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Die deutsche Militäropposition vom Sommer 1940 bis zum Frühjahr 1943 | APuZ 28/1958 | bpb.de

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APuZ 28/1958 Die deutsche Militäropposition vom Sommer 1940 bis zum Frühjahr 1943

Die deutsche Militäropposition vom Sommer 1940 bis zum Frühjahr 1943

HERMANN GRAML

Zum Gedenktag des 20. Juli 1944 veröffentlichen wir den folgenden Beitrag von Hermann Graml. Die Arbeit entstand unter Mitwirkung des Arbeitskreises „Europäische Publikation", München, der die folgenden Mitarbeiter angehören: Oberst a. D. v. Bischoffshausen, General der Infanterie a. D. Blumentritt, General der Flieger a. D. Bogatsch, Oberst a. D. Eckstein, Professor Dr. Ferid, Generalmajor a. D. Frhr. R. v. Gersdorff, Generalmajor a. D. G. v. Gersdorff, Hermann Graml, Generalmajor a. D. Haseloff, Professor Dr. Frhr. v. d. Heydte, Oberstaatsanwalt Hölper, Dr. Krausnick (Institut für Zeitgeschichte), Staatsminister a. D. Dr. Müller, Professor Dr. Maurach, Dipl. -Volkswirt Ruland, Oberstleutnant a. D. Sendtner, Dr. Uhlig, Generalmajor a. D. v. Witzleben.

I. Von der französischen Kapitulation bis zum Beginn des Angriffs auf Rußland

1. Die Lage nach dem „Blitzkrieg“ im Westen Wenn wir von den überzeugten Gegnern Hitlers einmal absehen, so war die deutsche Bevölkerung einschließlich der Nationalsozialisten im September 1939 mit Empfindungen in den Krieg gegangen, die — fern von jedem Enthusiasmus — aus Pflichtbereitschaft, apathischer Resignation gegenüber einem offenbar unabwendbaren Schicksal und einem durch die beiden ersten Komponenten etwas verdeckten Groll über die wieder einmal mit ihren Problemen nicht fertig gewordenen Politiker des eigenen Landes wie der nunmehrigen Feindstaaten seltsam genug zusammengesetzt waren. Dazu hatten sich die Befürchtungen um den Ausgang der zukünftigen Kämpfe und die bange Erwartung kommender Leiden gesellt. Der schnelle Sieg über Polen hatte keineswegs genügt, die Sorgen und Ängste der ersten Kriegstage zu zerstreuen; zu gut wußte jeder Deutsche, daß den Truppen Hitlers lediglich ein nichts weniger als entscheidender Teilerfolg zugefallen war und ihnen die Auseinandersetzung mit den eigentlichen Gegnern — England und Frankreich erst noch bevorstand. Zudem bedrängte auch noch nach dem „Feldzug der 18 Tage“ die Frage, ob Deutschland denn tatsächlich kein friedlicher Weg aus der Krise des Sommers 1939 offen gestanden hatte, das zweifellos weithin herrschende und von der Führung geschickt genährte Bewußtsein, wie 1914/18 einen Verteidigungskrieg zu führen. Die Genialität Hitlers war jedenfalls zwischen September 1939 und Mai 1940 längst nicht mehr so unbestritten wie nach der Sudetenkrise und dem Münchner Abkommen. Allenthalben wartete man auf ein Ereignis, das den Beginn ernsthafter Kämpfe im Westen überflüssig machen und eine Umkehr auf dem so zögernd betretenen Weg der Gewalt erlauben würde. Es gab nicht wenige, die von Hitler selbst eine entsprechende Aktion erhofften und glaubten, die Westmächte müßten um des Wohls aller europäischen Staaten willen auf eventuelle deutsche Friedensangebote eingehen.

Der Durchschnitt des Offizierskorps der deutschen Wehrmacht fühlte und dachte damals nicht anders. Seine obersten Spitzen hatten außerdem noch militärische Sorgen; sie meinten, daß die von ihnen geführten Divisionen wegen ihrer in Polen sichtbar gewordenen technischen, organisatorischen und ausbildungsmäßigen Mängel nur wenig Aussicht hätten, eine ernstliche Kraftprobe mit den auf Grund jahrhundertelanger Erfahrungen sehr hoch bewerteten französischen und britischen Armeen erfolgreich bestehen zu können Deshalb und weil einige Generale klar zu sehen glaubten, daß die Beendigung des „Sitzkrieges“ im Westen durch eine deutsche Offensive auch die letzten Chancen für einen raschen und vernünftigen Friedensschluß mit London und Paris zerstören müsse, versuchten sie, Hitler davon abzuhalten, an der Westfront militärisch aktiv zu werden; der Generaloberst v. Leeb, Ober-befehlshaber der Heeresgruppe C, beschwor im Oktober 1939 den Ober-befehlshaber des Heeres, v. Brauchitsch, alles zu tun, was in seiner Macht stehe, die mit einer Offensive unweigerlich verbundene Verletzung der belgischen, holländischen und luxemburgischen Neutralität zu verhindern, er selbst, so versicherte Leeb sogar, sei dabei zu „jeder gewünschten und notwendig werdenden Folgerung“ bereit Selbst nach einer als „Spritze" für die „feigen“ Generale gedachten Rede Hitlers — die er am 23. November 1939 vor den hohen Befehlshabern und Generalstabsoffizieren der Wehrmacht in der Reichskanzlei gehalten hat — bezeichnete der überzeugte Nationalsozialist und damalige Kommandierende General des VII. A. K. v. Schobert die Absicht Hitlers, im Westen anzugreifen, als verrückt, und der damalige Oberst i. G. Köhler prophezeite einen zweiten Punischen Krieg, den Deutschland ebenso verlieren werde wie einst die Karthager

Die zum Staatsstreich gegen Hitler entschlossenen Oppositionsgruppen des Heeres, von der gleichen Skepsis erfüllt und überdies in Sorge wegen des allmählichen Schwindens der Friedensmöglichkeiten einer nichtnationalsozialistischen deutschen Regierung — denen der Beginn einer deutschen Offensive im Westen endgültig den Todesstoß versetzen mußte —, waren in diesen Monaten emsig bemüht, einen Weg zu finden, Hitler noch vor einer unabsehbaren Ausweitung des Krieges zu stürzen Gespräche mit englischen Mittelsmännern sollten den Partner des von Hitler befreiten Deutschland sondieren, die Abgesandten des antinationalsozialistischen Kreises im OKH erkundeten politische Einstellung und Aktionsbereitschaft der Oberbefehlshaber verschiedener Heeresgruppen, der Armeeführer, Kommandierenden Generale und Divisionäre, zeitweise wurden Pläne erwogen, Hitler, noch während des Polenfeldzuges, im Hauptquartier des vorübergehend reaktivierten Generalobersten v. Hammerstein zu verhaften

Aus Gründen, die hier nicht zu erörtern sind, bleiben die Anstrengungen des OKH und der Oberbefehlshaber der Heeresgruppen, die Westoffensive zu verhindern, vergeblich, und der Staatsstreich kam nicht zustande. Am 10. Mai 1940 begann der deutsche Vormarsch und binnen kurzem war das politische Klima völlig verändert. Ende Mai notierte Ullrich v. Hassell, ehemals Botschafter der Weimarer Republik wie des Dritten Reichs am Quirinal und nun schon seit einiger Zeit führendes Mitglied der zivilen Opposition gegen Hitler selbst und den Nationalsozialismus in seinem Tagebuch: „Die unvorstellbar großen Erfolge der Deutschen im Westen durclt die weit überlegene Panzer-und Flugwaffe, nebst anderen modernen Kampfmitteln, durclt den Schwung der Truppe . . . und durclt die ausgezeichnete Führung . . . haben eine neue Lage gescltaffen. Die Skepsis der meisten Generäle, vor allem Bed^s, ist widerlegt. . . . Die 'Verdienste Hitlers und Görings an dem Schaffen der Waffe, und — Hitlers audt wohl unmittelbar in der Führung, scheinen eklatant. . .

Wie immer man den Anteil Hitlers an dem militärischen Geschehen bewerten mag, der wenige Wochen später (am 17. Juni 1940) durch die französische Kapitulation vollendete militärische Sieg des nationalsozialistischen Deutschland über Frankreich hatte in der Tat die Stimmung des deutschen Volkes tiefgreifend beeinflußt und Hitlers Prestige wie seine reale politische Position entscheidend gefestigt. Man muß damals in Deutschland gelebt haben, um zu wissen, wie sorgenvoll und schwerer Rückschläge gewiß die Masse der Deutschen den ersten Nachrichten über den Beginn der Offensive begegnete. Gerade die Teilnehmer des ersten Weltkrieges waren zunächst überzeugt, daß nun ein langer und blutiger Krieg seinen Anfang genommen habe, dessen Ausgang überdies höchst unsicher sei; sie hatten die französischen und britischen Truppen seit Verdun, Flandern, der Somme und Cambrei so in Erinnerung, daß sie wahrlich keinen Anlaß sahen, optimistisch zu sein. Elm so nachhaltiger wirkte der atemberaubend schnelle und mit relativ wenig Verlusten bezahlte Erfolg• des deutschen Heeres. Namen, an die sich die Vorstellung jahrelanger schwerster Kämpfe geheftet hatte und die gleichsam mit Strömen von Blut getauft waren, Namen, die 1914 und dann wieder 1918 zwar das Ziel deutscher Angriffe gewesen, aber niemals erreicht worden waren, tauchten an einem Tag in den Heeresberichten auf und wurden am nächsten schon von anderen abgelöst, an die während des ersten Weltkrieges nicht einmal gedacht werden konnte. Mit ungläubigem Staunen verfolgte man den Vormarsch der deutschen Divisionen auf der Karte und wagte zuerst gar nicht so recht an den Sieg zu glauben. Als dann aber Frankreich kapituliert hatte und auch kein englischer Soldat mehr auf französischem Boden stand, da verstummten freilich bei den meisten alle Zweifel an Hitlers politischer wie militärischer Begabung und an seinem Glück, die sich vorher geregt haben mochten, und weithin waren die Deutschen geneigt, ihm — wieder — Größe zuzubilligen. Die „Leistung“ des Dritten Reiches rehabilitierte das System oft genug auch in den Augen derjenigen, die sein moralisches und indeologisches Fundament zwar mit Mißtrauen oder kalter Ablehnung betrachteten, jetzt aber Effektivität mit Legitimität verwechselten. Nicht zuletzt weil der „Blitzkrieg" in Frankreich die dem deutschen Selbstbewußtsein 1918 geschlagenen Wunden schloß und die seit jenen Tagen so sehr gestörte politische Balance des deutschen Volkes wiederherzustellen schien.

