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Atombilanz 1953 | APuZ 15/1954 | bpb.de

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APuZ 15/1954 Atombilanz 1953

Atombilanz 1953

Audi diese Veröffentlichung bezweckt wie alle anderen bisherigen und kommenden Veröffentlichungen der Bundeszentrale auf dem Gebiet atomarer Entwicklung, die gesamte politische und pädagogische Führungsschicht unseres Volkes auf die atemberaubende Entwicklung eines sich überstürzenden Geschehens aufmerksam zu machen, das alle menschliche Fassungs-und Vorstellungskraft fast zu übersteigen scheint. Unsere Sorge ist, daß unsere politische Vorstellungswelt mit dieser Entwicklung nicht mehr Schritt hält. Unsere gemeinsame Sorge sollte es sein, unverzüglich alles zu tun, um die Spannung zwischen dieser tiefgreifendsten und einschneidensten Veränderung der zivilen und militärischen Entwicklung und einer überholten politischen Vorstellungswelt nicht ins Uferlose wachsen zu lassen.

B u n d e s z e n t r a l e für Heimatdienst

Wie dieses Scheines lockrer Bau, so werden Die wolkenhohen Türme, die Paläste, Die hehren Tempel, selbst der große Ball, Ja, was daran nur teil hat, untergehn Und, wie dies leere Schaugepräng'erblaßt. Spurlos verschwinden.

The cloud cappd towers, the gorgeous palaces, The solemn temples, the great globe itself, Jea, all which it inherit shall dissolve. And, like this insubstantial pageant faded, Leave not a rock behind.

Shakespeare. Der Sturm, IV, 1.

Einleitung

Über den Komplex „Atomwaffen" werden in einer Reihe westlicher Länder zum Teil von den Regierungen geförderte, aufklärende und öffentliche Gespräche geführt. Bei uns darauf zu verzichten, hieße — aus durchaus wohlmeinenden Motiven, die in der Sorge um die Beunruhigung der Bevölkerung zu suchen sind — die Augen vor einer Revolutionierung der modernen Kriegführung zu verschließen. Sie hat in den letzten Wochen des zweiten Weltkrieges mit den Vorgängen in Nagasaki und Hiroshima eingesetzt.

Eine baldige Verbreitung des Wissens um die Grundlagen der atomaren Kriegführung scheint besonders in der deutschen Publizistik notwendig und unerläßlich. Deswegen werden im laufenden Text die Quellen und am Ende des Textes bibliographische Angaben vermittelt.

Es ist nun unvermeidbar die abzuhandelnden Fragen mit nüchterner, vielen Lesern vielleicht unmenschlich erscheinender Sachlichkeit zu besprechen. Dies liegt in der Natur der Sache. Ein Jeder, der sich mit den Elementen der modernen militärischen Sicherheit befaßt, befindet sich in einer Atmosphäre, die der Luft ähnlich ist, welche der Naturwissenschaftler atmet. Ihre Bestandteile sind die Begriffe Kratt, Raum und Zeit. ist in diesem Zusammenhang entweder die geballte Energie der Kratt Menschen und Waffen innerhalb von Streitkräften — zum Beispiel einer Division —, oder die abschreckend-psychologische, beziehungsweise vernichtende Wirkung der atomaren Munition von der kleinsten Einheit der Atomgranate bis zu der mit Kobalt umhüllten Wasserstoffbombe.

Raum hat auf den folgenden Seiten nichts mit dem Wort „Lebensraum“ zu tun. Vielmehr ist der hier benutzte Begriff dem militärischen Wortschatz entlehnt. Die Tiete des westeuropäischen Raumes wäre also • s ; 1 1 zur Zeit das Gebiet Europas bis zur Ostgrenze der Bundesrepublik, Österreichs und Jugoslawiens, sowie der Nordgrenze Griechenlands.

Schließlich wird der Begriff Zeit in einem Zusammenhang benutzt, der die Dauer des Aufbaues neuer Streitkräfte, der Produktion und Entwicklung neuer Waffen und ihrer Transportmittel — zum Beispiel Flugzeug oder Rakete — umreißt.

Mindestens zweimal in diesem Jahrhundert hat der Aufbau, die Organisation, die Schulung, Ausbildung und Bewaffnung moderner Armeen mit dem Fortschritt der Technik nicht Schritt gehalten: 1914 hat der deutsche Generalstab, der in Nordfrankreich mit größeren Kavallerie-verbänden operieren zu können glaubte, die durchaus bekannten Möglichkeiten des Maschinengewehrs und der Stacheldrahtsperren nicht hinreichend in Rechnung gesetzt.

1940 hat der französische Generalstab, trotz jahrelanger in Frankreich, im Vereinigten Königreich, Italien und Deutschland öffentlich diskutierter und versuchter Entwicklungen, die Möglichkeiten der frei beweglichen und in die Tiefe des Raumes vorstoßenden operativen Panzerverbände nicht ausreichend gewürdigt.

Schließlich gelang es vor dem ersten Weltkriege nur durch den Einfluß kaiserlicher Beziehungen das zaristische Heer mit einer bescheidenen Luftwaffe auszurüsten:

Als der Großfürst Alexander von Rußland im Jahre 1909 — nach M. Bleriot's Flug über den Ärmelkanal von der militärischen Verwendbarkeit des Flugzeuges überzeugt — den zaristischen Kriegsminister, General Soukhomlinoff, in dieser Frage belagerte, erwiderte der Minister: „Wenn ich Eure Kaiserliche Hoheit recht verstehe, wollen Sie Bleriot's Spielzeug in die Armee einführen "

Im Prinzip liegen die Dinge heute auf dem europäischen Kontinent nicht anders. Indessen würde ihre Vernachlässigung weit schwerere Folgen zeitigen, handelt es sich doch seit 1945 nicht mehr nur um Armeen und ihr Schicksal, sondern um Frauen und Kinder und alle diejenigen, die zu Hause bleiben müssen.

Trotz manchen Hilfen haftet dem Folgenden etwas Skizzenhaftes an, um über die Übervereinfachung zu schweigen, die den wissenschaftlichen Leser wohl erschrecken mag.

Diese Arbeit beruht auf Grundlagenstudien, die im Wesentlichen mit dem Jahreswechsel 1953— 1954 abgeschlossen waren.

Die Crescendi der atomaren Munition

Ein uneingeschränkter atomarer Krieg kann einer verhältnismäßig kurzen, aber grausigen Symphonie gleichen, die unter Umständen mit einem für alles Leben endgültigen Paukenschlag enden dürfte.

Es wird dies nicht die Sprengung des Erdballs oder eine ähnliche, in der populären Literatur hin und wieder angedeutete, Explosion sein. Vielmehr haben wir die äußerste Gefahr in einer von Professor Albert Einstein umrissenen Richtung zu suchen:

»Die Wasserstoffbombe erscheint am Horizont als ein wahrscheinlich erreichbares Ziel. Ihre beschleunigte Entwicklung ist feierlich vom Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika erklärt worden. Sofern erfolgreich, ist die radioaktive Vergiftung der Atmosphäre und damit die Vernichtung jedes Lebens auf der Erde in den Bereich der technischen Möglichkeiten gerückt. Der geisterhafte Charakter dieser Entwicklung liegt in ihrer offenbar zwangsläufigen Tendenz. Jeder Schritt erscheint als die unvermeidliche Folge des Vorhergegangenen. Am Ende winkt mehr und mehr die allgemeine Vernichtung.“

Nach dieser Ansprache dauerte es noch zwei Jahre und neun Monate, bis am 17. November 1952 die ersten und nicht bestrittenen Gerüchte, von Eniwetok im Pazifischen Ozean ausgehend, über erfolgreiche Versuche mit Wasserstoffsprengungen — technisch: thermonucleare Explosionen — an die Öffentlichkeit drangen.

Die Steigerung der Sprengwirkung Hm den deutschen Leser schrittweise in das Crescendo der atomaren Zerstörungsmöglichkeiten einzuführen, scheint es geboten, mit einer bekannten, noch nicht atomaren Einheit aus dem vergangenen Kriege zu beginnen: Der 10 Tonnen (TNT) Luftmine, die als „Wohnblockknacker" in den realistischen Wortschatz, unserer Tage eingegangen ist.

Die verheerenden Wirkungen jener Mine in unseren Städten sind noch allzu sichtbar und erinnerlich, als daß sie hier noch einmal definiert zu werden brauchten.«’ Die kleinste, uns derzeitig mit Sicherheit bekannte Atomeinheit, ist die Atomgranate, zu deren Einsatz seit geraumer Zeit im linksrheinischen Deutschland zwölf 28-cm-Kanonen mit einer Reichweite von etwa 45 Kilometern bereitstehen. Über die Sprengwirkung dieser Granate und ihre Zünder ist bislang nicht viel bekannt gegeben worden Eine der zuverlässigsten amerikanischen Quellen spricht über eine Sprengwirkung von zwölf-bis fünfzehntausend Tonnen. Diese würde mindestens der zwölfhundertfachen Wirkung jener „Wohnblockknacker" entsprechen

Die nächste Einheit ist die sogenannte X-Bombe, die durch ihre Auswirkung in Nagasaki und Hiroshima vom August 1945 am bekanntesten geworden ist. Die beiden Bomben brachten zwar das Waffenstillstands-angebot der Japaner, hatten aber vorher mindestens 110 000 Tote ____ _____ • gefordert Die deutschen Luftangriffe auf London hatten während des ganzen zweiten Weltkrieges dreißigtausend, die auf das gesamte Vereinigte Königreich einschließlich Londons, sechzigtausend Tote gekostet.

Diese Bombe hat auf Grund übereinstimmender Quellen etwa die Sprengkraft von fünfzehn bis zwanzigtausend Tonnen TNT, also die etwa zweitausendfache Wirkung der maximalen, über Deutschland abgeworfenen, Waffe aus dem zweiten Weltkrieg.

Unter anderen sprach sich der ehemalige Hohe Kommissar der USA in Deutschland, Mr. John Mc. Cloy, nach Kriegsende, in seiner damaligen Eigenschaft als Unterstaatssekretär im Kriegsministerium der Ver- einigten Staaten, über diese Wirkung aus Er fügte hinzu, daß Wissen-schaftler eine Wirkungssteigerung eben dieser X-Bombe auf das Fünf-, bis Zehnfache für durchaus möglich hielten.

Dies ist mittlerweile geschehen und übertroffen:

„Atombomben (nicht thermonucleare oder Wasserstoffbomben, der Verfasser) sind heute fünfundzwanzigmal so kraftvoll als die Waffen,. mit denen das Atomzeitalter dämmerte“, sagte Präsident Eisenhower in seiner eindringlichen Rede vor der Vollversammlung der Vereinten; Nationen in New York am Dezember 1953 8).

Ob ein Sprengkörper mit dieser Leistungsfähigkeit, die der fünfzig-,, tausendfachen Wirkung der zehn Tonnen Luftmine besitzt, transportfähig ist, das heißt, ob sic durch Schiffe oder Flugzeuge operativ oder : strategisch verwendbar sein würde, scheint ungewiß. Fest steht ledig-* lieh, daß eine Explosion dieses Ausmasses im Laufe des Jahres 1952 stattgefunden hat. Es gibt begründeten Anlaß zu der Annahme, daß die USA, eben aus Gründen der Transportfähigkeit und auch der Rohstoffersparnis, Bomben dieses Ausmaßes zugunsten kleinerer Einheiten nicht herstellen werden. Vielmehr ist die Vermutung berechtigt, daß die einmalige Explosion in fünfzigtausendfacher Stärke eben jener zehn Tonnen Mine in die Reihe der wissenschaftlichen Grenzversuche gehört, die in das Feld der Wasserstoffbomben oder thermonuclearen Explosionen überleiten. Diese allein geben Anlaß zu der These, daß die grausige Symphonie der uneingeschränkten atomaren Kriegsführung zu einem das Leben beendigenden, endgültigen Paukenschlag führen könnte

Physikalisch und chemisch gleicht die Explosion dieser Art dem permanenten Prozeß der Entstehung der Sonnenhitze. Wir haben also „ein Stück Sonne" vor uns

Die Länge des Schrittes von der Atombombe, die aus Plutonium oder Uran entwickelt wurde, zur Wasserstoffexplosion, zu der in einer von mehreren möglichen Ausführungen Deuterium und Tritium benötigt zu sein scheint, entspricht in bezug auf Sprengwirkung und Hitzeentwicklung dem von der zehn Tonnen Luftminc zur Atombombe, die mittlerweile serienmäßig hergestellt wird. Ohne das Wissen um diesen Schritt vor Augen zu haben, ist eine sachliche Unterhaltung zum Gesamtthema der vorliegenden Schrift unmöglich.

Es nimmt daher nicht Wunder, daß man zur Kennzeichnung solches Sprengwirkungen einen neuen Begriff in die Sprache moderner Sicherheits-und Zerstörungspolitik einführen mußte: den der „Megatonne". Eine Megatonne ist das Äquivalent zu einer Million Tonnen TNT, also zu einhunderttausend zehn Tonnen Luftminen des zweiten Weltkrieges.

Was lag näher, als nun auch für die in der Entwicklung befindliche Wasserstoffbombe einen drastischen Ausdruck zu bilden?

Das Wort „Citybuster" — aus dem Slang stammend, und vielleicht am besten mit „Stadtzerbläser" übersetzbar, — führte sich rasch durch die journalistische Hintertür ein, nachdem es schon auf die verstärkte Normalbombe angewandt worden war. (Die Kolumnisten der New York Herald Tribune, Mr. Joseph und Stewart Alsop, die über einen Leserkreis von gut zehn Millionen Menschen verfügen, arbeiten an einem Buch zum Thema „Wasserstoffbomben“. Sie haben dieses Gerücht bestätigt und zu verstehen gegeben, daß sie im harten Raum der Geheimhaltungsbestimmungen anstoßen. Das Buch der Brüder Alsop, die als unabhängige und mutige Kämpfer für ihre Überzeugungen gelten, wird wohl im Laufe dieses Jahres erscheinen. Es dürfte an politischer Aktualität alles bisher zum Thema Veröffentlichte übertreffen).

