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Zwischen Dulles und Nehru | APuZ 36/1954 | bpb.de

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APuZ 36/1954 Die Führung in der Weltpolitik Zwischen Dulles und Nehru

Zwischen Dulles und Nehru

Richard Lowenthal

Der hier veröffentlichte Aufsatz von Richard Lowenthal wurde mit Genehmigung des Verlages der englischen Zeitschrift „THE TWENTIETH CENTURY“ (Juni 1954) entnommen.

Noch vor einigen Monaten fragten wir uns, weihe Vorteile dem Westen aus den Symptomen sowjetischer Schwäche erwachsen würden, die nah Stalins Tod sichtbar geworden waren. Noh die Berliner Konferenz wurde vorwiegend mit folgenden Worten diskutiert: War es ein Fehler, den Russen durh die Verhandlungen einen „Aufshub“ zu gewähren? Oder war dies der beste Weg, um von ihnen Konzessionen zu erhalten? Oder sollten wir uns für eine gewisse Zeit mit der Stabilisierung des Status quo zwishen kommunistishen und nichtkommunistischen Kräften zufrieden geben? Auf jeden Fall shienen wir am Zuge zu sein, und die westlihen Staatsmänner gratulierten einander, die „Initiative wieder gewonnen zu haben".

Wie weit liegt das alles zurück! Die Veränderungen auf der Weltbühne waren niht die Folge eines dramatishen Wehseis in der kommunistishen Politik, sondern einfach einer unvermeidlihen Verlagerung des Schwergewichts von Europa, dem Gebiet unserer relativen Stärke, nah Asien, dem Gebiet unserer offensichtlichen Shwähe. Es wird natürlich auch die Ansicht vertreten, die Einberufung der Genfer Konferenz habe die hinesishe Unterstützung der Vietminh sehr shnell anwachsen lassen, und nur der durh die vermehrten Hilfe-leistungen errungene militärishe Erfolg habe die kritishe Situation in Indohina geshaffen in Verbindung mit der moralishen Unsiherheit, die durh die Einberufung der Konferenz entstanden sei. Diese Behauptung entspricht niht den Tat-sahen. Das französishe Expeditionskorps hatte gar keine Chancen, die tatsählihe Kontrolle über Indohina wieder zu gewinnen, und da die Chance eines entsheidenden militärishen Sieges nicht ergriffen worden war, konnte man den Zeitpunkt voraussehen, an dem das franzöishe Volk keine Lust mehr haben würde, den Krieg fertzusetzen. Da lag die Shwähe. Die Krise war unvermeidlich. Genf markierte nur den Zeitpunkt. Außerdem war der Sonderfall Indohina niht die einzige Shwähe. Die Meinungsverschieden-heiten zwishen den Westmähten und die Unshlüssigkeit jedes einzelnen westlihen Landes, die bei dieser Gelegenheit sihtbar wurden, sind nur ein Ausdrude für das grundsätzlihe Dilemma der westlihen Politik in Asien. Das Dilemma brauht nicht unlöslich zu sein, aber bis jetzt ist fast gar nihts unternommen worden, um es zu beseitigen. Es ist eine Quelle entsetzliher Gefahr für uns alle, und es dürfte uns nicht viel Zeit bleiben, eine Lösung zu finden.

Das große Dilemma

Das Problem kann in vier Sätzen zusammengefaßt werden. Erstens, eine permanente Ausdehnung der Kommunisten in Asien birgt die ernste Gefahr, daß derkommunistische Block zur beherrshenden Weltmaht wird. Zweitens, der Expansion kann nur dannEinhalt geboten werden, wenn eine starke Militärmaht eine offene kommunitishe Aggression aufhalten kann und wenn der politishe Wille stark genug ist, sih anderen Formen der Expansion innerhalb der unabhängigen Staaten Asiens zu widersetzen. Drittens, auf dem asiatishen Festland gibt es zur Zeit keine gleichwertigen militärishen Streitkräfte, um der rothinesishen Mäht die Waage zu halten, und es ist niht wahrsheinlih, daß die asiatishen Länder sie in den nähsten Jahren zu shaffen imstande sein werden. Viertens, jeder Versuh, den erforderlihen Ausgleich durh westliche Intervention von außen her zu shaffen, stößt auf das Mißtrauen des asiatishen Unabhängigkeitsgefühls und läuft Gefahr, den politishen Willen zum Widerstand gegen die kommunistische Expansion zu unterhöhlen.