Die in Deutschland nie ganz ausgestorbene Neigung schließlich, den Ausgang kriegerischer Verwicklungen als eine Art Gottesurteil aufzufassen — der November 1918 war ja nicht als militärische Entscheidung anerkannt worden —, kam Hitler ebenfalls zugute. Er und sein Regime waren durch den Sieg scheinbar bestätigt worden, und die Bemerkung eines Bekannten v. Hassels, daß ein Mann solcher Erfolge ein Mann mit Gott sein müsse drückte die Empfindungen vieler Deutscher treffend aus. Immer noch gab es — außerhalb der geschworenen Hitlergegner — Kritiker des Systems, seines totalitären Charakters oder etwa seiner Kirchen-und Judenpolitik, aber nicht mehr der Person des Diktators selbst; ihn hatte der Schock, unter dessen Wirkung Deutschland in diesen Wochen zweifellos stand, endgültig außerhalb jeder Diskussion gestellt. Dazu kam allerdings die Hoffnung, daß jetzt doch die Möglichkeit bestehe, schnell einen vorteilhaften Frieden zu schließen und so das mit unguten Gefühlen begonnene Abenteuer sogar noch mehr als glimpflich zu beenden, eine Hoffnung, die der Freude über den militärischen Sieg oft eine etwas überschwengliche Note verlieh Die Armee und ihr Offizierkorps konnten von diesem Stimmungsumschwung nicht unberührt bleiben. Zusätzlich sah sich aber — nicht zum erstenmal bei derartigen Aktionen, doch selten so überzeugend — jeder Soldat, der mit militärischen Argumenten vor der Westoffensive gewarnt hatte, Lügen gestraft. Hassell, dessen Beurteilung der Generale sonst keine übergroße Milde erkennen läßt, konstatierte am 24. Mai nüchtern, daß der Verlauf des Frankreich-Feldzuges gerade die Soldaten, die skeptisch waren, in eine unbequeme Lage bringe

In München, zwei Jahre zuvor, hatte Hitler lediglich das politische LIrteil des damaligen Generalstabschefs, Beck, widerlegt, jetzt hatte er gegen das Oberkommando des Heeres, die Oberbefehlshaber der Heeresgruppen und zahllose andere Offiziere auf deren ureigenstem Gebiet recht behalten. Gewiß nur mit der entscheidenden Hilfe jüngerer Generalstäbler und nur vorübergehend, aber dennoch mußte gerade das OKH, d. h.der Oberbefehlshaber des Heeres, v. Brauchitsch und sein Stabschef Halder, zu Kenntnis nehmen, daß Hitler es gewesen war, der die französische Widerstandskraft richtig eingeschätzt und sich einen strategischen Plan zu eigen gemacht hatte, der die Gegebenheiten und Möglichkeiten moderner Kriegführung» sachgerechter berücksichtigte, als die ursprünglichen operativen Vorschläge des OKH

Nicht länger, das war die unvermeidliche Folge, konnten die Spitzen des deutschen Heeres Hitler mit der unbestrittenen Autorität des Fachmanns entgegentreten. Hitlers Selbstbewußtsein war — und zwar seinen Dimensionen entsprechend — gestiegen, das Überlegenheitsgefühl der obersten Führer des Heeres hatte fast im gleichen Verhältnis gelitten. Der Gedanke ist nicht von der Hand zu weisen, daß sich vor allem Brauchitsch und auch Halder von dieser fachlichen Niederlage nie mehr so recht erholt haben, daß jedenfalls ihr Verhältnis zu Hitler eine tief-greifende Wandlung erfuhr. In der Folgezeit sollte diese Gewichtsverlagerung erst ihre wahre Bedeutung erhalten.

Daneben trugen aber auch noch andere Faktoren dazu bei, daß Hitler vielen Offizieren nun in einem besseren Lichte erschien als früher. Nicht so sehr der plötzlich auf sie herabrauschende Ordenregen oder die Beförderungen und Marschallstäbe, wie ausländische Beobachter konstatieren zu müssen gelaubt haben wenngleich auch die Wirkung solcher Folgen militärischer Siege nicht übersehen werden r Die Generale hatten jedoch alle noch am ersten Weltkrieg teilgenommen, die älteren unter ihnen oft bereits als Generalstäbler in wichtigen Positionen, und die Erinnerung daran, daß Deutschland am Ende dieses Krieges geschlagen worden war und einen harten Waffenstillstand, danach einen noch härteren Friedensvertrag hatte unterschreiben müssen, war ihnen zeitlebens eine nur schwer zu tragende Last gewesen, ein Flecken auf der Waffenehre des deutschen Heeres. So wenig sie zwar anerkennen wollten daß sie damals auf dem Schlachtfeld unterlegen waren, so gut wußten sie in Wahrheit doch, daß der Vertrag von Versailles die Folge einer militärischen Niederlage gewesen war — die Dolchstoß-legende“ war ja schließlich geglaubt worden, obwohl man wußte, wie schwach ihre faktische Grundlage war, so paradox das klingen mag, — und wenn schon ein gewisses Schuldgefühl, so doch der Wunsch, auch eine unverschuldete Scharte wieder auszuwetzen, war ihnen seither geblieben. Meist unbewußt und nur selten etwa zu aktiven Revanchegedanken verdichtet, bewies dieser Wunsch seine Kraft im Augenblick der Erfüllung. Als Frankreich im Wald von Compiegne kapitulierte, empfanden nicht wenige der älteren deutschen Offiziere, oft zu ihrer eigenen Überraschung, wie ihnen eine Bürde genommen und einer der „schönsten Momente" ihres Lebens gegeben wurde Ihr Verhältnis zu Hitler mußte dadurch in Mitleidenschaft gezogen werden, da es schließlich das mit dessen Person untrennbar verbundene nationalsozialistische Deutschland war, vor dem das französische Heer die Waffen streckte.

Ganz abgesehen davon, daß es psychologisch einfach unmöglich ist, eine erfolgreiche Armee gegen ihren obersten Befehlshaber zu führen, noch dazu, wenn dieser wie Hitler 1940 sein gerütteltes Maß Anteil am Erfolg beansprucht, brachte der durchschnittliche Offizier, ob Leutnant oder Feldmarschall, Hitler jetzt sogar wärmere Empfindungen entgegen.

Selbst wer sich sein kritisches Denkvermögen bewahrt hatte und an Hitler wie am Dritten Reich immer noch manches auszusetzen fand, billigte dem „Führer“ zu, eben der „Führer“ Deutschlands und seiner Armee zu sein. Vielleicht zum erstenmal seit 1933 sah sich Hitler vom Offizierskorps _ wenigstens von der Mehrzahl der Offiziere — ohne größere Vorbehalte anerkannt Noch mehr als während der Friedensjahre bis 1939 war es bereit, moralische und politische Bedenklichkeiten des Dritten Reiches um der Befriedigung vermeintlicher oder tatsächlicher „nationaler“ Ziele und Wünsche willen zu tolerieren.

Lind doch wäre nichts falscher, als anzunehmen, es habe 1940 „keinen Zweifel“ am „Führer“ gegeben 1938 hatte Chamberlains Münchner Kapitulation vor dem Diktator nicht allein entscheidend dazu beigetragen, daß der Staatsstreich gegen Hitler unterblieb, sondern, was fast noch schlimmer war, die antinationalsozialistische Opposition „dezimiert aber zeigten die grundsätzlich antihitlerisch “ Diesmal sich Gesinnten vom Erfolg des „Führers“ erstaunlicherweise nicht sehr beeindruckt. Es wird stets denkwürdig sein, daß die Opposition auch angesichts des größten Triumphes Hitlers nicht resignierte, sich von dessen neugewonnener Macht nicht blenden und von dem allenthalben zu beobachtenden Freudentaumel ihrer „Volksgenossen nicht ließ. beirren Zwar lag es natürlich auf der Hand, daß angesichts der Volksstimmung, angesichts des ungeheueren Zuwachses an Prestige, der Hitler nun förmlich schützte, und auch weil die zur außenpolitischen Sicherung eines Staatsstreiches unerläßlichen Verbindungslinien ins Ausland durch die Ereignisse unterbrochen worden waren, an eine Aktion Augenblick im nicht gedacht werden konnte. Aber statt der Apathie, die nach München aufgetreten war, herrschte jetzt mehr die Vorstellung, daß aufgeschoben nicht aufgehoben sei. Hassell schrieb noch am 29. Mai: „leit bin der Ansickt, daß, so bedrückend zur Zeit die Aussidtten sind, man die Flinte nicht ins Korn werfen darf, sondern zum Weiterkätnpfen gegen Hitler in der neuen Lage bereit sein muß

Wenn man bei einem Manne von der Urteilsschärfe und Übersicht eines Hassell auch gewiß voraussetzen darf, daß ihm der Sieg über Frankreich nicht den Blick für die nach wie vor wenig hoffnungsvolle Gesamtsituation Deutschlands trübte, so zeigt seine Äußerung doch, daß Opposition gegen Hitler nicht mehr von Erfolg oder Mißerfolg des Diktators geschwächt, bzw. bestärkt wurde, sondern inzwischen in weit höherem Maße als 1938 grundsätzlich fundiert war: „Niemand kann die Größe des von Hitler erreichten Erfolges bestreiten. Aber das ändert nichts am inneren Charakter seiner Taten und an den grauenhaften Gefahren, denen nun alle höheren Werte ausgesetzt sind. Ein dämonischer Spartakus kann nur zerstörend wirken“

Wie Hassell in seinem Tagebuch bezeugt, urteilten seine Freunde nicht anders

Die oppositionellen Offiziere, obwohl sie sich doch noch in einer etwas schwierigeren Lage befanden als die Diplomaten oder Beamten — nicht zuletzt weil sie gleichsam als aktive Teilhaber des Sieges sich gegen die mit einem selbst errungenen Erfolg normalerweise verbundene eigene Hochstimmung zu wehren hatten —, dachten ebenfalls nicht daran, zu resignieren. Goerdeler sagte ihnen in einer Denkschrift, die am 1. Juli entstanden war die Armee trage nach ihrem Sieg noch größere Verantwortung, und die Offiziere waren bereit, diesen Satz zu akzeptieren. Ebenso weit entfernt davon, Hitlers Triumph für eine moralische Rechtfertigung seiner Handlungen zu halten, wie von einer Überschätzung der deutschen militärischen Möglichkeiten, die im Moment sogar verständlich gewesen wäre, trafen sich unmittelbar nach dem Waffenstillstand die Generale Stülpnagel, Fellgiebel und Wagner, dazu die jüngeren Stauffenberg und Tresckow im Pariser Quartier des Generalstabschefs Halder, um die neue Situation zu besprechen Und es ist immerhin bemerkenswert, daß gerade auf dem Höhepunkt der Macht Hitlers erstmals Einigkeit darüber herrschte, wenigstens in diesem Kreise, jetzt bleibe als einziges Mittel gegen den Diktator nur mehr das Attentat. Halder mußte sogar ein gewisses Maß an Überredungskunst aufbieten, um den Versammelten klarzumachen, daß damit gewartet werden müsse, bis das innerpolitische Klima solchen Vorhaben wieder günstiger geworden sei.

Halders Votum freilich war nicht allein der im Augenblick richtige sondern einer taktische Rat, Ausdruck tieferwurzelnden Resignation des Stabschefs, die der militärischen Opposition während der folgenden Monate manche Hoffnung verdarb. Halder, an sich schon eine mehr als bedächtige Natur und von Monat zu Monat weniger aktionsbereit vielleicht auch nicht unbeeindruckt von der scheinbar nicht abreißenden sich Erfolgskette Hitlers, zog seit dem Ende des Frankreichfeldzuges erst recht mehr und mehr aus den Kreisen des Widerstands zurück Zwar äußerte er sich in Gesprächen noch oft genug so eindeutig über Hitler wie über die militärische Lage Deutschlands, daß die klare Einsicht des Generalstabschefs nicht in Zweifel gezogen werden kann. Aber es wurde allmählich deutlich, daß mit praktischen Konsequenzen aus dieser Einsicht nicht länger zu rechnen war. Wie es Brauchitsch schon längst getan hatte, zog sich Halder auf seinen militärischen Pflichtenkreis zurück und lehnte, wenn schon nicht theoretisch, so doch in der Praxis, eine höhere Verantwortung des OKH ab Es ist schwer zu sagen, was ihn letztlich dazu bewog. Bedenken wegen des Fahneneides können es kaum gewesen sein, da er diesen Graben ja schon einmal übersprungen hatte.

Eine gewisse Rolle dürfte sicher gespielt haben, daß er, wie schon erwähnt, von Hitler auf seinem Fachgebiet, der operativen Planung, zum bloßen Exekutivorgan gestempelt worden war. Die strategische Anlage der Westoffensive war ja außerhalb des OKH entstanden und von Hitler dem OKH beinahe aufgenötigt worden, das den Gedanken nur mehr zu realisieren und auszuführen hatte. Die Warnung des Oberkommandos vor einer Offensive überhaupt waren nicht nur vergeblich, sondern dem Anschein nach auch falsch gewesen. Andererseits ist es aber ebenso gut möglich, daß Halder insgeheim zu der Überzeugung gekommen war, es sei vergeblich, sich Hitler in den Weg stellen zu wollen, da das Glück mit ihm sei und man nichts besseres tun könne, als ihm zu gehorchen; der Mann des Erfolgs, der sich bisher über jeden fachmännischen Rat hinweggesetzt hatte, ohne deshalb zu Fall zu kommen, werde schließlich doch den Krieg zu einem guten Ende führen können, so unwahrscheinlich das auch sein möge

Wie dem auch sei, angesichts des notorischen Versagen Brauchitschs fiel infolge der Halderschen Sinneswandlung das OKH für eine unter günstigeren Umständen, als sie unmittelbar nach dem Abschluß der Kämpfe in Frankreich herrschten, anzusetzende Aktion gegen Hitler höchstwahrscheinlich aus.

