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Die sowjetische Umdeutung der deutschen Geschichte | APuZ 24/1958 | bpb.de

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APuZ 24/1958 Die sowjetische Umdeutung der deutschen Geschichte

Die sowjetische Umdeutung der deutschen Geschichte

GEORG STADTMÜLLER

/ 41 Minuten zu lesen

Dieser Beitrag erschien erstmalig in der Zeitschrift „Sowjetstudien" 3 (1957) S. 57— 81.

Die Erschütterung des deutschen Geschichtsbildes nach 1945

Von den Anfängen bis 1400 1400-1648 ............................................ Alfred Meusel 1648— 1789 ............................................ Gerhard Schilfert 1815— 1849 ............................................ Karl 1849-1871 ............................................ Ernst 1871— 1918............................................ Ernst 1918— 1945 ............................................ Albert Schreiner 1. Band 1. Die Germanen in der Epoche der pa鉀ۀߦ

Stets ist es so, daß große politische Katastrophen auch das geschichtliche Selbstbewußtsein der zusammengebrochenen Nation erschüttern. So bedeutet das Jahr 1945 in dem geschichtlichen Schicksalsweg des deutschen Volkes nicht nur den völligen militärischen und politischen Zusammenbruch, sondern auch eine schwere geistige Erschütterung. Die totale Niederlage schien zunächst das ganze geistige und kulturelle Schaffen überhaupt zum Versiegen zu bringen, da die unmittelbaren materiellen, und wirtschaftlichen Lebensnotwendigkeiten mit völliger Ausschließlichkeit in den Vordergrund der Aufgaben traten. LInter den ersten geistigen Problemstellungen, die sich dann wieder hervorwagten, stand sofort die quälende Frage nach der Bewertung unserer jüngsten nationalen Geschichte voran. Die deutsche Katastrophe war dieses Mal zu furchtbar und zu allumfassend, als daß man den aussichtslosen und unglaubwürdigen Versuch hätte machen können, die Wurzeln des Übels nur in den Fehlern der letzten Jahre — oder auch Jahrzehnte — zu suchen. Vielmehr war es dieses Mal offenkundig, daß man in dem Bemühen um eine ausreichende geschichtliche Erklärung für die Gründe dieser Katastrophe in die weiter zurückliegende Vergangenheit unserer Nation zurückgreifen mußte. Die Antworten, die gegeben wurden, verwirrten sich zu einem vielstimmigen und widerspruchsvollen Chor. Das Bild der deutschen Geschichte drohte in dem Durcheinander widersprechender Auffassungen zu einem Zerrbild der geschichtlichen Wirklichkeit zu entarten. Dem geschichtlichen Selbstbewußtsein der deutschen Nation wich der Boden unter den Füßen.

Zu dieser verworrenen Situation der Nachkriegszeit haben verschiedene Tatsachen zusammengewirkt: zunächst und vor allem die tiefe Einsicht aller verantwortungsbewußten Deutschen, in den letzten Jahren einen Irrweg gegangen zu sein. Wo lagen die Wurzeln dieser verhängnisvollen Entwicklung? Es war ganz ohne Zweifel die Bereitschaft vorhanden, alle überkommenen Formen und Überlieferungen deutschen Geisteslebens und deutscher Geschichte einer kritischen Über-prüfungund Revision zu unterziehen. Diese beginnende gesunde Entwicklung ist aber dann in verhängnisvoller Weise durch die von den Siegermächten angewandten Methoden der „Umerziehung“ in Verruf geraten. Es wurde der Versuch gemacht, das nationale Selbstbewußtsein der besiegten Deutschen auszulöschen, die Erinnerung an große Kapitel der deutschen Geschichte auszumerzen und dafür die Züge politischer Unreife und plumper Autoritätsgläubigkeit zu betonen. Man sah die geschichtliche Entwicklung immer nur zu einseitig unter der Blickrichtung auf die jüngste Vergangenheit, deren Verhängnis auf Militaristen, Junker, Nationalisten usw. zurückgeführt wurde — und hinter diesen erschien Bismarck als angeblicher Vorläufer Hitlers. Und hinter Bismarck wurden dann noch weitere „Hauptschuldige“ des nationalen Irrweges als Sündenböcke sichtbar

Eine planmäßige Umerziehung sollte nun die militaristischen Deutschen in friedliebende Demokraten „umschulen" — unter völligem Bruch mit den Wertvorstellungen des überlieferten nationalen Geschichtsbildes. In der Potsdamer Erklärung der Großen Drei wurden die Grundsätze dieser politischen Umerziehung festgelegt: „Das deutsche Unterrichtswesen soll einer Kontrolle unterstellt werden, die nationalsozialistische und militärische Doktrinen ausschließt und die Heranbildung demokratischer Ideen ermöglicht.“ Diese Entnazifizierung und Entmilitarisierung sollte Hand in Hand gehen mit Demontage und Bodenreform.

In der sowjetischen Besatzungszone vollzog sich diese „Umerziehung" bald eindeutig unter dem Vorzeichen des sowjetischen Geschichtsbildes. Die parteiamtliche Geschichtsdoktrin des „Historischen Materialismus* erlangte die Alleinherrschaft. S*.

Das System des Historischen Materialismus

Die Grundlage der materialistischen Geschichtsauffassung bildet die von Marx und Engels entwickelte Weltanschauung des Marxismus, den im Zeitalter des Imperialismus der Leninismus „schöpferisch" weiterentwickelte. Der marxistische Versuch der Welterklärung gliedert sich in eine dialektische Logik und eine materialistische Ontologie, die beide in dem System des „dialektischen Materialismus“ (Diamat) zusammengefaßt werden. Nach dieser Lehre besteht die Welt und alle ihre Erscheinungen ausschließlich aus Materie, und nur diese Materie besitzt ausschließliche „objektive Realität“. Das materielle Sein also ist das Primäre, alles andere, auch Geist, Bewußtsein usw. sind nur sekundäre, abgeleitete Phänomene. Die Materie entwickelt sich streng nach den ihr innewohnenden Gesetzlichkeiten der dialektischen Methode, welche die Entwicklung durch den „Kampf“ der Widersprüche „im Wesen der Dinge selbst“ zu immer höherer Seinsstufigkeit emporführt.

Den Kern und die psychologische Stärke der marxistischen Theorie bildet der historische Materialismus. Diese materialistische Geschichtsauffassung beruht auf der Ausdehnung und Anwendung der Grundsätze des dialektischen Materialismus auf Geschichte und Gesellschaft. Als Ausgangspunkt der geschichtlichen Triebkräfte wird das materielle Sein der Gesellschaft erklärt, die Gewinnung des unmittelbaren Lebensunterhaltes (Wirtschaft, Industrie). Die wirtschaftlichen Produktionsverhältnisse (Basis) bringen die geistigen Erscheinungen der Gesellschaft (Über-bau) hervor. „Es ist nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewußtsein bestimmt Entwicklungshöhe und Besitz der Produktivkräfte (Werkzeuge, Arbeitsmittel usw.) bedingen die Produktionsverhältnisse. Die Produktivkräfte verändern sich und mit ihnen wälzen sich die ganzen gesellschaftlichen Verhältnisse und der ganze ideologische Überbau um.

Von dieser sozialökonomischen Geschichtserklärung ausgehend unterscheidet Friedrich Engels fünf an der Entwicklungshöhe der Produktiv-kräfte ablesbare menschheitsgeschichtliche Zeitalter, die durch die jeweilige gesellschaftliche Gliederung in „Klassen“ und durch die diesen Klassen zugehörigen spezifischen Ideologien gekennzeichnet sind. Diese „Klassen“ sind Menschengruppen, die innerhalb der gesellschaftlichen Produktion bestimmte Stellungen einnehmen, ihre Ideologien dienen ausschließlich der Rechtfertigung des jeweiligen gesellschaftlichen Gefüges. Die fünf Zeitalter der Menschheitsgeschichte sind: I. Urgesellschaft, II. Sklavenhaltergesellschaft, III. Feudalismus, IV. Kapitalismus, V. Sozialismus (mit Übergang zum Kommunismus als dem nach dem Absterben des Staates anbrechenden Endzeitalter der Menschheitsgeschichte). — Die Veränderung der ökonomischen Produktion und die Klassenkämpfe zwischen Ausgebeuteten und Ausbeutenden führen schließlich zum Endziel und zur Sinnerfüllung aller geschichtlichen Gesetzlichkeit, zur Vergesellschaftung aller Produktivkräfte und damit zur Überein-stimmung des Menschen mit den Produktionsverhältnissen, zur Befreiung der Menschheit.

Der historische Materialismus beurteilt deshalb alle Zeitalter der Menschheitsgeschichte nach der Frage, welche Fortschritte auf dem Wege zum Sozialismus sie durch die Entwicklung der Produktivkräfte und der ihnen folgenden Produktionsverhältnisse beigetragen haben.

