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Urkunden zur Judenpolitik des dritten Reiches | APuZ 46/1954 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 46/1954 Aus den Akten des 20. Juli Urkunden zur Judenpolitik des dritten Reiches

Urkunden zur Judenpolitik des dritten Reiches

Oberleutnant Haeften. Generaloberst Höpfner wurde festgenommen und befehlsgemäß ins W. U. G. Lehrter Straße eingeliefert.

Anschließend erschien mein Kommandeur, Major Remer, und ordnete die weitere Festnahme verdächtiger Offiziere an. Außerdem überzeugte er sich von den von mir getroffenen Absperrmaßnahmen. Inzwischen war Generaloberst Reinicke gekommen und übernahm den Befehl über den gesamten Bereich des OKW. Kurz nach 1. 00 Uhr traf die Staatspolizei unter Führung von Obersturmbannführer Skorzeny ein, welcher die weiteren Nachforschungs-und Aufklärungsarbeiten übernahm. Sämtliche verdächtige Zimmer wurden von uns besetzt, Streifen und Durchsuchungen angeordnet. Einige verdächtige Offiziere konnten noch im Laufe der Nacht von unseren Männern, bei dem Versuch zu fliehen, festgenommen werden. Am 21. 7. 1944 blieb die Wache weiterhin verstärkt. gez. Schlee Oberleutnant und Kompanie-Chef Im folgenden fahren wir mit der Veröffentlichung von Dokumenten zur Judenpolitik des Nationalsozialismus fort.

Dokumente zur Reichskristallnacht

Von Jüttner, Chef des Führungshauptamts der SA unterzeichneter Brief der obersten SA-Führung vm 29. November 1938, in dem er (Nur für den Dienstgebrauch) eine Anordnung von Hess -bekanntgibt.

Die Oberste SA-Führung München, den 29. November 193S FO Nr. 82/277— 38 n. f. D. Ha/Hbl. Nur für den Dienstgebrauch Verteiler I 9 Betr.: Maßnahmen gegen die Juden.

Der Stabsleiter des Stellvertreters des Führers gibt mit Anordnung Nr. 189 38 (nicht zur Veröffentlichung) folgendes bekannt: „Bei den aus der Bevölkerung heraus entstandenen Aktionen gegen die Juden mußten hier und dort von Dienststellen der Partei und ihren Gliederungen zum Schutze deutschen Volksvermögens Wertgegenstände sichergestellt werden. Ich ordne an, daß solche Gegenstände gegen Quittung unverzüglich an die nächste Dienststelle der Geheimen Staats-Polizei abgegeben werden.

Sollten den Dienststellen der Partei und ihrer Gliederungen im Zusammenhang mit dieser Aktion Diebstähle, die leider vorgekommen sein dürften, bekannt werden oder bekannt geworden sein, so ist unverzüglich der nächsten Polizeidienststelle Meldung zu machen. Ebenso ist bei Auftauchen verdächtiger Gegenstände zu verfahren.

Die Dienststellen der Polizei sind in Erfüllung ihrer Aufgaben weitgehendst zu unterstützen.“

Der Chef des Führungshauptamts: gez. Jüttner Obergruppenführer F. d. R. Kalb Standartenführer SA.der NSDAP. Brigade 50 (Starkenburg) Darmstadt, den 11. November 1938 Abteilung F Br. B. Nr. 4309 Moosbergstraße 2 Betrifft: Fernruf: 7042 und 7043 Bezug: Postscheckkonto: Frankfurt a. M. 23 448 Beilagen: Bankkonto: Städtische Sparkasse 155 -An SA-Gruppe K u r p f a I z Mannheim (Bei Antwortschreiben Datum und Briefbuchnummer angeben.)

Am 10. 11. 1938 3 Uhr erreichte mich folgender Befehl:

„Auf Befehl des Gruppenführers sind sofort innerhalb der Brigade 50 sämtliche jüdische Synagogen zu sprengen oder in Brand zu setzen.

Nebenhäuser die von arischer Bevölkerung bewohnt werden, dürfen nicht beschädigt werden. Die Aktion ist in Zivil auszuführen. Meutereien oder Plünderungen sind zu unterbinden. Vollzugsmeldung bis 8. 30 Uhr an Brigadeführer oder Dienststelle.“

Die Standartenführer wurden von mir sofort alarmiert und genauestens instruiert, und mit dem Vollzug sofort begonnen.

Ich melde hiermit, es wurden zerstört im Bereich der Standarte 115 1.

Synagoge in Darmstadt, Bleichstraße durch Brand zerstört » 2. » „ Fuchsstraße » » » 3. » » O. /. Ramstadt Innenraum und Einrichtung zertrümmert 4. » » Gräfenhausen » » 5. » » Griesheim 6. » » Pfungstadt » n 7. w w Eberstadt durch Brand zerstört Standarte 145 1. Synagoge in Bensheim durch Brand zerstört 2. . » Lorsch in Hessen „ 0 ff 2. » „ Heppenheim » » und Sprengung zerstört 3. » „ Birkenau durch Brand zerstört 4. Gebetshaus in Alsbach » » » 5. Versammlungsraum in Alsbach Mn n 6. Synagoge in Rimbach Inneneinrichtung vollständig zerstört Blatt 2 zum Schreiben 11. 11. 1938 der Brigade 50 (Starkenburg) an Gruppe Kurpfalz.

Standarte 168 1. Synagoge in Seligenstadt durch Brand zerstört 2. » in Offenbach n ff ff 3.

» in Klein-Krotzenburg n » ff 4.

• in Steinheim a. M. » » » 5. in Mühlheim a. M. » n 0 ff 6.

3 in Sprendlingen » ff » 7. in Langen » n ff ff 8. in Egelsbach » f> » n Standarte 1 8 6 1. Synagoge in Beerfelden durch Sprengung zerstört 2.