Wie sich die oberste Spitze des Heeres künftig zu verhalten gedachte, unterstrich ihre Reaktion auf die Vorgänge in Polen. Die dort tagtäglich verübten Schandtaten von SS-und Polizeiformationen — Morde an Juden und der polnischen Intelligenz — hatten zu einem scharfen schriftlichen Protest des dortigen Militärbefehlshabers, Generaloberst Blaskowitz, geführt, der dann deshalb von Hitler abgehalftert und in Pension geschickt wurde Es gibt wenig Hinweise, daß sich Brauchitsch und Halder sonderlich angestrengt hätten, den Schritt Blaskowitz'zu unterstützen, offenbar haben sie auch nicht viel getan, den exponierten General wenigstens zu halten. Stattdessen taten sie etwas anderes. Sie stimmten zu, daß im Frühjahr 1940 die SS-Polizeiformationen der Gerichtsbarkeit des Heeres, der jene bisher unterstanden hatten, entzogen wurden und in dieser Hinsicht die Autonomie erhielten Außerdem verzichteten sie darauf, in den besetzten polnischen Gebieten die vollziehende Gewalt auszuüben Damit vermeinten sie, das Heer aus den verbrecherischen Maßnahmen, die auf der nationalsozialistischen Ideologie und Hitlers politischer Zielsetzung beruhten, heraushalten und die Verantwortung der Partei, bzw.der politischen Führung des Staates überlassen zukönnen. Aber so einfach ist politische und moralische Verantwortung nicht abzuschütteln und abzuschieben. Nach wie vor geschahen vor den Augen der Armee und ihrer Führung die schändlichsten Verbrechen, und wenn das Heer an ihnen auch kaum faktisch beteiligt war und für sie keine formale Verantwortung trug, so änderte das nichts daran, daß die Vorgänge in Polen von der obersten Spitze des Heeres immerhin geduldet wurden. Es genügt eben nicht, wie es Halder und Brauchitsch jetzt versuchten, die eigenen Hände von Schuld frei und den eigenen Bereich sauber halten zu wollen. Zu irgendeinem Zeitpunkt lädt jede Diktatur die letzte Verantwortung für das Gemeinwohl dem Soldaten auf, da niemand sonst zu handeln vermag; wer dann den „Mantel Gottes“, wie das Bismarck genannt hat, nicht rauschen hört, der versagt vor der Geschichte und versagt erst recht, wenn er, wie Brauchitsch und Halder, den Ruf zwar hört, aber trotzdem untätig bleibt und sich seinen Fachproblemen zuwendet.

Gewiß hätte jede energische Opposition gegen Hitlers Ostpolitik den Feldmarschall und seinen Stabschef wahrscheinlich sofort mit der letzten Konsequenz oppositionellen Handelns in Diktaturen, dem Staatsstreich, konfrontiert, der im Augenblick psychologisch unmöglich war. Dennoch bleibt zu fragen, ob ein entschiedenes Beharren auf der politischen Mit-verantwortung der Armee und des Generalstabs zum damaligen Zeitpunkt ganz ohne Chancen gewesen wäre. Noch war Hitler noch nicht endgültig zu dem Schluß gekommen, er könne ohne den Sachverstand der Generale seine Schlachten gewinnen und „das bißchen operative Führung“ selber machen, schon gar nicht angesichts der stets in ihm schlummernden weitreichenden Pläne hinsichtlich des europäischen Ruß-land, die früher oder später einen weiteren Ostfeldzug erwarten ließen.

Statt aber wenigstens den Versuch zu wagen, Hitler vor eine geschlossene und entschlossene Generalsfronde zu stellen, gaben Brauchitsch und Halder das moralische und politische Mitsprecherrecht des Heeres unwiderruflich preis und wählten so den zunächst bequemeren, tatsächlich aber um so sicherer dem Untergang zuführenden Weg. Während sie sich moralisch und politisch zu salvieren glaubten, indem sie Gewehr bei Fuß neben Greueln standen, die in der neueren europäischen Geschichte kein Beispiel finden, verstrickten sie sich immer tiefer in das, was die Nationalsozialisten selber als die Identität zwischen Hitler und Deutschland, zwischen den Taten des Dritten Reiches und dem deutschen Volk verstanden. Von Tag zu Tag mußte es schwerer fallen, sich aus diesen Bindungen innerlich wieder frei zu machen.

Die militärische Opposition gegen Hitler verlor durch die moralisch-politische Retirade des OKH zwar nicht ihre Mitte — das war Beck —, wohl aber die bisherige Befehlszentrale einer eventuellen Aktion. Ein Verlust, der umso schwerer zu tragen war, als die wachsende Resignation des Admirals Canaris auch den Nachrichten-und Verbindungsmittelpunkt zwischen den einzelnen militärischen Gruppen und zwischen militärisch und ziviler Opposition, die Abwehr, in Mitleidenschaft zu ziehen begann zwar führte Canaris’ Entwicklung nie zu eigentlicher Apathie und schon gar nicht zur Kapitulation vor Hitler in irgendeiner Form — immer wieder gelang es ihm, die Politik des Diktators zu konterkarieren —, aber seine zunehmende Untätigkeit bürdete dem General Oster allmählich eine übergroße Last auf und verlangte von ihm ein Maß von Aktivität, das selbst dieser „Mann nach dem Herzen Gottes“ nicht auf die Dauer leisten konnte. Die vor allem aus dem ersten Verlust zu ziehende Konsequenz für die zivilen Oppositionellen lag auf der Hand: es mußte nun mit vermehrter Intensität versucht werden, einen oder mehrere der sonstigen höheren und Heeresgruppenbefehlshaber zu gewinnen. „Wir sind uns (Beck, Goerdeller, Popitz, Oster usw.) alle darüber klar, daß jetzt noch einmal alles getan werden muß, um sie zu überzeugen, daß sie die Dinge nicht weiterlaufen lassen dürfen“, sclrrieb Hassell am 22. September 1940

Im Dezember 1940 begann eine neue Aktion, durch den General v. Rabenau doch noch auf Brauchitsch einzuwirken wichtiger aber war, daß allmählich die Militärbefehlshaber der westlichen besetzten Gebiete in das Blickfeld rückten Generaloberst v. Falkenhausen kam Anfang März 1941 von Brüssel nach Berlin, nahm mit dem Kreis um Oster und mit v. Hassell Verbindung auf und versuchte sogar, wenn auch ohne Erfolg, Brauchitsch zu bearbeiten — ein etwa gleichzeitiges Gespräch zwischen Rabenau und dem Oberbefehlshaber verlief zwar positiver, was die Beurteilung der Lage betrifft, brachte aber ebenfalls nicht den kleinsten Beweis, Brauchitsch werde zu irgendeinem Zeitpunkt zum handeln bereit sein — und auch General v. Stülpnagel, Militärbefehlshaber in Frankreich, wurde besucht und sondiert

Aber diese Reisen und Gespräche fanden in einer Atmosphäre statt, die so von Hitler beherrscht war, daß oppositionelle Aktivität nur den Zweck haben konnte, das Feuer des Widerstandsgeistes am Glimmen zu halten, bis die Umstände wieder günstiger sein würden. Ein großer Teil der Generalität sah nicht mehr klar, benebelt von Hitlers Erfolgen, oder war, bei aller Einsicht in die wahre Lage Deutschlands — die innere wie die äußere —, verständlicherweise nicht bereit, etwas zu unternehmen. So mußten etwa auch Goerdelers Denkschriften, soweit sie in jenen Tagen entstanden sind oder die Auslandsreisen ziviler Oppositioneller notwendig eher betriebsam als aktiv wirken, ja die Bemühungen den Faden nach dem Westen nicht abreißen zu lassen, haben der Widerstandsbewegung im Ausland wohl mehr geschadet als genützt da sie Handlungen ohne reale Grundlagen, d. h. ohne fest umrissenen Staatsstreichplan, darstellten — das Schlimmste, was man über nicht verbrecherische politische Aktionen sagen kann. Hitler schien sich zumindest im Innern endgültig durchgesetzt und seine deutschen Widersacher zu der Rolle eines Häufleins ohnmächtiger Querulanten verurteilt zu haben.

Und doch ist gerade in diesen Monaten — drole de guerre des Widerstands — der Keim dazu gelegt worden, eine neue Schicht von Oppositionellen zu aktivieren. Hitler selbst sorgte durch seine Politik dafür, daß die Widerstandsbewegung Verstärkung erhielt, und zwar aus der jüngeren Generation, die bei den bisherigen konkreten Putschplänen eine relativ bescheidene Rolle gespielt hatte.

Es ist bekannt, daß es nicht zuletzt die nationalsozialistischen Verbrechen in Polen waren, die der zivilen Opposition, in diesem Fall dem Kreisauer Kreis, Männer wie Graf York v. Wartenburg endgültig gewonnen haben Im militärischen Bereich ist eine durchaus ähnliche Entwicklung zu beobachten. Junge Stabsoffiziere und Kommandeure, im Felde bereits bewährt, erlebten bei gelegentlichen oder längeren polnischen Aufenthalten Dinge, die auch eine lebhafte antinationalsozialistische Phantasie nicht ohne weiteres hätte erfinden können. Und Hitler war zwar in der Lage, einen gegen seine Polenpolitik räsonierenden Generaloberst nach Hause zu schicken, den steigenden Unwillen, die Äußerungen des nationalen Schamgefühls jüngerer Offiziere vermochte er weder zu unterdrücken noch zu bestrafen. In dem Augenblick, da diese Oppositionellen aus verletztem nationalen Gewissen einflußreiche Stellen erhielten, würden die Hammerstein und Beck Nachfolger gefunden haben, die Hitler vielleicht noch gefährlicher werden konnten. Schon im November 1939 schrieb der damalige Leiter der Gruppe III in der Operationsabteilung des Generalstabs, Stiess, aus Polen „Man bewegt sielt dort nicht als Sieger, sondern als Schuldbewußter".

Und angesichts der „Dinge, die eine organisierte Mörder-, Räuber-und Plündererbande unter angeblich höchster Duldung dort verbricht“, sah sicli Stiess zu dem Geständnis veranlaßt:

„Ich schäme midi, ein Deutsclter zu sein!“

Zwar vermochte er noch nicht ganz zu glauben, daß die Verbrechen von Hitler selber befohlen worden waren, wie die Ausdrücke „angeblich“ und „Duldung“ beweisen, aber seine Erkenntnis, daß allein die Armee dagegen etwas tun könne, ist doch schon klar genug: „Die Minderheit, die durch Morden, Plündern und Sengen den deut-sdten Namen besudelt, wird das Unglück des ganzen deutsdten Volkes werden, wenn wir ihnen nicht bald das Handwerk legen.“

Und ähnlich fühlten nicht wenige seiner Kameraden Durchschauten sie erst noch, daß diese „Minderheit“ im Auftrage Hitlers handelte, so lag das Attentat gewissermaßen in der Luft; denn es war nicht anzunehmen, daß diese jungen Offiziere sich von der gleichen zaudernden Vorsicht und den tausend Bedenken eines Halder oder Brauchitsch beraten und am Handeln hindern lassen würden.

So ganz traf es also nicht zu, wenn ein Außenstehender im Mai 1940 von der „einzigartigen Armee, die jede Leistung auf sich nimmt und die Verantwortung scheut“, geschrieben hatte In den jüngeren Jahrgängen des Offizierskorps, den Rangstufen der la, Gruppenleiter und Kommandeure, begann sich vielmehr ein neuartiges Gefühl für Verantwortung zu regen, das den Feldmarschällen des Jahres 1940 schon deshalb fehlen mußte, weil sie als Leutnants oder Hauptleute für Situationen. wie sie das Dritte Reich jeden Tag bescherte, weder an der Kriegsschule, noch an der Kriegsakademie ausgebildet worden waren. 2. Verbrecherischer Befehl und Gewissen Wie wenig die Schicht der Feldmarschälle den Problemen gewachsen war, die das Phänomen Hitler an sie stellte, zeigte sich, als der „Führer“ im März 1941 den anläßlich der Polnischen Ereignisse mit dem OKH geschlossenen Pakt, daß nämlich alle zweideutigen oder verbrecherischen Maßnahmen von der SS bzw. von Sonderformationen und nicht von der Armee durchzuführen seien, brach und erstmals dem Heer selbst eindeutig verbrecherische Befehle erteilte. In Rahmen seiner Gesamtplanung für den Angriff auf Rußland — dem sich Halder und Brauchitsch zunächst widersetzt hatten, wenn auch nicht sehr energisch, und dem die Generalität im allgemeinen weniger fachlich begründete Abneigung entgegenbrachte als jeder anderen bisherigen Aktion Hitlers — entwickelte Hitler auch den Gedanken, daß es notwendig sei, die „Führermaschinerie des russischen Reichs zu zerschlagen“ und zwar u. a. durch die Liquidierung aller zivilen oder militärischen sowjetischen Kommissare, die in deutsche Hand fallen würden, ohne daß der Hinrichtung noch ein Verfahren und sei es nur ein Standgerichts-oder Scheinverfahren vorhergehen solle. Und er beabsichtigte, die Ausführung dieser Maßnahme der Armee, d. h.dem Heer zu übertragen.