Der Begründer des historischen Materialismus, Karl Marx, macht gerade den Deutschen den Vorwurf, die Geschichtsschreibung als reinen Persönlichkeitskult und als Tummelfeld abstrakter Gedankengänge betrieben zu haben. Demgegenüber gelte es, die wirtschaftlichen Faktoren als die bewegenden Kräfte aller geschichtlichen Entwicklung zu erkennen. „Das erste also bei aller geschichtlichen Auffassung ist, daß man diese Grundtatsache („die Produktion des materiellen Lebens selbst“) in ihrer ganzen Bedeutung und in ihrer ganzen Ausdehnung beobachtet und zu ihrem Rechte kommen läßt. Dies haben die Deutschen bekanntlich nie getan, daher nie eine irdische Basis für die Geschichte und folglich nie einen Historiker gehabt.“

Demnach wäre der eigentliche erste Repräsentant umfassender deutscher Geschichtsschreibung Franz Mehring (1846— 1919) mit seinem 1908 veröffentlichten Hauptwerk „Deutsche Geschichte vom Ausgange des Mittelalters". Dieser parteiamtliche Geschichtsschreiber der deutschen Sozialdemokratie hat getreulich, aber ohne Starrheit, die Doktrinen des historischen Materialismus — die geschichtsdeterminierende Bedeutung der wirtschaftlichen Triebkräfte — auf die deutsche Geschichte angewandt: „An die Stelle zusammenhangloser Kriege und Hofhistörchen ist die Entwicklung des deutschen Volkes getreten, die ihre Grundlage in der ökonomischen Entwicklung Deutschlands hat . . Das Volk ist der Held dieser Geschichte. Soweit einzelne Männer eine hervorragende Rolle in diesem Prozeß spielten, konnten sie es nur als Vertreter und Sprachrohr bestimmter Volksschichten, bestimmter Klassen."

Besonders Preußen als Land des „Junkertums" und des klassischen „Militarismus“ gilt als Mittelpunkt der Reaktion, während „das Verständnis der deutschen Geschichte, soweit sie mittel-oder unmittelbar in der deutschen Arbeiterbewegung nachwirkt" nur drei „fortschrittliche“ Bewegungen im Gesamtablauf der deutschen Geschichte sichtbar werden läßt: 1. Reformation und Bauernkrieg, 2. die Revolution von 1848/49, 3. die sozialrevolutionäre Arbeiterbewegung des 19. und 20. Jahrhunderts.

Die amtliche Einführung des Historischen Materialismus in der Sowjetzone

Die sowjetische Besetzung Mitteldeutschlands brachte auf dem Befehlswege die Alleinherrschaft der materialistischen Geschichtsauffassung. Die sowjetische Besatzungsmacht hat in dieser Hinsicht von allem Anfang an ganze Arbeit geleistet. Durch die Zerstörung geschichtlicher Bauten und Denkmäler — z. B.des Berliner Schlosses und aller Hohenzollerndenkmäler — sowie durch Auflösung und Verbot der Heimatpflegevereine und historischen Gesellschaften versuchte man alle Anknüpfungsmöglichkeiten an die nationale Vergangenheit zu beseitigen. Zugleich hatte die gesellschaftliche Umschichtung den Zweck, die bisherigen gesellschaftlichen Träger des nationalen Geschichtsbewußtseins vernichtend zu treffen. Diese „Entnationalisierung", die nicht ohne psychologisches Geschick eingeleitet wurde, begann zunächst unter ausschließlich demokratischen Decknamen, Schlagworten und Begründungen.

Der Geschichtsunterricht in der Schule war von diesen Umgestaltungen am stärksten betroffen. Zunächst war nach 1945 Geschichte als Lehrfach in den Schulen überhaupt verboten. Später wurden dem Geschichtsunterricht sowjetische Lehrbücher zugrundegelegt. Die deutsche Geschichte wurde nach sowjetischem Modell umgeschrieben. Ähnlich wie in der mitteldeutschen Sowjetzone ging es in den übrigen Ländern des sowjetischen Herrschaftsbereiches. Als den Westmächten erst die verhängnisvollen Folgen ihrer Zusammenarbeit mit „Old Joe“ (Stalin) zum Bewußtsein kamen, war es schon zu spät. Mit der gleitenden Machtergreifung in den von der Roten Armee besetzten Ländern vollzog sich überall auch ein vollkommener Bruch mit der bisherigen nationalen Vergangenheit. Die polnische, ungarische, bulgarische, rumänische, tschechische, albanische Geschichte wurde „umgeschrieben“ Überall wurde dem Geschichtsstudium und dem Geschichtsunterricht das Betrachtungsschema des historischen Materialismus in seiner sowjetischen Form zugrundegelegt. In Ermangelung besserer und neuerer Darstellungen wurden die Werke Mehrings mit Kommentaren in Massenauflagen verbreitet, nach denen schon zuvor den deutschen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion die materialistische Umdeutung der deutschen Geschichte eingetrichtert worden war.

In den folgenden Abschnitten der Sowjetisierung wurde langsam der vollständige Bruch mit der ganzen bisherigen deutschen Geschichtsauffassung vollzogen. Die bisherige deutsche Geschichtswissenschaft wurde als „idealistisch“ und daher „unwissenschaftlich“ erklärt. „Das Verdienst, die Geschichte zum Rang einer Wissenschaft erhoben zu haben, gebührt allein dem historischen Materialismus „Die sowjetische Geschichtsforschung nimmt dabei die überlegene Stellung des „ältesten Bruders“ ein, sie ist Vorbild und zugleich Lehrmeisterin der deutschen Geschichtsschreibung

Solch hohen Ansprüchen an sowjetoide marxistische Strenggläubigkeit war dann freilich selbst der bis dahin gefeierte Franz Mehring nicht mehr gewachsen. Nun rügt man bei dem bisher als Meister des historischen Materialismus Gefeierten eine ganze Anzahl von schweren Irrtümern, z. B. in der Beurteilung Ferdinand Lassalles. So kommt der „Chefideologe“ der SED schließlich zu der bedauernden Feststellung, „daß wir bis heute überhaupt noch keine objektive Geschichte Preußens und Deutschlands haben Die Ansätze dazu fänden sich zwar schon bei Mehring, könnten aber erst durch die systemgerechte sowjetische Interpretation („unserer marxistischen Historiker“) ihre Vollendung erfahren.

Im Zusammenhang mit der materialistischen Geschichtsauffassung sowie mit dem sowjetischen Streben, alles Bisherige in den dunkelsten Farben der Misere zu schildern, gelten nationale Strömungen meist als Deckmantel bestimmter Klasseninteressen und hemmen fortschrittliche wirtschaftliche Umwälzungen, so z. B. im Kampf gegen Napoleon Sie werden als klassenbedingt „entlarvt“, womit sich eine wissenschaftliche Widerlegung erübrigt.

Diese gesamte Umdeutung der deutschen Geschichte spielt sich unter dem beherrschenden Einfluß des bewunderten sowjetischen Vorbildes ab. Von Moskau werden die neuen Maßstäbe historischer Bewertung übernommen. Die Periodisierung der russischen Geschichte gilt nun als richtungsweisend auch für den andersartigen Ablauf der deutschen Geschichte. Das Prioritätsstreben der Sowjetunion gegenüber der westlichen Entwicklung wird in das neue Geschichtsbild mit übernommen, die Berührungen mit westlichen Einflüssen treten zurück. Die sowjetischen Geschichtslehrbücher von Mischulin, Kosminskij, Jefimov u. a. werden ins Deutsche übersetzt und gelten in Ermangelung eigener sowjetdeutscher Darstellungen als Vorbilder. Nach der von Lenin geforderten und begründeten bolschewistischen „Parteilichkeit" aller Wissenschaftsgebiete gilt „Objektivismus“ als besondere Todsünde: in ihm verbirgt sich die „Heuchelei“ bürgerlicher reaktionärer Bestrebungen sowie die bewußte Leugnung wissenschaftlicher ökonomischer Gesetzlichkeiten. Alle diese „bürgerlichen“ Anschauungen werden als Teilerscheinungen aus dem ideologischen Überbau des bürgerlichen Kapitalismus „entlarvt“ — womit sich eine Widerlegung erübrigt.

Die Entdeckung des „kommunistischen Patriotismus" in der Sowjetunion

Welchen radikalen Wandlungen das deutsche Geschichtsbild unter sowjetischem Einfluß unterworfen ist, zeigt die Entwicklung, die mit der Gründung der DDR im Jahre 1949 einsetzte und schließlich seit Mitte 1952 voll zum Durchbruch kam. Dabei hat die Geschichtsbetrachtung in der mitteldeutschen Sowjetzone Bewertung und Sprachregelung der sowjetischen Geschichtsbetrachtung behend und linientreu nachvollzogen.

Im ersten Jahrzehnt der bolschewistischen Herrschaft in der Sowjetunion galt Michail Pokrovskij als Hofhistoriker marxistisch-bolschewistischer Geschichtsbetrachtung. Seine „Russische Geschichte galt als Musterbeispiel materialistischer Auffassung. Darin waren die ökonomischen Entwicklungen herausgearbeitet. Alle nationalrussischen Bestrebungen, die LInterjochung nichtrussischer Völker und die Reaktion des Zarismus wurden in den dunkelsten Farben geschildert. Damit sank auch das russische Geschichtsbild zur Misere herab, bis die bolschewistische Revolution dem Zeitalter von Unterdrückung, Grausamkeit, Ausbeutung, Imperialismus und Panslawismus ein Ende bereitete und durch den Aufbau des Sozialismus das neue lichtvolle Zeitalter für eine erlöste Menschheit heraufführte. Diese materialistische Umdeutung der national-russischen Geschichte brach in der Sowjetunion mit aller bisherigen nationalrussischen Geschichtsbetrachtung.