Mittlerweile darf und muß gesagt werden, daß die jüngste und wichtigste Veröffentlichung zur Frage der Atom-und Wasserstoffbomben, nämlich die oben angeführte bedeutende und hoffentlich epochemachende Rede des Präsidenten der USA vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York, nicht unbedingt den Schluß zuläßt, daß die Wasserstoffbombe schon soweit entwickelt sei, daß sie nach freiem Ermessen taktisch oder strategisch einsetzbar wäre

Jedoch scheint der Tag, an dem eine Wasserstoffbombe mit einer Sprengkraft von einer oder mehr Megatonnen technisch konstruierbar und mindestens durch Schiff, wenn nicht durch Flugzeug transportabel sein wird, in Kürze, das heißt spätestens in zwei bis vier Jahren, gekommen zu-sein.

Die Schwierigkeiten auf diesem Wege liegen nicht zuletzt in der Tatsache, daß die Wasserstoffexplosion (thermonucleare Reaktion) nur dann einsetzt, wenn eine für den Laien kaum vorstellbare Hitze für eine gewisse Dauer auf die Elemente Deuterium und (oder) Tritium einwirkt. Es handelt sich offenbar um Hitzegrade von 50 und mehr Millionen Centrigraden für Bruchteile von Sekunden. Diese relativ lange währende Hitze kann nur von einer sehr großen Plutonium oder Uran-Atombombe gespendet werden. Hierin liegt die Begründung für die Tatsache, daß die Wasserstoffexplosion nur mit einem „Atombombenzünder“ auszulösen ist, der das Vielfache der über Nagasaki und Hiroshima verwandten Energie in sich birgt.

Die wirklich große, von Professor Einstein als für das Leben schlechthin vielleicht entscheidend angedeutete Gefahr der Wasserstoffbombe und in bedeutend geringerem Maße der Atombombe, liegt jedoch nicht in ihrer Spreng-und Hitzewirkung, sondern in der durch sie unter Umständen herbeigeführten Vergiftung der Atmosphäre infolge von Strahlungen und Radioaktivität.

Die Steigerung der Anwendungsmöglichkeiten Die das Leben unter Umständen in seiner Substanz vernichtende Wirkung der Atom-und besonders der Wasserstoffbomben, liegt in ihrer Anwendung und Ausstattung ,

Für die Atombombe kommt hier in erster Linie der Augenblick ihrer Entzündung und der Abstand der Explosion von der Erd-oder Wasseroberfläche in Frage.

Bei der Wasserstoffbombe liegt die Entscheidung über Leben und Tod nicht so sehr in ihrer Sprengwirkung (diese ist an sich schon bedeutend). sondern vielmehr in ihrem Mantel, der beliebig aus mehr oder weniger radioaktiven Substanzen hergestellt werden kann

Der Satz des Präsidenten der Vereinigten Staaten vor der Vollversammlung in New York am 8. Dezember 1953 muß technisch und politisch wörtlich genommen werden: „Für midi zu sagen, daß die Vergeltungsmöglichkeiten der Vereinigten Staaten so groß sind, daß das Land eines Angreifers verödet werden könnte, ist, obwohl es den Tatsachen entspricht, nicht der wahre Ausdruck des Zieles und der Hoffnung der Vereinigten Staaten".

Um den deutschen Leser wiederum schrittweise in die sich hier auf-tuenden Perspektiven einzuführen, soll mit der derzeitig bekannten kleinsten Einheit, der Atomgranate, begonnen werden.

Wenn im ersten Crescendo von der Spreng-und am Rande von der Hitzewirkung mit der ihr eingeschlossenen Verbrennungswirkung gesprochen wurde, so handelt es sich nun um Gammastrahlen und die radioaktive Verseuchung, die hier im Begriff der „Strahlungen" zusammengefaßt sein sollen. Über den Zünder der Atomgranate ist so wenig bekannt, daß nicht mit Sicherheit gesagt werden kann, ob es sich um Verzögerungszündung (die eine Detonation unter der Erde mit der bekannten Trichterbildung hervorruft), um Aufschlagzündung (die eine Detonation bei Berühren des Zieles mit sich bringt), oder um Abpraller (die die Granate nach kurzem Streifen der dafür geeigneten Zieloberfläche — trockene Felder oder etwas Ähnlichem — wieder in die Höhe prallt, um den dachförmigen Explosionskegel auf eine möglichst große Fläche zu verteilen), oder ein neues Verfahren handelt.

Diese drei Zündungsmöglichkeiten sind die aus dem zweiten Weltkrieg jedem Soldaten bekannten, herkömmlichen und klassischen Arten. Wir dürfen mit einigem Recht annehmen, daß es sich um einen verstellbaren Zünder handelt, der für alle drei Möglichkeiten eingerichtet ist.

Während der Abpraller im vergangenen Kriege die unangenehmste Methode darstellte, sofern es sich um Situationen handelte, in denen der Soldat nicht oder nur schlecht eihgegraben war, ist bei der Atomgranate das Umgekehrte der Fall:

Je höher eine Atomgranate oder Atombombe detoniert, desto schneller verfliegt die radioaktive Verseuchung und desto unwirksamer verpuffen die Gammastrahlen. Dies hängt natürlich von den Wetterverhältnissen ab: Steigender Nebel ist günstig, feindwärts wehender Wind noch besser, Tiefdruck und Regen allerdings dürften vernichtende Folgen zeitigen.

Oberflächliche Schätzungen über die Wirkung der Atomgranate, die um ein gutes Drittel kleiner zu sein scheint als die „Normalbombe" aus Nagasaki und Hiroshima, lassen den vagen Schluß zu, daß sie bei klarem und windstillem Wetter in flachem Gelände starke Druckschäden in einem Radius von etwa zweitausend Metern vom Explosionsort, sowie Verbrennungen durch Hitze und Strahlungen bis über dreitausend Meter hervorrufen kann. Dies allerdings bei hoch explodierender Granate.

Bei Aufschlagszündung dürfte, je nach Bodenbeschaffenheit und Bodenbedeckung und insbesondere je nach dem jeweiligen Feuchtigkeitsgehalt der Erde, der Radius geringer sein, jedoch muß angenommen werden, daß die radioaktive Verseuchung wesentlich länger haftet. Bei Verzögerungszündung dürfte die aufgewühlte Erde je nach ihrer Feuchtigkeit eine noch länger währende und innigere Verbindung mit der Radioaktivität eingehen. Es wäre wünschenswert, wenn diese als Anhalt gegebenen Schätzungen, die im Vergleich mit den Wirkungen der „Normalbomben“ des Jahres 1945 errechnet wurden, abschwächend widerlegt werden könnten.

Die am solidesten untermauerten Angaben über das noch immer nicht ganz erforschte Gebiet der Strahlungen sind an Hand von eingehenden Studien in Japan nach 1945 gemacht worden. Von den Bomben auf Nagasaki und Hiroshima aus — sie hatten eine Sprengladung in Höhe eines Äquivalentes von zweitausend zehn Tonnen Luftminen — ist die Entwicklung so fortgeschritten, daß die Vereinigten Staaten heute Bomben zu lagern scheinen, die bis zu Einheiten über die zehntausendfache Wirkung der zehn Tonnen Luftmine hinausgehen Die zwei „nominalen Bomben" auf Japan wurden in der mittlerweile als optimal erprobten Höhe von sechs bis siebenhundert Metern über dem Zielpunkt zur Explosion gebracht. Ob -größere Bomben aus größerer Höhe zur Detonation gebracht werden müssen, um einerseits die gewünschte Sprengwirkung zu erhöhen und andererseits die Strahlungsschäden zu verringern, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden. (Diese Strahlungsschäden waren der Hauptanlaß zu der echten Welle von Entrüstung über die Anwendung der Atombombe in allen Ländern, vornehmlich aber in den Vereinigten Staaten selbst. Dies sollte nicht vergessen werden.)

Indessen scheint es nicht ohne Belang, daß gerade die infolge des Wetters und der atmosphärischen Strömungen unkontrollierbare Fern-wirkung der Radioaktivität in den verantwortlichen Stäben die heftigsten Bedenken gegen die Anwendung der Bombe an sich ausgelöst haben:

So rief ein gelber Staub, der wenige Tage nach einer Versuchsexplosion in Nevada (USA) auf Vancouver (Canada) niederging, eine unbestreitbare Nervosität hervor, obwohl seine tatsächliche Radioaktivität völlig unschädlich war Immerhin hatte dieser Staub etwa eintausendachthundert Kilometer Reiseweg mit dazwischenligenden nennenswerten Mittelgebirgen zurückgelegt.

Etwas Ähnliches gilt für die britischen Versuche in Australien: als der Wind Anfang Oktober 1953 nicht günstig, nämlich in das Land hinein, statt auf die See hinauswehte, wurde eine Probeexplosion um mehrere Tage verschoben

Für das Leben sehr viel vernichtender, als die Explosion in mindestens sechshundert Meter Höhe, ist die Erd-oder Wasserdetonation. Letztere darf sogar wegen ihrer, das Wasser verseuchenden Möglichkeit innerhalb von Häfen und gegen Flotteneinheiten auf See, sowie bei amphibischen Unternehmen, als das größere Übel bezeichnet werden. Besonders bei Wetterlagen, die als Tiefdruckzonen bekannt sind, würde die Radioaktivität geraume Zeit im Zielraum lasten und dauernde biologische Schäden für die betroffenen Menschen hervorrufen. Jedoch sind die Wirkungsradien und Stärken bekannt. Daraus ableitend kann auch bei uns in Deutschland auf Grund vorbeugender Aufklärung die Atom-panik gebannt werden. Es dürfte sich bei den „Normalbomben* und bei Windstille und klarem Wetter um Radien handeln, die dreitausend-Meter nicht überschreiten. Schon durch verhältnismäßig primitive Splitter-Hitze und Strahlungsschutzgräben dürfte sich der Radius beträchtlich verringern.

Der Einsatz in Häfen und auf hoher See, sowie in Küstennähe würde, taktisch gesprochen, in erster Linie das Kentern kleiner und mittlerer Schiffseinheiten zu Folge haben. Die Wellenhöhe beträgt vom Punkt der Wasseroberfläche über der Explosion in einem Radius von zweitausend bis zweitausendfünfhundert Metern 5, 3 bis 4, 3 Meter für den ersten Wellenberg. Der nautische Laie kann sich dies nur vorstellen, wenn er weiß, daß höchste ozeanische Wellen vier bis fünf Meter Höhe erreichen (Wellental plus Wellenberg also acht bis zehn Meter) Im Abstand von dreihundert Metern vom Explosionsort beträgt die Wellenhöhe noch einunddreißig Meter

Atomcxplosionen unter oder auf dem Wasserspiegel haben die Eigenschaft das unmittelbar verdrängte Wasser, am stärksten hierbei die erste und größte Welle, durch Radioaktivität so zu verseuchen, daß Schiffs-besatzungen, die sich auf Deck befinden, mit Sicherheit schwere Strahlungsschäden davontragen würden. Das Betreten des so verseuchten Deckes zwecks Rettungsmaßnahmen dürfte noch geraume Zeit nach Abfluten des Wassers und Abtrocknung mit erheblicher Gefahr verbunden sein.

Der taktische und operative Einsatz der Atombombe im Felde und zur See ist jahrelang sachlich diskutiert worden. Der Anlaß zu dieser militärischen Diskussion ist — so muß befürchtet werden — weniger das Grausige ihrer Wirkung, als die Schwierigkeit gewesen, sie gezielt an den Feind zu bringen. Gemessen an den Kosten ihrer Herstellung und dem Verbrauch an den hochwertigen und nicht unbegrenzt vorhandenen Rohstoffen Uran und Plutonium, schien und scheint noch heute ihr vernichtender Wirkungsradius zu klein.

Bei überraschendem Einsatz auf einen sich versammelnden, sagen wir zu einem Flußübergang bereitstehenden, oder in Verladung begriffenen Gegner, zerstört sie ja „nur" absolut einen Kreis mit dem Radius von höchstens dreitausend Metern. Hierbei ist natürlich nicht die Blend-und Nervenreaktion durch das grelle Explosionslicht und den Schock einbegriffen: Unwägbarkeiten, die von der Moral der Truppe und ihrer Ausbildung und Vorbereitung auf diese Art Kriegführung abhängen.

Ein Zerstörungskreis von höchstens sechs Kilometern Durchmesser wird aber — wenn die Führung ihre Ausbildungsvorschriften wie vorgesehen entsprechend reformiert hat — nicht mehr als „höchstens“ ein Regiment ausschalten. Die Masse einer mit der Atombombe angegriffenen Division hat damit bei gewandter Führung echte Möglichkeiten unangetastet davonzukommen.

Thermonucleare Explosionen Dies alles hat sich seit der erfolgten oder kurz bevorstehenden Durch-konstruktion der operativ verwendbaren Wasserstoffbombe einschneidend geändert.

Die in deutschen und amerikanischen Quellen veröffentlichten Raum-angaben für absolute Verbrennungen von Lebewesen, Bewachsung und Bebauung durch thermonucleare Explosionen schwanken zwischen achthundert und dreitausend Quadratkilometern Wie dem auch sei: Die tatsächliche Verbrennungsfläche wird von der Größe der Bombe, der Höhe ihres Abwurfes und entscheidend von der Bodenform (Gebirge oder Ebene) und der Bodenbedeckung (Städte, Wälder oder ähnliches) abhängen. So wird zum Beispiel ein alpines Hochtal mit tiefer Sohle verhältnismäßig unbehelligt bleiben, selbst wenn im nächsten Tal — was den Einsatz der hochwertigen Bombe allerdings kaum rechtfertigen dürfte — eine derartige Explosion vonstatten geht.