Nachdem Brauchitsch und Halder schon Anfang bzw. Mitte März von ihm orientiert worden waren teilte er seine Absicht erstmals am 30. März 1941 einem größeren Kreis, nämlich den höchsten Befehlshabern der in Polen zum Angriff aufmarschierten Truppen und ihren Stabschefs mit. Die Versammelten reagierten auf Hitlers natürlich noch nicht präzis als Befehl formulierten allgemeinen Anweisungen nach einer gewissen, aber bedeutsamen, Verzögerung spontan Solange Hitler sprach und anwesend war, äußerte sich niemand. Aber kaum hatte Hitler den Raum verlassen, da umdrängten die Marschälle Brauchitsch und forderten ihn mit starken Worten auf, dieses einwandfrei völkerrechtswidrige Vorhaben zu verhindern. In der Tat scheint Brauchitsch vorher schon, von Halder aktiviert, bei Hitler protestiert, sich dann aber doch gefügt zu haben Halder hatte ihn sogar dazu bewegen wollen, auf Grund des Befehls den Abschied zu nehmen Das war von Brauchitsch abgelehnt worden, und nachdem er vor Hitler einmal — wieder einmal — kapituliert hatte, vermochten es auch die Vorstellungen seiner Kameraden nicht, ihn zu einem neuen Vorstoß aufzumuntern; dem Generalstabsrichter Neumann gab er, als dieser völkerrechtliche Bedenken anmeldete, zur Antwort, er sehe sich außerstande, gegen den „Kommissarbefehl“ zu opponieren, da Hitler seine Entscheidung getroffen habe und sie niemals zurücknehmen werde Als dann auch noch befohlen wurde, die Kriegsgerichtsbarkeit im Falle von Vergehen oder Verbrechen deutscher Soldaten an russischen Zivilisten praktisch aufzuheben eine zweite UIngeheuerlichkeit, benützte Brauchitsch die Gelegenheit allerdings, um durch einen Zusatzbefehl zur „Aufrechterhaltung der Manneszucht“ darauf hinzuweisen, daß er keine strikte Befolgung des Kriegsgerichtsbarkeitsbefehls und des — offiziell etwas später herausgegebenen — Kommissarbefehls wünsche Eine Abschwächung, die freilich nicht genügen konnte, das Odium der beiden Befehle vom Heer zu nehmen. War die Armee bisher nur mittelbar in die Verbrechen des Dritten Reiches verstrickt, so hatte sich jetzt die Lage grundlegend geändert und die Soldaten drohten zu faktischen Komplicen der Spezialinstitutionen und Sonderformationen zu werden. Bei Fällen dieser Art sich einen moralischen „Türken“ zu bauen, verschafft nicht einmal ein vorübergehend glaubwürdiges Alibi. Die Handlungsweise Brauchitschs offenbarte eine Hilflosigkeit, die schon grotesk war; zu erklären ist es jedenfalls nicht, daß ein Offizier von anerkannt vornehmer Gesinnung, der zweifellos in den Maßstäben traditioneller Ehrbegriffe dachte, solche Befehle mit seinem Namen deckte, Befehle, die nur dann hätten hingenommen werden dürfen, ohne zum Zeichen des Protestes wenigstens den Abschied zu nehmen, wenn der Entschluß feststand, ihren Urheber Hitler bei der ersten sich bietenden Gelegenheit zu stürzen. So aber hat Brauchitsch — und niemand kann ihm diese Kritik ersparen — mit der „Unterwerfung unter Hitlers Befehle die Ehre der deutschen Annee geopfert"

Die Frontbefehlshaber und ihre Stabschefs bewiesen am 30. März ein waches Empfinden für den Charakter der von Hitler befohlenen Maßnahmen. Sie hatten allerdings nicht selber protestiert, sondern lediglich von Brauchitsch verlangt, etwas dagegen zu tun. Das mag formal korrekt gewesen sein. Aber angesichts der Ungeheuerlichkeiten, die ihnen der „Führer" ins Gesicht sagte, hätte man doch schon eine spontane Reaktion erwarten sollen, bevor Hitler sich wieder zurückzog. Sicher mögen viele gedacht haben, es handle sich nur um einen der üblichen Haßausbrüche Hitlers gegen den Bolschewismus, sozusagen eine ideologische und rethorische Routineangelegenheit obwohl auch das nur schwer verständlich ist, hatte sich doch zu oft erwiesen, daß Hitlers rednerische Gewitter in Wahrheit höchst reale und konkrete Maßnahmen ankündigten.

Als die schriftlichen Befehle im Mai bei den Frontstäben eintrafen, herrschte jedenfalls trotz Hitlers Vorbereitung helles Entsetzen. Der Ic der Heeresgruppe Mitte, der damalige Major Frhr. v. Gersdorff, ging mit dem Befehl, sogleich nachdem er ihn erhalten hatte, zum ersten Generalstabsoffizier der Heeresgruppe, Henning v. Tresckow, der an diesem Tag den Chef des Stabes vertrat Treskow, vollständig überrascht, war tief beeindruckt und entschloß sich sofort, eine große und entscheidende Aktion gegen die Befehle in Gang zu setzen, eine Aktion, die vielleicht dem Heer einen Teil seines verlorenen politischen Prestiges wiedergeben würde. Er begab sich mit Gersdorff unverzüglich zu seinem Oberbefehlshaber, dem Feldmarschall v. Bock, und sagte unterwegs zu Gersdorff: „Denken sie an diese Stunde. Wenn es uns nicht gelingt, den Feld-marscltall dazu zu bewegen, alles, audt seine Person einzusetzen, daß diese Befehle zurückgenonunen werden, dann hat Deutsdtland endgültig seine Ehre verloren, und das wird sidt in hunderten von Jahren nodr auswirken. Man wird nidtt Hitler allein die Sdtuld geben, sondern Ihnen und mir, Ihrer Frau und meiner Frau, Ihren Hindern und meinen Kindern"

Gersdorff, der Tresckows Worte zunächst etwas übertrieben fand, hielt v. Bock Vortrag. Noch während er sprach, riß ihm der Feldmarschall die Papiere aus der Hand — trotz der Besprechung vom 30. März kam ihm die Angelegenheit offenbar völlig unerwartet —, sah sie flüchtig an und rannte ebenso zornig wie aufgeregt kreuz und quer durchs Zimmer. Tresckow, der mit Bock verwandt war, sagte zu diesem: „Du mußt sofort zu Hitler fliegen, und zwar zusammen mit General-feldmarschall von Rundstedt und Generalfeldmarschall v. Leeb. Idt habe Gespräche zu den beiden Herren angemeldet und Deine Maschine startklar machen lassen. Ihr müßt in dieser Sadte die Kabinettsfrage stellen!“

Bock anwortete:

„Da schmeißt er (Hitler) midi raus." Tresckow:

„Dann hast Du wenigstens einen guten Abgang vor der Geschichte gehabt."

Bock schickte die beiden Stabsoffiziere aus dem Zimmer, um den Fall allein zu überdenken. Nach einer Weile rief er sie wieder herein und sagte:

„Gersdorff, Sie setzen sich sofort in mein Flugzeug und fliegen nach Berlin. Dort sagen sie dem General Müller (General z. B. V. beim Ober-befehlshaber des Heeres), daß ich schärfstens gegen diese Befehle protestiere und sie voll und ganz ablehne. Sagen Sie ihm, daß ich mich weigere, die Befehle weiterzugeben oder sie auszuführen. Wenn Sie bei General Müller nidits ausrichten, dann bitten Sie in meinem Auftrag um persönlichen Vortrag bei Generalfeldmarsdiall von Braudiitsch"

Tresckow meinte zwar, das habe keinen Zweck, da ein Major in Berlin kaum etwas ausrichten könne, und versuchte nochmals, Bock zu einer gemeinsamen Aktion mit Leeb und Rundstedt zu bewegen — vergeblich.

Gersdorff flog eine Stunde später nach Berlin — er hatte nicht einmal eine schriftliche Bestätigung seines Auftrages in der Tasche — und wurde dort, wie Tresckow richtig vorhergesehen hatte, von Müller „abgewimmelt“. Müller erklärte dem Major allerdings, Brauchitsch sei wegen der Befehle mehrfach bei Hitler vorstellig geworden, er sei „Sturm gelaufen" gegen sie, aber von Hitler „rausgeschmissen" worden und könne es nun nicht mehr mit seiner Würde vereinbaren, nochmals einen Vorstoß zu machen, der nur das gleiche Resultat zeitigen werde

Müller wies den Abgesandten Bocks auch darauf hin, daß der Ober-befehlshaber des Heeres ja den Befehl zur Aufrechterhaltung der Manneszucht — der inzwischen bei der Heeresgruppe Mitte eingetroffen war — herausgegeben und damit dem Kommissar-und Gerichtsbarkeitsbefehl doch wohl die Giftzähne gezogen habe. Nach dieser unbefriedigenden Auskunft versuchte v. Gersdorff Brauchitsch zu erreichen, was aber nicht gelang, da sich der Feldmarschall nicht in Berlin befand.

Gersdorff kehrte daher sofort ins Posener Hauptquartier seiner Heeresgruppe zurück und meldete Bock das Ergebnis der Berliner Reise. Bock, der mit seinem neuen Stabschef, General v. Greiffenberg, Tresckow und den beiden Grafen v. Lehndorff-Steinort und v. Hardenberg, die eben. falls Bocks Stab angehörten, gerade beim Abendessen saß, wandte sich an die Runde mit den klassischen Worten: „Meine Herren, Sie sehen, ich habe protestiert“, und ging zu einem anderen Thema über.

Tresckow hat sich wenig später in unzweideutiger Form über das Verhalten seines Verwandten geäußert. Und es besteht kein Zweifel, daß er damals jede Hoffnung aufgab, Bock für die Opposition zu gewinnen seine während der nächsten Monate noch oft genug wiederholten Versuche, Bock in irgend einer Form zu aktivieren, trugen bereits den Stempel der Resignation.

Es läßt sich allerdings kaum ein größerer Gegensatz denken, als der zwischen dem hervorragenden Fachmilitär Bock — vielleicht der glänzendste Stratege des deutschen Heeres —, der bei aller äußerlichen Wahrung der überkommenen Ehrbegriffe und Regeln seines Standes doch sehr darauf bedacht war, seine Fähigkeiten zur Geltung zu bringen, und nie seine Karriere vergaß, und dem I a der Heeresgruppe Mitte, Tresckow, der bereits im Sommer 1939 seinem Freunde Schlabrendorff erklärt hatte, Pflicht und Ehre forderten, alles zu tun, um Hitler und den Nationalsozialismus bei der ersten sich bietenden Gelegenheit zu Fall zu bringen und damit Deutschland wie Europa vor den Gefahren der Barbarei zu retten er war ein Mann, der sich auch schon in zivilen Berufen umgetan und die Welt kennen gelernt hatte, trotzdem aber Offizier — und zwar hervorragend durchgebildeter Generalstäbler — von Geblüt geblieben war; jedoch lebte er nicht, wie so viele seiner Kameraden und Vorgesetzten, von der Tradition, sondern in der Tradition. Hitler und das Dritte Reich hatten ihn nur vorübergehend, kurz nach 193 3, zu täuschen vermocht, längst war beider Wesen von ihm durchschaut worden und damit sein Weg vorgezeichnet. Er ist ihn gegangen bis zum Tod. Bock und Tresckow; der moderne militärische Spezialist, auf seinem Gebiet kaum zu übertreffen, aber ohne lebendiges, aktives Verantwortungsgefühl dem Ganzen gegenüber — und der wahre Offizier: an Fachbegabung und -kenntnissen dem anderen gleich, doch erfüllt von dem Bewußtsein, daß die strengen Gehorsamsregeln, die grundsätzlich wohl richtige Beschränkung des Soldaten auf den Bereich seiner Profession und erst recht die Sorge um die eigene Laufbahn an der persönlichen Ehre sowohl wie an der Verpflichtung dem Gemeinwohl gegenüber ihre Grenzen finden.

