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„Die Handlungsfolgen von gestern sind die Handlungsbedingungen von heute.“ | Danach – Der Holocaust als Erfahrungsgeschichte 1945 – 1949 | bpb.de

5. Internationale Konferenz zur Holocaustforschung Themen Eröffnung/Einführung Displaced Persons - Flüchtlinge - Zwangsmigration Täterbilder und Netzwerke Zerstörte Welten - Ordnungsversuche Bilder - Zeugnisse - Dinge Entnazifizierung - Re-Education - Prozesse Workshops Formate Texte Videos Fotos Redaktion

„Die Handlungsfolgen von gestern sind die Handlungsbedingungen von heute.“

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Zivilisationsbruch – Zwischenzeit – Displaced Persons: die Wissenschaftler Harald Welzer (Universität Flensburg) und Michael Wildt (Humboldt-Universität zu Berlin) stellen das Programm der Konferenz vor. Dabei soll es auch darum gehen, die Periodisierung der Geschichte und die Ordnungsherstellungen der Historiker zu hinterfragen.

Harald Welzer bei seinem Vortrag. (© Oliver Feist / buero fuer neues denken)



 Zu Beginn seiner einführenden Worte verweist Harald Welzer auf seinen Artikel "Stimmen aus dem Off", der einige Tage vor Konferenzbeginn in der Wochenzeitschrift "der Freitag" erschienen ist und inhaltlich an das Thema der Konferenz anknüpft. Mit Bezug auf den Eröffnungsvortrag von Dan Diner macht Welzer deutlich, wie schwierig der von Diner geprägte Begriff des "Zivilationsbruches" sei, da er Kontinuitäten in der Geschichte voraussetze.

Welzer hinterfragt mit seinen Worten die retroaktive Geschichtsschreibung, die Subjekte und Institutionen sehr verdichtet darstellt und eine kausale Ordnung herstellt, die es in dieser Form nicht gegeben habe. Er verweist darauf, dass die Handlungsfolgen von gestern mit den heutigen Handlungsbedingungen korrelieren. Er plädierte für einen Paradigmenwechsel, wie Geschichte zu verstehen und zu deuten sei. So solle einer Periodisierung der Geschichte generell kritisch begegnet werden. Die kommenden Tage widmen sich dennoch Möglichkeiten zu "Ordnungsherstellungen" der chaotischen Nachkriegsjahre, aus denen sich neue Fragen und Perspektiven ergeben könnten.

Michael Wildt am Rednerpult. (© Oliver Feist / buero fuer neues denken)

Michael Wildt betonte in seiner Einführung, dass die Verbindung von Nationalsozialismus und Holocaust für uns selbstverständlich sei, in den Nürnberger Prozessen allerdings der Mord an den europäischen Juden keinen Anklagepunkt darstellte. Erst mit großem zeitlichem Abstand zur "Zwischenzeit" – so der von Diner genutzte Begriff für die Jahre 1945-1949 – habe sich dies durch den Eichmann-Prozess 1961 in Jerusalem und die Frankfurter Ausschwitz-Prozesse verändert. Durch den Prozess wurde der systematische Mord an den europäischen Juden zunehmend als das zentrale Verbrechen der Nationalsozialisten begriffen – in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit und deutschen Geschichtsschreibung wurde das Thema allerdings erst Ende der 1970er Jahre ins Bewusstsein gerückt.

„Displaced Persons – ein bürokratischer Euphemismus“

Wildt betonte, dass auch die sogenannten "Displaced Persons" ein wichtiges Thema auf der Konferenz seien und verweist gleichzeitig auf die Schwierigkeit des beschönigenden Terminus, der maßgeblich von den Alliierten Streitkräften geprägt wurde. Abschließend stellte Wildt das umfassende Programm der Konferenz dar, das sich aus Panels und Workshops mit verschiedenen Themenkomplexen der "Zwischenzeit" zusammensetzt.

Die kompletten Vorträge von Welzer und Wildt im Video: