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Folge 5 | Schule in der DDR | bpb.de

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Folge 5

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In der letzten Folge zeigt sich der Alltag in der DDR für die Schülerinnen und Schüler erst einmal von seiner schönen Seite – angezogen wie damals die Jugend in der DDR tanzen sie gemeinsam in der Disko. Am nächsten Tag erfahren sie über die Erzählungen des Zeitzeugen Helmut Richter, wie gefährlich eine Flucht aus der DDR werden konnte....

Im ersten Teil der letzten Folge des Projektes "Schule in der DDR" geht es fröhlich zu. Am Abend steht Disko auf dem Programm. Bei der Vorbereitung des Buffets fehlt den Mädchen zwar das frische Obst, die Laune verdirbt ihnen das aber nicht. Die passenden Klamotten hängen auch schon bereit. Die Haare werden originalgetreu gestylt – bei den Mädchen mit Lockenstab und Glätteisen, für die Jungs wird, wie in der DDR aus Mangel an Haarspray üblich, Zuckerwasser angerührt. Während die meisten Jugendichen Spaß an der Verkleidung haben, sind zwei Jungs nicht so begeistert vom Stil der Sachen. Sie weigern sich, mitzumachen.

Mit gemischten Gefühlen gehen die Jugendlichen den Disko-Abend an. Sie wissen nicht recht, worauf sie sich musikalisch einlassen. Ihre Vorbehalte erweisen sich schnell als unbegründet und die Party wird ein Höhepunkt der Woche. Dafür sorgt auch Andreas Hofmann, der im Leipziger Schullandheim die Musik auflegt. Als "staatlich geprüfter Schallplattenunterhalter" sorgte er bereits in der DDR für die richtige musikalische Mischung auf Partys. In der DDR galt die 60/40 Regelung: 60 Prozent der gespielten Lieder mussten aus der DDR oder anderen sozialistischen Ländern stammen.

Der Flüchtling

Am nächsten Morgen wird es dagegen deutlich ernster. Helmut Richter besucht die Schülerinnen und Schüler und berichtet von seiner Flucht durch den Teltowkanal 1966. Er hielt die Repression in der DDR nicht mehr aus und fasste den Entschluss, unter Lebensgefahr zu flüchten. Mitten in der Nacht schwamm er durch den Berliner Teltowkanal nach Westberlin.

Er berichtet vom Nieselregen und der Dunkelheit der Nacht, vom kalten Kanalwasser, von Alarmdrähten dünn wie Angelsehnen, die fast unsichtbar unter einer Brücke aufspannt sind und die er im letzen Moment noch sieht, von der ständigen Angst, entdeckt zu werden. Er berichtet davon, dass er – endlich angekommen im Westen – von einer fremden Frau aufgenommen wurde und in Ohnmacht fiel. Noch heute träume er manchmal von der Flucht, sagt er.

Flucht aus der DDR unter Lebensgefahr

Helmut Richter ist einer von rund 3,8 Millionen Menschen, die die DDR von der Gründung im Oktober 1949 bis zum Juni 1990 verlassen haben. Nur rund 480.000 von ihnen konnten legal ausreisen. Die meisten flohen illegal und unter großer Gefahr. Republikflucht war in der DDR eine Straftat und die Grenztruppen waren angewiesen, sie zu verhindern. Fluchtversuche wurden mit mehrjährigen Gefägnisstrafen geahndet.

Viele Menschen starben beim Versuch, die DDR zu verlassen – zwischen 1949 und 1989 ließen insgesamt 1135 Menschen an der innerdeutschen Grenze ihr Leben. Fluchtversuche wurden unter anderem mit Tauchbooten, Heißluftballons oder durch Fluchttunnel unternommen und waren gefährlich. Allein beim Versuch, über die Ostsee nach Dänemark zu flüchten, starben über hundert Männer, Frauen und Kinder.

Friedliche Revolution und der Fall der Mauer

Im September 1989 erlaubte Ungarn DDR-Bürgern die Ausreise in den Westen und löste so die größte Massenflucht seit 1961 aus – dem Jahr, in dem die Mauer gebaut wurde. Einige Oppositionelle jedoch blieben und demonstrierten im September 1989 unter dem Motto: "Wir bleiben hier". Obwohl die SED mit Gewalt versuchte, die Demonstrationen zu unterbinden, gingen einen Monat später Zehntausende Menschen auf die Straßen.

Daraufhin überschlugen sich die Ereignisse. Als Konsequenz der anhaltenden Demonstrationen wurde Erich Honecker am 18. Oktober 1989 als Generalsekretär des Zentralkomitees (ZK) der SED abgesetzt. Am 4.November fand auf dem Berliner Alexanderplatz die größte Massendemonstration in der DDR-Geschichte statt, drei Tage später – am 7. November 1989 – trat die Regierung zurück.

Der Druck wurde so groß, dass das DDR-Regime ein neues Reisegesetz erarbeitete, das den DDR-Bürgerinnen und Bürgern uneingeschränkte Reisefreiheit gewähren und am 10. November 1989 um 4 Uhr in Kraft treten sollte. Weil SED-Funktionär Günter Schabowski auf einer Pressekonferenz am 9. November versehentlich das "sofortige" Inkrafttreten des Gesetzes verkündete, strömten tausende Ostberliner am Abend des 9. November spontan zu den Grenzübergängen.

Um 00:00 Uhr wurden alle Grenzübergänge geöffnet: Die Berliner Mauer war nach über 28 Jahren gefallen.

Abschied von einem anderen Schulsystem und einem anderen Alltag

Für die Schülerinnen und Schüler endet der Ausflug in die DDR nach diesen fünf Tagen. Sie bekommen ihre Smartphones wieder und fahren zurück zu ihren Familien, ihren Alltag, ihre Schule.

Fünf Tage lang konnten sie erleben, wie Unterricht in Ostdeutschland zu DDR-Zeiten gedacht war. Sie haben einen Einblick bekommen, wie der Alltag in einem Schulsystem ausgesehen haben könnte, in dem nicht Individualität, sondern Einheitlichkeit im Vordergrund stand. Der geprägt war durch eine straffe, zentralistische staatliche Organisation, in der der Staat von der Gesetzgebung über die Lehrpläne, die Schulbücher, die Unterrichtsmittel bis hin zu den Kontrollgremien auf Bezirks- und Kreisebene vieles beeinflusste und in dem für alle Lehrpläne die Ideologie des Marxismus-Leninismus verbindlich war.

Viele der Jugendlichen steigen mit gemischten Gefühlen in den Bus nach Hause. Alle sind froh, in ein System zurückzukehren, in dem sie ihre Meinung laut sagen dürfen und die Entscheidung, was sie anziehen, ihnen überlassen bleibt. Die Antwort auf die Frage, ob ihnen die Tage gefallen haben, lautet dennoch laut und deutlich: Ja! Vor allem das Gemeinschaftsgefühl werden viele vermissen. So geht ein außergewöhnliches Projekt zu Ende, in dem nicht nur die Schülerinnen und Schüler die deutsch-deutsche Geschichte aus einer anderen Perspektive gesehen haben.

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