Ganz überraschend aber verdammte nun Stalin am 16. Mai 1934 die bisher so gefeierte historische Konzeption Pokrovskijs. Das alte marxistische Geschichtsbild war nämlich aus taktischen Gründen (Hitlers Erfolge, Bolschewisierungspolitik, Wehrbereitschaft usw.) nur noch durch die Verbindung mit nationalistischen Parolen zugkräftig und hatte sich deshalb dem neuen „Sowjetpatriotismus" unterzuordnen. Die Worte „Vaterland“ (otecestvo), „Heimat“ (rodina) und „Rußland“ (Rossija), die bedeutenden Zarengestalten und ihre Heerführer feierten ihre Auferstehung. Kultur, Sendungsbewußtsein, Erlösungsglaube und Sprache des Großrussentums lassen die Unterwerfung nichtrussischer Völkerschaften nur noch als „geringeres Übel“ bzw. einzigen Ausweg zum Segen einer forschrittlichen Entwicklung erscheinen. So vollzog sich durch ein Wort des allmächtigen Stalin von einem auf den anderen Tag eine zweite völlige LImdeutung der russischen Geschichte. Der bisher gefeierte Historiker Pokrovskij verfiel bald nach seinem Tode (1932) einer scharfen Verurteilung wegen seines „Antimarxismus“ und seiner „Unwissenschaftlichkeit“ (1934).

Die Übernahme des „kommunistischen Patriotismus" in der Sowjetzone

Nach dem 7. Oktober 1949 (Gründung der DDR) stand man in Mitteldeutschland aus taktischen Gründen ebenfalls vor der Aufgabe, einzulenken, um die breite Bevölkerung, besonders die Jugend, für den neugegründeten Staat zu gewinnen und zu begeistern. Die nun beginnende Nationalisierung des deutschen Geschichtsbildes ist ohne Zweifel vom sowjetischen Vorbild beeinflußt, stellt aber zum Unterschied kein gleichberechtigtes, ausschließlich dem deutschen Nationalbewußtsein dienendes Mittel dar, sondern ist eine auf lange Dauer berechnete Konstruktion zur schrittweisen nationalbolschewistischen Umbildung der Sowjetzone im Sinne der kommunistischen Ideologie. Das wird sogar unmißverständlich zum Ausdruck gebracht: „Wenn wir die sowjetischen Erfahrungen in der Darstellung des Patriotismus nicht berücksichtigen, verzichten wir nicht nur auf ein gewaltiges Mittel zur Erziehung der Massen,. .. sondern wir geraten schließlich in Gefahr, in den Nationalismus abzugleiten.“

Dieser kommunistische Patriotismus neuer Art ist als politisches Propagandamittel gedacht und ausschließlich auf die politische Gegenwart zugeschnitten:

„Ein Patriot ist, wer erfüllt ist von dem Haß gegen die Trumann, ... Adenauer,... Krupp, .. . Kaiser .. . und für die Befreiung Westdeutsch-lands von diesen blut-und profitgierigen Kriegshetzern aktiv kämpft. Ein Patriot ist, wer rückhaltlos für die brüderliche Freundschaft mit den Völkern der Volksdemokratie eintritt und die deutsch-polnische Friedensgrenze verteidigt. Ein Patriot ist, wer unermüdlich die Freundschaft des deutschen Volkes zur Sowjetunion und dem Führer des Weltfriedenslagers, J. W. Stalin, vertieft."

Die Entwicklung wurde zunächst eingeleitet durch die Würdigung des bisherigen deutschen Kulturerbes. Dazu dienten Goethefeiern im Goethejahr 1949, Aufführungen von Schillers „Jungfrau von Orleans" und Goethes „Egmont". Es wurde betont, schon die deutschen Klassiker hätten zwischen „gerechten" und „ungerechten" Kriegen unterschieden

Die parteiamtliche Neuausrichtung in der Sowjetzone Auf dem dritten Parteitag nahm die SED die Initiative selber in die Hand, um mit dem bisherigen „Minderwertigkeitsgefühl deutscher Vergangenheit“ aufzuräumen. Sie verlangte ein „Studium der revolutionären Bewegungen, an denen die deutsche Geschichte so reich ist“ Der Parteiideologe Fred Ölssner geht vorsichtig einen Schritt weiter mit der Forderung, ein „Nationalbewußtsein, diesen deutschen Patriotismus nur auf der Grundlage des proletarischen Internationalismus zu entwikkeln“ Bei Albert Norden erscheint das nationale Element bereits als die „Frage aller Fragen unseres Volkes"

Ein Programm neuer Geschichtsbetrachtung gab dann Leo Stern mit seinen radikalen Forderungen für die deutsche Gegenwartsforschung Die bisherige marxistische Geschichtsbetrachtung ist fortzusetzen, allerdings unter Beachtung der „von Lenin und Stalin . . . schöpferisch weiterentwickelten Theorie des Marxismus...“ und der sowjetischen Geschichtsforschung. Der „reaktionäre Schutt“ idealistischer Philosophie, imperialistischer, romantisch-katholischer, faschistischer usw. Restaurationsgeschichte ist wegzuräumen; dafür sind die bis ins Hochmittelalter zurückreichenden Freiheits-und Kampftraditionen des deutschen Volkes herauszustellen (Bauernkrieg, Befreiungskriege 1813— 14, Revolution 1848, Arbeiterbewegung bis zur Gegenwart u. a.)

„Es gilt zu zeigen, daß die deutsche Geschichte reich ist an großen und leuchtenden Beispielen von Mut, Heldentum, Patriotismus und Hingabe an die große Sache des deutschen Volkes.“ Die nationale Widerstandskraft des deutschen Volkes gegen die „zersetzenden ideologischen Einflüsse des angloamerikanischen Imperialismus“ ist wachzurufen und der Geschichtsunterricht in diesem Sinne zu gestalten. Der Historiker der DDR muß vom „sanctus amor patriae" erfüllt werden und das politische Minderwertigkeitsgefühl im deutschen Volk beseitigen, weil die deutsche Geschichte nicht eine Misere in Permanenz war, sondern leuchtende Epochen, Ereignisse und Persönlichkeiten aufweist . . ."

Auch Walter Ulbricht, der Generalsekretär der SED, setzt sich ausdrücklieh für die „großen Traditionen des deutschen Volkes" gegenüber der Darstellung der deutschen Geschichte als „deutscher Misere" ein und verlangt das Studium der Befreiungskriege und ihrer Helden. Unter die bisherige Geschichtsschreibung, die nicht mehr brauchbar sei, müsse ein deutlicher Strich gezogen werden: „Man kann aus der Geschichte des eigenen Volkes keine Kraft, keinen Mut und keine Zuversicht schöpfen, wenn man in ihr einzig und allein nur den . Irrweg einer Nation'sieht oder ein unzeitgemäßes allgemeines fatalistisches Lamento über die .deutsche Misere'anstimmt."

Diese Wendung der Sowjetzone zur „nationalen" Geschichtsbetachtung äußerte sich in vielen Maßnahmen. Am 18. Januar 19 52 — am Tage der Bismarckschen Reichsgründung — wurde in Berlin im ehemaligen Zeug-haus das „Museum für Deutsche Geschichte“ gegründet mit dem Ziel, „den Kampf der fortschrittlichen Kräfte der Vergangenheit für unseren gegenwärtigen nationalen Kampf nutzbar" zu machen. Es wurde im Juli 19 52 eröffnet, nachdem sein späterer Präsident Alfred Meusel die sowjetischen Vorbilder besichtigt und die Ratschläge Mpskaus eingeholt hatte.

Dem neuen Institut für Gesdridue an der Ostberliner Universität wurde die besondere Aufgabe zugewiesen, durch Geschichtslehrerkollektive die neuen Lehrbücher für den Geschichtsunterricht ausarbeiten zu lassen.

19 5 3 erschien das erste Heft der Zeitschrift für Geschiditswissenschaft (ZGW) unter der Leitung von Alfred Meusel, Leo Stern und Heinz Kamnitzer. Dieses erste Heft enthält den aufschlußreichen Satz: Die Sowjets „vertrauen darauf, daß wir auch in Zukunft die uns gestellten Aufgaben . . . erfüllen werden. Wir dürfen dieses Vertrauen nicht enttäuschen".

Die Bemühungen, das Bild der deutschen Volks-und Staatsgeschichte im Sinne der marxistisch-leninistischen Doktrin umzuschreiben, verdichteten sich zu dem Plan eines Hodtschullehrbuches der Geschichte des deutschen Volkes. Nachdem das Zentralkomitee der SED auf seiner 7. Tagung den Beschluß gefaßt hatte, ein solches Hochschullehrbuch ausarbeiten zu lassen, konstituierte sich im Sommer 1952 ein „Kollektiv von Historikern, das die Arbeit an dem auf drei Bände veranschlagten Sammelwerk in der folgenden Weise aufteilte:

Die redaktionelle Gesamtleitung des Werkes liegt in der Hand von Alfred Meusel. Vieles spricht dafür, daß Plan und Gesamtkonzeption am stärksten von Leo Stern bestimmt wurden. Gemäß dem Beschluß des Zentralkomitees soll in dem „Hochschullehrbuch“ das neue Bild der Geschichte „auf der wissenschaftlichen Grundlage der Lehren von Marx, Engels, Lenin und Stalin zum ersten Male zusammenhängend“ dargestellt werden. Die „Dispositionen“ des Hochschullehrbuches und die daran anschließenden Diskussionen wurden laufend in der „Zeitschrift für Geschichtswissenschaft“ veröffentlicht.

Urgesellschaft und Sklavenhaltergesellschaft

In der vorliegenden Betrachtung erübrigt es sich, auf die in den sowjetdeutschen Schul-und Lehrbüchern gegebene Darstellung der Ur-gesellsd'iaft (bis rund 3000 v. Chr.) einzugehen. Sie gleicht im ganzen Sowjetblock noch heute den von Darwin und Engels aufgestellten Abstammungs-und Entwicklungstheorien.

