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Indonesien: Politik und Weltanschauung des Präsidenten Dl Achmed Sukarno | APuZ 18/1958 | bpb.de

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APuZ 18/1958 Indonesien: Politik und Weltanschauung des Präsidenten Dl Achmed Sukarno

Indonesien: Politik und Weltanschauung des Präsidenten Dl Achmed Sukarno

„Wir alle sind Geschöpfe Gottes. Wir wissen nicht, was uns In der Zukunft bevorsteht. Wir stehen wie Blinde an der Schwelle der Zukunft.

Wir planen, wir arbeiten, wir set/. en 1 loifnungen auf die Zukunft, aber let/. ten Endes entscheidet Gott. Gerade deshalb müssen wir immer Gott anflehen, damit er uns lenke Kein einziger Mensch darf sagen, daß er allein Recht habe, aber andere irren Ein Mensch, der so denkt, ein solcher Mensch ist hochmütig, selbstsüchtig, er ist ein Individualist, geneigt zu Extremen und unfähig zur Toleranz, das ist ein Mensch, der tür die Demokratie unbrauchbar ist. Ein solcher Mensch ist im Grunde seines Herzens ein Faschist.'

Präsident Dr. Sukarno in seiner Rede zum 10. Jahrestag der Rupublik Indonesien.

Bruder Karno

Inhalt

Unter den Vorkämpfern für die nationale Unabhängigkeit und Freiheit der Völker Asiens und Afrikas nimmt neben Dr. Sun Yat-sen, Mahatma Gandhi, Jawaharlal Pandit Nehru und U Nu der Präsident der Republik Indonesien, Dr. Achmed Sukarno, einen hervorragenden Platz ein. Wer die Denkweise Asiens und Afrikas kennenlernen, wer die Ereignisse im indonesischen Reiche der etwa 3 000 Inseln und Inselchen mit einer Bevölkerung von 82 Millionen Menschen beurteilen will, muß sich mit der Politik und Weltanschauung Dr. Achmed Sukarnos vertraut machen.

Der populäre Präsident Indonesiens, der in seinem Lande als der „Vater der nationalen Revolution" gilt, hat die Theorie und das Programm, die Strategie und die Taktik der nationalen Befreiungsbewegung formuliert. Er ist auch der Praktiker, der „auf dieser Seite der goldenen Brücke" bestrebt ist, sein Programm zu verwirklichen. „Die goldene Brücke" ist — wie Dr. Sukarno formuliert — das unabhängige Indonesien. Und über diese „goldene Brücke" schritt es am 17. August 1945, an diesem Tage proklamierte Sukarno das erste Mal die Unabhängigkeit Indonesiens.

Bung Karno — Bruder Karno — wird Dr. Sukarno in Indonesien genannt. Das ist eine Anrede, die in Indonesien gegenüber besonders geachteten Persönlichkeiten üblich ist. Ins Deutsche übersetzt heißt „Bung“ soviel wie Bruder oder Onkel.

Bruder Karno schätzt diese Anrede: „Es freut mich sehr, daß Sie meine Bitte akzeptiert haben, mich nicht mit Eure Exellenz, Präsident der Republik Indonesien, Sukarno, anreden, sondern mich einfach Bruder Karno zu nennen" — diese Worte rief er den am 11. September 1956 im Moskauer Sportstadion versammelten Sowjetmenschen zu, an die er sich vertraulich als Genossen wandte. („Prawda“ v. 12. 9. 56)

Bruder Karno hat in der nationalrevolutionären Bewegung Indonesiens von der Pieke auf gedient. Er, der am 6. Juni 1901 in Surabaja auf Java geborene, absolvierte in Bandung die Technische Hochschule und erhielt dort sein Ingenieur-Diplom. Außer Javanisch und Indonesisch beherrscht er die englische, deutsche und holländische Sprache.

Schon als junger Student trat Sukarno der nationalrevolutionären Vereinigung „Jung-Java" bei. Im Jahre 1927 wurde er Vorsitzender des „Vereinigten Clubs der Studenten" in Bandung und zählte bald darauf zu den Gründern der „Partai Nasional Indonesia", deren erster Vorsitzender er wurde und bis zur Übernahme der Präsidentenschaft der Republik Indonesien blieb.

Dr. Sukarno beschritt den Weg aller Revolutionäre, besonders der Nationalrevolutionäre in der Zeit des Kolonialismus, den Weg der Arbeit im Untergrund, er ging durch Gefängnisse und Konzentrationslager. In seinem Leben soll Dr. Sukarno im Ganzen 13 Jahre „Knast geschoben" haben — wie der Fachausdruck für das Verbringen der Zeit in Gefängnissen und Verbannung lautet. Sogar als Präsident der jungen indonesischen Republik wurde Sukarno noch im Dezember 1948 von den Holländern verhaftet und zunächst nach Prapat auf Nord-Sumatra und dann auf die Insel Bangka in die Verbannung geschleppt. Über seine Haftzeit sagte Dr. Sukarno am 18. Mai 1956 in einer Rede im Presseclub zu Washington: „Manchmal drücken mir Menschen ihr Mitgefühl aus, weil ich lange Jahre meines Lebens im Gefängnis und in Verbannung verbrachte. In diesen Gefängnisjahren und Jahren der Verbannung habe ich sehr viel gelernt. Ich hasse diese Jahre, weil ich in diesen vom teuersten, was ich in der Welt habe, abgeschnitten war — vom Kampf meines Volkes für seine Wiedergeburt. Gleichzeitig waren sie für mich ein Segen, weil ich das hatte, was selten in unserer Welt vorkommt, ich hatte die Möglichkeit, gründlich über die Grundfragen nachzudenken, die Möglichkeit nochmals meine Überzeugung zu überprüfen, an der ich festhielt.

I Der politische Höhepunkt in der Kolonial-KZ-Geschichte Dr. Sukarnos war aber sein Auftreten vor einem „Gericht für Eingeborene“ — wie das damals hieß — im Dezember 1930 in Bandung.

Die Nationalpartei Indonesiens bestand gerade drei Jahre, als die holländische Kolonialmacht gegen ihre Führer einen Prozeß anstrengte. Sukarno verwandelte die Anklagebank des Gerichts in eine Tribüne zur Propagierung seiner Ideen und seines Programms. Die uns vorliegende Verteidigungsrede umfaßt 162 Druckseiten. Sie wurde nach der Ausrufung der indonesischen Republik wieder neu verlegt und gilt heute als Lehrbuch für die Jugend Indonesiens. Diese Verteidigungsrede „hat an Wert nicht im geringsten verloren und eine große Bedeutung für das Studium und Verständnis der Frage über die Entwicklung der nationalen Bewegung Indonesiens für Freiheit und Prosperität“ — heißt es im neuen Vorwort zu dieser Rede.

In der Einleitung zu der Verteidigungsrede Sukarnos vor dem Kolonialgericht wird mitgeteilt: „Ende 1930 wurde die Öffentlichkeit Indonesiens durch einen politischen Prozeß erregt, der von der holländischen Kolonialregierung vor dem Kolonialgericht in Bandung angestrengt wurde. Die Angeklagten waren der Ingenieur Sukarno und drei seiner Mitkämpfer. Die holländische Regierung klagte sie in der Hauptsache an, daß sie als Führer der Nationalpartei Indonesiens — in dieser Zeit eine sehr einflußreiche Partei der indonesischen Gesellschaft — eine politische Partei geleitet hätten, deren Ziel der gewaltsame Sturz der Regierung Niederländisch-Indiens, die sich damals an der Macht befunden hat, gewesen sei. Diese Anklage wurde auf Grund falscher Angaben vom holländischen Kolonialgericht am 22. Dezember 1930 bestätigt und der Ingenieur Sukarno zu vier Jahren Gefängnis verurteilt“

Die Kolonialrichter horchten auf, als der Ingenieur Dr. Sukarno seine Verteidigungsrede hielt. Marx, Engels, Otto Bauers „Nationalitätenfrage“, Karl Kautskys „Sozialismus und Kolonialpolitik“ und „Der Weg zur Macht“, Jos. Schumpeters „Zur Soziologie der Imperialismen“ wie auch Sun Yat-sens Schriften und viele andere wurden von ihm zitiert.

Dr. Sukarno hielt den Richtern eine Vorlesung über „Imperialismus und Kolonialpolitik“. Er sprach über den „Kampf um die Macht“ und über die „Rolle der Partei“ sowie über ihre Strategie und Taktik; in dieser Rede entwickelte Sukarno seine Theorie und Weltanschauung. Doch bevor wir uns mit dieser befassen, wollen wir kurz die Entstehung der Republik Indonesiens betrachten.

Die Geburtswehen einer jungen nationalen Republik

Auf die Ausrufung der Republik Indonesiens zurückblickend, führte Dr. Sukarno zum 10. Jahrestag der Verkündung der Unabhängigkeit am 17. August 195 5 aus:

„Unsere Republik erblickte in einer historischen Periode, voll von Unruhen und Stürmen, das Licht der Welt. Unsere Republik wurde nicht in der Stille, in den Strahlen des Vollmondes, geboren. Natürlich nicht!

Der Brand des Zweiten Weltkrieges, der fast auf der ganzen Erdoberfläche loderte, war noch nicht überall gelöscht, das Erdbeben erschütterte noch immer die Welt, die Ozeane brausten immer noch stürmisch. Wie ich schon einmal sagte, unsere Republik wurde im Feuer geboren.

Ja, es ist richtig gesagt worden, der Krieg ist ein erstaunlicher Alchi-mist. Die unerwartesten Dinge geschehen oft im Ergebnis des Krieges. Niemand hat erwartet, daß im Ergebnis des Ersten Weltkrieges Sowjetrußland entsteht. Niemand erwartete, daß im Ergebnis des Zweiten Weltkrieges die Chinesische Volksrepublik, das freie Indien, ein freies Pakistan, ein freies Vietnam und das freie Indonesien entstehen. Ich wiederhole, unsere Republik ist wirklich im Feuer geboren“. (S. 329)

Die an die These vom „Krieg als Vater aller Dinge“ anklingende Betrachtung des „Krieges als erstaunlichem Alchimisten" einerseits und die Wiederholung der in jeder sowjetischen Resolution zu findenden Feststellung des Sieges der nationalen Befreiungsbewegung in einer Reihe von Ländern als Folge des Krieges andererseits, sind für die Betrachtungsweise Sukarnos kennzeichnend.

Aber doch erfolgte die Verkündung der Unabhängigkeit Indonesiens unter ganz anderen Bedingungen als z. B. die Aufhebung der englischen Vorherrschaft über Indien.

Die Verkündung der Selbständigkeit Indiens erfolgte im Ergebnis von Verhandlungen zwischen der britischen Regierung und den Führern der nationalen Bewegung Indiens. Indonesiens Unabhängigkeit hingegen wurde im Resultat des Zusammenbruchs zweier Herrschaftssysteme über Niederländisch-Indien verkündet. Am 9. März 1942 kapitulierten die Holländer in Indonesien vor den Japanern, die das Inselreich besetzten. Die japanische Herrschaft brach mit der Kapitulation Japans im Zweiten Weltkrieg am 15. August 1945 zusammen. Und zwei Tage später am 17. August 1945, als die Holländer noch kaum daran denken konnten nach Indonesien zurückzukehren, proklamierte Sukarno die unabhängige indonesische Republik.

Indien unter fast zweihundertjähriger britischer Herrschaft war auch eine kulturell und politisch viel höher entwickelte Kolonie als Niederländisch-Indien unter 3o 0jähriger holländischer Macht. Die führenden nationalen Kreise und die Intelligenz Indiens eigneten sich in diesen Jahren die englische Kultur an. Die englische Sprache ist heute noch die offizielle Amtssprache Indiens. Auch die Gegensätze zwischen der nationalen Bewegung Indonesiens und den Holländern waren viel tiefer, härter und unversöhnlicher als die zwischen den Indern und Engländern.

Der gewaltlose Widerstand Gandhis und der Boykott englischer Waren, wie die Politik der Nichtzusammenarbeit, wurden in Indien durch Verhandlungen, Zusammenarbeit und Übernahme von Funktionen in den Stadtverwaltungen und Provinzialregierungen ergänzt. Insbesondere der Indische Nationalkongreß, die führende Partei des nationalen Widerstandes, war in der Anwendung der Methoden und Mittel sehr beweglich. Selbst Nehru war in den Jahren 1923 bis 192 5 Stadtpräsident in seiner Heimatstadt Allahabad. Lind in den dreißiger Jahren stellte die Kongreßpartei bereits viele Minister in den Provinzregierungen.

Audi die Holländer versuchten schon nach dem Ersten Weltkrieg in Niederländisch-Indien Reformen durchzuführen. Im Jahre 1919 z. B wollten sie beim holländischen Generalgouverneur für Niederländisch-Indien einen beratenden Ausschuß — den Volksrat — aus Vertretern Indonesiens einsetzen. Aber die führende nationale Partei, die National-Partei Sukarnos, lehnte immer die Mitarbeit und die Zusammenarbeit mit den Holländern entschieden ab. Sukarno wandte sich auch gegen die Anwendung der indischen Erfahrungen in Indonesien.

Seinen Kolonialrichtern sagte er im Jahre 1930:

„Eine solche nationale Bourgeoisie wie in Indien, eine nationale Bourgeoisie, die ihre Kraft im Kampf gegen den Imperialismus auf dem Wege der „selfcontaining" -Politik ausnutzen könnte, kann man sagen, existiert hier nicht. Es gibt viele Nationalisten in Indonesien, die sagen, die Bewegung in Indonesien solle die Bewegung in Indien copier-ren und den ökonomischen Boykott durchführen, wie das in Indien gemacht wird. Wir antworten: wenn das möglich ist, so wäre das gut, jedoch kann die Bewegung in Indonesien die Bewegung in Indien nicht copieren, sie kann nicht die Swadeschi-Politik durchführen, sie hat nicht die Möglichkeit der Ausnutzung der Kraft der nationalen Bourgeoisie, weil es eine solche Kraft der nationalen Bourgeoisie in Indonesien nicht gibt“. (S. 123)

Den Gegensatz zwischen dem nationalen Indonesien und den herrschenden Holländern hat Sukarno als führender Repräsentant der nationalen Bewegung in Indonesien schon seit der Gründung seiner National-Partei zu einem ins Nationale umgeschriebenen Klassengegensatz erhoben. Die Marx’sche Theorie vom unversöhnlichen Klassenkampf ins Nationale übersetzt, widerspiegelt sich — wie wir noch darlegen werden — in Dr. Sukarnos Anschauungen. In der Frage der Nichtzusammenarbeit mit den Holländern trat er kompromißloser als die indonesischen Kommunisten auf. „Manche schlagen vor — sagte Sukarno im Jahre 193 3 — in die Zweite Kammer zu gehen, um dort eine Oppositionsund Obstruktionspolitik durchzuführen und die Zweite Kammer als Tribüne in unserem Kampf zu benutzen. Eine solche Politik können und führen oft die linken Kräfte durch, solche z. B. wie die linken Nationalisten, die Kommunisten; die Gruppe T. R. Das Parlament in Indien boykottiert ebenfalls das Parlament Englands nicht. Aber ein nichtzusammenarbeitender Nationalist kann eine solche Politik nicht verwirk! idien. Sowie er in ein Amt der Herren eintritt, sobald er im Prinzip bereit ist, in irgendeine Institution der Herren zu gehen, in solche z. B., wie die Zweite Kammer oder der Völkerbund, verletzt er sofort das Prinzip, das aus dem Vorhandensein der Interessengegensätze zwischen den Herren und ihm selbst hervorgeht, er beginnt damit schon eine Politik, die in ihrer Grundlage das Prinzip der Nichtzusammenarbeit verletzt. Wir müssen eine Politik der prinzipiellen Nichtzusammenarbeit verwirklichen, wir müssen prinzipiell jeden Platz im Folksraad, in den Generalstaaten und im Völkerbund ablehnen. . . . Der Gesichtspunkt des Kameraden Mohammed Hatta der immer noch zur Teilnahme an der Arbeit des holländischen Parlaments geneigt ist, ist unbedingt unrichtig und widerspricht dem Prinzip." (S. 21 5/216.)

Sukarno wurde von den Freunden Dr. Hattas des Anarchismus verdächtigt. „Anarchismus?“ — reagierte er — „Natürlich wären wir Anarchisten, wenn wir jeglichen Parlamentarismus verneinen würden. Selbstverständlich wären wir Anarchisten, wenn wir ablehnen würden an der Arbeit eines indonesischen Parlaments teilzunehmen, das übrigens nur in einem Unabhängigen Indonesien bestehen könnte, und das den Weg einer politischen und ökonomischen Demokratie beschreiten müßte. Zweifellos! Wenn ein Engländer das englische Parlament boykottiert, wenn ein Deutscher nicht bereit ist im Parlament Deutschlands zu sitzen, wenn ein Franzose ablehnt im französischen Parlament Platz zu nehmen, so sind sie möglicherweise Anarchisten. Aber wenn sie ablehnen an der Arbeit eines ausländischen Staates, der ihr Land unterdrückt, teilzunehmen — wenn wir Indonesier prinzipiell ablehnen, im Parlament Hollands zu sitzen, so ist dies durchaus kein Anarchismus, sondern der gesündeste prinzipielle Kampf der nichtzusammenarbeitenden Nationalisten!“ (S. 214)

Der kompromißlose Dr. Sukarno verkündete also am 17. August 1945, ohne irgendeine Verhandlung, in der Hauptstadt Indonesiens, Djakarta, dem früheren Batavia, die Unabhängigkeit und Selbständigkeit Indonesiens. Die Holländer waren nicht da und die Japaner geschlagen. So günstig der Augenblick für das Handeln des politischen Strategen Sukarno war, so schwer sollte sich der Weg zur tatsächlichen Erlangung der Selbständigkeit Indonesiens gestalten. War 1945 nichts zu verhandeln, so mußte doch die UNO seit diesem historischen Tag bis zum heutigen die Frage der Unabhängigkeit und Souveränität Indonesiens laufend behandeln. .

Dr. Sukarno betrachtete das Recht immer auf seiner Seite stehend. Am 10. Jahrestag der Republik führte er aus: „Warum proklamierte das Volk Indonesiens seine Unabhängigkeit? Weil das Recht auf Unabhängigkeit das Grundrecht eines jeden Volkes ist. Eben auf Grund dieses Grundrechtes jeden Volkes: — unter den Bedingungen der Unabhängigkeit und der Prosperität zu leben, — verkündete am heutigen Tage vor zehn Jahren das indonesische Volk, das im Laufe von dreieinhalb Jahrhunderten — dreieinhalb Jahrhunderte ausländischer Kolonialherrschaft — Bitterkeiten ausstand, seine Unabhängigkeit. Es ist möglich, daß das indonesische Volk irgendetwas begangen hat, was man als falsch bezeichnen könnte. Die Verkündung seiner Unabhängigkeit jedoch, die Bewahrung und Verteidigung seiner Unabhängigkeit bis zum letzten Blutstropfen, und wenn erforderlich bis zum Ende seiner Tage, kann niemals ein Fehler sein, denn dieses Recht ist ein legitimes Recht“. (S. 300)

Sechs Wochen nach der Kapitulation der Japaner und der Verkündung der Unabhängigkeit Indonesiens besetzten die Engländer den Malaiischen Archipel. Die Geburtswehen der jungen indonesischen Republik begannen. Die Engländer erklärten, daß sie in Indonesien gelandet seien, um „bis zur Rückkehr der gesetzmäßigen Regierung Niederländisch-Indiens'die Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten“. Im Gefolge der Engländer kehrten tatsächlich auch die ersten holländischen Offiziere nach Indonesien zurück, um die früheren holländischen Positionen in diesem Lande zu sichern.

Die Regierung der jungen Republik erklärte die „Einreise“ der Holländer für ungesetzlich, und die Holländer bezeichneten die Republik Indonesien als illegal. Es kam zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen den Indonesiern und den Engländern und Holländern. Die „Schlacht von Surabaja“, in der die indonesischen Truppen den alliierten gegenüberstanden, ging in die indonesische Geschichte ein. In seinem Buch „Südostasien zwischen zwei Welten“ hat Tibor Mende die Vorgänge dieser Tage unter dem Kapitel „ein kostspieliger Krieg“ ausführlich geschildert

Der Partisanenkrieg hielt auch noch an, als im Oktober 1946 die englische Arbeiterregierung beschloß, die britischen Truppen aus Indonesien zurückzuziehen und sich bereit erklärte, die Republik Indonesien anzuerkennen. Inzwischen waren nämlich holländische Truppen in Indonesien gelandet. Durch die Einwirkung der britischen Vermittler Sir Archibald Clark Kerr im Januar 1946 und dann von Lord Killearn im August 1946 kam es im Herbst 1946 zu einer Waffenstillstands-konferenz zwischen den Holländern und Indonesiern. Die Verhandlungen fanden mit dem Abkommen von Linggadschati am 2 5. März 1947 ihren Abschluß.