Nimmt man eintausendfünfhundert Quadratkilometer als eine Arbeitshypothese an, so folgt daraus, daß Groß-Berlin mit seinen achthundertvierundachtzig Quadratkilometern und 3, 2 Millionen Einwohnern, sowie Hamburg mit seinen siebenhundertsechsundvierzig Quatradkilometern und 1, 4 Millionen Einwohnern oder London, Paris, New York, Chikago oder Los Angeles durch einen schlecht gezielten, periphären Einsatz einer solchen Bombe aus der Luft oder von See her verbrannt werden könnten. Es sind dies Vorstellungen, die den Bewohnern Mittel-europas aus der Geschichte des dreißigjährigen Krieges leicht verständlich sind, pflegten doch die Städte jener Zeit bei weitem leichter zu brennen, als es in den letzten dreihundert Jahren der Fall gewesen ist.

In Mitteldeutschland singen die Kinder jährlich im Mai ein Lied:

„Maikäfer flieg, meine Mutter ist im Krieg, mein Vater ist im Pommern-land, Pommernland ist abgebrannt, Maikäfer flieg." Es besteht kein Zweifel, daß dieses Lied aus dem dreißigjährigen Krieg stammt. Das Abbrennen eines Landes ist in sehr viel wörtlicherem Sinne heute eine tatsächliche Möglichkeit geworden.

Der derzeitig am meisten besprochene „Vorteil" der Wasserstoff-bombe liegt jedoch in ihren operativen Einsatzmöglichkeiten im Erdkrieg. Hier nämlich setzt die Umwertung der militärischen Begriffe: Kraft = Streitkräfte im Verhältnis zu Raum = Westeuropäische Tiefe mit wahrhaft revolutionierender Macht ein. Man kann moderne Panzer-korps, die aus drei bis vier Panzerdivisionen bestehen, oder gar Armee-verbände, nicht auf unbegrenzte Flächen verteilen. Man kann diese Truppenmassierung in einer durch strategische oder taktische Luftwaffen überschaubaren Landschaft von der Größenordnung des Raumes zwischen Weichsel und Weser nicht verstecken. Für einen der kriegführenden Parteien tritt in dieser Ebene überdies die Tatsache hinzu, daß sie von vorwiegend feindseliger Bevölkerung bewohnt sein dürfte.

Alles dies wird in den Vereinigten Staaten seit Oktober 1953 in der gerechtfertigten Erkenntnis, daß mit der operativ verwendbaren Wasserstoffbombe endlich das Mittel gefunden sei, den zahlenmäßig bei weitem überlegenen Angreifer auf Westeuropa spätestens beim Übergang über einen der großen Flüsse aufzuhalten, mit der den bewährten Demokratien eigentümlichen Offenheit ausgesprochen, gedruckt und dergestalt allmählich militärpolitisch verarbeitet

Die Grundbegriffe des Denkens in militärischer Sicherheit geraten damit ins Gleiten. Während zum Beispiel die Reiterei bei der Einführung des Motors in das moderne Heer um gleichsam begrenzte Probleme, vielleicht sogar Stilfragen rang, kämpfen zur Zeit die konventionellen Waffengattungen der Heeres-und Marineverbände um ihre Zukunft schlechthin: Um Einstellung und Beförderung, Verkleinerung oder Auflösung. Wie auch immer sich diese Erkenntnisse politisch und besonders militärisch auswirken werden, ist heute noch nicht endgültig abzusehen. Die Entwicklung geht, besonders in den Vereinigten Staaten, mit Riesen-schritten vorwärts. In spätestens zwei bis drei Jahren sind die Würfel gefallen

Wie es um diese Diskussion im Augenblick steht, deutet die vorsichtige „Times“, London, in zwei langen und aufschlußreichen Spezial-artikeln an. in denen unter anderem nicht ohne Sarkasmus gesagt wird: „Aber bis praktische Soldaten aus mittleren und höchsten Rängen in mitternächtlichen Wortwechseln bewährte Freundschaften zerstört haben und bis der Radikale zum Scharlatan erklärt worden ist, um sich später als der Fachmann im Kriegsministerium wiederzufinden, wird die rechte Antwort nicht gefunden sein

Immerhin spricht die Tatsache, daß die stategische Luftwaffe der Vereinigten Staaten im Umbruch der Vorstellungen über Quantität und Qualität seit dem Sprung vom klassischen TNT zur Atombombe von etwa sechstausend Fernbombern auf rund fünfhundert reduziert werden konnte, während dabei die effektive Wirksamkeit um das Mehrfache stieg, für sich allein

Wie immer in der praktischen Politik, so wird man auch hier in den Haushaltsplanungen manchen Anhalt über herrschende Meinungen und Tendenzen finden: Der amerikanische „Generalstabschef“, Admiral Radford, versprach am 14. Dezember 1953 vor dein Nationalen Presseklub in Washington Verteidigungsbudgetkürzungen, die sich zunächst auf vier Jahre erstrecken sollen. Während im Haushaltsjahr 1954— 1955 (1. 7. 54 — 30. 6. 55) gegenüber mehr als fünfzig Milliarden Dollar im laufenden Jahr nur noch zweiundvierzig Milliarden Dollar verplant sind, sollen in den drei folgenden Jahren nur noch zweiunddreißig Milliarden Dollar ausgegeben werden

Aber selbst der operative und strategische Einsatz der „gewöhnlichen" Wasserstoffbombe bleibt noch im Rahmen des Meßbaren und Vorstellbaren. Dieses Mittel erreicht den Gipfel sinisterer Möglichkeiten erst durch einen einfachen technischen Trick, der, allen Physikern bekannt und von ihnen bestätigt, mit wenig Zeit-, Geld-und Materialaufwand eben jene verödende Wirkung erzielt, von der Professor Einstein und Präsident Eisenhower öffentlich sprachen.

Lim hier nicht in den Verdacht zu kommen, Greuelpropaganda zu treiben, sei zu diesem Punkt aus dem oben erwähnten Buch „Wasserstoffbomben“ zitiert. Auch der Verfasser dieses Buches bedient sich, mutmaßlich aus ähnlichem Anlaß, des Zitates „Unter geeigneten Bedingungen können mit der Bombe weite Landstriche durch tödliche Schwaden aus radioaktivem Staub vergiftet werden. Es ist eine Ungeheuerlichkeit, daß eine tausend Kilogramm-Deuteriumbombe (Wasserstoffbombe, d. V.) siebentausendfünfhundert Kilogramm hochradioaktives Kobalt erzeugt, wenn sie in einer Kapsel aus Kobalt gezündet wird. Die Wirkung entspricht den Todesstrahlen von zwei Millionen vierhunderttausend Kilogramm Radium. Professor Harrison Brown, der Kernphysiker der Universität Chikago, äußerte einmal, man könne solche Bomben auf eine Nord-Süd-Linie im Pazifik tausend Meilen westlich parallel zur kalifornischen Küste abwerfen:

Die radioaktiven Schwaden würden in etwa einem Tage Kalifornien und in vier bis fünf Tagen New York erreichen und auf ihrem Wege über den Kontinent fast alles Leben auslöschen“. „Ähnlich könnten die Westmächte“, schrieb Professor Brown im „American Scholar", „auf einer Nord-Süd-Linie in der Höhe von Frag einen Teppich von Wasserstoffbomben legen, der auf einem Streifen von zweitausendfünfhundert Kilometern Breite und fünftausend Kilometern Tiefe alles Leben zerstören würde, — von Leningrad bis Odessa, von Prag bis zum Ural. Der Erfolg wäre eine verdorrte und versengte Erde in einem vorher nie dagewesenen Ausmaße.“

Professor Szilard, einer der wesentlichen Mitarbeiter an der Herstellung der Plutoniumbombe hat (wie oben schon mitgeteilt) geschätzt, daß vierhunderttausend Kilo-Deuteriumbomben genug Radioaktivität entwickeln würden, um alles Leben auf der Erde auszulöschen. Auch wissen wir, daß Professor Einstein öffentlich geäußert hat, daß die Erfindung der Wasserstoffbombe die Auslöschung alles Lebens auf der Erde in den Bereich der technischen Möglichkeiten rückt." —

Es liegt auf der Hand, daß zu diesem Mittel nur ein Wahnsinniger greifen wird, der mit seinem eigenen Untergang das Leben an sich vernichten will.

A Die Grenze zwischen Waffenwirkung und Selbstzerstörung Es ist allmählich Zeit einzuhalten und zu fragen: Wo liegt hier die Grenze zwischen Waffenwirkung und Selbstzerstörung? Wann wird die Vernunft diesen Möglichkeiten inhalt gebieten?

Die einzige noch gültige'internationale Regelung, die hier angeführt werden kann, ist die Ächtung des Gaskrieges. Einige der im Laufe dieses Kapitels angeführten Anwendungsweisen fallen unter jene Regel des Völkerrechtes. Die Abgrenzung dürfte etwa dort zu suchen sein, wo die Atombombe mit weniger als sechshundert Metern Abstand von der Erde zur Detonation gebracht wird. Diese Annahme müßte jedoch noch einmal im Lichte der Versuche seit 1945 überprüft werden. Die Ergebnisse sind jedoch Niemandem außer einem kleinen Kreis von Bürgern der Vereinigten Staaten zugängig.

Bei der Wasserstoffbombe liegt die Grenze spätestens dort, wo sie mit einem Mantel aus Kobalt oder einer ähnlichen radioaktiven Substanz umgeben wird: eben jenem mörderischen Trick, den die Technik mit so einfachen Mitteln erlaubt. In Frage kommt hierbei neben dem Kobalt, das die Atmosphäre für zwölf Jahre mit Radioaktivität sättigen würde, das Element Strontium und andere Mittel, deren „radioaktive Lebensdauer" zum Teil wesentlich geringer ist.

Angesichts dieser Erkenntnis kann dem Werben des Präsidenten der Vereinigten Staaten um die Errichtung einer „Atombank“ unter Aufsicht der Vereinten Nationen auch bei uns in Deutschland aus Gründen der Selbsterhaltung nur die allergrößte Aufmerksamkeit und Unterstützung entgegengebracht werden.

Ob dieser Vorschlag jedoch zu einer Ächtung der Atom-und Wasserstoffbombe — besonders für ihren operativen Einsatz im Erd-und Seekrieg — führen kann und wird, mag dahingestellt sein. Es ist leicht verständlich, daß die Aufnahme dieser Waffen in das Genfer Protokoll von 1925 über das Verbot der Anwendung chemischer und bakteriologischer Kampfmittel, für die Vereinigten Staaten angesichts ihrer qualitativen Überlegenheit, aber ihrer quantitativen Unterlegenheit — besonders auf dem eurasischen Kontinent — ein sehr viel einschneidenderer Verzicht wäre, als für die Sowjetunion mit ihren umgekehrten Gegebenheiten, (siehe hierzu auch „Die Gegenwart", Frft. a. M. Nr. 198 vom 2. 1. 1954, Günter Bertrand: „Atomfurcht.")

Die unerforschliche Sowjetunion

Die undurchdringliche U. d. S. S. R. ist am dunkelsten dort, wo es sich um atomare Fragen handelt.

Außer sehr vagen Mitteilungen von politischen und militärischen Überläufern, sowie Rückkehrern aller Art und der Kenntnis der westlichen Abwehrorganisationen, deren Informationen mutmaßlich spätestens dort aufhören, wo es sich um die wichtigsten Detailfragen handelt, ist man hier auf drei Hauptinformationsquellen angewiesen:

1. Der radioaktiven Verseuchung der Atmosphäre in den der Sowjetunion angrenzenden Gebieten einschließlich der seismographischen Kontrolle von Erdstößen, die in der Sowjetunion entspringen.

2. Der Anzahl und Qualität wirklicher Koriphäen auf dem Gebiete der Kernphysik und der zugeordneten technischen Hilfskräfte in der U. d. S. S. R.

3. Auf die dem Westen bekannten Rohstofflager — insbesondere für Uran und Plutonium — im Hoheitsgebiet der Sowjetunion.

Die höchsten Luftströmungen der Erde bewegen sich vom Westen nach Osten. Infolgedessen kommen radioaktive Strömungen nach wenigen Tagen im Westpazifik „an". Die USA haben einen regelmäßigen Atomluftpatroulliendienst über dem pazifischen Ozean eingerichtet, der mit hochempfindlichen Geigergeräten ausgerüstet ist. Physiker sind in der Lage aus Luftproben den eindeutigen Beweis für die nach einer Atombombenexplosion angereicherte Radioaktivität der Atmosphäre zu führen. Darüber hinaus wird mit Bestimmtheit das zur Explosion gebrachte Element — etwa Uran oder Plutonium — nachgewiesen. Mit annähernder Exaktheit kann das Datum der Detonation errechnet werden. Diese Physiker können jedoch, dies ist im Hinblick auf die in den ersten Teilen dieser Schrift gesagten Dinge wichtig, nicht sagen, ob die Explosion auf, unter oder über der Erdoberfläche stattgefunden hat

Die Elite der internationalen Naturwissenschaftler, einschließlich der der U. d. S. S. R., kennt sich noch — wenigstens dem Namen und den Entdeckungen nach.

Hinzutritt, daß durch wiederholten Verrat die Grundlagen des westlichen Wissens und Könnens mit Sicherheit den sowjetischen Forschern schon verhältnismäßig frühzeitig zugängig waren. So hat zum Beispiel Klaus Fuchs gestanden, daß er der Sowjetunion die Grundzüge der westlichen Atom-und Wasserstoffbombenforschung, zu der er unbeschränkt Zugang hatte, mitgeteilt hat.

Indessen muß sich für die Sowjetunion schon sehr frühzeitig ein Engpaß aufgetan haben: Ihr Mangel an tüchtigen „zweiten und Forschern Technikern. Ein hervorragender deutscher Physiker und und Techniker schätzte 1946, daß die Amerikaner auf dem Gebiete der Hilfskräfte dank ihres hohen wissenschaftlichen Standards aus dem Vollen schöpfen konnten. Sie konnten etwa von drei Bewerbern je einen oder gar zwei abweisen. In der U. d. S. S. R. dürfte das Verhältnis genau umgekehrt gewesen sein: Auf je drei Planstellen kamen 1945 und 1946 wohl nur ein, bestenfalls aber zwei Anwärter. Der unfreiwillige Zustrom der im Wesentlichen zweitklassigen deutschen Fachleute nach 1945 kann daran nicht viel geändert haben, denn die mit der einschlägigen Forschung beauftragte deutsche Gruppe von durchaus erstrangigen Wissenschaftlern wurde unmittelbar nach Beendigung der Kämpfe im Jahre 1945 von den westlichen Siegern in Gewahrsam genommen und arbeitet zur Zeit in der Bundesrepublik an der friedlichen Weiterentwicklung der atomaren Möglichkeiten.

Am unübersichtlichsten stellt sich vielleicht das Bild in bezug auf die im sowjetischen Hoheitsbereich befindlichen Rohstofflager dar.

Während der Westen zwar nicht unerschöpfliche, aber doch ausreichende Schürfstellen, besonders im belgischen Kongogebiet und in Kanada, besitzt, läßt sich das tatsächliche Vorkommen der Grundelemente Uran und Plutonium in der U. d. S. S. R. kaum abschätzen. Erschwerend tritt hinzu, daß neue Nutzungen vorhandener Rohstofflager geraume Zeit zum Auf-und Ausbau benötigen.

Ein nüchterner und völlig unvoreingenommener Beobachter dieses Problemes hat unlängst die Vermutung ausgesprochen, daß die Sowjetunion derzeitig noch ausschließlich auf die Lager in der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands und in Böhmen angewiesen sei. Rohe Schätzungen lassen den Schluß zu, daß dort jährlich bisher nicht mehr als einhundertfünfzig bis einhundertachzig Tonnen Uran gefördert worden sind.

Nie ist bezweifelt worden, daß die U. d. S. S. R.früher oder später atomare Explosionen herstellen könnte. Deshalb kam die Mitteilung des Präsidenten der Vereinigten Staaten im September 1949, daß es nun so weit sei, zwar als Schock, aber nicht als Überraschung.

Anders verhält es sich mit der Enthüllung vom August 1953, daß die Sowjetunion nun auch eine thermonucleare Explosion, d. h. „Wasserstoffbombe“, nur acht Monate nach erfolgreich beendeten einschlägigen Versuchen der USA, ebenso erfolgreich durchgeführt habe. Es kann nunmehr kaum Zweifel darüber bestehen, daß diese Behauptung kein Bluff war. Sie ist mittlerweile von dem vorhergenannten wissenschaftlichen Atombeobachtungsdienst untermauert und bestätigt worden. Hingegen sind von sachkundiger Seite in den USA, dem Vereinigten Königreich und Deutschland immer wieder Fragen über das Ausmaß und über ein anderes entscheidendes Problem, nämlich der technischen Vervollkommnung, das heißt zum Beispiel der Transportfähigkeit, dieser russischen Fortenwicklung gestellt worden.

Noch im Juli 1953 äußerte Professor Oppenheimer, der ehemalige Direktor der amerikanischen Atomforschung, daß „der Augenschein der russischen Entwicklung sehr wohl der Augenschein dessen sein könne, was die U. d. S. S. R. uns als Wahrheit glauben lassen möchte

Wie dem auch sei, wir befinden uns auf relativ sicherem Boden, wenn wir annehmen, daß die Sowjetunion noch vier Jahre hinter den USA zurücksteht und daß dies alles auch zur Zeit nur in einem Außmaß ausgebaut ist, das nur fünfzig Prozent der Kapazität der Vereinigten Staaten erreicht

Was die U. d. S. S. R. in diesem Rahmen besonders vorwärtstreibt, auf welchen Gebieten sie Forschungs-und Entwicklungsschwerpunkte bildet, entzieht sich im Einzelnen dem westlichen Wissen. An Vermutungen fehlt es nicht.

/Niemand hat indessen das Recht daran zu zweifeln, daß die technische Vollendung, an der es im Osten mutmaßlich zur Zeit am meisten hapert, in drei bis vier Jahren nachgeholt sein kann. hat der In seiner als selbstgefällig gekennzeichneten Art, Chefdelegierte Nationen, Herr der U. d. S. S. R. bei den Vishinsky, am 26. November 1953, anläßlich einer Abstimmung im Sicherheitsrat der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York, eine Erklärung abgegeben, in der er andeutete, daß die Sowjetunion den Westen auf dem Gebiete der atomaren Waffen überflügelt habe. Herr Vishinsky sagte, „daß der Gedanke einer westlichen atomaren Überlegenheit nichts mehr sei als ein Märchen

Es ist schwer vorstellbar, daß Herr Vishinsky von sich aus die Unverfrorenheit besessen habe, eine solche Erklärung abzugeben. Vielmehr ist der Schluß erlaubt, daß er — ohne selbst Einblick in die Entwicklung genommen zu haben — in diesem Sinne instruiert worden ist. Drei, auf Grund anderer Quellen, fünf atomare Explosionen sind bisher in der U. d. S. S. R. nachgewiesen. Eine davon ist nach weit verbreiteter Ansicht ein Unglücksfall gewesen. Worauf die obige Behauptung gegründet sein mag, muß also ein Rätsel bleiben. Man darf indessen im Verwerfen solcher Thesen nicht allzuweit gehen. Der Präsident der Vereinigten Staaten, dem nach herrschender Meinung die besten Informationsquellen der westlichen Welt zur Verfügung stehen, bestätigte am 9. Dezember 1953 in vorsichtiger Sprache diese drei Explosionen, ging aber auch nicht andeutungsweise so weit, den Vorrat der Sowjetunion an atomarer Munition zu minimalisieren.

Ein publizistischer Kronzeuge der USA, Mr. Hanson W. Baldwin, dem wahrscheinlich manche Hilfen zurVerfügung stehen. sagte im Märzl 953: „Die besten wissenschaftlichen und Abwehr-Fachleute der Vereinigten Staaten glauben, daß die Sowjetunion die Atombombe entwickelt habe, daß sie an der Wasserstoffbombe arbeite und daß sie zur Zeit hinreichend spaltbares Material (Ausgangsstoff für Atombomben, d. V.) in Händen halte, um irgend eine beliebige Summe zwischen fünfundsiebzig und einhundertundfünfzig Atombomben von der Größenordnung der zwanzig-bis fünfzigtausend Tonnen Bombe herzustellen". Er fügt aber ein, „daß dies zugegebenermaßen gelenkte Rat-und Schätzversuche seien" Dies wären im allgemeinen „Normalbomben" der Art von Nagasaki und Hiroshima, deren Sprengkraft jedoch zum Teil auf das zweiundeinhalbfache gesteigert worden ist.

Am 10. Dezember 1953 stellt der gleiche Beobachter die Zahl von einhundert bis zweihundert (nunmehr möglicherweise vorhandener Bomben?, d. V.) Stück geschätzten sowjetischen Vorrats dem — ebenso geschätzten — Vorrat von eintausend Stück der Vereinigten Staaten gegenüber

Die Frage des zur Führung eines uneingeschränkten Atomkrieges auf beiden Seiten notwendigen Vorrates an Bomben gewinnt in diesem Zusammenhang an Bedeutung. Dem Nestor der praktischen Atomentwicklung der Vereinigten Staaten, Professor Oppenheimer, scheint von einer gewissen Vorratssumme an gleichgültig, wieviele Bomben weiterhin gestapelt würden. Die Vernichtungen des ersten atomaren Feuerwechsels verletze ohnehin die rückwärtigen Verbindungen, die Industrie-und Befehlszentren derartig, daß eine geregelte Kriegführung kaum mehr möglich sei.

Nur in scheinbarem Widerspruch hierzu sprach sich General O. Bradley, der letzte „Generalstabschef" der Vereinigten Staaten, im Juli 1949 dahingehend aus, daß „ein wirksamer Gebrauch der Atombombe als einer Waffe der modernen Kriegführung von einer ausreichenden Anzahl von Atombomben abhängig ist

In den vier Jahren seit 1949 dürfte nämlich diese „ausreichende Anzahl“ hergestellt und zu sofortigem Einsatz bereitgestellt sein. Wie weit diese vorausschauende Saturierung auch in der U. d. S. S. R. erreicht ist, muß eine offene Frage bleiben.

Einen möglichen Gegner zu unterschätzen, gilt aber in der Kriegskunst als Todsünde.

Unter vorsichtiger Einberechnung der der Öffentlichkeit zugängigen Quellen, sei eine tastende Schlußfolgerung gezogen:

Während die Vereinigten Staaten von Amerika einen zur Führung des uneingeschränkten Atomkrieges mutmaßlich hinreichenden Vorrat besitzen, wird dies für die Sowjetunion erst im Laufe der kommenden vier Jahre mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der Fall sein.

Im Lichte dieser in der westlichen Welt dämmernden Erkenntnis, ist nun die im gleichen Zeitraum zu erwartende Fortentwicklung der „Transportmittel“ und der für sie notwendigen „Abwehrmittel“ von so ausschlaggebendem Interesse, daß sich eine Besprechung dieser Frage nicht umgehen läßt.

Hier liegt der Schwerpunkt, um den sich zur Zeit die sicherheitspolitischen Erwägungen im Osten und Westen drehen.

Ein Gespräch über die Transportmittel und ihre Abwehr

Der Leiter der Bundeszentrale:

Ein deutscher Kernphysiker sagte mir letzthin, daß nach der Atombombe und der gelungenen thermonuclearen Explosion, die man auch Wasserstoffexplosion nennt, keine weiteren und bahnbrechenden Entwicklungen mehr zu erwarten seien, soweit sich dies heute überblicken lasse. Damit wären wir durch die „Entdeckungsperiode" hindurch-geschritten.

Der Verfasser:

Das deckt sich mit Gesprächen, die ich mit Ausländern geführt habe. Die Kernphysik scheint sich — wenn nichts Unvorhergesehenes geschehen wird —, was aber nicht erwartet zu werden scheint, nun der „Zivilisierung“ ihres Neulandes zuzuwenden. Damit ist etwa der Zustand erreicht, als man vor gut einem halben Jahrhundert den Verbrennungsmotor mit seinen Steigerungsmöglichkeiten „gelöst“ hatte und es nun an den Technikern lag, ihn und sein Fahrgestell, sowie die Karosserie zu vervollkommnen. Es mag sein, daß auf dem Wege der Verbesserung der Wasserstoffbombe auch mit Lithium experimentiert wird. Im Rahmen der allgemeinen großen Entwicklung dürften diese Versuche etwa dem Schritt vom Benzin-zum Dieselmotor ähneln.

Diese Vervollkommnung dürfte sich zur Zeit auf dem Gebiete der atomaren Waffen um die Transportierbarkeit der Wasserstoffbombe an sich und ihrer Transportmittel, sowie um die Abwehr dieser Mittel drehen.

Es ist wohl so, daß heute niemand außer der Elite der Atomforscher und Techniker genau weiß, wie so eine „Bombe" aussieht: Wie groß und schwer sie ist, wie transportempfindlich und anderes mehr. Man darf wohl mit einigem Recht annehmen, daß sie noch nicht in ein serienmäßig hergestelltes Flugzeug verladen werden kann. Hinzu tritt offenbar die vor Kurzem noch ungelöste Frage, wie das bemannte Abwurf-flugzeug dem Feuer — Strahlungs-und Druckstrudel der detonierenden Bombe entkommen kann Anders verhält es sich aber mit ihrer Verladbarkeit in ein äußerlich friedfertig wirkendes, „handelsübliches“ Schiff: Dies dürfte keine Schwierigkeiten bereiten. Da man auch keinen Zweifel daran hegen kann, daß sie — einmal in einem Schiff und in einem „feindlichen“ Hafen —, durch einen Zeitzünder zur Explosion gebracht werden könnte, ist also die offene Frage, ob sie schon aus der Luft abgeworfen werden kann, nebensächlich. Hinzu tritt, daß technische Fragen dieser Art im allgemeinen in kurzer Zeit, das heißt in ein bis drei Jahren, gelöst zu werden pflegen, besonders in einem so atemlosen Wettrüsten wie dem gegenwärtigen.

Der Leiter der Bundeszentrale:

Anfang des Sommers 1953 hat der amerikanische Atomphysiker, Professor Oppenheimer, den Satz ausgesprochen.: Es werde eine Zeit zu erwarten sein, in der die Kunst des Transportes und des Werfens eine viel größere Rolle spielen werde, als das Übergewicht auf dem Gebiete der atomaren Munition an sich

Der Verfasser:

Diese Zeit scheint bereits gekommen zu sein. Die einschlägige Literatur beschäftigt sich seit dem Herbst 1 95 3 fast ausschließlich mit diesem Thema. Im weiteren Sinne gehört natürlich auch die Abwehr der Transportmittel dazu. Die verschiedenen Großmächte gehen auf verschiedenen Wegen, je nach ihren nationalen Eigenschaften und geographischen Voraussetzungen, auf das gleiche Ziel zu, das man in den angelsächsischen Ländern den „Druckknopfkrieg“ nennt. Der übertriebenen Vorstellung über die mit diesem „Push-Button-War“ verbundene Ersparnis an menschlichem Risiko und Menschenzahl, versuchte der britische Airchief Marshal Sir William Dickson kurz nach der ersten und erfolgreichen Atomexplosion seitens des Vereinigten Königreiches auf dem Versuchsfeld W o o m e r a in Australien im Oktober 1952 mit einer Erklärung entgegenzutreten. Er sagte, daß eine große Vorwärtsentwicklung auf dem Gebiete der ferngesteuerten Raketen zu verzeichnen sei. Das Zeitalter des Druckknopfkrieges sei aber noch nicht erreicht. Wenigstens noch zehn Jahre würden Waffen bemannt sein müssen

Im Laufe dieser zehn Jahre — es mögen etwas mehr oder weniger sein, wird sich eine allmähliche Schwerpunktverlagerung innerhalb der strategischen Luftwaffen bemerkbar machen.

Der Leiter der Bundeszentrale:

Ich habe einer sowjetischen Andeutung entnommen, daß man sich in der LI. d. S. S. R. mit Überlegungen beschäftigt, wie ein Torpedo mit Atomsprengkopf versehen werden kann.

Der Verfasser:

Das gehört zu dem, was ich nationale Eigenschaften und geographische Voraussetzungen nannte. Die Sowjetunion als Landmacht ist an der Abwehr feindlicher Flotten und amphibischer Unternehmen interessiert. Sie wird sich in erster Linie mit solchen Dingen abzugeben haben.

Die U. d. S. S. R. ist in den beiden letzten Kriegen nicht durch überwältigendes fliegerisches Können aufgefallen. Der Grund hierzu mag im Volkscharakter zu suchen sein. Man kann — übrigens mit Recht — an-nehmen, daß sie einen Forschungs-und Entwicklungsschwerpunkt auf die unbemannte, ferngesteuerte Rakete als Transportmittel atomarer Munition legt.

Die USA haben eine 28cm Atomkanone entwickelt. Die Engländer scheinen die artilleristische Verwendung der Atommunition überspringen zu wollen. Dem Vernehmen nach gehen sie zum Prinzip der „atomaren Stalinorgel“ über, einer taktisch verwendbaren Atomrakete von etwas größerer Reichweite als die der Atomkanone, deren Schußentfernung auf 4 5 Kilometer begrenzt ist.

Ähnlich liegen die Dinge auf dem Felde der Abwehrmittel. Während Amerika erst in jüngster Zeit mit der Massenproduktion der NIKE-Flugzeugabwehrrakete begonnen hat, springen die Engländer auf diesem Gebiet, aus geographischen Gründen, zur Zeit schon auf die bemannte Abwehrrakete für unbemannte und ferngesteuerte „V-Waffen" über. Dies ist vielleicht die interessanteste Entwicklung, die jedoch noch bei weitem nicht aus dem Versuchsstadium heraus ist. Eine mit stummelförmigen Tragflächen versehene Einmann-Rakete wird mit hoher Geschwindigkeit fast senkrecht in die Luft geschossen, um sehr hoch in der Luft ihre, mit automatischer Steuerung versehenen. Flugkörper vernichtenden und unbemannten Tochterraketen auszuklinken. Die Mutterrakete gleitet sodann zur Erde zurück („Flying Review“, offiziöses Organ der Royal Airforce, London, unter Vorbehalten erschienen 27. 1L. 1953). Hier berühren wir die mit ungewöhnlichem Pessimismus beurteilte Frage der Abwehr ferngelenkter Raketen.

Der Leiter der Bundeszentrale:

Diese ferngesteuerten Raketen sehen so ähnlich aus wie die „V-Waffen", die im letzten Kriegsjahr auf London fielen?

Der Verfasser:

Genau genommen wie die „V 2“. Während nämlich die „V 1“ verhältnismäßig langsam und brummend, ähnlich einer erregten Hummel, und auf flacher Flugbahn ihr Ziel suchte und dabei von Jägern und Flugzeugabwehrgeschützen abgeschossen werden konnte, ist die „V 2“ im letzten, über dem Ziel befindlichen Teil ihrer Flugbahn mit einem Raubvogel vergleichbar. Dieser stößt aus großer Höhe rasend schnell herab. Die Gipfelhöhe der „V 2" betrug etwa einhundertundvierzig Kilometer. Die „V 2“ -Rakete des zweiten Weltkrieges hatte jedoch drei große Mängel:

1. Sie hatte im Verhältnis zu ihrem Startgewicht — zwölf Tonnen — die verschwindend geringe Sprengladung von einer Tonne;

2. Ihre maximale Reichweite betrug nur etwa 350 Kilometer;

3. Ihre Zielgenauigkeit war äußerst begrenzt. Zu allen drei Mängeln ist jedoch eine Verbesserung — sofern noch nicht erreicht, so doch kurz vor der Vollendung, wenn auch teilweise sozusagen auf Um-, wegen.

Wir wissen ziemlich sicher, daß die „nominale Atombombe" von Nagasaki und Hiroshima mittlerweile so durchkonstruiert ist, daß sie weniger als eine Tonne wiegt (sofern sie jemals mehr gewogen haben sollte), womit das Problem der zu geringen Ladefähigkeit der „V 2“ umgangen wäre, auch wenn die Ladefähigkeit an sich nicht weiterentwickelt worden wäre. Die einzige Schwierigkeit dürfte für eine derart verladene Atombombe die Frage des Zünders sein, ist doch ein so hochempfindliches Instrument wie die Atombombe schwerlich mit „Aufschlagzündung“ zu konstruieren. Aber auch das kann kein unüberwindbares Hindernis darstellen, denn dieAbwürfe über den beiden japanischen Städten waren ja auch so berechnet, daß die Bomben einige hundert Meter über den Dächern detonierten.

Die Reichweite der „V 2“ -Rakete hingegen ist mittlerweile so gesteigert worden, daß mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von Rügen aus in die mittelenglischen Industriezentren, oder aus der Gegend von Warschau aus in das Ruhrgebiet gewirkt werden kann Über die Reichweite der von der U. d. S. S. R. weiterentwickelten deutschen „A 9 /A 10 Zwillingsbombe'', an der vor 1945 in Deutschland mit dem Ziele des transatlantischen Einsatzes gearbeitet worden war, siehe Oberst a. D. E. von Frankenberg in der sowjetischen „Berliner Zeitung" vom 8. 1. 1954, zitiert durch New York Herald Tribune am 9. 1. 1954. Frankenberg, der dem Osten dient, behauptet hier, diese Rakete sei mittlerweile zu Zwecken des transatlantisdien Gebrauches fortentwickelt worden. Diese Behauptung muß mit stärksten Vorbehalten ausgenommen werden, zumal sie nicht eindeutig zu verstehen gibt, daß das Ziel, die transatlantische Fernwirkung, tatsächlich erreicht i s t.

Die Amerikaner, Engländer und Sowjetrussen arbeiten seit Jahren an der Weiterentwicklung der Raketenwaffen. Die Amerikaner übrigens mit Hilfe des deutschen Erfinders der „V 1" und „V 2", Dr. Wernher von Braun. Während die Engländer anscheinend aus geographischen Gründen einen Forschungs-und Entwicklungsschwerpunkt auf die Abwehrraketen gelegt haben, liegen die Schwerpunkte in den USA und der U. d. S. S. R. bei dem Versuch, die Reichweite so zu steigern, daß transatlantische oder transpolare Wirkungen aus den jeweiligen Mutterländern erreicht werden können. ,

Mit welchen Entfernungen die Forscher und Techniker der Vereinigten Staaten zur Zeit experimentieren, vermag ich nicht mit Sicherheit anzugeben. Die Sowjetunion baut sich — unbestätigten Gerüchten nach, die auf eine Meldung der US-Zeitschrift „Aviation Week" vom 14. 1. 1952 zurückgehen — ein Startzentrum im Raume Königsberg auf. Ob dies bedeutet, daß sie von dort aus nach Westeuropa wirken können, oder ob es bedeutet, daß sie der Ansicht sind, Rügen, das ja in der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands liegt, aus politischen, oder auch — im Falle eines bewaffneten Konfliktes, aus militärischen Gründen nicht halten zu können, sei dahingestellt

Die Zielgenauigkeit ist im Rahmen dieser Entwicklungen verbessert worden. Aber dieses Problem grenzt an den Traum aller Verteidigungsoder soll man sagen: Vernichtungstechniker: Die Koppelung der weiterentwickelten „V 2" mit der Wasserstoffbombe. Bei dieser nämlich ist die Zielgenauigkeit wegen ihrer riesigen Flächenwirkung — zwei bis dreimal Großberlin oder London — ein verhältnismäßig unwichtiger Gesichtspunkt. Ich sage Traum.

Es wäre Leichtsinn zu hoffen, daß dieser Traum nicht noch in unserem Jahrzehnt in Erfüllung gehen könnte.

Der Leiter der Bundeszentrale:

Und die Abwehr der weiterentwickelten „V 2“ -Rakete?

Der Verfasser:

Sie ist durch Jäger nicht möglich. Unbemannten und automatisch mit Radaraugen gesteuerten Gegenraketen, die offenbar das Planungsstadium noch nicht sehr lange hinter sich haben, wird zur Zeit nicht mehr als eine 3Oprozentige Trefferchance vorausgesagt — ich muß hinzufügen: von Optimisten vorausgesagt.

Man fängt aber an, nach neuen Hilfen zu suchen, die jedoch nicht im Bereich der Technik, sondern in den Möglichkeiten des Raumes liegen. Die Tiefe des zur Abwehr zur Verfügung stehenden Raumes spielt hier hinein. Die Tiefe der Bundesrepublik, das heißt ihre Ausdehnung von Osten nach Westen, ist bereits im konventionellen operativen Denken der Landstreitkräfte von großer Wichtigkeit. Sie gewinnt ein zentrales Interesse, wenn man über die Bedingungen des atomaren Raketen-krieges und der begrenzten technischen Abwehrmöglichkeiten nachdenkt.

Es ist leicht zu verstehen, daß der Vorwarnung einer herannahenden „V 2" angesichts der verhältnismäßig feststehenden Unmöglichkeit, sie vor derDetonation zu vernichten, ein erhöhtes, ja, ausschlaggebendes Gewicht zukommt. Wenn also zum Beispiel die Reichweite der fortentwickelten „V 2“ schon so gesteigert wäre, daß sie von Königsberg aus nach Westeuropa gelenkt werden kann, — ich nehme dies einmal an, obwohl sie z. Zt. wohl nur von der Höhe der Insel Rügen aus dorthin-gelangen könnte, dann wäre es gut, dies in England oder in den Haag oder in Brüssel, in Paris, Stuttgart und München so frühzeitig wie möglich zu erfahren, um der Bevölkerung jene drei bis sechs Minuten Frist zu geben, die sie braucht, um aus den Häusern und von den Straßen in die Keller zu verschwinden. Man muß also versuchen den Abschuß der Rakete so frühzeitig wie möglich zu bemerken, um auf dem Funkwege den Alarm geben zu können. Die Flugzeit der Rakete, die ja weit über einhundert Kilometer steigen muß, bevor sie zu ihrem raubvogelgleichen Sturz ansetzt, ist aber lange genug, um dies alles tun zu können. Das beste Mittel für diese Vorwarnung ist aber immer noch ein gut ausgebautes, möglichst bewegliches und durch Flugzeuge, die man fliegende Radaraugen nennt, unterstütztes Radarnetz. Es wird ab und zu bestritten, daß Radar diese hochfliegenden Raketen anpeilen könne. Ich möchte einmal dahingestellt sein lassen, ob dies stimmt. Zweifellos kommt aber diesem Einwurf eine gewisse Bedeutung zu. Dies liegt unter anderem am folgenden Tatbestand: die unglaublichen Höhen, in die die „V 2“ steigt, kann Radar nicht decken. Es wird also versucht werden müssen, die Rakete auf dem ersten Teil ihres Reiseweges festzustellen und zu melden. Dazu muß das Radarnetz so nah wie möglich an den Startbasen dieser Raketen, das heißt im Falle Europas und Deutschlands: so weit östlich wie möglich, stehen.

Diese bisher einzige Möglichkeit mit einiger Aussicht auf Erfolg vielleicht Millionen von westeuropäschen Großstädtern das Leben durch Vorwarnung retten zu können, kann meines Erachtens in Kürze dazu führen, daß Westeuropa nach einer Vereinigung Deutschlands rufen wird — auch um der Tiefe des Raumes willen.

Etwas anderes tritt hinzu: moderne Radarstationen, die mit etwa vierhundert Mann Personal arbeiten, haben eine Reichweite von zweihundertundvierzig Kilometern. Über diese Entfernung hinaus spielt ihnen die Schwäche der Geräte und — noch viel mehr — die Erdkrümmung einen Streich. Während man die Geräte wohl verbessern könnte, kann man nämlich gegen die Tatsache, daß die durch Radar benutzten Ultrakurzwellen — ebenso wie die Strahlen der Sonne — nur in gerader Richtung reagieren, nichts machen.

Die zur Zeit sowjetisch besetzte Zone Deutschlands hat eine durchschnittliche Ost-West Ausdehnung von zweihundertundsechzig Kilometern. Ihre maximale Nord-Süd Ausdehnung beträgt etwa vierhundert-und vierzig Kilometer. Theoretisch wäre es denkbar, diesen Raum mit zwei modernen Radarstationen und Hilfsflugzeugen zu kontrollieren.

Zusammenfassend möchte ich sagen, daß jeder politische Schritt in die Zukunft im Lichte der kommenden technischen Entwicklungen unseres Jahrzehntes betrachtet werden muß. Wie diese Entwicklungen in Bezug auf die Abwehr der ferngelenkten Raketen laufen wird, vermag heute in Deutschland und auf dem kontinentalen Europa wohl niemand mit Sicherheit und Autorität zu sagen. Daß wir aber einen Zustand erreicht haben, in dem die Überlegungen über den Komplex „Kraft“ = Streitkräfte zu Gunsten des Komplexes „Raum“

= Gewinn an Tiefe abschneiden, scheint mir unbestreitbar und dürfte wohl auch von wirklichen Spezialisten, die den Überblick über die kommenden technischen Entwicklungen haben, nicht mehr ernsthaft widerlegt werden können. Ob diese Schwergewichtsverlagerung noch vor 1955 oder erst in der zweiten Hälfte unseres Jahrzehntes eintreten wird, muß — leider — offenbleiben.

Nachbemerkung der Redaktion:

Das Manuskript dieser Arbeit lag vor, als im März dieses Jahres die Nachricht von der Versuchsexplosion einer Wasserstoffbombe, die die sechshundertfache Wirkung der auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfenen Atombomben haben soll, durch die Weltpresse ging.

Mithin ist die jüngste Entwicklung, deren technische und politische Konsequenzen noch nicht ganz zu übersehen sind, unberücksichtigt geblieben und muß einer späteren Behandlung vorbehalten bleiben.

Indessen scheint es notwendig doch jetzt schon das Folgende vorwegzunehmen:

Während die aus Uran oder Plutonium bestehende sogenannte „Atombombe" aus physikalischen und technischen Gründen in ihrer Wirkungskraft begrenzt ist, trifft dies für die sogenannte „Wasserstoffbombe" nicht zu. Die Wasserstoffexplosion kann durch Vermehrung der zur Detonation gelangenden Elemente beliebig verstärkt werden. Das Problem liegt hier in der Lösung der technischen Frage, ob und wie es gelingen wird, die Wasserstoffbombe transportfähig zu konstruieren. Hinzu tritt die Frage des Transportmittels und einer Abwurftechnik, bei der die Mannschaft, die das Transportmittel bedient, nicht gefährdet wird (sofern es sich nicht um unbemannte Transportkörper handelt). Die durch die U. S. A. für die kommenden Monate geplanten Versuche sollen im Wesentlichen dazu dienen, eben diese Fragen zu beantworten.

Daten aus dem Stammbaum des atomaren Wettrüstens

16. 7. 1945 erste Versuchsexplosion einer Atombombe in Neu Mexiko, U. S. A.

6. 8. 1945 Atombombe der U. S. A. auf Hiroshima.

9. 8. 1945 Atombombe der U. S. A. auf Nagasaki.

1. 7. 1946 1. große Schau-und Versuchsexplosion der U. S. Navy in Bikini, Südpazifik. 4. Versuchsexplosion der U. S. A. in 12 Monaten (1. — 3. geheimgehalten).

23. 9. 1949 (ca.) erste in den U. S. A. registrierte Atomexplosion der U. d. S. S. R.

3. 10. 1951 zweite sowjetische Atomexplosion in Washington bebekanntgegeben. 3. 10. 1952 erste britische Atomexplosion (in einer Fregatte) nahe den Monte Bello Inseln, Australien.

17. 11. 1952 erfolgreiche Experimente mit Wasserstoffexplosion auf Eniwetok, Pazifischer Ozean.

18. 3. 1953 35. U. S. -Explosion — einer täktischen Waffe — in Jucca Flat, Nevada.

Frühsommer 1953 nichtamtliche britische Schätzung: bisher sind ca. 40 U. S. A., 2 britische und mindestens 3 sowjetische Atom-bzw. thermonucleare Explosionen zu registrieren.

8. 8. 1953 Malenkow behauptet, die U. d. S. S. R. habe die Wasserstoffbombe und sagt, daß das Monopol der U. S. A. gebrochen sei.

Washington ist skeptisch.

Anfang September 1953 stellt der Marschall Juin, Oberbefehlshaber Mitte der NATO-Streitkräfte, dem etwaige deutsche Streitkräfte unterstellt würden, öffentlich fest, daß er über die ihm unterstellten, bzw. mit ihm auf Zusammenarbeit angewiesenen Atom-truppen und über atomare Fragen an sich, mangelhaft unterrichtet sei.

Im September 1953 werden im linksrheinischen Deutschland sechs 28 cm Atomkanonen stationiert. Ob sie mit Atomgranaten ausgestattet sind, ist nicht eindeutig klar (Manchester Guardian, 19. 9. 1953)

Im Frühjahr 1954 weitere sechs Kanonen. 14. 10. 1953 2. britische Atom-Explosion in Woomera, Australien.

27. 11. 1953 sagt Herr Vishinsky, der Chefdelegierte der U. d. S. S. R vor den Vereinten Nationen in New York, daß die Idee atomarer Überlegenheit des Westens nichts als ein Märchen sei. (N. Y. T.

27. 11. 53). 8. 12. 1953 Präsident Eisenhower erklärt vor den Vereinten Nationen in New York, daß bisher 43 Probeexplosionen der U. S. A. (außer den Bomben auf Japan) stattgefunden hätten. Er fügt hinzu, daß die konzentrierte und vorrätige Sprengkraft seines Landes „um vieles die Endsumme aller Bomben und Granaten aller Kriegs-schauplätze des II. Weltkrieges überträfe.“ Diese Endsumme wird auf mindestens 200 Millionen Tonnen TNT geschätzt = Gegenwert zu 10 tausend Bomben von Nagasaki und Hiroshima. Diese Steigerung liegt hauptsächlich in der Weiterentwicklung zur Wasserstoffbombe.

Frühjahr 1954 Weitere, Aufsehen erregende Versuche mit Wasserstoffbomben im Pazifischen Ozean.

1954 wird ein Austausch über atomare Daten zwischen den U. S. A„ Kanada und dem Vereinigten Königreich stattfinden.

1954 soll eine der UNO unterstellte Behörde zur Einleitung internationaler Verständigung über atomare Entwicklungen gegründet werden. Die U. d. S. S. R. ist zunächst auf diesen Vorschlag des Präsidenten der U. S. A. eingegangen (Antwort der U. d. S. S. R. auf den Vorschlag des Präsidenten Eisenhowers ist am 22. Dezember 1953 erfolgt).

Anhang Zwei Briefe

Es erscheint unzulässig, einen Beitrag zum Thema dieser Arbeit leisten zu wollen, ohne jenseits der akuten Problematik auch eine andere, schleichende Gefahr zu streifen, die sich aus den Nebenprodukten der Atomtechnik ergibt.

Die Literatur zur Frage der radioaktiven Verseuchung der Atmosphäre als Folge der Atomspaltung, ist ungewöhnlich groß und nicht immer in einem Geiste verfaßt, der — frei von Zwedcgebundenheit — der reinen Wissenschaft oder Vorsorge dienen will.

Ein bekannter deutscher populärtechnischer Schriftsteller, Gustav Büscher, weist in einem Buch . Menschen, Maschinen, Atome darauf hin, daß man „ausrechnen könne, wieviele Bomben losgelassen werden müssen, um die Atmosphäre auf der Erde so mit Radioaktivität zu sättigen, daß alles organische Leben unmöglich wird. 500 Bomben genügen. 500 Bomben — wo immer auf der Eide abgeworfen — lösen genug Radioaktivität aus. um alles Leben zu vernichten! * Der Verfasser spezifiziert aber nicht, welche Art von Bomben dies sein müßten.

Es sei hier unverzüglich hinzugefügt, daß dies die weitaus eindringlichste Aussage ist, die dem Verfasser der vorliegenden Studie zu Gesicht gekommen ist. Sie dürfte eine der radikalsten Schlüsse darstellen, die bislang in der deutschen Literatur gezogen worden sind. Zu Recht oder Unrecht, sei dahingestellt.

Um in diesem Zusammenhang jedoch noch zwei weiteren, besorgten Stimmen Raum zu geben, sei im Folgenden ein öffentlicher Briefwechsel zwischen zwei britischen Fachleuten abgedruckt, der in der Times, London, erschien.

Es sei für den mit der ausländischen Presse weniger vertrauten Leser angemerkt, daß die Times mehr ist. als nur „eben auch eine Tageszeitung". Sie ist eher als eine Institution, ja ein echtes Forum, oder gar ein Seismograph zu bezeichnen, auf dem jede Schwingung nicht nur der angelsächsischen Welt, sondern des privaten und öffentlichen Lebens schlechthin verzeichnet wird. Wer an die Times schreibt. — und wer von ihr gedruckt wird —, weiß, daß er Gehör finden wird und weiß freilich ebenso genau, daß er .seinen Namen und seine Reputation" aufs Spiel setzt: 1 .) „Die Erprobung atomarer Waffen“

Biologische Wagnisse für viele Jahre An den Herausgeber der Times:

Ihr Leitartikel vom 9. September über die gegenwärtigen und zukünftigen Versuche in Woomera (das britische Atomversuchsgebiet in Australien, d. Vers.) wird besonders von denjenigen Wissenschaftlern begrüßt werden, die in wachsendem Maße über die langfristigen biologischen Folgen der Entwicklung atomarer Waffen besorgt sind. Jedoch stellt das Projekt in Woomera nur einen Teil eines bedeutend größeren Problemes dar.

Die allgemeine Frage über die biologischen Wagnisse der Atomenergie wurde auf einer Konferenz im Oktober 1950 erwogen, die im Königlichen Institut unter der Leitung des Instituts für Biologie und der Vereinigung Britischer Atomforscher mit Hilfe der British Association und des Britischen Institutes für Radiologie abgehalten wurde. Auf dieser Konferenz wurden nicht nur Themen wie die biologischen und medizinischen Wirkungen der Kernstrahlungen besprochen, sondern es wurde ein mutiger Versuch gemacht, das weiter gespannte Problem menschlicher und wissenschaftlicher Verantwortlichkeit an der Entwicklung der Atomenergie — sei es für Krieg oder Frieden — zu betrachten.

In den vergangenen drei Jahren sind die Ereignisse in einer langen Reihe von Kernexplosionen, nicht nur in Las Vegas (Nevada, U. S. A., d. Vers.), sondern auch anderen Ortes rasch aufeinander gefolgt. Selbst wenn die Risiken für die örtliche Bevölkerung bislang auch minimal sein mögen, müssen wir uns doch die mögliche Gesamtsituation in 50 oder 100 Jahren vor Augen halten, sofern die gegenwärtigen Tendenzen anhalten sollten.

In diesem Zusammenhang ist der Biologe nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet zu fragen, wie lange solche Kernexplosionen fortgeführt werden können, ohne einen lange anhaltenden, verderblichen Erfolg, nicht nur lokal, sondern — in Folge der Anreicherung der Atmosphäre mit langlebigen radioaktiven Kernteilen — in weltweitem Umfang herbeizuführen.

Der Biologe und Naturwissenschaftler kann die Natur gewisser und möglicher Wagnisse nur andeuten und hat es schon getan. Aber selbst dann kann nur wenig Vertrauen bestehen, daß die wissenschaftliche Beaufsichtigung, selbst auf dem vorzüglichen Niveau, das im Vereinigten Königreich besteht, notwendigerweise grundlegende Irrtümer auf dem Gebiete der Politik vermeiden wird. Es ist daher Sache des Staatsmannes, die öffentliche Meinung sehr viel mehr ins Vertrauen zu ziehen, wenn wir denen entgegen treten wollen, die — zweifelsohne zu Unrecht — annehmen, daß bereits eine Art von Verschwörung zum Schweigen besteht. Durch den gegenwärtigen Mangel an öffentlicher Information erscheinen alle Dinge gleichermaßen möglich: Vom praktischen Mangel eines wahnrnehmbaren Risikos in absehbarer Zeit bis zur Möglichkeit. daß rein militärische Gesichtspunkte in diesem oder jenem Land, jeden anderen Ratschlag unterdrücken könnten — wie immer gewichtig er auch sein möge.

Offensichtlich liegt die Quelle unseres Verdrußes in der vorherrschenden Geheimhaltung und in dem, was Sir Henry Dale „diese bedauerliche Verquickung von Wissen, das möglicherweise so segensreich sein kann, mit geheimem Planen der Nationen zum Zwecke des Wettlaufs der Zerstörungen“ nannte.

Es scheint, daß diese Nationen, in ihrem Eifer sich im Kriege zu schützen, der Menschheit im Ganzen sehr viel subtileren Schaden antuen könnten. Ist es möglich, daß es gleichwohl die Rolle der Wissenschaft sein könnte, sie zu überzeugen und sie durch staatsmännische Kunst zur Versöhnung zu führen?

Die Lage des Vereinigten Königreiches scheint ebenso auf dem Gebiete der Wissenschaft, als auch der Politik besser als irgend eine andere, geeignet zu sein, dazu den Anstoß zu geben. Dieser Anstoß ist nötig und wird erwartet.

gez. Alexander Haddow, Director.

Chester Beatty Research Institute. Royal Cancer Hospital, London, S. W. 3, 11. 9. 1953.

(The Times London, 12. 9. 1953) 2„Die Erprobung atomarer Waffen"

An den Herausgeber der Times:

Die Versuche, auf die Professor Haddow sich in seinem Brief vom 11. 9. bezieht, könnten sowohl friedlichen, als auch militärischen Zwecken dienen, wenn sie mit einer solchen Zielsetzung unternommen würden. Die Informationen, die von Naturwissenschaftlern und Ingenieuren erhältlich sind, können auf der Basis früherer Experimente in festumreißbare Angaben von Sprengleistung. Verletzungen und vielleicht Hitzeeinwirkung übertragen werden, aber dies ist im Falle der Strahlung nicht der Fall.

Während es durchaus vorstellbar ist, daß Atombomben nicht einmal im Falle eines neuen Krieges benutzt werden, steht es doch fest, daß Strahlungswagnisse für ganze Bevölkerungen durch die friedliche Nutzung im Laufe der nächsten Jahrzehnte entstehen werden. Es ist allgemein bekannt, daß Atommeiler in mindestens sieben Ländern in Betrieb, in Konstruktion oder in Planung begriffen sind.