In der Sklavenhaltergesellschaft (bis zum Ausgang des „Altertums“) beginnt mit der Entwicklung neuer Arbeitsgeräte die Ausbeutung menschlicher Arbeitskräfte (Kriegsgefangene, schwache Menschen usw.) als rechtloser Sklaven.

Dem alttestamentlichen Israel wird keine weltgeschichtliche Bedeutung zuerkannt. Nur die Propheten finden Gnade vor den Augen des historischen Materialismus. Sie verfechten in religiösen Formen als Klassenkämpfer die Ziele der unterdrückten Volksmasse.

Auch die Geschichte des klassischen Hellas wird durchaus in materialistischer Weise gedeutet. Die Sklavenhaltergesinnung der ausbeutenden Oberschicht spiegelt sich in der Philosophie (Plato, Ideologie der sklavenbesitzenden Aristokratie) und in der Dichtung Griechenlands wider. Die materialistische Philosophie ging zum größten Teil wegen ihrer Gegensätzlichkeit zur Herrenklasse verloren. Wirtschaftliche Gründe sind es auch gewesen, die den Zusammenbruch der hellenischen Kleinstaatenwelt verursachten.

Im Römischen Reich gelangte die fortgeschrittene Massensklaverei zur höchsten Blüte. Größten Raum nimmt die Schilderung der Klassenkämpfe, des Spartakus-Aufstandes und ähnlicher Erscheinungen in Sizilien und Kleinasien sowie Elend und Leiden der Sklaven ein. Auf der Seite der ausbeutenden Oberschicht finden sich maßlose Ausplünderungsgier, brutaler Egoismus und vertierter Sadismus. Das römische Recht sanktionierte im Namen der Sklavenhalter die bestehenden Zustände. Die Kriegszüge der Römer und Byzantiner (Oströmer) zur Unterjochung und Versklavung bisher freier germanischer und slawischer Völkerschaften sind die äußeren Anzeichen dafür, daß der Machtapparat der Sklavenhalterstaaten morsch geworden war und sich dem Verfall näherte.

Wie die sowjetische Geschichtsbetrachtung oft mit Stolz bemerkt hat, fehlt in Rußland das weltgeschichtliche Zeitalter der Sklavenhaltergesellschaft Dies wird in der sowjetrussischen und sowjetdeutschen Geschichtsbetrachtung als Zeichen der zeitlichen Priorität und des inneren Vorranges der russischen Geschichte gegenüber der rückständigen Entwicklung der westeuropäischen Völker gewertet!

Das Zeitalter des Feudalismus

Das Zeitalter des Feudalismus umspannt nach dem Einteilungsschema des historischen Materialismus das Mittelalter und die beginnende Neuzeit bis zum Vorabend der industriellen Revolution. Es wird eingeleitet durch die Weiterentwicklung der Produktivkräfte (Pflug, Webstuhl), der die Umwälzung aller gesellschaftlichen Verhältnisse auf dem Fuße folgt. Aber die beachtlichen wirtschaftlichen Fortschritte dienen auch im Zeitalter des Feudalismus der Ausbeutung der werktätigen Unterschicht — der leibeigenen Bauernschaft Die gesellschaftliche Geschichte dieses Zeitalters ist zunächst charakterisiert durch das soziale Elend der leibeigenen Bauern und ihren Klassenkampf. Zu Bauern und Adel kommt dann als neue Klasse das städtische Bürgertum dazu, das durch Wucher und Kapitalanhäufung sich an der Ausbeutung der bäuerlichen Unterschicht zu beteiligen sucht.

Für das Eigengewicht der religiösen Impulse, die aus dem Bilde des abendländischen Mittelalters gar nicht weggedacht werden können, ist in der sowjetischen Betrachtung kein Raum. Frömmigkeit und religiöser Glaube, die christlichen Ideale des Mönchtums und des Rittertums, Kaiser-Idee und Papst-Idee werden abgewertet zu dem Versuch, die Ausbeutung des arbeitenden Volkes durch die geistlichen Feudalherren im Sinne eben dieser Oberschicht zu verhüllen, zu rechtfertigen und zu festigen. Die Kirche ist der größte Grundbesitzer dieses feudalistischen Zeitalters, ihre Päpste und Bischöfe, Klöster und Mönche sind die Nutznießer dieses feudalistischen Herrschafts-und Wirtschaftssystems. Aus wirtschaftlichen Machtimpulsen ist auch der Aufstieg des Papsttums zu erklären, so daß es schließlich aus brutaler Profitgier zum Kampf auf Leben und Tod zwischen weltlichem Kaisertum und religiöser Hierarchie um die Vorherrschaft auf dem wirtschaftlichen Ausbeutungsmarkt kommen mußte (!).

In dieses Betrachtungsschema der „Entlarvung“ muß auch die Kreuzzugsbewegung hineingezwängt werden. Der Kreuzzugsgedanke wird „entlarvt" als ein politischer Vorwand des Papsttums, um seine Machtstellung, besonders seine Herrschaft über Ostrom und alle fremden Religionen wegen wirtschaftlicher Vorteile auszudehnen (Kirchenzehnt, Kreuzzugszehnt). Die Habgier ist der Motor der Kreuzzugsbewegung. Voller Begeisterung machen sich die „edlen“ Kreuzritter an die Ausbeutung fremder Völker und Länder, während die Bauern durch die Teilnahme an den Kreuzzügen eine willkommene Gelegenheit sehen, der Unterdrückung durch Kirche und Staat zu entfliehen und die persönliche Freiheit zu erlangen.

Es versteht sich, daß auch die literarische Geistesgeschichte des Mittelalters in diesem marxistischen Sinne dargestellt wird als glanzvoller dichterischer Reflex der feudalistischen Ausbeutungsverhältnisse und der dadurch ermöglichten hohen Lebensform der ausbeutenden Oberschicht: Die hochmittelalterliche Kultur der Minnesänger und die höfische Dichtung mit ihrer Schilderung von Turnier-und Festspielen bilden zeitgenössische Quellenzeugnisse der glanzvollen Hofhaltung auf Kosten der arbeitenden niederen Klassengesellschaft.

Reformation und Bauernkrieg Einen Schwerpunkt der neuen materialistischen Umdeutung der deutschen Geschichte bildet das Zeitalter der Reformation, insbesondere der Bauernkrieg und die Bewegung der Wiedertäufer unter Thomas Münzer Hier fußt das System des historischen Materialismus auf den Ausführungen von Friedrich Engels und Franz Mehring. Nach der Auffassung von Engels war die Glaubensbewegung der deutschen Reformation die große Aktion des aufstrebenden Bürgertums gegen den Feudaladel — mit dem geschichtsgesetzlichen Bestreben, den entstandenen Konflikt zwischen der Basis der neuen wirtschaftlichen Lebensformen und dem geistigen Überbau der Überlieferungen und Über-zeugungen durch einen Ausgleich zu lösen. Die Bewegung der Reformation richtete sich insbesondere gegen den papsthörigen und mit der feudalen Oberschicht verfilzten Klerus. Luther war zwar in den Anfängen das Sprachrohr dieser nationalen Bestrebungen, sank aber dann auf dem Gipfelpunkt dieser Bewegung, in der Bekämpfung des „gerechten“ Bauernkrieges, zum „Renegaten“ herab. Der Bauernkrieg, der in seiner gesellschaftlichen Zielsetzung seiner Zeit weit vorausgeeilt war, wurde durch die feudale Oberschicht blutig unterdrückt. Das „konterevolutionäre“, antinationale Feudalsystem konnte sich durch den Verrat des Bürgertums nochmals retten. Dann unternahm der Feudaladel im Dreißigjährigen Krieg und in der Gegenreformation die letzten ver-zweifelten Anstrengungen die „fortschrittliche" Entwicklung zu unterdrücken, die sich indes nur verzögern ließ.

Diese Auffassung wurde von Franz Mehring ausgebaut. Er führt nicht nur alle geistigen Lebenserscheinungen dieses Zeitalters auf sozialökonomische Triebkräfte zurück, sondern er erklärt auch wirtschaftliche Tatsachen als die eigentlichen Ursachen der deutschen Reformation: die Anhäufung des Kaufmannskapitals in den reich gewordenen freien Bürgerstädten sowie die wirtschaftlich bedingte Zerrüttung und die immer schamloser werdende Ausbeutungspraxis der katholischen Kirche: „Es schieden sich ..., sobald die Thesen Luthers das Signal zum offenen Kampfe gegen Rom gegeben hatten . . ., die verschiedenen Klassen und Klassenfraktionen in drei große Lager. ... In dem konservativ-katholischen Lager sammelten sich alle Elemente, die an der Erhaltung des Bestehenden interessiert waren, an ihrer Spitze der Kaiser . . .

Diesem katholisch-konservativen Lager gegenüber stand nun die große Masse der Nation ... Sie spaltete sich aber sehr bald in zwei Lager, in deren einem sich die besitzenden Elemente der Opposition zusammen-fanden, die Masse des niederen Adels, die Zunftbrüder und ein Teil der weltlichen Fürsten, die sich durch Konfiskation der geistlichen Güter zu bereichern hofften ... In schroffem Gegensatz zu ihr bildete sich sehr bald eine revolutionäre Partei, die sich aus den Bauern und den städtischen Plebejern rekutierte und mit der päpstlichen Ausbeutung zugleich alle weltliche Ausbeutung beseitigen wollte.