Mit diesem Abkommen erkannten die Holländer de facto die Republik Indonesien für einen Teil des Territoriums, nämlich Java, Sumatra und Madura an. Es wurde eine niederländisch-indonesische Zusammenarbeit bei der Gründung eines föderativen Staates, der „Vereinigten Staaten von Indonesien“, denen auch die übrigen 15 von den Holländern gegründeten „Staaten“ des Landes angehören sollten, vorgesehen.

Gleichzeitig plante man die „Niederländische Union“ mit einer Art Dominion-Statut ins Leben zu rufen, der Indonesien angehören und der die gemeinsame Außen-, Verteidigungsund Finanzpolitik obliegen sollte.

Dieses Abkommen blieb aber auf dem Papier. Am 21. Juli 1947 begannen die Holländer erneut „Polizeimaßnahmen“ in Indonesien durchzuführen. Wieder kam es zum Partisanenkrieg. Und diesmal schaltete sich die UNO ein. Zur Vermittlung zwischen der indonesischen Republik und den Niederlanden setzte die UNO eine „Kommission guter Dienste" ein, der es gelang, die sich bekämpfenden Parteien erneut an den Verhandlungstisch zu bringen.

Unter dem Druck der UNO kam es zum neuen Abkommen von Renville, das einen ähnlichen Charakter wie das erste Abkommen von Linggadschati hatte. Aber dieses am 17. Januar 1948 abgeschlossene Abkommen hielt noch nicht einmal ein Jahr. Am 18. Dezember 1948 begannen die Holländer mit einer großen „Polizeiaktion“ in Indonesien. Der größte Teil des Landes wurde besetzt, die Regierung zum größten Teil und auch der Präsident Sukarno und der Vizepräsident Hatta verhaftet und in die Verbannung verschleppt. Es kam zu Partisanenkämpfen größten Ausmaßes.

Die UNO verurteilte das Vorgehen der Holländer in Indonesien. Der Ministerpräsident Indiens, Nehru, setzte sich im Namen ganz Asiens für die Unabhängigkeit und Selbständigkeit Indonesiens ein. Es kam am 20. Januar 1949 zur ersten Konferenz der Völker Asiens in Neu-Delhi, die den Abzug aller holländischen Truppen aus Indonesien bis zum 1. Januar 1950 forderte.

Durch die Initiative der UNO kam es in der Zeit vom 23. August bis zum 2. November 1949 in Den Haag unter Teilnahme der UNO-Ver-

treter zur Holländisch-Indonesischen Round Table-Konferenz. Die Vertreter Indonesiens, die sich schon mehr als sechs Monate in holländischer Haft befanden, sollen nach indonesischer Darstellung per Polizei-Schub zur Verhandlung nach Den Haag gebracht worden sein.

Bei diesen Verhandlungen erkannte Holland die Souveränität Indonesiens über das gesamte Inselreich bis auf Neu-Guinea an.

Es wurde festgelegt, daß die neue Republik einen föderativen Staats-aufbau erhalten sollte — sie wurde „Vereinigte Staaten von Indonesien“ genannt. Die „Vereinigten Staaten von Indonesien“ wurden Mitglied der „Niederländischen Union“.

In dem am 2. November 1949 unterzeichneten Niederländisch-Indo-

nesischen Unionsvertrag wurde festgelegt, daß Neu-Guinea seinen Status quo ein Jahr lang behalten solle. Im Jahre 1950 sollte über Neu-Guinea — von den Indonesiern West-Irian genannt — erneut verhandelt werden.

Die holländischen Ausgaben für die Verwaltung von Niederländisch-Indien wurden den Indonesiern als Schulden angerechnet. Gleichzeitig wurde festgelegt, daß die holländischen Unternehmungen und Banken den Holländern in Indonesien verbleiben. Zu diesen Unternehmen gehörten rund 600 Plantagen, drei große Bankinstitute, mehrere Schifffahrtslinien und die niederländische Luftverkehrsgesellschaft. Der gesamte Wert des holländischen Vermögens in Indonesien wird von den Indonesiern mit fünf Milliarden Gulden, von den Holländern heute mit bis zu acht Milliarden Gulden angegeben.

Nadi der Round Table-Konferenz fand am 27. Dezember 1949 in Den Haag die offizielle Zeremonie der Verkündung der Unabhängigkeit und der Souveränität der „Vereinigten Staaten von Indonesien statt.

Dr. Achmed Sukarno konnte nach Djakarta, der Hauptstadt Indonesiens, zurückkehren und wurde wiederum zum Präsidenten gewählt.

Die Indonesier aber betrachteten das Abkommen der Round Table-Konferenz als ungerecht, als ein räuberisches Abkommen, das unter Druck zustande gekommen sei. Unmittelbar nach der Haager Konferenz begann die indonesische Regierung den Kampf um die stückweise Aufhebung dieses Abkommens zu führen.

Seit dieser Zeit wird von der indonesischen Regierung und Öffentlichkeit die Forderung nach Rückgabe von Neu-Guinea — West-Irian — als unlöslicher Bestandteil Indonesiens erhoben.

„Das Rückgrat ist dem Imperialismus gebrochen — erklärte Sukarno —» das bedeutet jedoch nicht, daß unsere Gesellschaft von jeglichen Über-resten des Kolonialismus, der in ihr Jahrzehnte — nein! — Jahrhunderte herrschte, völlig befreit ist. West-Iran leidet immer noch unter dem Joch des Kolonialismus.“ (S. 304)

Die Vereinten Nationen mußten sich mit der Forderung nach Rückgabe Neu-Guineas bald auf jeder Vollversammlung befassen. „Muß ich denn noch darüber sprechen, daß wir den Kampf um West-Irian, für die Säuberung Indonesiens von jeglichen Überresten des Imperialismus und Kolonialismus fortsetzen müssen“ — frug Dr. Sukarno in seiner Rede zum 10. Jahrestag der Republik.

Und er fuhr fort: „Wir sind Patrioten, wir sind Antiimperialisten, wir sind keine halben, unentschlossenen Republikaner, wir sind keine Rebellen, die gegen die Deklaration über die Unabhängigkeit kämpfen. Oftmals legten wir den Schwur ab, den Kampf zu führen. Wie ich bereits sagte, West-Irian wird in den Schoß der Mutter Indonesien zurückgeführt werden, selbst wenn dafür das ganze XX. Jahrhundert erforderlich ist .

Niemand soll denken, daß das leere Redereien sind. Es soll niemand denken, daß das eine Aufschneiderei ist. Wenn die Holländer noch gute Beziehungen zwischen Indonesien und Holland haben wollen, wenn der Ausdruck „gute Beziehungen“ für die Holländer noch eine Bedeutung hat, so sollen sie unseren Forderungen, den Forderungen der Konferenz der Länder Asiens und Afrikas zustimmen und mit uns Verhandlungen über die Übergabe der Macht in West-Irian in die Hände der Republik beginnen . . .

Es gibt viele Quellen der Spannung zwischen Indonesien und Holland. Die Erfahrung besagt jedoch, daß es auf dem Wege von Verhandlungen gelungen ist, viele von ihnen zu beseitigen. Ende 195 3 gelang es im Ergebnis von Verhandlungen eine solche Quelle zu beseitigen — die holländische Militärmission. Dank der Bereitschaft beider Seiten Verhandlungen zu führen, gelang es uns die Niederländisch-Indonesische-Union zu liquidieren, die ebenfalls eine Quelle der Spannung war." (S. 322/323)

Sukarno, die National-Partei Indonesiens und die ihn unterstützenden Parteien und Gruppen wandten sich auch von Anfang an gegen den föderativen Staatsaufbau Indonesiens, wie er im Haager Abkommen festgelegt war. Man betrachtete die föderative Gestaltung Indonesiens als holländischen Versuch der Fortführung der Politik des „Teile und herrsche“.

Nach einer längeren Propagandakampagne im Lande, sah die indonesische Regierung im August 1950 den Zeitpunkt für gekommen die Bestimmungen über den indonesischen Staatsaufbau im Haager Abkommen aufzuheben. Am 17. August 1950 wurden die „Vereinigten Staaten von Indonesien“ in eine unitare Republik, in die „Republik Indonesia verwandelt.

Indonesien gehörte aber noch der „Niederländischen Union“ an, und auch das Schuldabkommen bestand zunächst weiter. Sukarno war sowohl Gegner der Zugehörigkeit Indonesiens zur „Niederländischen Union", wie auch Gegner der Zahlung von irgendwelchen Schulden an die Holländer.

Die Holländer mußten in Verhandlungen mit den Indonesiern die Wünsche der letzteren berücksichtigen, und am 10. August 1954 wurde im Haag ein Abkommen über den Austritt Indonesiens aus der „Niederländischen Union“ unterzeichnet.

„Schulden?“ -frug Präsident Dr. Sukarno. „Ist es nicht sonderbar, daß unser Volk Schulden zahlen soll, Schulden, die von den Holländern beim Ankauf von Bomben und Dynamit gemacht wurden — beim Ankauf von Bomben und Dynamit, die sie gegen uns benutzt haben und womit sie uns töteten? („Prawda“ vom 19. August 1956)

Am 4. August 19 56 veröffentlichte die indonesische Regierung Ali Sastroamidjojo eine offizielle Erklärung, daß sie „von jetzt ab nicht mehr die Schulden an Holland zahlen wird, die Indonesien ungerecht durch Entscheidungen der Konferenz am Runden Tisch auferlegt wurden.“ Die Schulden wurden von Indonesien für null und nichtig erklärt.

Der verbissene Gegner der Mitarbeit im Völkerbund in der Zeit der Kolonialherrschaft, Dr. Achmed Sukarno, beantragte nach der endgültigen Anerkennung der Unabhängigkeit Indonesiens im Dezember 1949 die Aufnahme der Republik in die Vereinten Nationen. Im September 1950 wurde Indonesien Mitglied der UNO.

„Kraft durch Einheit, Einheit durch Kraft"

Dem holländischen Prinzip „Teile und herrsche“ stellte der Dialektiker Dr. Achmed Sukarno die Losung „Kraft durch Einheit und Einheit durch Kraft“ entgegen. Aber die Verwirklichung dieser Losung erweist sich in Indonesien ebenso schwierig, wie die Erlangung der Unabhängigkeit Indonesiens. „Gewaltige Hindernisse ergeben sich auf unserem Wege“ — erklärte Dr. Sukarno. Und er fügte hinzu: „Die Sicherheit ist noch nicht völlig hergestellt. Gibt es denn wohl auf der Erde auch nur ein Land, das alle seine Zeit und Energie der Sache der Wiederherstellung widmen könnte, wenn die Ruhe und Ordnung innerhalb des Landes immer noch gestört wird! Jeder wahrhafte indonesische Patriot hofft und betet dafür, daß die Ruhe und Ordnung in seinem Lande bald wiederhergestellt wird. LInsere verstorbenen Helden würden sich im Grabe umdrehen, wenn sie sehen würden, wie andere zerstören, was sie um den Preis eines so schweren Kampfes erreichten. LInsere Seele ruft nach Wiederherstellung der Ruhe. Fürwahr, wenn das in unseren Kräften stände, wir würden uns an die Sonne, an den Mond und an das Firmament wenden und sie anflehen, die Ruhestörer zu bewegen umzukehren, unverzüglich zurückzukehren zum normalen Leben und teilzunehmen am Aufbau der Republik und unserer Gesellschaft im Geiste der Einheit“ (S. 305)

Sukarno betrachtet die inneren Widerstände, Aufstände und ständigen LInruhen als Überreste und Überbleibsel des holländischen Imperialismus. Er behauptet, daß hinter den Autonomiebestrebungen, die seit der Gründung der unitaren „Republik Indonesia" immer wieder zum Durchbruch kommen, die früheren holländischen Kolonialherren stecken, die ständig in den Jahren nach 194 5 bestrebt waren, Indonesien föderativ zu gestalten.

Unter Führung des ehemaligen Präsidenten der indonesischen Staats-bank, Dr. Sjafruddin Prawiranegar, des ehemaligen stellvertretenden Stabschefs der indonesischen Armee, Lubis, des Oberstleutnants Achmad Hussein und des Obersten Simbolon wurde Mitte Februar 1958 in Padang auf Sumatra eine Gegenregierung ausgerufen. Dieses von der Weltöffentlichkeit viel beachtete Ereignis ist jedoch für indonesische Verhältnisse keine Neuerscheinung. Auch die in diesem Zusammenhang genannten Namen der „Jungen Obersten“ sind schon von früheren Rebellionen und Aufständen her bekannt.

Schon seit dem Jahre 1948 bereiten dem Präsidenten Dr. Sukarno die „Tentara Islam Indonesia“ und der „Dar ul Islam“ große Sorgen. Die „Tentara Islam Indonesia“ — „Indonesische Islam-Armee“ — ist eine separatistische Gruppe, die durch terroristische Akte das Land in Unruhe versetzt. Sukarno bezeichnete sie als Banditen, Gangster, Verbrecher und politische Abenteurer. Der „Dar ul Islam“ — „Staat des Islam,“ eine extreme Organisation, die für einen theokratischen muselmanischen Staat kämpft, bringt das Land durch Terrorakte und räuberische Überfälle seit Jahr und Tag in Unruhe. Seine Terrortätigkeit ist auf die Desorganisation des wirtschaftlichen und politischen Lebens des Landes gerichtet.

Aber neben diesen Erscheinungen des Banditentums und Terrorismus stellten sich mit der Beseitigung des Föderalismus, von Sukarno als „Erbe des Kolonialismus“ bezeichnet, neue Schwierigkeiten ein.

In Indonesien, dem Lande der 3000 Inseln, geben vier Hauptinseln politisch und wirtschaftlich den Ausschlag. Die kleinste ist Java, die aber die höchste Bevölkerungszahl von mehr als 50 Millionen aufweist. Ihm folgt Sumatra mit 12 Millionen; Celebes mit 6 Millionen; Borneo mit 3 Millionen.

Mit ihren Plänen und Maßnahmen der föderativen Gestaltung Javas und der Schaffung von 16 „Staaten“ auf dem Territorium Indonesiens hatten die Holländer den Föderalismus und Separatismus, der in diesem Inselreich tiefe Wurzeln besaß, stark entwickelt.

Nach der Abschaffung der föderativen „Vereinigten Staaten von Indonesien“ und der Gründung der unitaren Republik mit straffer Zentralgewalt mußte der Gegensatz zwischen dem zentralistischen Nationalismus und dem regionalen Insel-Nationalismus schärfste Ausmaße annehmen. Bei der Umwandlung Indonesiens in eine einheitliche Republik am 17. August 1950 wurden die autonomen Interessen der Bevölkerung vieler Inseln kaum beachtet. Ohne genügende Berücksichtigung nationaler Besonderheiten wurden damals an Stelle der Bundesländer zehn Provinzen in Indonesien geschaffen. Diese Provinzen sind: Nord-Sumatra, Zentral-Sumatra, Süd-Sumatra, West-Java, Zentral-Java, Ost-Java, Borneo, Celebes, die Sudaninseln und die Molukken.

Aber nicht nur diese zentralistische Umgestaltung Indonesiens, sondern auch die Zentralisation und Konzentration aller wirtschaftlichen und politischen Macht in Djakarta auf Java mußten zu einem Aufleben des Separatismus und der Autonomiebestrebungen führen. Zwar wurden den einzelnen Provinzen autonome Rechte versprochen. Es blieb aber eben bei Versprechungen. Von den Autonomisten wurde auch die Wirtschafts-Steuer und Finanzpolitik der Zentralbehörden als ungerecht empfunden, denn Djakarta war bestrebt, mit allen Mitteln für die Stärkung der Zentralgewalt zu sorgen, was vielfach auf Kosten der Inseln geschah. So soll Sumatra mit seiner Ausfuhr von Zucker, Tabak, Kaffee, Erdöl und Kautschuk etwa 70 Prozent der Devisen des Landes eingebracht haben. Von diesen Einnahmen floß allerdings sehr wenig auf die Insel zurück. Auch diese Praxis mußte die Autonomiebestrebungen stärken.

Schon im April 1950, als in Indonesien noch die Propagandakampagne für die zentralistische Gestaltung Indonesiens lief, erhob sich bereits auf den Süd-Molukken eine Gruppe von Offizieren und rief die „Unabhängige Süd-Molukken-Republik aus. Erst nach Einsatz stärkerer Truppenverbände gelang es der Zentralgewalt die Rebellion zu unterdrücken. Über die separatistischen Rebellionen, über die Versuche der Ausrufung autonomer Republiken in Indonesien könnte man eine besondere Abhandlung schreiben, so umfangreich ist das Material darüber.

Im Herbst 1956, als sich der Präsident noch in Rotchina befand, um hier volksdemokratische Erfahrungen zu sammeln, war es der stellvertretende Chef des Stabes der indonesischen Armee, Lubis, der auch jetzt wieder in der Gegenregierung in Padang eine Rolle spielt, der in der Hauptstadt Djarkarta einen Militärputsch zu starten versuchte.

Was in Djarkarta mißlang, sollte am 20. Dezember 1956 für einige Tage wenigstens auf der Insel Sumatra glücken.

Der Minister der jüngsten Padanger Gegenregierung Oberstleutnant Achmad Hussein, rief damals mit der Unterstützung des Obersten der indonesischen Armee, Simbolon, — jetzt ebenfalls in Padang — auf der Insel eine autonome Gegenregierung aus.

Präsident Dr. Sukarno kommentierte damals das Ereignis: „Die Holländer haben bei uns vor ihrem Abzug eine , Bombe mit Zeitzünder'hinterlassen und diese . Bombe'begann jetzt zu wirken.“ („Prawda vom 30. Januar 1957) Sukarno selbst mußte damals als Oberster Befehlshaber der indonesischen Armee eingreifen, und nach Einsatz der Kriegs-und Luftflotte gelang es dem regierungstreuen Oberstleutnant Ginting den Militärputsch seiner Kameraden niederzuwerfen.

Die jüngste Militärrevolte auf Sumatra ist also, wenn sie auch im Ausmaße alle früheren übersteigt, nur eine von vielen, die ihre Wurzeln in der Forderung nach Autonomie in einzelnen Landesteilen haben. Es ist aber auch kein Zufall, daß bei diesen Rebellionen und Aufständen die Militärs eine führende Rolle spielen, denn die indonesische Armee ist höchst hetoregen.

Diese Armee wurde geschaffen, indem die alten Partisanenverbände, die treu zu Sukarno stehen, mit den Eingeboreneneinheiten der früheren holländischen Kolonialarmee vereinigt wurden. Auch die von den Japanern in der Besatzungszeit militärisch ausgebildeten Jugendverbände gingen in die Armee auf. Teile der „Tentara Islam Indonesia , der „Indonesischen Islam-Armee“ wurden ebenfalls in die nationale Armee übernommen. Der Kampf gegen Banditismus, Rebellionen und Aufstände wurde zu einem Bestandteil der Innenpolitik der indonesischen Regierung. Und Dr. Sukarno selbst mußte sich der Aufgabe einer Einschätzung dieser Erscheinungen und der Einleitung von Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung unterziehen. Über die Ursachen der Unruhen sagte Dr. Sukarno: „Die Überreste des Kolonialismus und die Wunden, die er zugefügt hat, kann man nicht nur auf materiellen, finanziellen und ökonomischen Gebieten entdecken; die Moral und der Charakter der Menschen ist immer noch durch jene parasitären Züge vergiftet, die dem indonesischen Volk Schaden bringen. Beachten Sie meine Worte. Zehn Jahre sind verflossen, seitdem wir unsere Unabhängigkeit verkündeten, schon seit fünf Jahren bauen wir unser Land auf. Die Überreste des Kolonialismus aber sind immer noch innerhalb unseres Systems zu spüren. Zehn Jahre ist es her, daß wir Republik wurden, der Kampf gegen die moralische Krise weist aber darauf hin, daß in dieser Übergangsperiode immer noch einige Menschen existieren, die von den Lastern des Kolonialismus vergiftet sind. Schon zehn Jahre lang hissen wir die rot-weiße Fahne, aber das Echo der Kolonialpolitik „Teile und herrsche“ ertönt immer noch in Form von regionalen und provinzialen Konzeptionen. Im Laufe von zehn Jahren lautet unsere Losung „Freiheit", aber bei uns existiert immer noch ein-Analphabetentum — ein Erzeugnis der Politik, die das Volk in Unwissenheit hielt; immer noch gibt es bei uns Menschen, die sich für weniger als die Ausländer betrachten, denen die europäische Kultur mehr Freude bereitet, und die diese besser kennen als ihre eigene;

immer noch existiert eine Verbeugung vor allem holländischen; immer noch gibt es Menschen, die keine stolzen Indonesier, sondern geistige Sklaven sind . . .