Die gegenwärtigen Shwierigkeiten zwishen amerikanischer und britisher Politik entspringen niht anders gearteten realen Interessen, sondern der Tatsahe, daß jedes Land entsprehend seinen besonderen Erfahrungen seine Aufmerksamkeit auf vershiedene Punkte des Dilemmas konzentriert. Amerika als erste Mäht der nichtkommunistischen Welt begriff als erste den vollen Ernst des militärishen Problems; dank seiner Commonwealth-Bindungen zu Indien war sih England sehr genau der politishen Shwierigkeiten bewußt. Nah Ansiht dieses Landes zwingt das Dilemma den Westen, einen „Mittelweg“ zwishen amerikanischem Interventionalismus und indishem Neutralismus — zwishen Dulles und Nehru — zu suhen.

Unter doppelter Bedrohung

Wir wollen uns aber erstmal über das Ausmaß des Dilemmas klar werden.

Nur wenige Menschen außerhalb Amerikas teilen die Ansicht, daß das kommunistische Vordringen in Asien die Gefahr einer totalen Welt-beherrschung in sich birgt; und die propagandistisch überspitzten Behauptungen, der Verlust auch nur eines Teiles von Indochina würde schon das Schicksal des Westens besiegeln, haben nicht überzeugen können. Durch die Einverleibung des östlichen Europa in die sowjetische Sphäre und den kommunistischen Sieg in China ist nun aber tatsächlich die Weltherrschaft in den Bereich des Möglichen gerückt. Es würde wahrscheinlich dazu kommen, wenn die Kommunisten weitere wesentliche Fortschritte machen und zum Beispiel einen Sieg in ganz Südostasien erringen würden und genügend Zeit hätten, die natürlichen Reichtümer dieses Gebietes zu erfassen und auszubeuten. Tatsächlich hat der kalte Krieg den Punkt erreicht, wo der kommunistisch kontrollierte Teil der Welt so groß geworden ist, daß wir unter der doppelten Bedrohung einer Wcltdiktatur und eines Weltkrieges leben müssen.

Es ist einfach, die häßliche Wirklichkeit durch einseitige Betrachtungen zu beschönigen und — mit vollkommenen Recht — festzustellen, in Indochina hätten außer dem Kampf zwischen Kommunisten und Anti-Kommunisten noch viele andere Faktoren mitgesprochen. Nun sind immer viele Faktoren im Spiel, doch ist der Schlag, den der kommunistische Sieg dem Gleichgewicht der Weltmächte zufügte, eine glatte Tatsache. Bequem ist auch der Einwand, die kommunistische Welt brauche nicht monolithisch zu bleiben. Auch ein totalitäres Regime ist inneren Veränderungen unterworfen und nach dem Tito-Vorbild können nationale Konflikte zwischen den kommunistischen Staaten entstehen. Jedoch entstehen innere Veränderungen und nationale Streitigkeiten leichter in einem kommunistischem Reich, dessen weitere Ausdehnung erfolgreich verhindert wird: Tito brach mit der Sowjetunion, als dem kommunistischen Vordringen in Europa Einhalt geboten worden war, und die letzten Versuche einer inneren Entspannung in Rußland — nach Stalins Tod — spiegelten den Druck wieder, der auf der Sowjet-und der Satellitenwirtschaft lastete als Folge der Bemühungen, das Rennen gegen die westliche Aufrüstung zu gewinnen. In einer sich siegreich ausbreitenden kommunistischen Gesellschaft kann es natürlich auch innere Streitigkeiten und Veränderungen geben — aber nichts berechtigt uns, damit zu rechnen. Die Erfolge der letzten Monate scheinen schon genügt zu haben, dem russischen Regime wieder eine stalinistische Prägung zu geben.