Immerhin ließ Bock es damals bei der Mission Gersdorff nicht bewenden. Er setzte sich mit seinen Armeebefehlshabern in Verbindung, von denen ebenfalls bereits scharfe Proteste gegen die Befehle einzulaufen begannen — da diese auf dem Quartiermeisterweg, ohne daß sie von der Heeresgruppe hätten gestoppt werden können, bereits zu den Armeen gegangen waren —, und besprach mit den Feldmarschällen V. Kluge und v. Weichs, auch dem Generaloberst Guderian, was getan werden könne Er sagte den Armeeführern, daß er beim OKH protestiert habe, dort aber nichts zu machen sei und er keine Möglichkeit sehe, die Befehle wieder aufzuheben; doch solle man überlegen, ob sie vielleicht zu sabotieren seien. Mündlich ist dann vereinbart worden, der Oberbefehlshaber der Heeresgruppe selber und seine Armeebefehlshaber sollten persönlich auf ihre unterstellten Kommandierenden Generale und Divisionskommandeure einwirken, um ihnen deutlich zu machen, daß die Durchführung der Befehle nicht erwünscht sei. Dabei wollten die Befehlshaber nicht so sehr ihre militärische Autorität einsetzen, sondern mehr ihren persönlichen Einfluß spielen lassen

Das ist in der Tat weitgehend gelungen — auch bei den Heeresgruppen Nord und Süd verlief die Angelegenheit ähnlich —, wobei den Bemühungen der Befehlshaber entgegenkam, daß es wohl kaum einen höheren Offizier gab, der die Befehle nicht abgelehnt, geschweige denn sie gebilligt hätte. Dennoch bleibt diese Regelung höchst unbefriedigend. Wieder einmal war eine Gelegenheit, und zwar eine außergewöhnlich günstige, versäumt worden, Hitler klar zu machen, wo die Armee steht und daß sie entschlossen sei, seinen Plänen und Methoden Grenzen zu setzen. Der Gedanke ist nicht von der Hand zu weisen, daß die von Tresckow vorgeschlagene Aktion der Feldmarschälle zu diesem Zeitpunkt Erfolg gehabt hätte; gewiß nur vorübergehenden Erfolg, das versteht sich in einer Diktatur wie der nationalsozialistischen von selbst — der Staatsstreich wäre dem Heer durch die zeitweilige Verhinderung eines Befehls natürlich nicht erspart geblieben —, aber die Armee befand sich bereits in einer Lage, in der sie auch auf den bescheidensten moralischen und politischen Gewinn nicht mehr verzichten durfte. Die Umgehung des Kommissar-und Gerichtsbarkeitsbefehls änderte nichts daran, daß beide, wenn auch unter Protest, vom Offizierskorps offiziell akzeptiert worden waren. Ein dunkles Kapitel der Geschichte des deutschen'Heeres nahm seinen Anfang. Es entlastet die Oberbefehlshaber der Heeresgruppen nicht sonderlich, daß vor ihnen schon das OKH versagt hatte und daß dank ihren Anstrengungen die Befehle größtenteils nicht durchgeführt wurden. Die Empörung, die allenthalben herrschte, zeigte klar, daß den Generalen bewußt war, nicht einen „rechtswidrigen" — dazu dachten sie kaum juristisch genug —, wohl aber einen verbrecherischen Befehl in Händen zu halten, und da das OKH vor diesem Tatbestand offenkundig kapituliert hatte, verlagerte sich die Verantwortung automatisch auf die nächst höheren Ränge Trotzdem machten Bede, Rundstedt usw. keinen ausreichenden Versuch, die Befehle wieder aufheben zu lassen, und für jede Erschießung und für jeden Übergriff, die durch die bloße Existenz der Weisungen ermöglicht wurden, tragen sie die Verantwortung mit. Sie hatten es versäumt, sich einen „guten Abgang von der Geschichte“ zu sichern.

Lind dennoch trugen die Befehle auch Früchte, die Hitler nicht erwünscht sein konnten. Daß zum erstenmal der Armee selbst völkerrechtswidrige und verbrecherische Handlungen zugemutet und befohlen wurden, öffneten vielen Offizieren die Augen über den wahren Charakter des Regimes, dem sie dienten, und machte ihnen klar, daß auch der Soldat an der Verantwortung für die moralische Gesundheit seines Landes teilhat. Hitler selber erreichte es so, daß die psychologische und politische Wirkung des Sieges über Frankreich sich abschwächte und der Widerstandsbewegung innerhalb der Armee neue Kräfte zuwuchsen. Zudem sahen sich die zum Sturz des Diktators bereits entschlossenen Soldaten bestätigt und gewannen frische Energie. Die Folgen sollten sich schon bald zeigen.

II. Vom Beginn des Rußlandfeldzuges bis zur Winterkrise 1941/42

Noch wenige Tage vor dem 22. Juni 1941 hatten Popitz und Hassell von Beck gefordert, er müsse als vornehmster Vertreter seines Standes — auch wenn er nicht mehr im Dienst sei — an Brauchitsch schreiben, um den Oberfehlshaber des Heeres darauf hinzuweisen, daß er gegen Hitlers Mordbefehle irgendetwas zu unternehmen habe Beck erklärte sich dazu bereit, indessen machte der Beginn des Angriffs auf Rußland alle Hoffnungen, die von der Opposition an die Wirkung der Hitlerschen Befehle auf das Offizierskorps geknüpft worden waren, vorerst zunichte. Zwar hat der neue Feldzug zunächst nicht dazu beigetragen, das Ansehen Hitlers und seines Regimes zu festigen. Im Gegenteil. Als der Diktator bekanntgab, er habe den „schweren Entschluß“ gefaßt, Rußland anzugreifen und die „bolschewistische Pest“ endgültig auszurotten, da stockte dem ganzen deutschen Volk einen Augenblick lang der Atem.

Auch wer keinen Blick für die politischen Zusammenhänge besaß und nichts von Strategie verstand, konnte sich nicht des unbehaglichen Gedankens erwehren, daß es, schlicht gesagt, eine Dummheit sei, sich einen weiteren Gegner auf den Hals zu laden, solange England nur geschlagen, aber nicht besiegt war. Mit bänglichen Gefühlen standen die Deutschen überdies vor den Landkarten und verglichen die riesige Ausdehnung des sowjetischen Machtbereichs mit der daneben recht bescheiden wirkenden Fläche des deutschen Reiches. Die historisch Gebildeten dachten an Karl XII. und Napoleon, die beide in den russischen Ebenen den Todesstoß erhalten hatten; aber auch der noch nicht so kurzlebigen, in Generationen denkenden Landbevölkerung trat der Winter des Jahres 1812 vor Augen, denn das Schicksal der bayerischen, württembergischen, sächsischen usw. Kontingente, die alle mit der großen Armee Napoleons elend im Osten verdorben waren, war in den deutschen Ländern allenthalben noch unvergessen. Zudem war seit mehr als zwei Jahrzehnten Rußland zur terra incognita geworden; man wußte nicht recht, was dort vorging, welcher politischen und miltärischen Überraschungen man sich zu versehen hatte und welche Widerstandskräfte das sowjetische Regime zu entfalten in der Lage sein mochte. Lind schließlich drängte sich neben die Vorstellung von den unendlichen Räumen Rußlands, neben die Erinnerung an die Beresina und neben die Furcht vor einem unbekannten Feind das Bild sibirischer Gefangenenlager mit Typhus, Ruhr, Hunger und mit unzähligen jämmerlich zu Grunde gegangenen Soldaten, wie es nach den Erfahrungen des ersten Weltkriegs etwa Dwingers „Armee hinter Stacheldraht“ überaus eindrucksvoll gezeichnet hatte; das Bild eines Landes und Volkes, denen die jahrhundertealten festen, wenn auch immer wieder verletzten europäischen Regeln und Begriffe fremd waren. Das alles trug dazu bei, das deutsche Volk einen lichten Moment lang erkennen zu lassen, daß es an einem Wendepunkt des Krieges stehe und das Feld der gewissermaßen normalen europäischen Auseinandersetzungen verlasse. Wenn es noch nie das Empfinden gehabt hatte, Hitler treibe eine abenteuerliche Politik, so spürte es doch jetzt, daß das Überschreiten der russisch-deutschen Demarkationslinie in Polen nichts mehr mit einem wohlüberlegten politischen oder militärischen Kalkül und auch nichts mehr mit der oft gerühmten Intuition des „Führers“ zu tun hatte, daß der 22. Juni 1941 vielmehr der Beginndes reinen Abenteuers und des nicht länger getarnten Hazards markierte.

Der Armee, d. h.dem Heer, waren Überlegungen oder besser Ahnungen dieser Art keineswegs fremd, doch stellte hier das in mehreren erfolgreichen „Blitzkriegen“ erworbene Selbstvertrauen ein nicht zu unterschätzendes Gegengewicht dar. Die Armee, der Hitler im Sommer 1941 befahl, Rußland anzugreifen, war nicht mehr die an ihrem Wert und ihrer Schlagkraft zweifelnde Truppe, die 1939 in Polen oder 1940 in Frankreich einmarschiert war. Sie wußte jetzt, was sie leisten konnte, und traute sich eher zuviel als zuwenig zu. Der Hitlersche Optimismus, der den russischen Zusammenbruch mit Sicherheit nach einigen Wochen erwartete, war ihr zwar fremd, aber irgendwelche tieferen Erschütterungen löste der Entschluß des „Führers“ nicht aus; nur wenige erkannten, daß die Armee im Begriff war, sich an eine unlösbare Aufgabe zu wagen. Hitler konnte ihr damals, ohne seine Position zu gefährden, jeden Gegner zuweisen. Trotzdem begriff das Heer, vom Feldmarschall bis zum Schützen, daß nun die Zeit des leichten Ruhms vorüber war — wer schon während der Tage ins Gefecht kam, fand dieses Gefühl rasch bestätigt — und die Stimmung war dementsprechend gedämpft, ja ernst, als die Angriffsbefehle bekannt wurden

Doch wo immer in Deutschland sich Zweifel an Hitler geregt haben mochten und wie dunkel auch der Schatten einer ungeheueren-Aufgabe auf das Selbstgefühl der Armee gefallen war, wieder einmal erstickte Hitler alle Skepsis durch den Erfolg. Das erste Halbjahr des Krieges in Rußland schien den Schreck und die dunklen Ahnungen kommenden Unheils der ersten Tage des Feldzugs als Hirngespinste zu entlarven. Die Aktion, die zunächst wie ein aller Berechnung entglittenes Abenteuer ausgesehen hatte, präsentierte sich schon nach wenigen Wochen im Gewand eines genau kalkulierten Plans. Schlachten von bislang nicht gekanntem Ausmaß brachten Erfolge, für die in der Kriegsgeschichte kein Beispiel zu finden war. Der durchschnittlich informierte normale Staatsbürger gewann den Eindruck, daß die militärischen Bewegungen wie ein Uhrwerk abliefen und sich von den Operationen in Frankteich nicht im Wesen, sondern nur durch ihren Umfang unterschieden. Beruhigt verwies er seine kritischen Gedanken, die ihm während der letzten Juniwoche so zugesetzt hatten, in den hintersten Winkel seines Bewußtseins und kapitulierte wieder einmal vor dem Weitblick und der Intuition des „Führers“. Der durchschnittliche Offizier reagierte auf die erste Phase des Rußlandfeldzuges nicht anders, wenn er auch die Propagandaslogans — etwa dem, daß die deutschen Divisionen die russische Armee wie Spreu vor sich her fegten — nicht mehr recht goutierte und großsprecherische Kommentare der Funktionäre des Regimes, auch die Hitlers, als Verhöhnung der eigenen Leistung empfand.

