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Die Sowjetspionage. Die Vereinigten Staaten | APuZ 51/1955 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 51/1955 Die Sowjetspionage. Die Vereinigten Staaten

Die Sowjetspionage. Die Vereinigten Staaten

David J. Dallin

David I. Dallin behandelt auf Grund umfangreichen Aktenstudiums in seinem neuen Werk die verzweigte und intensive Tätigkeit des geheimen sowjetischen Nachrichtenapparates.

Das Buch von David I. Dallin wird unter dem Titel „DIE SOWJETSPIONAGE“ demnächst im „Verlag für Politik und Wirtschaft“, Köln, erscheinen.

Mit freundlicher Genehmigung des Verlages veröffentlichen wir in den Beilagen folgende Kapitel: Kapitel 3: „Deutschland vor dem Zweiten Weltkrieg"; Kapitel 6: „Die Rote Kapelle in Deutschland"; Kapitel 9: „Die Vereinigten Staaten".

Sie lasen zuletzt Kapitel 3: „Deutschland vor dem Zweiten Weltkrieg“, Kapitel 6: „Die rote Kapelle in Deutschland“, Kapitel 9: „Die Vereinigten Staaten". In dieser Ausgabe wird Kapitel 9 fortgesetzt.

Fortsetzung

6. Politische Spionage

Für die Beschaffung von Nachrichtenmaterial über die amerikanische Kriegsindustrie trugen vor allem die Amtorg und die sowjetische Einkaufskommission die Verantwortung, während die militärische und politische Spionage von anderen Apparaten, offiziellen wie illegalen, durchgeführt wurden. Moskaus Wißbegier war unersättlich und hielt ständig die in der westlichen Hemisphäre operierenden sowjetischen ND-Agenten in Atem. Eine Vorstellung, wieviel ND-Material — Berichte, schriftliche Unterlagen, Dokumente, Anfragen der Zentrale und Antworten der Beschaffer — in den Jahren 1942 bis 1945 über die Nachrichtenlinien zwischen Moskau und seinen Meldeköpfen und Leitstellen in den Vereinigten Staaten lief, läßt sich kaum vermitteln.

Vom militärisch-politischen ND-Apparat der Sowjets in den Vereinigten Staaten läßt sich folgende grobe Strukturskizze zeichnen: die Leitung der GRU-Operationen lag in den Händen des sowjetischen Militärattaches in Washington, General Ilja Ssarajew, dessen Büro, am Vorabend des Krieges nur mit ein paar Angestellten besetzt, inzwischen eiligst ausgebaut worden war. Neue Gehilfen und Angestellte trafen ein, Kuriere kamen und gingen. Das Ausmaß der hier geleisteten Arbeit läßt sich an der Tatsache ablesen, daß 1943-44 allein fünf Experten für die Verschlüsselung und Dechiffrierung des ein-und ausgehenden Nachrichtenmaterials eingesetzt wurden.

Der Dienst der GB war in den Kriegsjahren ebenfalls stark besetzt. GB-Residenturleiter während der Kriegsjahre war der bereits erwähnte Wassilij Subilin, Dritter Sekretär der sowjetischen Botschaft in Washington. Subilin wurde im Sommer 1944 nach Moskau zurückbeordert und durch Anatoli Gromow ersetzt, der die Stellung eines Ersten Sekretärs der Botschaft bekleidete. Dieser Gromow wurde im Herbst 1945 als Residenturleiter enttarnt, in der Öffentlichkeit bloßgestellt und verließ die Vereinigten Staaten noch im Dezember des gleichen Jahres. Sein Nachfolger wurde Fjodor Garanin.

Unter diesem Führungskopf der ND-Apparate, der in die Botschaft eingebaut war, arbeitete die Gruppe der sowjetischen ND-Agenten, die als Konsuln, Vizekonsuln, Beamte und Angestellte der verschiedenen sowjetischen Kommissionen in den Vereinigten Staaten getarnt waren. führte.

Eine Anzahl Agenten dieser Schicht genossen volle diplomatische Immunität, während andere dieses Sonderrecht zwar offiziell nicht in Anspruch nehmen konnten, sich auf Grund ihrer amtlichen Bestallung doch einer weitgehenden Protektion erfreuten — sie konnten in der Tat von amerikanischen Behörden weder belangt, noch vor Gericht gestellt und verurteilt werden. Der offizielle sowjetische Vizekonsul in New York, .. Pawel Michailow“, war in Wirklichkeit einer der wichtigsten Residenten im GRU-Apparat des Generals Ssarajew (Unter seiner Führung wurde zum Beispiel der kanadische Spionagering der Sowjets aufgezogen). Der militärische ND-Stützpunkt im New Yorker Konsulat wurde 1944 durch die Ankunft des Anatolij Jakowlew verstärkt, dessen besonderes Arbeitsgebiet die Atomspionage wurde. Im sowjetischen Konsulat in Los Angeles saßen die ND-Offiziere Grigorij Cheifets und Postojew, während Vizekonsul Peter Iwanow als GRLI-Vertreter in San Francisco stationiert war. Außer diesen bekannteren Offizieren leisteten eine Reihe anderer Sekretäre und Attaches in der Botschaft und den Konsulaten ND-Arbeit.

Die dritte Schicht bestand aus amerikanischen Staatsangehörigen, die als Verbindungsmänner zwischen den Offizieren des sowjetischen Apparats und der Masse der V-Männer und Ermittler dienten. Diese Verbindungsmänner waren durchweg hervorstechende amerikanische Kom-munisten, die sich gänzlich der Sache des sowjetischen ND in den Vereinigten Staaten verschrieben hatten. Erwähnenswert sind aus dieser Schicht die Namen J. Peters, Jacob Golos und Steve Nelson, ein kommunistischer Organisator in Kalifornien, der seineigene V-Mann-Gruppe Die letzte und unterste Schicht war die Masse der unbekannten amerikanischen Kommunisten und „Parteilosen“, die als Quellen dienten.

Die Zahl der in den Kriegsjahren in den Vereinigten Staaten operierenden sowjetischen Agenten und V-Männer belief sich auf mehrere Hunderte. Oberst Ismail Achmedow-Ege, der in der GRU-Zentrale in Moskau gearbeitet hatte, 1942 jedoch mit den Sowjets brach, hat die Zahl der in den Vereinigten Staaten operierenden sowjetischen ND-Netze im ersten Kriegsjahr auf mindestens zwanzig geschätzt. Jede der acht Abteilungen der GRU-Zentrale in Moskau unterhielt wenigstens ein „legales" und ein „illegales" Netz in den Vereinigten Staaten. Das „gestattet die Annahme, daß es mindestens acht legale und acht illegale Netze der ND-Hauptverwaltung des Gencralstabs gab . . . bezüglich des NKWD . . . beträgt die Zahl dieser legalen und illegalen Netze . . , mindestens acht oder neun ... Ich würde sagen, daß 25 Netze, legal und illegal das Minimum ist. . ,

Die Masse der Kommunisten und Mitläufer in den Regierungsstellen von Washington lieferten nach wie vor ihre Informationen an den sowjetischen ND. Die Quellen, die bis 1938 von dem Paar Chambers-Bykow geführt worden waren, wurden nach Chambers’ Absprung einem neuen russischen Kontaktmann unterstellt Später wurde Elizabeth Bentley mit dem Abholen des Materials einiger dieser Quellen im Washington-Ring beauftragt. Schon zu Beginn ihrer regelmäßigen Reisen nach Washington konnte sie feststellen, daß ein großer Teil der Gruppe aus den Chambers-Bykow-Tagen intakt und jetzt sogar noch begieriger war, die Geheimarbeit fortzusetzen. Der Kreml war inzwischen Bundesgenosse Washingtons geworden.

Während der Kriegsjahre hatte der sowjetische ND-Apparat Quellen wenigstens in folgenden amerikanischen Dienststellen:

OSS (Office of Strategie Services — amerikanischer ND) — Duncan Lee, Leonhard Mins, Helen Tenney, J, Julius Joseph.

Abwehrstelle des Kriegsministeriums (Coiinter-Intelligence of the War Department) — Donald Niven Wheeler.

Kriegsministerium (War Department) und indirekt FBI — William Ludwig Ullmann.

Luftstreitkräfte — Abraham George Silverman.

Außenministerium (State Department mit Zutritt zum geheimen Nachrichtenraum der OSS) — Alger Hiss, Maurice Halperin, Robert T. Miller, Donald Hiss.

Koordinator für Interamerikanische Fragen (Coordinator for Inter-American Affairs) — Joseph Gregg, Bernard Redmont, William Z. Park.

Justizministerium (Justice Department) — Norman Burster.

Schatzamt (Treasory Department) — Harry Dexter White, Nathan Gregory Silvermaster, Harold Glasser, Solomon Adler, William Taylor, Sonia Gold.

Amt für Auslandshilfe (Foreign Ecconomic Administration) — Frank Coe, Allan Rosenberg, Lauchlin Currie, Philip Keeny, Michael Greenberg, Bela Gold.

Amt für Kriegsproduktion (War Production Board) — Irving Kaplan, Victor Perlo, John Abt, Edward Fitzgerald, Harry Magdoff.

Landwirtschaftsministerium (Department of Agriculture) — Harold Ware, John Abt, Nathan Witt, Lee Pressman, Henry H. Collins, Bela Gold.

Amt für Preiskontrolle (Office of Price Administration) — Charles Kramer, Victor Perlo.

UNRRA — Solomon Leshinsky. 'J Oberst Ege hat den Unterschied zwischen „legalen" und „illegalen" Netzen folgendermaßen umschrieben: „Die sowjetische ND-Organisation verfügt gewöhnlich über zwei Kanäle, von denen einer das sogenannte legale. Netz ist. Im sowjetischen ND versteht man darunter ein Netz, das aus sowjetischen Staatsangehörigen besteht, die in einer der sowjetischen Auslondsdienststellen oder in solchen sowjetischen Büros wie Tass, Voks, Ausländsabteilung der Staatsbank, Amtorg, Auslandsstellen und so weiter arbeiten. . . . Die hier arbeitenden Personen besitzen natürlich einen sowjetischen Paß. Manchmal tragen sie einen Decknamen, manchmal ihren wirklichen Namen. Das hängt von der Lage und dem Hintergrund des Betreffenden ab. Sie betreiben Spionage unter der Tarnung dieser Organisationen-, diese Art von Netz ist ein voll-legales Netz . . . Unter einem illegalen Netz versteht man ein Netz von Agenten, die in der sowjetischen Terminologie Residenten genannt werden und aus Ausländern, amerikanischen Staatsangehörigen, britischen Staatsangehörigen, türkischen Staatsangehörigen bestehen. Sie braudien keine Tarnung, da sie ihre Namen und Pässe haben und umherreisen. Vielleicht haben sie eine hohe Stellung in der Regierung inne, so daß^sie keine Tarnung brauchen.“

Handelsministerium (Department of Commerce) — William Remington, Nathan Witt ) *• Diese Liste ist jedoch nicht vollständig. Nur durch Zufall konnten drei der „Zellen“ in Washington nach dem Kriege aufgedeckt werden. Anlaß war der Absprung einiger Personen, die als Verbindungsmänner zwischen den Zellen und dem sowjetischen ND gedient hatten. Es kann aber kein Zweifel daran bestehen, daß neben diesen Zellen noch andere operierten, die wahrscheinlich weiter ausgebaut und sicherlich nicht weniger wichtig waren. James Burnham erklärt, daß „die Existenz von sieben Zellen jetzt öffentlich festgestellt ist.“

Die Angehörigen dieser Gruppen oder Zellen wurden häufig von ihrem Ministerium zu anderen Dienststellen versetzt. Einige der amerikanischen V-Männer waren äußerst aktiv, andere sehr langsam und vorsichtig; einige wußten, daß sie für eine fremde Macht Spionage betrieben, anderen ist es nie aufgegangen. Die interessanten und wichtigsten Figuren in dem Washington-Ring waren Harry Dexter White, der Vater des Morgenthau-Plans; Major William Ullmann, der den sowjetischen Apparat mit amerikanischen Kriegsplanungen und mit FBI-Berichten beliefern konnte (die er sich über die militärische ND-Stelle im Pentagon beschaffte); Nathan Silvermaster, der sich im Souterrain seines Hauses ein geheimes Photolabor eingerichtet hatte; Maurice Halperin vom US-Außenministerium, der offizielle Berichte des Ministeriums lieferte, darunter Kopien geheimer Mitteilungen des amerikanischen Botschafters in Moskau, in denen das Sowjetregime kritisiert wurde; Duncan Lee, der Informationen über den OSS lieferte, und Victor Perlo, der Angaben über die Flugzeugproduktion beschaffte.

Um das Phänomen dieses weitverzweigten Spionagenetzes in dem Geflecht der amerikanischen Regierungsstellen richtig bewerten zu können, darf man nicht vergessen, daß diese „Zellen“ im Grunde kommunistische Parteiorganisationen waren, die sich aus Parteimitgliedern, „Kandidaten“ und Mitläufern zusammensetzten, deren Interessen nicht so sehr der eigentlichen Spionage galten, sondern den Fragen der hohen Politik und sozialen Problemen. Mitglieder dieser Zellen, die während des Krieges entscheidende Posten in der Rgierung bekleideten, waren bestrebt, die amerikanische Politik, wenn auch nur jeweils in Einzel-*) James Burnham hat in seinem Buch The Web of Subversion (New York, John Day, 1954) folgende Liste von Amtsstellen verzeichnet, die — wenigstens bis zu einem gewissen Grad — vom sowjetischen ND infiltriert gewesen sein sollen:

„Der Verwaltungsstab des Weißen Hauses; das Außenministerium, das Schatzamt (Department of Treasury), das Heeresministerium (Department of the Army), das Marineministerium (Department of the Navy), das Verteidigungsministerium (Department of Defense — nach der gegenwärtigen Gliederung), das Justizministerium (Department of Justice), das Landwirtschaftsministerium (Department of Agriculture), das Arbeitsministerium (Department of Labor), das Handesministerium (Department of Commerce); sechs Kongreßausschüsse (congressional committees); das Generalstabsamt (Oifice of the General Staff); das Zeugamt (Bureau of Ordnance); das Heeresnachrichtenwesen (Signal Corps): das Atomenergieprojekt Manhattan District; das OSS; Amt für Arbeitsbeziehungen (National Labor Relations Board); Amt für öffentliche Arbeiten (Works Progress Administration); das Amt für Auslandshilfe (Foreign Economic Administration); das Staatliche Forschungsamt (National Research Project); das Mobilisierungsamt (Office of Defense Mobilization); Amt für Kriegsproduktion (War Production Board); Kontrollamt Nordafrika (North African Control Board); Staatliches Eichamt (Bureau of Standards); Amt für Volkszählung (Bureau of the Census); Civil Service (Staatsbeamten) Commission; Koordinator des Informationswesens (Coordinator of Information); Amt für Erziehungsiragen (Office of Education); Amt für das Kriegsinformationswesen (Office of War Information); Koordinator für Interamerikanische Fragen (Coordinator of Inter-American Affairs); Bundesamt für Katastropheneinsätze (Federal Emergency Relief Administration); Bundesamt für Wohnungsfragen (Federal Public Housing Authoritiy); Bundessicherheitsamt (Federal Security Administration); Regierungsverlag (Government Pnnting Office); Kongreßbibliothek; Seefohrtsamt (Maritime Labor Board); Staatsarchiv (National Archives); Staatliches Jugendamt (National Youth Administration); OMGUS (Office of Military Government for Germany, US — Militärregierung in Deutschland nach dem Kriege); SCAP (Militärregierung im Nachkriegsjapan); Staatliches Preiskontrollamt (Office of Price Administration); Pensionsamt der Eisenbahnen (Railroad Retirement Board);

öffentliche Gesellschaft für die Wiederaufbaufinanzierung (Reconstruction Finance Corporation); Siedlungsamt (Resettlement Administration); Amt für Soziale Sicherheit (Social Security Board); Behörde für den Kriegseinsatz von Arbeitskräften (War Manpower Commission); Amt für Kriegsvermögen (US War Assets Administration); Zollkommission (Tarifs Commission); Informationsdienste (US Information Services). Außerdem wurde das Netz über wichtige internationale Organisationen gezogen, denen die Regierung der Vereinigten Staaten angehört oder angehört hat: UNRRA (United Nations Rehabiiitations and Reparations Association — Vereinigung der Vereinten Nationen für Wiedergutmachungen und Entschädigungen); die Vereinten Nationen selbst; der Internationale Währungsfonds (International Monetary Fond). * fällen, in eine prosowjetische Richtung zu drängen. Darüber hinaus verhalfen sie Genossen zu Posten in bestimmten Dienststellen oder sorgten für deren Versetzung in Schlüsselstellungen. Bei den Zusammenkünften dieser Zellen diskutierte man über Rußland, las Literatur aus oder über Rußland, zahlte die Mitgliedsbeiträge und tat genau das, was man in Hunderten anderer kommunistischer Zellen überall in der Welt auch tut.

Den sowjetischen ND mit Nachrichten und Informationen zu beliefern, war für diese Zellenmitglieder anfänglich nur eine gelegentliche Tätigkeit. Mit’der Zeit jedoch wuchs diese Seite ihrer Aktivität an Umfang und Bedeutung, und da der sowjetische ND äußerstes Interesse zeigte und es an Anerkennung nicht fehlen ließ, begannen Mitglieder dieser Gruppen — einige nicht ohne inneren Vorbehalt — wie regelrechte Spione zu arbeiten. Die Entwicklung dieser Gruppen läßt sich in den Einzelheiten bei Elizabeth Bentley (Out of Bandage), bei Whittacker Chambers (Witness) und in den Protokollen der Untersuchungen des Kongresses aus dem Jahre 1948 nachlesen. Eine Gesamtübersicht findet sich in dem Buch James Burnham The Web of Subversion. Angesichts dieser Arbeiten ist eine Wiederholung der inzwischen gut bekannten Geschichte überflüssig. .

Ein besonderer Zug der Entwicklung dieses Netzes muß jedoch noch betont werden. Je größer mit den Monaten und Jahren seine Bedeutung in den Augen des sowjetischen ND wurde, um so stärker wurde sich Moskau der paradoxen und vom Standpunkt der ND-Technik aus höchst gefährlichen Struktur dieser gewissermaßen kollektiven Spionage bewußt. Jahrzehnte hindurch hatte der sowjetische ND aus bitteren Erfahrungen die Regel gelernt, daß Agenten und V-Männer nicht in die Geheimnisse anderer sowjetischer Agenten eingeweiht werden dürfen, daß die Zahl der einem Einzelnen bekannten Personen auf ein Minimum beschränkt bleiben muß, daß Geschwätz und unvorsichtige Unterhaltungen ein unverzeihlicher Bruch der strikten Disziplin sind. Jeder Agent des sowjetischen ND wurde zur Beachtung dieser Vorschriften gezwungen. Spionage, die kollektiv von einer „Zelle" betrieben wird, widerspricht den Regeln der konspiratsia.

Die ND-Arbeit in Washington gründete sich somit auf einem Bruch der Regeln. Moskau kam schließlich zu dem Entschluß, das in Washington gängige System der Spionagezellen zu unterbinden und direkt mit den einzelnen Mitgliedern in Verbindung zu treten. Im Jahre 1943 wurden die wichtigeren Mitglieder der Washingtoner Gruppen von den Vertretern des sowjetischen ND-Apparates aufgefordert, nicht mehr über die KP-Organisationen der Vereinigten Staaten, sondern direkt mit dem sowjetischen Apparat zu arbeiten.

Elizabeth Bentley berichtet im einzelnen über diese Umstellung. Sie erinnert an den Widerstand, den Jacob Golos, Earl Browder und sie selbst dieser Forderung des sowjetischen ND entgegenstellten, an ihre Versuche, die Washington-Gruppen in dem organisierten Rahmen der KP der Vereinigten Staaten zu halten, und an den wahsenden Druck der sowjetischen Vorgesetzten. Als Golos im Jahre 1943 starb, bestand „Bill“, der sowjetische Vorgesetzte der Elizabeth Bentley, darauf, die Mitgliedern der Washingtoner Gruppen seiner Führung zu unterstellen. Elizabeth Bentley versuchte das hinauszuzögern, wandte sich hilfesuchend an Browder und schob immer wieder die entsprechenden Maßnahmen hinaus. „Bill“ wurde von Anatoli Gromow, dem neuen Ersten Sekretär der sowjetischen Botschaft, abgelöst. Gromow bestand noch schärfer darauf, die Quellen in Washington direkt dem sowjetischen Apparat zu unterstellen: „Sie werden diese Quellen an uns übergeben, wir werden uns genau ihren Hintergrund ansehen und dann entscheiden, wen wir weiter füi uns verwenden werden.“ Miss Bentley sollte ebenfalls ihre Beziehungen zur KP der Vereinigten Staaten abbrechen, an das GB-Netz in den Vereinigten Staaten abgegeben werden und sich selbst eine neue Tarnung für ihre Untergrundoperationen aufbauen.

Weiterer Widerstand war unmöglich. Browder gab klein bei. Für Elizabeth Bentley hatte er nur die zynische Erklärung: „Sei nicht so naiv. Du weißt, daß ich ihre Befehle ausführen muß, wenn es zum letzten kommt. Ich glaubte, ich hätte sie in dieser besonderen Frage überfahren können, aber es hat nicht geklappt

Innerhalb weniger Monate waren die bestinformierten und ergebensten Mitglieder der Washington-Zellen dem sowjetischen ND unmittelbar unterstellt. i Bis Anfang Januar hatte ich alle meine Kontakte übergeben. Ich selbst war, als ich sie abgegeben hatte, geistig und körperlich völlig erschöpft. Es war nicht leicht gewesen. Sicherlich war mir keine andere Wahl geblieben, aber ich wurde unablässig von dem Gedanken verfolgt, daß ich sie vielleicht doch so oder so hätte retten können. Sie waren zwar nur Teile der Arbeit, die ich zu tun hatte, aber ich betrachtete sie dennoch als meine Freunde — eine Haltung, die von der Kommunistischen Partei abgelehnt wird. Ich haßte den Gedanken, daß ich sie im Stich gelassen hatte

Vom Standpunkt des sowjetischen ND war die Operation jedoch logisch und dringend notwendig: Spionage durch Parteigruppen ist unorthodox. Moskau hätte sicherlich eher diese Umorganisierung befohlen und erzwungen, wären nicht die besonderen Umstände der Kriegszeit gewesen. Daß die Washingtoner Spionageoperationen, die nach dem Kriege ans Tageslicht kamen, sich zu einem solchen nationalen Skandal auswuchsen und zu so starken antisowjetischen Gefühlen führten, lag zu einem großen Teil an den Methoden, mit denen die sowjetische Spionage in Washington betrieben worden war. Nur ein Teil dessen, was aufgedeckt wurde, wäre ans Tageslicht gekommen, hätte man die sowjetische Spionage in den Vereinigten Staaten entsprechend den sonst überall gültigen Regeln des sowjetischen ND betrieben.

Für Elizabeth Bentley war der Mißerfolg in ihrem Kampf um die Autonomie der Zellen und ihre Niederlage im Kampf gegen den sowjetischen Apparat der letzte Stoß, der sie über die Linie trieb. Kurz darauf stellte sie sich den amerikanischen Sicherheitsorganen.

Eine neue Affäre platzte in den Vereinigten Staaten, als der Krieg in Europa gerade seinem Ende zugegangen war: die „Amerasia-Affäre". Am 6. Juni 1945 gab das US-Justizministerium die Verhaftung von sechs Personen bekannt, die der Spionage „durch Diebstahl streng geheimer Dokumente“ beschuldigt wurden. Unter den Verhafteten befanden sich ein Reserveleutnant der amerikanischen Marine, zwei Beamte des US-Außenministeriums und der Chefredakteur der Zeitschrift Amerasia, Philip J. Jaffe. Obgleich die Anklage der Spionage später nicht aufrechterhalten wurde, ließen die fetten Schlagzeilen deutlich erkennen, daß der Ring an einen sowjetischen ND-Stützpunkt angeschlossen sein mußte.

