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Unbesungene Helden | Helfer, Retter und Netzwerker des Widerstands | bpb.de

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Unbesungene Helden

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In seinem Vortrag "Das Schicksal der Helfer/innen nach 1945" widmet sich Dennis Riffel, Mitarbeiter des Vereins "Gegen Vergessen – Für Demokratie" aus Berlin, dem Schweigen der Retter nach dem Zweiten Weltkrieg.

Wie schon Wolfram Wette und Barbara Schieb, widmet sich auch Dennis Riffel in seinem Vortrag dem "Schweigen der Retter" in den ersten 20 Jahren der Bundesrepublik. Hierfür macht er vor allem das gesellschaftliche Desinteresse verantwortlich. Einen weiteren Grund sieht er in der schwierigen finanziellen Situation vieler Helfer, die zum Teil eine direkte Folge ihres Engagements war.

Diese "stillen Retter" fanden 1958 eine Anlaufstelle: Die Ehrungsinitiative "Unbesungene Helden". Die Jüdische Gemeinde Berlin reagierte damit auf ein gleichnamiges, 1957 in den USA erschienenes Buch, das das Bundesentschädigungsgesetz von 1956 und die mangelnde Aufarbeitung der NS-Geschichte anprangerte. Sie gründete einen Fundus, der insbesondere verarmte Helfer finanziell unterstützte. Bald darauf nahm sich der Innensenator Joachim Lipschitz der Initiative an. Damit wurde "Unbesungene Helden" Sache der Senatsbürokratie, die nun einer wahren Flut von Anträgen Herr werden musste. Laut Riffel der Grund für die strengen Auswahlkriterien, nach denen "rigoros" aussortiert wurde.

So kamen lediglich Einwohner Westberlins für eine Entschädigung in Frage. Des Weiteren unterschied der Ausschuss zwischen eigennütziger und selbstloser Hilfe. Das Engagement von Verfolgten und sogenannten "professionellen Helfern" wie beispielsweise Pfarrern, wurde als selbstverständlich angesehen und nicht ausgezeichnet.

Ab 1960 trug der kalte Krieg zu einer weiteren Verschärfung der Auswahlkriterien bei - "staatsfeindliche Elemente" wurden nun ebenso von der Ehrung ausgeschlossen wie Personen, denen "Ehrenrührigkeit" vorgeworfen wurde. Darunter fielen vor allem Vorstrafen - zum Teil noch aus der NS-Zeit.

"Der wahre Helfer musste den moralischen Vorstellungen der Zeit entsprechen. Der Held des Widerstandes sollte einen Gegenpol zu den nationalsozialistischen Verbrechen darstellen. Dementsprechend wurden die geehrten Helfer zu Ikonen stilisiert, zu perfekten Menschen", bewertet Riffel das Verhalten des verantwortlichen Ausschusses.

Von den 1864 (fast 2000) Antragssteller wurden letztendlich nur 760 tatsächlich ausgezeichnet. Viele ehemaliger Helfer erlebten dadurch erneut eine herbe Enttäuschung. Sie fühlten sich von Staat und Gesellschaft im Stich gelassen, vor allem, weil die Gründe für ihre Ablehnung auch auf Nachfragen nicht offengelegt wurden.

Trotz aller Schwierigkeiten bewertet Riffel die Arbeit des Berliner Senats positiv. Die Initiative "Unbesungene Helden" sei ihrer Zeit weit voraus gewesen. Er vergleicht ihr Engagement mit der Arbeit der Bundesregierung, die allerdings erst in den 70er Jahren begann, Helfer auszuzeichnen. Jenen mutigen Menschen, die Leben und Freiheit für ihre Mitbürger riskiert haben, gilt Dennis Riffels Respekt.

Fussnoten