Und doch befestigte sich gerade in diesen Monaten bei nicht wenigen klar und rechtlich denkenden Soldaten die Abneigung gegen das Regime. Wie er schon die wirtschaftliche Stabilisierung der ersten Jahre durch seine Kirchen-und Judenpolitik, durch Konzentrationslager und Gestapo, wie er die frühen außenpolitischen Erfolge durch die prinzipielle Amoralität seiner außenpolitischen Methoden, wie er München durch die „Kristallnacht“ und den militärischen Sieg über Polen durch Handlungen, die Politik und Mord gleichsetzten, entwertet hatte, so entwertete Hitler auch jetzt die Siege, die ihm seine Soldaten gewannen, durch Maßnahmen, die so ungeheuerlich waren, daß man den Generalen wohl glauben schenken darf, wenn sie erklären, die ersten Andeutungen, die ihnen Hitler darüber machte, nicht so ganz begriffen zu haben Selbst das OKW, d. h. Keitel und Jodl, dürfte die Tragweite der Vereinbarung mit dem Reichsführer SS vom 26. März 1941 — nämlich daß „Einsatzgruppen“ der SS im russischen Operationsgebiet der Wehrmacht Vorarbeiten für die politische Neuorganisation der eroberten Gebiete übernehmen und durchführen sollen — zunächst nicht erkannt haben auch ist es zumindest zweifelhaft, ob die Phantasie Keitels und Jodls ausgereicht hat, sich vorzustellen, welche Gestalt der Satz: „Sonderausgaben aus dem endgültig auszutragenden Kampf zweier entgegengesetzter politischer Systeme“ in der Wirklichkeit einmal annehmen sollte Trotz der polnischen Erfahrungen hatten die Generale — und nicht nur sie — immer noch nicht gelernt, die zwar hart, aber noch nicht unmenschlich klingenden politischen Euphemismen, die Verkleidung und Tarnung des politischen Verbrechens in administrativen Formeln, wie das die Diktaturen — und also auch das Dritte Reich — so lieben, zu durchschauen; die Worte Hitlers und die Sprache seiner Kanzlei waren in der Tat nicht wörtlich zu nehmen, allerdings in einem etwas anderem Sinn, als die Generale vermeinten: es wurde noch viel heißer gegessen als gekocht war. Wenn sich die Offiziere auch sicherlich darüber im klaren waren, daß nach dem Willen Hitlers „im kommenden Einsatz Rechtsempfinden u. LI. hinter Kriegsnotwendigkeiten zu treten habe“, wie es General Müller vor Heeresrichtern und Ic-Offizieren formulierte so dachten sie doch kaum ernstlich an die Möglichkeit, daß sich hinter den Anweisungen über die Einsatzgruppen das Ziel der Dezimierung und Ausrottung ganzer Volksgruppen und Bevölkerungsschichten verbarg. Aber eben das geschah, nachdem am 22. Juni 1941 mit den deutschen Truppen auch vier „Einsatzgruppen“ die Grenze des russischen Machtbereichs überschritten hatten. Ohne weitere Formalitäten — von den Vollzugsmeldungen natürlich abgesehen — begannen Hitlers und Himmlers Sonderformationen ihren Ausrottungsfeldzug gegen die in Ostpolen und Rußland lebenden Juden, gegen Partisanen oder was als solche angesehen, bzw. ausgegeben wurden, gegen Kommissare und politisch Verdächtige, gegen die Intelligenz wie gegen alle Gruppen der Bevölkerung, die irgendwelchen Siedlungsplänen oder sonstigen Vorhaben der nationalsozialistischen Staatsführung Deutschlands im Wege standen.

Die Ablehnung dieser Aktionen durch Offiziere, die davon erfuhren, war wohl einhellig. Bereits am 5. September 1941 schrieb der spätere General Stiess von den „Belastungen . . ., die in dem System begründet sind, so daß man sich seines anständigen Deutschtums schämen muß . . .“ Lind er setzte hinzu: „Polen war gar nichts dagegen." Offiziere, die zum Stab der 16. Armee (Heeresgruppe Nord) gehörten, versuchten ihre Vorgesetzten zu aktivieren, irgendetwas gegen die Massaker (es handelte sich in diesem Falle um Judenerschießungen in Kowno) zu unternehmen die Mitglieder des Stabes der Heeresgruppe Mitte bestürmten ihren Oberbefehlshaber, Generalfeldmarschall v. Bode, „mit Tränen in den Augen“, gegen SS-Kommandos vorzugehen, die nahe bei Borissow — wo sich das Hauptquartier der Heeresgruppe befand — mehrere tausend Juden „liquidierten“, was einer der Stabsangehörigen, Graf Lehndorff-Steinort, der in einem Fieseler Storch über den Schauplatz des Verbrechens geflogen war, mit eigenen Augen beobachtet und sofort dem Feldmarschall gemeldet hatte Die Offiziere um Bock waren um so mehr erschüttert, als sich derartige Vorfälle in ihrem Bereich bisher nur sehr selten ereignet hatten und die wenigen ihnen nicht zu Ohren gekommen waren; der Befehlshaber der in diesem Gebiet operierenden Einsatzgruppe, SS-Gruppenführer Nebe, war selber dem Kreis der Opposition verbunden und hatte auf Empfehlung Osters den Anschluß an die Gruppe, die Tresd ow beim Stab der Heeresgruppe Mitte gesammelt hatte, gesucht und gefunden Er hatte dabei seine Aufgabe keineswegs verschwiegen oder als harmlos hingestellt, jedoch klargemacht, daß er seinen Auftrag nicht zu erfüllen, sondern dessen Vollzug lediglich zu melden gedenke -So waren Tresckow und seine Freunde zwar frühzeitig mit den gegebenen Befehlen des Reichsführeis SS, nicht aber mit ihrer praktischen Durchführung in Berührung gekommen; der Fall Borissow hatte sich denn auch zugetragen, als Nebe abwesend war Aber bei welcher Heeresgruppe auch immer Offiziere mit den Praktiken ihrer politischen Führung in Berührung kamen, überall folgte aus der Kenntnis der Dinge fast zwangsläufig die Erkenntnis, daß Deutschland und ganz Europa „dem verbrecherischen Willen und krankhaften Ehrgeiz eines Wahnsinnigen ausgeliefert“ sei l Mehr undmehr brach sich im Offizierskorps des Ostheeres ein Empfinden Bahn, das wiederum Stiess in Worte faßte: „Idi tue weine Pflicltt ohne jede Passion. . . . Ich fühle mich nur gezwungenermaßen, keineswegs freiwillig oder gar freudig als Werkzeug eines despotischen Vernichtungswillens, der alle Regeln der Menschheit-keit und des einfachsten Anstandes außer acht läßt, sich aber gleichermaßen gegen Fremde wie gegen die eigenen Leute richtet.“

Was aus der Erkenntnis für Konseqenzen gezogen wurden und ob aus dem Gefühl, einem despotischen Vernichtungswillen zu dienen, der Entschluß zu einer Aktion oder wenigstens der Wunsch nach einer Aktion gegen den Diktator entstand, war freilich eine ranz andere Frage.

Selbst Stiess schrieb ja am 24. November 1941, er tue seine „Pflicht", worunter er damals zweifellos noch die Erfüllung seiner militärischen Aufgaben verstand und nicht schon die höhere Verpflichtung, den Mann, auf dessen Befehle hin der Name Deutschland geschändet wurde, zu stürzen

Ein Offizier der 16. Armee, der vergeblich gegen die Judenmassaker in baltischen Städten protestiert hatte, zog daraus nicht bereits den Schluß, mit allen Mitteln gegen das Regime, das solche Verbrechen zu seinen Alltagspraktiken machte, zu kämpfen — wofür ihn sein Rang allerdings auch wenig tauglich erscheinen läßt: er war Oberleutnant —, sondern meldete sich an die Front Das war bei Offizieren dieser Rangstufe ein nicht untypischer und auch begreiflicher Ausweg aus dem Dilemma sowohl zwischen Gehorsäm und Gewissen wie zwischen der Forderung des persönlichen Rechtsgefühls und der eigenen Ohnmacht.

Generaloberst Busch, Oberbefehlshaber einer Armee der Heeresgruppe Nord, vor dessen Hotelfenster in Kowno die Salven der Erschießungskommandos knatterten, billigte den Mord keineswegs, aber als ihm einmal beim Abendessen einer seiner Untergebenen meldete, es beginne wieder ein Massaker, da hat er nur mit der Achsel gezuckt und den versammelten Offizieren erklärt: „]a, da kann ich nichts dagegen tun; das sind politische Auseinandersetzungen, die uns nicht interessieren, das heißt, sie interessieren uns sdton, aber wir dürfen nichts unternehmen, diese Dinge gehen uns nichts an.“

Busch zog also, wenn er die Schüsse der Exekutivorgane Himmlers hörte, gewissermaßen die Vorhänge zu, beugte sich wieder über die Karte seines Armeegebietes und ließ sich bei seinen dienstlichen Obliegenheiten nicht weiter stören.

Der Feldmarschall v. Bock wagte es ebenfalls nicht, dem Drängen seines Stabes nachzugeben und den Einsatzkommandos in seinem Befehlsbereich das Handwerk zu legen. Er raffte sich nur dazu auf, den Ordonnanzoffizier Fabian v. Schlabrendorff mit der Ausarbeitung einer Denkschrifft zu beauftragen. Und manchmal konnte ihn Tresckow veranlassen, die Einsatzgruppen vom sogenannten Operationsgebiet zu entfernen, wozu er als Oberbefehlshaber dann berechtigt war, wenn die Kommandos militärische Bewegungen behinderten; eine Möglichkeit, die Busch übersehen hatte Auch der Bericht seines I c, der nach einer Frontreise schriftlich niedergelegt hatte, wie groß die Empörung zahlreicher Offiziere über die Vorgänge hinter der vordersten Linie sei, vermochte seine Haltung nicht zu ändern

Bei der Heeresgruppe Süd geschah es sogar, daß sich der Feldmarschall v. Reichenau und der aus einem preußischen Garderegiment hervorgegangene Feldmarschall v. Manstein im Herbst 1941 zum Erlaß von Befehlen bemüßigt fühlten, die im besten NS-Jargon von der „völligen Zerschlagung der Machtmittel und der Ausrottung des asiatischen Einflusses im europäischen Kulturkreis“ handelten und es sich verbaten, daß sich deutsche Soldaten über die bei derartigen Auseinandersetzungen unvermeidliche Härte erregten

Wieder einmal steht jeder unvoreingenommene Betrachter vor der nicht faßbaren Tatsache, daß kein Heeresgruppen-oder Armeebefehlshaber spontan gegen die vor ihren Augen geschehenden Verbrechen reagierte. War bei den Subaltern-oder Stabsoffizieren die Flucht an die Front, d. h. in die vergleichsweise saubere Atmosphäre des Kampfes, eine immerhin begreifliche, ja vielleicht die im Augenblick einzig mögliehe Haltung — wenngleich sie eine fatale Ähnlichkeit mit dem entsprechenden Verhalten vor Kriegsausbruch, dem Rückzug in die „reine Sachlichkeit des Dienstes“, aufweist — so kann doch den höchsten Offizieren der Armee das Recht auf eine gleiche oder verwandte Reaktion nicht zugebilligt werden; es würde ihrer Stellung nicht gerecht. Gewiß, auch diesen Problemen gegenüber sahen sie sich vom Oberkommando des Heeres und dem obersten Soldaten der Armee, Feldmarschall v. Brauchitsch, — vom OKW ganz zu schweigen — im Stich gelassen, und außerdem hatte Hitler im Falle Rußland, durch das Auf-begehren des Generals Blaskowitz in Polen gewarnt, den Befehlsbereich der Oberbefehlshaber auf ein relativ schmales Gebiet hinter der jeweiligen vordersten Linie begrenzt und so eventuellen Protesten der Generale einen formalen Riegel vorgeschoben. Aber weder das Versagen des OKH noch die räumliche Distanz und das Fehlen einer formellen Handhabe — die beiden letzten Mängel waren überdies, wie die Beispiele Kowno und Borissow zeigten, keineswegs immer gegeben — despensieren die hohen Befehlshaber der deutschen Armee von der Anklage, vor der Forderung des eigenen Gewissens wie des Gewissens ihrer Nation einen kläglichen Rückzug in den nur mehr mechanisch aufgefaßten soldatischen Gehorsam angetreten zu haben.