Der gebürtige Russe und naturalisierte Amerikaner Philip J. Jaffe war ein erfolgreicher Geschäftsmann. Seit Anfang der dreißiger Jahre war er in der kommunistischen Bewegung tätig gewesen, hatte eine Reise in den Femen Osten unternommen, in deren Verlauf er Mao Tse Tung in Yenan besuchte, und schrieb anschließend unentwegt über Fernost-Fragen, hauptsächlich für die kommunistische und prokommunistische Presse. In der Publikation China Today, in der er seine Artikel mit J. W. Philips zeichnete., hielt sich Jaffe genau an die von Moskau ausgegebene stalinistische Generallinie. Die Zeitschrift Amerasia wurde 1936/37 nach der Proklamierung der Politik der „Einheitsfront“ begründet. Diese neue politische Linie bedeutete auf chinesische Verhältnisse übertragen die Zusammenarbeit von Kuomintang und Kommunisten. Die neugegründete Zeitschrift war dementsprechend weniger aggressiv und weniger direkt als ihre Vorläuferin China Today. Sie konnte, da sie sich vor allem gegen Japan als den Hauptfeind der freien Welt in Asien wandte, größeren Einfluß auf die öffentliche Meinung Amerikas gewinnen. Sie veröffentlichte zustimmende Kommentare zu der Annäherung der Kommunistischen Partei Chinas an das Regime Tschiang Kai Shek's. Am Vorabend des zweiten Weltkrieges traf diese politische Linie auf Sympathie und Zustimmung unter Mitgliedern des amerikanischen Diplomatischen Dienstes, insbesondere jene, die die kommunistischen Möglichkeiten und Aussichten im Fernen Osten unterschätzten. Diese Haltung entsprach der antijapanischen Politik, die Stalin zu jener Zeit betrieb, als Japan der bedrohlichste Machtfaktor im Raum der russischen Ostgrenzen war.

Eine Reihe amerikanischer Wissenschaftler und Schriftsteller, die als Fachleute für Asienfragen galten, wurden aufgefordert, sich dem Redak-tionskollegium der Awerasia anzuschließen oder als Mitarbeiter tätig zu werden. Im US-Außenministerium wurde die Zeitschrift aufmerksam gelesen und von einigen hochstehenden Beamten gelobt und weiterempfohlen. Trotz ihrer kleinen Auflage, die unter zweitausend Exemplaren blieb, übte die Zeitschrift einen greifbaren politischen Einfluß aus.

Jaffe hatte einen Mitbesitzer und bis 1943 Mitherausgeber in Frederic Vanderbilt-Field, einem anderen kommunistischen Fernostfachmann, der hundertprozentig orthodox war und nie von der politischen Linie Moskaus abwich. Zu den regelmäßigen Mitarbeitern der Zeitschrift gehörten Andrew Roth, ein ergebener junger Kommunist, der trotz gewissen Widerstandes eine Stellung im Abwehrdienst der amerikanischen Flotte erhalten hatte und dem das Geheimmaterial anderer Dienststellen zugänglich war, ferner Emanuel Larsen, gebürtiger Däne und naturalisierter Amerikaner, dessen Lebensgeschichte recht verwickelt und undurchsichtig war, der zu einer gewissen Zeit Polizeidienst in China getan hatte und seit März 193 5 zur Flottenabwehr in Washington gehörte, dann noch Mark Gayn, ein Journalist russischer Abstammung, und verschiedene andere. Diesem Personenkreis, besonders aber Roth und Larsen, standen alle möglichen vertraulichen Akten zur Verfügung. Von Larsen erhielt Jaffe dokumentarische Unterlagen aus dem Außenministerium, den Abwehrstellen der Flotte und der Armee, dem OSS und dem Amt für Kriegsinformation. Fast alle diese Unterlagen handelten von Fernost-Fragen. Jaffe beschaffte sich außerdem Informationsmaterial durch einen gewissen John Stewart Service, einen Fernostfachmann des US-Außenministeriums, der im April 1945 aus China zurückkehrte.

Im Redaktionsbüro der Awerasia liefen Hunderte geheimer Schriftstücke zusammen, unter denen sich zum Beispiel eine geheime Botschaft Präsident Roosevelts an Tschiang Kai Shek, ein Bericht über den Standort von fünfundzwanzig amerikanischen U-Booten im Pazifik, ein Bericht über das Stärkebild der Truppen der chinesischen Nationalregierung, geheime Berichte über das Privatleben Tschiang Kai Sheks, Pläne für die geplante Nachkriegskontrolle Japans, der Kriegs-Organisationsplan der US-Marine für Abwehroperationen in den Vereinigten Staaten, ein Bericht über die Zusammenstellung alliierter Truppen in Malaya usw. befanden.

In der Ausgabe der Awerasia vom Februar 1945 erschien der Text eines Berichtes über die britische Politik in Thailand, der im wesentlichen aus Akten des OSS stammte und nur geringfügig geändert war. Der britische ItttelligeMce Service ließ dem OSS eine Klage zugehen der darauf eine Untersuchung anordnete. OSS-Leute überwachten zehn Nächte lang die Redaktionsräume der Amerasia. In der Nacht vom 11. März drangen sie schließlich in die Räume ein und fanden über 300 Originale und Photokopien von Dokumenten. In vier besonderen Fächern fanden sie 267 Dokumente, die aus dem US-Außenministerium stammten, 19 Dokumente von der Abwehrstelle der US-Marine, 50 aus dem OSS, 34 aus der ND-Stelle der Armee und 5 8 aus dem Amt für Kriegsinformation aus dem OSS, 34 aus der ND-Stelle der Armee und 5 8 aus dem Amt für Kriegsinformation 49).

Der OSS übergab den Fall dem FBI, der Jaffe und seine Gruppe drei Monate überwachte und Jaffe auf seinen zahlreichen Reisen nach Washington beschatten ließ 50). Aber noch war Mai 1945, noch schienen die Beziehungen mit Moskau eng und herzlich zu sein, noch galt die Hilfe Rußlands gegen Japan als unerläßlich. Nachsicht gegenüber dem Kommunismus der russischen wie der amerikanischen Spielart war während des Krieges das gültige Arbeitsprinzip in den Vereinigten Staaten. Außerdem fand gerade zu dieser Zeit in San Francisco die erste Konferenz der Vereinten Nationen statt, auf die man so große Hoffnungen setzte. Marineminister (Secretary of the Navy) James Forrestal wurde davon in Kenntnis gesetzt, daß sich Geheimdokumente der US-Marine in Händen sowjetischer Agenten befänden und Andrew Roth in der Marine-abwehr als ein Angelpunkt dieser ganzen Affäre betrachtet werden müsse, versuchte aber dennoch das FBI an weiteren Maßnahmen zu hindern. In seinem Tagebuch findet sich unter dem 28. Mai 1945 folgende Eintragung:

Major Correa (Mathias F. Correa, zu dieser Zeit Gehilfe des -Marineministers für besondere Aufgaben] meldete mir, daß nach Beweisen im Besitz des Justizministeriums der Leutnant Andrew Roth vertrauliche und geheime Dokumente einem Mann namens Jaffe übergeben hat, der eine Zeitschrift mit dem Titel Amerasia in New York herausgibt. Jaffe unterhält enge Beziehungen zum russischen Konsul in New York.

Andere betroffene Regierungsstellen sind das OSS, das Außenministerium und das Amt für Auslandshilfe.

Major Correa meldete, es sei vorgeschlagen worden, Leutnant Roth am kommenden Mittwoch zu verhören. Er sagte, das FBI sei der Ansicht, nur durch schnelles Vorgehen könne die Unterdrückung und Vernichtung wichtigen Beweismaterials verhindert werden. Ich habe darauf hingewiesen, daß die unvermeidlichen Konsequenzen eines solchen Vorgehens im augenblicklichen Zeitpunkt.den Präsidenten bei seinen gegenwärtigen Besprechungen mit Stalin in stärkste Verlegenheit bringen würden, da der Zwischenfall über jede Gebühr aufgebauscht und gegen Rußland ausgenutzt werden dürfte ...

Ich ersuchte Captain Vardaman [Flottenadjutant des Präsidenten] um Unterrichtung des -Präsidenten in dieser Angelegenheit, setzte mich dann mit Mr. Edgar Hoover in Verbindung und schlug ihm vor, er möge Mr. Tom Clark (damals Stellvertretender Generalstaatsanwalt] entsprechnd unterrichten und darauf sehen, daß Mr. Clark den Präsidenten über die einzelnen Tatsachen dieses Falles wie auch seine möglichen Konsequenzen informiere

Nachdem Forrestal diesen Schritt unternommen hatte, verständigte das Justizministerium das FBI, daß eine Strafverfolgung in Sachen Awerasia bis nach Ende der Konferenz in San Francisco aufgeschoben würde Der neue Prsident, Truman, machte jedoch diesen Entscheid rückgängig. Am 2. Juni ordnete er die Fortsetzung der Ermittlungen an und gestattete, wenn nötig, Verhaftungen vorzunehmen. Vier Tage später wurden Jaffe, Roth, Service, Gayn und zwei andere Personen in Haft genommen. Das FBI fand in den Räumen der Awerasia 1700 Dokumente, konnte jedoch keinen Beweis dafür beibringen, daß die im Besitz der Awerasia gefundenen Dokumente zu Gunsten einer fremden Macht ausgewertet wurden. Die einzige Anklage, die gegen drei der Angeklagten vorgebracht wurde, lautete auf Entfernung vertraulichen Materials aus den Akten der Regierung. Daß die Angeklagten sofort zur Offensive übergehen konnten, war bezeichnend für das politische Klima dieser Jahre. Andrew Roth schrieb in der New York Post einen Artikel mit einem scharfen Angriff auf die „konservative Clique im Außenministerium". Jaffe erklärte Reportern gegenüber, dieser Fall, der nach Kommunistenjagd schmecke, sei „skandalös und grenze oft an Verleumdung.“ Die Gerichtsverhandlung fand am 29. September 194 5 statt.

Jaffe wurde zu 2 500 Dollar, Larsen zu 500 Dollar Geldstrafe verurteilt. Beide Beträge wurden von Jaffe bezahlt. John Stewart Service wurde nicht nur freigesprochen und in seine Stellung im Außenministerium wieder eingesetzt, sondern erhielt auch noch eine Art Entschuldigungsschreiben von Außenminister Byrnes, in dem sich Wendungen wie die folgenden fanden: „Ich gratuliere Ihnen zu diesem glücklichen Abschluß . . . Ihre hervorragenden Dienste in der Vergangenheit ... (John Service wurde 1952 fristlos aus seiner Stellung entlassen.)

In dem seither verflossenen Jahrzehnt ist eine große Zahl sowjetischer Spionagefälle in den Vereinigten Staaten aufgedeckt, eine lange Liste von Namen ausländischer Agenten bekannt und ein ganzes Geflecht geheimer Verbindungen enttarnt worden. Obgleich keine direkten Spuren zur Zeitschrift Awerasia oder ihren Chefs führten, kann kein Zweifel bestehen, daß die staunenerregende Sammlung geheimer Dokumente im Besitz der Redaktion und ihre Fähigkeit, Geheimmaterial aus Regierungsstellen zu besorgen, die eifrigen und allgegenwärtigen Beschaffer des sowjetischen ND auf das stärkste angezogen haben müssen. Nach dem Kriege setzte sich Philip Jaffe, Mittelpunkt der Amerasia- Affäre, von den kommunistischen Tarnorganisationen ab. Die Öffentlichkeit erhielt Kenntnis von dem Bruch, als die kommunistische Presse (und zwar schon 1945) ihn wegen derselben Sünden angriff, die zum Ausschluß des Earl Browder aus der KP der Vereinigten Staaten geführt hatten, nämlich der angebliche Glaube an „den gefährlichen Unsinn einer fortschrittlichen Wall Street“. (Mit dem Begriff „fortschrittliche Wall Street" wurde die Auffassung umschrieben, daß „kapitalistische Parteien“ nicht notwendig zum „Lager der Reaktion“ gehören.) * •) Jaiie, der jetzt in jeder Beziehung unabhängig ist, bestreitet, je dein sowjetischen ND gedient zu haben. Im Juni 1955 gab Jafte dem Verfasser der vorliegenden Untersuchung folgende Erklärung:

Zehn Jahre nach den ersten Schlagzeilen über den Fall Amerasia wird der Fall von vielen noch immer als eine „ungelöste" cause celebre betrachtet. Das ist zum Teil meine eigene Schuld, da ich meine Seite der Geschichte nicht niedergeschrieben habe, wodurch viele Verzerrungen der tatsächlichen Verhältnisse wie auch direkte Fälschungen unwidersprochen geblieben sind. Daß ich meine Geschichte nicht niedergeschrieben habe, hat vor allem folgende Gründe: 1. die ungeheure Publizität, mit der die gegen mich gerichteten Beschuldigungen verbreitet wurden, und die es zugleich sehr unwahrscheinlich machte, daß man mir glauben würde, wenn ich einen Versuch zur Richtigstellung der Irrtümer und Entstellungen in der Amerasia-Geschichte unternahm; 2. die Schwierigkeit zu beweisen, daß ich etwas nicht getan habe, dessen ich beschuldigt war.

Zum Beispiel ist mir oft vorgeworfen worden, ich sei ein „häufiger Besucher" des sowjetischen Konsulats gewesen und deshalb hätte ich in „enger Verbindung" mit sowjetischen Beamten gestanden. Wahr ist vielmehr, daß ich niemals die sowjetische Botschaft in Washington betreten und nur ein einziges Mal das sowjetische Konsulat in Washington besucht habe. Dieser eine Besuch fiel in das Frühjahr 1945, als ich an einem großen Bankett teilnahm, das zu Ehren einer Anzahl hoher Offiziere der amerikanischen Areme und Marine aus Anlaß der fortgesetzten Siege der alliierten Streitkräfte gegeben wurde. Ich saß neben der Frau eines amerikanischen Obersten, mit der ich mich in der bei solchen Gesellschaften üblichen Weise unterhielt. Ich traf keinen Russen und habe natürlich auch nicht mit einem gesprochen. Aber wie kann ich beweisen, daß ich dem Konsulat nicht noch ein Dutzend anderer Besuche abgestattet habe? Die Negation einer Tatsache zu beweisen, ist immer unmöglich.

Ähnliche Schwierigkeiten traten im Zusammenhang mit einer Reihe anderer Beschuldigungen auf.

Ich will diesen Punkt noch durch ein anderes Beispiel illustrieren.

Ich wurde beschuldigt, „Tag und Nacht“ eine Photokopieranlage betrieben zu haben. Ich hatte tatsächlich eine Kopieranlage, die achtundfünfzig Dollar gekostet hatte. Ich versuchte zweimal, mit dieser Anlage zu arbeiten, konnte aber nur ein sehr dürftiges Ergebnis erzielen. Da, die Anlage entweder zu schlecht oder ich für eine Bedienung zu ungeschickt war, gab ich danach die Bemühungen auf. Die Maschine Wurde nicht mehr gebraucht. Aber sie stand da, mitten in meinem Büro, wo sie alle sehen und „entdecken" konnten. Würde ein intelligenter Agent so arbeiten?

Würde ein solcher Agent nicht eine hochqualitätive Mikrofilm-Kamera irgendwo in einem Kellerraum versteckt halten? Aber wie kann ich beweisen, daß meine Kopieranlage nicht „Tag und Nacht“ in Betrieb war?

Dennoch bin ich zu der Überzeugung gekommen, daß es falsch von mir war, die Tatsachen des Amerasia-Falles, so wie ich sie kenne, nicht zu veröffentlichen.

Beim Prozeß im September 1945 erklärten Beamte des Justizministeriums dem Bundesrichter Proctor, daß es sich in meinem Falle einfacli um einen übereifrigen Chefredakteur handele, der Material gesammelt habe, um seiner Zeitschrift mehr Tatsachengewicht und Bedeutung zu geben. Diese Beamten haben vor verschiedenen Ausschüssen des Kongresses diese Erklärungen mehrfach unter Eid zu Protokoll gegeben.

Nach meiner Verhaftung im Juni 1945 unterstützte eine große Anzahl einflußreicher Zeitungen mich und die fünf anderen, deren Namen zusammen mit meinem Namen genannt wurden. Im Jahre 1945 war es kein Verbrechen, vertrauliche Informationen zu erhalten oder weiterzugeben, vorausgesetzt, daß diese Informationen den Streitkräften der Vereinigten Staaten nicht zum, Schaden gereichten. Ein Verbrechen lag nur dann vor, wenn man solche Informationen auf dem Papier der Regierung besaß. Jeder erfahrene Journalist kannte offenbar diesen Unterschied und behielt folglich nie das Papier, auf dem ihm diese Informationen zugestellt wurden.

Ich bin dagegen ein leidenschaftlicher Sammler von Büchern, Broschüren, Berichten und *a'Allretr von Materialien über soziale und wirtschaftliche Entwicklungen in den verschiedensten Teilen dieser Erde und kann es einfach nicht über mich bringen, irgendetwas zu zerreißen.

Nebenbei bemerkt, diese meine Sammlerwut hat mir den Aufbau einer der umfangreichsten privaten Bibliotheken in den Vereinigten Staaten ermöglicht, die von vielen Wissenschaftlern zu ihrer Arbeit benutzt wird.

Während der letzten zehn Jahre ist nicht eine einzige Tatsache, selbst von noch so geringer Bedeutung, dem Amerasia-Fall, wie er 1945 dargestellt wurde, hinzugefügt worden. Amtlich ist nicht eine einzige neue Beschuldigung erhoben worden. Im Gegenteil, als ich Anfang 1951 gezwungen wurde, mich gegen die Anklage der Mißachtung des Kongresses [Contempt of Congress] vor Gericht zu verantworten, versuchte der Chef-Anwalt für das Tydings-Committee den Bundesrichter James Morris davon zu überzeugen, daß ich keine Veranlassung hätte, mein verfassungsmäßiges Recht auf Aussageverweigerung über mich betreffende Punkte in Anspruch zu nehmen. Er erklärte dazu unter Eid, daß ihm seinerzeit über hundert FBI-Agenten unterstanden hätten, die mich dreieinhalb Monate lang beschattet und absolut keinen Beweis dafür gefunden hätten, daß Jeh Beziehungen zu einer fremden Macht unterhielt.

Zweieinhalb Jahre später wurde eine ähnliche Erklärung in einen weit-veröffentlichten Bericht ausgenommen, der vom Senatsunterausscjiuß für Fragen der inneren Sicherheit [Senate Internal Security Subcommittee] unter dem Titel „A Report on Interlocking Subversion in Government Departments" herausgegeben wurde.

Neben den regelmäßigen und gut durchorganisierten Netzen gab es kleinere, in sich selbständige und unabhängige Gruppen sowjetischer Agenten, die jeweils unter einem wichtigen sowjetischen Residenten als V-Mann-Führer zusammengefaßt waren und weder dem Militärattache noch der Botschaft noch irgendeinem Konsulat unterstanden. Oft waren sie den Leitern der örtlichen sowjetischen ND-Apparate unbekannt, da sie über eigene Nachrichtenlinien nach Moskau und entsprechende technische Mittel verfügten (Schlüssel, Kurzwellensender usw.). Hinter diesem scheinbar chaotischen System steckte eine zweifache Absicht: zunächst einmal legte Moskau Wert darauf, alle einlaufenden Einzelinformationen zu überprüfen, und setzte deshalb an kritischen Punkten oft zwei oder sogar drei voneinander unabhängige V-Männer an; zum anderen war man der Ansicht, wichtige Agenten wären in ihrem Kampf gegen das FBI besser gesichert, wenn sie der Botschaft unbekannt blieben und mit den offiziellen ND-Leitern keinen oder nur äußerst geringfügigen Kontakt hätten.

Einer dieser unabhängigen Residenten in den Vereinigten Staaten operierte unter dem Decknamen „Ignacy Samuel Witczak“, Student und später Dozent an der University of Southern California. „Witczak“ wurde anfänglich zur Erkundung der amerikanisch-japanischen Beziehungen angesetzt. Nach Pearl Harbour rissen seine Beziehungen zu Japan ab, worauf ihm die Erkundung und Beschaffung von Informationen über Südamerika, die amerikanischen Streitkräfte und andere Objekte übertragen wurden.

Ein anderer mehr oder weniger unabhängiger Agent in den Kriegsjahren war Arthur Adams, ein sowjetischer Staatsangehöriger, alter Bolschewist und prominenter Agent des sowjetischen ND, der von 1938 bis 1945 in den Vereinigten Staaten operierte.

Aufschlußreich und typisch ist der Fall des russischen Ingenieurs Andrei Schewtschenko, der ebenfalls zu dieser Gruppe selbständiger sowjetischer ND-Agenten im Amerika der Kriegszeit gehörte. Schewtschenko war vielleicht der unfähigste und wunderlichste Spion in der Geschichte der Spionage. Er war ein gut ausgebildeter Ingenieur von beachtlichen Fähigkeiten und hervorragender Intelligenz, ein Fachmann für Fragen des Flugwesens, besaß aber nicht die mindeste Ahnung von den Regeln der konspiratsia, ja, war sogar völlig unfähig, sie überhaupt zu erfassen. Er trank gern und verfiel unweigerlich nach wenigen Gläsern in sentimentale Gesprächigkeit. Überdies war er von einer Scheuheit, die an Feigheit grenzte, und gerade das wurde ihm zum Verhängnis. Besprechungen mit seinen V-Männern hielt er grundsätzlich nicht innerhalb von vier Wänden ab, weder in seiner eigenen Wohnung noch in einem Restaurant noch in einem anderen Hause. Er zeigte schweigend auf die Wände, um anzudeuten, daß „Wände Ohren haben“. Selbst nach jahrelangem Aufenthalt in den Vereinigten Staaten war er nicht von der Überzeugung abzubringen, daß die „amerikanische Geheimpolizei“ in jede Wand und jede Mauer Mikrophone eingebaut hatte. Seine amerikanischen „Freunde“ meldeten ihn später den Behörden — aber er wäre auch ohnedies in die Hände des FBI gefallen.

Schewtschenko traf im Juni 1942 in den Vereinigten Staaten ein und wurde der Abteilung Luftfahrt der sowjetischen Einkaufskommission zugewiesen. Er war der Verbindungsmann der Kommission zur Bell Air-craft Corporation in Buffalo, New York, wo er für geraume Zeit lebte. Die Pflege guter geschäftlicher Beziehungen war zunächst die Hauptaufgabe und die Beschaffung von Informationen spielte nur eine untergeordnete Rolle. Aber langsam wurde die Nebenbeschäftigung zur Hauptbeschäftigung, und der Fachmann für Flugwesen mußte sich, ob er wollte oder nicht, zum Fachmann für Spionage ausbilden.

Der neugebackene Spionagefachmann machte sich auf eine Art und Weise, die er offensichtlich für besonders gerissen hielt, an drei Amerikaner heran. Seine ersten Versuche unternahm er an Mrs. Leona Franey, Bibliothekarin der Bell Aircraft Corporation, die den begrenzten Vorrat an technischen Fachbüchern verwaltete und für die Aufbewahrung der geheimen technischen Berichte, die aus Washington eintrafen, verantwortlich war. Zugang zu diesen Berichten war nur einer kleinen Gruppe von Personen gestattet, die von den Sicherheitsstellen überprüft und für zuverlässig erklärt worden waren. Der sowjetische Ingenieur übersandte den Damen, die in der Bibliothek arbeiteten, Theaterkarten, Pralinen und Parfüm. Mrs. Franey und ihren Mann lud er zum Essen ein. Nach diesen Vorbereitungen verlangte er dann mit einem Mal vertrauliches Material aus den Beständen der Bibliothek, wobei es immerhin beachtenswert ist, daß er nicht auch noch auf den Katalog der Geheimsachen, der in der Bibliothek aufgestellt worden war, Bezug nahm. Aber offenbar war das nicht nötig, da seine Vorgesetzten ihn nicht nur mit den laufenden Nummern der Geheimberichte bekannt gemacht hatten, sondern ihm auch gleich mitgeteilt hatten, welche Fragen in den jeweiligen Geheimberichten behandelt wurden.