» in Michelstadt Inneneinrichtung zertrümmert 3. in König » » ff 4. in Höchst i. O. • ff ft 5. • in Groß-Umstadt ff ff 6. in Dieburg » ff ff 7. ff in Babenhausen » ff 8. in Groß-Bieberau durch Brand zerstört ff 9. in Fränk. Crumbach Inneneinrichtung zerstört 0 10. in 0 Reichelsheim 0 ff Standarte 221 1. Synagoge und Kapelle in Gr. Gerau durch Brand zerstört 2. » in Rüsselsheim niedergerissen u. Inneneinrichtung zerstört 3. „ in Dornheim Inneneinrichtung zerstört 4. „ in Wolfskehlen Der Führer der Brigade 50 (Starkenburg) Lucke''Brigadeführer Aktenvermerk!

Fernmündlicher Anruf der Brigade 151, Saarbrücken durch Sturmhauptführer Rossel.

Sturmhauptführer Rossel meldet am 10. 11. 1938 vormittags 9. 15 Uhr:

Heute Nacht wurde die Synagoge in Saarbrücken in Brand gesteckt, ebenso wurden die Synagogen in Dillingen, Merzig, Saarlautern, Saar-Willingen und Broddorf zerstört.

Die Juden wurden in Schutzhaft genommen.

Die Feuerwehren sind mit Löscharbeiten beschäftigt.

Im Bereich der Standarte 174 wurden sämtliche Synagogen zerstört.

Mannheim, den 10. November 1938 abgenommen: Zimmermann Stardartenführer Aktenvermerk!

Fernmündlicher Anruf des Führers der Standarte 250, Bruchsal, Standartenführer Ritter v. Eberlein.

Standartenführer Ritter v. Eberlein meldet am 10. 11. 1939 vormittags 9. 00 Uhr:

In den frühen Morgenstunden des 10. November 1938 zwischen 4. 30 Uht und 6. 00 Uhr brannte die Synagoge in Bruchsal bis auf die Grundmauern nieder. In den jüdischen Geschäften der Stadt zertrümmerte die Volksmenge sämtliche Schaufenster, die alarmierte SA stellte Wachposten vor die jüdischen Geschäfte um Plünderungen zu verhindern.

Der Rabbiner und einige prominente Juden mußten zwecks ihrer eigenen Sicherheit in Schutzhaft genommen werden. Dies geschah durch die Gestapo.

Auch in Philippsburg brannte zur selben Zeit die Synagoge nieder. Der wegen seinen ausländischen Beziehungen bekannte und berüchtigte Rabbiner Neuburger wurde auf Veranlassung der SA in Schutzhaft genommen.

Ferner wurden im Laufe der Nacht die Synagogen in Wiesloch, Wall-dorf, Malsch zerstört. Die männlichen Juden mußten zu ihrer persönlichen Sicherheit in Schutzhaft genommen werden. Im Sturmbannbereich III/25O wurden die Synagogen in Sinsheim, Neidenstein, Neckarbischofsheim, Hoffenheim, Wellenberg und Ittlingen ebenfalls zerstört.

Mannheim, den 10. November 1938 abgenommen:

Zimmermann Standartenlührer Aktenvermerk!

Standarte 17 meldet fernmündlich am 10. 11. 1938 vormittags 10. 30 Llhr durch Sturmbannführer Then:

Die Synagogen in Ludwigshafen und Frankenthal sind heute morgen in der Zeit von 7— 8 Uhr vollkommen niedergebrannt. Verschiedene jüdische Geschäfte wurden demoliert.

Mannheim, den 10. November 1938 abgenommen durch:

Zimmermann Standartenführer Notiz! 8. 3 5 h meldet Oberführer Durein für den Bereich der Br. 51 Vollzug in Synagogenangelegenheit. Bis auf Rölsheim (?) bei Germersheim ist alles durchgeführt. 10 11. 38. Klein.

Aktenvermerk!

Fernmündlicher Anruf des Führers der Brigade 50 Darmstadt Brigadeführer Lucke.

Brigadeführer Lucke meldet am 10. November 1938 um 9. 00 Uhr.

Es wurden durch Brand zerstört die jüdische Kirche in Darmstadt, die Synagoge in Darmstadt, die Synagoge in Eberstadt. Die Synagoge in Darmstadt zerstört und innen ausgebrannt. Die Synagoge in Eberstadt zerstört und innen ausgebrannt. Die Synagogen in Griesheim, in Gräfenhausen und Oberamstadt zerstört. Die Synagoge in Bensheim durch Brand zerstört. Die Synagoge in Lorsch bei Bensheim durch Brand zerstört. Die Synagoge in Heppenheim durch Sprengung zerstört. Die Synagoge in Rimbach und Birkenau zerstört. Die Bethalle in Alsbach a. d. B. zerstört. Versammlungsraum am jüdischen Friedhof in Hähnlein zerstört. Die Synagoge und Kirche in Groß-Gerau durch Brand zerstört. Die Synagoge in Rüsselsheim abgebrochen. Ferner wurden vernichtet die Synagoge und die Holzkirche in Dornheim. In Offenbach wurde die große Kirche und die Synagoge durch Brand zerstört. Etwa vorhandene Synagogen werden noch ermittelt und zerstört.

Mannheim, den 10. November 1938 abgenommen: Lohmann Sturmhauptführer

Dokumente zur weiteren Entwicklung der nationalsozialistischen Judenpolitik auf die "Endlösung" hin

Erlaß des Auswärtigen Amtes vom 25. 1. 1939. Bezeichnend für die außenpolitische Behandlung der Judenfragen und die allgemeinen Ziele der nationalsozialistischen Judenpolitik in dieser Phase. (1938 — 1939)

Auswärtiges Amt Berlin, den 25. Januar 1939 83— 26 19— 1

An alle diplomatischen und beruiskonsularischen Vertretungen im Ausland.