Die Taten der Einsatzgruppen waren keine Barbarismen einer übermütigen und vom Sieg berauschten Soldateska, auch keine Ausschreitungen, die ihren Ursprung in der Leidenschaft des Kampfes hätten haben können; vielmehr fungierten sie als Teil eines wohlüberlegten politischen Plans und als befohlene Aktion eines Regimes, das Verbrechen zu den normalen Mitteln normaler Politik rechnete. Angesichts des organisierten Massenmordes im Dienste der eigenen Regierung mußte die oberste Garnitur der deutschen Generalität die Frage an sich richten, ob einem System, das solcher Handlungen fähig war, die eigenen — hervorragenden, das ist unbestritten — militärischen Fähigkeiten noch länger zur Verfügung gestellt werden durften, ob der Staat Hitlers würdig war, den Krieg erfolgreich zu beenden. Auch dem engagiertesten Nationalsozialisten hätte sich jetzt der Gedanke aufdrängen müssen, was es denn für einen Sinn habe, die ohne Frage amoralische bolschewistische Diktatur zu „zerschlagen und den asiatischen Einfluß im europäischen Kulturkreis auszurotten", während zur gleichen Zeit die herrschende Partei des eigenen Staates eben diesen Staat auf kaltem Wege bolschewisiert und das, was Manstein vielleicht unter „asiatischem“ Geist verstanden haben mag, von der eigenen Regierung praktiziert wird. Es kann nicht behauptet werden, die führenden Generale hätten das Problem nicht gesehen — schon gar nicht, sie hätten die das Problem verursachenden Fakten nicht gekannt; noch vor Beginn des Angriffs auf Rußland sagte der Adjutant Rundstedts, v. Salviati, zu Hassell, die Feldmarschälle sähen alle, was mit dem Dritten Reich los sei. Aber, so mußte Salviati einschränken, „damit sei es auch aus“

In der Tat, wer schon den Mut fand, sich die auf der Hand liegenden Fragen vorzulegen, der fand doch nicht den Mut zur entsprechenden Antwort. Nicht der Mangel an Rechtsempfinden verhinderte den unabweisbar als einzige Möglichkeit der persönlichen, nationalen und historischen Rechtfertigung — nicht nur Salvierung — sich aufdrängenden Staatsstreich; noch lag auf dem Durchschnitt der hohen Generalität ein Abglanz der altpreußischen Ehrauffassung und strengen Rechtlichkeit eines Marwitz und des sittlich-politischen Verantwortungsgefühls eines Scharnhorst. Aber es fehlte die innere Kraft, das einmal als richtig Erkannte ohne Rücksicht auf die Folgen — worunter hier weniger ein eventueller Schaden an Leib und Leben, sondern mehr die Diffamierung durch die Propaganda des Regimes, das mangelnde Verständnis der Kameraden, der Verzicht auf die Teilnahme an den doch nur vorübergehenden Erfolgen und der Abschied von der lockenden militärischen Aufgabe und Wirkungsmöglichkeit verstanden wird — in die Tat umzusetzen; gerade die Eigenschaft also, die einen durchschnittlichen preußischen Offizier zu dem Marwitz und einen hochbegabten Generalstäbler zu der historischen Gestalt Scharnhorsts gemacht hatte.

Die Neigung, von Ehre mehr zu reden, als sie zu leben, ist zwar gewiß eine allgemeine Erscheinung menschlichen Verhaltens, aber den-noch ist es schwer vorstellbar, daß sich die Offiziere der Freiheitskriege oder die um Wilhelm I., ja auch die Generale des ersten Weltkriegs unter ähnlichen Umständen ähnlich schwachmütig gezeigt hätten; Clausewitz, Grolman, Diebitsch sagten ihrem König den Dienst bereits auf, als er die eigentliche politische und moralische Aufgabe des damaligen preußischen Staates nur zu verkennen schien; Moltke und seine „Halbgötter" hätten sich schwerlich von der politischen Führung zu Handlungen nötigen lassen, die ihrem Ehrenkodex, geschweige denn ihrem Gewissen widersprachen; und während des ersten Weltkrieges hat der General v. Francois das Recht auf Befehlsverweigerung, ob nun sachlich gerechtfertigt oder nicht, geltend gemacht, ohne sich um die Ungnade irgendwelcher Vorgesetzten zu kümmern. Doch seitdem hatte die Armee Wandlungen durchgemacht, die als Ergebnis Feldmarschälle geschaffen hatten, die wohl noch in den alten Anschauungen dachten, aber nicht mehr oder doch nicht immer nach ihnen handelten

Aber wenn man davon absieht, daß das Offizierskorps und insbesondere seine führenden Vertreter der einzigen Möglichkeit, mit einer alle gewohnten Maßstäbe, Begriffe und Regeln sprengenden Situation fertigzuwerden, dem Staatsstreich gegen Hitler und dessen Regime, immer noch auswirken, so ist doch unverkennbar, daß die Tätigkeit der Einsatzgruppen immerhin die psychologische Wirkung der großen Anfangserfolge des Rußlandfeldzugs weitgehend paralysierte, wenn nicht ganz aufhob. Mehr als das. War Hitler nach der französischen Kapitulation vom Durchschnitt des Offizierskorps ohne größere Vorbehalte als „Führer“ anerkannt worden, so hatte er durch seine pseudopolitischen Maßnahmen selber dafür gesorgt, daß diese Anerkennung weithin wieder zurückgezogen wurde. Der Sieg über Frankreich hatte die Offiziere vorübergehend vergessen lassen, daß sie Hitler als fremd empfanden und kein Vertrauen zu ihm hatten, jetzt, nach einigen Monaten Krieg in Rußland, wußten sie es wieder. Es entstand das, was Hassell damals die „zunehmende Disposition“ der Generale für oppositionelle Gedanken nannte

Inzwischen begann auch noch ein weiterer Faktor eine Rolle zu spielen, nämlich der wachsende Unmut gerade der höheren Befehlshaber und der Generalstäbler über die Eingriffe Hitlers in die Kompetenzen der militärischen Führung. Trotz der nach außen und ziffernmäßig so imponierenden Erfolge verliefen die militärischen Operationen zwischen Juni und Dezember 1941 keineswegs nach Wunsch, und hinsichtlich der strategischen Ziele wie der operativen Anlage des Feldzugs ergaben sich schon früh ernste Meinungsverschiedenheiten, ja Spannungen zwischen Hitler einerseits und dem OKH sowohl wie den Heeresgruppen-bzw. Armeebefehlshabern andererseits Längst vor dem offenen Ausbruch einer militärischen Krise war eine Kluft entstanden, die ihre Ursache jedoch nicht in Differenzen wegen operativer Ermessensfragen hatte.

Das bald nach dem Ende der Grenzschlachten auftauchende Problem: Stoß nach Moskau (den das OKH und die Heeresgruppe Mitte vorschlugen) oder Stoß über die Ukraine zum Kaukasus und noch weiter nach Süden (der Hitler vorschwebte), bezeichnete ja nicht eine normale Alternative zwischen zwei operativen Möglichkeiten, sondern den viel tiefer wurzelnden Wesensgegensatz zwischen den politisch-utopischen Träumen des im Kriegshandwerk dilettierenden Diktators und dem nüchtern-sachlichen Denken der ihr Metier wahrlich beherrschenden Soldaten. Die Maßlosigkeit des mehr und mehr die Realitäten aus den Augen verlierenden Hitler strebte schließlich beide Ziele zugleich und noch ein drittes dazu (Leningrad) an und verlor alle drei.

Schon im Herbst 1941 begann sich die Überspannung der militärischen Kräfte und des wirtschaftlichen Potentials abzuzeichnen, und der daraus resultierende sachliche Gegensatz führte sofort dazu — seinen eigentlichen Ursachen entsprechend —, daß sich die beiden ungleichen Partner wieder mit dem Mißtrauen betrachteten, das ihr Verhältnis etwa zur Zeit der Sudetenkrise charakterisiert hatte. Bereits im August 1941 sprachen Generalstabsoffiziere vom „blutigen Dilettantismus“ Hitlers und am 5 November — so rasch hatten sich die Dinge entwickelt — schrieb Stiess, der als Gruppenleiter III der Operationsabteilung im Generalstab des Heeres und seit Ende September als I a der 4. Armee (v. Kluge) einen ausgezeichneten Beobachtungsplatz hatte: „Die AitforderuHgen wurden immer maßloser. Sie werden in der Wirkung zur Selbstverniditung führen! Es ist entsetzlich, das mit wachen Sinnen ansehen zu müssen. ..."

Wie nicht anders zu erwarten, gab die Verletzung des fachlichen Gewissens, wenn dieser Ausdruck erlaubt ist, der moralischen Empörung des oppositionellen Gedanken zugänglichen Teils der Generale und Generalstäbler erst die solide Grundlage. Beide Momente verschmolzen schließlich zu einer nicht mehr voneinander unterscheidbaren Einheit und es ist in diesem Stadium des Krieges müßig, zu fragen, welcher Faktor ausschlaggebend war, einen Offizier dem Kreis des Widerstands zuzuführen. Nicht zuletzt deshalb, weil auch die Rebellion des Fach-gewissens ethischer Natur war, ist sie d; ch durch die gleiche zutiefst unsittliche Maßlosigkeit und Mißachtung der Grundgesetze menschlichen Lebens geweckt worden, die auch die Anweisungen an die Einsatzgruppen diktiert hatte. Jedenfalls förderte das Zusammentreffen des militärischen Gegensatzes zu Hitler mit der Ablehnung des Diktators aus sittlichen-moralischen Motiven die „Disposition“ der Generale für antinationalsozialistische und gegen den „Führer“ gerichtete Pläne in einer Weise, daß die seit Beginn des Angriffs auf Rußland wieder nach Aktionsmöglichkeiten Umschau haltenden Widerstandsgruppen Hoffnung schöpften, die Armee werde sich ihnen endlich, endlich doch zur Verfügung stellen.

Schon Ende Juli 1941 glaubte die Berliner Oppositionsgruppe um Beck, Hassell, Popitz usw.den Versuch wagen zu können, die Generale neuerdings zu sondieren; den seit der französischen Kapitulation unsubstantiierten Staatsstreichplänen sollte wieder eine militärische Basis und damit eine reale Erfolgschance zu verschaffen sein, so hoffte sie Als Objekt ihrer Bemühungen kam schon deshalb nur der Osten in Frage, weil allein dort die entscheidende militärische Macht konzentriert war; vom Verhalten der in Rußland stehenden Truppen und ihrer Führer hing sowohl der eventuelle Putsch selbst wie die Entwicklung der Dinge nach einem gelungenen Staatsstreich ab. Außerdem waren im Westen keine besonderen Anstrengungen mehr notwendig, da der Ober-befehlshaber West, Generalfeldmarschall v. Witzleben — eine der wenigen ungebrochenen, von festem Kern und sicherer Haltung aus urteilenden und handelnden Persönlichkeiten des deutschen Offizierskorps —, seit 193 8 zu den Kreisen des Widerstands zählte, und die Militär-befehlshaber in Frankreich, General v. Stülpnagel, und Belgien, General v. Falkenhausen, ebenfalls den Sturz Hitlers wünschten Das nützte freilich nicht viel, da alle drei kaum über Truppen, jedenfalls nicht über brauchbare Einheiten, verfügten. Zwangsläufig richtete sich der Blick des um die Zentralfigur Beck zusammengeschlossenen Kreises nach Osten und trotz aller bitteren Erfahrungen der letzten Jahre von neuem auf das OKH. Noch war die Zeit der weniger bedenklichen jüngeren Generale und Stabsoffiziere nicht gekommen, noch konnte man sich bei der zivilen Opposition den Staatsstreich nur auf höchster militärischer Ebene vorstellen. So beschloß man, daß eine Reise des seit langem den Hitler-gegnern verbundenen Chefs des Wehrwirtschaftsamtes, General Thomas, zu den hohen Frontstäben im Osten die Fühlungnahme eines Mitglieds der zivilen Opposition, des Staatssekretärs a. D. Plank, mit den Generalen vorbereiten solle; einen Erfolg Thomas’ vorausgesetzt, gedachten die Berliner Plank als eine Art „Wanderprediger“, wie es Hassell damals nannte, von General zu General fahren und deren Aktionsbereitschaft erkunden, bzw. entzünden zu lassen, damals noch die Wirkung der moralischen Faktoren (Kommissarbefehl) über-und die der militärischen (glänzende Anfangserfolge in Rußland) unterschätzend Das ist allerdings nicht unverständlich.