Das nächste amerikanische „Opfer", das Schewtschenko für seine Bemühungen aufsuchte, war Mrs. Franeys Gatte, Joseph John Franey, der verkrüppelt war. Franey arbeitete bei der Hooker Electro Chemical Company, die wegen ihrer Verbindungen zum Atomforschungsprojekt „Manhattan District“ (der Deckname, unter dem das Projekt bekannt war) vom FBI überwacht wurde. Schewtschenko schilderte dem Franey in glühenden Farben, welche Vorzugsbehandlung man in Rußland den körperlich benachteiligten Arbeitern angedeihen lasse und wie sehr sich der . Staat um die Opfer von Betriebsunfällen kümmere. Warum er denn nicht nach Rußland gehe, wollte Schewtschenko von Franey wissen. Er sei in der Lage, beiden Eheleuten dabei auf das Beste behilflich zu sein.

Die Franeys erhielten vom FBI genaue Anweisungen, wie sie sich Schewtschenko gegenüber verhalten sollten. Von nun an wurden die Beziehungen zwischen dem sowjetischen ND-Agenten und dem Ehepaar Franey systematisch gesteuert. Schewtschenko verlangte Berichte über bestimmte technische Probleme, worauf Mrs. Franey entsprechend ihren FBI-Instruktionen einige vertrauliche Berichte heraussuchte, sie zur Freigabe dem FBI vorlegte, das von dem Material Photokopien anfertigte. Dieses „Spionagematerial“ wurde dann von einem der Franeys an Schewtschenke übergeben, der jeweils zweihundert bis zweihundertfünfzig Dollar bezahlte. Das Geld ging an das FBI, das die Seriennummern der Banknoten notierte. Schewtschenko wurde zwar im Jahre 1944 nach New York versetzt, ließ sich aber weiterhin „geheimes“ Material von Joseph Franey beschaffen.

Der dritte Amerikaner, den Schewtschenko als V-Mann zu gewinnen suchte, war ein bei der Bell Aircraft Corporation angestellter Ingenieur, Loren G. Haas, der eine Gruppe russischer Flugzeugführer und Techniker ausbildete. Schewtschenko fungierte dabei als Dolmetscher. Zwischen den beiden entwickelte sich eine echte persönliche Freundschaft. Die Stellung des Haas bei der Bel! Aircraft Corporation wurde zusehends unsicherer; er versuchte, einige Erfindungen an die Russen und nicht an seinen amerikanischen Arbeitgeber zu verkaufen. Er mußte schließlich aus der Corporation ausscheiden und ging nach Philadelphia, wo er eine Stellung bei der Westinghouse Electric Corporation annahm. Als nun Schewtschenko glaubte, die freundschaftlichen Beziehungen zu Haas seien genügend weit gediehen, trat er mit dem Vorschlag an Haas heran, er möge geheime Konstruktionszeichnungen, Berichte und anderes Material für ihn beschaffen. Haas wandte sich jedoch diesmal an das FBI und erhielt genaue Anweisungen über sein Verhalten. In Zusammenarbeit mit Sicherheitsbeamten stellte Haas Mikrophotographien von Dokumenten her, die als Spielmaterial vorbereitet worden waren und irreführende und falsche technische'Angaben enthielten. Haas sagte später vor einem Untersuchungsausschuß des Kongresses aus:

So etwas mit einem Mann wie Schewtschenko zu treiben, scheint recht schwierig zu sein. Aber ... er war zwar ein sehr intelligenter und befähigter Wissenschaftler, versuchte jedoch eine Arbeit zu leisten, für die eine ganze Kompanie von Leuten gerade gereicht hätte. Aber er wollte alles allein machen . . .

Bei unseren zahlreichen Treffs — vielleicht sollte ich hier dies nicht erwähnen — zeigte sich der Russe als schwerer Trinker. Vielleicht hatte er einige Zweifel an meiner Ehrlichkeit. Bei diesen Gelegenheiten tranken wir zusammen. Ein Mann, selbst wenn er noch so viel trinken kann, erreicht schließlich einen Punkt, wo seine wachen Sinne eingeschläfert sind. Und während dieses Zustandes sprach Schewtschenko über bestimmte Dinge, wie ich sie gerade hier wiedergegeben habe, etwa über den Preis oder wie er es nannte, den Bonus, den er bekommen würde.

Er stellte die Dinge folgendermaßen dar: „Du solltest mir ganz offen helfen.“ Er brachte folgendes Argument vor: „Ich bin ein Russe, das stimmt, und Du bist Amerikaner. Aber wir müssen dafür sorgen, daß der Fortschritt nicht durch die Frage der Nationalität aufgehalten wird. Wissenschaftler müssen international denken.“ Und ich glaube, daß viele Wissenschaftler diesen Standpunkt vertreten

Neun Monate lieferte Haas dem Schewtschenko Spielmaterial. Das FBI kam schließlich zu der Überzeugung, daß dem Treiben des Schewtschenko ein Ende gemacht werden müsse, ging nun sehr viel schärfer vor, mietete eine Wohnung, von der aus Sewtschenkos Wohnung gut zu überwachen war, und machte Filmaufnahmen von allem, was auf der anderen Straßenseite vor sich ging. Schewtschenko merkte sehr bald, daß er beschattet wurde. Er wurde zusehends nervöser und fragte eines Tages Haas ganz unmittelbar und direkt, ob er sich mit dem FBI in Verbindung gesetzt habe.

Die letzten Phasen des Falles Schewtschenko fielen zeitig mit den Enthüllungen über die kanadische Spionageaffäre zusammen. Es kam zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem FBI, das Schewtschenko sofort verhaften wollte, und dem US-Außenministerium, das eine Festnahme vermeiden wollte. In dieser Meinungsverschiedenheit war noch keine Entscheidung gefallen, als Schewtschenko plötzlich angewiesen wurde, nach Rußland zurückzukehren. Unbehelligt verließ er die Vereinigten Staaten im Januar 1946.

7. Atomspionage

In den letzten Jahren vor Ausbruch des deutsch-sowjetischen Krieges zeigte die Sowjetunion höchstes Interesse an dem Fortschritt der Atomforschung im Ausland. Der Grund hierfür ist nicht in russischer Unkenntnis kernphysikalischer Probleme zu suchen. Russische Wissenschaftler hatten im Gegenteil im Laufe der dreißiger Jahre beachtliche Fortschritte in fast jedem Zweig der physikalischen Forschung, einschließlich der Kernphysik, gemacht. Praktisch alle im Ausland durchgeführten Experimente und erzielten Entdeckungen waren den russischen Physikern bekannt. Die Sowjetunion wurde zwar niemals zur führenden Macht auf dem Gebiete der physikalischen Wissenschaft, gehörte aber zweifellos zu jenen Nationen, die bei Ausbruch des Krieges bereits einen sehr hohen Stand des wissenschaftlichen Fortschritts erreicht hatten.

Natürlich war die UdSSR an militärischer Macht interessiert und verschloß sich nicht der richtigen Erkenntnis, daß allgemeiner wissenschaftlicher Fortschritt zur Erhöhung der militärischen Schlagkraft führen muß. Aber hinter diesen Überlegungen militärischer Natur lagen noch andere Gründe, die die Sowjets zur Förderung aller Entwicklungen auf wissenschaftlichem Gebiet drängten. Wissenschaftlicher Fortschritt war für den Kreml eine Prestigefrage — Teil des großen Propagandafeldzuges, der notwendig geworden war, um die weitverbreitete Vorstellung, unter dem sowjetischen System sei Rußland noch tiefer in die Rückständigkeit abgeglitten, zu bekämpfen. Daß die sowjetische Regierung den Künsten und Wissenschaften höchste Aufmerksamkeit widme, wurde von allen sowjetischen Wissenschaftlern auf internationalen Kongressen und in jeder sowjetischer Publikation, die in das westliche Ausland geliefert wurde, betont, wobei die Grenze zwischen betonter Erwähnung und übertriebener Darstellung nicht selten überschritten wurde. Russische Rückständigkeit war, wenn man Moskau glauben wollte, ein Ding der Vergangenheit. Sowjetrußland darf -das war eine Maxime -nicht hinter anderen Nationen zurückbleiben.

In den dreißiger Jahren wurden wissenschaftliche Institute und Einrichtungen in Rußland mit riesigen staatlichen Mitteln ausgestattet. Man baute neue Laboratorien und beschaffte im Ausland die teuersten Instrumente. In dieser Periode (1934— 39) wurden Namen russischer Atomphysiker über die Grenzen Rußlands hinaus bekannt — D. D. Iwanenko und G. N. Tamm wegen ihrer Forschungsarbeiten über den Atomkern, D. V. Skobeltsyn, L. V. Mystowsky, N. K. Semjonow, A. F. Joffe und andere. Sie alle aber überragte der gebürtige Russe Peter Kapitza, der in -England arbeitete.

Kapitza hatte seit 1921 unter dem britischen Physiker Lord Rutherford in Cambridge gearbeitet. 1933 übernahm er das neue Mond-Laboratorium in Cambridge, das für ihn gebaut worden war. Hier untersuchte er die Wirkungen stark magnetischer Einflüsse auf die Eigenschaften des Wassers. Kapitza war kein politischer Emigrant und konnte deshalb frei und ungehindert zwischen Rußland und England hin und herreisen. Im April 193 5 nahm Kapitza an einer wissenschaftlichen Konferenz in Moskau teil, konnte aber nicht mehr zurückkehren, da ihm die sowjetische Regierung die Ausreisegenehmigung verweigerte. Zur großen Empörung westlicher Wissenschaftler gab die sowjetische Botschaft in London die Erklärung aus: „Infolge der außerordentlichen Entwicklung der UdSSR reicht die Zahl der wissenschaftlichen Arbeiter nicht mehr aus“ Kapitza mußte einen Posten am neuen Physikalischen Forschungsinstitut in Moskau annehmen. Die Entführung von Wissenschaftlern wurde bald zu einer der wesentlichen Methoden, die Stalin zur Förderung der sowjetischen wissenschaftlichen Forschung benutzte. Kapitza war der erste Fall.

Kapitza, der seit 193 5 in Moskau arbeitete, wurde einer der bekanntesten sowjetischen Wissenschaftler. Allerdings gelang nicht ihm, sondern seinem Nachfolger in Cambridge, J. D. Cockroft, die erste Atomzertrümmerung mit Hilfe elektrischer Versuchsanlagen. Im Jahre 1939 glückte dann dem deutschen Physiker Otto Hahn die entscheidende Entdeckung über die Kettenreaktion, die den Weg zur Herstellung atomarer Waffen öffnete. Das Jahr 1939 brachte den Wendepunkt in der Atomforschung. Von nun an widmeten die sowjetischen Wissenschaftler, die von der Regierung angetrieben und materiell in jeder Weise unterstützt wurden, der Atomwissenschaft erhöhte Aufmerksamkeit und ihre ganze Energie. Der Doyen der sowjetischen Physiker, A. F. Joffe, sagte an Neujahrsabend 1941 voraus: „Wir werden schließlich ein Zyklotron für die Kernzertrümmerung besitzen . . . Das Uran-problem wird in Angriff genommen werden“

Bei der Untersuchung der Geschichte der Atomspionage muß man sich vergegenwärtigen, wie langsam Wissenschaft und Forschung zu der Überzeugung kamen, daß die Arbeit an der Kernzertrümmerung bereits über die Phase der theoretischen Arbeit und der Laboratoriumsversuche hinausgewachsen war und in die Phase praktischer und militärischer Verwertung eingetreten war. Man darf ferner nicht vergessen, wie schwer es fiel, die auf Grund der neuen Situation notwendig gewordenen Beschränkungen und Sicherheitsmaßnahmen einzuführen. Es brauchte Zeit und beträchtliche Anstrengung, um die nichtsowjetische Welt der Wissenschaft mit dem Gedanken vertraut zu machen, daß die neue Lage nach neuen, wichtigen Maßnahmen, rief. Das Schlagwort von der „Freiheit der Wissenschaft“ wurde wie so manches hochtönende Schlagwort weidlich ausgenutzt und erleichterte, wie sich in dieser Darstellung noch zeigen wird, dem sowjetischen ND seine Aufgabe, die Atomgeheimnisse der westlichen Welt zu erkunden.

Gegen Ende der dreißiger Jahre hatten weder die Sowjetunion noch die Vereinigten Staaten die führende Stellung unter den Nationen, die auf dem Gebiet der Atomwissenschaften arbeiteten, erringen können. In der Welt der Wissenschaftler und Militärs neigte man, wenigstens für gewisse Zeit, zu der Ansicht, Deutschland habe die größten Chancen, als erstes Land atomare Waffen herzustellen. Deutschland war wie Rußland zu größten finanziellen Opfern und zu jedem Einsatz menschlicher Arbeitskraft bereit, wenn es um sein Prestige ging, sicherlich aber, wenn es darum ging, eine tödliche, anderen Nationen unbekannte Waffe zu konstruieren. Aber Hitlers unnachgiebiger Kampf gegen die Feinde seiner Weltanschauung und seiner Rassenpolitik lähmten die Bemühungen, die wissenschaftliche Forschung voranzutreiben. Seine Regierung zerstörte mit der einen Hand, was sie mit der anderen aufbaute. Liberale und linksgerichtete deutsche Wissenschaftler galten als verdächtig, jüdische Wissenschaftler wurden aus dem Lande getrieben (wie unterschiedlich war diese Politik von Stalins Entführungen russischer Emigrantenphysiker, die zur Arbeit in Rußland gezwungen wurden). Der blinde Haß, mit dem die sonst so realistisch den großen Krieg planenden und vorbereitenden Männer in den Kreisen der deutschen Regierung geschlagen waren, zwang eine große Zahl hervorragender Männer und Frauen zum Verlassen ihrer Heimat. Ihre Dienste hätten vielleicht den Unterschied zwischen Niederlage und Sieg ausgemacht. „Durch Gottes Gnade“, sagte Winston Churchill am 7. August 1945, „war die britische und amerikanische Wissenschaft in der Lage, die deutschen Bemühungen zu überrunden. Die deutsche Wissenschaft hatte beträchtliche Fortschritte gemacht, lag aber dennoch weit hinter der unseren zurück. Hätten die Deutschen zu irgendeinem Zeitpunkt diese Macht besessen, wäre der Krieg vielleicht anders ausgelaufen“.

In dieser anfänglichen Phase der Atomforschung wurde die wissenschaftliche Arbeit noch nicht im Hinblick auf ein eng umrissenes technisches Ziel betrieben. Die Atombombe bestand, wenn überhaupt, erst in der Vorstellung einer kleinen Zahl vereinzelter Wissenschaftler. Physiker aus Deutschland, Italien und den anderen von den Achsenmächten besetzten Ländern emigrierten nach Frankreich, England und in die Vereinigten Staaten wo sie sich den auf dem gleichen Gebiet tätigen Wissenschaftlern anschlossen. Einige der Neuankömmlinge bewiesen sehr bald, daß sie ihren britischen und amerikanischen Kollegen zumindest ebenbürtig waren.

Enrico Fermi, der italienische Nobelpreisträger, war einer der ersten ausländischen Wissenschaftler, die sich in den Vereinigten Staaten niederließen. Ihm folgten sehr bald die beiden Ungarn Leo Szilard und Eugen Paul Wigner und eine ganze Zahl weniger bekannter oder gänzlich unbekannter Wissenschaftler aus Europa, darunter Bruno Pontecorvo, ein Schüler des Joliot-Curie. In England trafen Lisa Meitner, O. R. Frish, Rudolf Peierls und Herbert Skinner ein, denen sich später Wissenschaftler der jüngeren Generation anschlossen, unter ihnen Klaus Fuchs. hinter diesen emigrierten Wissenschaftlern herrschten noch immer die ideologischen Gedankengänge Europas vor. „Antifaschismus“ in seiner nach außen militantesten Form war in dieser Gruppe, zu der eine große Zahl Opfer des Nationalsozialismus und Faschismus zählte, ein lebendiger politischer Faktor. Das kommunistische Element dieser Gruppe von Wissenschaftlern erwies sich als beträchtlich größer verglichen mit den kommunistischen Elementen anderer Berufsgruppen.

Sowohl Großbritannien wie die Vereinigten Staaten gestatteten den europäischen Wissenschaftlern bereitwilligst Zutritt zu ihren geheimen Forschungsstationen. Diese Wissenschaftlergruppe wurde zu einem festen Faktor im systematischen Aufbau der militärischen Stärke des Westens gemacht. Der Entscheid, sie voll und ganz aufzunehmen, war notwendig, wenn man die inzwischen beschlossene Herstellung der Atombombe innerhalb weniger Jahre verwirklichen wollte. Daß in dieser Gruppe von Männern, von denen viele wegen ihrer politischen Linksorientierung verfolgt worden waren, einige wenige in Verbindung mit Moskau und seinen Apparaten standen, war unvermeidlich ) *• Kein anderer Industrie-zweig und kein anderes wissenschaftliches Arbeitsgebiet war der sowjetischen Spionage so leicht zugänglich wie die neuerrichteten riesigen Atomprojekte in Harwell, Chalk River, Los Alamos, Oak Ridge und anderen Orten.

Der Krieg, der für die Sowjetunion wie für die Vereinigten Staaten im Jahre 1941 begann, hatte auf die Atomforschung beider Länder unterschiedliche Wirkung: in den Vereinigten Staaten erhielt die Forschung •) In seinem bekannten Bericht stellt Henry De Woll Smyth fest: „Zu dieser Zeit waren die gebürtigen Amerikaner unter den Kernphysikern der Idee, ihre Wissenschaft könne militärisch genützt werden, so ungewohnt, daß sie kaum begriifen, was getan werden mußte. Folglich wurden die ersten Bemühungen, die Freiheit der Veröfientlichung wissenschaftlicher Ergebnisse einzuengen und die Unterstützung der Regierung zu gewinnen, wesentlich von einer kleinen Gruppe geborener Ausländer unter den Physikern, die sich um L. Szilard sammelte, angeregt. Zu dieser Gruppe gehörten E. Wigner, E. Teller, V.

F. Weisskopf und E. Fermi.“ Reviews of Modern Physics, 17, Nr. 4 (Oktober 1945), 373. ungeheuren Auftrieb, in der Sowjetunion fiel sie zurück. Der Abstand, der vor dem Krieg vielleicht zwei bis drei Jahre betragen hatte, wurde weiter und weiter.

In den Vereinigten Staaten wurde im Dezember 1941 das Wissenschaftliche Forschungsamt gegründet. In diesem Jahr wurde an verschiedenen Universitäten und Laboratorien an sechzehn Projekten der Atomforschung gearbeitet. Im Juni 1942 wurde unter Leitung des Kriegsministeriums der „Manhattan District" aufgebaut. Engineering

Wichtige Atom-Laboratorien bestanden an der Columbia University. An der University of Chicago machte bald das metallurgische Laboratorium durch seine Forschungsarbeiten von sich reden. An der University of California in Berkeley wurden ausgedehnte Forschungsarbeiten betrieben. Schließlich wurde im März 1943 in Los Alamos, New Mexico, eine technische Anlage zur Herstellung der Atombombe aufgebaut. Die Jahre 1942 und 1943 waren die Jahre der großen Entscheidung für die Atombombenproduktion in den Vereinigten Staaten. Die Nervenzentren der Forschung und Produktion waren New York, Berkeley und Los Alamos. 1944— 45 lief die Atomindustrie bereits auf vollen Touren. Um diese Zeit waren 200 000 Ingenieure, Wissenschaftler und sonstige Arbeiter in den Produktionsprozeß für die erste Atombombe eingespannt. Noch vor Ende des Krieges kletterten die auf diesem Gebiet notwendig gewordenen Ausgaben auf 2 Billionen Dollar.

Trotz der Beschleunigung der Arbeiten und des hohen Grades der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Industrie und Regierung, wurde die Bombe zu spät fertiggestellt, um den Verlauf des Krieges entscheidend zu beeinflussen. Als im Juli 1945 die erste Versuchsbombe explodierte, hatten sich die deutschen Armeen längst ergeben, während Japan kurz vor der Kapitulation stand. Entgegen den ursprünglichen Plänen und Absichten, mit Hilfe der Atombomben dem zweiten Weltkrieg ein schnelles Ende zu bereiten, war die Bombe tatsächlich dazu bestimmt, in dem nachfolgenden Kalten Krieg als Mittel der Abschrekkung zu dienen.

In Rußland erlitt die Atomwissenschaft während des Krieges schwere Rückschläge. Die Hauptlaboratorien in Leningrad mußten zum Teil evakuiert werden, während das Moskauer Laboratorium lange Zeit paralysiert war. Einige der russischen Wissenschaftler flohen, während andere evakuiert werden mußten. Charkow, Sitz eines wichtigen physikalischen Laboratoriums, wurde von der deutschen Wehrmacht besetzt, nachdem nur ein Teil der Laboratoriumseinrichtungen hinter den Ural verlegt werden konnte. Obgleich die wissenschaftliche Arbeit in Ruß-land nicht gänzlich abriß, waren doch die Unterbrechungen und das Durcheinander so groß, daß ein schneller systematischer Fortschritt unmöglich wurde. Die sowjetische Industrie, die das für die Arbeiten notwendige Rohmaterial und Geräte neuester Bauart liefern sollte, lag gelähmt am Boden. Das europäische Rußland war zur Hälfte besetzt. Lind was Moskau noch an Industriewerken zur Verfügung stand, mußte für den dringendsten, unmittelbaren Kriegsbedarf eingesetzt werden.

Diese Verhältnisse, die in klaffendem Gegensatz zu der Entwicklung in den Vereinigten Staaten standen, spiegeln sich in einer Bemerkung der Sowjetischen Enzyklopädie von 19 50 wieder, in der es nicht ohne eine gehässige Bemerkung an die Adresse der „Imperialisten“ heißt: „Die Vereinigten Staaten konnten dieses Problem [der Atombombe) vor anderen Staaten lösen, da die Sowjetunion die größte Last des Krieges gegen das faschistische Deutschland tragen mußte“

Der Abstand der Atomforschung in den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion wurde täglich größer. Wie ernst die Lage für die sowjetische Atomforschung geworden war, läßt sich an der Tatsache absehen, daß Moskau mehr als einmal den Versuch unternahm, in den Vereinigten Staaten Uranerz zu erhalten. Unter normalen Verhältnissen würde solch ein Versuch absurd gewesen sein. Hier wurde der Versuch in der Tat so weit getrieben, daß er an Spionage grenzte.

Rußland besitzt Uranerzlager, die für die Deckung seines Bedarfs, wenigstens in der Phase der experimentellen Versuche, ausreichen. Uranerz wird an verschiedenen Stellen in Zentralasien geschürft: in dem großen Wüstengebiet von Südkirgisien und Tadshikistan in der Nähe der afghanischen Grenze, in dem an Bodenschätzen reichen Altai-Gebirge und in kleineren Lagern in Osetia und Swanetia im Kaukasus. Alle diese Schürfgebiete liegen jedoch in den dünnbesiedelten Randgebieten der Sowjetunion, in denen gerade im Kriege Abbau und Transport größte Schwierigkeiten bereiteten. Außerdem war während der ersten Phase des Krieges die Transportroute zum Kaukasus von den deutschen Armeen blockiert. In Zentralasien wurde die Reserve an männlichen Arbeitskräften zur Armee eingezogen. Die Eisenbahn, die Tausende von Lokomotiven und Wagen verloren hatte, konnte den zusätzlichen Anforderungen nicht gerecht werden *). Erst nach Ende des Krieges war die Regierung wieder in der Lage, die eigenen Reserven voll auszuschöpfen. Heute verwendet die sowjetische Atomindustrie hauptsächlich Rohmaterial, das aus dem eigenen Lande oder den Satellitenstaaten kommt.