Wenn man wirklich in das Wesen der Sache eindringt, so sind die Unruhen ebenfalls nur Überreste des Kolonialismus. Das wurde vollkommen klar, nachdem überzeugend bewiesen wurde, daß holländische verbrecherische Elemente ihre Hände bei diesen Unruhen im Spiel hatten. Damit erklärte sich auch mein ständiger Optimismus. Nach dem Willen Gottes kommt zweifellos die Zeit, in der der Friede nicht mehr gestört wird. Unzweifelhaft bricht die Zeit an, in der die politischen Abenteuer ein Ende nehmen. Denn es kommt die Zeit, in der mit dem Kolonialismus Schluß gemacht wird, in der er vollkommen erledigt sein wird, in der auch nicht eine Spur von seinen Ruinen übrig bleiben wird.“

(S. 304/307)

Und über die Methoden, die Strategie und die Taktik der Bekämpfung der Unruhestifter und Rebellen hielt Sukarno am 10. Jahrestag der indonesischen Republik nahezu eine Vorlesung.

„Der Imperialismus in Indonesien besitzt spezifische Züge und einen spezifischen Charakter, die sich von den Zügen und dem Charakter des Imperialismus in anderen Ländern unterscheiden. Ebenso haben auch die Überreste des Imperialismus in Indonesien ihre spezifischen Züge und Charakter. Die Methoden des Kampfes gegen den Imperialismus in Indonesien unterscheiden sich von den Kampfmethoden in anderen Ländern. Folglich muß auch der Kampf gegen die Überreste des Imperialismus in Indonesien anders als in anderen Ländern geführt werden.“ (S. 308.)

Wie soll nun der Kampf gegen die „Überreste des Kolonialismus“, gegen die Ruhestörer und Rebellen geführt werden? Auch dafür gibt Sukarno ein Rezept:

„Es ist klar, daß das Unterpfand des Erfolgs jeder großen historischen Bewegung die Übereinstimmung innerer Strategie mit dem grundlegenden, sich herausbildenden Faktor ist. Dabei ist es notwendig, die Lage des Feindes und die Lage des eigenen Volkes oder einzelner seiner Gruppen zu berücksichtigen. Jede große Bewegung, die nicht mit den vorherrschenden objektiven Bedingungen rechnet, ist zum Mißerfolg verurteilt, und jeder Führer einer großen Bewegung, der die Äußerung der objektiven Bedingungen ignoriert, führt jene Gruppe oder jenes Volk, deren Führer er ist, zum Fiasko, ins Unglück, in die Katastrophe. Wir Indonesier studierten im Verlaufe von Jahrzehnten das Wesen des holländischen Imperialismus, den wir bestrebt waren zu zerschmettern, wir analysierten alle seine konkreten und abstrakten Kräfte. Im Laufe von Jahrzehnten verließen wir nicht das Schlachtfeld, widerstanden, griffen an und versuchten, den holländischen Imperialismus ins Schwanken zu bringen. Lind die Tatsachen besagen, daß wir jetzt Erfolge erlangten, weil wir sowohl politische wie auch physische Mittel anwandten. Eben deshalb sagte ich, daß die Überreste des Kolonialismus, die sich in den Unruhen äußern, auf dem Wege der Anwendung politischer Mittel wie auch materieller Mittel endgültig vernichtet werden können Deshalb eben rufen wir Euch auf: Öffnet, öffnet den Teilnehmern der Banden auf dem Wege der politischen Aufklärung die Augen, damit sie begreifen, daß wir alle die Republik Indonesien schätzen müssen, daß wir alle sie unterstützen müssen, daß wir alle sie stützen und verteidigen müssen. Veranlaßt sie zu begreifen, daß ihnen das Schicksal ihrer Landsleute teuer sein muß, daß sie nicht plündern, sie nicht bestehlen und töten und nicht mit Feuer ihr Hab und Gut verheeren dürfen. Tut alles nur Mögliche, damit sie das begreifen. Wenn jedoch noch Menschen existieren, die darauf hartnäckig nicht hören wollen, so wendet gegen diese die entschiedensten Maßnahmen an . . .

Am heutigen Tage rufe ich alle Gruppen, alle Parteien, alle Organisationen und sogar alle Banden in den Wäldern auf, sich tief bewußt zu werden, daß sie ihren eigenen Staat — die Republik Indonesien — haben, und rufe sie auf, in diesem Bewußtsein zu leben.“ (S. 309'31 1.)

Präsident Dr. Sukarno ist aber auch noch aus anderen Gründen von der Verwirklichung seiner Losung „Kraft durch Einheit und Einheit durch Kraft“ entfernt. In der Zahl der Regierungskrisen ist Indonesien höchstens durch Frankreich überflügelt worden. Gegenwärtig, 13 Jahre nach der Ausrufung der Republik amtiert in Indosenien das 18. Kabinett. „Ist eine solche Zahl von Kabinettskrisen nicht durch die Besonderheit unseres politischen Systems bedingt?“ — fragt Dr. Sukarno.

Und er erklärt: „Jede Kabinettskrise bedeutet mehr oder weniger auch eine Verschleuderung der nationalen Kräfte, eine Verlust wertvoller Zeit und nationaler Macht ... es gibt dafür Ursachen verschiedener Art, solche wie Mißtrauen, Mißgunst, Bosheit oder Haß und andere subjektive Emotionen, die verschiedene Personen oder Gruppen zueinander hegen. Jedoch die Hauptursache, die Quelle aller Ursachen, das ist wirklich die übermäßige Differenzierung der Parteien, eine Differenzierung, die fast bis an die Spaltung grenzt und nicht auf ein vernünftiges Prinzip begründet ist. Es bestehen so viel Meinungen, wie es Parteien gibt, und so viel Gesichtspunkte wie Meinungen, und so viel Konzeptionen wie Gesichtspunkte. . . .

In der Gegenwart haben die politischen Parteien in Indonesien fast eine Zahl von dreißig erreicht. Jawohl, nicht weniger als dreißig! Es gibt sehr wenig Länder mit einer solchen Zahl von Parteien wie in Indonesien. Ich kann mit jedem Beliebigen streiten, daß die Republik Indonesien eine auf die Demokratie begründete Republik ist!“ (S. 327/325.)

Doch über die Partei, ihre Rolle und Aufgaben, hat Dr. Sukarno eine eigene Lehre entwickelt, mit der wir uns in einem späteren Kapitel noch befassen werden. Zunächst wollen wir die’Staatsphilosophie Sukar-nos betrachten.

Die indonesische Staatsphilosophie

Im Monat März des Jahres 1945 setzten die Japaner, die seit dem Jahre 1942 die indonesischen Inseln besetzt hielten, eine „Kommission zur Vorbereitung der LInabhängigkeit Indonesiens ein. „Asien den Asiaten“ war die Kriegs-Propagandalosung der Japaner, und sie versuchten, die nationale Befreiungsbewegung in Südostasien für ihre Ziele auszunutzen. Auch die ernannte „Kommission zur Vorbereitung der Unabhängigkeit Indonesiens“ sollte zweifellos diesen japanischen Zwecken dienen.

Dr. Achmed Sukarno, der prinzipielle Gegner jeglicher Zusammenarbeit, beteiligte sich an der Arbeit dieser Kommission. Heute erklärt man, daß die Mitarbeit Sukarnos und anderer indonesischer nationaler Führer aus taktischen Überlegungen erfolgt sei, und daß sie zur selben Zeit die illegale Widerstandsbewegung im Lande geleitet hätten. Man könnte aber denken, daß Dr. Sukarno doch einen Unterschied zwischen der holländischen und der asiatisch-japanischen Kolonialmacht machte und deshalb zur Mitarbeit bereit war. Auf Grund der vorliegenden Reden und Äußerungen des Präsidenten scheint uns jedoch, daß eine solche Annahme unrichtig ist. Schon seinen holländischen Kolonial-richtern hielt Dr. Sukarno im Dezember 1930 einen Vortrag über den japanischen Imperialismus. Darin sagte er: „Aber den modernen Imperialismus Asiens sahen wir in der jüngsten Zeit nur in Japan; dieser moderne asiatische Imperialismus stellt . etwas Neues', etwas Unikales dar; von allen Ländern Asiens trat doch nur Japan schon in das Stadium des modernen Kapitalismus. Der moderne japanische Kapitalismus, der Erdöl und Kohle braucht, der moderne japanische Kapitalismus, der zu einem so schnellen Wachstum der Bevölkerung führte, daß die Notwendigkeit der Suche nach Ländern zur Emigration entstand, — dieser moderne japanische Kapitalismus — veranlaßte das Volk Japans, seinen Edelmut zu vergessen und die Krallen auf die Insel Sachalin, auf Korea und die Mandschurei zu werfen.

Japan . Verteidiger der unterjochten Völker Asiens'nennen, ist eine Lüge, eine Heuchelei, eine leere Erfindung reaktionärer Nationalisten, die glauben, daß gerade Japan die Imperialisten des Westens mit dem Zuruf „Halt!" aufhält. Nein, Japan ruft nicht „Halt!“, es wurde selbst ein habgieriger imperialistischer Räuber. Es verwandelte sich selbst in einen Dämonen, der die Sicherheit Chinas bedroht. Japan selbst bedroht, indem es mit den imperialistischen Räubern Amerika und England kämpft, die Ruhe und Sicherheit der Länder des Stillen Ozeans, es selbst ist einer der Räuber, der an dem bevorstehenden Krieg im Stillen Ozean teilnimmt.“ (S. 29/30.)

Am 1. Juni 1945 trat Dr. Sukarno vor der von den Japanern in Indonesien eingesetzten „Kommission zur Vorbereitung der Unabhängigkeit Indonesiens“ mit einer grundlegenden Rede auf. In dieser Rede forderte er die Herstellung der politischen Unabhängigkeit Indonesiens und entwickelte die philosophischen und weltanschaulichen Grundlagen für den gesellschaftlichen und staatlichen Aufbau eines unabhängigen Indonesiens. Diese philosophisch-weltanschaulichen Grundlagen sind in den indonesischen fünf Prinzipien — Pantscha Sila — zusammengefaßt. Nach der Verkündung der Unabhängigkeit Indonesiens am 17. August 1945 wurden diese fünf Prinzipien — Pantscha Sila — in der Verfassung der Republik Indonesien verankert. Sie bilden heute noch die Grundlage der indonesischen Konstitution.

Die Japaner, für die die „Kommission zur Vorbereitung der Unabhängigkeit Indonesiens“ nur ein politisches Manöver war, hatten die Absicht, die Mitglieder der Kommission mit kleinen und Nebenfragen zu beschäftigen. Sie sollten die Vorbedingungen und Voraussetzungen für die Unabhängigkeit besprechen, worunter die Japaner und auch einige Indonesier verstanden, daß erst die geistige Freiheit gesichert werden und das Volk eine bestimmte Reife für die Unabhängigkeit erlangen müsse. Als Voraussetzung für die Selbständigkeit wurde auch angesehen, daß jeder Indonesier erst schreib-und lesekundig sein müßte. Sukarno trat mutig diesen Versuchen, die Kommission mit Kleinigkeiten — wie er sagte — zu beschäftigen, entgegen, und sagte, wenn wir erst alle diese Vorbedingungen erfüllen wollen, können wir auf unsere LInabhängigkeit bis auf unseren jüngsten Tag warten.

Die Beispiele, auf die sich Sukarno beruft, sind immerhin interessant:

„Ibn Saud schuf den Staat in einer Nacht — in one night only —, wie Armstrong in seinem Buch sagt. . . . Erst nachdem Ibn Saud diese Brücke gebaut hatte (die LInabhängigkeit) und über diese Brücke auf die andere Seite gegangen war, vervollkommnete er die Gesellschaft Saudi Arabiens. . . .

Hat etwa Lenin, als er das unabhängige Sowjetrußland schuf, ein Dnjeproges — den gewaltigen Damm am Dnjepr — schon gehabt? Hat er etwa über Radiostationen mit bis in den Himmel reichende Masten verfügen können? Standen ihm genügend Eisenbahnen, die die ganze Ausdehnung Rußlands durchkreuzten, zur Verfügung? Konnte jeder russische Mensch schon lesen und schreiben, als Lenin das unabhängige Sowjetrußland begründete? Nein, meine verehrten Herren! Erst auf der anderen Seite der Brücke, die von Lenin errichtet wurde, wurden Radiostationen gebaut, Schulen geschaffen, Kinderkrippen organisiert und ein Dnjeproges erbaut. Deshalb bitte ich Sie, meine Herren, fürchten Sie sich nicht und denken Sie nicht, daß wir, bevor wir unabhängig werden, ähnliche Maßnahmen vollziehen müssen. . . .

Im Jahre 193 3 schrieb ich eine Broschüre. In dieser Broschüre sagte ich, daß die LInabhängigkeit, die politische LInabhängigkeit (political independence) nichts anderes als eine Brücke, eine goldene Brücke darstellt. Ich sagte in dieser Broschüre, daß wir auf der anderen Seite dieser goldenen Brücke unsere Gesellschaft vervollkommnen werden.“ (S. 253/254.) „Ich habe begriffen, was Eure Exzellenz wünscht!“, sagte Sukarno zum japanischen Vorsitzenden der Kommission gewandt. „Sie interessiert die Grundlage, die philosophische Grundlage, oder wenn man in erhabenem Stil spricht, Eure Exellenz interessiert die Weltanschauung, auf deren Grundlage wir den Staat Indonesien aufbauen.“ Sukarno holte weit aus und dozierte den Japanern und der Kommission: „Lenin errichtete den Sowjetstaat auch auf Grundlage einer bestimmten Weltanschauung, nämlich auf Grundlage der marxistischen Weltanschauung, auf Grundlage des historischen Materialismus. Die Japaner schufen den Staat Japan auch auf der Grundlage einer gewissen Weltanschauung, nämlich auf Grund des sogenannten „Tenno Kodo Shushin" Auf der Grundlage des „Tenno Kodo Shushin" wurde der japanische Staat errichtet. Und in Saudi Arabien schuf Ibn Saud den arabischen Staat ebenfalls auf der Grundlage einer gewissen Weltanschauung, die eine religiöse Basis hat, nämlich den Islam. . . .

Sun Yat-sen errichtete den unabhängigen chinesischen Staat im Jahre 1912, aber schon im Jahre 1 885 — wenn ich nicht irre — waren die Grundlagen seiner Weltanschauung gelegt. In dem Buch „Die drei Volksgrundsätze“ (Nationalismus, Demokratie und Sozialismus) beschrieb Dr. Sun Yat-sen schon diese Weltanschauung. Aber erst im Jahre 1912 gründete er auf Grundlage dieser Weltanschauung, auf Grundlage dieser drei Volksgrundsätze, die im Laufe von Jahrzehnten ausgearbeitet wurden, den neuen Staat." (S. 258/259.)

Was sind nun die fünf Prinzipien — die in Indonesien Pantscha Sila genannt werden?

Zum ersten Prinzip der Grundlagen des indonesischen Staates erhob Sukarno den Nationalismus. Er stellt dabei die Frage: „Was ist eine Nation? Welche Vorbedingungen sind für die Bildung einer Nation erforderlich?". Ernest Renan nannte als Vorbedingung das „Streben zur Einheit“ — „le desir d'etre ensemble" —, und Otto Bauer gab die Definition: „Eine Nation ist eine aus der Schicksalsgemeinschaft erwachsene Charaktergemeinschaft“. Sukarno hält diese Definition nicht für ausreichend, er betrachtet sie als veraltet und überholt. „Als Ernest Renan und Otto Bauer ihre Definition gaben, gab es noch nicht die neue Wissenschaft, die Geopolitik genannt wird.“ Bauer und Renan — sagt Sukarno — sprachen nur über den Menschen, den Charakter und die Gefühle des Menschen, sie vergaßen den Ort, den Grund und Boden. „Dieser Ort ist die Heimat. Die Heimat ist eine Einheit. Der Allmächtige Allah schuf die Welt und bestimmte ihre Struktur . . .der indonesische Archipel stellt ein einheitliches Ganzes dar.“ Sukarnos Zentralismus und sein Kampf gegen den Föderalismus haben in seiner Definition der Nation ihre Grundlage. Er sagt: „Wie heißt unser Vaterland, unsere Heimat? Nach der Geopolitik ist Indonesien unsere Heimat. Indonesien im ganzen, und nicht nur Java, nicht nur Sumatra, nicht nur Celebes, nicht nur Amboina, nicht nur die Molukkeninseln, sondern der ganze Archipel, der uns vom Allmächtigen Allah angewiesen ist, bildet ein einheitliches Ganzes und befindet sich zwischen zwei Kontinenten und zwei Ozeanen, — und das ist unsere Heimat." (S. 262.) Und Sukarno belehrt die Kommission und die Japaner: „Meine Herren, glauben Sie nicht, daß jeder freie Staat ein nationaler ist. Weder Preußen, noch Bayern, noch Sachsen sind Nationalstaaten, sondern Ganz-Deutschland. Nicht kleine Teile, weder Venezien, noch die Lombardei, sondern Ganz-Italien, die ganze Halbinsel, die vom Mittelmeer umspült und im Norden von den Alpen begrenzt ist, bildet einen Nationalstaat. Weder Bengalen, noch Pandschab, noch Bihar und Orissa, sondern das ganze Dreieck Indien muß ein Nationalstaat werden.“ (S. 263.)

Aus seiner Jugend erzählt Dr. Sukarno:

„Ich muß bekennen, als ich 16 Jahre alt war und auf der Hochschule in Surabaja studierte, befand ich mich unter dem Einfluß des Sozialisten A. Baars. Baars lehrte mich das Nationalbewußtsein zu meiden, nur das Menschheitsbewußtsein zu pflegen und das geringste Nationalgefühl abzulegen. Das war im Jahre 1917. Aber im Jahre 1918, gelobt sei Allah, kam ein anderer Mensch, der mich zur Einsicht brachte — das war Doktor Sun Yat-sen. In seinem Buch „Die drei Volksgrundsätze“ 9a) fand ich eine Lehre, die den Kosmopolitismus, den mich A. Baars lehrte, zunichte machte. Unter dem Einfluß dieser „Drei Volksgrundsätze“ wuchs in meinem Herzen das Gefühl des Nationalismus. Wenn deshalb das ganze chinesische Volk Dr. Sun Yat-sen als seinen Führer betrachtet, so wird der Indonesier Sukarno für Dr. Sun Yat-sen bis zu seinem Tode ein starkes Gefühl der Achtung und Dankbarkeit empfinden.“ (S. 265.)

Das zweite in der indonesischen Verfassung niedergelegte Prinzip lautet: Internationalismus oder Humanismus. „Das Prinzip des Nationalismus birgt eine große Gefahr in sich!" — erklärt Sukarno. „Die Gefahr besteht darin, daß der Nationalismus die Form des Chauvinismus annehmen kann, daß er bis zu der Idee . Indonesien über Alles'führen kann. Darin besteht die Gefahr. Wir lieben nur eine Heimat, wir besitzen nur das Gefühl eines Nationalismus, wir haben nur eine Sprache. Aber unsere Heimat, Indonesien, ist nur ein kleiner Teil der Welt! Denken Sie daran! Gandhi sagt: , Ich bin Nationalist, aber mein Nationalismus ist Menschlichkeit — , My nationalism is humanity.'

Der von mir vorgeschlagene Nationalismus ist kein abgesonderter Nationalismus, ist nicht jener Chauvinismus, der in Europa die Menschen entzündet, der . Deutschland über Alles'verkündet und seine Nation von Menschen mit hellblonden Haaren und blauen Augen als höhere Nation betrachtet, als . arische Nation', die über die Welt erhoben ist, während die übrigen Nationen, nach ihrer Meinung, minderwertig sind. Wir dürfen uns nicht auf einen solchen Standpunkt stellen. Meine Herren, wir dürfen nicht erklären, daß die indonesische Nation die allerbeste und ruhmreichste ist und dabei die übrigen Nationen heruntersetzen. Wir müssen zur Einheit der Welt und zur Freundschaft mit der ganzen Welt streben“ (S. 265).

Schon in einer im Jahre 193 3 verfaßten Broschüre hatte Sukarno seine Gedanken über den indonesischen Nationalismus, den er erstrebt, niedergelegt. Er nennt ihn auch Sozio-Nationalismus. Damals schrieb er: „Sozio-Nationalismus und kein anderer! Werft den bürgerlichen und aristokratischen Nationalismus weit von Euch, verwandelt den bürger-lichen und aristokratischen Nationalismus zu Staub unter den Füßen der Volksmassen! Der Leser weiß nicht, was der bürgerliche Nationalismus ist, er versteht nicht, was der aristokratische Nationalismus ist? Sehr viele unter unseren Nationalisten träumen davon, unser Land in einen »Nationalstaat'zu verwandeln, damit er sich in ein ebenso , großes Land'wie Japan oder Amerika oder England verwandele. Sie wollen, daß Indonesiens Flotte Erstaunen in der ganzen Welt hervorrufe, daß seine Städte gewaltig seien, daß seine Banken ihre Fühler überall ausstrecken. Sie nähren die Hoffnung, daß Indonesien auch ein so . großes Land'wird. Ach, die bürgerlichen Nationalisten! Sie rührt nicht die Tatsache, daß all dieses , Wohl‘ eine Ausgeburt des Kapitalismus, ein Instrument des Kapitalismus ist, das daß einfache Volk in diesen . ruhmreich'genannten Ländem unterdrückt und unglücklich ist. Ihr Nationalismus ist zweifellos kein humaner Nationalismus, er ist kein Nationalismus, der zum Wohlstand der Massen strebt. Ihr Nationalismus ist bürgerlicher Nationalismus, der im besten Falle nur ein unabhängiges Indonesien wünscht, aber die gesellschaftliche Ordnung nach Erlangung eines unabhängigen Indonesien nicht verändern will. Sie sind möglicherweise auch Revolutionäre, aber bürgerliche Revolutionäre, keine Volks-Revolutionäre, keine Sozio-Revolutionäre!“ (S. 245).