Nachdem Luther von 1517— 15 22 mit allen demokratisch-revolutionären Elementen geliebäugelt hatte, verriet er sie von 1522— 1525 alle, die einen nach den anderen. Dem bürgerlichen Reformator Luther trat gegenüber der bäuerlich-plebejische Revolutionär Thomas Münzer."

So fehlen in dieser Darstellung der Reformation bei Mehring alle religiösen Triebkräfte völlig: das Streben gläubiger Menschen nach Wahrheit und Gotteserkenntnis und die ganze gemütsinnige Welt spät-mittelalterlicher Frömmigkeit. Was übrigbleibt, ist der materielle Egoismus der Beteiligten, der Handelnden und der Erleidenden.

Zu diesem von Engels und Mehring gezeichneten Bilde der Reformationszeit kommt nun in der parteiamtlichen Darstellungsweise der Sowjetzone seit der Proklamation des neuen „Patriotismus die nationale Komponente hinzu. Das alte Lutherbild Mehrings wird plötzlich national umpoliert Luther erscheint als „Sprecher der deutschen Nation im Kampf gegen ... die Herrschaft von Rom und gegen die geistliche Feudalität ... Er hat die Liebe zum deutschen Volke, den Haß gegen die Papstkirche und ihre ausbeuterischen Praktiken entfacht . . .“

Luthers Schwenkung im Bauernkrieg bedeutet daher einen nationalen Verrat:

„Nachdem sich Luther gegen die Bauern wandte . . ., ging seine nationale Sendung zugrunde. Er trat in den Dienst des kleinstaatlichen Absolutismus und diese Seite seiner Wirksamkeit trug keinen nationalen, sondern einen antinationalen Charakter."

Die Seele der Reformation, der Bauernkrieg des „bäuerlichen und plebejischen“ Thomas Münzer aber war neben dem Versuch, alle bisherigen sozialen und politischen Ungerechtigkeiten aus der Welt zu räumen, auch eine nationale Sache, und zwar nicht nur im Kampf gegen das Papsttum und die Geistlichkeit sondern auch gegen die weltliche Ausbeutung des Bauerntums durch die weltlichen Fürsten. „Sie (die Bauern) waren die ersten Kämpfer für die nationale Sache des deutschen Volkes, für die Schaffung eines einigen und freien Deutschlands.“

Die Umwertung der preußischen Geschichte

Ein Beispiel dafür, welch unvermittelter Kursschwenkungen die sowjetdeutsche Geschichtsumdeutung fähig ist, ist die Bewertung der preußischen Geschichte. Zunächst wurde die preußische Geschichte in den schwärzesten Farben gemalt. Die Anfänge des preußischen Gewalt-staates wurden bis in die deutsche Ostkolonisation des Hoch-mittelalters zurückverlegt. Nach parteiamtlich-kommunistischer Auffassung stellt jene deutsche Kolonisationsbewegung einen besonders aggressiven und expansiven „ungerechten“ Krieg, einen räuberischen Ausrottungs-und Ausbeutungsplan gegenüber den slawischen Ackerbauern dar, die in den idyllischen Farben von Herders Slawenkapitel als friedliebend geschildert werden. Diese expansiven Raubkriege waren eine „Versorgungsanstalt für die von der Erbfolge ausgeschlossenen Söhne der deutschen Feudalherren, der Habenichtse unter der feudalen Ritterschaft“. Die Raublust und die Habgier des Deutschen Ritter-ordens wird als eine Wurzel des preußischen Junkertums bezeichnet. Erst die russische Politik habe die stets von der deutschen Überfremdung bedrohten Polen von dieser Gefahr befreit und auch in Polen eine friedliche Entwicklung zum Sozialismus ermöglicht.

Der Aufstieg des preußischen Staates wird als ein dunkles Kapitel der deutschen Geschichte bezeichnet. Seine moralischen Ursprünge seien: Ehrlosigkeit, Korruption, Reaktion, Länderschacher, Niederträchtigkeit. Es sei ein „antideutscher" Staat, der nur den Interessen der Staatsräson und des Herrscherhauses huldigt. Friedrich Wilhelm I. habe Preußen zur Kaserne gemacht. Sie sei die Grundlage für die „Raubzüge im Dienste der Junker und Großgrundbesitzer unter Friedrich II., der den klassischen Militarismus, das Bollwerk der deutschen Reaktion, begründete.

Beträchtlich besser kommt in diesem marxistischen Betrachtungsschema die österreichische Geschichte weg, besonders unter Maria Theresia und Josef II. Bezeichnend ist es freilich für die tagespolitische Bedingtheit dieser Geschichtsbetrachtung, daß alle neuralgischen Punkte im Sinne der Freundschaft mit den „Volksdemokratien sorgsam verschwiegen werden. Alle heiklen Gegenstände — insbesondere die Nationalitätenfrage im Donauraum — werden aus der Darstellung ausgeklammert. Bei der Erörterung der preußischen Geschichte befaßt man sich mit Vorliebe damit, den antagonistischen Charakter der bürgerlichen Geschichtsschreibung im Dienste der Klassenherrschaft zu „entlarven . Von der Systemwahrheit des historischen Materialismus abweichende Auffassungen werden nicht widerlegt, sondern „entlarvt . Nicht nur Treitschke, sondern sogar Ranke gilt als engstirniger Wegbereiter der nationalistischen Geschichtsbetrachtung im Dienste preußisch-deutscher Imperialisten. Besonders bei Treitschke entdeckt man bereits den „verderblichen Nazigeist“ mit dem Ziel, „das Volk im Geist der preußisch-deutschen Kriegshetze zu erziehen“

Besondere Aufmerksamkeit verwendet man zunächst auf die Zerstörung des „Mythos von Preußen", dem „Wegbereiter des Hitlerfaschismus“ Programmatisch dafür war die Schrift des Kommunisten Alexander Abusch, die • den bezeichnenden Titel führt: Irrweg einer Nation

Nach dieser umfassenden Arbeit im Dienste Moskaus und der Nachfolge Mehrings nimmt das Unglück der deutschen Geschichte schon mit Luther seinen Anfang und führt über die anderen „Totengräber der deutschen Freiheit“ wie Friedrich II., Bismarck und Wilhelm II. schließlich zu Hitler. „Das Preußentum, geboren aus dem Unglück und der nationalen Katastrophe Deutschlands, wurde in den drei Jahrhunderten zu einem Wegbereiter seines größten Unglücks und seiner tief-B XXIV /58

Stadtmüller: „Die sowjetische Umdeutung der deutschen Geschichte" sten nationalen Katastrophe „Militärische Organisation“, „Geist des Kadavergehorsams“, „Drang nach dem Osten“, „Sklavenhalterverachtung der Junker für die slawischen Völker“ usw. bilden meist die Grundlagen der „Geschichte eines durch Gewalt rückständig gemachten Volkes“ Erst die Sowjetunion ist als „natürlicher Anwalt“ des deutschen Volkes und als Befreier aus Unterdrückung und Not aufgetreten. — Audi andere systemgetreue Publizisten der Sowjetzone sehen die ganze bisherige Entwicklung als „Daseinsverfehlung“ an: „Der Ertrag der ganzen deutschen Geschichte erweist sich als ein schreckliches Nichts; wo aber das Nichts das letzte Wort ist, da ist das ganze Dasein, das dahin führte, verfehlt

Nach der Proklamation des neuen sowjetdeutschen „Patriotismus" ändert sich diese Bewegung der preußischen Geschichte wesentlich. Den Mittelpunkt des neuen sowjetdeutschen Geschichtskultes bildet nunmehr das Zeitalter der preußischen Reformen und der Freiheitskriege (1807— 1815). Das muß um so mehr verwundern, da vorher gerade diese Zeit als ein Übel reaktionärster Sorte betrachtet wurde. In den Schulgeschichtsbüchern wurde diese Zeit nur flüchtig und in abschätziger Weise behandelt, manche große Persönlichkeiten (z. B. Boyen, Gneisenau u. a.) wurden noch nicht einmal mit Namen erwähnt.

Im Zuge des neuen, von dem sowjetischen Vorbild inspirierten kommunistischen „Patriotismus" und unter Berufung auf die durch den „nationalen Verrat" der „Adenauer-Clique" in Westdeutschland heraufbeschworene Notsituation der deutschen Nation wird nun der Kurs der Geschichtsbetrachtung völlig geändert . So hören wir Fritz Lan„Man wird verstehen, daß man auch lernen muß, in der Sprache solcher Männer wie Scharnhorst, Gneisenau, Stein, Johann Gottlieb Fichte, Ernst Moritz Arndt, Friedrich Ludwig Jahn, Heinrich von Kleist, in der Sprache dieser . besten Männer Preußens*, den nationalen Widerstand gegen die verräterische Adenauerbande za organisieren ... Es wird deshalb für unsere Historiker eine vornehme Aufgabe sein, im Lenin-Stalinschen Geiste die große politische, vaterländische Bedeutung dieser Männer in ihrem vollen Glanz wiederherzustellen, damit sie für den Kampf um die Freiheit und Unabhängigkeit Deutschlands allen ehrlichen, anständigen Patrioten ein leuchtendes Beispiel sein können . . . Auch dieses Studium der eigenen Geschichte bedeutet: von der Sowjetunion lernen!“

Nunmehr wird sogar das militärische Erbe Preußens in den Jahren russischer Waffenbrüderschaft im Kampfe gegen Napoleon (1813— 1814) bejaht und verherrlicht. Besondere Betonung erhält die Rolle der Russen, „. . . die zu Beginn des Jahres 1813 als Befreier und nicht als Eroberer die deutschen Grenzen überschritten hatten . . . Die geschichtliehe Erfahrung lehrt das deutsche Volk, daß es immer gut gefahren ist, wenn es mit seinem östlichen Nachbarn in Frieden und Freundschaft gelebt hat . . . Angesichts der Spaltung des deutschen Vaterlandes und des verbrecherischen Versuchs, Deutsche gegen Deutsche in einen Krieg zu hetzen, dürfte es nicht ohne Interesse sein, aus der Geschichte unseres Volkes zu erfahren, wie schon einmal russische Heere für die Freiheit der deutschen Nation gelitten und gestritten haben . ..“

Im Zuge der deutsch-russischen Freundschaft wird auch das von Kotzebue 1813 herausgegebene Russisch-deutsd'ie Volksblatt neu aufgelegt und daraus besonders „Die Nationalehre der Deutschen" zitiert.

Es ist unmöglich und es erübrigt sich auch, auf die folgende Flut ähnlicher Veröffentlichungen einzugehen. Einzelne Männer und Gestalten erfahren in Broschüren und Zeitungsartikeln eine nachträgliche Verklärung und Verherrlichung: Freiherr vom Stein, Gneisenau, Kleist, Scharnhorst, Arndt, Schill, Lützow, Nettelbeck, Jahn, Clausewitz, Görres, Boyen, Palm, Blücher.

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Diese Neuentdeckung der preußisch-russischen Waffenbrüderschaft von 1813 wird im Zeichen des neuen kommunistischen „Patriotismus“ stets betrachtet im Blick auf die deutsche Gegenwartssituation der nationalen Spaltung. Hier liegt die propagandistische Ausdeutung nahe und wird gerne genutzt. So schließt ein Aufsatz von Heinz Kamnitzer über den Reichsfreiherrn vom Stein mit dem Ausblick: „Wie schwer hatten es doch diese Männer! Wieviel besser ist es um uns heute bestellt! Die deutschen Patrioten 1812/13 mußten sich auf die spontane Erhebung des Volkes stützen. Ihr offizieller Bundesgenosse war das zaristische Rußland, das zwar damals der Sammelpunkt des Widerstandes gegen den französischen Eroberer war, aber doch gleichzeitig dynastische Ziele verfolgte. Heute weiß jeder deutsche Patriot, daß das Volk seine Parteien und Organisationen besitzt und in einem Teil unserer Heimat seine Regierung die Befreiung des ganzen Vaterlandes auf ihre Fahnen geschrieben hat. Ihre starke und zuverlässige Rückendeckung ist das sozialistische Rußland, das heute das Bollwerk des Widerstandes gegen die amerikanischen Eroberer ist und das Ziel verfolgt, die Einheit und Unabhängigkeit jeder Nation zu unterstützen, damit der Friede gesichert werde.“

Moskau hat gerade deshalb zu diesem kommunistischen „Patriotismus“ gegriffen, weil Deutschland gespalten ist. In dieser Situation geht es Moskau darum, durch die Erweckung von Haßgefühlen, besonders bei der Jugend, einen unüberbrückbaren Keil zwischen die beiden Teile Deutschlands zu treiben und diesen Zustand damit zu verfestigen und zu verewigen. Ohne Zweifel erliegt ein gewisser — wenn vielleicht auch nur kleiner — Teil der mitteldeutschen Jugend dieser Haßpropaganda. So heißt es in einem Zeitungsartikel über das „Museum für Deutsche Geschichte“ (Zeughaus): „Ich gehe durch die Räume dieses Museums und erlebe den Kampf eines Volkes für Freiheit von Willkür und Ausbeutung, und ich bin stolz, weil ich zu diesem Volke gehöre. Lind glücklich bin ich, denn ich darf die Resultate eines vielhundertjährigen Ringens und Blutens selbst erleben und darf sie mit der immer schöner werdenden Vollendung zuführen ... und ich werde dabei sein, wenn sich wie Anno 1812 das ganze deutsche Volk erhebt, um sein Land zu einen und die Lüge und den Krieg in den Ozean zu fegen. Ehre euch schweigend hängenden Bundschuhfahnen und schwarzrotgoldenen Panieren — wir werden unter der roten Fahne des Volkes euren Weg vollenden.“

Kapitalismus -Imperialismus -Arbeiterbewegung

Der Kapitalismus kommt erst mit der Französischen Revolution voll zum Ausbruch. Die Führer der Revolution (Robespierre, Danton, Babeuf u. a.) setzen die neue fortschrittliche Entwicklung in Gang. Mit ihrem Sturz und den „ungerechten“ Koalitionskriegen erlebt die Reaktion der Großbürger einen neuen Aufschwung, der in Napoleon als dem Vertreter ihrer Raubinteressen seinen Höhepunkt erreicht. Seine Eroberungspolitik bewirkt aber in Deutschland den Durchbruch zur nationalen Besinnung, wie sie nach dem Zusammenbruch des preußischen Staates (1806/07) und insbesondere in den Befreiungskriegen (1813 bis 1814) offenkundig wird. Dieser Freiheitskampf gegen die nationale Unterdrückung wird nur vom Willen der Volksmassen getragen. König und „Junker“ stehen dieser Volksbewegung anfänglich ablehnend gegenüber und schließen sich dem Kampf des Volkes nur zögernd an. Sie sehen in Napoleon nicht den Eroberer, sondern den Konkurrenten in der Ausbeutung der werktätigen Massen. — In diese gewaltsam-tendenziöse Zurechtdeutung der geschichtlichen Tatsachen fügt es sich gut, daß in kühner Parallelisierung mit den politischen Gegenwartsereig-nissen erklärt wird, daß heute in Westdeutschland Amerika dieselbe Unterdrückerrolle spiele wie einst das napoleonische Frankreich.

Mit dem Wiener Kongreß beginnt wieder die Restauration der feudalen und kapitalistischen Kräfte. Die industriellen Erfindungen treiben aber die Geschichte trotz aller dieser Hemmnisse vorwärts zur Revolution von 1848, dem Ziele zu, Deutschland gegen den Widerstand der Junker und Kapitalisten zum demokratischen Nationalstaat umzugestalten. Der Arbeiterklasse aber fehlt die notwendige Organisation, Stärke und Führung, so daß durch den Verrat der Bourgeoisie aus Angst vor der Reaktion und der sozialistischen Bewegung die erfolgversprechenden Anfänge der sozialrevolutionären Arbeiterbewegung unentfaltet im Keime stecken bleiben.

Die Reichsgründung von 1871 wird dank der Haltung von Marx und Engels als „progressiv“ bewertet — jedoch mit der Einschränkung, daß sie nationalistisch-reaktionäre Züge trägt, da sie sich erst unter Führung preußischer Junker im Eroberungskrieg vollendet. Das kommt besonders in der Bekämpfung der deutschen Arbeiterschaft durch die deutsche Reichsregierung und die preußische Regierung zum Ausdruck (Sozialistengesetzgebung).

Mit der Konzentration des Kapitals setzt der Imperialismus, die „höchste Stufe“ des parasitären, zugrundegehenden Monopolkapitalismus ein. Die Ausbeutung der Arbeiterschaft im eigenen Heimatstaat wird ergänzt durch die kosmopolitische Verflechtung des internationalen Kapitals zum Zwecke der Ausbeutung der überseeischen Gebiete. Kapitalistenverbände gliedern die Welt in riesige Absatz-und Ausbeutungsmärkte unter sich auf. Der deutsche Imperialismus kommt in dem Wettlauf um die überseeischen Märkte zu spät, fordert die Neuaufteilung der Welt (I. Weltkrieg) und erhält deshalb (auch durch die Verbindung mit dem Junkertum) einen besonders betont militaristischen, räuberischen und aggressiven Charakter.

Der „utopische“ Sozialismus der Vorgänger von Marx und Engels wird in der bekannten Weise „widerlegt“, und die Erhebung des Sozialismus zur „Wissenschaft“ durch Marx und Engels wird als die höchste Entwicklungsstufe des menschlichen Geistes erklärt. Der Weg der Arbeiterbewegung wird ausführlich geschildert (Internationale, Pariser Kommune usw.). Der Kampf um den Primat der Ausbeutung der überseeischen Mächte zwischen den beiden imperialistischen Weltmächten England und Deutschland im I. Weltkrieg läßt es den deutschen Monopolkapitalisten ratsam erscheinen, schon lange vorher durch ihre Handlanger wie Lassalle oder ihre Drahtzieher wie die Revisionisten Bernstein und Kautsky die Arbeiter von ihren wahren Aufgaben abzulenken und ihre Interessen zu verfälschen, um sie für die Bewilligung der Kriegskredite und als Kanonenfutter zu mißbrauchen. So führt der Weg der deutschen Sozialdemokratie zunächst zur revisionistischen Verfälschung der ursprünglichen reinen Lehre von Marx und Engels und schließlich zum Verrat an der nationalen Sache der Werktätigen. Ebert, Scheidemann und besonders Noske setzen diese verräterische Richtung während der Weimarer Republik im Kampf gegen die LISPD und die spätere KPD fort. LInter ihrer Duldung und Mitwirkung wird in der Weimarer Republik die deutsche Arbeiterschaft von deutschen und ausländischen Monopolkapitalisten „bis auf die Knochen“ ausgesaugt. Erst der Kommunistenführer Ernst Thälmann kämpft den Weg des reinen ursprünglichen Marxismus wieder frei, der schließlich nach der dunklen Zwischenzeit hitlerfaschistischer Unterdrückung in der SED seine politische Erfüllung auf deutschem Boden findet.

Mit der bolschewistischen Revolution schlägt die Stunde der Befreiung für die Menschheit — vorläufig jedoch nur in Rußland. Die Bewegung unter Stalins Führung, die mit allen verräterischen Opportunisten und Handlangern der korrupten „Kapitalistenbanden" vorbildlich aufräumte, wird zum Anwalt des „Weltfriedenslagers" — worunter der Block der von Moskau beherrschten Staaten verstanden wird — und des nationalen Befreiungskampfes aller Völker gegen die Ausbeutung durch die kosmopolitischen Imperialisten.

Die Hitlerdiktatur ist der scheußlichste und korrupteste Ausdruck des deutschen „kriegswütigsten“ und „revanchesüchtigsten“ Monopol-kapitals,hauptsächlich mit dem Ziel, den gefährlichsten Gegner, den Kommunismus, mit Stumpf und Stiel auszurotten.

Die gegenwärtige Spannung zwischen dem „Weltfriedenslager“ und dem westlichen absterbenden Monopolkapitalismus bedroht den Weltfrieden. Durch seine hohe wirtschaftliche Entwicklung ist der Westen kraft der „ehernen Gesetze der Geschichte“ dem LIntergange geweiht. Diesem Schicksal versucht er sich zu entziehen durch sinnlose Kriegs-hetze, Aufrüstung, Provokationen, Geheimorganisationen, Propaganda, Lügenfeldzüge und „Kriegsverträge“ (EVG, WELI, NATO usw.). Mit diesen Methoden versucht er auch, Kriegsbrandherde für einen Feldzug gegen den „friedliebenden“ Sowjetblock anzulegen, in der trügerischen Hoffnung, den eigenen unabänderlichen Untergang im letzten Augenblick doch noch abwenden zu können.

Der Geschichtsunterricht im kommunistischen Herrschaftssystem

In dem gesamten von der kommunistischen Ideologie beherrschten Staatenblock — von Mitteldeutschland bis nach China — nimmt der Geschichtsunterricht anders als in den demokratischen Staaten der westlichen Welt eine Schlüsselstellung im Gesamtsystem der Erziehung ein. Im Sinne der bolschewistischen „Parteilichkeit“ wird dort die Geschichte vom Kindergarten an auf allen Schulstufen bis hinauf zur Universität und daneben in zahllosen Schulungskursen nach der Betrachtungsweise des historischen Materialismus als Mittel der Erziehung zum „wahren Patriotismus und kämpferischen Humanismus“, d. h. also zu einem blinden, gewissensfernen Fanatismus, mißbraucht.

Der Geschichtsunterricht ist im besonderen auf die Gegenwart ausgerichtet, er wird als politische Gegenwartskunde gehandhabt und dient als hervorragendes Mittel, die Schüler mit den Zielgedanken der kommunistischen Agitation zu erfüllen. Die Lehrpläne des Geschichtsunterrichts, die sich jeweils den politischen Bedürfnissen anzupassen haben, werden von einer zentralen Berliner Dienststelle ausgearbeitet und überwacht. Im Sinne der Einheit von Schule und Politik muß jeder Lehrer „in erster Linie Funktionär der SED sein. Ein politisch aktiver Neulehrer ist von größerem Wert als ein alter Lehrer, so gut dieser als Pädagoge sein mag.“ ... „Die gesamte Erziehung, Bildung und Unterweisung der heutigen Jugend muß eine Erziehung zur kommunistischen Moral sein."

Man muß sich darüber im klaren sein, daß das Geschichtsbild der Sowjetzone trotz seiner bizarren Verfälschungen und trotz seiner häufigen parteigebundenen Kursschwenkungen eine beträchtliche Gefahr bedeutet.

Für die Jugend Mitteldeutschlands, die in Schule und Öffentlichkeit kein anderes Geschichtsbild kennenlernt als die parteiamtliche Geschichtsdoktrin des historischen Materialismus, wirkt sich diese einseitige Unterrichtung unheilvoll aus. Auch das Denkschema des historischen Materialismus steht im Dienste der totalitären Menschenformung und damit der Vermassung. Die Erklärung des gesamten Geschichts-„Prozesses“ — auch der Geistesgeschichte — aus ökonomisch bedingter Gesetzlichkeit droht alle seelischen Voraussetzungen des freien kritischen Denkens abzuschneiden. Wer von frühester Jugend an ausschließlich in dem geschlossenen System der kommunistischen Ideologie erzogen wurde, ist von dem dialektischen Denkschema zunächst so überfremdet, daß er die innere Möglichkeit zur prüfenden und objektiven Auseinandersetzung fast verloren hat; er kennt keine Zweifel, keine Kritik, keine Widersprüche; die Hohlkugel der materialistischen Welterklärung erscheint ihm als die wirkliche Welt — eine Welt von einer Geschlossenheit und Einheitlichkeit, die als berauschend empfunden werden muß. Auch das materialistische Bild der Geschichte ist von ebensolcher Geschlossenheit. Alle Probleme scheinen gelöst, alle Fragen beantwortet. Die Geschichte vollzieht sich nach dem Dreistufengesetz von These, Antithese und Synthese als eine Entwicklung von faszinie-render Gesetzmäßigkeit, die dem Menschen jegliche sittliche Entscheidung abnimmt. Der Sinn der Menschheitsgeschichte scheint zum ersten Male enthüllt. Die Geschichte ist ein zielstrebiger „Prozeß“, der in seinem gesamten Ablauf von den urgeschichtlichen Anfängen der Tier-abstammung des Menschen begreifbar und erklärbar ist, ohne daß irgendwelche Zweifel und Ungewißheiten zurückbleiben. Und von diesem so verstandenen streng gesetzmäßig verlaufenden Geschichts„Prozeß“ erschließt sich auch ein neues Verständnis der Gegenwart und ihrer kämpferischen Notwendigkeiten.

Diese Faszinationskraft der materialistischen Geschichtserklärung wird noch gesteigert durch die Berufung auf das nationale Erbe des deutschen Volkes, das in seiner neuen „fortschrittlichen" Gestalt — als „Arbeiterund Bauernmacht“ — gegenüber dem Vaterlandsverrat des kosmopolitisch entarteten Westdeutschland verteidigt werden müsse.

Dieser kommunistische „Patriotismus" vermählt sich mit dem alten kommunistischen Internationalismus. Dabei wird — getreu der Zielsetzung moskauischer Politik — die Wesens-, ja Blutsverwandtschaft mit den Völkern Osteuropas behauptet. Die deutsche Bevölkerung Ost-und Mitteldeutschlands wird im Unterschied zur Bevölkerung Westdeutschlands hingestellt als das Ergebnis einer langen Berührung und Verschmelzung slawischer (wendischer) und deutscher Volksteile. Daraus erkläre sich Gleichklang und Verwandtschaft im Wesen, Denken und Fühlen mit Polen, Tschechen und Russen!

Schlußbetrachtung

Trotzdem zeigt die Entwicklung der vergangenen zwei Jahre im sowjetischen Herrschafts-und Einflußbereich, wie wenig innere Überzeugungskraft das genormte Betrachtungsschema des historischen Materialismus besitzt. Seine öffentliche Allgemeingültigkeit beruht nicht auf geistiger Überlegenheit, die sich im freien Geisteskampf erwiesen hätte, sondern ist Teil eines politischen Systems. Die materialistische Welt-und Geschichtserklärung verdankt ihre Alleinherrschaft in der Öffentlichkeit ausschließlich den Zwangsmitteln des totalitären Staates. Das materialistische System besitzt nur dort eine — scheinbare — Allein-gültigkeit, wo es mit den lückenlos wirkenden Einfluß-und Terrormöglichkeiten des totalitären Staates die geistige Alleinherrschaft ausübt. Daher muß im sowjetischen Bereich mit allen Mitteln die geistige Berührung mit der Welt freier Meinungsäußerung verhindert werden. Die Hohlkugel des materialistischen Systems muß hermetisch geschlossen bleiben, wenn den darin eingeschlossenen Völkern die dialektischen Konstruktionen materialistischer Welt-und Geschichtserklärung auch weiterhin als Gestirne erscheinen sollen. Wenn sich durch Berührung mit der freien Außenwelt auch nur ein schmaler Lichtschlitz in diese Hohlkugel öffnet, so beginnen die dialektischen Gedankenkonstruktionen zu verblassen und mit ihnen die bisherige Alleinherrschaft des materialistischen Systems. Dieses wird nunmehr in der freiheitlichen Welt eines weltanschaulichen Pluralismus eine Welt-und Geschichtserklärung neben anderen.

Die zu dem sowjetischen System gehörende Unterbindung des geistigen Austausches ist daher das heimliche Eingeständnis der eigenen Unsicherheit und Unterlegenheit. Und daß es auch einer lange dauernden und mit allen Mitteln des Terrors und der Propaganda arbeitenden materialistischen Umerziehung nicht gelang, den erstrebten idealen sowjetischen Menschen — den „neuen Menschen auf neue Weise — zu schaffen, haben zuletzt die Ereignisse in Polen und Ungarn bewiesen. Die jüngste Diskussion, die in der Sowjetunion nach dem Tode des parteiamtlichen Historikers A. M. Pankratowa einsetzte (Juni 1957), läßt es als möglich erscheinen, daß diese Grundsatzproblematik nunmehr auch in der Sowjetunion in eine gewisse Bewegung gerät.