In der bedrückenden Situation von 1942— 43 wurde Moskau von seinen Auslandsagenten über den schnellen Fortschritt der Atomforschung in den Vereinigten Staaten und Großbritannien informiert und darauf hingewiesen, daß mit der Herstellung einer Atombombe in absehbarer Zeit zu rechnen sei. Rußland war in dieser Zeit um LIran für seine Forschungsarbeit verlegen. Moskau beschloß, daß neben der Beschaffung von Konstruktionszeichnungen, chemischen Formeln und anderen Geheiminformationen in den Vereinigten Staaten auch der Versuch gemacht werden sollte, das notwendige Rohmaterial zu beschaffen. Man mußte ein Risiko eingehen, wenn die Atomforschung in Rußland nicht gänzlich zum Erliegen kommen sollte.

Die für die Gewinnung von LIran notwendigen Erzmengen ließen sich kaum insgeheim nach Rußland verschiffen. Im Januar 1943 befahl Moskau seinen Dienststellen in den Vereinigten Staaten, eine Möglichkeit der Beschaffung und des legalen Exports von Rohstoffen für die Herstellung von Atombomben ausfindig zu machen. Für die beste Methode hielt man die Durchführung des Unternehmens unter dem Deckmantel normaler Handelstransaktionen, wie sie während des Krieges im Rahmen der Hilfslieferungen üblich waren. Die sowjetische Einkaufskommission wurde angewiesen, die schwierigen Ablenkungs-und Tarnmanöver vorzubereiten und einzuleiten.

Bei ihren Verhandlungen mit den amerikanischen Behörden spielten die sowjetischen Handelsbeauftragten die Rolle der völlig Unschuldigen. Das Erz werde, so erklärten sie, hauptsächlich für „militärische Zwecke“, dann aber auch für „Zwecke der Militärmedizin“ benötigt. Die Sowjets erwarteten, daß die Verwaltung der Pacht-Leih-Operationen in Washington, der die Direktive gegeben worden war, den Russen in jeder Beziehung behilflich zu sein, einen nicht allzu wertvollen Posten auf der langen Liste der Anforderungen übersehen würde. Auf der Anforderungsliste für chemische Materialien wurde Uran mitunter am Schluß der zahlreichen Posten aufgeführt, offenbar in der Hoffnung, daß die gesamte Liste genehmigt werden würde, ohne daß die Einzelposten allzu genau geprüft würden

Im Februar 1943 übergab General Belaijew dem US-Kriegsministerium eine Anforderung auf sechzehn Tonnen Uran (acht Tonnen Urannitrat und acht Tonnen Uranoxyd). Am 9. März wurde die Anforderung abgewiesen. Es sei nicht einmal möglich, „kleinere Mengen" auf die Zuteilungsliste zu setzen, da die Produktion für den eigenen Bedarf der Vereinigten Staaten nicht ausreiche. Am 3. April ersuchte General Belaijew erneut um „prompte Lieferung“ von sechzehn Tonnen Uran. Das Ersuchen wurde drei Tage später erneut abgelehnt. Ein Jahr später ersuchte General Rudenko, Vorsitzender der Einkaufskommission, in einem Schreiben an Kriegsminister Henry L. Stimson wiederum um sechzehn Tonnen Uranerz und fündundzwanzig Pfund (amerikanische Maßeinheit) Llranmetall. Stimson’s Antwort vom 17. April 1944 war in einem Ton höflicher Endgültigkeit gehalten: ') Obgleich kein dokumentarisches Beweismaterial vorliegt, dar! man annehmen, daß die 1943— 44 plötzlich erfolgte Annektion von Tannu-Tuwa (an den Abhängen des Altai-Gebirges) mit der intensiven Suche nach Uranerzlagern und anderen Bodenschätzen zusammenhängt. Sehr geehrter General Rudenko!

Ich bedaure, daß wir nicht in der Lage sind, Ihrem in Ihrem Schreiben vom 31. März ausgesprochenen Ersuchen um Lieferung gewisser Uranverbindungen nachzukommen.

Wir haben die Situation eingehend überprüft und sind dabei zu der Schlußfolgerung gekommen, daß unser Vorrat an diesen Materialien uns eine Erfüllung Ihrer Bitte unmöglich macht.

Ich darf Sie jedoch versichern, daß ich stets an Ihre Bedürfnisse denken und Sie sofort unterrichten werde, falls sich die Situation ändern sollte.

Die sowjetischen Dienststellen in «den Vereinigten Staaten waren jedoch nicht allein auf diese Möglichkeit angewiesen. Sie gingen außerdem andere Quellen an, wobei sie von mehr Glück begünstigt waren, wenn auch das Material auf diesem Wege nur in kleineren Mengen beschafft werden konnte. Der Einkaufskommission gelang es über ihre Kontakte mit Privatfirmen Einzelheiten über die Verhältnisse und Transaktionen des Uranerzmarktes in den Vereinigten Staaten und Kanada zu erfahren. Sie konnte feststellen, daß gewisse Mengen an Uranerz zur Verfügung standen.

Die Vereinigten Staaten hatten in der Tat kein allgemeines Ausfuhrverbot für Uran erlassen. Die amerikanische Regierung glaubte irriger-weise, eine solch drastische Maßnahme würde nur die Neugierde der Sowjetunion erregen, und gab sich der naiven Hoffnung hin, sie könne den sowjetischen Partner durch Erteilung von Ausfuhrgenehmigungen für kleinere Mengen zufrieden stellen, im übrigen aber über die wahre Bedeutung der Dinge im dunkeln lassen. Natürlich war sich der sowjetische Partner über Wert und Bedeutung des Urans längst im klaren.

Nicht nur das, er kannte auch die Bedeutung der verschiedenen Experimente, die an amerikanischen Universitäten und in den Laboratorien durchgeführt wurden. Selbst der als sehr sowjetfeindlich bekannte Leiter des „Manhattan District“, Generalmajor Leslie R. Grove, stimmte der Erteilung einer Ausfuhrgenehmigung an die Sowjetunion zu, da er lieber das wollte, als „durch eine Verweigerung der Exportlizenz mit dem Finger auf das Material zu deuten“

In diesem Spiel, in dem jeder jeden betrügen wollte, erwiesen sich die Sowjets natürlich als weitaus überlegen. Ihre erste im Februar 1943 gestellte Forderung auf Lieferung von 420 Pfund (Pounds) Uranerz wurde genehmigt, worauf die Lieferung sofort nach Rußland abging. Um nicht noch eine Ausfuhr genehmigen zu müssen und um zugleich jegliche Publizität zu vermeiden, beschloß man in Washington, alle Industrie-und Handelsfirmen, die mit Verarbeitung und Verkauf von Uran zu tun hatten, aufzufordern, alle zum Verkauf stehenden Mengen zuerst der Regierung anzubieten. Als die sowjetische Einkaufskommission ein zweites Ersuchen auf Zuteilung von Uranerz stellte, wurde die Ausfuhrgenehmigung zwar erteilt, zugleich aber dafür gesorgt, daß die Kommission von den betreffenden-Firmen nicht beliefert wurde, indem man den Firmenleitungen gegenüber die Vordringlichkeit der Versorgung der amerikanischen Stellen betonte. Dieses geschickte Manöver blieb jedoch ohne Erfolg. Die Kommission kaufte Tausende von Pfunden in Kanada auf, ließ das Material nach dem amerikanischen Flugplatz Great Falls, Montana, transportieren, von wo es, da ja die Ausfuhrgenehmigung erteilt worden war, über Alaska nach Rußland geflogen wurde. Im gleichen Jahr gingen außerdem noch mehrere Lieferungen des ebenfalls für die Atomforschung benötigten Schweren Wassers in die Sowjetunion.

1949 erklärte der amerikanische Außenminister Dean Acheson, daß 1943 insgesamt vier Lizenzen für die Ausfuhr von 700 Pfund (Pounds)

Uranoxyd, 720 Pfund Urannitrat, 25 Pfund Uranmetall und 1 000 Gramm Schweren Wassers nach Rußland erteilt worden seien.

Moskau blieb nicht bei diesen gefährlichen Manövern und Täuschungen bei der Beschaffung von Material für die Herstellung von Atombomben stehen. Es zog daneben eine intensive ND-Tätigkeit zur Erkundung der wissenschaftlichen und industriellen Aspekte der geplanten Bombenherstellung auf.

Strukturell war die spezielle sowjetische Atomspionage entsprechend dem Vorbild der allgemeinen Spionage organisiert, wie auch die Operations-und Verhaltensregeln identisch waren. An der Spitze des Apparates standen sowjetische Beamte, die mitunter diplomatischen Status hatten, und Residenten des sowjetischen ND. Unter diesem Führungskopf arbeiteten Kuriere und Kontaktmänner, die aus den zuverlässigsten Veteranen des Untergrundapparates herausgesucht worden waren. Sie stellten die Verbindung zur dritten Schicht her, den amerikanischen und britischen Wissenschaftlern, den Quellen und V-Männern, die das Nachrichtenmaterial lieferten. In einigen Fällen bestand direkter Kontakt zwischen der ersten und dritten Schicht — wie sich noch zeigen wird zum Nachteil des gesamten Apparates.

Während der Kriegsjahre kam man noch nicht dazu, die Atomspionage im gesamtamerikanischen Operationsbereich zu synchronisieren und gleichmäßig voranzutreiben. In den vier amerikanischen Nervenzentren der Atomforschung — New York, Chicago, Berkeley und Los Alamos — sowie in London und Ottawa gingen die jeweiligen sowjetischen ND-Leiter mit sehr unterschiedlichen Methoden vor.

Während des Krieges gaben zehn Physiker verschiedener wissenschaftlicher Institutionen in den Vereinigten Staaten, Großbritannien und Kanada regelmäßig oder sporadisch Informationen an Moskau. Unter ihnen war einer der wichtigsten der Atomphysiker Klaus Fuchs, der als deutscher Emigrant in London lebte, und 1940 von den britischen Behörden in einem kanadischen Lager interniert wurde. Später wurde ihm die Rückkehr nach Großbritannien gestattet, wo er zuerst in Glasgow arbeitete und sich dann einer Arbeitsgruppe von Atomwissenschaftlern in Birmingham anschloß, die von einem anderen deutschen Emigranten und alten Bekannten, Rudolf Peierls, geleitet wurde. Fuchs versuchte sofort, und zwar mit Erfolg, über deutsche Kommunisten Kontakt mit dem sowjetischen Apparat aufzunehmen. Er traf mit „Alexander“ (Semijon Kremer) zusammen, der als Sekretär des Militärattaches in der sowjetischen Botschaft in London saß, in Wirklichkeit aber einer der Leiter der sowjetischen Spionage in Großbritannien war. „Als mir das Ziel [der Arbeit] bekanntgegeben wurde“, gab Fuchs später zu Protokoll, „beschloß ich, Rußland zu informieren, und stellte durch ein anderes Mitglied der kommunistischen Partei die Verbindung her. Seit damals habe ich ununterbrochen mit Personen Fühlung behalten, die mir völlig unbekannt waren — ich wußte nur, daß sie jede Information, die sie durch mich bekamen, an die russischen Amtsstellen aushändigen würden“

Der erste Treff zwischen Fuchs und Kremer fand bereits im Mai oder Juni 1942 statt. Die bei diesem Treff aufgenommene Verbindung wurde erst anderthalb Jahre später, und zwar durch die Abreise Fuchs'in die Vereinigten Staaten, unterbrochen. Bei den Treffs, die alle zwei oder drei Monate stattfanden, händigte Fuchs dem Kremer oder seinem Gehilfen Kopien seiner wissenschaftlichen Monatsberichte aus.

Im Dezember 1943 wurde Fuchs zusammen mit anderen britischen Physikern in die Vereinigten Staaten geschickt, wo er zunächst an der Columbia University in New York und dann, vom August 1944 bis zum Juni 1946, in Los Alamos arbeitete. Kurz nach dem Eintreffen des Fuchs in den Vereinigten Staaten stellte Moskau einen wichtigen ND-Agenten namens Anatolij Jakowlew nach New York ab, wo er in der Tarnung eines Vizekonsuls operierte. Jakowlew, der von März 1944 bis Dezember 1946 in den Vereinigten Staaten blieb, war der organisatorische Leiterder Atomspionage im Östen der Vereinigten Staaten.

Im Gegensatz zu seinen sowjetischen Kollegen in anderen Teilen des Landes hielt sich Jakowlew streng an die Regeln der konspiratsia. Er traf nie mit Fuchs persönlich zusammen. Er setzte einen verläßlichen amerikanischen ND-Agenten, Harry Gold aus Philadelphia, ausschließlich für die Atomspionage ein. Gold war seit dem Frühjahr 1935 in der Industriespionage tätig gewesen und war von Semjon Semjonow geführt worden, einem sowjetischen ND-Leiter, der als Angestellter der Amtorg getarnt war, 1944 nach Rußland zurückkehrte und durch Jakowlew er-B takt mit Fuchs. In seinen Aussagen im Prozeß gegen die Rosenbergs beschrieb Harry Gold, wie genau und sorgfältig Jakowlew sich an die Methoden und Regeln der konspiratsia hielt:

Meine Zusammenarbeit mit Jakowlew lief folgendermaßen ab: Ich mußte über eine Reihe von Quellen in Amerika Informationen beschaffen und diese Informationen an Jakowlew weiterleiten. Die Kontaktaufnahme mit den Quellen in Amerika konnte auf zweierlei Art erfolgen: erstens, durch persönliche Einführung und Vorstellung: zweitens, auf eine Art und Weise, bei der nur die amerikanische Quelle und ich selbst betroffen waren, und die mit Hilfe einer Reihe von Erkennungszeichen durchgeführt wurde. Diese Erkennungszeichen waren stets durch wenigstens zwei Dinge gekennzeichnet: einmal war immer ein Gegenstand oder ein Stück Papier vonnöten und zwar bei dem einen oder dem anderen Partner, möglichst bei beiden Partnern, das heißt also bei der anderen Person in Amerika und mir selbst.

Außerdem wurde ein vereinbarter Kodesatz und zwar meistens in der Form eines Grußes benutzt. In allen Fällen, in denen ich mich selbst einführte, gab ich immer einen Decknamen an. In keinem einzigen Fall habe ich meinen wirklichen Wohnsitz enthüllt.

Wenn der Kontakt hergestellt war, ging ich an die wirkliche Arbeit, die ich folgendennaßen durchführte: ich gebe der Quelle in Amerika — wer immer die Person war, die mir die Informationen liefern sollte — ich gebe ihm also eine Liste der Daten oder des Materials, das verlangt wurde. Zweitens, ergriff ich immer dann, wenn vor mir ein anderer Sowjetagent mit der Quelle gearbeitet hatte, Maßnahmen, um die Quelle, die Person, mit der ich jetzt arbeite, anzuhalten, zunächst alle bisher unerledigten Arbeiten zu vollenden. Drittens, wir arrangierten eine Serie von Treffs. Bei den Vereinbarungen der Einzelheiten gingen wir sehr genau vor.

Alle Personen, von denen ich Informationen beschaffte, lebten außerhalb Philadelphias. Ich mußte meist erhebliche Strecken zurücklegen, um zu einem Treff zu kommen. Ich verabredete mit der Quelle einen Treff in der Stadt, in der sie lebte, oder in einer anderen Stadt.

Für den Treff wurde eine genaue Zeit, ein genauer Punkt und ein genauer Plan festgelegt, nach dem der Treff ablaufen mußte . . .

Außerdem händigte ich den Personen, mit denen ich regelmäßig zusammentraf, Geldsummen aus. Jedesmal schrieb ich einen Bericht, der bis in die letzten Einzelheiten eines jeden Treffs ging. Diese Berichte leitete ich an Jakowlew weiter. . .

Neben diesen Einzelheiten für diese Seite meiner Operationen, für mein Verhalten gegenüber den Quellen in Amerika, hatte ich ein sehr genaues Leitmuster für die andere Seite meiner Arbeit mit Jakowlew. Diese Arbeit lief folgendermaßen ab: Wir hatten eine feste Vereinbarung, nicht nur für die regelmäßigen Treffs, sondern auch für Ausweichtreffs, sollte einer der regelmäßigen Treffs nicht zustande kommen. Darüber hinaus hatten wir noch eine Vereinbarung für Not-treffs. Diese Nottreffs konnten allerdings nur von Jakowlew einberufen werden, der durch ein bestimmtes System mit mir in Verbindung treten konnte, wenn er mich dringend brauchte. Ich dagegen konnte ihn nicht erreichen, da ich nicht wußte, wohin ich mich wenden sollte.

Jakowlew erklärte mir, daß die Nachrichtenlinie auf diese Weise an zwei Stellen unterbrochen sei. Die Quelle, von der ich die Informationen in Amerika bekam, wußte weder meinen Klarnamen noch wußte sie, wo ich wohnte, noch konnte sich sich mit mir in Verbindung setzen, und ich konnte keine Verbindung mit Jakowlew herstellen. Jakowlew sagte, das sei eine gute Sache.

Außerdem hatten Jakowlew und ich eine sehr genaue Methode für die Übergabe des Informationsmaterials ausgearbeitet. Es konnte ja sein, daß etwas kopiert und dann zurückgegeben werden mußte. In diesem Falle hatten wir eine feststehende Methode. Bei gewissen Gelegenheiten benutzten wir bestimmte Mittel für die Übergabe des Materials. Darunter gab es zum Beispiel die Methode, daß ich mein Informationsmaterial zwischen die Seiten einer Zeitung legte. Beim Treff tauschten Jakowlew und ich dann Zeitungen aus. Die Zeitung, die ich bekam, war eben nur eine Zeitung. Diejenige, die er bekam, war die mit dem Informationsmaterial zwischen den Seiten, wobei das Material meistens noch in irgendeiner Art von Umschlag steckte.

Außerdem hatten wir natürlich noch die ganze Zeit über regelmäßige Besprechungen, auf denen wir mein Verhalten gegenüber den Quellen in Amerika erörterten. Und zum Schluß hatten wir noch ein System für unser Verhalten, wenn wir Zeichen von Beschattung entdeckten. Dieses System sah Maßnahmen für den Fall vor, daß ich Zeichen von Beschattung vor einem Treff mit Jakowlew bemerkte, Maßnahmen für den Fall, daß wir während des Treffs solche Zeichen entdeckten und außerdem Maßnahmen für den Fall, daß wir verdächtige Vorgänge nach einem Auseinandergehen feststellen sollten

Klaus Fuchs ging Mitte 1946 nach England zurück, wo er weiterhin sowjetische Agenten mit Informationen belieferte. Im November 1947 fuhr er in die Vereinigten Staaten, um an einer wissenschaftlichen Konferenz teilzunehmen. In dieser Zet wurden in ihm die Zweifel an der sowjetischen Politik und an der Richtigkeit seiner Dienste für Moskau wach. Zu den vereinbarten Treffs mit den sowjetischen Agenten erschien er immer seltener. Im Herbst 1949 erhielten die britischen Sicherheitsbehörden „Tips“ aus den Vereinigten Staaten, worauf sie mit der Überwachung Fuchs'begannen.

Fuchs legte schließlich ein Geständnis ab. Er wurde am 1. März 1950 vor ein Gericht gestellt und zu vierzehn Jahren Gefängnis verurteilt — nach dem geltenden Gesetz das höchstmögliche Strafmaß.

Trotz der außerordentlichen Vorsicht Jakowlews und der genauen Beachtung der Regeln der konspiratsia durch Gold wäre der Fall wesentlich eher aufgedeckt und der durch die Spionagegruppe angerichtete Schaden entsprechend geringer gewesen, hätten die britischen und amerikanischen Sicherheitsbehörden nicht eine Reihe schwerwiegender Fehler begangen. Daß Fuchs ein glühender Kommunist gewesen war und in seiner Jugend dem kommunistischen Untergrund in Deutschland angehört hatte, war der britischen Polizei bekannt. Da die Information aber von einem nationalsozialistischen Konsul stammte, war sie von den britischen Behörden nicht beachtet worden. Als seine Heimatstadt Kiel 1945 von britischen Truppen besetzt wurde und dokumentarisches Material sowie Zeugen zur Verfügung standen, rechnete Fuchs mit Schwierigkeiten. Nichts geschah. Als einige Monate später die kanadische Spionageaffäre aufplatzte, fand man bei Israel Halperin, einem Mitglied des Spionagerings, ein Notizbuch, in dem unter anderem Namen und Adresse des Fuchs eingetragen war. Diese Spur wurde nicht weiter verfolgt.

Der Kurier Harry Gold hätte ebenfalls früher enttarnt werden können, spätestens jedoch 1947, als er von FBI-Beamten in seiner Wohnung in Philadelphia vernommen wurde. Die Beamten verließen das Haus auf die Versicherung des Gold hin, ihr Verdacht beruhe auf reinen Irrtümern. „Wenn die Beamten nur in den Keller gegangen wären, dann hätten sie da einen Schrank gefunden, der mit belastendem Material bis oben-hin vollgestopft war

Daß ausgerechnet Jakowlew und Gold, diese beiden loyalen und disziplinierten ND-Agenten der Sowjets, durch einen einzigen Verstoß gegen die Regeln der konspiratsia eine Katastrophe für die sowjetische Spionage auslösten, kann man nur als bittere Ironie bezeichnen. Im Sommer 1945, kurz vor der Explosion einer ersten Versuchsbombe, hatte der Wissenschaftler-Spion David Greenglass einen höchst wichtigen Geheimbericht fertiggestellt, der von der Kurier-Agentin Ann Sidorovich in Los Alamos abgeholt werden sollte. Aus irgendwelchen Gründen konnte Ann Sidorovich die Reise jedoch nicht unternehmen, worauf Jakowlew, der darauf versessen war, diese bedeutsamen Informationen an Moskau weiterzuleiten, diesen Einsatz dem Harry Gold, dem Kuriei für Fuchs, übertrug. Dieser Einsatz war ein Verstoß gegen die Regel, daß Kontakte auf das äußerste Minimum beschränkt werden müssen. Gold ging nach Los Alamos, wo er zum ersten Mal mit Greenglass zusammentraf, von dem er den Bericht entgegennahm. Als Fuchs und Gold Jahre später verhaftet wurden und ein Geständnis ablegten, konnte Gold den Namen Greenglass nur deshalb nennen, weil Jakowlew ihn damals nach Los Alamos zu der einmaligen Kontaktaufnahme mit dein Wissenschaftler geschickt hatte. Greenglass deckte dann seinerseits die Spuren auf, die zu Julius und Ethel Rosenberg führten. Wären die festen sowjetischen ND-Regeln an dieser einen Stelle nicht gebrochen worden, hätte man das Rosenberg-Greenglass-Netz vielleicht nie entdeckt. Möglicherweiser hätten diese Agenten ihre Tätigkeit bis heute fortsetzen können.

