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"Eure Heimat ist doch Israel?" | Volksgemeinschaft - Ausgrenzungsgemeinschaft | bpb.de

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"Eure Heimat ist doch Israel?"

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Hat sich der Antisemitismus von der Zeit des Nationalsozialismus bis heute verändert? Welche Konzepte der politischen Bildung gegen Antisemitismus sind sinnvoll? Im Workshop "Antisemitismus als Basis nationalsozialistischer Wertvorstellungen" wurden didaktische und praktische Anregungen für die Bildungsarbeit mit Jugendlichen vermittelt.

Workshop 6: "Antisemitismus als Basis nationalsozialistischer Wertvorstellungen" (© Mirko Tzotschew / Kooperative Berlin)

Dr. Juliane Wetzel vom Zentrum für Antisemitismusforschung an der Technischen Universität Berlin bot einen differenzierten Überblick über Antisemitismus im Nationalsozialismus bis heute. Der rassistisch konnotierte Antisemitismus der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft sei heute ein Randphänomen, sagt Wetzel. Dagegen wiesen Unterstellungen wie "Eure Heimat ist doch Israel?" darauf hin, dass Antisemitismus heute eher kulturelle Unterschiede hervorhebe. In der Nachkriegszeit habe sich der sekundäre Antisemitismus gebildet, der Antisemitsmus „wegen Auschwitz“. Juden würden bis heute als "ständige Mahner" stigmatisiert, die schuld daran seien, dass die Vergangenheit nicht vergessen werde. Stünden antisemitische Vorurteile, Klischees und Ressentiments nicht in direktem Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus oder Holocaust, würden sie oft nicht als solche erkannt, warnt Wetzel.

Erwachsene in der Bildungsarbeit sollten sich selbst reflektieren

Wie sehr diese Problematik auch die Bildungsarbeit berührt, zeigt der Vortrag von Elke Gryglewski, wissenschaftlich-pädagogische Mitarbeiterin in der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz. Im Kontext der Bildungsarbeit gegen Antisemitismus ist für Gryglewski wichtig, dass Pädagoginnen und Pädagogen nicht nur die Jugendlichen im Blick haben, sondern auch sich selbst qualifizieren und reflektieren. Antisemitismus werde häufig nicht erkannt oder umgekehrt "aufgrund eigener Befindlichkeiten" unterstellt. Dann entstehe eine problematische pädagogische Situation.

In ihrem Vortrag erläutert Gryglewski mögliche Motivationen antisemitischer Äußerungen im Hinblick auf pädagogische Interventionen. Im Fokus der Debatte um Antisemitismus ständen aktuell muslimische Jugendliche. Antisemitismus gebe es unter diesen Jugendlichen, Gryglewski betonte aber, dass sie meistens bereits in dritter Generation in Deutschland lebten und ihre Stereotype durchaus denen der Mehrheitsgesellschaft entsprechen können.

Fehlendes Wissen zum Nahostkonflikt

Einblick in die Lebenswelten von türkisch oder arabisch geprägten Jugendlichen eröffnet der Diplom-Psychologe Ahmad Mansour. Mansour wuchs als Palästinenser in Israel auf. Im Workshop berichtet er von seiner praktischen Arbeit im Jugendprojekt "Heroes" in Berlin. Bei vielen Jugendlichen dominierten Schwarz-weiß-Bilder über den Nahostkonflikt, Israel werde einseitig in der Täterrolle wahrgenommen, so Mansour. Innerhalb der Familien sei es einfach nicht üblich, solche Bilder zu hinterfragen. Angesichts dieser Erkenntnisse fordert Mansour neue pädagogische Konzepte. "Es kann nicht sein, dass Lehrer nach Neukölln geschickt werden, ohne dass in ihrer Ausbildung ein Wort über den Nahostkonflikt verloren wurde." Umgekehrt stellt er die Frage, ob die Naivität, die zum Beispiel die Behörden Hamburgs einer antisemitischen iranischen Dachorganisation entgegengebracht hätten, nicht auch eine Form von Antisemitismus sei.

In der Diskussionsrunde wurde deutlich, dass viele Teilnehmenden ein großes Bedürfnis nach Bildungsmaterialien und praktischen sowie didaktischen Ratschlägen haben.

Fussnoten