Außerdem wird die Notwendigkeit adäquater militärischer Streitkräfte zur Eindämmung der kommunistischen Expansion mit der Begründung verneint, kommunistische Regierungen seien weniger aggressiv als faschistische, sie wollten unter allen Umständen Frieden, um ihren riesigen inneren Aufbau zu betreiben, und sie würden denen nicht gefährlich, die sie in Ruhe ließen. Die Geschichte lehrt uns, daß kommunistische Regierungen tatsächlich weniger leichtfertig mit dem Gedanken einer Aggression spielen — obgleich auch dies vorgekommen ist, wie Finnland und Korea beweisen — weil sie überzeugt sind, daß die Zejt für sie arbeite. Sie haben die Fähigkeit bewiesen, länger als jede andere Revolution der Neuzeit das Feuer ihres Sendungsbewußtseins am Leben zu erhalten, und sie haben nicht der Versuchung der Besitzergreifung widerstanden, als sich an ihren Grenzen ein Vakuum auftat. Seit in China die Armeen Mao Tse-tungs den Sieg davontrugen, bestand an den Grenzen ein mehr oder weniger großes militärisches Vakuum. Von jener Zeit an gingen in ganz Asien kommunistische Propaganda und Terrorismus, die von der chinesischen Militärmacht gestützt wurden, Hand in Hand. Als der Angriff rollte, befanden sich keine Amerikaner in Korea, um die Kommunisten zu „provozieren", noch gab es welche in Indochina, als Peking die Vietminh-Regierung anerkannte. Tibets Provokation bestand allein in seinem Unvermögen, sich zu verteidigen. Die in Genf erhobene Forderung auf eine Vertretung der kommunistischen Gegenregierung von Laos und Kambodscha ist als erste Folge des Nichtzustandekommens des Südostasienpaktes anzusehen. Die wirklichen Rechtsansprüche dieser Regierungen beruhen auf der Tatsache — und nur auf dieser —, daß zur Zeit kommunistische Streitkräfte straflos von außen in beide Länder einfallen können.

Es besteht schließlich nicht einmal die Aussicht, in absehbarer Zeit das militärische Vakuum mit Streitkräften unabhängiger asiatischer Länder füllen zu können. Einige der jungen Nationalstaaten Asiens, wie zum Beispiel Burma und Indonesien, sind noch lange nicht Herren im eigenen Hause. Sie sehen sich nicht imstande, die wirtschaftlichen Mittel für die notwendigen Verteidigungsanstrengungen bereitzustellen. Mehrere Staaten, wie Indien und Pakistan, haben viel von ihrer Kraft mit gegenseitigen Streitigkeiten vertan. Die Colombo-Konferenz mit ihren vielversprechenden Plänen und ihrer praktischen Ergebnislosigkeit enthüllte noch einmal die weitreichende politische Bedeutung der Länder und ihre gegenwärtige militärische Ohnmacht.

Der Neutralismus in Asien

Die militärischen Gründe für einen Sicherheitspakt der Westmächte mit Australien, Neuseeland und den asiatischen Staaten, die bereit sind, sich an der Verteidigung Südostasiens zu beteiligen — Dulles'Standpunkt zu dem Dilemma — sind unwiderlegbar, aber die politischen Gründe gegen ihn — Nehrus Standpunkt — sind nicht weniger stark.

Kommunistisches Vordringen stützt sich immer auf einen politischen Anreiz und bewaffnete Streitkräfte und auf eine von Terror begleitete Propaganda, wenngleich die Mischung aller Zutaten nach Zeit und Ort verschieden ist. Jede Kraftanstrengung zur Eindämmung des Kommunismus muß sich der gleichen Waffe bedienen. Eine Überzeugung ohne Waffen ist gegen die bewaffneten Tyranneien des 20. Jahrhunderts machtlos; zweifellos sind aber auch Waffen nutzlos, wenn nicht der Wille zum Widerstand dahinter steht. In besonderen Fällen kann sich auch eine unbewaffnete Bevölkerung dem kommunistischen Druck erfolgreich widersetzen, wenn sie moralisch der Infiltration gewachsen ist und wenn ein offener Angriff die Vergeltung der Verbündeten herausfordert wie in Berlin; aber selbst die Drohung, Vergeltung zu üben, ist sinnlos, wenn der Wille zum Widerstand fehlt.