Inhaltsangabe:

Die Judenfrage als Faktor der Außenpolitik im Jahre 1938.

1. Die deutsche Judenpolitik als Voraussetzung und Konsequenz der außen-politischen Entschlüsse des Jahres 1938 2. Das Ziel der deutschen Judenpolitik: Auswanderung 3. Mittel, Wege und Ziel der jüdischen Auswanderung 4. Der ausgewanderte Jude als beste Propaganda für die deutsche Juden-politik.

Es ist wohl kein Zufall, daß das Schicksalsjahr 1938 zugleich mit der Verwirklichung des großdeutschen Gedankens die Judenfrage ihrer Lösung nahegebracht hat. Denn die Judenpolitik war sowohl Voraussetzung wie Konsequenz der Ereignisse des Jahres 1938. Mehr vielleicht als die machtpolitische Gegnerschaft der ehemaligen Feindbundmächte des Weltkrieges hat das Vordringen jüdischen Einflusses und der zersetzenden jüdischen Geisteshaltung in Politik, Wirtschaft und Kultur die Kraft und den Willen des deutschen Volkes zum Wiederaufstieg gelähmt. Die Heilung dieser Krankheit des Volkskörpers war daher wohl eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Kraftanstrengung, die im Jahre 1938 gegen den Willen einer Welt den Zusammenschluß des großdeutschen Reiches erzwang.

Die Notwendigkeit für eine radikale Lösung der Judenfrage ergab sich aber auch als Konsequenz der außenpolitischen Entwicklung, die zu den im Altreich lebenden 500 000 Glaubensjuden weitere 200000 in Österreich einbrachte. Der unter dem Schuschnigg-System ins Maßlose gewachsene Einfluß des Judentums in der österreichischen Wirtschaft machte sofortige Maßnahmen notwendig, die die Ausschaltung des Judentums aus der deutschen Wirtschaft und den Einsatz des jüdischen Vermögens im Interesse der Allgemeinheit zum Ziele hatten. Die als Vergeltung für die Ermordung des Gesandtschaftsrats vom Rath einsetzende Aktion hat diesen Prozeß so beschleunigt, daß der jüdische Einzelhandel — bisher mit Ausnahme ausländischer Geschäfte — im Straßenbild völlig verschwunden ist. Die Liquidierung der jüdischen Großhandels-und Fabrikationsbetriebe und des Haus-und Grundbesitzes in der Hand von Juden wird allmählich so weit gefördert, 'daß in absehbarer Zeit von jüdischem Besitz in Deutschland nicht mehr gesprochen werden kann. Allerdings ist darauf hinzuweisen, daß es sich nicht um eine entschädigungslose Beschlagnahme jüdischen Vermögens handelt wie z. B. bei der Konfiskation der Kirchengüter während der französischen Revolution. Vielmehr erhält der enteignete Jude für seinen Besitz Reichsschuldverschreibungen, deren Zinsen ihm zustehen.

Das letzte Ziel der deutschen Judenpolitik ist die Auswanderung aller im Reichsgebiet lebenden Juden. Es ist vorauszusehen, daß schon die einschneidenden Maßnahmen auf wirtschaftlichem Gebiet, die den Juden „vom Verdrenst auf die Rente* gesetzt haben, den Auswanderungswillen fördern werden. Im Rückblick auf die vergangenen 5 Jahre seit der Machtergreifung ist jedenfalls festzustellen, daß weder das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums noch die Nürnberger Juden-gesetze mit ihren Durchführungsvorschriften, die jede Assimilierungstendenz des Judentums unterbanden, wesentlich zur Abwanderung der deutschen Juden beigetragen haben. Im Gegenteil hat in jeder Periode innerpolitischer Beruhigung ein solcher Rückstrom jüdischer Emigranten eingesetzt, daß sich die Geheime Staatspolizei veranlaßt sah, jüdische Rückwanderer mit deutschem Paß zunächst zur politischen Kontrolle in einem Schulungslager unterzubringen.

Aus Politik und Kultur war der Jude ausgeschaltet. Aber bis 1938 war seine wirtschaftliche Machtposition in Deutschland und damit sein zäher Wille, bis zum Anbruch „besserer Zeiten“ auszuhalten, ungebrochen. Bezeichnend für diese Taktik des hinhaltenden Widerstands ist das Programm einer in Polen neu gegründeten jüdischen Partei, allen auf Emigration des Judentums gerichteten polnischen Maßnahmen den Kampf anzusagen. Solange der Jude noch in der deutschen Wirtschaft verdienen konnte, so lange brauchte in den Augen des Weltjudentums die jüdische Bastion in Deutschland noch nicht aufgegeben zu werden.

Der Jude hatte aber die Konsequenz und die Kraft des nationalsozialistischen Gedankens unterschätzt. Zugleich mit dem in Versailles zur Niederhaltung Deutschlands geschaffenen Staatensystem in Mitteleuropa brach 1938 auch die jüdische Machtposition in Wien und Prag zusammen. Italien stellte sich mit seiner Rassengesetzgebung Deutschland im Kampf gegen das Judentum an die Seite. In Bukarest übernahm ein Kenner der Judenfrage Professor Goga mit einem gegen das Judentum gerichteten Programm die Regierung, ohne sich allerdings gegen den übermächtigen internationalen Druck von Paris und London durchsetzen zu können. In Ungarn und Polen wurde das Judentum unter Sondergesetzgebung gestellt. Überall beginnt jetzt der deutsche außenpolitische Erfolg von München wie ein Erdbeben in seinen Ausläufern auch in entfernten Staaten die seit Jahrhunderten befestigte Position des Judentums zu erschüttern.