Jedoch auch die von Sukarno proklamierte Freundschaft mit der ganzen Welt, hat er schon frühzeitig im Geiste der Bandung-und Kairo-Konferenz beantwortet. Bereits im Jahre 193 3 schrieb er: „Wenn die imperialistischen Giganten untereinander zusammenarbeiten, so laßt auch uns, die Opfer dieser imperialistischen Giganten ebenfalls zusammenarbeiten. Laßt uns die Einheitsfront der Kämpfer für die Unabhängigkeit Asiens schaffen. Wenn der Büffel Indonesiens mit der Sphinx Ägyptens, mit dem Stier Indiens, mit dem Drachen Chinas und mit den anderen Kämpfern für die Unabhängigkeit in anderen Ländern Zusammenarbeiten wird, wenn der Büffel Indonesiens mit allen Feinden des Kapitalismus und des internationalen Imperialismus in der ganzen Welt zusammenarbeitet, so sind die Tage des internationalen Imperialismus sicherlich gezählt“ (S. 219).

Zum dritten Prinzip erhob Sukarno: Diskussion, Meinungsaustausch und Volksvertretung. Er nennt es auch Diskussion oder Demokratie. „Wir errichten einen Staat nach dem Prinzip , alle für alle', , einer für alle und alle für einen'“ — erklärte Sukarno. „Ich bin ein Muselman — rief Sukarno den Versammelten zu — entschuldigen Sie mich, daß meine Religiosität bei weitem noch nicht vollkommen ist, aber wenn Sie, Kameraden, meine Brust öffnen und in mein Herz schauen, werden Sie sehen, das ist ein Herz eines wahren Moslems.

Lind das Herz des Muselmanen Sukarno wünscht glühend den Islam im Prozeß des Meinungsaustausches, im Prozeß der Diskussion zu verteidigen. Auf dem Wege der Besprechung, des Meinungsaustausches, auf dem Wege der Gespräche im Organ der Volksvertretung können wir Verbesserungen verwirklichen und die Religion verteidigen. Alles was uns nicht befriedigt, können wir in der Zeit der Diskussion im Vertretungsorgan behandeln, welches der Ort sein wird, an welchem man die Forderungen des Islam erheben kann . . . Arbeitet in diesem Volksvertretungsorgan so gut ihr könnt, Brüder Islamisten, Brüder Christen! Wenn z. B. die Christen wollen, daß jeder Punkt der Gesetzgebung des indonesischen Staates den Gesetzen der Bibel entsprechen, so sollen sie alle Kräfte daran setzen, daß die Christen die Mehrheit der Abgeordneten im Vertretungsorgan Indonesiens stellen“ (S. 266/267).

In vielen seiner Reden bis in letzter Zeit hat Präsident Dr. Sukarno erklärt, daß die westliche Demokratie für Indonesien ungeeignet sei, und daß er eine indonesische Demokratie anstrebe.

„Ich Diktator? — sagte er zu Tibor Mende. — Nein, niemals, lachte er. Manchen Leuten gefällt mein Einfluß auf die Massen nicht, deshalb verdächtigen sie mich. Ich werde niemals der Diktator meines Volkes sein. Natürlich ist die fünfzig-plus-einprozentige Demokratie des Westens nicht unbedingt das Beste für uns. Wir brauchen wahrscheinlich ein stärkeres Präsidialregime. Aber wir werden unsere Fragen mit demokratischen Methoden lösen.“ (Tibor Mende, „Südostasien zwischen zwei Welten“, Frankfurt a. M. 195 5, S. 141.)

Die Antwort auf die Frage, wie das „stärkere Präsidialregime aussehen soll, hat der Präsident im Jahre 1957 gegeben. Wir werden uns an anderer Stelle noch damit zu befassen haben.

Liber die indonesische Demokratie aber schrieb der Präsident schon im Jahre 193 3 lange Abhandlungen:

„Ja, in England gibt es jetzt ein Parlament, in Deutschland gibt es jetzt ein Parlament, in Holland gibt es auch ein Parlament, in Amerika, in Belgien, in Dänemark, in Schweden, in der Schweiz — in allen diesen . zivilisierten Ländern'besteht jetzt ein demokratisches System . . .

Aber ... in allen diesen . zivilisierten Ländern'lebt und herrscht der Dämon des Kapitalismus! In all diesen . zivilisierten Ländern'ist das einfache Volk unterdrückt, das Schicksal des einfachen Volkes ist das Los von Unterdrückten und die Zahl der hungernden Erwerbslosen ist ungewöhnlich hoch. In all diesen . zivilisierten Ländern'kennt das einfache Volk keinen Wohlstand, im Gegenteil, Unglück folgt auf Unglück. Sind etwa diese Resultate, die sie verherrlichen, .demokratisch'? Ist das etwa eine . Volks-Ordnung', die in Frankreich besteht und die sie um den Preis tausender Leben, tausender Leichname, und sogar um den Preis tausender Köpfe der Aristokratie und der Vertreter der königlichen Dynastie erkauft haben? . . .

Die Demokratie, für welche sie einen so hohen Preis bezahlt haben, diese Demokratie ist keine Demokratie des Volkes, sondern ist eine bürgerliche Demokratie, die nur für die Bourgeoisie existiert und nur der Bourgeoisie Vorteile bringt.“ (S. 241/242.)

Indonesische Demokratie?

Sukarno stellt Fragen:

„Was für eine Demokratie soll auf unser Banner geschrieben sein?

Was für eine Demokratie muß man auf jener Seite der goldenen Brücke verwirklichen?“

Und er antwortet:

„Diese Demokratie muß eine neue Demokratie sein, eine wahre Demokratie, eine Demokratie, in welcher die Macht wirklich dem Volke gehört. Das wird nicht jene . Demokratie'sein, welche in Europa und Amerika existiert und die nur eine Widerspiegelung der politischen Demokratie ist. Das wird eine Demokratie sein, in welcher nicht nur eine hundertprozentige Volksmacht auf dem Gebiete der Politik besteht, sie wird eine politische und ökonomische Demokratie sein, bei welcher eine hundertprozentige Volksmacht sowohl auf dem politischen wie auf dem ökonomischen Gebiet bestehen wird.“ (S. 244.)

Als Prinzip Nummer vier der Pantscha Sila nennt Dr. Sukarno: sozia-ler Wohlstand, das Nichtvorhandensein von Armut im Unabhängigen Indonesien.

Wieder stellt Sukarno der Kommission Fragen:

„Wollen wir ein unabhängiges Indonesien, in welchem die Klasse der Kapitalisten herrschen würde? Oder wollen wir, daß. das ganze Volk Indonesiens im Wohlstand lebe und daß alle Menschen genügend Nahrung und ausreichende Kleidung haben, daß sie alle wohlhabend leben und die Fürsorge der Heimat, die ihnen alles Wohl verschafft, spüren? Was wählen wir, meine Herren?“

Und er antwortet: „Glauben Sie nicht, daß, wenn wir ein Volksvertretungsorgan schaffen, dann schon von selbst der Wohlstand erreicht wird. Wir sehen, daß in den Ländern Europas Volksvertretungsorgane existieren und eine parlamentarische Demokratie besteht. Aber herrscht etwa nicht in Europa nur die Klasse der Kapitalisten? In Amerika gibt es ein Volksvertretungsorgan, aber herrschen dort etwa nicht die Kapitalisten? Aber gleichzeitig damit bestehen dort Volksvertretungsorgane! Lind die Ursache all dessen ist, daß alle diese Volksvertretungsorgane nicht anders als nach dem Rezept der französischen Revolution geschaffen wurden. Das, was man dort Demokratie nennt, ist nur eine politische Demokratie; dort besteht in keiner Weise soziale Gerechtigkeit, überhaupt keine ökonomische Demokratie . . . Kollegen, wenn wir zur Demokratie streben, so laßt uns nicht die westliche Demokratie, sondern eine lebensschaffende Vertretung, die politisch-ökonomische Demokratie wählen, die fähig ist, soziale Gerechtigkeit zu bringen.“ (S. 268.)

Zehn Jahre später, als Sukarno über die Entwicklung Indonesiens sprach, mußte er feststellen: „Wir müssen den Mut besitzen, den Tatsachen, die sich in unserer Gesellschaft und in unserem Staat zeigen, in die Augen zu sehen. Befriedigen uns diese Tatsachen? Wenn man mir eine solche Frage stellen würde, und ich darauf eine Antwort geben müßte, so wäre mir klar, daß wir in allen Beziehungen immer noch auf jenem Häufchen Schutt leben, welcher uns nach einer vielhundertjährigen Kolonialherrschaft zufiel. wir leben immer noch auf den Ruinen des Kolonialismus.“ (S. 303.)

Als Weg zur sozialen Gerechtigkeit und zum indonesischen Wohlfahrtsstaat empfiehlt Dr. Sukarno das Rezept, das heute in allen jungen nationalen Staaten Asiens und Afrikas das Problem Nummer eins ist: Die Industrialisierung des Landes.

Am 10. Jahrestag der Verkündung der indonesischen Unabhängigkeit, am 17. August 195 5, sagte er darüber: „Sehr viel ist noch auf dem Gebiet der Rekonstruktion zu tun, viele Maßnahmen sind auf diesem Gebiet immer noch nicht vollendet.

Nehmt z. B. das wichtige Problem der Industrialisierung. Langsam aber die Industrialisierung stellt sicher für das indonesische Volk eine Frage auf Leben und Tod dar. Seit Menschengedenken konzentriert die indonesische Gesellschaft ihre Anstrengungen auf das landwirtschaftliche, — auf das Agrargebiet. Jedoch ist unser Volk kein träges Volk. Seine Zahl wächst immerfort. Es ist biologisch dynamisch. Unsere Bevölkerung vermehrt sich sehr schnell. Linser Bevölkerungszuwachs, der früher eine halbe Million im Jahr betrug, und danach dreiviertel Million, erreicht gegenwärtig fast eine Million im Jahr. Die Bevölkerung Indonesiens, die an der Wende des XIX. und XX. Jahrhunderts 50 Millionen Menschen zählte, hat jetzt 80 Millionen Menschen erreicht. Die Agrarstruktur kann schon nicht mehr die Befriedigung des täglichen Lebensbedarfs sichern. Die Landwirtschaft allein und die vorsintflutlichen Methoden der Bodenbearbeitung können uns schon nicht mehr versorgen. Wir müssen neue Wege gehen, ob uns das gefällt oder nicht, denn wir wollen leben und nicht sterben. Linser Staat muß in der Zukunft seinen Kurs ändern und die Industrialisierung verschiedener Gebiete verwirklichen, um die Produktion zu erhöhen. Er muß die Industrialisierung der Landwirtschaft durchführen, um die Erzeugung jener Kulturen zu steigern, an welchem das Volk Not leidet.

Auf Deinen Schultern, Jugend Indonesiens, liegt eine schwierige Aufgabe, die Aufgabe, die Züge und den Charakter unserer gesamten Gesellschaft zu ändern. Es wird Schluß gemacht mit den veralteten Bräuchen, es verschwindet der Konservatismus, es verschwindet der Müßiggang. Fürwahr das indonesische Volk rafft sich auf; es gerät wie früher in Bewegung. Der Lärm der Traktoren und Maschinen wird auf indonesischem Boden ertönen. Ob Euch das gefällt oder nicht, klar ist eines: Die Industrialisierung ist der einzige Weg zur Steigerung des Wohlstandes der Gesellschaft und des Staates.“ (S. 310.)

lind das fünfte Prinzip? Es lautet: Die Schaffung eines Unabhängigen Indonesien, ergeben dem Allmächtigen Herrgott. „Nicht nur die indonesische Nation muß religiös sein, sondern es wäre wünschenswert, daß jeder Indonesier religiös wäre, und seinen Gott hätte“ — verkündet Dr. Sukarno.

Und er erläutert:

„Die Christen beten nach der Lehre Jesus Christus zu Gott, die Muselmanen haben eine Religion, die ihnen der Prophet Mohammed •lehrt, die Buddhisten üben ihre Religion nach ihren Gesetzen aus. Aber wir alle sollen religiös sein. Es wäre wünschenswert, daß der indonesische Staat ein solcher Staat sei, in welchem jeder Mensch sich ohne Hinderungen vor seinem Gott verbeugen kann. Es ist notwendig, daß das ganze Volk zivilisiert an Gott glaube, d. h. ohne . religiösen Egoismus'.

Es ist notwendig, daß der indonesische Staat ein religiöser Staat wäre.

Wir werden aber sowohl die muselmanische wir auch die christliche Religion zivilisiert achten und ausüben. Was bedeutet zivilisiert? Das bedeutet gegenseitige Achtung. Der Prophet Mohammed gab den Beweis der Glaubenstoleranz. Jesus Christus predigte ebenfalls diese Religionstoleranz. In Übereinstimmung mit diesem laßt uns sagen, daß das fünfte Prinzip unseres unabhängigen indonesischen Staates der zivilisierte Glaube an Gott ist, die grenzenlose und vernünftige Ehrung Gottes, der Glaube an Gott bei Achtung anderer Religionen. Ich wäre glücklich, Kameraden, wenn Sie als Grundlage für den unabhängigen indonesischen Staat den Glauben an den allmächtigen Herrgott gutheißen. (S. 270.)

Diese fünf Prinzipien, die Pantscha Sila der indonesischen Verfassung, faßt Sukarno auch zu drei Grundsätzen zusammen. Nationalismus und Internationalismus oder Nationalismus und Humanismus vereinigt er zu: Sozio-Nationalismus. „Aber die Demokratie, die keine westliche Demokratie ist, sondern eine politisch-oekonomische Demokratie, vereinige ich zu einem: das ist politische Demokratie plus soziale Gerechtigkeit, Demokratie plus Wohlstand. Dann bekommt man das, was ich früher Sozio-Demokratie nannte.

Verbleibt noch der Glaube an Gott bei gegenseitiger Achtung der Religion. Das bedeutet, aus den fünf Prinzipien bildeten sich drei: Sozio-Nationalismus, Sozio-Demokratie und Glaube an Gott.“ (S. 271.)

Sukarnos Lehre über den Imperialismus

Jawaharlal Nehru hat einmal erklärt, daß er vieles von den Engländern übernommen habe und dort fortfahren würde, wo diese aufgehört hätten. Sukarno sind solche Gedankengänge völlig fremd. Er ist für revolutionieren — oder wie er sich ausdrückt — radikalen Bruch. Nehru knüpft tatsächlich an die englische Schule der Fabian Society an. Er propagiert den Sozialismus, genauer gesagt, eine „Gesellschaft nach sozialistischem Muster“. Sukarno dagegen spricht kaum vom Sozialismus. Sein Ideal ist die vollkommene Gesellschaft — der Wohlfahrtsstaat. Nach der Lehre der Fabier betrachtet Nehru den Marxismus für überholt, er lehnt den Klassenkampf ab und propagiert ein friedliches allmähliches Hineinwachsen in die „Gesellschaft sozialistischen Musters."

Sukarno hingegen verbindet den Islamismus mit den Elementen des Marxismus. Er ist glühender Verteidiger der Marxschen Dialektik. Die Marxistische Lehre vom Klassenkampf hat er — wie bereits gesagt -ins Nationale umgeschrieben. Lind auch die marxistisch-leninistische Theorie von der Rolle der Partei als Avantgarde hat er — wie wir noch sehen werden — auf seine „Partai Nasional Indonesia" anzuwenden versucht

Zu Tibor Mende sagte der Präsident: „Die drei Pfeiler meiner Weltanschauung sind: Nationalgefühl, Religion und marxistische Geschichtsanalyse." (Tibor Mende, „Südostasien zwischen zwei Welten“, Frankfurt am Main 1 95 5, S. 142.) hinter dem Titel: „Der Einfluß der Oktoberrevolution auf das Erwachen der Völker Asiens“ schrieb Dr. Sukarno im Oktober 1956 für die Sowjetmenschen in der Moskauer „Prawda“ einen Artikel, der an Marx anklingt und an Lenins Schrift über den Imperialismus erinnert.

Der Dialektiker Sukarno schreibt:

„Entsprechend den Gesetzen der Dialektik erzeugt der Imperialismus den Widerstand und den Kampf der Völker für ihre nationale Unab-hängigkeit und soziale Gerechtigkeit. . . . Der ökonomische Imperialismus, dessen Grundlage das kapitalistische System ist, brachte den kolonialen Ländern Asiens Elend und Entbehrungen und rief damit den Widerstand und den antiimperialistischen, antikapitalistischen Kampf hervor, den Kampf für die Ideale der sozialen Gerechtigkeit. Im Ergebnis dessen trägt der asiatische Nationalismus die Züge der sozialen Gerechtigkeit oder eben des Sozialismus.“ („Prawda“ vom 11. Oktober 1956.) 45 Druckseiten in seiner Verteidigungsrede vor dem Kolonialgericht im Dezember 1930 verwandte Dr. Sukarno, um seinen Richtern eine Lektion über den Imperialismus zu halten. Auch in einer 193 3 erschienenen Broschüre beschäftigt er sich ausführlich mit dieser Lehre. Sukarnos Betrachtungen über den Imperialismus sind heute, auch nach der Verkündung der Unabhängigkeit Indonesiens, noch aktuell. Erstens behauptet Dr. Sukarno, daß die Überreste des Imperialismus in Indonesien noch lange nicht überwunden seien. Zweitens muß man die Ansichten Sukarnos über den Imperialismus kennenlernen, denn sie spielen bei den jüngsten Maßnahmen gegen die holländischen Unternehmen in Indonesien anläßlich des indonesisch-holländischen Streits um Neu-Guinea eine Rolle. Lind drittens gehört Sukarno zu den Vorkämpfern um die Befreiung ganz Asiens und Afrikas. Er war einer der Initiatoren der Bandung-Konferenz und hatte diese sogar eröffnet. Sukarnos Beurteilung des Imperialismus hat also für die asiatisch-afrikanische Gesamtbewegung noch aktuelle Bedeutung.

Warum wurde Indonesien eine Kolonie? Diese Frage stellt Dr. Sukarno. Lind mit marxistischer Gründlichkeit analysiert er die Geschichte.

„Die LIrsachen muß man in der Gesellschaftsordnung suchen, die vor einigen Jahrhunderten in der Welt bestanden hat.“ — erklärt er. „Vor drei bis vier Jahrhunderten — doziert er — im XVI. — XVII. Jahrhundert, vollzog sich in den Ländern des Westens ein Prozeß der Umgestaltung der Gesellschaftsordnung. Der europäische Feudalismus geriet nach und nach in Verfall. Man beobachtete den Aufstieg des Handwerks und des Handels. Es entstand eine neue Klasse der Produzenten und der Händler, die auf dem gesamten europäischen Festland einen aktiven Handel trieb. Lind als diese Klasse die stärkste wurde, als sie die herrschende Stellung einnahm und die ganze europäische Gesellschaft eine Gesellschaft des Frühkapitalismus wurde, begann das europäische Festland für seinen Handel zu eng zu werden. Das europäische Festland wurde für das Wachstum der Betätigung und für die Entwicklung dieses Früh-kapitalismus derartig eng, daß die Leidenschaft zur Suche nach einem neuen Betätigungsfeld in anderen Erdteilen, besonders im Osten, in Asien als System entstand.“ (S. 181.)

Indonesien war zu schwach, um dem Eindringen des westlichen Früh-kapitalismus Widerstand zu leisten — sagt Sukarno: „Der Imperialismus dieser Zeit war noch jung. Er war bedeutend schwächer als der moderne Imperialismus! Der Osten hatte jedoch in dieser Zeit nicht die Kräfte, um diesem schwachen Imperialismus den gebührenden Widerstand zu leisten.“ (S. 181.)

„Wo waren denn die Kräfte Indostans, die Kräfte der Phillipinen, die Kräfte Indonesiens geblieben? . . .“ — fragt Sukarno.