Es hat Zeit gebraucht, bis sich bei den meisten westeuropäischen Völkern der Widerstandswille entwickelt hat. Bei den Völkern Süd-und Süd-ostasiens fängt er erst an sich zu regen. Diese Nationen haben gerade erst die koloniale Abhängigkeit abgeschüttelt, sie ringen noch um die Schaffung wirkungsvoller Regierungsapparate und kämpfen gleichzeitig mit den enormen Problemen der industriellen Modernisierung und der landwirtschaftlichen Reformen. Kurzum, sie befinden sich in einem Stadium revolutionärer Gärung, und es mangelt ihnen an Erfahrung, zwisehen einer echten nationalen Revolution und einem gesteuerten Kremlprodukt zu unterscheiden. Nach jahrelangem Kampf gegen kommunistische Guerillas kennen die meisten Burmesen den Unterschied; die meisten Vietnamesen aber haben keine Erfahrungen. Während die indische Regierung im Lande die Kommunisten bekämpft, weigert sie sich jedoch immer noch, die kommunistische Expansion als ein internationales Problem anzuerkennen. Zur Eindämmung des Kommunismus in Asien ist es von ausschlaggebender Bedeutung, daß die politische Kenntnis über die Art der kommunistischen Bedrohung geweckt und daß ein militärisches Gegengewicht geschaffen wird. Gleichzeitig dürfte jedes Anzeichen eines Versuchs der Westmächte, auf dem asiatischen Festland als unerwünschter „Beschützer“ der asiatischen Völker zu intervenieren, die Einsicht verzögern und die noch frischen Erinnerungen an die Kolonialzeit wieder aufleben lassen und damit die Lage verwirren. Niemand weiß dies besser als die Kommunisten: Schon richtet sich die ganze Wucht ihrer Propaganda gegen jeden westlichen Plan eines Südostasienpaktes, weil er nicht nur einen militärischen Damm gegen ihre weitere Expansion bietet, sondern weil er auch politisch ihrem Angriff den Wind aus den Segeln nimmt. Das Schlagwort „Asien den Asiaten“ bezweckt, das gegenwärtig unbestrittene kommunistische Übergewicht in Asien durch Mobilisierung der neutralistischen und anti-imperialistischen Gefühle der unabhängigen asiatischen Nationen gegen die westlichen Pläne einer kolektiven Sicherheit aufrecht zu erhalten.

Während England in typischer Selbsttäuschung den Ernst der militärischen Bedrohung unterschätzt, besteht die typische amerikanische Selbsttäuschung in der Geringschätzung der politischen Hindernisse für einen wirkungsvollen Widerstand. Die Tatsache, daß eine Anzahl asiatischer Länder militärische Abkommen mit Amerika geschlossen hat, wird als Beweis für die Bereitschaft zum Widerstand angesehen, obgleich die öffentliche Meinung Japans zum Beispiel so neutralistisch ist wie die Indiens, die Philippinen und Pakistan nicht bereit sind, Verpflichtungen für die Verteidigung eines anderen Landes auf sich zu nehmen, und obgleich die Haltung Südkoreas und Formosas auf Grund ihrer besonderen Erfahrungen mit dem Kommunismus nicht verallgemeinert werden darf. Die Wahrheit ist, daß im Gegensatz zu Europa der Neutralismus typisch ist für die gegenwärtige politische Entwicklung in Asien und daß er nur in dem Maße überwunden werden kann, wie die asiatischen Völker aus ihren eigenen Erfahrungen lernen.

Es handelt sich hier weniger um das Problem der westlichen Propaganda im technischen Sinne sondern um die westliche Politik. Die Illusion ist weitverbreitet — zumal in den Vereinigten Staaten — es genüge, die ganze Technik der Propaganda in den Dienst der guten Sache zu stellen, damit die Wahrheit überzeuge. In jedem nicht-totalitären Staat, in aem es keine ausgerichtete Propaganda gibt, sind die Auswirkungen selbst einer geschickten und massiven Propaganda sehr begrenzt, wenn sie nicht durch augenfällige Erfahrungen gestützt werden. Darum blieb zum Beispiel die kommunistische „Friedenspropaganda" bemerke iswerter Weise wirkungslos solange der Krieg in Korea andauerte und hatte erst seit dem Waffenstillstand mehr Erfolg. Die Kunst der Politik unterscheidet sich von der Technik der Propaganda darin, daß sie es in ihrer Meinungsbildung unsicheren Völkern ermöglicht, auf Grund eigener Erfahrungen herauszufinden, wo die tatsächliche Bedrohung ihrer Freiheit und Unabhängigkeit liegt.