Es ist auch verständlich, wenn das Weltjudentum, „daß sich Amerika als Hauptquartier ausersehen hat“, das Abkommen von München, das nach amerikanischer Auffassung den Zusammenbruch der demokratischen Front in Europa bedeutet, als eigene Niederlage empfindet. Denn das System der parlamentarischen Demokratie hat erfahrungsgemäß stets dem Juden auf Kosten der Gastvölker zu Reichtum und politischer Macht verholten. Wohl zum ersten Mal in der modernen Geschichte muß das Judentum jetzt eine bereits gesicherte Stejlung wieder räumen.

Dieser Entschluß wurde erst 1938 gefaßt. Er äußerte sich in dem Bemühen der westlichen Demokratien, insbesondere der Vereinigten Staaten von Amerika, den nunmehr endgültig beschlossenen jüdischen Rüdezug aus Deutschland d. h. die Abwanderung des Judentums unter internationale Kontrolle und Protektion zu stellen. Der amerikanische Präsident Roosevelt, „der bekanntlich in seinem engeren Rat von einer ganzen Reihe von Exponenten des Judentums umgeben ist“, berief bereits Mitte 1936 eine Staatenkonferenz zur Beratung der Flüchtlingsfrage ein, die in Evian ohne besondere sachliche Ergebnisse tagte. Beide Fragen, deren Beantwortung die Bedingung einer geordneten jüdischen Abwanderung bildet, blieben offen: einmal die Frage, wi e diese Abwanderung zu organisieren und zu finanzieren sei, zweitens die Frage, wohin die Auswanderung zu lenken sei.

Zur Beantwortung der ersten Frage schien insbesondere das internationale Judentum nicht geneigt zu sein, einen Beitrag zu liefern. Vielmehr betrachtete es die Konferenz — und das später von ihr in London unter Führung des Amerikaners Rublee gebildete Komitee — als ihre Hauptaufgabe, Deutschland unter internationalem Druck zur Freigabe des jüdischen Vermögens in möglichst weitem Ausmaß zu zwingen. Deutschland sollte also die Abwanderung seiner 700 000 Juden mit der Preis-gabe deutschen Volksvermögens erkaufen. Dabei ist zu bezweifeln, ob das internationale Judentum überhaupt ernstlich die Massenabwanderung seiner Rassegenossen aus Deutschland und aus anderen Staaten ohne das Äquivalent eines Judenstaats wünscht. Die in den bisherigen jüdischen Vorschlägen eingeschlagene Taktik zielt jedenfalls weniger auf die Massenabwanderung von Juden als auf den Transfer jüdischen Vermögens ab.

Es ist selbstverständlich, daß der Transfer auch nur eines Bruchteils jüdischen Vermögens devisentechnisch unmöglich wäre. Die Finanzierung einer Massenabwanderung deutscher Juden ist daher noch ungeklärt. Auf Anfragen wäre gesprächsweise zu erwidern, daß deutscherseits damit gerechnet werde, daß das internationale Judentum — insbesondere die Verwandten der auswandernden Juden — die Abwanderungsaktion ebenso nachdrücklich unterstützen würde, wie es seinen mittellosen Rassegenossen zu einer Zeit, als Deutschlands Schwäche den Zustrom der Ostjuden nicht aufhalten konnte, die Einwanderung nach Deutschland ermöglicht habe. Es sei jedenfalls an Hand der Polizei-und Steuer-aktion nachzuweisen, daß die große Masse der Juden mittellos nach Deutschland einwanderte und in wenigen Jahren oder Jahrzehnten zu Vermögen gelangte, während das deutsche Volk durch die Tributbestimmungen des Versailler Vertrages seinen Besitz verlor oder in Arbeitslosigkeit verkam. Es bestehe daher deutscherseits auch kein Verständnis für das Mitleid, mit dem eine angeblich humanitäre Welt die Enteignung dieses dem deutschen Volke durch jüdische Geschäftsmethoden entzogenen Besitzes als ein Unrecht beklage.

Die zweite Frage, in welche Zielländer eine organisierte Abwanderung der Juden gelenkt werden soll, konnte von der Konferenz in Evian ebensowenig beantwortet werden, da jedes der beteiligten Länder unter Bekundung grundsätzlicher Anteilnahme an dem Flüchtlingsproblem sich außerstande erklärte, größere Massen jüdischer Auswanderer auf seinem Territorium aufnehmen zu können. Nachdem noch in den Jahren 1933/34 über 100 000 Juden aus Deutschland legal oder illegal den Weg ins Ausland gefunden hatten und sich mit Hilfe ihrer jüdischen im Ausland lebenden Verwandten oder des Mitleids humanitär eingestellter Kreise in einem neuen Gaststaat einnisten konnten, haben inzwischen fast alle Staaten der Welt ihre Grenzen gegen die lästigen jüdischen Eindringlinge hermetisch verschlossen. Das Problem der jüdischen Massenauswanderung ist damit zunächst praktisch festgefahren. Viele Staaten sind bereits so vorsichtig geworden, von ordnungsmäßig einreisenden Juden mit deutschen Pässen eine Bescheinigung der deutschen Behörden zu verlangen, daß ihrer Rückreise nichts entgegensteht.

Bereits die Wanderungsbewegung von nur etwa 100 000 Juden hat ausgereicht, um das Interesse, wenn nicht das Verständnis vieler Länder für die jüdische Gefahr zu wecken. Wir können ermessen, daß sich die Judenfrage zu einem Problem der internationalen Politik ausweiten wird, wenn große Massen der Juden aus Deutschland, aus Polen, Ungarn und Rumänien durch den zunehmenden Druck ihrer Gastvölker in Bewegung gesetzt werden. Auch für Deutschland wird die Judenfrage nicht ihre Erledigung gefunden haben, wenn der letzte Jude deutschen Boden verlassen hat.