Lind er erklärt:

„In dieser Zeit war die Gesellschaft Indonesiens, wie überhaupt die Gesellschaft Asiens ungesund. Die indonesische Gesellschaft dieser Periode war eine „Übergangs’-Gesellschaft, eine Gesellschaft, die sorgfältig ihre „Federn wechselte': der alte Feudalismus, der im Grunde ein »Feudalismus des Brahmanismus'war, der nicht die Freiheit der Persönlichkeit anerkannte, und der die Radscha und die Kaste der Aristokraten als . Verkörperung der Götter'und das Volk als nichts anderes als ein Werkzeug in Händen dieser . Personifizierung der Götter'betrachtete, — dieser alte Feudalismus wurde nach und nach vom neuen Feudalismus, vom muselmanischen Feudalismus, der um einiges demokratischer war und sich zur Freiheit der Persönlichkeit toleranter verhielt, verdrängt. (S. 182.) „Ist es verwunderlich, daß die indonesische Gesellschaft, die sich beim Erscheinen des westlichen Imperialismus in einem Übergangsstadium befand, nicht die Kräfte hatte, um ihm Widerstand zu leisten?“ — fragt Sukarno. „Ist es sonderbar, daß der westliche Imperialismus sofort die Positionen in dieser kranken Gesellschaft an sich reißen und sehr bald diese schwache Gesellschaft sich unterwerfen konnte? Die Staaten, die auf dem Territorium Indonesiens bestanden, unterwarfen sich einer nach dem anderen dem neuen Herrn. Einer nach dem anderen büßte seine Unabhängigkeit ein. Einer nach dem anderen wurden diese Staaten Eigentum der Ost-Indien-Kompanie. Indonesien, das früher, entgegen der Meinung des Professors Veth, unabhängig war, verwandelte sich in ein Indonesien, dessen Gebiete sämtlich abhängig wurden. Das indonesische Volk, das früher unter dem Joch seiner eigenen Radschas und Aristokraten litt, krümmte sich nun noch mehr unter der Bürde des , Wohls'des imperialistischen Systems des Westens.“ (S. 182/183.)

In seiner Lehre vom Imperialismus unterscheidet Dr. Sukarno zwei Stadien desselben: Den Früh-Imperialismus und den modernen Imperialismus. „Der Imperialismus ist ein Produkt des Kapitalismus“ — schreibt Dr. Sukarno und übernimmt damit eine These aus Lenins Schrift. „Der frühere Imperialismus wurde vom Früh-Kapitalismus in die Welt gesetzt, der moderne vom modernen Kapitalismus.“ — lehrt er weiter.

Zum Früh-Kapitalismus zählt Dr. Sukarno den Imperialismus der Zeit der Ost-Indien-Kompanie, das System der Kontingente (Steuern, die mit landwirtschaftlichen Produkten entrichtet wurden) und das System der Zwangskulturen.

Dieser Früh-Kapitalismus — erklärt Dr. Sukarno — wurde etwa seit dem Jahre 1870 in Indonesien vom modernen Imperialismus abgelöst. Und schon seinen Richtern erläuterte er im Jahre 1930: „Schnell wachsen die imperialistischen Werke. Sie verwandeln sich in Giganten, deren Hände und Köpfe sich vermehren! Der frühere Imperialismus, der hauptsächlich ein System, das auf die Ausfuhr von Lebensmitteln begründet war, darstellte, ist jetzt in einen Giganten hinüber-gewachsen — -den modernen Imperialismus, dessen magische Kraft in folgenden vier Formen in Erscheinung tritt:

Erstens, Indonesien bleibt eine Quelle für Lebensmittel;

Zweitens, Indonesien verwandelt sich in eine Rohstoffquelle für die Werke und Fabriken Europas;

Drittens, Indonesien verwandelt sich in einen Absatzmarkt für verschiedene Industrieerzeugnisse der ausländischen Staaten.

Viertens, Indonesien verwandelt sich in eine Sphäre der Betätigung von Kapitalien in hunderten, tausenden Millionen Gulden.

Und nicht nur holländische Kapitalien. Seit dem Beginn der Durchführung der . Politik der offenen Tür'ist Indonesien auch eine Sphäre der Betätigung des englischen, des amerikanischen, des japanischen Kapitals und des Kapitals anderer Länder geworden. Der Imperialismus in Indonesien wurde jetzt international.

Die vierte Form der Betätigung, die Indonesien in ein Gebiet, das vom ausländischen Kapital ausgebeutet wird, verwandelte, die es in eine Anlagesphäre von überschüssigem Kapital verwandelte, stellt die größte Bürde dar, die sich ständig verstärkt.“ (S. 44/45.) Sukarno stellt fest, daß „Indonesien ein vom Imperialismus okkupiertes Land“ wurde, und daß „der moderne Imperialismus, der seine ökonomischen Positionen in Indonesien festigte, im grundlegenden ein landwirtschaftlicher, oder genauer gesagt, ein landwirtschaftlich-industrieller Imperialismus“ war.

Er folgerte daraus: „Für unsern Kampf ist es außerordentlich wichtig, eine Bauernorganisation zu schaffen.“

Ausführlich befaßt sich Sukarno mit den Folgen der Kolonialisierung Indonesiens: niedrige Löhne und Rechtlosigkeit für die einheimische Bevölkerung, Analphabetentum, Not und Elend. „Wir vergessen auch, daß wir fähig sind, eine Würde zu erreichen“ — sagt Sukarno — „wir vergessen, daß wir nur im Ergebnis des außerordentlich langen Einflusses des Imperialismus ein rückständiges Volk wurden, wir vergessen, daß unsere Rückständigkeit keine naturgegebene, sondern eine Rückständigkeit ist, die vom Imperialismus hervorgerufen wurde. Diese Rückständigkeit ist eine künstliche, die uns im Laufe von Jahrhunderten aufgepfropft wurde. Wir meinen auch, daß nur die Imperialisten die Fähigkeit besitzen, Straßen anzulegen, Schiffe, Lokomotiven, Automobile, Flugzeuge und Radios zu bauen. Lind wir stellten uns nicht die Frage': Wären wir wirklich nicht imstande gewesen, das alles fertig zu bringen, wenn der Imperialismus uns nicht im Laufe von drei Jahrhunderten die , freundschaftliche Hilfe'erwiesen hätte?“ (S. 199.) Diese Betrachtung des Imperialismus — die wir leider nur äußerst gedrängt wiedergeben konnten — hat für die gesamte politische Konzeption Sukarnos eine äußerst wichtige und prinzipielle Bedeutung.

Auf Grund seiner These, daß jeder Kapitalismus den Imperialismus hervorbringt, gelangt er zum Antikapitalismus. Seine Grundkonzeption der Gestaltung des unabhängigen Indonesien ist antikapitalistisch. Seinem Nationalismus setzt er — wie wir bereits sahen — Grenzen und bekämpft die Gefahr des Chauvinismus und des Großmachtstrebens, weil Chauvinismus und Großmachtstreben nach seiner Meinung Erscheinungsformen des Kapitalismus-Imperialismus sind.

Zum „ökonomischen Imperialismus, dessen Grundlage das kapitalistische System ist“, rechnet der Präsident auch die ökonomischen Entscheidungen der Konferenz am Runden Tisch des Jahres 1949, nach denen den Holländern in Indonesien entscheidende wirtschaftliche Positionen weiterhin eingeräumt wurden. In einer Rede zum 12. Jahrestag der Verkündung der Unabhängigkeit auf einer Kundgebung vor dem Präsidentenpalais in Djakarta betonte Sukarno, daß zur Erlangung der ökonomischen Selbständigkeit Indonesiens der Kampf für die Annullierung des niederländisch-indonesischen Abkommens der Round-Table-Konferenz bis zu Ende geführt werden müsse, weil in Indonesien „die Überreste der Verpflichtungen der Konferenz am Runden Tisch immer noch ihr Asyl haben“. Lind in seiner Eröffnungsrede zur Bandung-Konferenz der Länder Asiens und Afrikas am 18. April 19 5 5 sagte der Präsident den Delegierten: „Denken Sie nicht, daß der Kolonialismus nur in jener klassischen Form existiert, in der wir ihn in Indonesien kennenlernten . . .

Der Kolonialismus kleidet sich auch in moderne Kleidung, er tritt auch in der Form von ökonomischer, intellektueller und physischer Kontrolle nicht großer, aber fremdländischer Gruppen innerhalb der Länder auf. Er verzichtet so leicht auf seine Beute nicht. Wo er, wann er und in welcher Äußerung er auch in Erscheinung tritt, der Kolonialismus ist ein Übel, und er muß vom Antlitz der Erde getilgt werden.“ (S. 288.)

Aus seiner Lehre vom Imperialismus hat aber Dr. Achmed Sukarno noch eine weitere grundlegende Schlußfolgerung gezogen. Während nach Marx der Kapitalismus das Proletariat hervorbringt, erzeugt auch nach Sukarno der Imperialismus seinen Totengräber. „Die Sonne geht nicht auf, weil der Hahn kräht, sondern der Hahn kräht, weil die Sonne aufgeht“ — sagt Sukarno. Und „Die Entstehung der Bewegung ist nicht abhängig vom Vorhandensein der Führer, sie ist nicht das Werk der Hände des Menschen, die Bewegung entsteht aus unserem unglücklichen Schicksal.“

Auch diese Auffassung Sukarnos, daß die Bewegung spontan entsteht und es Aufgabe der Führer und der Partei ist, in diese spontane Bewegung das Bewußtsein hineinzutragen, klingt an Karl Marx an.

Aber der Totengräber des Imperialismus, die Kraft, die nach Sukarno in Indonesien berufen ist, die neue vollkommene Gesellschaft — den Wohlfahrtsstaat — nach der Erringung der Unabhängigkeit aufzubauen, ist nicht das Proletariat — sondern der Marhaen!

Die Doktrin des Marhaenismus

Mao Tse-tung bekennt sich zum Marxismus-Leninismus. Er hat diesen für China übernommen und durch die „Vier-Klassen-Theorie — Arbeiter, Bauern, Intelligenz und nationale Bourgeoisie — erweitert und als nachahmenswertes Muster für alle Länder Asiens empfohlen. Dr. Sukarno verneint diese „Vier-Klassen-Theorie . Für ihn bestehen im wesentlichen nur zwei „Klassen , die Herren und die Knechte. Die Herren sind nach seinen Darlegungen die holländischen Kolonisatoren oder, wie er auch betont, der internationale Imperialismus; zu den Knechten zählt er -das indonesische Volk in seiner Gesamtheit.

An anderer Stelle haben wir schon auf die Feststellung Sukarnos, daß in Indonesien eine so starke nationale Bourgeoisie wie in Indien nicht bestehe, hingewiesen. Er leugnet aber damit die Existenz einer nationalen Bourgeoisie in Indonesien keineswegs. Vielmehr behauptet er, daß diese nationale Bourgeoisie zur Führung des nationalen Befreiungskampfes zu schwach sei. Und als Antikapitalist will er verhindern, daß die nationale Bourgeoisie das einfache Volk um die Früchte des Sieges betrügt, wie das in der großen Französischen Revolution der Fall gewesen sei. Tatsächlich ließ die holländische Kolonialmacht ein selbständiges indonesisches Unternehmertum und die Entwicklung der nationalen indonesischen Industrie nicht im geringsten in dem Maße wie die Engländer in Indien zum Zuge kommen.

Auch in der Herausbildung einer eigenen nationalen Intelligenz blieb Indonesien in der Zeit des Kolonialismus weit hinter China und Indien zurück.

Die indonesischen Bauern der Kolonialzeit schildert Sukarno als eine Masse abhängiger, landhungriger Zwergbauern und Landloser.

Und die Arbeitsbedingungen und Lohnverhältnisse des indonesischen Arbeiters und Kulis waren und sind im Vergleich zu den Bedingungen und Löhnen der holländischen Arbeiter solche wie ein Verhältnis zwischen Unternehmern und Arbeitern in einem europäischen Land. Auf Grund dieser Bedingungen entwickelte Dr. Sukarno seine Doktrin des Marhaenismus. Manchmal spricht er auch vom Kromoismus. Marhaen und Kromo sind landläufige Namen in Indonesien und unter Marhaens und Kromos ist dem Sinne nach das einfache Volk zu verstehen. Ein annäherndes Vorbild hat der Marhaenismus Sukarnos in der Bewegung „Populäres“, einer sich im Jahre 2000 v. u. Z. im alten Rom herausbildenden Volksbewegung der Steuerpächter, Kaufleute, Kleinbauern und Proletarier.

Im Prozeß vor dem Kolonialgericht hat Sukarno, nachdem man ihn beschuldigte, die verbotene Kommunistische Partei in Indonesien fortzuführen, seinen Kolonialrichtern den Marhaenismus erklärt: „Wie ich bereits erklärte — sagte er — ist die . Partei Nasional Indonesia'eine revolutionäre Partei des Nationalismus, und ihr Massaismus, Kromoismus, Marhaenismus ist nicht der Ausdruck der Ideologie der , Gombinis‘ (Kommunisten). Die Gesellschaftsordnung Indonesiens zwang die Nationalpartei Indonesiens diesen Kromoismus und Marhaenismus anzunehmen!“ (S. 122.) Lind er erläuterte weiter: „Ja, meine Herren Richter, sie zwingt den Kromoismus anzunehmen ebenso wie die Gesellschaftsordnung der europäischen Länder die Sozialisten zwingt, den Proletarismus anzunehmen! Weil gegenwärtig die indonesische Gesellschaft eine Gesellschaft der Kromos und Marhaens ist, d. h. sie besteht zum größten Teil aus Kleinbauern, Arbeitern, Kleinhändlern, Besitzer kleiner Segelschiffe und Matrosen, kurz gesagt, sie besteht aus zahlreichen Kromos und Marhaens, von denen jeder ein Kleiner ist!“ (S. 122/123.)

Was für den Marxismus die Arbeiterklasse oder Klasse des Proletariats ist, ist bei Dr. Sukarno „die Klasse der Marhaens Indonesiens“. (S. 221.)

Sukarno überträgt dem einfachen Volk die führende Rolle im Kampf für die LInabhängigkeit, für die Beseitigung des Kolonialismus und seiner Überreste und die Führung beim Aufbau einer neuen vollkommenen Gesellschaft, bei der Errichtung der indonesischen Demokratie. „Meine Herren Richter — sprach Sukarno vor Gericht — unter den Bedingungen einer solchen Gesellschaft, unter den Bedingungen einer Gesellschaft, in der es keine eigene Klasse des Großunternehmertums gibt, unter den Bedingungen einer Gesellschaft, die fast gänzlich aus Kromos und Marhaens besteht, muß die National-Partei, die immer von der realen Wirklichkeit ausgeht, eine kromoistische und marhaenistisehe Politik führen. Wir sind nicht in der Lage, dem Imperialismus auf dem Wege des Druckes von außen, auf dem Wege der ökonomischen Konkurrenz eine Niederlage zuzufügen. Wir sind nicht imstande, seine Tätigkeit mit Hilfe der national-ökonomischen „Selfcontaining-Politik, wie in Indien, zu schwächen. Wir können ihm eine Niederlage nur mit Hilfe der Kromos und Marhaens, auf dem Wege imposanter Massen-aktionen beibringen. Wir versuchen, die Energie der vielmillionen Volksmassen zu organisieren, wir bemühen uns, die gesamte indonesische Intelligenz in diese Organisation der Massen einzubeziehen. Wir versuchen (und sind überzeugt, daß das möglich ist) die Intelligenzler davon zu überzeugen, daß sie sich mit den Massen vereinigen und gemeinsam mit ihnen kämpfen müssen, daß sie aus den Massen ihre Kräfte schöpfen müssen und nicht nur eine Politik der . Salons“ durchführen und nicht nur in ihren eigenen Kreisen brummen und ihre Erbitterung auslassen dürfen.“ (S. 127/128.)

Nach der Lehre des Marhaenismus Sukarnos hat das einfache Volk Indonesiens ein „historisches Schicksal“, eine „historische Aufgabe“, eine „historische Pflicht“ und auch eine „historische Mission“ zu erfüllen. Welches ist diese „historische Mission“ des Marhaen? Sukarno antwortet: „Der Marhaen muß nicht nur die nationale LInabhängigkeit erlangen, sondern er, und nicht die indonesische Bourgeoisie, nicht die indonesische Aristokratie und nicht die übrigen Feinde des Marhaens, die in Indonesien existieren, muß unter den Bedingungen der nationalen LInabhängigkeit die Mach, in seine Hände nehmen." (S. 208.) „Gerade unter den Bedingungen der LInabhängigkeit Indonesiens muß der Marhaen die politische Macht fest in seinen Händen halten und darf nicht zulassen, daß diese von anderen Schichten der Gesellschaft, die dem Marhaen feindlich sind, ergriffen wird.“ (S. 208.)

Sukarno vermittelt Lehren der Geschichte und weist auf Frankreich hin, wo dem einfachen Volke — wie er sagt — auf Grund „ungenügender Wachsamkeit, ungenügenden Bewußtseins und ungenügender Führung durch die Partei einzig die , Schalen“ blieben“ und das einfache Volk „die Früchte nicht kosten konnte“. Er folgert, daß das „einfache Volk Indonesiens solche Tatsachen der Weltgeschichte nicht vermehren dürfe“. „Deshalb — belehrt Sukarno weiter — muß der indonesische Marhaen begreifen, daß es sich nicht lohnt, seinen Kampf fortzusetzen, wenn er zuläßt, daß sich im Moment der Errichtung des Unabhängigen Indonesien die politische Macht in Händen der indonesischen Bourgeoisie oder der Aristokratie befindet. Die einfachen Menschen müssen begreifen, daß sie nur dann das System des Kapitalismus und Imperialismus schnell vernichten können, wenn im Moment des Hissens des Banners der nationalen Unabhängigkeit gerade sie die politische Macht ergreifen, indem sie diese den Händen der herrschenden Ausländer entreißen. Das einfache Volk Indonesiens muß dafür sorgen, daß die politische Macht nicht der indonesischen Bourgeoisie und Aristokratie in die Hände fällt." (S. 210.)

Ist das kein Klassenkampf? Sukarno stellt selbst diese Frage und beantwortet sie:

„Klassenkampf? Rücke ich denn den Klassenkampf in den Vordergrund? Ich rücke den Kampf der Klassen innerhalb der indonesischen Nation nicht auf den ersten Platz, obgleich ich schon jetzt gegenüber jeder beliebigen Leidenschaft der Kapitalanhäufung in unserer Gesellschaft feindlich gesonnen bin. Ich bin Nationalist, der danach strebt, daß unser Kampf für die Erlangung des Unabhängigen Indonesien vor allem ein nationaler Kampf sei. Ich war immer bestrebt, alle unsere nationalen Kräfte zur Abwehr des Feindes und Erreichung der nationalen LInabhängigkeit zu benutzen."

„Die Lösung der sozialen Gegensätze in den abhängigen Ländern trägt nationalen Charakter“'— sagt Henriette Roland Holst „Aber die Erlangung der nationalen LInabhängigkeit ist nur die Brücke, ist nur die Bedingung und nur ein Moment des Kampfes. Nach der Erreichung der LInabhängigkeit Indonesiens muß das einfache Volk das Gebäude des allgemeinen Wohls errichten und sich von jeglichem Kapitalismus befreien.“ (S. 211.)

Was ist also die „historische Mission" des Marhaen? Sukarno gibt dafür drei Grundthesen:

„ 1. das Ziel des Kampfes des Marhaen ist der Aufbau einer Gesellschaft ohne Kapitalismus und Imperialismus; 2. die Brücke zu dieser Gesellschaft ist die Unabhängigkeit Indo-nesiens; 3.der Marhaen muß unter den Bedingungen des unabhängigen Indonesien wachsam sein, denn der Marhaen muß die politische Macht und die Regierungsgewalt in seine Hände nehmen“. (S. 211.)

Wie bereits angedeutet betrachtet Sukarno den Marhaenismus und damit auch die Entstehung der nationalen Bewegung in Indonesien als ein Produkt der Verhältnisse, als ein Ergebnis des Schicksals, als ein Erzeugnis der Gesellschaft und als einen Prozeß der Natur. „Aber in der Natur — sagt Sukarno — vollziehen sich die Prozesse oft sehr langsam, weil sie instinktiv und unbewußt geschehen.“ (S. 201.) Er schlußfolgert, daß die Entwicklung der nationalen Bewegung ebenso langsam, instinktiv und unbewußt vor sich gehen wird, wenn sie nur durch das Vorhandensein von Unglück und Not bedingt ist und nicht weiß, wohin sie geht und wozu sie führt. „Wenn wir aber im Lichte der Fackel vorwärts schreiten, ganz genau wissend, wozu wir streben, ganz bestimmt wissend, was uns auf unserem Wege begegnet, so werden wir nicht in stockfinsterem Dunkel, sondern im Lichte des . Tages gehen. Wenn das so sein wird, dann erreichen wir unsere Ziele, indem wir alle unsere Kräfte sammeln, in der kürzesten Zeit und mit größtem Erfolg. Deshalb müssen wir sorgfältig die Formen und Struktur unserer Bewegung bestimmen; die Organ sation der Bewegung muß den Gesetzen der gesellschaftlichen Entwicklung entsprechen, und wir müssen zum Aufbau der Gesellschaft, die unser Ziel ist, d. h. zur Schaffung einer vollkommenen und glücklichen Gesellschaft streben.

Dank einer solchen sorgfältig geschaffenen Organisation wird unsere Bewegung nicht mehr eine unbewußte, sie wird eine voll bewußte Bewegung sein. Mit Hilfe dieser Bewußtheit kann unsere Bewegung die elementaren Gesetze der Natur beschleunigen, kann sie die elementaren Gesetze der Natur lenken. Dank dieses Bewußtseins wird unsere Bewegung eine so widerspenstige, unauslöschliche und unbesiegbare, wie die Natur selbst." (S. 202.)