Unverantwortliche Fehler lassen sich auch im Fall eines anderen prominenten Atomspions, im Fall Bruno Pontecorvo, nachweisen. Der gebürtige Italiener Pontecorvo war mit der großen Gruppe europäischer Atomwissenschaftler in die Vereinigten Staaten gekommen. Er hatte in Italien unter Enrico Fermi studiert, war 1927 nach Frankreich gegangen, wo er als Physiker unter dem inzwischen verstorbenen kommunistischen Professor Longevin und Joliot-Curie arbeitete. In Frankreich schloß er sich der großen Gruppe linksgerichteter italienischer Emigranten an. Als 1940 der deutsche Einfall in Frankreich drohte, beschloß Pontecorvo, in die Vereinigten Staaten auszuwandern. Seine italienischen kommunistischen Freunde verschafften ihn von dem prokommunistischen amerikanischen Kongreßabgeordneten Vito Marcantonio ein Leumundszeugnis, worauf sich der junge Physiker mit seiner Familie nach Amerika einschiffte. In den ersten Monaten des Jahres 194 3 übernahm Pontecorvo eine Arbeit an Atomprojekten in Kanada. Auf Grund seiner dortigen Stellung unternahm er häufig Reisen in die Atomforschungseinrichtungen in den Vereinigten Staaten. 1949 wurde ihm eine Arbeit in Großbritannien übertragen.

Im gleichen Jahr wurde Pontecorvo durch einen seiner kommunistischen Freunde, der inzwischen mit der Partei gebrochen hatte, den Behörden der Vereinigten Staaten gemeldet. Der Betreffende gab den Behörden eine genaue Übersicht über die Tätigkeit Pontecorvos und seine Verbindungen. Auf diese Meldung hin wurde nichts unternommen. Zwar wurden die britischen Behörden verständigt (Pontecorvo arbeitete um diese Zeit in Harwell), die aber ebenfalls nichts unternahmen. Im Oktober 1951 ging Pontecorvo nach Finnland, wo er angeblich seine Ferien verbringen wollte. Dort „verschwanden“ er und seine Familie. Man erfuhr später, daß sie nach Rußland gegangen waren. Am 1. März 195 5 veröffentlichte Pontecorvo einen Artikel in der Prawda und stellte sich wenige Tage später einer Pressekonferenz, auf der er erklärte, er habe die sowjetische Regierung um Asyl ersucht, das ihm auch gewährt worden sei. Pontecorvo ist jetzt sowjetischer Staatsbürger. Er arbeitet an Atomprojekten nichtmilitärischer Natur und „weiß nichts über die Verwendung von Atomenergie für militärische Zwecke in der Sowjetunion“. Er pries das Regime wegen seiner „Friedenspolitik“ und beschuldigte zugleich andere Regierungen, insbesondere die Regierung der Vereinigten Staaten, sie erpreßten die Sowjetunion. Und natürlich „sind die sowjetischen Physiker die Ersten der Welt".

Wahrscheinlich ist, daß der sowjetische Entscheid, Pontecorvo nach Rußland zu holen, auf die Notwendigkeit zurückgeht, die Gemeinschaft der sowjetischen Atomwissenschaftler um einen gut ausgebildeten Wissenschaftler zu bereichern. Moskau hat seit jeher vor dem Problem der permanenten Entscheidung gestanden, ob ein westlicher Atomwissenschaftler dem Fortschritt der Atomwissenschaft in der Sowjetunion mehr dient, wenn er als V-Mann im Westen steht, oder wenn er als Wissenschaftler in einem sowjetischen Laboratorium arbeitet. Zwischen diesen beiden Gruppen muß ständig ein Gleichgewicht hergestellt werden. Pontecorvo, dessen Fall für dieses Problem der permanenten Entscheidung bezeichnend ist, wurde offenbar nach Rußland gerufen, als die Bedürfnisse der Lage im Innern der Sowjetunion den Vorrang hatten und der sowjetische ND einen Agenten in der Beschaffung entbehren konnte.

Julius Rosenberg, ein verschworener Kommunist, der in New York lebte, stand in der Hierarchie des sowjetischen ND auf der gleichen Stufe wie Harry Gold, das heißt, er war einer der amerikanischen Vertrauten der sowjetischen ND-Chefs und fungierte als Verbindungsmann zu den Quellen unter den Atomwissenschaftlern. Der ergebene Kommunist Rosenberg hatte zu einer Zelle kommunistischer Ingenieure gehört, die alle bereit waren, dem kommunistischen Untergrund an Schlüsselstellungen Dienste zu leisten, oder tatsächlich schon in seinem Dienst standen. Diese Gruppe wurde von Jacob Golos geführt. Rosenberg war zuerst in der Industriespionage eingesetzt worden, wurde dann aber zur politischen Nachrichtenarbeit und zur Atomspionage herangezogen. Mit seiner Frau Ethel gelang ihm die Anwerbung seines Schwagers David Greenglass, der in Los Alamos an streng geheimen Projekten arbeitete. Die bereits erwähnten Berichte, die der V-Mann Greenglass einsandte, waren für die sowjetische Atomspionage von größtem Wert.

Die Rosenbergs wurden im Sommer 1950 verhaftet, nachdem auf Grund der Aussagen von Fuchs und Gold die Entwirrung der vielfach geschürzten Fäden der Atomspionage gelungen war. Ungefähr zur gleidien Zeit gelang die Enttarnung anderer sowjetischer ND-Agenten — Abraham Brothman, Miriam Moskowitz und Morton Sobell — die ebenfalls verhaftet und vor Gericht gestellt wurden. Das Ehepaar Rosenberg wurde zum Tode verurteilt; gegen Gold und Sobell wurde ein Urteil von je dreißig Jahren Gefängnis, gegen David Greenglass ein Urteil von fünfzehn Jahren, gegen Abraham Brothman ein Urteil von sieben und über Miriam Moskowitz ein Urteil von zwei Jahren verhängt.

Julius und Ethel Rosenberg wurden im Juni 195 3 im Zuchthaus Sing Sing hingerichtet — der bisher einzige Fall, daß sowjetische Agenten, die gegen die Vereinigten Staaten Spionage getrieben hatten, zum Tode verurteilt und hingerichtet wurden.

Zugleich mit Harry Gold wurde gegen zwei andere Personen ein Verfahren eingeleitet — „John Doe“, alias „John“, in Wirklichkeit Anatolij Jakowlew, und „Richard Roe", alias „Sam“, in Wirklichkeit Semijon Semjonow. Die Einleitung eines Verfahrens gegen die zwei sowjetischen Residenten war ein rein formaler Akt, da beide längst vorher das Land verlassen hatten.

An der amerikanischen Westküste konzentrierte sich die sowjetische Atomspionage auf das Laboratorium für Strahlenforschung an der Uni-versity of California in Berkeley. Der sowjetische ND ging auch hier nach denselben Prinzipien vor wie in den übrigen Einsatzgebieten des amerikanischen Operationsraumes in den ersten Kriegsjahren: kommunistische Parteizellen, der amerikanische Untergrund und der sowjetische ND waren alle gleichermaßen an dem Unternehmen beteiligt. Der Organisationsleiter des Apparates war Wassilij Subilin von der sowjetischen Botschaft in Washington, der mehrfach zu Beratungen mit seinen sowjetischen V-Mann-Führern und amerikanischen Gehilfen an die amerikanische Westküste reiste. Zwei Beamte des sowjetischen Konsulats in Kalifornien, Peter Iwanow und Grigori Cheifets waren die ortsansässigen V-Mann-Führer und standen in direktem Kontakt mit amerikanischen Kommunisten und Mitläufern, darunter einigen Atomphysikern, die sie bei gesellschaftlichen Anlässen trafen.

Vizekonsul Cheifets („Mr. Brown") entwickelte ein weites Netz von Beziehungen. Der alte Bolschewist Cheifets, der früher als Sekretär der Witwe Lenins, Nadjeshda Krupskaja, gedient hatte, genoß höchstes Ansehen unter den amerikanischen Kommunisten und den politisch links orientierten Professoren, zu denen einige Physiker des Laboratoriums für Strahlenforschung gehörten.

Kurz nach der Errichtung dieses Laboratoriums wurde der bisherige Sekretär der KP des Kreises Alameda, Kalifornien, ein Mann namens Paul Crouch, versetzt. An seine Stelle trat der leistungsfähigere und zuverlässige Steve Nelson (Steve Mesarosh), ein Einwanderer aus Jugoslawien, der seit 192 5 der Kommunistischen Partei angehörte, am Moskauer Lenin-Institut studiert und 1933 für die Komintern in China gearbeitet hatte. Während des spanischen Bürgerkrieges diente er in der Internationalen Brigade. Seit 1940 hatte Nelson, der inzwischen Mitglied des Zentralkomitees (National Committee) der KP der Vereinigten Staaten geworden war, als kommunistischer Organisationsleiter in San Francisco gearbeitet. Im Januar 1942 übernahm er die Atomspionage im ND-Einsatzgebiet Berkeley.

Nelsons Auffassungen über die besten Methoden des Einsatzes deckten sich keineswegs mit der Auffassung der sowjetischen ND-Leiter. Wie Browder und Golos glaubte auch Nelson noch immer an die veraltete Vorstellung, Spionage müsse über die Parteizellen betrieben werden, und stemmte sich gegen die sowjetischen Pläne für die Umorganisierung des ND-Apparates. Er glaubte, in der Atomspionage könnten große Erfolge durch die kollektiven Bemühungen der Zellenmitglieder erreicht werden, und war der Ansicht, daß „die an einem Projekt arbeitenden kommunistischen Wissenschaftler kollektiv alle die Herstellung der Atombombe betreffenden Informationen zusammentragen sollten“

Nelson wies den Physiker Joseph Weinberg an, der der Berkeley-Zelle angehörte, ihm von „vertrauenswürdigen Kommunisten, die an dem Atomprojekt arbeiteten", Informationen zu beschaffen, die — wie er dem Weinberg-erklärte — „für die entsprechenden Stellen der Sowjetregierung" bestimmt seien. Nelson gab zu, daß man bestimmte Vorsichtsmaßregeln treffen müsse, die jedoch nicht sonderlich erwähnenswert seien — „Vernichtung von Mitgliedsbüchern der KP“ und „Enthaltsamkeit bei allen alkoholischen Getränken".

Nelson versuchte ferner, Dr. J. Robert Oppenheimer, einen führenden Atomwissenschaftler in Berkeley, der später der wissenschaftliche Direktor der Atomanlage in Los Alamos wurde, anzuwerben. Er wollte Dr. Oppenheimer dazu bringen, seinen kommunistischen Kollegen regelmäßig Informationen zukommen zu lassen.

Im Dezember 1942 trat auf Anweisung Nelsons der kommunistische Professor Haakon Chevalier an Oppenheimer heran, wobei er das Standardargument ins Feld führte, Rußland habe ein moralisches Recht auf Kenntnis der amerikanischen Atomgeheimnisse. „Da Rußland und die Vereinigten Staaten Alliierte sind, muß Sowjetrußland das Recht zugestanden werden, Kenntnis aller technischen Daten zu erlangen, die dieser Nation von Hilfe sein können.“ Oppenheimer wies das Ansinnen nicht nur zurück, sondern bezeichnete es als Anstiftung zum unverhüllten Verrat. Später setzte er General Grove, den Leiter des „Manhattan Engineering District“, von dem Vorfall in Kenntnis. Es dauerte jetzt nicht mehr lange, bis die amerikanischen Abwehrstellen von der Tätigkeit des Steve Nelson und seiner kommunistischen Zelle in Berkeley erfuhren.

Nelson ließ sich durch den Fehlschlag bei der versuchten Anwerbung Oppenheimers nicht entmutigen und setzte, da er keine Überwachung vermutete und auch nicht wußte, daß einer seiner wichtigen Berichte nach New York dem FBI in die Hände gefallen war, seine Bemühungen fort. Von Januar bis März 194 3 vertiefte er seine Beziehungen zu Weinberg, über den er streng geheimes Material über das Atomprojekt beschaffte, das er dann an Iwanow in San Francisco weiterleitete. Seine Treffs mit Weinberg, wie auch seine Besuche beim sowjetischen Konsulat wurden natürlich überwacht und beobachtet. Ein Agent der amerikanischen Abwehr beschattete Grigorij Cheifets. Als Cheifets kurz vor seiner Rückkehr nach Rußland einen Chemiker des Laboratoriums für Strahlenforschung namens Martin Kamen in einem Restaurant in San Francisco traf, saß der Abwehragent an einem der Nebentische und nahm das gesamte Gespräch auf. Aus der Aufnahme wurde ersichtlich, daß Kamen dem sowjetischen Beamten Angaben über die Uranvorräte in Chicago gemacht und ihm Informationen über die Atomforschung an anderen Orten in den Vereinigten Staaten gegeben hatte.

Im April 1943 reiste Subilin von Washington nach San Francisco, um mit Nelson Ablauf und Erfolg der Arbeit zu erörtern. Bei dem Treff schlug Nelson dem sowjetischen ND-Leiter einen Kompromiß vor: die Sowjets sollten „in jeder Stadt oder jedem Staat von Bedeutung, wo Spionagetätigkeit erforderlich werden könnte, einen zuverlässigen Kontaktmann auswählen und ihm gestatten, mit kommunistischen Parteimitgliedern, die für Sonderaufträge vorgesehen waren, direkt umzugehen“ Dieser Vorschlag war eine Konzession angesichts des russischen Widerstandes gegen Spionage durch Parteizellen. Nelsons Plan wurde allerdings nie in die Wirklichkeit umgesetzt ) *.

In Chicago, dem dritten Nervenzentrum der Atomforschung während der Kriegsjahre, lagen andere Verhältnisse als in New York und Kalifornien vor. Hier gab es weder eine Außenstelle der sowjetischen Botschaft noch ein sowjetisches Konsulat, so daß der ND-Apparat von einem Residenten des sowjetischen ND abhängig gemacht werden mußte. Der betreffende Resident in Chicago war Arthur Adams, ein alter Bol-•) Nelson wurde im Juli 1952 von einem Gericht in Pittsburgh zu einer Freiheitsstrafe von zwanzig Jahren verurteilt. schewist, der noch aus der vorrevolutionären Zeit übrig geblieben war, und erfahrener Veteran des sowjetischen ND

Adams war in den vorhergehenden zwei Jahrzehnten mehrfach mit Geheimaufträgen in die Vereinigten Staaten geschickt worden, jedesmal aber unter dem Deckmantel eines legitimen kommerziellen Auftrages. 1927 trat er zum Beispiel als Beauftragter der AMO, der ersten in Ruß-land erbauten Automobilfabrik, auf. 19 32 kam er angeblich, um bei Curtiss-Wright „Flugzeuge aufzukaufen“. 1938 gründete er ein geschäftliches Unternehmen, das „Technologische Laboratorium“. 1942 gab er sich als „Handelsvertreter“ eines kanadischen Unternehmers (seines Freundes Samuel Wegman) aus.

Aber nun (1942— 1944) war er bereits über fünfzig Jahre alt, zu alt für die ND-Arbeit. Er litt an Rheumatismus und war oft tagelang in seinem Hotel ans Bett gefesselt. Nicht selten erlitt er auf der Straße einen schweren Anfall. Sein körperlicher Zustand ließ ihn überaus argwöhnisch werden und machte ihn für die hochkonspirative Arbeit, die er leisten mußte, untauglich. Außerdem waren einige seiner V-Männer als aktive Mitglieder der KP der Vereinigten Staaten bekannt. Nichtsdestotrotz wurde Adams, offenbar aus Mangel an geeignetem Personal, mit der Führung der Atomspionage in diesem Einsatzgebiet beauftragt und leistete ungefähr vier Jahre lang diese Arbeit. Während dieser Zeit beschaffte er eine Reihe geheimer'Angaben über die Atomanlage in Oak Ridge und die Atomforschung in anderen Ländern.

Adams’ amerikanischer V-Mann, mit dem er sehr befreundet war, war ein Chemiker namens Clarence Hiskey, Mitglied des Zentralkomitees der KP der Vereinigten Staaten. 1942 wurde diesem Hiskey die Leitung einer Gruppe von Chemikern übertragen, die an der Columbia University in New York über Probleme der Atomforschung arbeiteten. 1943 wurde er an das metallurgische Laboratorium in Chicago versetzt, an dem Vorbereitungsarbeiten für eine Großproduktion für Plutonium für eine Verwendung bei der Herstellung von Bomben geleistet wurden. Die von Hiskey beschafften Informationen gingen an Adams, der sie sofort an eines der sowjetischen Konsulate weiterleitete.

Die amerikanische Armee lehnte die Einstellung Hiskeys für den aktiven Dienst ab, da sich in seinen Personalakten Eintragungen über seine politische Tätigkeit fanden. Es ist bezeichnend für die damals herrschenden Bedingungen, daß er daraufhin eine sehr viel empfindlichere Stellung bei den Vorbereitungsarbeiten zum Bau der Atombombe erhielt. AIs die für das Atomprojekt verantwortlichen Beamten im April 1944 von Hiskeys Spionagetätigkeiten erfuhren, wurde er zum Wehrdienst eingezogen und einer militärischen Einheit in Alaska zugeteilt. Auf der Dienstreise nach Mineral Wells in der Nähe des Polarkreises wurde er von einem Agenten der Abwehr beschattet. Bei einer Durchsuchung seines Gepäcks fand man ein Notizbuch, in das streng geheime Angaben über die Atomforschung eingetragen waren und das einen Vermerk über einen Treff mit einem sowjetischen ND-Agenten in Alaska enthielt. Hiskey bemerkte den Verlust seines Notizbuches und nahm den Treff nicht wahr. Er wurde nie verhaftet.

Vor seiner Abreise nach Alaska hatte Hiskey dafür gesorgt, daß Adams mit einigen zuverlässigen Nachfolgern die Arbeit weiterführen konnte. Unter ihnen befand sich ein gewisser John Hitchcock Chapin, der als Chemiker am metallurgischen Laboratorium in Chicago angestellt war. Die Sicherheitsstellen wußten von Chapins Kontakten mit Adams, der aber dennoch bis Mai 1945 in dieser Stellung blieb. Später übernahm er eine Arbeit bei der M. W. Kellogg Company, einer Firma, die an geheimen Projekten für die Luftstreitkräfte arbeitete.

Auf Grund der Ermittlungen gegen Hiskey und Chapin wurde eine Überwachung des Adams durch das FBI angeordnet. 1944 fand man bei einer Durchsuchung seiner Sachen stark belastendes Material im Zusammenhang mit der Atombombenherstellung. 1945 wurde ein „nichtöffentliches Verfahren gegen Adams“ eingeleitet Indes wurde Adams wegen des Standpunktes, den das US-Außenministerium hinsichtlich der strafrechtlichen Verfolgung sowjetischer ND-Agenten einnahm, nicht verhaftet. Er flog nach Portland, Oregon, wo er an Bord eines sowjetischen Schiffes gehen wollte. Er wurde aber von FBI-Beamten angehalten, und nach New York zurückgebracht. Noch im Sommer des gleichen Jahres konnte er die Vereinigten Staaten unbehelligt verlassen.

Adams hat dem sowjetischen ND außerordentliche Dienste geleistet. Er war einer seiner ergebensten und selbstlosesten Agenten. Daß er je wieder in die Vereinigten Staaten beordert wird, dürfte nach diesen Vorfällen höchst unwahrscheinlich sein.

Als die vorbereitenden Forschungsarbeiten der Atomwissenschaftler in den Vereinigten Staaten abgeschlossen waren und die erste Versuchs-explosion einer Atombombe stattgefunden hatte, konnte die sowjetische Atomspionage die erfolgreiche Beendigung ihrer ersten und hauptsächlichsten Aufgabe melden: in den Vereinigten Staaten, Großbritannien und Kanada hatte der sowjetische ND geheime Formeln, Konstruktionszeichnungen und genaue Beschreibungen von Instrumenten, Geräten und Fertigungsprozessen für die sowjetischen Physiker beschafft. In Montreal hatte man Proben von U-233 und U-235 besorgen können. Die russischen Wissenschaftler konnten zwar immer noch nicht die Arbeit auf dem Atomsektor in vollem Maße vorantreiben, waren aber jedenfalls über die wissenschaftlichen Entwicklungen im Ausland voll orientiert. Zu dieser Zeit konnten die im Ausland durchgeführten Experimente in den russischen Laboratorien zwar noch nicht nachgeprüft werden, aber durch die Arbeit des ND waren immerhin einige russische Wissenschaftler in die Lage versetzt worden, jede neue Formel und Erfindung zu begreifen. Dieses Verständnis und dieses Wissen waren eine absolute Notwendigkeit, wenn Rußland nach dem Kriege auf dem Gebiet der Atomforschung als ernsthafter Konkurrent der Vereinigten Staaten auftreten wollte.

Unmittelbar nach dem Ende des Krieges begann die Sowjetregierung mit dem Wiederaufbau ihrer wissenschaftlichen Institute. Die sowjetische Industrie dagegen konnte erst 1947-48 die notwendigsten Aufgaben lösen und den dringendsten Anforderungen nachkommen, die ihr im Zusammenhang mit den militärisch-wissenschaftlichen Projekten des Landes gestellt wurden. In den Jahren seit Kriegsende hatte man rund zweihundert deutsche Wissenschaftler und Ingenieure in russische Laboratorien und Industriewerke gebracht, unter denen sich — neben anderen hervorragenden Köpfen — die Nobelpreisträger Dr. Gustav Hertz und Baron Manfred von Ardenne befanden. Im Gegensatz zu den sowjetischen Behauptungen muß festgestellt werden, daß die erfolgreiche Herstellung der ersten Atombombe in Rußland wesentlich von zwei Elementen abhängig war — einer umfangreichen sowjetischen Spionage im Westen und der Entführung von Wissenschaftlern aus Mitteleuropa.

Die sowjetische Regierung hat niemals anerkannt und zugegeben, wie sehr ihre Erfolge auf dem Atomsektor von den legalen oder illegalen, freiwillig gewährten oder erpreßten Beiträgen anderer Staaten abhängig waren. Sie hat immer versucht, die Konstruktion der sowjetischen Atombombe als ein Ergebnis rein russischer Bemühungen darzustellen, und hat mit stärkster Betonung, aber ohne jede Überzeugungskraft abgestritten, je Atomspionage irgendwelcher Art betrieben zu haben. Als die Gusenko-Dokumente veröffentlicht wurden, gab Moskau — wie bereits dargestellt — bekannt, daß es diese „technischen Angaben" angesichts des „fortgeschrittenen Standes der Technik in der UdSSR" nicht nötig habe. Nach dem Prozeß gegen Klaus Fuchs bestritt TASS die Feststellung der Anklage, Fuchs habe Angaben über die Atomforschung an Agenten der sowjetischen Regierung ausgeliefert. In der TASS-Erklärung hieß es, diese Beschuldigung sei „eine glatte Erfindung, da Fuchs der sowjetischen Regierung nicht bekannt ist und kein Vertreter der sowjetischen Regierung jemals mit Fuchs in Verbindung gestanden hat"

Moskau behauptete, es sei bereits lange vor der Erklärung des Präsidenten Truman vom September 1949, in Rußland habe eine Atomexplosion stattgefunden, im Besitz einer Atombombe gewesen. Im November 1947 stellte Außenminister Molotow vor dem Moskauer Sowjet fest, daß „die Atombombe schon seit langem kein Geheimnis mehr ist", womit er offenbar andeuten wollte, die sowjetische Regierung sei bereit» im Besitz der Bombe. In einem Kommentar zur Erklärung Trumans vom September 1949 sagte TASS:

TASS erachtet es für notwendig, daran zu erinnern, daß der Außenminister der LIdSSR, W. M. Molotow, bereits am 6. November 1947 eine Erklärung über das Atombombengeheimnis abgegeben hat. Er erklärte in dem Zusammenhang, das Geheimnis sei schon lange kein Geheimnis mehr.

Diese Erklärung bedeutete, daß die Sowjetunion bereits das Geheimnis der Atomwaffen entdeckt und diese Waffe zu ihrer Verfügung hatte.