Es ist bereits heute für die deutsche Politik eine wichtige Aufgabe, den Strom der jüdischen Wanderung zu kontrollieren und nach Möglichkeit zu lenken. Allerdings besteht keine Veranlassung, mit anderen Staaten wie Polen, Ungarn und Rumänien, die selbst die Abwanderung ihrer jüdischen Bevölkerungsteile anstreben, an der Lösung dieses Problemes zusammenzuarbeiten. Erfahrungsgemäß konkurrieren bei dieser Prozedur die gleichgerichteten Interessen und hemmen die Verwirklichung des vordringlichen deutschen Anspruchs auf Aufnahme der deutschen Juden in andere Zielländer.

Zwar hat die rumänische Regierung einen offiziellen Appell an die Reichsregierung unter dem Motto der menschlichen Moral und Gerechtigkeit gerichtet, an einer internationalen Aktion zur Lösung der Judenfrage mitzuarbeiten. Andererseits hat aber Polen Ende Oktober v. J. eine Verordnung erlassen, deren Durchführung die Rückkehr von 60 000 aus Deutschland ansässigen Juden polnischer Staatsangehörigkeit nach Polen praktisch unmöglich gemacht hätte. Bekanntlich mußte sich die Reichsregierung daraufhin entschließen, etwa 16 000 Juden polnischer Staatsangehörigkeit, denen ihre Familien folgen werden, kurz vor Inkrafttreten der polnischen Verordnung nach Polen abzuschieben. — Die Ungarische Regierung hat allerdings insoweit Verständnis für die deutsche Judenpolitik gezeigt, als sie von sich aus die Ariserung jüdisch-ungarischer Geschäfte in Deutschland d. h. Ersetzung der jüdischen Geschäftsinhaber durch nationale Ungarn in Aussicht gestellt hat. Im allgemeinen zeigt sich aber das Bild, daß das egoistische Interesse der beteiligten Staaten an einer vorzugsweisen Abschiebung ihrer eigenen jüdischen Volksteile vor jeder internationalen Lösung den Vorrang besitzt. Deutschland wird daher selbst die Initiative ergreifen, um zunächst für die Auswanderung der Juden aus Deutschland Mittel, Wege und Ziel zu finden.

Palästina, das der Volksmund bereits schlagwortartig zum Auswanderungsland bestimmt hat, kommt als Ziel der jüdischen Auswanderung schon deswegen nicht in Frage, weil seine Aufnahmefähigkeit für einen Massenzustrom von Juden nicht ausreicht. Unter dem Druck des arabischen Widerstands hat die Britische Mandatsregierung die jüdische Einwanderung nach Palästina auf ein Minimum beschränkt. Von deutscher Seite war zunächst die Auswanderung deutscher Juden nach Palästina durch Abschluß eines Abkommens mit der Vertretung des Judentums in Palästina, das den Transfer jüdischen Vermögens im Wege zusätzlichen Exports ermöglichte, weitgehend gefördert worden. (Haavara-Abkommen). Abgesehen davon, daß durch dieseMethode lediglich einer geringeren Anzahl vermögender Juden, aber nicht der Masse besitzloser Juden die Auswanderung ermöglicht wurde, standen auch grundsätzliche außen-politische Erwägungen dieser Form der Auswanderung entgegen: der Transfer jüdischen Vermögens aus Deutschland trug nicht unwesentlich zum Aufbau eines Judenstaates in Palästina bei. Deutschland muß aber in der Bildung eines Judenstaates, der auch in Miniaturform für das Welt-judentum eine ähnliche Aktionsbasis wie der Vatikanstaat für den politischen Katholizismus bilden würde und der nur einen Bruchteil der Juden absorbieren könnte, eine Gefahr sehen. Die Erkenntnis, daß das Judentum in der Welt stets der unversöhnliche Gegner des Dritten Reiches sein wird, zwingt zu dem Entschluß, jede Stärkung der jüdischen Position zu verhindern. Ein jüdischer Staat würde aber dem Weltjudentum einen völkerrechtlichen Machtzuwachs bringen. Alfred Rosenberg hat diese Gedanken in seiner Rede in Detmold am 15. Januar d. J. folgendermaßen formuliert:

„Das Judentum erstrebt heute einen Judenstaat in Palästina. Aber nicht etwa, um den Juden in aller Welt eine Heimat zu geben, sondern aus anderen Gründen, das Weltjudentum müsse einen kleinen Miniaturstaat haben, um exterritoriale Gesandte und Vertreter in alle Länder der Welt senden und durch diese seine Herrschaftsgelüste vorwärtstreiben zu können. Vor allem aber will man ein jüdisches Zentrum, einen jüdischen Staat haben, in dem man die jüdischen Hoch-Stapler aus aller Welt, die von der Polizei anderer Länder verfolgt werden, unterbringen, mit neuen Pässen ausrüsten und dann in andere Teile der Welt schicken kann. Es ist zu wünschen, daß die Juden-freunde in der Welt, vor allem die westlichen Demokratien, die über soviel Raum in allen Erdteilen verfügen, den Juden ein Gebiet außerhalb Palästina zuweisen, allerdings nicht um einen jüdischen Staat, sondern um ein jüdisches Reservat einzurichten.“

Das ist das Programm der außenpolitischen Haltung Deutschlands in der Judenfrage. Es besteht deutscherseits ein größeres Interesse daran, die Zersplitterung des Judentums aufrechtzuerhalten. Die Kalkulation, daß sich damit in der ganzen Welt Boykottherde und antideutsche Zentren bilden würden, läßt die bereits jetzt zu beobachtende Erscheinung außer acht, daß der Zustrom der Juden in allen Teilen der Welt den Widerstand der eingesessenen Bevölkerung hervorruft und damit die beste Propaganda für die deutsche Judenpolitik darstellt.