Die Formen und die Struktur der Bewegung zu bestimmen und das Bewußtsein in die Bewegung hineinzutragen, ist nach der Doktrin Sukarnos Aufgabe der „Partei Nasional Indonesia". Bevor wir diese Partei betrachten, müssen wir kurz zur Betrachtungsweise Sukarnos Stellung nehmen. Wie wir sahen, betrachtet Sukarno die Bewegung als ein Produkt der Verhältnisse und fordert, daß die nationale Bewegung den Gesetzen der gesellschaftlichen Entwicklung entsprechen muß. Er sieht die Widersprüche und den Kampf der Widersprüche und die Gegensätze in Natur und Gesellschaft als die Triebkraft der Entwicklung an. Der Idealist Dr. Achmed Sukarno ist Dialektiker!

Der Dialektiker Sukarno

In der Lehre Sukarnos verbindet sich — wie bereits gesagt — der Islamismus mit den Elementen des Marxismus. Er ist Dialektiker. Es würde aber schwer fallen, den großen Idealisten und Dialektiker Sukarno in die Gruppe der Hegelianer einzureihen, denn er dehnt das dialektische Gesetz von den Widersprüchen und Gegensätzen und dem Kampf der Gegensätze bis zur marxistischen Auffassung von den Klassenwidersprüchen und dem Klassengegensatz aus.

Im Jahre 1955 belehrte Dr. Sukarno seine Anhänger: „Wir alle sind Geschöpfe Gottes. Wir wissen nicht, was uns in der Zukunft bevorsteht. Wir stehen wie Blinde an der Schwelle der Zukunft. Wir planen, wir arbeiten, wir setzen Hoffnungen auf die Zukunft, aber letzten Endes entscheidet Gott. Gerade deshalb müssen wir immer Gott anflehen, damit er uns lenke.“ (S. 314.)

So sprach der Idealist Sukarno. AIs Führer der nationalen Befreiungsbewegung im Kampf um die Unabhängigkeit aber lehrte der Dialektiker Sukarno:

„Karl Marx sagt, daß noch niemals eine Klasse freiwillig auf ihre Privilegien verzichtet hat.“ (S. 220.)

Für Dr. Sukarno ist die Dialektik die Grundmethode der Einschätzung der Kräfte und — wie er sagt — der Bestimmung der Prinzipien und Taktik des Kampfes.

„Wie erreichen wir eine vom Kapitalismus und Imperialismus freie Gesellschaft? Wie bekommen wir die politische Macht?“ — diese Fragen wirft Sukarno auf.

„Um ein Llnabhängiges Indonesien zu erreichen, müssen wir vor allem die wirklichen Beziehungen der Parteien klären“ (das Verhältnis der Indonesier zur Kolonialmacht d. V.) — beginnt Dr. Sukarno.

Und er betont, welche Bedeutung diese Klärung hat: „Die wirklichen Beziehungen der Parteien bestimmen die Prinzipien unseres Kampfes und die Prinzipien unserer Taktik. Die wirklichen Beziehungen der Parteien müssen auch unsere Position im Verhältnis zur anderen Seite bestimmen." (S. 212.) „Was ist aber das Wesen dieser Beziehungen“?

Und Sukarno antwortet:

„Dieses kann man mit einem Wort ausdrücken: . Widersprüche ! Widersprüche in allen Fragen. Widersprüche in der Herkunft, Widersprüche in den Zielen, Widersprüche in den Bedürfnissen, Widersprüche der Charaktere und Widersprüche der Grundlagen. Zwischen den Parteien existiert nicht die geringste Gemeinsamkeit, nicht die geringste Ähnlichkeit. Zwischen den Parteien existieren Widersprüche, wie zwischen Feuer und Wasser, wie zwischen Wolf und Schaf, wie zwischen Gut und Böse.“ (S. 212.)

Zur Begründung der Unversöhnlichkeit der Gegensätze beruft sich Sukarno wieder marxistisch auf die Geschichte:

„Die Weltgeschichte beweist, daß immer Widersprüche zwischen zwei Gruppen bestanden haben. Die Weltgeschichte beweist, daß immer eine Gruppe besteht, die sich . oben'befindet, und eine Gruppe, die sich , unten'befindet. Und zwischen ihnen besteht ein Gegensatz, besteht eine Antithese: in der Epoche des Feudalismus zwischen den Aristokraten und den Leibeigenen; in der Epoche des Kapitalismus zwischen der Bourgeoisie und dem Proletariat; in der Kolonial-Epoche zwischen den Kolonisatoren und den Kolonisierten. Diese Antithese, diese Widersprüche bestimmen das ganze Wesen der Beziehungen zwischen den Parteien, so daß diese ständig Zusammenstößen. Die Marxisten nennen diese Antithese die Dialektik der entsprechenden Erscheinung, die Dialektik der entsprechenden Geschichtsperiode, die Dialektik des entsprechenden Moments im Prozeß der Entwicklung der Natur (S. 212.)

Sukarno erklärt diese Antithese zur Grundlage des Prinzips des Kampfes und der Taktik. Er betont, daß jeder Schritt in den Gesetzen der Dialektik begründet sein muß, und daß sich die Bewegung in ihrem Handeln on den Gesetzen der Dialektik leiten lassen muß: „Deshalb ist derjenige blind und taub, der das Vorhandensein dieser Antithese verneint oder verbirgt und der die Widersprüche zwischen den beiden Seiten glätten will, der diese beiden Parteien . versöhnen'will." (S. 212.)

Nach der Meinung Sukarnos sind diese Gegensätze unversöhnlich, müssen zum Zusammenstoß führen und können nur gelöst werden, indem die Antithese, d. h. die nationale Bewegung die Kolonialherrschaft ablöst.

Die Aufhebung der Widersprüche kann nach Sukarno nur durch die Politik der „Selbsthilfe und Nichtzusammenarbeit“ erreicht werden. Diese Nichtzusammenarbeit dehnte er in der Zeit des Kolonialismus — wie wir sahen — bis zur Ablehnung der Mitarbeit im Völkerbund aus. Auch in dieser Haltung befand er sich im Gegensatz zu den nationalen Führern Indiens, die bekanntlich die Mitarbeit im Völkerbund bejahten. „Organisierung der Kräfte, Radikalismus und Massenaktionen" preist Dr. Sukarno als Kampfmaßnahmen und Weg zur Lösung und Aufhebung der Widersprüche. „Unsere Organisation der Kräfte muß vom Prinzip des Gegensatzes der Seiten, vom Prinzip des unversöhnlichen Kampfes zwischen den Fronten, vom Prinzip der nationalen Unabhängigkeit ausgehen, der Marhaenismus darf keinerlei Handel mit dem Gegner zulassen, sondern er muß die völlige Liquidation des Systems des Kapitalismus und Imperialismus erstreben und auf den Trümmern des Kapitalismus und Imperialismus zur Errichtung einer neuen Gesellschaft, die auf Gleichberechtigung begründet ist, streben. Diese Prinzipien kann man nur mit einem Wort ausdrücken: . Radikalismus'“ (S. 222).

Lind der Weg?

Sukarno stellt selbst die Frage:

„Aber welchen Weg soll der Marhaen beschreiten, um eine Organisation der Kräfte, begründet auf das Prinzip des Radikalismus, zu schaffen?“ Lind er antwortet:

„Es existieren keine zwei oder drei Wege, es gibt nur einen Weg — den Weg der Massenaktionen“ (S. 223). Radikal muß nach der Meinung Sukarnos die Theorie und die Bewegung sein. Darunter versteht er: keine Halbheiten, kein Verhandeln und Handeln mit dem Gegner und nicht um kleiner Verbesserungen willen das Ziel aus dem Auge verlieren. „Ohne radikale Theorie keine radikale Bewegung“ — das ist eine Äußerung von Marx, die absolut richtig ist — sagt Sukarno. Zwar stimmt dieses Zitat nicht genau mit der Äußerung von Marx überein, aber bei Sukarno geschieht es oft, daß er Zitate für seine Zwecke zurechtbiegt.

Bedeutet dieser Radikalismus Sukarnos, daß der Kampf für kleine Teilforderungen und Tagesfragen nicht geführt werden soll? Auch diese Frage stellt Sukarno. Lind er setzt auseinander: „Den Kampf für die täglichen kleinen Veränderungen muß man als Training der Kräfte und des Willens, als Schule und Training der Vorbereitung der Kräfte für den größeren Kampf betrachten.“

Lind als Dialektiker ergänzt Sukarno: „Ohne den Kampf für Reformei. gibt es keinen erfolgreichen Kampf für die vollkommene Befreiung, ohne den Kampf für die vollkommene Befreiung keinen erfolgreichen Kampf für Reformen“ — und er fügt hinzu: „Die Reform ist nur ein Nebenprodukt des radikalen Massenkampfes“ (S. 223).

Sukarno hält es auch für notwendig, den „Kampf gegen jeglichen Reformismus und Opportunismus“ zu führen. Er verkündet: „Der Marhaen muß aus seiner Umgebung jeglichen Opportunismus, Reformismus und Possibilismus vertreiben, die ständig wie Krämer Gewinn und Verlust berechnen und fürchten, auch nur einen Kepeng (halber Cent) zu verlieren. Der Marhaen muß jegliche Politik, die darauf zielt, die Antithese, die zwischen beiden Seiten besteht, zu vertuschen oder herabzumindern, so weit wie möglich von sich werfen. Im Gegenteil, der Marhaen muß diesen Widerspruch verschärfen und darf nicht, sogar wenn er sich in der Vorhalle der Hölle befindet, zum Versöhnlertum und zum Schacher mit der Gegenseite streben. Der Marhaen soll begreifen, daß sein Kampf, dessen Ziel die Vernichtung der Wurzeln des Imperialismus und Kapitalismus ist, nicht im Ergebnis einer Politik des Reformismus, dessen Anhänger mit dem Imperialismus und Kapitalismus „feilschen“ und die bestrebt sind, nur deren „ismus" zu beseitigen, vom Erfolg gekrönt ist“ (S. 223).

Diese Auslassungen Sukarnos über den Reformismus und Opportunismus haben heute noch aktuelle Bedeutung. Sie zeigen, daß die heutigen Auseinandersetzungen in Indonesien schon eine Geschichte haben. Tatsächlich gab es damals in der Kolonialzeit schon zwischen Sukarno und Hatta Meinungsverschiedenheiten über die Taktik des Kampfes, insbesondere über die Frage der Zusammenarbeit Heute spiegeln sich die Gegensätze insbesondere in der Frage der Taktik des Vorgehens gegen die „Liberreste des Kolonialismus" — die holländischen ökonomischen Positionen in Indonesien — in Verbindung mit der Lösung der Neu-Guinea-Frage, in der Frage nationalistischen Zentralismus oder nationaler Autonomie und in der Stellung der einzelnen Richtungen zur Zusammenarbeit mit den Kommunisten wider.

Auch der alte prinzipielle Gegensatz, weltlicher Staat mit religiöser Glaubenstoleranz nach den Vorstellungen Sukarnos oder theokratischer Islam-Staat nach dem Rezept religiöser Moslem-Parteien und Gruppen spielt in die Auseinandersetzungen hinein.

Alle Meinungsverschiedenheiten in Indonesien spiegeln sich im Leben und Verhältnis der politischen Parteien zueinander im Lande wider. Jedoch auch über die Partei hat Sukarno eine eigene Lehre entwickelt.

Von der „Partai Nasional Indonesia” .. . .

Sukarno stellt die Frage: „Auf welche Art und Weise können wir die unbewußte, schwankende und tastend gehende Bewegung in eine bewußte und radikale verwandeln?

Und er antwortet:

„Mit Hilfe der Partei! Mit Hilfe der Partei, die dem Volke Bewußtsein und Radikalismus anerzieht. Mit Hilfe der Partei, die das Volk auf den Weg des Sieges führt, die im täglichen Kampf die Kräfte des einfachen Volkes stählt, die zum Führer des einfachen Volkes, das den Weg zur Erreichung seiner Ziele geht, wird.“ (S. 204.)

Sukarno wollte keine Massenpartei, sondern eine führende Kader-partei. Nicht jeder sollte der Partei beitreten, sondern „nur die bewußtesten, begeistertsten, entschlossensten, gewissenhaftesten, tapfersten und standhaftesten Menschen.“

„Schaut zum Beispiel auf den Kampf in China in der Vergangenheit — führt Sukarno an —, betrachtet den Kampf, der sich vor zehn bis fünfzehn Jahren in Ägypten abspielte, seht auf den Kampf des Proletariats in

Europa. In allen diesen Ländern trug die Bewegung nicht den Charakter, bei welchem Jeder Mensch Mitglied der Partei'war, es existierte nur eine Partei, die an der Spitze marschierte und das Banner trug: in Ägypten die Wafd-Partei, in China die Kuomintang, beim Proletariat — die Internationale. Eine führende Partei ist der Motor der Massen, der Lehrer der Massen, der Führer der Massen, der Kommandeur der Massen. Die führende Partei leitet die Massenaktionen“ (S. 205).

Sukarno träumte von der „Partai Nasional Indonesia als Avantgarde!

Welche Rolle war der Nationalen Partei Indonesiens zugedacht? Sukarno erklärt: „Eine Partei die als Avantgarde vorangeht? Ja, eine Avantgarde-Partei, und nicht zwei oder drei! Nur eine Partei kann die vollkommenste sein; andere solche kann es nicht geben. Nur eine Partei kann die’ Avantgarde sein!

Eine große Zahl von Avantgarden ruft bei der Masse Verwirrung hervor, eine große Zahl von Kommandierenden desorganisiert die Armee. Die Weltgeschichte beweist und bezeugt, daß in der Zeit des Angriffs der Massen nur eine Partei die Avantgarde, die vorangeht und das Banner trägt, sein kann. Es können auch andere Parteien und andere Organisationen existieren, aber diese übrigen Parteien folgen in den entscheidensten Momenten nur dieser Avantgarde — sie nehmen Teil am Kampf, an der Führung, aber nicht als Kommandierende der ganzen Armee, sondern als Sergeanten und Korporale. Wie die Geschichte zeigt, kann in den „historischen Momenten“ nur eine Partei existieren, von der die Massen sagen: , das ist der mutige Führer, schließen wir uns ihm an!'" (S. 206).

Wieder stellt Dr. Sukarno eine Frage:

„Aber was für eine Partei kann unsere Massenaktionen führen?" Lind er schildert, wie die Nationalpartei Indonesiens beschaffen sein soll:

„Eine Partei, deren Wünsche den Wünschen der Massen entsprechen, eine Partei, deren Handel den Gesetzen der Natur entspricht, eine Partei, die die Natur erkennt und sich von den Gesetzen der Natur leiten läßt. Eben nur eine solche Partei kann der Führer der Massenaktionen sein. Keine bürgerliche Partei, keine Partei der Aristokratie, keine reformistische Partei, keine fanatisch radikale Partei, sondern eine radikale Partei, die aus den Vertretern des einfachen Volkes besteht, die weiß, wann man den Schlag führen muß. Ein Funktionär der Arbeiterbewegung sagte: , Die Partei darf sich nicht von den Massen lösen; die Massen sind immer radikal und die Partei muß radikal sein. Aber die Partei darf nicht glauben, daß sie mit Hilfe des Anarcho — Syndikalismus (Schwärmerei) sofort Führer der Massen werden kann. Die Partei muß gegen zwei Strömungen kämpfen: gegen den Reformismus und gegen den Anarcho = Syndikalismus.'

Die Partei, über die dieser Funktionär spricht, ist keine schwache Partei, sondern eine konsequent radikale und disziplinierte Partei; eine solche Partei kann die Avantgarde sein. Die Gesellschaft selbst verurteilt eine Partei zum Untergang, die nicht wie diese sein wird; sie verdammt sie in den Hintergrund und verwandelt sie im besten Falle in eine . Partei der Sergeanten', und im schlechtesten vernichtet sie sie vollkommen." (S. 207)

Mit welchen Methoden soll diese Nationalpartei Sukarnos wirken? Sukarno lehrt: „Die Partei der Avantgarde muß sich vor allem selbst vervollkommnen. Sie kann keine wahre Avantgarde-Partei werden, bevor sie ihre Überzeugung, ihre Disziplin, ihre Organisation, ihren gesamten Körper und Geist nicht vervollkommnet . . .

Der Geist wird auf dem Wege des Studiums der Theorie, auf dem Wege der Schulung auf Kursen und durch die Herausgabe von Zeitschriften etc. gestärkt . . . Alle Parteimitglieder müssen sich alle Einzelheiten der Bewegung gut aneignen, alle Nuancen der Prinzipien, alle Teile des Kampfes und des Programms, alle Teile der Strategie und der Taktik aneignen, damit die Partei einmütig und entschlossen wird und keine Schwankungen kennt. Jedes Parteimitglied, das zum Reformismus neigt, und jede reformistische Idee müssen gründlich . gereinigt'werden. Lind wenn diese Parteimitglieder nicht . gereinigt'werden können, so ist es notwendig, sie rücksichtslos und schonungslos aus der Partei zu vertreiben“ (S. 228).

Also Parteireinigung nach bekanntem Muster. Auch der „Kampf gegen die Parteifeinde“ gehört zur Parteitheorie Sukarnos.

Darüber läßt er sich folgendermaßen aus;

„Keinerlei Schonung gegenüber den Abweichungen in der Partei; jegliche Abweichung ist mit strenger Verwarnung oder sofortigen Ausschluß aus der Partei zu bestrafen. Wenn die Avantgarde-Partei im Ergebnis von Abweichungen gespalten wird, wenn es in ihren Reihen Schwankungen und Ungewißheit geben wird, so kann sie nicht die Avantgarde der Massen sein! Man darf nicht nur die Abweichungen zum Reformismus verurteilen! Die Abweichungen in Richtung des Anarcho = Syndikalismus, fanatische Aktionen und Gedanken müssen ebenfalls sofort revidiert werden und eine Abfuhr erteilt bekommen. Die Anhänger dieser Abweichungen beschuldigen die Partei oft des . Verrats', wenn diese nach ihrer Meinung keine genügend . linke'Politik durchführt; die Anhänger dieser Abweichungen sehen in ihrem Fanatismus nicht den Unterschied zwischen der radikalen und der asozialen Linksheit, zwischen der Linksheit, die sich auf die Natur stützt, und der Linksheit, die aus dem Gefühl gleichgewichtsloser Erbitterung hervorgeht. Eine gesunde Partei muß immer gegen diese zwei Abweichungen kämpfen, sie muß immer nach zwei Fronten kämpfen, um ein starker und zuverlässiger Führer zu werden, der den Strom der Massenaktionen durch das radikale Flußbett zum Ozean der Freiheit leitet.“ (S. 229)

Nach dieser Anleitung zum „Kampf gegen die Parteifeinde“ fehlt nur noch die bolschewistische Parteidisziplin für die National-Partei Sukarnos.

Lind auch diese eiserne Disziplin wurde von ihm gepriesen: „Deshalb ist eine der Bedingungen der Existenz der Partei-Avantgarde die Disziplin. Eine Disziplin, eine eiserne Disziplin, eine Disziplin, die jedes Parteimitglied schonungslos und rücksichtslos bestraft, welches sich herausnimmt, diese zu verletzen — diese Disziplin ist die Seele der Partei, die als Avantgarde vorangeht! Nicht nur Disziplin in Bezug auf die radikale Ideologie; nicht nur Disziplin in Hinsicht auf die „Theorie“ des Radikalismus, sondern auch Disziplin in allen Fragen, die die Partei betreffen: Ideologische Disziplin, organisatorische Disziplin, taktische Disziplin, Disziplin in der Propaganda, kurz gesagt, die Partei muß in allen ihren Nervengängen einem Mechanismus ähnlich sein, bei welchem jede Schraube und jedes Rad ideal diszipliniert sind“ (S. 229)

Lind die Struktur der Partei Sukarnos?

Er erklärt:

„Demokratischer Zentralismus und zentralisierte Demokratie — das ist die innere Struktur der Partei der Avantgarde . . .

Der Zentralismus, der in der Partei herrschen soll, ist nicht der Zentralismus eines Diktators, dieser Zentralismus soll ein demokratischer Zentralismus sein, der von der Partei selbst verwirklicht wird.“ (S. 230)

Dementsprechend entwickelte Sukarno seine Vorstellungen von der innerparteilichen Demokratie:

„Die Partei duldet in ihren Reihen keine Demokratie im Sinne der «Freiheit jeglicher Ideologie', keine Demokratie im Sinne der Zulassung jeglicher . smen'; in der Partei kann es nur Demokratie für eine Idee und einen , ismus‘ geben: die radikale Idee und der Radikalismus, die dem Feinde eine hundertprozentige Niederlage beibringen. Die Demokratie, die in der Partei der Avantgarde bestehen kann, ist keine ge-

wöhnliche Demokratie: Das ist eine Demokratie, die man in ausländischer Sprache . Demokratischen Zentralismus'nennt, eine Demokratie, die die Konzentration der Macht in den Händen der Führung erfordert, um jeden Versuch der Abweichung zu verurteilen und jedes Parteimitglied und jede Gruppierung, die den Kampf der Massen bedroht, aus der Partei zu verbannen“ (S. 228/229).