Andere Staaten — insbesondere diejengen ohne Kohlevorkommen odep natürliche Wasserenergien, müssen diese Möglichkeiten erörtern.

Physiker sagen uns, daß zur Herstellung von nutzbarer Energie Atommeiler entworfen werden müssen, die eine größere Leistungsfähigkeit besitzen; dies mag leicht eine größere Anfälligkeit für Unfälle und eine mögliche Verunreinigung der Luft und der Wasserversorgung im Gefolge haben. Ganz abgesehen vom Gebiete der Atomwaffen gibt es, zum Beispiel in veröffentlichten Berichten, Beweise für die reißende Ausbreitung radioaktiver Stoffe im Rahmen vieler Industrien überall auf der Erde. Diese Verunreinigungsquellen sind im Allgemeinen sicher geschlossen. Kann man aber hoffen, daß die Verbreitung der Vorsichtsmaßregeln für den Gebrauch jener Stoffe — es ist die Disziplin auf diesem Gebiet, die die Anlagen von Harwell so sicher macht (Harwell ist das britische Atomforschungs-und Experimentierzentrum, d. Vers.), — mit ihrer Verteilung Schritt hält?

Die Tagung, auf die sich Professor Haddow bezieht, hat nur allzu deutlich werden lassen, daß in unserem Wissen weite Lücken in Bezug auf die Strahlungswagnisse für das organische Leben bestehen, sei es das pflanzliche oder tierische, insbesondere aber das menschliche Leben.

Einige biologische Informationen können zugleich mit den physischen und mechanischen Kenntnissen aus den Versuchen gewonnen werden; sind diese aber unzureichend. erscheint ein besonderer Versuch, was immer er auch kosten möge, gerechtfertigt. Die Politik künftiger Versuche sollte nicht ohne Hinblick auf die voraussehbaren friedlichen Entwicklungen, die die kommende Generation beeinflussen können, festgelegt werden. Ohne daß die Wagnisse in jedem denkbaren Detail bekannt sind, kann ihnen nicht entgegengetreten werden gez. E. Rock Carling. Chairman, International Commission on Radiological Protection 49, Hallam Street. W. 1, London, 14. 9. 195 3 (The Times, London, 15. 9. 1953)

Literatur-Verzeichnis Das Finden der einschlägigen Literatur ist durch einige Bedingungen erschwert:

Die. Mehrzahl der Veröffentlichungen ist nicht in Deutscher Sprache erschienen und auch in Deutschland kaum oder schwerlich zu erhalten.

Weifethin handelt'es sich um eine vergleichsweise junge Literatur, die fast über Nacht zu einer beachtlichen Fülle angewachsen ist. Hinzu tritt, daß immer wieder neue Grenzgebiete abgehandelt werden, wozu sich, der Natur der Sache nach, und infolge des Tempos der Entwicklung, in erster Linie Fachzeitschriften eignen.

Letztlich ist es für den Laien schwierig sich im Dunkel der oft widersprechenden oder lückenhaften Daten zurechtzufinden. Dies ist ohne den sachkundigen Rat von Naturwissenschaftlern, Juristen, rundum geschulten und unbefangenen Soldaten sowie politisch erfahrenen Helfern kaum möglich.

Bei der Zusammenstellung dieser Bibliographie stand der Gedanke Pate, daß sie eine Präsenzbücherei für einen Atomreferenten in einer Bundes-oder Länderbehörde dar-, stellen möge. Für die Annahme, daß solche Referate — allerdings nicht eben mit dieser Bezeichnung . — für manche Ämter und öffentliche Körperschaften in absehbarer Zeit unerläßlich sein dürften, spricht Vieles.

Die Vorbildung solcher Sachbearbeiter sollte neben gutem innen-und außenpolitischem Fingerspitzengefühl, sowie technischem und juristischem Wissen, ein hohes Maß an nüchternem Verständnis für deutsche Sicherheitsfragen in Bezug auf die aktive und passive Verteidigung und ihrer Sachgebiete umfassen. Daß hierbei die psychologischen Gesichtspunkte, die nun einmal zu der Materie gehören, nicht stiefmütterlich behandelt werden dürften, versteht sich von selbst.

Darüber hinaus mag die folgende Aufzählung für Einzelpersonen und Gruppen, die sich aus'Interesse oder beruflichem Anlaß (Redaktionen) zukünftig um Wissen über einschlägige Dinge bemühen werden, ein Leitfaden sein.

Die. Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Im Gegenteil: sie ist erschreckend lückenhaft.

A: Religion The Church and The Atom, eine Studie der moralischen und theologischen Aspekte von Frieden und Krieg. Bei: The Press and Publication Board of the Church Assembly, Church House, Dean's Yard, Westminster, London S. W. 1, 1948. Bem.: Enthält keine „Stellungnahme der Kirche von England", bietet aber für Laien und Theologen einen soliden Leitfaden in die. moralischen, ethischen und theologischen Kernfragen.

B: Recht a) U. S. A. -mit Schwerpunkt auf die umstrittene Frage der Geheimhaltungsgesetzgebung., An Act for the Development and Control of Atomic Energy, (McMahon Act), United States Statutes at Large, Vol. 60, Part I, (public Law 5 85, 79ster Congress, 2. Sitzungsperiode. 1946). Zur Frage der Information: Section 10. United States Code, Supplement V, Title 42, Chapter 14, Development and Control of Atomic Energy. Section 1810 des Kapitels 14 bezieht sich auf die Kontrolle der Information. Eine Ergänzung zum 1946 Act, die sich auf die Weitergabe von Informationen über Atomenergie bezieht: Public Law 235, 82ster Kongreß. 1. Sitzungsperiode, als Ergänzung der Section 10 des McMahon Act. Eine Modifizierung zur Section 12 des Gesetzes von 1946 findet sich im Public Law 137, 83ster Congress, 1. Sitzungsperiode. Anwendungsgesetzgebung für die Atom Energie Kommission findet sich im Public Law 455, s 2ster Congress, 2. Sitzungsperiode. Eine eingehende Analyse der Atomenergie-Politik mit besonderem Bezug auf Produktionsprobleme (Regierungs-oder Privatkontrolle?), findet sich im Yale Law Journal. Band 60. Nr. 8, vom Dezember 1951. Titel: The Atomic Energy Industry, An Experiment in Hybridi-

zation, von James R. Newmant. Der Aufsatz ist neben seiner Thematk zum Nachweis weiterer'Literatur wertvoll. Eine wichtige Stimme zur U. S. Diskussion über die Lockerung der Geheimhaltungsgesetze: David E. Lilienthal, ehern. Vorsitzender der Atom Energie Kommission. Titel: Die Forderung auf Offenheit über nationale Sicherheit. (N-Y. T. Magazine, Section 6, 4. 10. 53. Seite 13).

b) Vereinigtes Königreich. The Future Of The Organisation Of The United Kingdom Atomic Energy Project. Presented by the Prime Minister to Parliament by Command of H. M., November 1953, London, H M. Stationery Office. Cmd. 8986. Diese Vorlage wurde am 14. 12. 1953 im Oberhaus durch eine Elite britischer Verwaltungsfachleute verhandelt, (s. The Times. London, 15. 12. 1953 und Hansard). Es erscheint sinnvoll darauf hinzuweisen, daß die auf dieser Vorlage beruhende Gesetzgebung für analoge Vorhaben eines Tages in det Bundesrepublik wertvolle Hinweise geben dürfte. Die o. a. Parlamentsvorlage enthält darüber hinaus den Nachweis älterer britischer Gesetzgebung.

C: Die übernationale Atomkontrolle und Allgemeines A Report of the International Control of Atomic Energy, vorbereitet für den Ausschuß des Staatssekretärs des Äußeren für Atomenergiefragen von Chester J. Barnard, Dr 1. R. Oppenheimer. David E. Lilienthal u. a.. Washington D. C.. 16. 3. 1946, im Gvt. Printing Office, britische Ausgabe in H. M. Stationery Office, London, 1946. Newman and Miller: The Control of Atomic Energy, bei McGraw — Hill Book Cp.. New York. 1948. Essential Information On Atomic Energy (einschl. Stich-wortverz. und Bibliographie) erschienen im U. S. Gvt. Printing Office, Washington D. C., 1946. auf Grund eines Beschlusses des 79sten Kongresses, 2. Sitzungsperiode „zur Schaffung eines Sonderausschusses zur Erforschung von Problemen, die sich auf die Entwicklung, den Gebrauch und die Kontrolle von Atomenergie beziehen". Bem.: Die Bibliographie ist für das fortgeschrittene Studium von Detailfragen besonders wichtig.

D: Wissenschaft und Technik Die Atom Energie Kommission der U. S. A. gibt seit mehreren Jahren halbjährliche Berichte über ihre Arbeit heraus. Der 13. dieser „Semiannual Reports of the Atomic Energy Commission" dürfte im Januar 1954 im U. S. Gvt. Printing Office. Washington D C„ zu erwarten sein.

Diese Halbjahresberichte sind streng wissenschaftlich.

Harwell, The British Atomic Energy Research Establishment 1946— 1951 (Illustriert); vorbereitet durch das Ministry of Supply und das Centralbüro für Information. London, H. M. Stationery Office, 1952. Bem.: Für Techniker wahrscheinlich uner-läßlich.

E: Populärwissenschaft und Technik Werner Braunbeck; Atomenergie in Gegenwart und Zukunft; Kosmos,, Gesell-

schaft der Naturfreunde; Frandk’sche Verlagshandlung, Stuttgart 1952.

Gustav Büscher; Menschen, Maschinen. Atome; Ein Buch von der Energie, Franzis Verlag. München, 1952. , Harris M. Davis; Energie und Atom (am. Originalausg.; Energy Unlimited), dt.

im Humboldt Verlag, Wien, 1952.

Maxwell Leigh Eidino ff und Hyman Ruchlis; Das. Atomzeitalter (am.

Originalausg.: Atomics for the Millions). dt. im Pan Verlag, Zürich. Bemerkung:

wird vielfach als das verständlichste Werk empfohlen. Erschien 1949.

Otto Hahn ; Die Nutzbarmachung der Energie der Atomkerne (Oldenbourg, München) 1950.

Dr. Fritz Kahn; Das Atom — endlich verständlich; 1949, bei Albert Müller Verlag, Rüschlikon, Zürich.

Richard K. Schulz; Energie aus Atomen; Orionbücher No. 55. Verlag Seb. Lux, Murnau und München.

Wilhelm W e s t p h a 1 ;. Atomenergie; Westverlag, Meisenheim, Glan, 1948.

F: Passive Verteidigung, Luftschutz und Berichte The Effects Of The Atomic Bombs At Hiroshima And Nagasaki; Report of the British Mission to Japan; H. M. Stationery Office, London 1946 und 1952.

The Effects of Atomic Weapons; bearbeitet für das Dpt. of Defense und die U. S. Atomic Energy Commission unter Weisung des Los Alamos Scientific Laboratory;

bei McGraw — Hill Book Cp., New York, 1950. Bemerkung: Gilt als das Standardbuch, Ist auf deutsch zweimal bearbeitet erschienen:

a) in Kurzfassung aus der Feder von Prof. Dr. K. Wirtz, in der Naturwissenschaftlichen Rundschau, Heft 3, März 1952, S. 89— 96; Verl.: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft m. b. H., Stuttgart;

b) als Broschüre aus der Feder von LI. Jettner unter Mitarbeit von W. Hanle in der Reihe: Physikalische Schriften, Heft 2, Physik Verlag, Mosbach, Baden, 1952. Titel: Atomwaffen — Anwendung — Wirkungsweise — Schutzmaßnahmen.

Basic Methods of Protection against High Explosive Missiles; London, H. M. Stationery Office, 1953.

Atomic Warfare; London, H. M. Stationery Office, 1953; in d e u t s c h e r Über-setzung: Atomkrieg — wie schütze ich mich? Terra Verlag Konstanz, 1953. Richard Ger stell ; How to survive an Atom Bomb; Bantam Books, New York, 1950.

G: Atom — Wasserstoffbombe — Krieg P M. S. B lacket t; Angst, Krieg und die Atombombe (Titel d. engl. Orig. -

Ausg.: Military and Political Consequences of Atomic Energy); Steinberg Verlag, Zürich, 1950. Bem.: Wegen angeblicher Fehlschlüsse und politischer Grundlinie in Großbritannien umstritten. Beispiel hierfür: Rezension von Lord Cherwell, wissenschaftlicher. Berater bei Sir W. Churchill während des Krieges.

David Bradley : Atombombenversuche im Pazifik (Titel der am. Orig. -Ausgabe:

No Place to Hide); Diana Verlag Zürich, 1951. Bem.: Hat ein Kapitel: Laien-führer durch die Radioaktivität; S. 229 ff..

Friedrich Dessauer; Atomenergie und Atombombe; Verlag Knecht. Freiburg, 2. Ausl. 1948.

P Genaud: L’Arme Atomique; Dunod 1950.

Dr. Rudolf H a n s 1 i a n ; Vom Gaskampf zum Atomkrieg; Verlag Chemiker Zeitung, Stuttgart-Berlin, 1951.

Ralph E. Lapp; The New Force; bei Harper & Brothers, New York.

W. L Laurence; Dämmerung über Punkt Null; Die Geschichte der Atombombe;

List Bücher No. 11 (Titel der am. Orig. -Ausgabe: Dawnover Zero); Paul List-verlag. München, 1952. W. L. Laurence; Wasserstoffbomben, Herstellung, militärischer, Einsatz ihre Rolle in der Weltpolitik (Titel der am. Orig. -Ausgabe: The Hell Bomb): Wolfgang Metzner Verlag, Frankfurt/Main, 1951. Bem.: Hat in einem ausführlichem Anhang wertvolle Hinweise über Tendenzen und Grundlagen der int. Atom-kontrolle. Alexander P de Seversky; Entscheidung durch Luftmacht (Titel der am.