In Nordamerika, in Südamerika, in Frankreich, in Holland, Skandinavien und Griechenland — überall, wohin sich der jüdische Wanderungsstrom ergießt, ist bereits heute eine deutliche Zunahme des Antisemitismus zu verzeichnen. Diese antisemitische Welle zu fördern, muß eine Aufgabe der deutschen Außenpolitik sein. Sie wird weniger erfüllt durch deutsche Propaganda im Ausland, als durch die Propaganda, die der Jude zu seiner Verteidigung in Gang zu setzen gezwungen ist. Sie wird sich in ihrer Wirkung zuletzt gegen ihn selbst wenden. Die Berichte der deutschen Aujlandsbehörden beweisen die Richtigkeit dieser Auffassung.

Presse und amtliche Berichterstattung aus Nordamerika melden laufend von antijüdischen Kundgebungen der Bevölkerung. Es ist vielleicht symptomatisch für die tagespolitische Entwicklung in USA, daß die Hörerschar des bekannten antijüdisch eingestellten „Radiopriesters" Coughlin auf über 20 Millionen angewachsen ist. — Die Gesandtschaft in Montevideo berichtet am 12. Dezember v. J. „daß der jüdische Zustrom monatelang Woche für Woche andauert. Es steht außer Frage, daß der Antisemitismus hier wächst." — Saloniki berichtet unter dem 30. November 1938, „daß Kräfte am Werke sind, um den Haß gegen die Juden zu schüren", und gleichzeitig, daß das griechische Freimaurertum die antisemitische Bewegung zu hemmen bemüht ist. — In Frankreich sollte sich im April d. J. die Pariser Stadtversammlung über einen Antrag aussprechen, auf Grund dessen die Naturalisierung von Juden in Zukunft abgelehnt werden sollte. Die Beratung über die Judenfrage endete mit einer Schlägerei der Debatteredner. — Lyon berichtet am 20. Dezember v. J.: „Die Einwanderung jüdischer Flüchtlinge hat hier letzthin zu Unliebsamkeiten geführt. Die allgemein in Frankreich bestehende, auf geschäftlichen und Konkurrenzgründen bestehende Abneigung gegen die neuen Eindringlinge ist unverkennbar.“ — Diese Abneigung ist inzwischen so gewachsen, daß sich bereits eine jüdische Abwehr gegen den Antisemitismus in Frankreich organisiert hat (Bericht Paris vom 19. November v. J.). — Die Gesandtschaft im Haag berichtet am 30. Dezember v. J.: „Unter dem Eindruck der zahlreichen Emigranten aus Deutschland, die sich namentlich in Amsterdam sehr breitmachen, ist der Antisemitismus in Holland im starken Zunehmen. Und wenn es so weitergeht, kann der Fall leicht eintreten, daß der Holländer für das Vorgehen Deutschlands gegen die Juden nicht nur Verständnis gewinnt, sondern auch den Wunsch empfindet, es ebenso zu machen wie wir.“ — Die Gesandtschaft in Oslo berichtete am 8. April v. J.: „Während noch vor wenigen Jahren das Straßenbild Oslos kaum durch Juden entstellt wurde, ist hierin in letzter Zeit ein starker Wandel eingetreten. Auf den Straßen, in den Restaurants und vor allem in den Kaffeehäusern sitzen die Juden zu scheußlichen Klumpen geballt. Die Norweger werden mehr und mehr verdrängt. Die norwegische Presse, die bisher so gar kein Verständnis für die Judenfrage hatte, merkt plötzlich, was es heißt, wenn eines Tages die Kinder Israels wie die Heuschrecken in ein Land einfallen. Es wird eine ganz heilsame Lehre sein, die Norwegen hier erteilt wird.“

Diese Beispiele aus der Berichterstattung der Auslandsbehörden können beliebig vermehrt werden. Sie bestätigen die Richtigkeit der Erwartung, daß die Kritik an den mangels Tatbestandes in vielen Ländern nicht verständlichen Maßnahmen zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Lebensraum eine Übergangserscheinung darstellt und sich in dem Augenblick gegen das Judentum 2) selbst wenden wird, wo der Augenschein die Bevölkerung lehrt, was die jüdische Gefahr für ihren Bestand bedeutet. Je ärmer und damit belastender für das Einwanderungsland der einwandernde Jude ist, desto stärker wird das Gastland reagieren und desto erwünschter ist die Wirkung im deutschen propagandistischen Interesse. Das Ziel dieses deutschen Vorgehens soll eine in der Zukunft liegende internationale Lösung der Judenfrage sein, die nicht dem falschen Mitleid mit der „vertriebenen religiösen jüdischen Minderheit", sondern von der gereiften Erkenntnis aller Völker diktiert ist, welche Gefahr das Judentum für den völkischen Bestand der Nationen bedeutet.

Im Auitrag Sonnenburg (hs)

Befehl Heydrichs vom 21. 9. 39 betreffend Maßnahmen in Polen. Konzentration der Juden in größere Städte. (Erkennbar Planung eines Judenreservats östlich Krakau.)

Abschrift Der Chef der Sicherheitspolizei Berlin, den 21. Sept. 1939 Pf (II) — 288/39 geh. Schnellbrief An Die Chefs aller Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei Betrifft: Judenfrage im besetzten Gebiet.

Ich nehme Bezug auf die heute in Berlin stattgefundene Besprechung und weise noch einmal darauf hin, daß die geplanten Gesamt-maßnahmen (also das Endziel) streng geheim zu halten sind.

Es ist zu unterscheiden zwischen 1.dem Endziel (welches längere Fristen beansprucht) und 2.den Abschnitten der Erfüllung dieses Endzieles, (welche kurzfristig durchgeführt werden.)

