier sind höflich, wir sind vernünftig, aber wir lassen uns nicht herumschubsen.“

Gerade seitdem in den USA der Trumpismus regiert, erscheint das Kanada unter Premierminister Trudeau als positiver Gegenentwurf auf dem nordamerikanischen Kontinent. Offen, fortschrittlich, divers; ob zu Recht oder nicht: so wirkt das Land auf viele wohlwollende Beobachter. Unsere Gäste werden später über die Frage diskutieren, ob Kanada so etwas ist wie „das bessere Nordamerika“ – oder ob nicht auch diese Sichtweise verkürzt, klischeebehaftet und einseitig ist.

Dieser Länderbericht ist unter anderem deswegen entstanden, weil Basiswissen zu Kanada oftmals fehlt; der Buchmarkt ist voller Titel über die USA, umfassende Werke zur Politik, Kultur und Gesellschaft des nördlichen Nachbarn sind hingegen kaum bis gar nicht zu finden. Somit schließen wir mit dem Länderbericht Kanada eine Lücke – was längst überfällig war. Und wo wir gerade schon bei den Klischees waren, kann ich an dieser Stelle auch betonen, dass es genau die Absicht unseres neuen Länderberichts war, Klischees, Stereotype, Mythen und Halbwahrheiten aufzubrechen und zu hinterfragen.

Denn fernab aller vorgefassten Bilder über Naturschönheiten, Eishockey und die kanadischen Mounties hat Kanada eine hochkomplexe Geschichte. Zu dieser Geschichte gehören auch der lange Zeit beschämende Umgang mit der indigenen Bevölkerung, die massiven Konflikte zwischen Anglo- und Frankokanadiern oder die massiven Eingriffe in Natur- und Lebensräume durch den Ressourcenabbau. Auch diesen Dingen trägt der Länderbericht Rechnung, informiert sachlich, kritisch und umfassend, bietet aber auch Raum für Exkurse, Nebenstränge und Details.

Ursula Lehmkuhl hat dabei die herausragende Leistung vollbracht, bei diesem Band mit insgesamt 41 Autorinnen und Autoren die Fäden in der Hand zu behalten und zu koordinieren, dass die Einzelteile ineinander übergreifen und die jeweils auch für sich stehenden Beiträge zu Geschichte, Geografie, Politik, Kultur und Gesellschaft sich zu einer umfassenden und sich doch nie verzettelnden Darstellung eines faszinierenden Landes fügen und somit ein Paradebeispiel für den interdisziplinären Anspruch unserer Länderberichte darstellen. Nicht zu vergessen sind auch ihre eigenen Beiträge über die Geschichte Kanadas und über seine Rolle in der internationalen Staatengemeinschaft nach dem zweiten Weltkrieg.

Und auch wenn wir das Jubiläum zum 150-jährigen Bestehen Kanadas – oder um genau zu sein: die Verabschiedung des British North America Acts, der Kanada den Status eines eigenständiges Dominions innerhalb des Empires einräumte – um ziemlich genau ein Jahr verpasst haben, kommt der Länderbericht doch zur rechten Zeit. Zumindest gefühlt sind Kanada und Europa näher aneinandergerückt, wirkt Kanada als politischer Player präsenter denn je – und als multikulturell geprägtes Land hat es eine Geschichte aufzuweisen, die man in Deutschland mit großem Interesse verfolgen sollte.

Unser Länderbericht lädt dazu ein, Geschichte in ihren transnationalen und transkulturellen Beziehungen zu sehen. So wie kanadische Gesellschaft und Kultur sich vor dem Hintergrund komplexer wechselseitiger Einflüsse indigener, frankophoner und anglophoner Kulturen entwickelt haben und weiter entwickeln werden, kann auch nationale Geschichte nur im Kontext globaler Entwicklungen und Verflechtungen begriffen werden. Oder um es in den Worten der Herausgeberin Ursula Lehmkuhl zu sagen: „Die Geschichte und Entwicklung Kanadas steht exemplarisch für die kaum zu überschätzende Bedeutung transregionaler und transkultureller Austauschbeziehungen als Motor kulturellen und gesellschaftlichen Wandels.“

Auch für die politische Bildung ist die Betonung dieser Austauschbeziehungen ein zentrales Anliegen. Gerade in Zeiten, in denen in Europa und den USA der Multilateralismus zunehmend unter Druck gerät, ein Rückzug aufs Nationalstaatliche an Zuspruch gewinnt und manche das Phantasma einer möglichst homogenen Bevölkerung beschwören, scheint es umso wichtiger solche Beziehungen zu betonen. Unser ganz herzlicher Dank geht an dieser Stelle nochmal an die Herausgeberin Frau Lehmkuhl, für die über zweijährige Arbeit am Länderbericht. Ein besonderer Dank gilt auch der Deutschen Gesellschaft für Kanada-Studien, deren Netzwerk das entscheidende Kapital bei der Entstehung des Buches war. Wir danken auch der kanadischen Botschaft in Berlin für viele freundliche Anregungen.

Mein besonderer Dank gebührt dem umsichtigen und geduldigen Projektmanager Benjamin Weiß aus unserer Buchredaktion, dem es immer wieder meisterhaft gelingt, mit den vielen Bällen zu jonglieren, die ihm zugeworfen werden!

Ganz herzlich darf ich nun die weiteren Gäste der nachfolgenden Podiumsdiskussion begrüßen und meinen Dank an sie richten: Professor Wilfried von Bredow – nicht nur, aber auch ein exzellenter Kenner Kanadas und Autor der Kapitel „Kanada und Europa“ und „Kanada von Ost nach West – eine Art Reiseführer“. Und Professor Wolfgang Klooß, Literaturwissenschaftler, Ko-Autor des Kapitels über die anglophone Kultur Kanadas und als Bildredakteur ganz wesentlich verantwortlich für die attraktive Bebilderung des vorliegenden Bandes.

Zudem begrüße ich mit Professor Wolfgang Helbich und Albert Rau zwei weitere Autoren des Länderberichtes aufs herzlichste.

Wir danken auch Herrn Eik Welker, der das Buch als Lektor mit der ihm eigenen, außergewöhnlicher Sorgfalt begleitet und stets den Überblick behalten hat.

Unser Länderbericht ist 568 Seiten stark, reich bebildert und mit zahlreichen Karten versehen. In den insgesamt 19 Beiträgen zu Geschichte, Politik, Kultur, Wirtschaft, Geografie, Politik, Gesellschaft und Außenbeziehungen haben die Autorinnen und Autoren versucht, ein möglichst vielschichtiges, differenziertes und perspektivenreiches Bild des Landes zu zeichnen. Wir hoffen, dass der Länderbericht zumindest für die kommenden Jahre ein Standardwerk für alle an Kanada Interessierten darstellt, dabei gleichzeitig aber auch Menschen begeistert, die bislang nur ein rudimentäres Wissen über das Land haben.

Der Länderbericht ist ganz frisch aus der Druckerei angeliefert worden. Daher sind Sie alle heute die ersten, die die Gelegenheit haben, den Länderbericht in Händen zu halten und mitzunehmen. Und das heute sogar kostenfrei. Greifen Sie also später zu!

Ich wünsche Ihnen einen anregenden Abend und darf jetzt an die Herausgeberin Ursula Lehmkuhl übergeben.

- Es gilt das gesprochene Wort -

Fussnoten