Wenn man diese Darlegungen Sukarnos über die Rolle der National-partei als Avantgarde liest, gewinnt man den Eindruck, daß sie von einem Schüler der Moskauer Lenin-Schule geschrieben seien. Der Versuch Sukarnos die bolschewistischen Organisationsprinzipien auf eine Nationale Partei in einem Kolonialland zu übertragen, ist allerdings nicht der erste in der Geschichte der nationalrevolutionären Bewegung Asiens. Schon Sun Yat-sen, der Vater der chinesischen Revolution, als dessen Schüler und Verehrer sich Dr. Sukarno bekennt, unternahm es bereits im Jahre 1923, die bolschewistische Organisationsform auf die Kuomintang und die halbkolonialen chinesischen Verhältnisse zu übertragen. Er berief damals sowjetische Berater nach China, um die Kuo-mintang nach dem Muster und Vorbild der KPdSU zu reorganisieren. Allerdings wurde diese reorganisierte Kuomintang dann keine kommunistische Organisation, sondern eine starke Waffe in Händen Tschiang Kai-scheks.

Wir dürfen auch nicht außer acht lassen, daß Sukarno seine Organisationsprinzipien unter besonderen Bedingungen ausgearbeitet hat. Sie kamen in der Zeit der Herrschaft der Kolonialmacht in Indonesien und unter den Bedingungen von Verfolgungen und Arbeit im Untergrund zustande.

Sukarno konnte aber seine Organisationsprinzipien im wesentlichen niemals verwirklichen. Seine Partei, die „Partai Nasional Indonesia", deren Führer er bis zur Übernahme der Präsidentschaft war, war und ist nur eine lose organisierte Partei. Sie würde niemals die Avantgarde, zu der sie Sukarno formen wollte. Sie konnte nicht zur Avantgarde werden, weil sie eine aus vielen Schichten der Bevölkerung zusammengewürfelte Partei ist, und weil es in dem weitverstreuten Inselreich soviel Auffassungen und Gruppen wie — übertrieben gesagt — Inseln gab. Aber dennoch sind die Gedankengänge des Präsidenten, die er in seiner Doktrin des Marhaenismus, in seinem Glauben an die Massenbewegung und in seiner Lehre von der Partei niederlegt, von Bedeutung. Nur aus diesen Ideen und Lehren heraus kann man seine bis in die letzte Zeit geäußerten Auffassungen wie die, daß die Revolution noch nicht beendet sei, oder seine Thesen von der indonesischen Demokratie, wie auch das Streben zur sogenannten gelenkten Demokratie verstehen.

Audi seine vage Lehre vom Marhaenismus konnte der Präsident nicht in die Wirklichkeit umsetzen. Obwohl man die subjektiven Kräfte, die für die Ablösung des Kolonialsystems in Indonesien heranwuchsen, nicht unterschätzen darf, so erfolgte dennoch die Errichtung der Unabhängigkeit in Indonesien nicht auf dem von Sukarno vorgezeichneten Wege des Kampfes des Marhaen um die Macht und des Sturzes der Kolonialherrschaft aus eigener Kraft allein. Im Jahre 195 5 mußte Sukarno selbst vom Krieg als „erstaunlichen Alchimisten“ sprechen. Objektive Bedingungen und das Eingreifen der Vereinten Nationen haben wesent-lich zur LInabhängigkeit Indonesiens beigetragen.

Auch das Ziel des Marhaenismus, nach der Erlangung der LInabhängigkeit die vollkommene Gesellschaft, den Wohlfahrtsstaat aufzubauen, mußte auf große Schwierigkeiten stoßen. Die Umgestaltung der deformierten Kolonialwirtschaft, die — wie Sukarno sagte — nur als Rohstoff-quelle und Absatzmarkt diente, in eine nationale Wirtschaft bereitet dem Präsidenten die größten Sorgen.

Obwohl es Sukarno nicht gelang, seine Lehre von der Partei auf die „Partai Nasional Indonesia“ anzuwenden, gab es doch Kräfte in Indonesien, die er nach diesen Organisationsprinzipien organisierte. Das waren die indonesischen Partisanenverbände, die — wie angedeutet — bis in das Jahr 1949 hinein in Aktion traten. Diese Partisanenverbände wurden neben. anderen Einheiten in die indonesische Armee übernommen. Lind die Partisanenoffiziere und Partisanen in der heutigen indonesischen Armee müssen tatsächlich als die Avantgarde angesehen werden, auf die sich Sukarno zuverlässig stützen kann.

Der Kampf um die Rolle der ehemaligen Partisanen in der indonesischen Armee ist schon älteren Datums. Im Oktober 1952 versuchte der Sultan von Djokdjakarta, der damals Kriegsminister war, die Partisanen in der Armee an die Wand zur drücken. Er wollte die Partisanen-offiziere der rund 2 50 000 Mann-Armee durch Offiziere der früheren niederländischen Kolonialtruppe ersetzen. Es kam zu Unruhen und Zusammenstößen. Sukarno stützte seine Partisanen, und der Sultan-Kriegsminister mußte abdanken und mit ihm eine Anzahl von Offizieren der früheren Kolonialtruppe. Seit dieser Zeit führte jeder der zahlreichen Putschversuche von Offizieren immer zur Stärkung der Macht der alten Partisanen in der Armee. So ist es auch nicht verwunderlich, daß diese Avantgarde Sukarnos bei allen Schwierigkeiten und in Zeiten des Not-standes wie heute im Lande eine Rolle spielen. Auch bei der Kontrolle der im Neu-Guinea-Streit beschlagnahmten holländischen Besitzungen spricht diese Avantgarde Sukarnos, die Armee, ein entscheidendes Wort und übt Kontrollfunktionen aus.

Es wäre aber einseitig und falsch zu glauben, daß sich der Präsident nur auf seine Armee stützt. Einen entscheidenden Punkt seiner Lehre hat er nicht vergessen und verliert er nicht aus dem Auge: die Massen und die Massenbewegungen. Der Appell an die Massen ist seine stärkste Kraft und Stütze. Sukarno ist nicht nur ein populärer Massenredner, er gehört auch zu den wenigen Staatspräsidenten, die durchs ganze Land reisen und bei allen wichtigen Anlässen, Schwierigkeiten und Krisen auf großen Massenkundgebungen und Demonstrationen zum Volk sprechen. Und Sukarnos Masseneinfluß reicht weit über den Einfluß der National-Partei Indonesiens hinaus.

Im Jahre 194 5, nach der Verkündung der Unabhängigkeit Indonesiens am 17. August 1945 versuchte Dr. Sukarno noch seine Idee von der Partei Nasional Indonesia als Avantgarde und der anderen Parteien und Organisationen als ihre „Sergeanten“ und „Korporale" — zu verwirklichen. Es war die Bildung einer Einparteien-Regierung nur aus Vertretern der National-Partei geplant. Aber dieser Plan scheiterte, und er mußte scheitern, weil es Sukarno nicht gelungen war, diese Partei nach seinen Organisationsprinzipien zu formen, und weil die National-Partei nicht allein die LInabhängigkeit erkämpft ’ atte. Tatsächlich schossen nach der Verkündung der LInabhängigkeit in Indonesien die Parteien wie Pilze nach einem warmen Regen aus der Erde.

. .. . zum Nationalrat der Nationalen Front

Am 3. November 194 5 wurde in Indonesien eine vom Vizepräsidenten Dr. Hatta unterzeichnete Verordnung über die Zulassung politischer Parteien im Lande veröffentlicht. „Dem Volk werden breite Möglichkeiten zur Gründung politischer Parteien mit der Einschränkung gegeben, daß diese politischen Parteien die LInabhängigkeit schützen und die Sicherheit der Gesellschaft aufrechterhalten müssen“ — hieß es in dieser Verordnung.

Obwohl also die politischen Parteien bereits im Jahre 1945 zugelassen wurden, fanden die Wahlen zum Parlament erst zehn Jahre später, im September 195 5 statt. Bis dahin bestand ein ernanntes Parlament, in welchem die Parteien nach geschätzter Stärke vertreten waren.

Zehn Jahre nach Zulassung der Parteien anläßlich der bevorstehenden Wahlen zum Parlament und zur Konstituierenden Versammlung mußte der Präsident schon sehr entmutigende Worte an die Wähler richten. Sukarno erklärte, daß mit den Wahlen eine weitere Forderung der Pantscha Sila in Indonesien verwirklicht wird. Lind er fügte hinzu: „Aber wie quälend ist diese Geburt, mit welchen Gefahren wird sie verknüpft sein! Wenn wir nicht die größte Umsicht bekunden, wird ganz Indonesien in Teile zerrissen! Die Symptome der Spaltung äußern sich schon jetzt deutlich in unserem Parteien-System. Solche Stimmungen, die durch Ideologien und Prinzipien verdeckt sind, machen sich nicht nur bemerkbar, sondern äußern sich schon hier und dort. . Meine Partei muß bei den allgemeinen Wahlen siegen, meine Partei soll siegen!“ Eine solche Losung ist eine gewöhnliche Erscheinung bei beliebigen allgemeinen Wahlen. Aber haben wir denn die Tragödien in anderen Ländern vergessen? Man braucht nicht wiederholen, daß die Demokratie nur ein Mittel ist, daß die allgemeinen Wahlen nur ein Mittel sind, und in diesem Sinne auch der Staat nur ein Mittel ist. Das Endziel ist die Prosperität des Volkes, das Endziel ist eine gerechte und blühende Gesellschaft, das Endziel ist ein gedeihendes Indonesien, das Endziel ist eine glückliche Menschheit! Man darf nicht zulassen, daß die Mittel das Ziel zerstören! Man darf nicht zulassen, daß die Anwendung der Mittel die Erreichung der Ziele verhindert! Wir werden gegenüber dem Spiel der Parteigefühle nicht blind und nachsichtig sein. Man darf nicht zulassen, daß, ungeachtet der allgemeinen Wahlen, die indonesische Nation vollkommen aufgespalten wird, daß sie durch Haß und Neid auf Jahre zerrissen ist. Was auch geschehen mag, die Unversehrtheit der Nation muß erhalten bleiben.“ (S. 313.) Der Ideologe der Avantgarde-Partei, Dr. Achmed Sukarno, ist mehr als erschreckt über die Zahl von nahezu 30 Parteien und dem Streit der Parteien in Indonesien. Nach der Verkündung der Unabhängigkeit Indonesiens ist er von seiner Parteidoktrin — eine einzige führende Partei und die anderen Parteien in der Rolle als Korporalund Sergeanten-Parteien unter Führung dieser einen Partei — weiter als in der Kolonialzeit entfernt.

Schon damals trug er sich mit dem Gedanken, dieser Vielzahl der Parteien ein Ende zu bereiten.

Bereits im Jahre 195 5, also vor seiner Reise nach Kotchina, sah der Präsident in der Vielzahl der Parteien eine Gefahr für Indonesien. Er suchte schon damals einen Ausweg. Und anläßlich der Wahlen im Jahre 195 5 sagte Dr. Sukarno den Wählern:

„Im Prozeß der Entwicklung der Demokratie jedoch zeigten sich Symptone, daß die Vereinigung in Parteien nicht mehr eine Vereinigung auf gesunder Grundlage ist, sondern eher einer Spaltung ähnelt. Ich spreche von „Spaltung“, weil zwischen vielen dieser Parteien keine ernsthafte Divergenz in Bezug auf die Grundprinzipien vorhanden ist. Nein! Es ist möglich, daß viele dieser Parteien nur dank des Dranges einiger Leute bestehen, die glauben, daß die Gesellschaft ihnen nicht eine gebührende Beachtung schenkt. Das sie nur existieren infolge der Manie Ruhm zu erlangen, aufgrund der Manie Einfluß zu gewinnen, infolge des Betrebens einen Platz im Parlament zu bekommen, aber nicht um der Demokratie willen.

Was für eine Katastrophe wird uns unzweifelhaft heimsuchen, wenn wir nicht sofort diesen Prozeß der Desintegration aufdecken und ihn nicht unverzüglich aufhalten?“ (S. 325)

Diese Besorgnis, die Sukarno schon vor den Wahlen über die Parteienentwicklung äußert, ist im Hinblick auf seine späteren Ideen sehr beachtenswert.

Zunächst jedoch einige Bemerkungen zu den Parteien selbst.

Nach dem Bericht des Journalisten J. Sukarno (eines Namensvetters des Präsidenten) in seinem Buch „Indonesia" (Moskau 1956) kann man die Parteien in Indonesien in drei Gruppen einteilen: nationale Parteien, religiöse Parteien und marxistische Parteien. Zu den nationalen Parteien rechnet der Journalist Sukarno in erster Linie die National-Partei Dr. Sukarnos; zu den religiösen Parteien vorwiegend drei islamische Parteien, die evangelische und die katholische Partei und zu den marxistischen Parteien die sozialistische und die kommunistische Partei.

Bei den Wahlen zum Parlament und zur Konstituante im September 195 5 hatten die 30 Parteien Indonesiens das erste Mal Gelegenheit ihre Kräfte zu messen. Die Ergebnisse dieser Wahlen wurden erst ein halbes Jahr nach der Wahl amtlich bekannt gegeben. Am 11. Februar 1956 erfolgte die amtliche Mitteilung, daß sich das indonesische Parlament aus 260 Abgeordneten zusammensetzt und in ihm — wenn man die für West-Guinea ernannten Vertreter als Partei zählt — 29 Parteien vertreten sind. Die Wahlergebnisse zur Konstituante wurden erst am 16. Juli 1956 amtlich verlautbart. Bei 520 Abgeordneten sind in dieser sogar 3 3 Parteien vertreten.

Von den 29 Parteien im Parlament spielen allerdings nur 8 Parteien im politischen Leben eine Rolle. 20 Parteien sind Splitterparteien, die im Parlament insgesamt 32 Sitze einnehmen. Die ernannten 3 Abgeordneten West-Irans (West-Neu-Guinea) sind jedoch nicht mit den kleinen Splitterparteien gleichzusetzen. Sie erhalten dadurch politisches Gewicht, weil alle Parteien in Indonesien, trotz Meinungsverschiedenheiten über die Taktik des Vorgehens, für die Rückgliederung Neu-Guineas an Indonesien eintreten.

Die stärkste Partei Indonesiens war bisher die „Partai Nasional Indonesia“, die Partei Sukarnos. Sie erhielt bei den Wahlen zum Parlament von insgesamt 36 762 866 abgegebenen Wählerstimmen 8 434 65 3 und ist im Parlament mit 57 Abgeordneten vertreten. Diese Partei haben wir schon kennengelernt.

Die zweitstärkste Partei bei den Wahlen zum Parlament war die Masjumi-Partei, die „Madjelis Sjuro Musiimin Indonesia“ (Konsultativrat der indonesischen Moslems). Sie konnte bei den Wahlen 7, 9 Millionen Stimmen auf sich vereinigen und 5 7 Abgeordnete ins Parlament entsenden. Diese Partei ist eine religiöse Partei, die für einen Moslem-Staat kämpft. Ihre Hauptbasis hat sie auf der Insel Sumatra. Obwohl diese Partei ebenfalls den Wohlfahrtsstaat, allerdings islamischer Prägung propagiert und auch für die Rückgliederung West-Neu-Guineas eintritt, kämpft sie gegen die Innen-und Außenpolitik Sukarnos. Sie ist entschiedene Gegnerin der Zusammenarbeit Sukarnos mit den Kommunisten und vertritt die Meinung, daß ohne ausländische Kapitalinvestitionen Indonesiens Wirtschaft nicht aufgerichtet werden kann. Deshalb tritt sie für die Erweiterung ausländischer Konzessionen in Indonesien ein und ist der Meinung, daß das Vorgehen gegen die holländischen Unternehmungen und die Nationalisierung resp. Beschlagnahme holländischen Eigentums in Indonesien der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes abträglich sei.

Die Nahdatul Ulama ist ebenfalls eine Moslim-Partei, die 45 Sitze im Parlament einnimmt und bei den Wahlen 6, 9 Millionen Wählerstimmen erhielt. Diese Partei ist eine Abspaltung der Masjumi und vereinigt in ihren Reihen im wesentlichen die muselmanische Intelligenz. In ihrer politischen Haltung hat sie bisher immer — wenn auch manchmal zögernd und mit Vorbehalten — die Politik Sukarnos unterstützt.

Die „Partai Komunis Indonesia“ — die Kommunistische Partei Indonesiens — ist im Parlament die viertstärkste Partei mit 4 5 Abgeordneten bei 6, 17 Millionen Stimmen. Über ihre Politik wird noch besonders zu sprechen sein.

Weitere religiöse Parteien in Indonesien sind: die „Partai Serikat Islam Indonesia“ — die Islamische Partei — mit 8 Parlamentssitzen bei 1, 09 Millionen Wählern; die „Partai Kristen Indonesia" — die Evangelische Partei — auch „Parkindo“ genannt. Sie erhielt 1 Million Stimmen hat ebenfalls acht Sitze im Parlament; die „Partai Katolik Republik Indonesia“ — die Katholische Partei — erhielt nur 770 740 Stimmen und sechs Parlamentssitze.

Die letzte der größeren acht Parteien im indonesischen Parlament ist die „Partai Sosialis Indonesia“ — die Sozialistische Partei Indonesiens. Sie hat 5 Abgeordnete bei 753 191 Stimmen. Diese antikommunistisch ausgerichtete und die Politik Sukarnos stark kritisierende Partei, die zwar keine Massenbasis in Indonesien hat, besitzt dennoch einen starken Einfluß auf die Intelligenz, ihre Mitglieder besetzen im Staats-und Wirtschaftsapparat wie im Schulwesen entscheidende Positionen.

Diese Betrachtung des Parteieneinflusses im indonesischen Parlament hat jedoch heute nur noch historischen Wert. Das Parlament ist kein Barometer der wirklichen Kräfteverteilung im Lande mehr.

Wie jede Auseinandersetzung in der Armee bisher zur Stärkung des Einflusses der Ex-Partisanen führte, so haben auch alle Rebellionen und Putschversuche im Lande und die Auseinandersetzung mit den Holländern wegen Neu-Guinea zur Linksentwicklung im Lande geführt. Allerdings leistete Sukarno selbst durch seine Politik einen entscheidenden Beitrag zu diesem Linksruck.

Seit einem Jahr regiert in Indonesien eine Regierung, die keine parlamentarische ist, sondern ein außerparlamentarisches Notkabinett darstellt.

Die bedeutsame Veränderung des Kräfteverhältnisses im Lande offenbarten die Wahlen in den drei Provinzen auf der Insel Java im Sommer des Jahres 1957. Nach einem Bericht der Ost-Berliner „Tribüne" vom 21. /22. Dezember 19 57 erhielten die Kommunisten bei diesen Wahlen allein auf der am stärksten bevölkerten Insel Java 7 Millionen Stimmen. Wenn es auch scheint daß diese Zahl etwas zu hoch gegriffen ist, so steht doch fest, daß die KP Indonesiens die National-Partei Sukarnos — der die Rolle als Avantgarde zugedacht war — an entscheidenden Orten und in wichtigen Provinzen überflügelt hat.

In der Hauptstadt Indonesiens, Djarkarta, wurden die Kommunisten die zweitstärkste Partei.

In der Provinz Zentral-Java erhielt Sukarnos Nationalpartei bei den Wahlen zur Verfassunggebenden Versammlung im Herbst 195 5 noch fast 50%/Stimmen mehr als die Kommunisten. Bei den jetzigen Provinzialwahlen im Juli 1957 war es mehr als umgekehrt. Die Partei Sukarnos sammelte in dieser Provinz rund 600 000 Stimmen, während die Kommunisten eine Stimmenzahl von etwa 1, 2 Millionen verbuchen konnten.

In der Provinzhauptstadt Semarang soll jetzt die KP 20 Stadtverordnetensitze von insgesamt 3 5 einnehmen, während sich die National-Partei mit 4 Sitzen begnügen mußte.

Ebenso überflügelte die KP die Nationalpartei in Ostjava und der Provinzhauptstadt Surabaja. Auch in der Provinzhauptstadt West-Javas, Bandung, lag die KP in der Stimmenzahl vor der Nationalpartei und der Masjumi. Eine größere Zahl von Land-Gemeinderäten der drei Provinzen Javas weisen jetzt kommunistische Mehrheiten auf.

Aber nicht nur auf Java wuchs der Einfluß der Kommunisten, sondern auch sogar auf Sumatra. Das ist um so beachtlicher, weil Sumatra immer als Hochburg der Masjumi galt.

Im Provinzialparlament von Süd-Sumatra nahm bisher die Masjumi den ersten Platz ein. Ihr folgte die National-Partei an zweiter Stelle.