Wissenschaftliche Kreise der Vereinigten Staaten von Amerika hielten diese Erklärung für eine Täuschung und vertraten die Ansicht, die Russen könnten frühestens im Jahre 1952 im Besitz einer Atomwaffe sein.

Diese Ansicht war ein Irrtum, da die Sowjetunion das Geheimnis der Atomwaffen bereits im Jahre 1947 kannte. (Aus deut Euglisclten übersetzt.)

Tatsächlich wurde in den Jahren 1947-48, als die Herstellung einer Atombombe durch die Russen bevorzustehen schien, eine umfassende Reorganisation der sowjetischen Atomprojekte durchgeführt. Professor Peter Kapitza, Leiter der sowjetischen Atomforschung, der vierzehn Jahre in England gelebt hatte, wurde seines führenden Postens enthoben, durfte seine wissenschaftliche Arbeit jedoch fortsetzen. Mitglieder der KPdSLI, „zuverlässiger als Kapitza, wenngleich ihm wissenschaftlich weit unterlegen, wurden mit leitenden Verwaltunngsposten betraut“ Die Regierung setzte einen Sonderausschuß zur Kontrolle der Atombomben-und Wasserstoffbomben-Forschung ein, dem unter anderen Nikolai Bulganin, Georgij Malenkow, Lawrentij Berija angehörten

Bei der Beurteilung der sowjetischen Atomspionage muß zusammenfassend festgestellt werden, daß gerade auf diesem Sektor der ND-Arbeit der internationale Kommunismus allergrößte Hilfe geleistet hat. Wenn Rußland ohne äußere Hilfe und aus eigener wissenschaftlichen Kraft die ersten Phasen der Atomforschung hätte hinter sich bringen müssen, wenn es selbständig die von anderen Nationen durchgeführten Experimente hätte wiederholen wollen, wäre ein weiteres Jahrzehnt, vielleicht noch mehr Zeit vergangen, bis es den Stand erreichte, den die Vereinigten Staaten 1947-48 innehatten. Neben den wissenschaftlichen Arbeiten seiner eigenen Laboratorien fand die russische Forschung Hilfe bei einem Laboratorium ganz anderer Art — der GRU-Zentrale in der Snamenskij-Straße Nr. 19, in Moskau. Der sowjetische Fortschritt in der Atom-wissenschaft ist durch eine bisher nicht gekannte erzwungene Zusammenarbeit von Wissenschaft und Spionage gekennzeichnet, die den ganzen Krieg hindurch andauerte. Die erste sowjetische Atombombe war das Produkt gemeinsamer Anstrengungen russischer Wissenschaftler und britischer, kanadischer, deutscher, ungarischer, italienischer und amerikanischer Kommunisten. Zum Schaden ihrer eigenen Länder haben die kommunistischen Parteien des Westens auf diese Weise die Schuld abgetragen, in die sie auf Grund politischer und finanzieller Hilfe, die ihnen die Sowjetunion mehr als zwei Jahrzehnte gewährte, geraten waren.

8. Die Regierung der Vereinigten Staaten und die sowjetische Spionage

In den zwei Jahrzehnten vor dem Wendepunkt von 1946— 1947 neigte die Regierung der Vereinigten Staaten dazu, die Bedeutung der sowjetischen Spionage zu verharmlosen und gegenüber den in Amerika operierenden Agenten Milde walten zu lassen. Diese Haltung, auf die bereits mehrfach im Verlauf dieser Untersuchung hingewiesen wurde, läßt sich auf verschiedene Gründe zurückführen.

Anfangs galt die Sowjetunion als Macht zweiten Ranges. Der neue Staat der Sowjets hatte die blutigen Auseinandersetzungen der Jahre 1917— 1920 nur mit Mühe überstanden und verfügte am Ende dieser ersten Phase seiner Existenz nur über eine schlecht ausgerüstete Armee, der keine Flotte und keine Luftmacht zur Seite standen. Die Sowjetunion war zur Aufgabe weiter Gebiete im Osten und Westen gezwungen worden und hatte einen Bevölkerungsverlust von rund fünfundzwanzig Millionen erlitten. Es dauerte nur wenige Jahre, bis die Auswirkungen der scharf vorangetriebenen Kollektivierung der Landwirtschaft und die harten Säuberungen unter dem Offizierskorps die eben aufgebauten Streitkräfte erneut schwächten. Die öffentliche Meinung Amerikas wollte nicht glauben, daß dieses Land eine wirkliche Bedrohung darstellen könne, mochten auch ein paar Spione den Kreml mit ein paar gestohlenen Geheimdokumenten aus dem Ausland versorgen. Zudem aber rechneten die Politiker mit der Möglichkeit, daß sich dieses Rußland, so schwach es scheinen mochte, eines Tages mit Japan und Deutschland alliieren könnte. Seit Anfang der dreißiger Jahre scheute man davor zurück, Moskau durch unnötige Publizität, der eine Spionage-Affäre nicht entgehen konnte, vor den Kopf zu stoßen. Die politische Wissenschaft in Amerika beschäftigte sich kaum mit dem Phänomen der sowjetischen Polizei, des sowjetischen Untergrunds im Ausland und der sowjetischen Spionage. Mit jedem Jahr, das eine Verschärfung der aggressiven Haltung Japans und Deutschlands brachte, wurde diese Tendenz der amerikanischen Politik stärker.

Fälle von sowjetischer Spionage, die hin und wieder aufgerollt wurden, glaubte man als vereinzelte, sporadische Bemühungen des Kreml abtun zu können. Daß sie symptomatisch für die Struktur der sowjetischen ND-Tätigkeit waren, erkannte man nicht; daß diese Fälle Teile einer zentral gesteuerten Operation waren, blieb den Amerikanern verborgen.

Man muß sich ständig diese Haltung der öffentlichen Meinung Amerikas und der Regierung der Vereinigten Staaten vor Augen halten, will man verstehen, warum die Abwehrstellen zögerten, gegen Mark Zilbert vorzugehen, dessen Spionagetätigkeit bekannt war; warum man es unterließ, nach der Switz-Osman-Affäre den sowjetischen ND-Ring in Panama bloßzustellen; warum man nicht entschlossen daran ging, die ND-Nester in der Amtorg zu untersuchen. Nur vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum man den sowjetischen Agenten Michail Gorin ausreisen ließ, bevor er seine Strafe abgebüßt hatte; warum Adolf Berle dem Bericht Whittacker Chambers’ nicht glauben wollte und warum das FBI angesichts der Geheimgruppen in den Regierungskreisen von Washington drei Jahre lang nichts unternahm und die Hände in den Schoß legte, als es von den ersten Atomspionageversuchen des Wassilij Subilin und seiner Gehilfen in den Jahren 1942-43 erfuhr. Nur diese Grundhaltung kann die Unterlassungssünden im Fall Fuchs und den allgemein ablehnenden Standpunkt des US-Außenministeriums hinsichtlich einer strafrechtlichen Verfolgung sowjetischer Geheimagenten in den Kriegsjahren erklären. Selbst amerikanische Staatsbürger, die in das sowjetische Spionagenetz verstrickt waren, kamen unbehelligt davon. Ein langer Weg führt von dieser Einstellung zu jenem Tag des Jahres 1953, an dem zwei sowjetische Agenten hingerichtet wurden.

Erst nach dem Ende des Krieges begann sich die Lage, wenn auch sehr langsam, zu ändern. Am 2. November 1945 — kurz vorher hatte sich Elizabeth Bentley dem FBI gestellt und Dinge berichtet, die zum großen Teil seit Jahren bekannt waren — übersandte FBI-Direktor J. Edgar Hoover dem Weißen Haus einen „streng geheimen“ Bericht, in dem zwölf Beamte der amerikanischen Regierung namentlich als Agenten des sowjetischen ND-Apparates aufgeführt wurden:

Auf Grund von Ermittlungen des Büros sind kürzlich aus streng vertraulicher Quelle Informationen bekannt geworden, nach denen eine Anzahl von Personen im Dienst der Regierung der Vereinigten Staaten anderen Personen, die nicht der Bundesregierung [Federal Government] angehören Angaben gemacht und Informationen geliefert haben, die von den Empfängern an ND-Agenten der sowjetischen Regierung weitergeleitet wurden.

Im Augenblick kann nicht genau festgestellt werden, wieviele der Betreffenden tatsächlich Kenntnis von der Verwendung des von ihnen gelieferten Informationsmaterials hatten. Die Ermittlungen haben aber schon jetzt ergeben, daß die nachstehend genannten Personen tatsächlich jene Quellen waren, aus denen das an das sowjetische Spionagesystem weitergegebene Informationsmaterial ursprünglich stammt. Idi lasse die Ermittlungen nachdrücklich fortführen, um Ausmaß und Natur der Mitschuld dieser Personen in diesem Spionage ring feststellen zu können.

Die dem Büro im Augenblick vorliegenden Informationen lassen dar auf schließen, daß die folgenden Personen an diesem Unternehmen teilgenommen haben oder von den Hauptfiguren des Rings für die Beschaffung von Informationen genutzt wurden, an denen die Sowjets interessiert sind:

Dr. Gregory Silvermaster, langjähriger Beamter des Landwirtschaftsministeriums.

Harry Dexter White, führender Mitarbeiter des Finanzministers [Assistant to the Secretary of the Treasury].

George Silverman, früher beim Pensionsamt der Eisenbahnen [Rail-road Revirement Board], nach vorliegenden Meldungen jetzt im Kriegsministerium.

Lauchlin Currie, früher Verwaltungsgehilfe [Administrative Assistant] des verstorbenen Präsidenten Roosevelt.

Victor Perlo, früher beim Amt für Kriegsproduktion und beim Amt für Auslandshilfe.

Donald Wheeler, früher beim OSS [Office of Strategie Services].

Major Duncan, OSS.

Julius Joseph, OSS.

Helen Tenney, OSS.

Maurice Halperin, OSS.

Charles Kramer, früherer Mitarbeiter des Senators Kilgore.

Captain William Ludwig Ullmann, Heereslufteinheiten [United States Army Air Corps].

Oberstleutnant John H. Reynolds, Armee Nur aus dem allgemeinen politischen Klima der Kriegsjahre läßt sich die Tatsache erklären, die heute unverständlich erscheinen würde — daß keiner der Genannten verhaftet, dagegen. einer, nämlich Harry Dexter White, in eine äußerst einflußreiche Stellung im Internationalen Währungsfonds (International Monetary Fund — IMF) befördert wurde. Am 1. Februar 1946 sandte Hoover einen zweiten „persönlichen und vertraulichen Bericht“ an General Harry H. Vaughan im Weißen Haus, an den sich das FBI häufig wandte, wenn es den Präsidenten von bestimmten Informationen in Kenntnis setzen wollte. Der Bericht enthielt eine Beschreibung der Tätigkeit des Harry Dexter White und nannte eine Anzahl wichtiger neuer Spuren und Anhaltspunkte für die sowjetische ND-Tätigkeit in den Vereinigten Staaten:

Wie Ihnen bekannt sein dürfte, hat der Präsident dem Kongreß vorgeschlagen, Harry Dexter White als einen der zwei amerikanischen Delegierten beim Internationalen Währungsfonds, die nach dem Abkommen von Bretton Woods zu stellen sind, zu bestätigen.

Angesichts dieser Tatsache wie auch des Interesses, das der Präsident und Sie selbst an Fragen dieser Art zeigen, und der schweren Beschuldigungen gegen White, die in der Anlage verzeichnet sind, habe ich bei der Ausarbeitung dieses Memorandums keine Mühen gescheut, um alle erdenklichen Aspekte des Falles zu beleuchten.

Wie ersichtlich, ist das Büro in den Besitz von Informationen gelangt, nach denen White beschuldigt wird, ein wesentliches Mitglied einer unterirdischen sowjetischen Spionageorganisation zu sein, die in Washington, D. C., operiert.

Material, das ihm auf Grund seiner dienstlichen Stellung zugänglich war, wurde nach den vorliegenden Informationen durch Zwischenträger an Nathan Gregory Silvermaster, dessen Frau Helen Witte Silvermaster und William Ludwig Ullmann weitergeleitet. Sowohl Silvermaster wie Ullmann sind im Schatzamt der Vereinigten Staaten angestellt und stehen, wie gemeldet wird, unmittelbar unter der dienstlichen Aufsicht des White.

Die aus dem Schatzamt stammenden Informationen und Schriftstücke wurden entweder direkt weitergeleitet oder von Ullmann in einem gutausgestatteten Photolabor im Souterrain des Hauses der Silvermasters photokopiert. Das Material ging daraufhin durch Kurier* nach New York City und wurde dem Jacob M. Golos (bis zu dessen Tod am 27. November 1943) ausgehändigt . . .

Dieses gesamte Netz ist seit November 1945 eingehend durchleuchtet worden. Auf Grund dieser Ermittlungen bin ich heute in der Lage, Ihnen diesen Bericht zu übersenden.

Ich sehe mich im gegenwärtigen Augenblick veranlaßt, Ihre Aufmerksamkeit auf einen weiteren Umstand zu lenken, der meinem Büro durch Quellen, die uns in Kanada zur Verfügung stehen, bekannt-geworden ist. Diesen Meldungen zufolge werden die britischen und kanadischen Delegierten beim Internationalen Währungsfonds möglicherweise White für den Posten des Präsidenten des Internationalen Währungsfonds Vorschlägen und seine Wahl unterstützen . . .

... in der Zukunft werden möglicherweise weitere Tatbestände aufgedeckt, die White schwer belasten und dadurch eine erfolgreiche Arbeit dieser wichtigen internationalen Institutionen gefährden könnten

Man schlug die Warnungen des FBI in den Wind. Harry Dexter White übernahm nicht nur seinen neuen Posten, sondern nahm eine Reihe anderer Mitglieder des Washingtoner Spionagerings, unter ihnen Frank Coe und Harold Glasser, die ebenfalls in dem FBI-Bericht genannt worden waren, mit sich in den Internationalen Währungsfonds. • In einer Demokratie läßt sich die öffentliche Meinung nur schwer von ihren festen Anschauungen abbringen und zu einer neuen Vorstellungswelt führen. Drei Jahre dauerte es, bis man das Phänomen der sowjetischen Spionage in seiner ganzen Bedeutung erfaßte und die Regierung andere Wege einschlug. Der Wendepunkt in diesem langsamen Umformungsprozeß kam mit dem Fall Hiss-Chambers, der in der zweiten Hälfte des Jahres 1948 immer größere Kreise zog. Die sensationellen Vernehmungen vor Ausschüssen des Kongresses, die „Kürbispapiere", die Persönlichkeiten der beiden Gegner (der eine Präsident der Carnegie-Friedensstiftung [Carnegie Endowment for International Peace], der andere Schriftleiter in der Redaktion der Time), ihre einander widersprechenden Aussagen und der Ausgang dieser Affäre machten den Fall Hiss-Chambers zu einer internationalen cause celebre. Anfang August erwog das Justizministerium die Einleitung eines Meineidsverfahrens gegen Chambers wegen seiner Aussagen über Hiss. Im Dezember wurde bei einem New Yorker Schwurgericht ein Verfahren gegen Hiss anhängig gemacht. In den wenigen Monaten der Zwischenzeit hatte sich bei einen großen Teil des amerikanischen Volkes Gleichgültigkeit gegenüber der sowjetischen Spionage in den Vereinigten Staaten in offene Empörung verwandelt. Über den Fall Hiss-Chambers ist so viel geschrieben worden, daß sich eine eingehende Darstellung an dieser Stelle erübrigt.

Die Empörung wuchs von Monat zu Monat. Untersuchungsausschüsse des Kongresses, Kammern zur Überprüfung der Loyalität (Loyalty Boards) und das FBI deckten gemeinsam Spuren und Identität früherer und noch immer operierender Mitglieder der sowjetischen ND-Apparate auf und stießen dabei meistens auf amerikanische Staatsbürger. Je größer die Kreise wurden, die dieser Feldzug gegen die Spionage zog, desto klarer und realistischer wurde die Einstellung der führenden Persönlichkeiten der Regierung. General Walter Bedell Smith, Chef der Central Intelligence Agency (Zentrale Abwehrstelle), erklärte im September 195 3: „Idi glaube, die Kommunisten waren so gerissen und so fähig, daß sie praktisch jede Sicherheitsstelle der Regierung unterwandert haben“

Wenige Monate später berichtete William H. Foley, Leiter der Abteilung Innere Sicherheit im Justizministerium, daß gegenwärtig 766 Fälle von Spionage und 261 Fälle von Sabotage untersucht würden Lind J. Edgar Hover stellte fest: „Feindliche Spionageringe operieren zur Zeit mit größerer Intensität als je zuvor in der Geschichte des Landes

An dieser Stelle eine Übersicht auch nur der wichtigsten Spionage-fälle der Nachkriegszeit zu geben, ist fast unmöglich. Zwei Ansatzpunkte und Beschaffungskanäle des sowjetischen ND in den Vereinigten Staaten, die vor dem Kriege nicht existierten, wurden indes so wichtig, daß sie erwähnt werden müssen: die Organisation der Vereinten Nationen (UNO) und die Gruppe der Vertretungen der Satellitenstaaten. Im August 1951 wurden siebenundachtzig Fälle untersuchit, in die fremde Diplomaten oder Personen mit quasi-diplomatischem Status verwickelt waren. Von diesen Personen, über die „Informationen negativen Charakters“ vorlagen, gehörten achtundvierzig verschiedenen Botschaften und Konsulaten an, während siebenunddreißig im Dienst „internationaler Organisationen" standen Unter den Botschaften und Konsulaten fremder Mächte stachen die Vertretungen Polens und der Tschechoslowakei als Stützpunkte der prosowjetischen Spionage hervor.

Die Regierung der Vereinigten Staaten leitete gegen eine Reihe amerikanischer Bediensteter der UNO Maßnahmen ein. Bei zwei sowjetischen Beamten der UNO — dem Stellvertretenden Generalsekretär Konstantin Sintschenko und dem Beauftragten für Politische Fragen in der Abteilung des Sicherheitsrates — wurde in den letzten Monaten des Jahres 195 2 die Dienstzeit plötzlich „beendet“. Die beiden sowjetischen Beamten hatten auf Grund ihrer dienstlichen Stellung überreiche Möglichkeiten zur Informationsbeschaffung und Berichterstattung gehabt Im Dezember 1952 veröffentlichte die Große Jury des Süddistriktes von New York eine in die Einzelheiten gehende „Eingabe“, die sich gegen das US-Außenministerium richtete und es der Lauheit hinsichtlich der sowjetischen Spionage in der UNO beschuldigte. In dieser Erklärung hieß es, die von der Jury durchgeführten Ermittlungen hätten ergeben, daß „über ein Dutzend dieser bei den Vereinten Nationen beschäftigten amerikanischer Staatsbürger, die zu Aussagen vor unserer Jury aufgefordert worden waren, die Beantwortung von Fragen verweigerten, die sich auf frühere und noch bestehende Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei und Tätigkeit in dieser Partei bezogen, einschließlich Fragen, die in verschiedenen Fällen gestellt wurden und sich auf frühere und jetzige Spionage gegen die Vereinigten Staaten bezogen

Unter der Vielzahl der Spionage-Affären der Nachkriegszeit gibt es einen Fall — den Coplon-Gubitsdiew-Fall — der eine eingehendere Darstellung verdient, da an ihm die Strukturmerkmale und die Techniken der sowjetischen ND-Operationen der Nachkriegszeit besonders deutlich werden. Dieser Fall, der schließlich im Sand verlief, ist bisher nicht so gründlich analysiert worden, wie seine Bedeutung es verlangt.

Die Operationen des unter „Michael" arbeitenden sowjetischen ND-Apparates in den Vereinigten Staaten liefen erst nach dem Kriege an. Um diese Zeit legte Moskau bereits wieder größten Wert auf „Wachsamkeit“ und strikte Beachtung der Regeln der konspiratsia durch alle ND-Stützpunkte und Agenten. Die beiden Mitglieder dieses bestimmten Apparates, deren Namen bekannt geworden sind, nämlich Valentin Gubitschew und Judith Coplon, entsprachen ganz den neuen scharfen Anforderungen, so daß der Direktor in Moskau mit einigem Vertrauen auf eine Zeit ruhiger und erfolgreicher Zusammenarbeit zwischen diesem Paar und „Michael" hoffen konnte.

Judith Coplon stammte aus einer alten amerikanischen Familie. Ihr Großvater war während des Bürgerkrieges wegen seiner Sympathien für die Sache der Union bekannt geworden. Man hatte ihn damals verhaftet und für die Dauer des Krieges in Georgia interniert. Ihr Vater war Mitglied einer liberalen Freimaurerloge. Judith selbst neigte dazu, etwas anzubeten, was gewissen Liberalen lange Zeit als die geistige Fortsetzung der Demokratischen Revolution erschien — die Bolschewistische Revolution in Rußland. Während ihrer college-Jahre hatte Judith Coplon nur ihre Studien gekannt. Im Jahrbuch des Barnard College wurde sie folgendermaßen charakterisiert: „Hinter einem Babygesicht und gefühlvollen braunen Augen lauert ein klarer analytischer Geist.“ Russisch zählte zu den Fremdsprachen, die sie in diesen Jahren studierte.

AIs Judith Coplon in die Dienste des sowjetischen ND trat, mußte sie ihre Beziehungen zu allen Gruppen und Personen, die ihr politisch nahestanden, abbrechen. Sie hatte zwar nie organisatorisch der Kommunistischen Partei angehört, durfte nun aber nicht einmal mehr privat mit einzelnen Kommunisten verkehren, um nicht Argwohn und Aufmekrksamkeit des FBI auf sich zu lenken. Zwei Jahre nach ihrem Abschlußexamen am Barnard College erhielt sie eine Anstellung im US-Justizministerium: wo sie sich zunächst mit politischen Berichten aus verschiedenen europäischen Ländern zu befassen hatte. Im Frühjahr 1946 wurde sie von der Abteilung Politische Auswertung in die Abteilung „Registrierung Beauftragter fremder Mächte" (Foreign Agents Registration Division) versetzt. Im allgemeinen interessiert sich der sowjetische ND nicht sonderlich für die oberste Justizbehörde und das Justizsystem eines demokratischen Staates. Indes ist dem US-Justizministerium das Federal Bureau of Investigation (FBI) angegliedert, bei dem Tausende von Geheimberichten über politische, internationale und militärische Fragen zusammenlaufen.

Seit 1946 hatte Judith Coplon gewissermaßen gerade am Rande dieser Dienststelle gearbeitet. Technisch und formell befaßte sich die Abteilung, in der sie beschäftigt war, nur mit der Erfassung und Registrierung der Beauftragten fremder Mächte. Nach dem geltenden Gesetz sind alle Personen oder Stellen, die einen „ausländischen Auftraggeber" vertreten und insbesondere „jede Person, die innerhalb der Vereinigten Staaten Informationen für einen ausländischen Auftraggeber beschafft oder solche Informationen an einen ausländischen Auftraggeber berichtet“ zur Meldung beim US-Justizministerium verpflichtet. Angehörige des Diplomatischen Dienstes, die beim US-Außenministerium akkreditiert sind, fallen nicht unter dieses Gesetz, solange sie „ausschließlich einer Tätigkeit nachgehen, die vom Ministerium als rechtmäßige Funktion eines solchen Beamten anerkannt wird“. Unterlassung der Anmeldung oder Anmeldung unter falschen Voraussetzungen wird mit einer Gefängnisstrafe bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe bis zu lOOOO Dollar oder beidem geahndet.

Bei der Überwachung der gemeldeten Personen arbeiten beide Instanzen, FBI und Registrierungsabteilung, eng zusammen. Zwischen ihnen besteht ein regelmäßiger Austausch von Informationen und vertraulichen Berichten über diplomatische Vertreter fremder Mächte (einschließlich der Sowjetunion und ihrer Satellitenstaaten), über Militärattaches und ihre Bemühungen, Informationen über die Vereinigten Staaten zu beschaffen, über Personen, die der Spionage und der illegalen Versendung geheimer Regierungsdokumente verdächtigt werden usw. Kurz, jeder ND einer fremden Macht würde sich glücklich schätzen, einen Agenten in diese bestimmte Abteilung des US-Justizministeriums einschleusen zu können.

