Das Praxisforum schließt an die wissenschaftlichen Vorträge an. In sieben parallelen Workshops werden wissenschaftliche Erkenntnisse und Methoden mit Inhalten der politischen Bildung verknüpft.
Im Interview erklärt Dr. Juliane Wetzel, Zentrum für Antisemitismusforschung, TU Berlin, dass mit historisch-politischer Bildung nur sehr begrenzt aktuelle Formen des Antisemitismus bekämpft werden können. Häufig würden subtile antisemitische Vorurteile und Äußerungen gar nicht wahrgenommen. Eine stärkere Sensibilisierung auch der Medien für antisemitische Begrifflichkeiten sei erforderlich, um Kinder, Jugendliche und Erwachsene auf tradierte Stereotype aufmerksam zu machen.
Die Wirtschaft im Nationalsozialismus zeige in besonderem Maße die Willkür und Gewaltsamkeit der Ausgrenzung. Das erklären Benno Nietzel, Universität Bielefeld, und Christoph Kreutzmüller, Humboldt Universität zu Berlin, im Interview. Ausgrenzung finde hier in aller Öffentlichkeit statt wie die Boykott-Aktionen gegen jüdische Geschäfte zeigten. Kleine Entscheidungen von Einzelpersonen darüber, ob sie jüdische Geschäfte meiden oder treue Kunden bleiben, hätten hier große Auswirkungen gehabt.
Im Workshop zur "Gleichschaltung der Wirtschaft" geht es darum, wie die jüdische Bevölkerung Deutschlands seit 1933 aus dem Wirtschaftsleben verdrängt wurde. Beispiele aus der Praxis politischer Bildung zeigen, wie die Ausgrenzungsprozesse auch heute noch an den Original-Orten nachvollzogen werden können. Weiter...
Im Workshop zum Thema "Ausgrenzung von Menschen mit Behinderungen als Beispiel von Volksgemeinschaftsbildung" wird deutlich, dass Menschen mit Behinderungen aktiv in die historisch-politische Bildungsarbeit eingebunden werden sollten. Denn Diskriminierung gibt es auch heute noch. Weiter...
"Dich hat man wohl vergessen zu vergasen". So äußerte sich ein Pfleger in den 1980er Jahren gegenüber einem Psychiatriepatienten. Im Interview erzählt die Psychologin und Medizingeschichtsforscherin Christina Härtel wie Ausgrenzungsstrategien des Nationalsozialismus bis heute nachwirken.
Die Volksgemeinschaft stellte sich nicht über die nationalsozialistische Propaganda her, so Janosch Steuwer, Ruhr-Universität Bochum, im Interview mit Miriam Menzel. Steuwer forscht zu Tagebüchern aus der NS-Zeit und erklärt, warum das Jahr 1939 eine wichtige Zäsur für die nationalsozialistische Gemeinschaft darstellte, wie man mit Leerstellen in Egodokumenten umgeht und wieso seine Quellen auch für Schüler interessant sind.
Es ist ein thematischer Spagat, der sich da in der Überschrift des Workshops andeutet: “Vom Volksempfänger zu Facebook: Massenmedien – Gemeinschaftsbildung – Widerstand“. Wie kann man das Massenmedium Radio, zumal in seiner spezifischen historischen Wirkung zu Zeiten des Nationalsozialismus, in Beziehung setzen zu internetbasierten Sozialen Medien? Weiter...
Der Blick auf Geschlechterbilder ist nicht nur für die historische Forschung zum Nationalsozialismus unerlässlich. Warum extrem rechte Gruppierungen auch heute attraktiv auf manche Frauen wirken, welch fatale "Vielzahl unsichtbarer Aufgaben" weibliche Rechte bereits wahrnehmen und wie die politische Bildung auf die Geschlechterbilder der extremen Rechten reagieren kann, erzählt Juliane Lang vom Verein Dissens.
Welchen Stellenwert hatten Geschlechterrollen in der NS-Politik – welchen haben sie im Rechtsextremismus heute? Und wie kann die gegenwärtige bildungspolitische Arbeit am sinnvollsten mit der rassistischen Instrumentalisierung von Gender umgehen? Darüber berichten drei Referentinnen im Workshop am Nachmittag des zweiten Konferenztages. Weiter...
Die Jugend ist laut Jan Krebs die Lebensphase, in der Weichen, z.B. für Toleranz und Weltoffenheit, gestellt werden. In seiner Arbeit als Leiter des Projekts 7 x jung – Dein Trainingsplatz für Zusammenhalt und Respekt bei Gesicht Zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland werde versucht, dies über spielerische Übungen zu erreichen. Es gelte, dem grauen Antlitz der Theorie zu entfliehen, um die Vorstellungskraft der Jugendlichen für geschichtliche Ereignisse anzuregen, denn: "Jeder kann etwas tun. Jeder kann Gesicht zeigen."
Wie sah das jugendliche Leben zu Beginn des 20. Jahrhunderts aus? Wie instrumentalisierten die Nationalsozialisten Freizeit- und Sportangebote für ihre ideologische Arbeit? Und wie sollte pädagogische Bildungsarbeit mit Jugendlichen heute zu diesem Themenkomplex aussehen? Darüber sprachen die Teilnehmer des Workshops "Lebenswelten junger Menschen zwischen Konformitätszwang und Ausgrenzung: Sport und Freizeit." Weiter...
Im Praxisworkshop "Ausschlusserfahrungen" wird die Perspektive der Opfer von Ausgrenzung aus historischer und didaktischer Perspektive diskutiert. Als Beispiel aus der Praxis wird ein DVD-Projekt vorgestellt, das Schülern die Möglichkeit gibt, sich vielfältig mit Zeitzeugeninterviews auseinanderzusetzen. Weiter...
Laut Dr. Wolf Kaiser, Haus der Wannsee-Konferenz, sind Zuschauer, Täter, Opfer und Helfer keine Personen, sondern Positionen. Im Nationalsozialismus habe es die Möglichkeit gegeben, diese Positionen zu wechseln. Aus Zuschauern hätten so beispielsweise Helfer werden können. Allerdings seien die Spielräume hier unterschiedlich gewesen: Wer von den Nationalsozialisten zum Opfer gemacht worden sei, hätte kaum eine Chance gehabt, diese Position wieder zu ändern.