Die geplanten Maßnahmen erfordern gründlichste Vorbereitung sowohl in technischer, als auch in wirtschaftlicher Hinsicht. \ Es ist selbstverständlich, daß die heranstrebenden Aufgaben von hier in allen Einzelheiten nicht festgelegt werden können. Die nachstehenden Ausweisungen und Richtlinien dienen gleichzeitig dem Zwecke, die Chefs der Einsatzgruppen zu praktischen Überlegungen anzuhalten.

I.

Als erste Voraussetzung für das Endziel gilt zunächst die Konzentrierung der Juden vom Lande in die größeren Städte.

Sie ist mit Beschleunigung durchzuführen.

Es ist dabei zu unterscheiden:

1. zwischen den Gebieten Danzig und Westpreußen, Posen, Ostoberschlesien und 2.den übrigen besetzten Gebieten Nach Möglichkeit soll das unter Ziffer 1 erwähnte Gebiet von Juden freigemacht werden, zum mindesten aber dahin gezielt werden, nur wenige Konzentrierungsstädte zu bilden.

In den unter Ziffer erwähnten Gebieten sind möglichst wenige Konzentrierungspunkte festzulegen, so daß die späteren Maßnahmen erleichtert werden. Dabei ist zu beachten, daß nur solche Städte als Konzentrierungspunkte bestimmt werden, die entweder Eisenbahnknotenpunkte sind oder zum mindesten an Eisenbahnstrecken liegen. Es gilt grundsätzlich, daß jüdische Gemeinden mit unter 500 Köpfen aufzulösen und der nächstliegenden Konzentrierungsstadt zuzuführen sind.

Dieser Erlaß gilt nicht für das Gebiet der Einsatzgruppe I, welches etwa, östlich von Krakau liegend, umgrenzt wird von Polanice, Jaroslaw , der neuen Demarkationslinie und der bisherigen slowakisch-polnischen Grenze. Innerhalb dieses Gebietes ist lediglich eine befehlsmäßige Judenzählung durchzuführen. Des weiteren sind die nachstehend behandelten jüdischen Ältestenräte aufzustellen.

II.

Jüdische Ältestenräte 1. In jeder jüdischen Gemeinde ist ein jüdischer Ältestenrat aufzustellen der, soweit möglich, aus den zurückgebliebenen maßgebenden Persönlichkeiten und Rabbinern zu bilden ist. Dem Ältestenrat haben bis zu 24 männliche Juden (je nach Größe der jüdischen Gemeinde)

anzugehören.

Er ist im Sinne des Wortes voll verantwortlich zu machen für die exakte und termingemäße Durchführung aller ergangenen oder noch ergehenden Weisungen.

2. Im Falle der Sabotage solcher Weisungen sind den Räten die schärfsten Maßnahmen anzukündigen.

3. Die Judenräte haben eine behelfsmäßige Zählung der Juden — möglichst gegliedert nach Geschlecht (Altersklassen) a) bis 16 Jahren, b) von 16— 20 Jahren und c) darüber, und nach den hauptsächlichsten Berufsschichten — in ihren örtlichen Bereichen vorzunehmen und das Ergebnis in kürzester Frist zu melden.

4. Den Ältestenräten sind Termine und Fristen des Abzuges, die Abzugsmöglichkeiten und schließlich die Abzugsstraßen bekanntzugeben.

Sie sind sodann persönlich verantwortlich zu machen für den Abzug der Juden vom Lande.

Als Begründung für die Konzentrierung der Juden in die Städte hat zu gelten, daß sich Juden maßgeblichst an den Franktireurüberfällen und Plünderungsaktionen beteiligt haben.

5. Die Ältestenräte in den Konzentrierungsstädten sind verantwortlich zu machen für die geeignete Unterbringung der aus dem Lande zuziehenden Juden.

Die Konzentrierung der Juden in den Städten wird wahrscheinlich aus allgemein sicherheitspolizeilichen Gründen Anordnungen in diesen Städten bedingen, daß den Juden bestimmte Stadtviertel überhaupt verboten werden, daß sie stets jedoch unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Notwendigkeiten — z. B. das Ghetto nicht ver-. lassen, zu einer bestimmten Abendstunde nicht mehr ausgehen dürfen usw. 6. Die Ältestenräte sind auch verantwortlich zu machen für die entsprechende Verpflegung der Juden auf dem Transport in die Städte.

Es sind keine Bedenken geltend zu machen, wenn die abwandernden Juden ihr bewegliches Gut, soweit technisch überhaupt möglich, mitnehmen.

7. Juden, welche den Befehl, in die Städte umzusiedeln, nicht nachkommen, ist in begründeten Fällen eine kurz bemessene Nachfrist zu gewähren.

Es ist ihnen gestrengste Bestrafung anzukündigen, wenn sie auch dieser Frist nicht nachkommen sollten.

III.

Alle erforderlichen Maßnahmen sind grundsätzlich stets im engsten Benehmen und Zusammenwirken mit den deutschen Zivilverwaltungsund örtlich zuständigen Militärbehörden zu treffen.

Bei der Durchführung ist zu berücksichtigen, daß die wirtschaftliche Sicherung der besetzten Gebiete keinen Schaden leidet. 1. Es ist vor allem Rücksicht zu nehmen auf die Bedürfnisse des Heeres, z. B. wird es sich kaum vermeiden lassen, zunächst da und dort Handels-Juden zurückzulassen, welche zur Verpflegung der Truppen mangels anderweitiger Möglichkeit unbedingt zurückbleiben müssen.

In diesen Fällen ist jedoch im Benehmen mit den örtlichen zuständigen deutschen Verwaltungsbehörden die alsbaldige Arisierung dieser Betriebe anzustreben und die Auswanderung der Juden nachzuholen.