Unser einziges Ziel...

Es gibt augenscheinlich für das Dilemma der westlichen Politik in Asien keine einfache Lösung. Doch soll hier wenigstens noch die allgemeine Richtung ar. gedeutet werden, in der wir uns bewegen müssen.

Erstens dürfen wir nicht die Hoffnung haben, daß die Regelung der asiatischen Frage von Bestand sein oder daß es überhaupt zu einer leidlichen Regelung kommen wird, wenn wir nicht imstande sind, Asien gegen jeden neuen kommunistischen Angriff kraftvoll Beistand zu leisten. In der gegenwärtigen asiatischen Situation bedeutet dies, daß die Westmächte im Bedarfsfälle bereit sein müßten, die unabhängigen asiatischen Staaten, die um Hilfe bitten, zu verteidigen. Wir dürfen uns nicht weigern, diese Lasten auf uns zu nehmen, wenn wir als freie Staaten überleben wollen. Wir können sie nur auf uns nehmen, wenn wir gleichzeitig auf dem politischen Sektor durch konstruktive Reformen die Gefahr einer erfolgreichen Aggression von innen heraus vermindern und den asiatischen Völkern dazu verhelfen, sich sobald wie möglich selbst zu verteidigen. Zweitens, jeder kolektive Verteidigungspakt für Südostasien muß sich ganz klar darauf beschränken, die asiatischen Staaten nur auf eigenen Wunsch zu verteidigen. Er darf keine koloniale Färbung haben. Er muß davon Abstand nehmen, schon vollzogene kommunistische Revolutionen von außen her wieder umstürzen zu wollen. Nicht etwa das kommunistische Revolutionen eine „gute Sache" sind — selbst da, wo sie eine Milderung alter Übelstände brachten, verursachten sie bald genug eigene Übelstände — sondern weil wir nicht bereit sind, und auch die Neutralisten sind es nicht, dafür das Risiko eines modernen Krieges auf uns zu nehmen. Die klare Anerkennung der kommunistischen Regierung in China als Teil einer asiatischen Regelung würde uns nicht nur die Handhabe bieten, von den Kommunisten weitere bindende Garantien zu fordern, sondern würde außerordentlich zur Überzeugung der Neutralisten von der defensiven Natur unserer Ziele beitragen. Ist Amerika nicht zur Anerkennung bereit, muß der defensive Charakter des Bündnisses klar herausgestellt und seine Ziele müssen dementsprechend regional begrenzt werden.

Drittens, die asiatischen „Neutralen" müssen in jeder Weise ermutigt werden, eine eigene Verantwortlichkeit zur Erhaltung des Friedens auf sich zu nehmen. Wir sollten es begrüßen, wenn sie im Namen der Vereinten Nationen oder als Ergebnis eines direkten Abkommens zwischen den kriegführenden Mächten für die Einhaltung eines Waffenstillstandes sorgen. Wir sollen es sie wissen lassen, daß wir es begrüßen würden, wenn sie unseren Platz als Garanten der Staaten, die jetzt den Schutz eines westlichen Bündnisses suchen, einnehmen würden, sobald sie dazu bereit und in der Lage sind. Tatsache ist, daß wir keine besonderen westlichen Interessen mehr in Asien zu verteidigen und nicht den Wunsch haben, die asiatischen neutralen Staaten für diesen Zweck an unsere Seite zu ziehen. Das weitere Vorwärts-dringen des Konimunismus zu verhindern, ist unser einziges Ziel — und in diesem Zusammenhang würde es völlig ausreichen, wenn die asiatischen neutralen Staaten bereit sind, ihre eigene Sache zu verteidigen. Wenn es der westlichen Politik gelingen sollte, die asiatischen Staaten hiervon zu überzeugen, dann werden wir der Lösung unseres Dilemmas schon einen guten Schritt näher gekommen sein.

Anmerkung W. Averell Herriman, amerikanischer Botschafter in Rußland von 1943— 46, Handelsminister 1946— 48, Sonderberater des Präsidenten 1950— 51.

Fussnoten

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