Schrifttum

Das folgende Titelverzeichnis stellt nur eine Auswahl dar; darin sind nicht angeführt die zahlreich erschienenen Auswahlausgaben der Helden des nationalen Befreiungskampfes (1813 bis 1815): Arndt, Blücher, Boyen, Clausewitz, Gneisenau, Scharnhorst, Stein u. a.

Die obige Darstellung beruht vorwiegend auf den Geschichtsschulbüchern sowie auf Beiträgen in den einschlägigen Zeitschriften. Die angeführten Artikel aus mitteldeutschen Zeitungen stammen zum größten Teil aus der Zeitschrift Ost-Probleme.

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Vogt, Klaus, Josef Görres. Ein Journalist wird zum Gewissen der Nation.

Berlin, 1953.

Für Mithilfe bei der Zusammenstellung von Belegen habe ich meinem Schüler Hans Lehmann zu danken. POLITIK UND ZEITGESCHICHTE AUS DEM INHALT UNSERER NÄCHSTEN BEILAGEN:

G. F. Hudson: „Chruschy’s Komet"

Percy Ernst Schramm: „Polen in der Geschichte Europas"

Edward Teller: „Alternativlösungen für die Sicherheit des Westens"

Reinhard Wittram:

„Geschichte als Fortschritt"

Fussnoten

Fußnoten

  1. über die allgemeine Problematik der Geschichtsrevision vgl. Georg Stadtmüller, Geschichtsbild und Geschichtsunterricht. In: Saeculum 2 (1951) S. 1— 9. — Ders., Geschichte Europas als Problem. In: Aus Politik und Zeit-geschichte. Beilage zur Wochenzeitung „Das Parlament'1 vom 15. Januar 1958,

  2. Marx im Vorwort zur Kritik der Politischen Ökonomie.

  3. MEGA, Marx-Engels-Gesamtausgabe, Berlin, Band 1/5, 17.

  4. Fred Olssner im Vorwort zu: Franz Mehring, Historische Aufsätze zur preußisch-deutschen Geschichte. (Sammelband.) Berlin, 1946, S. V f.

  5. Franz Mehring, Deutsche Geschichte vom Ausgang des Mittelalters, Berlin, 1947, S. 1.

  6. Alle diese „Umschreibungen" der nationalen Geschichte sind strikt nach dem parteiamtlichen Modell der Geschichtsdoktrin Moskaus gearbeitet. Es bleibt abzuwarten, inwieweit Chruschtschows Widerrufung des „Kurzen Lehrganges" (Kratkij Kurs) sich bei den Historikern des sowjetischen Einflußbereiches auswirken wird.

  7. Vgl. vor allem: 1. Deutsche Geschichte vom Ausgang des Mittelalters. Berlin, 1947. — 2. Historische Aufsätze zur preußisch-deutschen Geschichte. Berlin, 1946.

  8. E. Hruschka, Die Bedeutung des historischen Materialismus für den Geschichtsunterricht. In: Geschichte in der Schule, 3. 12. 1950.

  9. Auf der II. Parteikonferenz der SED erklärte der Generalsekretär W. Ulbricht: „Für die Entwicklung der Geschichtswissenschaft bei uns ist der . Kurze Lehrgang der Geschichte der KPdSU (B)'richtunggebend ..." — Vgl. W. Ulbricht, Rede auf der II. Parteikonferenz der SED. In: Protokoll der Verhandlungen der II. Parteikonferenz der SED, 9— 12. Juli 1952 in Berlin. Berlin, 1952.

  10. Fred Olssner, Der Marxismus der Gegenwart und seine Kritiker. Berlin, 1948, S. 169.

  11. Vgl. besonders die Darstellung des Jahres 1813 bei Engels und den Kommentar von K. Obermann in der Einleitung: „... Napoleon war gegenüber Deutschland nicht der willkürliche Despot, ... Napoleon war in Deutschland der Repräsentant der Revolution, ...der Zerstörer der alten feudalen Gesellschaft ...". „Der . glorreiche Befreiungskrieg'von 1813— 14 und 1815, die . glorreiche Periode der deutschen Geschichte'usw., wie sie genannt worden ist, war ein Anfall von Wahnsinn .. (Engels, Deutsche Zustände. Berlin, 1949, S. 19 f.).

  12. M. Pokrovskij, Russische Geschichte von den ältesten Zeiten bis zum Jahre 1917. Berlin. 1930.

  13. Leipziger Volkszeitung, 5. Juli 1952.

  14. Wer ist ein Patriot? Neuer Weg, Nr. 17, 1951.

  15. W. Girnus, Gerechte und ungerechte Kriege im Spiegel der deutschen Klassik. Neues Deutschland, Berlin, 25. Juni 1952.

  16. W. Pieck, Die gegenwärtige Lage und die Aufgaben der Partei. Protokoll der Verhandlungen des III. Parteitages der SED, 20. — 24. Juli 1950. Berlin, 1951, S. 104.

  17. Fred Olssner, Die heutige Bedeutung der nationalen Frage. Berlin, 1951, S. 30.

  18. A. Norden, Um die Nation. Beiträge zu Deutschlands Lebensfrage. Berlin, 1952. Vorwort. — Vor der parteiamtlichen Kursschwenkung zum neuen Patriotismus hatte derselbe A. Norden ganz andere Ansichten geäußert. Vgl.seine früheren Schriften: Lehren deutscher Geschichte, Berlin, 1947. Und: So werden Kriege gemacht. Berlin, 1950.

  19. L. Stern, Gegenwartsaufgaben der deutschen Geschichtsforschung. Berlin, 1952.

  20. Ebenda, 50— 54.

  21. Ulbricht, Rede Parteikonferenz der SED Protokoll W. auf der II. ...

  22. Fr. Lange, Die Volkserhebung von 1813. Berlin 1952, S. 7.

  23. G. Harich in: Neues Deutschland, Berlin, 19. Januar 1952.

  24. A. Meusel in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, Berlin 1 (1953) S. 114.

  25. Das Zeitalter der Sklavenhaltergesellschaft fehlt z. B. auch in dem bekannten von A. M. Pankratowa, redigierten Schulbuch.

  26. J. Kuczynski, Zur Periodisierung der deutschen Geschichte in der Feudalzeit. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 2 (1954) S. 133- 151.

  27. Fr. Engels, Der deutsche Bauernkrieg. Berlin, 1949. — Fr. Mehring, Deutsche Geschichte vom Ausgang des Mittelalters. Berlin, 1947. — A. Meusel, Thomas Münzer und seine Zeit. Berlin, 1952. —M. M. Smirin, Die Volks-reformation des Thomas Münzer und der große Bauernkrieg. Berlin, 1952. — W. Zimmermann, Der große Bauernkrieg. Berlin, 1952.

  28. Fr. Mehring, Deutsche Geschichte vom Ausgang des Mittelalters. Berlin, 1947, S. 41, 42, 44.

  29. K. Kleinschmidt, Martin Luther. Berlin, 1953. — L. Stern, M. Luther und Ph. Melanchthon. Berlin, 1953.

  30. Neues Deutschland vom 31. Januar 1953. Die Diskussion wurde ausgelöst durch den Artikel von G. Krauß, „Luthers nationale Sendung“ (Neues Deutschland vom 2. September 1952). Sie wurde am 31. Januar 1953 in der SED-Zeitung Neues Deutschland veröffentlicht (mit Beiträgen von K. Hager, H. Kamnitzer, J. Kaczynski, W. Stanczus u. a.). — Vgl. Ost-Probleme 10 (1953) S. 399— 402.

  31. Rede Fr. Olssner vor Studenten der Universität Jena.

  32. S. M. Lesnik, Was hat Preußen Deutschland gegeben? Berlin, 1946

  33. A. Abusch, Irrweg einer Nation. Ein Beitrag zum Verständnis deut scher Geschichte. Berlin, 1946.

  34. Ebenda, S. 31. i

  35. Ebenda, S. 241. 1 Neuauflage 1950

  36. Ebenda, S. 247. J

  37. E. Niekisch, Deutsche Daseinsverfehlung. Berlin, 1946, S. 86.

  38. Fr. Lange, Die Volkserhebung von 1813. Berlin, 1952, S. 7.

  39. Ebenda.

  40. Vgl. das unten folgende Schrifttumsverzeichnis.

  41. Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 1 (1953) S. 92.

  42. Tägliche Rundschau vom 17. Juli 1952

  43. Freilich hat die von Stalin seit 1934 befohlene Umschreibung der sowjetischen Geschichte im nationalrussischen Sinn die überragende Bedeutung der französischen Revolution einzuschränken gesucht durch den merkwürdigen Hinweis, daß schon ein Jahrhundert vorher die beiden Moskauer Aufstände von 1648 und 1662 mit den mittelalterlichen Überlieferungen gebrochen hätten. — Vgl. A M. Pankratowa, Geschichte der UdSSR, Teil I. Moskau, 1947, S. 227 f., 248 f.

  44. Richtlinien des Volksbildungsministeriums von Sachsen 1950. — Vgl. Mitteilungsblatt des Ministeriums für Volksbildung, Nr. 4, vom 1. April 1951.

Weitere Inhalte

Georg Stadlmüller, Dr. phil., geb. 17. März 1909 in Bürstadt, Hessen, Professor für Geschichte (insbesondere der neuesten Zeit) an der Universität München. — Hauptwerke: Geschichte Südosteuropas (1950). Geschichte des Völkerrechts (1951).