Seit ungefähr Februar 1946 war Judith Coplon auf Grund ihrer dienstlichen Stellung in der Lage, eine Vielzahl von Berichten des FBI und anderer Instanzen, die sich mit geheimen Staatsgeschäften befaßten, zu lesen und zu kopieren. Bei ihrer Verhaftung fand man Hunderte von FBI-Berichten in ihrem Schreibtisch.

Das von ihr beschaffte Material war für den sowjetischen ND von solchem Interesse, daß die GB in Moskau einen eigenen Kontaktmann, Valentin Gubitschew, für Judith Coplon in die Vereinigten Staaten einschleuste. Er traf nur wenige Monate, nachdem Judith Coplon die Arbeit ausgenommen hatte, in den Vereinigten Staaten ein.

Gubitschew hatte in Moskau das Institut für Architektur besucht, das er mit dem Titel eines Bauingenieurs verließ, und anschließend einige Jahre im Moskauer Außenministerium gearbeitet. Dieser Titel und die Tatsache, daß er bei seiner zeitweiligen Übersiedlung nach Amerika von seiner Frau begleitet wurde, boten die besten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Tarnung.

Der untersetzte, finster dreinblickende Gubitschew machte nicht den Eindruck eines Mannes von besonderer Intelligenz und Begabung. Aber schließlich waren das Eigenschaften, die bei seinem Auftrag nicht unbedingt gefragt und vonnöten waren. Er hatte nur als Verbindungsmann zwischen Judith Coplon, der Quelle, und seinem sowjetischen Vorgesetzten, einem GB-Residenten in den Vereinigten Staaten, zu fungieren, d. h. er hatte von Zeit zu Zeit von der einen Seite Papiere entgegenzunehmen und sie der anderen Seite sicher zu überbringen. Natürlich war dieser Auftrag nicht ungefährlich, aber Gubitschew konnte immer, sollte es zum Schlimmsten kommen, auf die Rückendeckung einer mächtigen Regierung rechnen. . .......

Man hätte Gubitschew selbstverständlich zur Tarnung und Sicherung seines nicht ganz ungefährlichen Auftrages durch einen entsprechenden Posten diplomatische Immunität verleihen können. Aber schließlich stehen auch solche Posten nicht unbegrenzt zur Verfügung, ganz abgesehen von der Tatsache, daß jede so deutlich durch ihren privilegierten Status gekennzeichnete Person leicht vom FBI überwacht werden kann. Das Telefon eines Mannes in solcher Stellung anzuzapfen, ist nicht schwer.

Gubitschews sowjetische Vorgesetzten kamen auf den Gedanken, das Problem durch Einschaltung der neuen Institution, der LINO, zu lösen. Wie konnte man diplomatischen Status und diplomatische Immunität für Angehörige fremder Mächte im Hauptquartier der UNO in New York beschaffen? Wieviele sowjetische Beamte konnten Stellen bei der LINO bekleiden, die sie in den Genuß der diplomatischen Immunität brachten? In der sowjetischen Delegation gab es zweifellos eine Anzahl Posten, deren Inhaber automatisch in den Genuß dieser Sonderrechte kamen, aber diese Posten waren bereits besetzt, und zwar von Personen, die einen jeweils fest umrissenen Auftrag hatten. Die GB fand einen Ausweg: Gubitschew, Beamter des sowjetischen Außenministeriums, wurde zum Sekretär der sowjetischen Delegation bei der LINO ernannt und konnte deshalb mit einem Diplomatenpaß und einem von der Botschaft der Vereinigten Staaten in Moskau ausgestellten Diplomaten-visum in die Vereinigten Staatei] einreisen. Sobald Gubitschew auf amerikanischen Boden war, wurde er auf einen anderen Posten versetzt, der nichts mit Diplomatie und diplomatischen Vorgängen zu tun hatte. Man machte ihn zum Angestellten der UNO, nicht aber zum Angehörigen der sowjetischen Delegation. Im September 1946, kurz nach seiner Ankunft, leistete Gubitschew folgenden Eid: „Ich schwöre feierlich, die Aufgaben, die mir in meiner Eigenschaft als Mitglied des Internationalen Dienstes der Vereinten Nationen übertragen werden, loyal, diskret und gewissenhaft auszuführen und mich in meinem Verhalten nur nach den Interessen der Vereinten Nationen zu richten und bezüglich der Ausübung meiner Pflichten nicht um Weisungen einer Regierung oder einer anderen Macht außerhalb dieser Organisation zu ersuchen oder sie anzunehmen

Als Angestellter der UNO wurde Gubitschew dem Bauvorhaben am East River, wo das neue LINO-Gebäude errichtet werden sollte, zugewiesen. Sein Gehalt (6050 Dollar jährlich) war recht bescheiden. Jedermann mußte ihn für einen kleinen Angestellten auf einer der unteren Stufen der UNO-Hierarchie halten. Er mietete eine Wohnung in einem bescheidenen New Yorker Stadtteil, der hauptsächlich von Spaniern und Negern bewohnt wird. „Michael“ stellte sehr bald die Verbindung zwischen Gubitschew und Judith Coplon her, die kurz danach regelmäßig zu Treffs mit ihrem neuen Kontaktmann von Washington nach New York fuhr, wobei sie ihre Reisen mit Besuchen bei ihren in Brooklyn lebenden Eltern tarnte.

Im Justizministerium bat Judith Coplon ihre Kollegen nun um Einsicht in verschiedene Geheimberichte, sogar solche, die außerhalb ihres eigentlichen Arbeitsbereiches lagen. Sie war vor allem an Schriftstücken mit dem Vermerk „Innere Sicherheit R“ interessiert (R als Abkürzung für Rußland). Sie bestand auf der Einsichtnahme in Schriftstücke über Botschaften, Konsulate und deren Personal, da diese Unterlagen die Namen von FBI-Agenten enthalten konnten. 1949 fragte sie dreimal um die Erlaubnis an, einen streng geheimen Bericht über die sowjetische Spionage studieren zu dürfen.

Das US-Justizministerium und das FBI sammeln systematisch Material über Diplomaten der Sowjetunion und der Satellitenstaaten und greifen dabei in gewissen Fällen auf die Arbeit von Informanten zurück, die in das Personal der betreffenden Stellen eingebaut werden konnten. 1948 wurde dem FBI bekannt, daß der Inhalt einiger seiner Berichte Moskau bekannt geworden war und Moskau wiederum seine Sicherheitsbeamten in den Vereinigten Staaten über die geheimsten Ermittlungsvorgänge des FBI unterrichtete. Das FBI fand sehr bald heraus, daß das Material aus der Abteilung stammen mußte, in der Judith Coplon beschäftigt war Sobald Judith in Verdacht geraten war, nahm das Justizministerium die Ermittlungen auf. Vom FBI vorbereitetes und zur Irreführung des sowjetischen ND bestimmtes Spielmaterial wurde ihr zugeschoben. Im Januar 1949 wurde sie in eine andere Abteilung versetzt. „Sie war außerordentlich aufgeregt,“ gab der Abteilungsleiter später zu Protokoll. Sie ahnte offenbar nicht den wirklichen Grund ihrer Versetzung und verriet sich deshalb, den Angaben ihrer Vorgesetzten zufolge, durch ihre „lauten Proteste".

Inzwischen hielten sich die beiden Agenten genau, vielleicht zu genau an die Verhaltensregeln des sowjetischen ND, die auf ihre bestimmte Lage zutrafen. In Einklang mit den Vorschriften trafen sie sich irgendwo auf der Straße und besuchten dann gemeinsam ein Restaurant, ahnten aber nicht, daß Judith Coplon seit Dezember 1948 von einer Sonder-gruppe von FBI-Agenten beschattet wurde. Agenten waren in ihrer Nähe, wenn ihr Zug aus dem Washingtoner Bahnhof Umovt Station nach New York auslief, Agenten warteten bereits, wenn ihr Zug in die Pennsylvania Station in New York einlief. Sehr oft begab sie sich ohne Aufenthalt zu ihren Eltern. War aber ein Treff mit Gubitschew verabredet, dann wanderte sie stundenlang durch die Straßen New Yorks und fuhr ziellos in öffentlichen Verkehrsmitteln umher. Die Agenten ließen sie nicht einen Augenblick aus den Augen. Gewöhnlich trafen sich Gubitschew und Coplon in einem öffentlichen Verkehrsmittel, gaben aber zunächst immer vor, sich nicht zu kennen.

Für einen Treff mit Gubitschew, der am 4. März 1949 stattfand, hatte Judith Coplon eine Anzahl wichtiger und interessanter Unterlagen zusammengestellt. In einem Beischreiben, das offenbar an ihreGB-Chefs gerichtet war, erwähnte sie einen „streng geheimen" und detaillierten Bericht von über hundert Seiten, der vom FBI vorbereitet war und genaue Angaben über die sowjetische Spionage in den Vereinigten Staaten enthielt:

Ich konnte bisher nicht (und glaube auch nicht, daß ich es je schaffen werde) an den streng geheimen FBI-Bericht über sowjetische und kommunistische ND-Tätigkeit in den Vereinigten Staaten herankommen, den ich Michael beschrieben habe. In einem günstigen Augenblick fragte ich Foley [ihren Vorgesetzten], wo der Bericht sei (er hatte vor einiger Zeit geäußert, er besitze einen solchen Bericht).

Er antwortete, irgendein Ministerialbeamter habe ihn und er glaube nicht, daß er ihn zurückbekommen würde. Foley sagte außerdem noch, es sei nichts „Neues“ darin enthalten.

Als ich den Bericht für eine Minute sah, habe ich ihn in aller Eile überflogen, konnte aber nur wenig behalten. Er war ungefähr 115 Seiten lang und gab zuerst eine Zusammenfassung über sowjetische „nachrichtendienstliche" Tätigkeiten und erwähnte dabei Martens, Lore, Poynts [sic], Altschuler, Silvermaster u. ä. Dann enthielt er ein Kapitel über die sowjetische UNO-Delegation, aber das ist alles, was ich behalten konnte. Der Rest handelte, glaube ich, von Tätigkeiten der Polen, Jugoslawen usw. und enthielt möglicherweise noch einige Angaben über die KP der USA

In dem von Judith Coplon zusammengestellten Material befanden sich Kopien von Originalberichten des FBI und sogenanntes „Rohmaterial“, das von FBI-Informanten geliefert, aber noch nicht überprüft und verifiziert war, darunter zum Beispiel Angaben über kommunistische Schauspieler in Hollywood und auf den New Yorker Bühnen. Einer dieser Berichte war von dem FBI-Agenten Robert J. Lamphere verfaßt worden und handelte von Verschiffungen von Geräten für die Atomwissenschaft nach Rußland:

... für die Ausfuhr des für die Atomforschung bestimmten Gerätes, das im August 1947 an Bord des sowjetrussischen Dampfers Michail Kutusow eintraf, war keine Ausfuhrgenehmigung erteilt worden.

... eine Ladung ähnlicher geheimer Instrumente wurde am 2. September 1948 im New Yorker Hafen an Bord des Dampfers Murmansk entdeckt, jedoch von amerikanischen Behörden von Bord geschafft, da keine Ausfuhrgenehmigung erteilt worden war.

Dann wurde am 14. Januar 1949 eine dritte Ladung in den Hafenanlagen von Claremont, N. Y., entdeckt...

Die Geräteausstattung, die in Rußland angelandet wurde, war von der Amtorg bei der „Cyclotron Spezialties Company" eingekauft worden ... Amtorg hatte ebenfalls mit der Geophysical Corporation Verbindung wegen eines Ankaufs von „Geophonen" ausgenommen — Geräten, die zur Messung von Explosionen verwandt werden

In einem weiteren FBI-Bericht hieß es: „Stuart Legge ist möglicherweise ein russischer Spionageagent.“ Ein Friseur namens Eugenio Chavez aus Withe Sands, New Mexico, war nach einem weiteren Schriftstück, das sich in Judith Coplons Kollektion befand, dem FBI gemeldet worden. Dieser Meldung zufolge sollte er Anweisungen erhalten haben, Experimente mit ferngelenkten Geschossen zu beobachten und zu photographieren und die Photographien der sowjetischen Botschaft in Mexico City zuzuleiten. Noch ein anderer Bericht des FBI erwähnte eine gewisse Ruth Gruber, die als Sekretärin im Büro von Harold L. Ickes gearbeitet hatte, als Ickes noch der Kriegsregierung angehörte, und die in dem Bericht als Kontakt des Fjodor Garanin von der sowjetischen Botschaft aufgeführt war ").

Aus einem der Berichte in Judith Coplons Besitz ging deutlich hervor, daß die FBI einen Agenten in der sowjetischen Botschaft in Washington sitzen hatte. Bei diesem Dokument handelte es sich um ein Schreiben einer gewissen Leona Saron, die sich um eine Arbeit am Informationsbulletin bewarb, das von der sowjetischen Botschaft herausgegeben wurde. Das an die Botschaft gerichtete Bewerbungsschreiben war offensichtlich bearbeitet worden und trug eine Reihe von Vermerken, die aus den Akten der Botschaft stammen mußten. Kopien dieses Aktenstückes waren dem FBI von einem Geheimagenten zugespielt worden. Der sowjetische ND erhielt nun von einem seiner Geheimagenten, nämlich Judith Coplon, Kopien dieser Kopien. Als dieses betreffende Dokument bei dem späteren Prozeß gegen Judith Coplon erwähnt wurde, fragte ihr Verteidiger Archibald Palmer einen als Zeuge auftretenden FBI-Agenten: „Arbeiten Agenten der amerikanischen Abwehr in den Botschaften, Konsulaten und UNO-Delegationen anderer Länder einschließlich Rußlands?" „Jawohl," antwortete der Agent.

Das US-Außenministerium übergab der Presse sofort eine Erklärung, daß solche Agenten nicht für das Außenministerium arbeiteten, daß es andererseits jedoch nicht im Namen anderer amerikanischer Dienststellen sprechen könne

Unter den anderen Schriftstücken, die Judith Coplon für diesen Treff bei sich trug, befanden sich Antworten auf Anfragen, die die GB vorher an Judith Coplon gerichtet hatte und die drei Personen in den Vereinigten Staaten betrafen: Alfred B. Stevenson und Alvin und Lorraine Sinderbrand. Judith Coplon hatte über jede der drei Personen genaue persönliche Angaben zusammengetragen: ihren Ausbildungsgang, ihre politische Haltung und Beziehungen oder vielmehr — und dies wurde besonders betont -nicht vorhandenen Beziehungen zur KP der Vereinigten Staaten.

Auf einer Reihe von „Zetteln" (Notizen, die sich Miß Coplon über verschiedene FBI-Berichte gemacht hatte) fanden sich Namen von Personen, die der amerikanischen Abwehr verdächtig erschienen, aber noch nicht überprüft worden waren, und nichtverifizierte Berichte. Einer dieser Namen war Morton E. Kent. Kent starb drei Monate später unter seltsamen Umständen *). * Judith Coplon hatte außerdem sehr eingehende Angaben über ihre eigene Person bei sich -es kann als wahrscheinlich gelten, daß sie für einen höheren Posten in der ND-Hierarchie vorgesehen war. •) Als der Bericht nach Judith Coplons Verhaltung veröHentlicht wurde, bestritt Mr. Ickes die Richtigkeit der Meldungen über Ruth Grubei und erklärte vor der Presse: . Wenn sie eine Rote ist, bin ich ein Hottentotte. Später war er sich seiner Sache allerdings nicht mehr so sicher.

Offiziell wurde festgestellt, Kent habe Selbstmord begangen. Einigen Berichten zufolge fuhr ihn seine Frau mit dem Wagen zu einem Bootshaus wo er sich ein Kanu mietete. Er war bei der Abfahrt sehr aufgeräumt un sagte, er wolle in der Sonne picknicken. Wenige Stunden spater wurde er mit durchschnittener Kehle aufgeiunden. New York Times, 12. Juni 1949. Das FBI war sich indes nicht ganz sicher, ob Miß Coplon bei dem für den 4. März vorgesehenen Treff mit Gubitschew tatsächlich belastende Schriftstücke mit sich führen würde. Es bereitete deshalb einen eigenen Bericht vor, der zum Teil richtige, zum Teil falsche Angaben über die Atomforschung, zwei FBI-Agenten, die angeblich in die Amtorg eingeschleust worden waren, und andere Objekte enthielt. Dieses Spiel-material wurde Judith Coplon vor ihrer Abfahrt nach New York übergeben. Ihr Abteilungsleiter im US-Justizministerium, William E. Foley, hatte ihr erklärt, er beabsichtige, die Amtorg wegen nichterfolgter Registrierung strafrechtlich zu verfolgen. Judith Coplon fiel prompt in diese Falle. An diesem Tage verließ sie das Ministerium so früh, daß sie noch genügend Zeit hatte, das Spielmaterial mit der Maschine abzuschreiben.

Sie legte es zu den anderen Dokumenten, insgesamt etwa vierzig, die sie in ihrer Handtasche bei sich trug.

Am Abend des 4. März 1949 wanderten die beiden sowjetischen Agenten stundenlang ohne Ziel durch die Straßen der Stadt. Judith Coplon, die von einem Sonderaufgebot von FBI-Agenten beschattet wurde, kam zwanzig Minuten zu spät zu dem verabredeten Treffpunkt. In Übereinstimmung mit der festen Regel, daß, wenn ein Partner nicht genau zur festgesetzten Minute eintrifft, beide Partner den Treffpunkt verlassen müssen und erst eine Stunde später wiederkehren dürfen, lief sie weitere vierzig Minuten durch die Straßen, bevor sie den verabredeten Punkt wieder aufsuchte. Sie traf Gubitschew, zögerte aber, ihm die Papiere zu übergeben — offenbar hatte sie Verdacht geschöpft. Schließlich öffnete sie doch ihre Handtasche. Gubitschew streckte seine Hand aus. In diesem Augenblick wurden beide verhaftet.

Die Bekanntgabe der Verhaftung rief erhebliche Erregung in der Öffentlichkeit hervor und hatte tiefgreifende Wirkungen auf die Haltung der öffentlichen Meinung gegenüber der sowjetischen Spionage in den Vereinigten Staaten.

Die sowjetische Botschaft hatte gute Gründe und natürlich das Recht, dem sowjetischen Staatsbürger Gubitschew zu Hilfe zu kommen. Sie war jedoch nicht in der Lage, Judith Coplon offen zu helfen. Es ist eine feststehende Regel aller Nachrichtendienste, die in flagranti ertappten Agenten rücksichtslos fallen zu lassen.

Keine Regierung hält sich fester an diese Regeln als die sowjetische Regierung. Judith Coplon war sich ohne Zweifel darüber im Klaren daß sie bei einer Verhaftung weder direkte Hilfe noch moralische Unterstützung von sowjetischer Seite erhalten würde, daß sie auf sich selbst gestellt war und die amerikanischen Kommunisten ihre Sympathien zu einem sowjetischen Agenten sicherlich nicht der Öffentlichkeit kundtun würden. In diesem Falle zeigte sich die sowjetische ND-Organisation zu einer geringfügigen, indirekten und nicht sehr wirkungsvollen Hilfestellung bereit — sie gestattete, daß Judith Coplon ihre Verteidigung auf die erfundene Geschichte einer Liebesaffaire mit Gubitschew abstellte.

Mit Zustimmung des US-Außenministeriums wurde die sowjetische Delegation bei der UNO in New York kurz nach Gubitschews Festnahme von der Verhaftung informiert. Wenige Stunden nach Mitternacht suchten zwei Beauftragte der Delegation Gubitschew im Untersuchungsgefängnis auf und setzten durch, daß Frau Gubitschew eine Erlaubnis für einen Besuch am folgenden Tage erhielt. Die beiden Herren konnten noch nicht wissen, daß der sowjetische ND Frau Gubitschew für die Rolle der betrogenen Ehefrau vorgesehen hatte. Allerdings sprang die sowjetische Botschaft früh genug ein: Frau Gubitschew erhielt Befehl, ihren Mann auf keinen Fall im Gefängnis aufzusuchen.

Judith Coplon wurde sowohl in Washington wie in New York vor Gericht gestellt. In Washington stand sie unter der Anklage, Urkunden des US-Justizministeriums beseitigt zu haben. In New York wurde sie gemeinsam mit Gubitschew vor Gericht gestellt. Die Anklage lautete auf Verschwörung zu Zwecken der Spionage. Der Prozeß in Washington dauerte von April bis Juli 1949. Der Prozeß in New York wurde bis zum 26. Januar 1950 zurückgestellt.

Die Aussichten für die beiden Angeklagten waren nicht sehr ermutigend, da das Beweismaterial in Form von Dokumenten und Zeugenaussagen so reichhaltig und überzeugend war, daß eine wirksame Verteidigung unmöglich gemacht wurde. Gubitschew entschied sich für die Taktik der Aussageverweigerung — eine Entscheidung, die zweifellos von Moskau gebilligt worden war, und von dem GB-Agenten Nikolai V. Nowikow, dem Geschäftsträger, und dem Ersten Sekretär der sowjetischen Botschaft Lev S. Tolokonnikow mit Gubitschew abgesprochen wurde Sie waren offenbar von der Leitung des sowjetischen ND mit der Organisation der Verteidigung Gubitschews beauftragt worden und verstanden es ausgezeichnet, sich die Möglichkeiten eines demokratischen Gerichtsverfahrens zu Gunsten ihres „Klienten" zunutze zu machen.

Gubitschew verweigerte die Antwort auf jede Frage, nahm diplomatische Immunität für sich in Anspruch und dachte nicht daran, die ihm zur Last gelegten Beschuldigungen zu entkräften, sondern griff die Vereinigten Staaten wegen ihrer „ungesetzlichen Maßnahmen" und ihrer Mißachtung der Vorrechte des sowjetischen diplomatischen Personals an. „Eine Provokation,“ rief er, „eine schreiende Provokation!" Er sei um „gewisser schmutziger politischer Spekulationen" willen verhaftet worden. Er habe nichts anderes getan, als für den Frieden zu kämpfen, während seine Kerkermeister mit der Absicht gehandelt hätten, „die *Gefühle der Vereinigten Staaten gegen mein Land aufzuputschen“. Er sei mit den amerikanischen Gesetzen nicht vertraut, erklärte er Richter Simon H. Rifkind, aber — „ich weiß, daß wir Ausländer nicht so behandeln, wie sie hier behandelt werden .... ich weiß, daß wir ein rückständiges Land sind, aber die Methoden, die man hier anwendet, sind die Methoden der mittelalterlichen Inquisition"

Der Anspruch Gubitschew’s auf diplomatische Immunität gründete sich auf einen Einfall Moskaus, das Gubitschew’s diplomatisches Visum, das ihm für sine damalige Einreise erteilt worden war, nun als Beweis seines gegenwärtigen diplomatischen Status hinzustellen versuchte. Die sowjetische Botschaft trug dem US-Außenministerium dieses Argument zweimal in offizieller Form vor. Beide Male wurde das Argument vom US-Außenministerium zurückgewiesen, obwohl das Ministerium sich jede Mühe gab, seine Objektivität in diesem Falle zur Schau zu stellen. Gubitschew’s Name war niemals auf die Liste der Diplomaten gesetzt worden, die vom Ministerium sorgfältig zusammengestellt worden war. Gubitschew ließ sich dennoch von seinem Anspruch nicht abbringen. Selbst nachdem das Argument und der Anspruch von Richter Alfred C. Coxe verworfen worden waren, setzte Gubitschew seinen Protest gegen die „Inquisition“ fort und beschimpfte das Gericht wegen der Nichtanerkennung seiner Privilegien, bis der Richter ihm befahl, „mit dem Geschwätz aufzuhören". Gubitschew weigerte sich außerdem, einen Verteidiger zu nehmen: da er diplomatische Immunität besitze, gäbe es nichts und niemanden zu verteidigen.