2. Bei der Wahrung der deutschen Wirtschaftsinteressen in den besetzten Gebieten ist es selbstverständlich, daß jüdische Lebens-, Kriegs-oder für den Vierjahresplan wichtige Industriezweige und -betriebe zunächst aufrechterhalten bleiben müssen.

Auch in diesen Fällen ist die alsbaldige Arisierung anzustreben und die Auswanderung der Juden nachzuholen. 3. Es ist schließlich Rücksicht zu nehmen auf die Ernährungslage in den besetzten Gebieten. So sind z. B. Grundstücke — jüdischer Siedler — nach Möglichkeit den benachbarten deutschen oder auch polnischen Bauern zur Mitbewirtschaftung kommissarisch in Pflege zu geben, so daß die Einbringung der noch außenstehenden Ernte bezw.der Wiederanbau gewährleistet ist.

Hinsichtlich dieser wichtigen Frage ist mit dem landwirtschaftlichen Sachreferenten des C. d. Z. Verbindung aufzunehmen. 4. In allen Fällen, in denen eine Übereinstimmung der Interessen der Sicherheitspolizei einerseits und der deutschen Zivilverwaltung andererseits erzielt werden kann, ist mir vor Durchführung der in Frage stehenden Einzelmaßnahmen auf dem schnellsten Wege zu berichten und meine Entscheidung abzuwarten.

IV.

Die Chefs der Einsatzgruppen berichten mir laufend über die folgenden Sachverhalte: 1. Zahlenmäßige Übersicht über die in ihren Bereichen befindlichen Juden (möglichst in der obengenannten Gliederung). Es sind hierbei getrennt anzugeben die Zahlen der Juden welche vom Lande zur Abwanderung gebracht werden, und jener, welche sich bereits in den Städten befinden. 2. Namen der Städte, welche als Konzentrierungspunkte bestimmt worden sind. 3. Die den Juden zur Abwanderung in die Städte gesetzten Termine. 4. Übersicht über alle jüdischen lebens-und kriegs-oder für den Vierjahresplan wichtigen Industriezweige-und betriebe ihres Bereiches.

Es sind möglichst folgende Feststellungen zu treffen:

a) Art der Betriebe (Zugleich Angabe der möglichen Umstellung des Betriebes zu wirklich lebenswichtigen, bezw. kriegswichtigen oder für den Vierjahresplan wichtigen Betrieben) b) welche von diesen Betrieben sind vordringlichst zu arisieren (um jedwede Schädigung auszuschalten)?

Wie wird die Arisierung vorgeschlagen? Deutsche oder Polen, (diese Entscheidung ist abhängig von der Wichtigkeit des Betriebes) c), wie groß ist die Zahl der in diesen Betrieben beschäftigten Juden (darunter der leitenden Positionen)

Kann der Betrieb nach Abschub der Juden ohne weiteres aufrechterhalten bleiben, oder bedarf diese Aufrechterhaltung der Zuteilung von deutschen bzw. polnischen Arbeitskräften? In welchem Umfange? Soweit polnische Arbeitskräfte herangezogen werden müssen, ist darauf Bedacht zu nehmen, daß diese vor allem aus den früheren deutschen Provinzen hereingeholt werden, so daß das Problem dort bereits eine Auflockerung erfährt. Diese Fragen können nur durch Einschaltung und Beteiligung der eingerichteten deutschen Arbeitsämter durchgeführt werden. V.

Zur Erreichung der gesteckten Ziele erwarte ich restlosen Einsatz aller Kräfte der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes. Die benachbarten Chefs der Einsatzgruppen haben miteinander sofort Fühlung aufzunehmen, damit die in Betracht kommenden Gebiete restlos erfaßt werden.

VI.

Das OKH, der Beauftragte für den Vierjahresplan (z. Hd.des Herm Staatssekretärs Neumann), die Reichsministerien des Innern (z. Hd.des Herm Staatssekretärs Stuckart) für Ernährung und für Wirtschaft (z. Hd.des Herm Staatssekretärs Landfried) sowie die Chefs der Zivilverwaltung des besetzten Gebietes haben Abzug des Erlasses erhalten. gez. Heydrich Beglaubigt: gez. Sdinidt Kanzleiangestellt. Für die Richtigkeit der Abschrift gez. Unterschrift Major i. G.

Auftrag Görings an Heydrich vom 31. 7. 1941 zur Vorbereitung der sogenannten Endlösung der Judenfrage Der Reichsmarschall des Großdeutschen Reiches Beauftragter für den Vierjahresplan Vorsitzender des Ministerrats für die Reichsverteidigung An den Chef der Sicherheitspolizei und des SD SS-Gruppenführer Heydrich Berlin.

In Ergänzung der Ihnen bereits mit Erlaß vom 24. 1. 1939 übertragenen Aufgabe, die Judenfrage in Form der Auswanderung oder Evakuierung einer den Zeitverhältnissen entsprechend möglichst günstigen Lösung zuzuführen, beauftrage ich Sie hiermit, alle erforderlichen Vorbereitungen in organisatorischer, sachlicher und materieller Hinsicht zu treffen für eine Gesamtlösung der Judenfrage im deutschen Einflußgebiet in Europa.

Sofern hierbei die Zuständigkeiten anderer Zentralinstanzen berührt werden, sind diese zu beteiligen.

Ich beauftrage Sie weiter, mir in Bälde einen Gesamtentwurf über die organisatorischen, sachlichen und materiellen Vorausmaßnahmen zur Durchführung der angestrebten Endlösung der Judenfrage vorzulegen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. . aus" hs gestrichen, hs „in" darübergeschrieben.

  2. Mutmaßlich fehlt dieses Wort.

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