Im März 19 5 8 fanden die Neuwahlen zur Provinzialversammlung in der Provinz Süd-Sumatra statt. Nach den ersten vorliegenden Berichten der Ost-Berliner Nachrichtenagentur ADN erhielt die Masjumi bei diesen Wahlen 553 270 Stimmen. Ihr folgt nunmehr die KP Indonesiens mit 228 960 Wählerstimmen. Und Sukarnos National-Partei mußte sich mit einer Stimmenzahl von 187 000 begnügen. ADN bemerkt in der Meldung: „Eine erhebliche Einbuße erlitt die National-Partei, die nunmehr nach der Kommunistischen Partei den dritten Platz einnimmt."

Auf Grund der Wahlergebnisse wurde schon die Möglichkeit erwogen, daß die indonesische KP bei den Parlamentswahlen im nächsten Jahr die National-Partei Sukarnos — bisher die stärkste Partei Indonesiens — überflügeln könnte.

Ob diese Entwicklung die Sorgen Sukarnos über die Parteienentwicklung in Indonesiens erhöht hat, ist eine Frage, die sehr schwer zu beantworten ist.

Jedenfalls stehen diese Wahlergebnisse im Zeichen der schwebenden Krise in Indonesien.

Es wäre unrichtig zu glauben, daß die jüngsten Unruhen und die Errichtung einer Gegenregierung in Padang erst die Krise ausgelöst hätten. Eine Krise schwelt vielmehr in Indonesien schon mindestens seit Ende des Jahres 19 56. Sowohl Sukarno wie auch seine Gegner suchen, jeder auf seine Art, einen Ausweg aus dieser schwelenden Krise.

Am 20. Dezember des Jahres 1956, als der Präsident gerade von seiner Reise aus der Sowjetunion und Rotchina zurückkehrte, starteten dieselben „Jungen Obersten“, die jüngst auf Sumatra eine Gegenregierung errichteten, auf derselben Insel einen Putsch. Die Auseinandersetzungen um die Ursachen und Zusammenhänge dieses Putsches führten zur großen Regierungskrise und schließlich zur Beendigung der parlamentarischen Regierung. Auf ihrem Parteitag im Januar 19 57 beschloß die Masjumi Partei, die als Koalitionspartei dem Kabinett Ali Sastro-amidjojo angehört hatte, aus der Regierung auszuscheiden. Sastroamid-jojo war von 195 3 bis 195 5 und dann wieder nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses 1956 bis Anfang 1957 Ministerpräsident. Jetzt ist er Vertreter Indonesiens bei der UNO. Er wurde in der Zeit seiner Ministerpräsidentschaft immer von den Kommunisten, die der Regierung nicht angehörten, toleriert und unterstützt.

Auf Grund der entstandenen Regierungskrise erklärte Präsident Dr. Sukarno, daß er wieder aktive Regierungspolitik betreiben werde. Er vertrat die Ansicht, daß eine Umgestaltung des Kabinetts nicht mehr genüge. Indonesien „brauche ein neues Staatssystem“, sagte er. „Eine Opposition können wir uns nicht mehr leisten.“

Zwei Ideen schwebten dem Präsidenten bei der Schaffung des neuen Staatssystems vor. Erstens die „Bildung eines kollegialen Kabinetts“, dem Vertreter aller Parlamentsparteien angehören sollten. Lind zweitens die Bildung eines „Nationalrates“, in welchem die Vertreter aller Parteien, Organisationen und Schichten des Volkes vertreten sein sollten. Dieser „Nationalrat“ kann nur mit dem rotchinesischen „Politischen Konsultativen Volksrat“ oder mit dem Berliner „Nationalrat der Nationalen Front“ verglichen werden.

Es ist viel darüber geschrieben worden, daß der Präsident auf Grund der volksdemokratischen Erfahrungen, die er in Rotchina sammelte, zu den Ideen des „kollegialen Kabinetts ohne Opposition“ und der Schaffung eines „Nationalrates“ gekommen sei. Es ist möglich, daß er diese Regierungsformen in Rotchina bewundert hat. Uns scheint aber, daß die Besorgnis des Nationalisten Sukarno um die Einheit und Einigkeit Indonesiens diese Pläne bei ihm reifen ließen. Die Wurzeln für diese Vorschläge Sukarnos liegen auch viel tiefer. Es ist seine alte Organi-sationslehre über die Partei als Avantgarde, die in Form des „Nationalrates“ wieder auflebt. Das „kollegiale Kabinett“ und der „Nationalrat" sind seine Antithese zum Viel-Parteien-System, das ihm schon bei den Wahlen im Jahre 195 5 soviel Sorgen bereitet hatte. „Das demokratische System, das in Indonesien seit der Verkündung der Unabhängigkeit besteht, ist ein westliches System, welches nicht dem Geist des indonesischen Volkes entspricht“ — sagte Sukarno auf einer Massenkundgebung in Djakarta am 24. Februar 1957. Und er erläuterte weiter: „Indonesien hat eine nationale Demokratie nötig, was den Zusammenschluß aller Parteien und Gruppen zu einer großen Familie bedeutet.“

Obwohl der Präsident schon mit den Kommunisten über den Zusammenschluß aller Parteien zu einer großen Familie und über den Eintritt der Kommunisten in die Regierung verhandelt hatte, mußte der „Familienplan“ Sukarnos noch zurückgestellt werden. Die Masjumi erklärten hartnäckig, daß sie um keinen Preis in eine Regierung, an der die Kommunisten beteiligt sind, eintreten werden. Auch einige Offiziere und Insel-Autonomisten mißbilligten den Plan des Präsidenten. Es blieb also zunächst bei einem Communique, aus dem hervorgeht, daß zwischen dem Präsidenten und den Indonesia-Kommunisten bei der Besprechung der Frage der Bildung eines „kollegialen Kabinetts mit Einschluß der Kommunisten“ völlige Einmütigkeit herrsche.

Die indonesische Kommunistische Partei muß als die opportunistischste KP Asiens betrachtet werden. Tatsächlich hat sie seit der ersten Bildung des Kabinetts Ali Sastroamidjojo im Jahre 1953 Schritt um Schritt auf die Herausstellung eines eigenen Programms verzichtet. Ihre Politik besteht im wesentlichen darin, die Forderungen und Programmpunkte Sukarnos, insbesondere seine Ansichten über die Beseitigung der Überreste des ökonomischen Imperialismus, d. h.der ausländischen Positionen, Besitzungen und Konzessionen zu propagieren. Ihre Politik ist darauf gerichtet, Sukarno vorwärts zu treiben.

Allerdings können sich die Kommunisten dabei auf eine Macht in Indonesien stützen, auf die Gewerkschaften. Unter den verschiedenen Gewerkschaftsorganisationen Indonesiens ist die Gewerkschaftsorganisation „SOBSI“, die von den Kommunisten geführt wird, die stärkste. Sie soll 2, 7 Millionen Mitglieder zählen. Die Mitgliederzahl der KP Indonesiens wird offiziell mit einer Million angegeben. Dem SOBSI sind 3 8 Gewerkschaftsföderationen angeschlossen, darunter die Organisationen der Transport-, Bergbau-, Zucker-, Erdöl-und Plantagenarbeiter. Diese Gewerkschaftsorganisation stellt in Indonesien neben der Wehrmacht eine entscheidende Kraft dar. Das zeigte sich auch sehr deutlich bei den Ende 1957 und Anfang 1958 durchgeführten Maßnahmen in der antiholländischen Kampagne, der Schritten zur Nationalisierung holländischer LInternehmen.

Schon Anfang 1956 erklärte der Führer der Kommunistischen Partei Indonesiens, D. N. Aidit:

„Die Kommunistische Partei hat nie ihr Ziel, die Bildung einer volks-demokratischen und sozialistischen Regierung, verheimlicht und wird es nie verheimlichen. Aber in der heute in Indonesien bestehenden konkreten Situation kämpft die Kommunistische Partei für die Bildung einer Regierung, die weder eine volksdemokratische noch eine sozialistische, sondern eine fortschrittliche Regierung ist“ („Für dauerhaften Frieden und Volksdemokratie“, Nr. 5/1956).

Seit der Präsident seine volksfrontähnlichen Pläne der Bildung eines „Allparteien-Kabinetts ohne Opposition“ und der Schaffung eines „Nationalrates“ bekanntgab, haben die Kommunisten ihre Forderungen noch mehr den Forderungen Sukarnos unterordnet. Durch diese Politik wurde aber die Kommunistische Partei in Indonesien — wir wir schon sahen und wie das die Java-Wahlen besonders beweisen — fett und stark.

Als am 6. Mai 1957 der Vorsitzende des Obersten Sowjets der UdSSR, Woroschilow, mit seiner TU-104 auf dem Flugplatz in Indonesien landete, wurde er vom Präsidenten Dr. Achmed Sukarno mit den Worten begrüßt: „Sie besuchen unser Volk in einer Zeit, in der es sich im wahrsten Sinne des Wortes im Prozeß einer Revolution befindet".

Diese Revolution der Umwandlung der westlich-parlamentarischen Demokratie in eine nationale indonesische Demokratie mit einem „ All-parteien-Kabinett" und „Nationalrat" stieß aber im Lande auf große Schwierigkeiten.

Nachdem am 13. März 19 57 die Regierung Ali Sastroamidjojo zurücktreten mußte, gelang es dem Präsidenten nicht, sein volksfrontähnliches Allparteien-Kabinett zustande zu bringen. Sein Plan stieß — wie gesagt — auf entschiedenen Widerstand religiöser Parteien und Gruppen des Militärs, die eine gemeinsame Regierung mit den Kommunisten ablehnten. Dr. Sukarno suchte durch die Bildung eines „außerordentlichen und außerparlamentarischen Notkabinetts" einen vorläufigen Ausweg. Dieses neue und heute noch amtierende Notkabinett mit dem Ministerpräsidenten Djuanda an der Spitze, das am 9. April 1957 gebildet wurde, ist zwar eine Regierung ohne Kommunisten, aber einige Aktivisten der kommunistischen Weltfriedensbewegung und ein Stalinpreisträger nahmen dennoch darin Platz.

Unter den 23 Ministern der „Notregierung“ befinden sich der linksradikale Landwirtschaftsminister Sadjarwo, der linke Minister für die Mobilisierung der Volksenergien Hanafi und der Stalinpreisträger Professor Prijono als Unterrichtsminister.

Schon bei der Vereidigung des „Notkabinetts“ gab aber der Präsident zu erkennen, daß er weiterhin an die Verwirklichung seines Planes der Ausschaltung jeglicher Opposition und der Bildung eines Kabinetts aus allen Parlamentsparteien festhalte.

Mitte Mai 1957 unterzeichnete der Präsident Dr. Sukarno ein Gesetz über die Bildung eines indonesischen „Nationalrats“. Am 15. Juni 1957 wurde dann diese Körperschaft aus der Taufe gehoben.

Präsident des Nationalrats ist der Präsident Dr. Sukarno persönlich. Sein Stellvertreter und Generalsekretär des Nationalrates wurde der ehemalige Außenminister Abdulgani.

In dem aus 4 5 Mitgliedern bestehenden Nationalrat ist die National-Partei mit sechs und die Kommunistische Partei mit vier Mitgliedern vertreten. Außerdem gehören diesem Gremium die Stabschefs der Armee, der Flotte und der Luftwaffe, der Chef der Polizei, der Generalstaatsanwalt und einige Minister an.

Auch Vertreter der Gewerkschaften, der Betriebe, der Bauern, Intellektuelle sowie Vertreter der Jugend und religiöser Gruppen wurden in den Nationalrat einbezogen. Die einzelnen Inseln haben ebenfalls Delegierte in den Nationalrat entsandt. Lind Neu-Guinea ist in ihm mit zwei Sitzen vertreten.

Sukarno war also bestrebt, dem Nationalrat eine möglichst breite Basis zu geben. Allerdings gelang es ihm nicht, wie ihm das vorschwebte, alle Parteien und vor allem auch eine außerhalb Javas ausschlaggebende Partei, die Masjumi, für seine Idee zu gewinnen. Die Masjumi lehnte die Beteiligung am Nationalrat ab und erklärte diesen für verfassungswidrig. Auch die Nahdatul Ulama meldete gegen die Bildung des Nationalrates ihre Bedenken an und fand sich schließlich nur zur Tolerierung desselben bereit.

Der Nationalrat erhielt Staatsfunktionen. Nach den bisherigen Mitteilungen hat der Präsident des Nationalrats, also Sukarno selbst, die Pflicht, alle Vorschläge und Entscheidungen des Nationalrates dem Kabinett zu unterbreiten. Durch diese Regelung wird dieser Nationalrat zu einem Sonderorgan neben dem Parlament. Es ist nicht bekannt, ob die Regierung die Entschlüsse des Nationalrates akzeptieren muß. Ebenso entsteht die Frage, ob die Regierung nur dem Parlament oder auch dem Nationalrat verantwortlich ist. Durch die Bildung des Notstandskabinetts und Schaffung des Nationalrates ist also in Indonesien das „Parlament westlicher Prägung" in seiner Funktion stark eingeschränkt worden. Mit der Schaffung des Nationalrates gelang es Dr. Sukarno wohl, eine rotchinesische Form auf Indonesien zu übertragen. Inhaltlich konnte er aber das chinesische Vorbild nicht verwirklichen, weil es ihm nicht gelang, die Opposition an den Nationalrat zu binden. Mit der Gründung des Nationalrates wurde die Lage in Indonesien nicht einfacher gestaltet, sondern kompliziert. Die Widersprüche wurden im Lande verschärft. Und die jüngsten Ereignisse sind Ausdruck der Verschärfung dieser Widersprüche. Mit der militärischen Liquidierung des Unternehmens „Gegenregierung" sind die politischen Widersprüche noch längst nicht behoben. Auf Grund der Weltanschauung des Präsidenten Dr. Achmed Sukarno ist wohl kaum damit zu rechnen, daß er mit seinen besiegten Gegnern eine politische Verständigung eingeht. Die Versuche, durch Besprechungen zwischen Dr. Sukarno und Dr. Hatta zu einem Burgfrieden zu kommen, sind schon gescheitert. Auch die Tatsache, daß noch kurz vor „Toresschluß“ eine Anzahl indonesischer Diplomaten mit der Regierung in Djakarta und mit Dr. Sukarno brach und sich politisch auf das sinkende Schiff der Rebellen begab, ist ein sichtbarer Ausdruck dafür, daß die politischen Auseinandersetzungen in aller Schärfe weitergehen.

Bei der jetzigen Regierungskonstellation, der Nationalrats-Konzeption des Präsidenten und den von der Regierung und der Nationalen Front hervorgerufenen Massenbewegungen wird aber der Sieg über die Putschisten, wie schon die Niederwerfung früherer Unruhen und Putsch-aktionen gezeigt haben, zu einer weiteren Linksentwicklung in Indonesien führen. Die Parlamentswahlen im nächsten Jahre werden erst ein wirkliches Bild des neuen Kräfteverhältnisses im Lande vermitteln. Und dann wird auch zu ersehen sein, ob die Nationalpartei des Sozio-Demokraten und Sozio-Nationalisten Dr. Sukarno wenigstens in der Zahl der Wählerstimmen noch die Avantgarde oder zu einer „Partei der Korporale und Sergeanten“ verurteilt ist. Sollten die Pläne Dr. Sukarnos doch noch verwirklicht werden, so wäre Indonesien das erste Land in Asien und Afrika — außerhalb des Ostblocks —, in welchem die Kommunisten in der Regierung mitbestimmen. Es wäre dann das erste Land in der sogenannten afro-asiatischen Zone des Friedens mit einer Volksfront-Regierung. Für alle Fälle sagte der Politiker Dr. Sukarno im September 1956 den im Moskauer Sportstadion versammelten Sowjetgenossen laut Text der „Prawda“ schon: „Wenn ich sterbe und in meiner Heimat in Indonesien beigesetzt werde, dann schreibt auf keinen Fall auf mein Grab: . Hier ruht Seine Exzellenz, der Präsident der Republik Indonesien, Dr. Su-

karno', sondern schreibt: . Hier ist Bruder Karno, der Repräsentant der Interessen des Volkes, beerdigt, hier ist ein Kämpfer für den Frieden beigesetzt’ (Beifall).“ Politik und Zeitgeschichte AUS DEM INHALT UNSERER NÄCHSTEN BEILAGEN:

Margarete Buber-Neumann:

„Schicksale deutscher Kommunisten in der Sowjetunion“

Iring Fetscher:

„Das Verhältnis des Marxismus zu Hegel“

G. F. Hudson: vChruschy’s Komet“

Karl A. Wittfogel:

„Die chinesische Gesellschaft“

Fussnoten

Fußnoten

  1. „Indonesien klagt an-— Reden und Aufsätze des Präsidenten der Republik Indonesien, Dr. Sukarno, Moskau 1957, S. 9 — Alle weiteren Zitate sind, soweit nichts anderes vermerkt ist, dieser Schrift entnommen.

  2. Selfcontaining-Politik — war die Politik der eigenen Produktion aller Waren des Bedarfs in eigenen Fabriken und Werkstätten und der Verzicht des Kaufs von Waren englischer Produktion und Herkunft.

  3. Swadeschi — Selbstproduktionsbewegung.

  4. Tschitta Randschan Das, indischer Politiker, Advokat, gründete 1922 die Swaradsch-Partei.

  5. Mohammed Hatta, geb. 1902, gehört dem rechten Flügel der nationalen Befre ungsbewegung an. War vom August 1945 bis Dezember 1956 Vicepräsident der Republik Indonesien. 1948/49 von den Holländern in Indonesien inhaftiert Vor Beginn des jüngsten Aufstandes der rebellierenden „Jungen Obersten" auf Sumatra, wurde von diesen die Ernennung Hattas zum Ministerpräsidenten der indonesischen Regierung gefordert.

  6. Tibor Mende, „Südostasien zwischen zwei Welten“, Frankfurt a/M 1955.

  7. . Tenno Kodo Shushin" — „Der wahre Geist des Weges des Imperators", „Kodo" galt als Fundament der Erziehung zur Tapferkeit und Gesetzestreue, der Verehrung des Kaiserhauses, Vaterlandsliebe und Bereitschaft zu Aufopferung für den Imperator; auf diesem Fundament baute sich die ganze japanische Staatsidee auf.

  8. Ernest Renan, französischer Philosoph und Orientalist (1823— 1892).

  9. Otto Bauer, österreichischer Marxist (1881— 1938). Hier wird auf Otto Bauers Schrift „Die Nationalitätenfrage und die Sozialdemokratie", Wien 1924, Bezug genommen. 9a) Die drei Volksgrundsätze Sun Yat-sens - s. auch Beilage „Aus Politik und Zeitgeschichte" Wr. XVIII/57 vom 1. Mai 1957, S. 276.

  10. In seinen Reden und Schriften beruft sich Sukarno oftmals auf Karl Kautsky, Otto Bauer, Troelstra, Marx und Engels. Auch Sternbergs Schrift über den Imperialismus war für ihn eine Fundgrube. All das ist kein Zufall. Nehru erinnert in seiner Autobiographie: „Gedanken an irgendein gemeinsames Handeln der unterdrückten Nationen, wie auch zwischen ihnen und dem linken Flügel der Arbeiterbewegung, lagen in der Luft. Man fühlte mehr und mehr, daß der Kampf für die Freiheit gegen das, was man Imperialismus nannte, etwas Gemeinsames war. Es war nötig, zusammen zu beraten und zusammen zu handeln." (Nehru, „Indiens Weg zur Freiheit", Berlin-Zürich 1957, S. 181). In der Zeit des Kolonialismus, auf den internationalen Antikolonialkongressen und Besprechungen kamen die nationalen Führer Asiens mit dem Marxismus verschiedener Richtung in Berührung und mußten sich mit diesem auseinandersetzen. Auch die antiimperialistische und Antikolonialpropaganda der Sowjets wirkte auf die nationale Unabhängigkeitsbewegung. Viele Führer Asiens sind Antikapitalisten und propagieren einen Sozialismus. Selbst Sun Yat-sen bemühte sich sowjetische Erfahrungen in China anzuwenden, und sogar Tschiang Kai-schek wurde auf eine sowjetische Militärakademie entsandt. Auch Nehru, der heute erklärt: „Die marxistischen Lehren und die sowjetischen Erfahrungen sind für die Aufgaben, die vor dem indischen Volke stehen, keine Hilfe. Viele Voraussagen von Marx sind nicht eingetroffen", schwamm damals in der Kolonialzeit mit dem Strom.

  11. Henriette Roland Holst, holländische Sozialistin, war während des ersten Weltkrieges Anhängerin Lenins, brach Anfang der zwanziger Jahre mit dem Kommunismus und trat aus der KP Hollands aus.

  12. Es ist interessant Nehru zum selben Gegenstand auch in der Zeit vor der Verkündung der Unabhängigkeit zu hören.

  13. Es erscheint uns nicht erforderlich in diesem Beitrag die Außenpolitik Indonesiens und Dr. Sukarnos besonders zu betrachten. Indonesien geholt zu den Inspiratoren und Organisatoren der Bandung-Konfrenz und verfolgt konsequent die Nehru-Linie der Nichtbeteiligung an Blocks und Militärbündnissen. .

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