Nachdem Gubitschew sieben Wochen in Haft gehalten worden war, beugte sich die sowjetische Botschaft dem Entscheid der Vereinigten Staaten, den diplomatischen Status nicht anzuerkennen, und hinterlegte eine Summe von 100 000 Dollar, die als Kaution für die Freisetzung Gubitschew’s gefordert worden war. Am 27. April 1949 wurde Gubitschew in der Gegenwart des Botschaftssekretärs Lev Tolokonnikow unterrichtet, daß er gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt werde, aber weder ein Schiff noch ein Flugzeug besteigen noch ein Pier oder Flugfeld betreten dürfe. Worauf Tolokonnikow sarkastisch hinzufügte: „Betreten von U-Booten, Helikoptern und Ballons ebenfalls untersagt .

Inzwischen war auch Judith Coplon gegen eine Kaution von 20 000 Dollar, die von ihren Verwandten in New York gestellt wurde, auf freien Fuß gesetzt worden. Eine zweite Kaution in Höhe von 10 000 Dollar wurde in Washington hinterlegt.

Die Verteidigung der Judith Coplon war wesentlich schwieriger, da sie als amerikanische Staatsangehörige keine Immunität irgendwelcher Art beanspruchen konnte. In der Anklageschrift für die Washingtoner Verhandlung hieß es: „Zwischen dem 10. Dezember 1948 und dem 4. März dieses Jahres entwendete Miss Coplon geheime Angaben über die nationale Verteidigung aus den Akten des Ministeriums. Sie tat dies ... um Informationen über die nationale Verteidigung zu erlangen, in der Absicht und mit dem Wissen, daß diese Informationen zum Scha den der Vereinigten Staaten und zugunsten einer fremden Macht verwendet werden würden“.

Judith Coplon’s Verteidiger, Archibald Palmer, ein Freund der Familie Coplon und Experte für Strafsachen, war nicht sonderlich erfolgreich. Der Familie der Angeklagten war offenbar daran gelegen, ein ungünstiges Prozeßklima zu vermeiden, das durch die Hinzuziehung bekannter prokommunistischer Anwälte zweifellos entstanden wäre. Palmer führte die Verteidigung mit Argumenten und Methoden, die in einem Diebstahlsverfahren zweifellos am Platze gewesen wären. Für Judith Coplon dagegen verlor er den Prozeß. Er stellte seine Verteidigung ganz auf die Fabel von der Liebesaffäre ab und glaubte offenbar, dies sei der beste Weg, die Geschworenen und die öffentliche Meinung Amerikas für sich zu gewinnen. Als die Geschworenen für den Prozeß in Washington bestellt wurden, fragte Palmer jeden Kandidaten, ob er ein Vorurteil gegen Personen, die eine Scheidung anstrebten, und gegen Amerikaner habe, die einen Ausländer zu heiraten beabsichtigen. Judith Coplon. die ganz in Schwarz gekleidet war, senkte bei diesen Fragen bescheiden den Kopf.

Palmer erklärte dem Gericht, Judith Coplon habe „eine Zuneigung für ihn [Gubitschew] und er für sie entwickelt. Am 14. Januar erklärte er ihr zum ersten Mal, daß er verheiratet sei, mit seiner Frau in schlechtem Einvernehmen lebe und in den Vereinigten Staaten bleiben wolle, die er bewunderte“. Bis zum Tage der Verhaftung, behauptete der Verteidiger, habe sie sich nicht entschließen können. Sie habe noch immer „versucht, sich darüber klar zu werden, ob sie ihrem Kopf oder ihrem Herzen folgen solle". Beim Kreuzverhör der FBI-Agenten, die Judith Coplon zu einer Adresse in der Third Avenue in New York gefolgt waren, fragte Palmer: „War das nicht ein ruhiges Plätzchen, das richtige für Liebende, die einander süße Nichtigkeiten zuflüstern wollen?"

Judith und Valentin hätten, so erklärte Palmer, Angst vor „Privatdedektiven“ gehabt, die möglicherweise von der eifersüchtigen Frau Gubitschew engagiert worden seien, und außerdem hätten sie die sowjetische Geheimpolizei, das NKWD, gefürchtet. „Wissen Sie, daß das NKWD heimlich morden soll?“ fragte Palmer. „Haben Sie das nicht in den Berichten des FBI gelesen?“

Judith Coplon spielt die Rolle, die ihr von Palmer zugewiesen worden war, zunächst mit Vollendung, ließ sich aber offenbar von der Ungläubigkeit der Geschworenen, der Anwälte und des Publikums beeindrucken.

Die von Palmer erfundene Liebesgeschichte machte den Prozeß erst recht zu einer Sensation. Die Schlangen der Wartenden, die Einlaß finden wollten, wurden jeden Tag länger. Alle Zutaten eines drittklassigen Kriminalschmökers waren vorhanden: Liebe, Spione, das FBI und ein unschuldiges Mädchen. Die Spannung erreichte ihren Höhepunkt, als Judith Coplon in den Zeugenstand treten mußte. Trotz des heißen Wetters war der Gerichtssaal in Washington bis auf den letzten Platz besetzt. Als Judith Coplon mit ihrer Aussage begann, hing ein feierliches Schweigen im Saal.

Sie habe sich in einen Russen verliebt, sagte die Angeklagte, und sei bitter enttäuscht gewesen, als sie feststellen mußte, daß er bereits verheiratet war, Sie machte ihre Aussage mit leiser Stimme, in der gerade das richtige Maß an Traurigkeit mitschwang. Lind er habe ihr gesagt, daß er sie auch liebe.

Nach ihrer Aussage hatte sie Gubitschew zum ersten Mal „während des Wochenendes, in das 1948 der Tag der Arbeit fiel, bei einem Besuch des New Yorker Museums für Moderne Kunst getroffen“. Sie erklärte weiter, sie hätten sich in den folgenden vier Monaten ungefähr sechs Mal wiedergesehen, aber erst am Abend des 14. Januar 1949 habe er sie zum ersten Mal in ein Restaurant geführt. „Hat er sie jemals geküßt?“ „Niemals, bis auf den 14. Januar, wo er es versuchte und ich sehr aufgebracht war." „Hat er Ihnen jemals erklärt, daß er Sie liebe?“ lautete die nächste Frage des Verteidigers. „Ja. Ich dachte, ich liebte ihn." Gubitschew habe ihr immer erzählt, „wie elend ihm zumute sei“. Als sie feststellte, daß Gubitschew verheiratet war, konnte sie sich nach ihrer Aussage „nicht mehr halten und begann zu weinen. Ich hielt eine Zeitung in der Hand und habe sie wahrscheinlich hin und hergeschwenkt. Er sagte, ich sei provinzlerisch wie alle amerikanischen Frauen — daß ich nicht zuhörte — er sagte, ihm sei so elend zumute".

Die Liebesgeschichte platzte wie eine Seifenblase, als Anklagevertreter John M. Kelley jr. die Angeklagte ins Kreuzverhör nahm Mit überspitzter Höflichkeit fragte er sie nach ihrer „Romanze ohne Kuß" mit dem sowjetischen Ingenieur und schoß, als sie ihre frühere Aussage bestätigte, die Frage auf sie ab, ob sie nicht zwei Nächte mit einem anderen Mann verbracht habe und zwar genau zu der Zeit, als ihre angebliche Liebe zu Gubitschew den Höhepunkt erreichte. „Das ist eine gemeine Lüge!" rief Judith Coplon.

Der Anklagevertreter legte dem Gericht dann Einzelheiten vor:

Am 7. Januar hätten sich „Mr. and Mrs. H. P. Shapiro" aus East Hartford, Connecticut, in einem Hotel in Baltimore eingetragen und auf Zimmer Nr. soundso gewohnt. Mr. Shapiro wurde als Beamter der Kriminalabteilung des FBI, „Mrs. Shapiro“ als Judith Coplon identifiziert. Am 8. Januar hätte das gleiche Paar eine Nacht in Philadelphia verbracht. Später sei Judith Coplon verschiedentlich nachts in Mr. Shapiros Wohnung in Washington gewesen.

Die Angeklagte wollte in der Offensive bleiben und rief mit der Stimme eines unschuldigen Opfers: „Warum tun Sie das in Gegenwart meiner Mutter?“ Dann kam ihr allerdings ihre wirkliche Lage zum Bewußtsein. Sie schlug ihre Augen nieder und sagte: „Ja, aber es ist nichts Unerlaubtes geschehen. Ich habe nicht geschlafen und habe auch keinen Versuch gemacht zu schlafen". „Beide Nächte?" „Beide. Nächte. Er hat sich mir in keiner Weise unsittlich genähert. Ich war völlig angezogen. Wir haben nur über meine Liebe zu Gubitschew gesprochen.“

Daraufhin erzählte Judith Coplon eine offenbar schnell erfundene und wenig überzeugende Geschichte von einer Fahrt nach Baltimore, die sie gemeinsam mit Shapiro unternommen habe, um ein Kostüm zu kaufen. Nach Philadelphia seien sie nur gefahren, weil sie in Baltimore nicht das gefunden habe, was sie suchte.

Die Coplon-Shapiro-Geschichte verursachte eine Sensation. Diejenigen im Publikum, die noch immer an die romantische Version geglaubt hatten und im Zweifelsfalle bereit gewesen wären, für die Angeklagte zu stimmen, waren sprachlos. Judith Coplon verlor die Fassung und rief mit schriller Stimme: „Erst haben Sie mich zur Spionin gemacht, jetzt wollen Sie mich noch zur Hure machen".

Hinter ihrer nächsten Frage wurden ihre Zweifel deutlich: „Und Shapiro? Gehört er auch zu dieser Verschwörung?" Auch in den folgenden Tagen gewann sie ihre Fassung nicht zurück. Ihre Wutausbrüche hielten Gericht und Geschworene ständig in Spannung. „Ich bin unschuldig," rief sie.

Die Fabel von der Liebesaffäre war zerplatzt. Überreiches Dokumentarmaterial und Zeugenaussagen ließen keinen Zweifel an der Schuld der Judith Coplon. Palmer’s zweites Verteidigungsargument fiel ebenso schnell in sich zusammen wie das erste. Er behauptete, seine Mandantin habe ein Buch schreiben wollen und die „Zettel“ in ihrer Handtasche, auf denen sie so viele Namen bekannter kommunistischer Agenten und Antikommunisten notiert hatte, seien nur flüchtig hingeschriebene Gedächtnisstützen und Hilfen für ihre schriftstellerische Phantasie — „eben nur Typen". Und wer, fragte man Palmer, war „der mysteriöse Michael, der auf ihren Zetteln genannt ist?" Palmer s Antwort: „Michael war der biblische Charakter, der mit seinem Engel zusammen gegen den . großen roten Drachen'kämpfte, wie es in der Offenbarung steht, Kapitel 12, Vers 3— 7“.

Die Geschworenen fällten nach siebenundzwanzigstündiger Beratung einstimmig einen Schuldspruch. Judith Coplon wurde zu einer Gefängnisstrafe von vierzig Monaten bis zu zehn Jahren verurteilt. * Der Schlußakt des Dramas spielte sieben Monate später vor einem Gericht in New York. Am 9. März 1950 wurden die beiden Angeklagten Gubitschew und Coplon zu je fünfzehn Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Noch während der Prozeß in New York lief, empfahl der amerikanische Außenminister dem Gericht, die Vollstreckung des gegen Gubitschew zu erwartenden Urteils unter der Bedingung auszusetzen, daß Gubitschew innerhalb von zwei Monaten die Vereinigten Staaten auf immer verlasse. Die Regierung wurde zu diesem Schritt durch ihre Sorge um einige amerikanische Staatsangehörige bestimmt, die in Osteuropa, zu Recht oder zu Unrecht, der Spionage oder anderer Verbrechen angeklagt worden waren und harte Vergeltungsmaßnahmen zu erwarten hatten, wenn Gubitschew zum Strafvollzug in ein amerikanisches Gefängnis eingeliefert würde. Gerade zu diesem Zeitpunkt hatte ein ungarisches Gericht den amerikanischen Staatsangehörigen Robert A.

Vogeler, der bei der Internatioi-ial Telephone and Telegraph Corporation in Budapest angestellt war, wegen Spionage zu einer fünfzehnjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Eine Reihe anderer Amerikaner befand sich in Rußland in Haft. Obgleich es nicht zu Verhandlungen mit der Sowjetunion oder den Regierungen der Satellitenstaaten kam und auch nicht der Versuch eines Tauschhandels gemacht wurde, erwartete das US-Außenministerium doch, das Geschick dieser amerikanischen Staatsangehörigen durch einen Gnadenerweis im Falle Gubitschew lindem zu können. In der Empfehlung des US-Außenministeriums hieß es: „Der Angeklagte Gubitschew sollte die Vereinigten Staaten verlassen und nicht den hiesigen Behörden zum Strafvollzug übergeben werden“.

Richter Sylvester Ryan ordnete auf Grund der Empfehlung des US-Außenministeriums die Aussetzung der Urteilsvollstreckung unter der Bedingung an, daß Gubitschew aus den Vereinigten Staaten deportiert werde. Der Richter machte allerdings kein Hehl aus seinem Zweifel an der Klugheit der ministeriellen Empfehlung und erklärte dem Angeklagten Gubitschew am Schluß des Prozesses:

Sie kamen als ein Abgesandter des Friedens hierher. Sie wurden unter uns als ein Freund ausgenommen. Sie haben den Eid verletzt, den Sie vor dem Sekretariat der Vereinten Nationen dieser Erde ablegten.

Durch Ihre Tat haben Sie nicht nur diesen Eid gebrochen, sondern die Sache des Friedens verraten . .. Und Sie tun das mit arroganter Haltung, mit einem Lächeln auf Ihren Lippen und Ihrem Gesicht, jetzt, wo Sie zur Urteilsverkündung vor mir stehen, alle Prinzipien der Menschlichkeit verachtend . ..

Der Generalstaatsanwalt der Vereinigten Staaten und der Außenminister haben empfohlen, daß die Vollstreckung dieser Urteils ausgesetzt werde und man Sie des Landes verweisen solle. Diese Beamten erklären, daß damit den Interessen der Vereinigten Staaten von Amerika und ihrer Bürger am besten gedient sei. Nach unseren Gesetzen und unserer Verfassung ist diesen Beamten die Verantwortung übertragen, die Außenpolitik unseres Landes zu lenken und zu leiten. Es steht mir nicht an, die Klugheit ihrer Empfehlung oder ihre Gründe für diesen Schritt in Frage zu ziehen. Ich werde mir die Empfehlung zueigen machen und werde, wenn Maßnahmen für Ihre sofortige Deportation getroffen werden, Sie auf ihre Anforderung zu erneuter Urteilssprechung vor mich rufen. Auf ihr Ersuchen hin werde ich die Aussetzung der Urteilsvollstreckung an dem Tage anordnen, an dem Sie dieses Land verlassen, vorausgesetzt, daß ein Gerichts-beamter Sie auf jenes Schiff bringt, mit dem Sie unser Land verlassen werden, und er Sie in Haft hält, bis jenes Schiff von unseren Küsten ablegt, auf daß Sie niemals wiederkehren

Am 20. März 1950 wurde Gubitschew in Handschellen vom Gerichtsgebäude an Bord des polnischen Schiffes Batory gebracht, wo er mit seiner Frau zusammen in einer Kabine Erster Klasse untergebracht wurde, die von den Vereinigten Staaten bezahlt worden war. Mit ihm gingen zehn große Gepäckstücke an Bord, darunter ein teurer Fernsehapparat. Zur Abfahrt hatte sich eine Gruppe sowjetischer Beamter und amerikanischer Reporter am Kai eingefunden. Als Gubitschew gefragt wurde, ob es in Rußland denn auch Fernsehprogramme gebe, antwortete er verächtlich: „Das Fernsehen wurde ja schließlich von uns erfunden!"

Der überführte und verurteilte Spion erhielt bei seiner Abfahrt aus den Vereinigten Staaten sein gesamtes Gehalt für die Zeit der Untersuchungshaft und des Prozesses, ungefähr 6 000 Dollar, nachgezahlt.

Das Schicksal der Judith Coplon war keineswegs schlimmer als das ihres Mitangeklagten. Sie war kurz nach ihrer Verhaftung gegen Stellung einer Kaution freigesetzt worden. Sie war jetzt auch noch ihrer ND-Arbeit ledig und fand sich eines Tages vor dem Traualtar wieder. Zwei Monate nach der Urteilsverkündung in New York heiratete sie einen ihrer Anwälte, Albert H. Sokolov. Noch einige Monate später, am 5. Dezember, hob das Berufungsgericht [Court of Appeal] das Urteil der ersten Instanz mit der Begründung auf, daß sie ohne gerichtlichen Haftbefehl verhaftet worden sei, und auf Grund der Tatsache, daß die Regierung zur Beschaffung von Informationen über Judith Coplon ihre Telefongespräche durch geheime Einschaltung in ihre Leitung abgehört habe. Das Verfahren wurde jedoch nicht niedergeschlagen, wie auch die Schuld der Judith Coplon nicht bestritten wurde'. Sie ging straffrei aus, weil sich eine Demokratie streng an das Recht hielt und technische Einzelheiten des Rechtes beachtete, die manchmal an das Absurde grenzen.

Judith Coplon, die inzwischen Mutter geworden war, verschwand aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit, während Gubitschew in den Schutz der Zentrale seines mächtigen Dienstes zurückkehrte. Aber die Gegenleistung, die das US-Außenministerium erwartet hatte, blieb aus. Weder Robert Vogeler noch einem der anderen Amerikaner, die sich in den Händen der, Sowjets oder der Satelliten befanden, öffneten sich die Tore der Gefängnisse oder „Arbeitslager“ — wenigstens nicht in angemessener Zeit. Der Versuch Amerikas, durch ein Beispiel der Anständigkeit Moskau zur Anständigkeit zu zwingen, war fehlgeschlagen.

Zu den in der Ausgabe der Beilage vom 7. Dezember 195 5 „Die Sowjetspionage: Die Rote Kapelle in Dutschland“ S. 749 veröffentlichten Angaben bittet der Schriftsteller Günther Weisenborn folgendes zu veröffentlichen: (Es folgt der unveränderte Wortlaut seines Schreibens. Die Red.)

Betrifft: Dallin: „Die Sowjetspionage"

Sehr geehrte Herren, ich ersuche Sie um folgende Richtigstellung, um deren unveränderten Abdruck in der nächsten Nummer ich Sie aus Gründen der journalistischen Fairneß bitte:

1. Ich habe niemals irgendeine Spionagetätigkeit getrieben. Der entsprechende Text in dem Buch „We survived" stammt nicht von mir, sondern wurde von dem Herausgeber formuliert. Ich habe bereits in zwei Briefen an den Herausgeber (5. 6. 1950 und am 21. 5. 1951) nachweisbar und entschieden gegen die entsprechenden Textstellen Verwahrung eingelegt.

2. Nach einer monatelangen und sehr gründlichen Untersuchung durch die Gestapo wurde gegen mich keineswegs Anklage wegen Landesverrat erhoben, sondern nachweisbar wegen Hochverrat. Aber auch diese Anklage ließ sich nicht aufrecht erhalten.

Meine Verurteilung durch das Reichskriegsgericht erfolgte lediglich wegen Mitwisserschaft („Nichtanzeige eines Verbrechens des Hochverrats“).

Mit vorzüglicher Hochachtung • Günther Weisenborn

Fussnoten

Fußnoten

  1. Zeugenaussage vom 28. Okt. 1953, Hearings before the Internal Security Subcommittee of the Senate Committee on the Judiciary. Interlocking Subversion in Government Departments. S. 1016.

  2. Chambers, Witness, S. 68.

  3. Bentley, Out of Bondage, S. 243 und 267.

  4. a. a. O., S. 269.

  5. Congressional Record, 96 (1950), Pt. 6, pp. 743 8— 9.

  6. The Forrestal Diaries (New York. Viking Press, 1951), S. 65-6.

  7. The Congressional Record, 96, (1950), Pt. 6, p. 7460.

  8. Der Fall Amerasia wurde von Untersuchungsausschüssen des Kongresses behandelt: jedoch sind nur Teile der Protokolle veröffentlicht worden. Eine Zusammenfassung findet sich in der Broschüre Frederic Woltman, The Amerasia Case (New lor World Telegram, 1950) und ia einer Artikelserie der SCripps-Howard-Zeitungen von Mai und Juni 1950.

  9. Daily Worker (New York), 24. August 1947, 'd’ 22 • • • * -0, . 5, -*üt 2-825‘

  10. House Committee on Un-American Activities, Soviel Espionage Activities in Connection with Jet Propulsion and Aircraft. Hearings of June 6, 1949, S. 121.

  11. New York Times, 25. April 1935.

  12. Iswestija, 31. Dez. 1940.

  13. Die große Sowjetenzyklopädie, 2 (1950), 434.

  14. Zeugenaussage von Louis J. Russell vor dem House Committee on Un-American Activities, 5. Dez. 1949, S. 906.

  15. House Committee on Un-American Activities, Hearings . . . Regarding Shipment of Atomic Material to the Soviel Union During World War II, Jan. 25, 1950, S. 1046.

  16. Alan Morehead, Verratenes Atomgeheimnis (Westermann, Braunschweig 1953), S. 98.

  17. Joint Committee on Atomic Energy, Soviet Atomic Espionage (Washington, April 1951), S. 149— 50.

  18. Oliver Pilat, The Atom Spies (New York, G. P. Putnam’s Sons. 1952), S. 58. Ebenso Medford Evans, Secret war for the A Bomb (Chicago, Regnery 1953).

  19. House Committee on Un-American Activities, Report on Atomic Espionage (Nelson-Weinberg and Hiskey-Adams Cases), Hearings of Sept. 29, 1949 (Washington, 1950), S. 5.

  20. The Shameful Years, S. 31.

  21. Commitee on Un-American Activities, Hearings Regardings Communist Infiltration of Radiation Laboratory and Atomic Bomb Project at the University of California, Berkeley, California (Washington, 1949— 51), Vols. 1, 2, and 3; and Hearings before the Internal Security Subcommittee of the Senate Committee on the Judiciary, Interlocking Subversion in Government Departments (Washington, 1954), S. 1028 31.

  22. Chambers, Witness, S. 534,

  23. Prawda, 8. März 1950.

  24. D-Akten, AM 171.

  25. Newsweek, 3. Okt. 1949.

  26. New York Times, 18. Nov. 1935.

  27. a. a. O.

  28. a. a. O., 30. Sept. 1952.

  29. New York Herald Tribune. 11. April 1953.

  30. a. a. O., 6. April 1953.

  31. New York Times, 12. Aug. 1951.

  32. a. a. O., 14. Dez. 1952.

  33. a. a. O., 3. Dez. 1952.

  34. a. a. O., 6. Man 1949.

  35. The Shameful Years, S. 65.

  36. New York Times , 28. April 1949

  37. a. a. O.. 8. Juni 1949. _ . -

  38. Dieser Teil des Berichtes über die Affaire Coplon-Gubitschew stütz sicht wesentlichen auf Berichte in der Tagespresse, insbesondere auf die New York Iimes, New York Herald Tribune und Washington Post.

  39. Committee on Un-American Activities. Report on the National Lawyers Guild, House Report Nr. 3123 (Washington, 1950), S. 5.

  40. New York Times, 15. März 1949.

  41. a. a. O., 18. Mai 1949.

  42. a. a. O., 10. März 1950.

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