Orig. -Ausgabe: Air Power: Key to Survival); Union Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart, 1951.

Henry de Wolf-Smyth; Atomenergie und ihre Verwendung im Kriege (dt.

von Friedrich Dessauer); bei Ernst Reinhardt A. G„ Basel. 1947.

H: Militärtechnische Bücher H. D. Smyth; A General Account of the Development of Methods of using Atomic Energy for Military Purposes under the Auspices of the U. S. Gvt.;

Washington D. C., August 1945. Bem : Der sog. Smyth Report ist der Klassiker der einschlägigen Militärliteratur.

Col. George C. Reinhardt und Lt. Col. Wm. R. K i n t n e r ; Atomic Weapons in Land Combat mit einem Vorwort von Lt. Gen. Manton S. Eddy; Military Service Publcation Co., Harrisburg, Pa. Bem.: Gilt z. Zt. als das Standardbuch für taktische Atomfragen und Ausbildung.

I: Wissenschaftliche Romane Diese Art Literatur versucht in Romanform das Wissen über Heimatverteidigung im Atomkrieg zu popularisieren. Ein Beispiel mag genügen:

Judith Merril; Shadow on the Hearth; bei Sidwick and Jackson, London, 1953.

K: Zeitschriften und Zeitungen Das schwer übersehbare und nicht weniger leicht greifbare deutsche und ausländische Zeitschriftenmaterial wird in der hervorragenden . Bibliographie für die deutsche bzw.fremdsprachliche Zeitschriftenliteratur" im Felix Dietrich Verlag in Osnabrück registriert und aufgeführt.

Die bei E. S. Mittler & Sohn in Darmstadt seit 1951 (wieder) monatlich erscheinende „Wehrwissenschaftliche Rundschau“ har zu allen einschlägigen Sachgebieten grundsätzliche Beiträge geliefert.

Das Organ der Gesellschaft für Wehrkunde in München, „Die Wehrkunde" hat wiederholt — besonders zum Thema „Passive Verteidigung" — wertvolle Artikel veröffentlicht. • Der „Europäischen Wehrkorrespondenz“ (unabhängiger Spezialdienst für alle deutschen und europäischen Sicherheits-und Wehrfragen; Bonn, Post Bundeshaus, Schließfach 34), sind wichtige Hinweise zu entnehmen.

Eine absolut unerläßliche Quelle — besonders auch für die passive Verteidigung — ist das monatlich erscheinende „Bulletin For Science And Public Affairs; Bulletin of the Atomic Scientists", University of Chicago Press, 5734. University Avenue, Chicago 37, JLL„ U. S. A. Es sei besonders auf die „Sonderausgabe" vom September 1953, Vol. IX. No. 7, hingewiesen.

„The Annals of The American Academy of Political and Social Science"; 3937, Chestnut St., Philadelphia 4, Pa., U. S. A. hat ihr Novemberheft 1953 ausschließlich der atomaren Thematik gewidmet.

Aus dem weiten Feld der U. S. amrikanischen Fachliteratur über Militärfragen (ca. 37 regelmäßige Publikationen), sei nur eine genannt: U. S. States Army Combat Forces Jounal; 1529. Eighteenth Street, N. W., Washington D. C„ U. S. A.

Zum Thema schreiben seit einigen Jahren alle diese 37 Zeitungen und Zeitschriften in fast jeder Ausgabe.

Wer sich im allgemeinen über wissenschaftliche und militärische Fragen, die mit diesem Gebiet Zusammenhängen, auf dem Laufenden halten will, verfolge: W. L. Laurence, wissenschaftlicher Chefredakteur und Hansom W. Baldwin, militärischer Chefredakteur der „New York Times".

Politik und Zeitgeschichte Aus dem Inhalt unserer nächsten Beilagen:

Robert Boothby „Die Führung Westeuropas“

Bernhard Brodie „Atomwaffen:

Strategie oder Taktik?

Wolf von Dreising „Der Stand des Schutzes der Zivilbevölkerung im Ausland“

Prof. Dr. Freiherr „Freiheit und Sicherheit von der Heydte in der modernen Demokratie“

Pascual Jordan „Kopernikus und die Entwicklung des abendländischen Denkens"

Kurt Georg Kiesinger „Haben wir noch den Bürger? Die Problematik des Parteienstaates“

Prof. Dr. Künneth „Die evangelisch-lutherische Theologie und das Widerstands-

recht“

(Europäische Publikation Nr. 3)

Adelbert Weinstein „Die Verteidigung ist unteilbar* Pater Prybilla S. J. „Der Eid nach der Lehre der Katholischen Moraltheologie“

(Europäische Publikation Nr. 2)

Hermann Weinkauff „Die Militäropposition gegen Hitler und das Widerstandsrecht“

(Europäische Publikation Nr. 1)

Woodrow Wyatt „England ist in Europa"

Deutsche Gespräche „Die Vollmacht des Gewissens“ über den Widerstand Die Rechtslage in Terrorstaat Der Landesverrat Das Widerstandsrecht Der Eid (Europäische Publikation Nr. 4— 7)

Eine Zusammenstellung „Im Brennpunkt Zeitgeschichte* der aktuellen politischen Literatur

Fussnoten

Fußnoten

  1. Fürst Felix Youssoupoff «Avant l’Exil". Pion, Paris 1952: — („Lost Splendour" e J. Cape. London 1953, S. 109).

  2. Albert Einstein, Rede im N. B. C. -Fernsehprogramm, gehalten in Princeton, N. USA, im Februar 1950. Thema der Rede: „Friede im Atomzeitalter".

  3. TNT = Trinitrotoluol (Abgekürzt: Trotyl). Dieser Sprengstoff hat etwa die Kraft des Dynamits. Die Tonne TNT wird als Wirkungsmaßstab für Sprengstoffe in fast allen einschlägigen angelsächsischen Veröffentlichungen benutzt.

  4. United States Arrny Combat Forces Journal. Vol. 2, No. 8, März 1952t „Atomic Projectiles For Artillery".

  5. Hanson W. Baldwin in der New York Times, 10. 12. 1953. B„ ein frühetet Offizier der, U. S. Navy, ist der militärische Chefredakteur der N. Y. T., die zu Recht als „eine, wenn nicht die publizistische Großmacht der USA" bezeichnet wird. Er wird als sachlich, unvoreingenommen, vorzüglich informiert und menschlich besonders sym-

  6. Über Nagasaki und Hiroshima gibt es neben einer Fülle Wissenschaftlicher und allgemeiner Literatur je einen offiziellen Bericht der USA, des Vereinigten König-reiches und der japanischen Nachkriegsregierung. Der o. a. Angabe liegt der Bericht der britischen Mission zugrunde: „The Effects of The Atomic Bombs At Hiroshima and Nagasaki", Report of the British Mission to Japan, H. M. Statioriery Office London 1946 und 1952. Es muß allerdings bei der Auswertung dieser Ereignisse beachtet werden, daß die Bevölkerung von Nagasaki und Hiroshima ohne Luftwarnung, gewissermaßen „aus heiterem Himmel“ übetrascht wurde.

  7. Zitiert bei Harry M. Davis „Energie und Atom, deutsch im Humboldt Verlag, Wien. 1952, Seite 199— 200.

  8. N. Y. T., 9. 12. 1953; The Times, London. 9. 12. 1953.

  9. Literatur: 1. W. L. Laurence „Wasserstoffbomben" — Herstellung — militärischer Einsatz — ihre Rolle in der Weltpolitik. Bei Wolfgang Metzner, Frankfurt am Main. 1951.

  10. Wörtlich: „Chunks es sun" — bei Senator Brian McMahon, ehemaliger Vorsitzender des Joint Committee on Atomic Energy. Rede im Senat der USA über Wasserstoffbomben am 2. 2. 1950, Abdruck in N. Y. T. 3. 2. 1950.

  11. W. L. Laurence. N. Y. T., 9. 12. 53; H. W. Baldwin, N. Y. T., 10. 12. 53.

  12. Literatur: 1. . Die Atombombe und ihre Wirkungen“, Naturwissenschaftliche Rundschau, Stuttgart, Heft 3, März 1952, Seite 89/96, bietet eine vorzügliche, in seinen wesentlichen Abschnitten dem Laien gerade noch verständlichen Bearbeitung des us amerikanischen Standardbuches “ The Effects Of Atomic Weapons“ aus der Feder von Professor Dr. K. Wirtz vom Max-Planck-Institut für Physik in Göttingen. 2. »Atomwaffen“ — Anwendung — Wirkungsweise — Schutzmaßnahmen: Physik-xerlag. Mosbach, Baden, 1952, bietet eine etwas leichter verständliche, jedoch umfangreichere und vom Deutschen Roten Kreuz empfohlene Bearbeitung derselben und wei-lerer angelsächsischen Quellen aus der Feder von U. Jetter unter Mitarbeit von W. Hanle.

  13. Siehe W. L. Laurence „Wasserstoffbomben“ a. a. O. und H. W. Baldwin . Atomic Arms And Men“ N. Y. T., 13. und 14. 11. 1953.

  14. H. W. Baldwin, N. Y. T., 10. 12. 1953.

  15. New York Herald Tribune. 3. 4. 53; The Times, London dto.

  16. The Times. London, 12. 9. und 15. 9. 1953; s. Anhang.

  17. Der Neue Herder, Freiburg, 1949.

  18. Überlegungen zu dieser Frage lagen nahe, als eine ausländische Nachrichtenagentur vor etwa zwei Jahren aus der Türkei meldete: Ein neutraler Seemann habe vor der Küste der Krim plötzliche, durch das Wetter nicht begründete Wellenstöße beobachtet, die sein Boot in Bedrängnis gebracht hätten.

  19. Es sprechen: 1. Günter Bertrand im Januarheft 1953 der Frankfurter Hefte von dreitausend Quadratkilometern. 2. H. W. Baldwin in N. Y. T. vom 13. 11. 53 von tausend bis fünfzehnhundert Quadratkilometern. 3. Francis V. Drake in Reader's Digest (deutch: das Beste aus R. D.. Oktoberheft 1953) von achthundert Quadratkilometern. Titel des Aufsatzes: „Klar zum Einsatz Seite 114.

  20. Der Neue Herder 1949.

  21. Zum Beispiel: H. W. Baldwin. N. Y. T., 13. 11. 1953.

  22. N. Y. T. v. 22. 11. 53: ,. 10 % Slash in Military Personnei Reported Studied To Save Billion“; H. W. Baldwin, N. Y. T. v. 23. 11. 53: „Infantry Adjusts Role — Develops At Fort Benning (die Infanterieschule der U. S. A.. d. Vers.) Weapons and Tactics To Meet Atomic Tomorrows".

  23. The Times, London, 5. u. 6. 10. 1953, Special Articles: „The Tactics of Atomic Warfare“, Teil I: „New Weapons For The Army“, Teil II: „Support in Counter-Attadk"

  24. Ralits, amerikanische Zeitschrift in Paris und New’ York, Dezemberheft 1953: „The New Look in World Strategy", Untertitel „Der wadisende amerikanische Vorrat an Atombomben plus der russischen Wasserstoffbombe haben alles frühere Hanen in der Strategie veraltet.“

  25. Neue Züricher Zeitung, Fernausgabe 345, Jahrgang 1953.

  26. W. L. Laurence: „Wasserstoffbomben“; a. a. O.

  27. Gebräuchlicher Name: Atombombe, d. Verfasser.

  28. Gebräuchlicher Name: Wasserstoffbombe, d. Verfasser.

  29. Diese Information ist fast wörtlich dem Dezemberheft 195 3 der Ralits entnommen. Die Einzelheiten decken sich mit Angaben, die von deutschen und ausländischen Fachleuten gemacht worden sind.

  30. J. R. Oppenheimer: „Atomic Weapons And American Policy“: Foreign Affairs, New York, Juli 1953. Deutsch: a) im Heft 11, Jahrgang 1953 der „Außenpolitik": Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart, b) Beilage zur Wochenzeitung „Das Parlament'Bonn, Nr. 50 vom 16. 12. 1953.

  31. siehe Oppenheimer a. a. O.

  32. N. Y. T., 27. 11. 1953

  33. N. Y. T„ 24. 3. 1953

  34. N. Y. T„ 10. 12. 1953

  35. Interview mit „Sunday Times", London, 3. 7, 1948

  36. a) Das Beste aus Reader’s Digest, Oktoberheft 1953, S. 142.

  37. J. Robert Oppenheimer Foreign Affairs; Außenpolitik: Parlament; a. a. O.

  38. Air Chief Marshal Sir William Dickson, Chief of the Air Staff — designate. Perth, Australien, 23. 10. 52 (Reuter); The Times, London, 24. 10. 1952

  39. a) Chester Wilmot, The Observer, London, 11., 18., 25. 10. 1953, deutsch: „Raketenkriegsführung“ in der Beilage der Wochenzeitung „Das Parlament“, Nr. 50, vom 16. 12. 195 3. Der Verfasser ist seit seinem Buch „Struggle For Europe“ in die vordere Reihe der Miiitärpublizisten der angelsächsischen Länder gerückt. Er ist Anfang 1954 bei einem Flugzeugunfall im Mittelmeer ums Leben gekommen. Für die Militärkritik des freien Westens ist er unersetzlich.

  40. siehe hierzu und zum Folgenden . Wehrwissenschaftliche Rundschau". Verlag Mittler & Sohn, Darmstadt, Jg. 1951— 53.

  41. Gustav Bücher: Menschen, Maschinen, Atome; im Franzis-Verlag, München, 1952, Seite 189.

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