In Berlin war es relativ einfach, wenigstens für Personen, die entsprechende Positionen einnahmen oder eingenommen hatten, sich ein klares Bild der Gesamtlage zu verschaffen und sich den Blick vom Vormarsch der deutschen Heere nicht trüben zu lassen. Die psychologischeVerfassung der „Kesselschlachten" schlagenden und gewinnenden Generale in Rußland mußte notwendig anders sein: wirtschaftliche Sorgen brannten noch nicht auf den Nägeln, der englische Gegner, seine Kriegs-schauplätze wie seine möglichen Verbündeten, war fern, was vor Augen lag, war der eigene Erfolg. Von beiden Seiten — in Berlin und im Osten — sind diese differierenden inneren Ausgangspunkte nicht immer voll verstanden worden. Während sich die Oberbefehlshaber der Heeresgruppen mit dem OKH und Hitler noch darüber unterhielten, bzw. stritten, ob sie Moskau nehmen oder aber die Ölfelder von Maikop erobern sollten — und an eine Niederlage Deutschlands entweder gar nicht oder doch nur, wie Feldmarschall v. Bock, in seltenen Augenblicken dachten —, waren Hassell, Oster, Dohnanyi und General Olbricht in Berlin bereits überzeugt, daß die Siegeschancen längst verpaßt seien und auch die Möglichkeiten für noch annehmbare Friedens-bedingungen mehr und mehr dahinschwanden Schon im August fragten sich die Genannten, ob es aus den erwähnten Gründen nicht zu spät sei — vom außenpolitischen Aspekt her gesehen —, gegen Hitler etwas zu unternehmen. Hassell notierte damals: „Die Lage ist ernst genug“

Als dann Thomas Ende August/Anfang September 1941 die Heeresgruppen besuchen konnte, zeigte es sich, daß der Versuch, die Generale zu aktivieren, in der Tat noch verfrüht war. Thomas hatte zwar bei den Stäben der Heeresgruppen Mitte und Süd eine gute Aufnahme gefunden, doch von den Stabschefs lediglich General v. Greiffenberg, den Chef Bocks, persönlich sprechen können und keine konkreten Ergebnisse nach Berlin mitgebracht Zu Hassell äußerte er sich am 16. September nicht sehr befriedigend. Trotzdem sollte Plank so bald wie möglich nach Rußland fahren; die Hoffnung auf eine Sinneswandlung der Generale war in Berlin nicht aufgegeben worden. Wie richtig es war, den Generalen auf der Spur zu bleiben, sollte sich rasch herausstellen. Thomas hatte auch das OKH ausgesucht und dort einen ziemlich veränderten Halder vorgefunden. Was damals auch immer die Ursachen gewesen sein mögen, Halder „sah klar“, wie Thomas in Berlin berichtete Selbstverständlich rückte nun das OKH erneut in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit, und kurze Zeit später gab ein denkwürdiges Ereignis Anlaß, die Oberbefehlshaber der Heeresgruppen ebenfalls ernsthaft in die Planungen einzubeziehen. Ende September oder Anfang Oktober erschien der Leutnant Fabian v. Schlabrendorff (vom Stab der Heeresgruppe Mitte) bei Hassell, um im Namen seines Auftraggebers Tresckow — nicht Kluge wie Hassell schrieb — herauszufinden, ob es „in der Heimat brauchbare Kristallisationspunkte gebe“ Sollte das der Fall sein, erklärte Schlabrendorff, so sei er zu der Mitteilung ermächtigt, „man“ sei „zu allem bereit Das war ein großes Wort, zu groß für diesen Augenblick, da ja noch keine Rede sein konnte, Bock oder irgend ein anderer Befehlshaber werde sich an einem Staatsstreich beteiligen. Aber immerhin: zum erstenmal seit dem Ende des Frankreichfeldzuges war die Initiative nicht von der zivilen Opposition ausgegangen, sondern, wie Hassel mit Befriedigung vermerkte, von der Armee Lind der Vorfall bewies, daß es im Heer immer noch oder schon wieder Offiziere gab, die s. ch wenigstens mit dem Gedanken trugen, Hitler zu stürzen und dem in den Abgrund rollenden deutschen Wagen in die Speichen zu greifen.

Freilich ergab das Gespräch zwischen Schlabrendorff und Hassell, daß die Soldaten nicht nur von allen schon genannten Bedenken, sondern noc von einer weiteren Sorge verfolgt wurden, die 1941 in der Tat drückender auf den Gemütern der Opposition lastete, als etwa vor dem Beginn der Offensive gegen Frankreich: die Sorge nämlich, ob ein von 'Ltler befreites Deutschland noch einen annehmbaren Frieden erreichen könne. Eine Frage, die auch die vor wenigen Wochen so siegesgewissen Soldaten zu bedrängen begann, seit das Zusammenwirken militärischer 1 moralischer Differenzen zwischen Hitler und den Generalen eine große Vertrauenskrise vorbereitete. Die Erkenntnis des wahren Wesens Hitlers schärfte den Blick für die Gesamtsituation Deutschlands und rief erstmals wieder ins Bewußtsein, daß die militärische Kraft der Gegner Deutschlands es diesen ohne weiteres erlaubte, auf einen Verständigungsfrieden zu verzichten und ihre politischen Pläne auf die deutsche Niederlage zu gründen. Audi eine Regierung der oppositionellen Kräfte konnte England und Frankreich nicht zwingen, Deutschland einen raschen und vernünftigen Frieden zu geben. Nach außen aber und in den Augen des Volkes schien die deutsche Position nicht nur noch gut, sondern geradezu glänzend zu sein.

Damit tauchte zwangsläufig das Problem auf, einen Weg zu find die Entstehung einer neuen Dolchstoßlegende zu verhindern — von dem natürlichen Wunsch der Soldaten, Deutschlands Stellung in Europa nicht zu schwächen, einmal abgesehen. Jeden General, der zu jener Zeit Putschplänen nähertrat, mußte der Gedanke beklemmen, sich dem Vorwurf des deutschen Volkes auszusetzen, man habe Hitler „um den zum Greifen nahen Sieg gebracht“ Erwägungen dieser Art können nicht leichthin abgetan werden, zumal damals in Betracht zu ziehen war, daß eine solchermaßen belastete Regierung möglicherweise ebenso wenig Autorität gewinnen würde, wie einst die Weimarer Republik. Hassel mußte seinem Gesprächspartner sagen, daß es einen sicheren Weg, diese Gefahren zu vermeiden, nicht gebe und ein gewisses Risiko nicht zu vermeiden sei „Es ist das alte Dilemma", notierte er, „wartet man, bis das Ausbleiben des Sieges aller Welt klar ist, so hat man die Chancen auf einen passablen Frieden verloren . . . Die Erbschaft ist auf alle Fälle übel."

Andererseits wuchs offenbar doch die Bereitschaft, ohne Rücksicht auf militärische Lage und politische Folgen zu handeln. Hatte ein Offizier erst einmal den Blick von seinen unmittelbaren fachlichen Problemen gehoben und das Ganze ins Auge gefaßt, so konnte ihm bald nicht mehr zweifelhaft sein, daß es für Staat und Volk noch Schlimmeres gab als einen verlorenen Krieg. Etwas einfacher ausgedrückt: Hassell beobachtete im Herbst 1941 eine „langsam zunehmende Disposition'bei der militärischen Führung, diese ganz schandbare Schweinerei nicht mehr mitzumachen“

Im Oktober besuchten sowohl Falkenhausen wie Thomas den Ober-befehlshaber des Heeres, und Brauchitsch erwies sich als überraschend zugänglich. In erstaunlich offenen Gesprächen, wie sie bei Brauchitsch seit längerer Zeit nicht mehr möglich gewesen waren, ging der Feldmarschall auf die Gedankengänge der beiden Generale ein und gab deutlich zu verstehen, daß er wohl sehe, „welche Schweinerei herrsche“.

Ja, er ging sogar so weit, zuzugeben, daß er sich in gewisser Weise mitverantwortlich fühle Das war nicht mehr der gleiche Brauchitsch, der 1938 den „Kragen hochgeschlagen“ und gesagt hatte: „Ich bin Soldat und habe zu gehorchen.“ Selbst diesen zum Putsch so wenig prädestinierten Mann hatten die Verbrechen des Regimes und die offenkundig ins Verderben führenden militärischen Entscheidungen Hitlers zu der Einsicht gebracht, daß der soldatische Gehorsam Grenzen habe. Allerdings war von der Einsicht zur Konsequenz, d. h. zur Tat noch ein weiter Weg. Und Brauchitsch stimmte zwar Falkenhausen und Thomas zu, als sie erklärten, Hitler müsse weg, lehnte es aber ab, dazu selber die Initiative zu ergreifen. Alles, was seine Besucher an Konkretem erreichten, war die Zusage, er, Brauchitsch, werde sich nicht versagen, wenn Hitler weg sei Zweifellos ein Fortschritt. Doch konnte er angesichts der Lage nicht genügen.

In den folgenden Wochen gewann allerdings selbst der sonst so skeptische Hassell den Eindruck, daß die Opposition mit Brauchitsch bald werde rechnen können Erst recht, als sich allmählich die große Winterkrise abzuzeichnen begann. Während eines Empfangs beim ungarischen Gesandten in Berlin, Sztojaj, kam Frau v. Brauchitsch, eine überzeugte, ja fanatische Nationalsozialistin — was auf die Haltung des Feldmarschalls möglicherweise nicht ohne Einfluß war —, zu Hassel und klagte über die „Schwierigkeiten“, die ihr Mann habe; Hassel wußte den Vorfall wohl zu deuten . Das hatte sich am 2. Dezember zuge-tragen. Wenig später hat Brauchitsch seinem Neffen, v. Haeften, gegenüber bekannt, es sei eine Situation entstanden, die zum Handeln, d. h. zum Vorgehen gegen Hitler zwinge. Dem Kreis um Beck blieb die Wandlung Brauchitschs nicht verborgen, und es ist sicher kein Zufall, daß gerade in diesen Tagen die Opposition sich besonders intensiv mit Plänen über die Neuordnung Deutschlands nach Hitlers Sturz beschäftigte

Auch Tresckow nutzte die spürbare Veränderung des Klimas zu einem neuen Versuch, Bock der Opposition zu gewinnen, nachdem er, wie bereits erwähnt, die Hoffnung auf den Erfolg solcher Aktionen eigentlich schon vor Beginn des Feldzugs aufgegeben gehabt hatte. In einem langen Vortrag legte er Bock seine Beurteilung der Lage dar und die Gründe seiner Überzeugung, daß Hitler an allem bisher Geschehenen die Schuld trage und Deutschland ins Unglück stürzen werde. Tresckow konnte seinen Vortrag jedoch nicht beenden. Bock fuhr auf und schrie: „Idi dulde iiidit, daß der Führer angegriffen wird! Ich werde mich vor den Führer stellen und ihn gegen jedermann verteidigen, der ihn anzugreifen wagt.“

Ob Bock tatsächlich empört war oder nur seinen Mangel an politischer Courage hinter Empörung verbergen wollte, ist letzten Endes unwesentlich. Die Heeresgruppe Mitte fiel allerdings durch Bocks Haltung als mögliches Aktionszentrum zunächst aus. Tresckow allein war nicht in der Lage, von Borissow oder Smolensk aus zu putschen. Er konnte vorläufig im Grunde nicht mehr tun, als alle anderen Oppositionellen auch: nämlich mit Gleichgesinnten in Verbindung bleiben und warten.

Die einzige Hoffnung blieb Brauchitsch. Das allein zeigt, wie schwach die Basis des Widerstands damals noch war. Der Abscheu vor der Amoralität des Systems und die Ablehnung der politisch-militärischen Zielsetzung des Diktators hatten zwar in der Armee eine überall spürbare Mißstimmung hervorgerufen — eine „Disposition“ zu kritischen Gedanken —, aber nicht ausgereicht, eine breitere oppositionelle Bewegung ins Leben zu rufen. Schon gar nicht eine Bewegung, die zu einer allem soldatischen Herkommen widersprechenden Aktion bereit gewesen wäre. Zu fest saßen die Klammern des Gehorsams, zu tief wurzelte die Über-zeugung, daß der Soldat seine Pflicht, d. h.seinen militärischen Dienst zu tun habe und der Politik fernbleiben müsse. Gewiß, öfter traf man Soldaten, die erkannt hatten, daß Hitler Deutschland und auch die deutsche Armee in eine mit den überkommenen Begriffen und Verhältnissen nicht mehr recht zu meisternde Situation geführt hatte. Aber noch gab es wenig Offiziere, die daraus den Schluß zogen, daß unter diesen Umständen Pflicht nicht mehr Erfüllung des Dienstes, sondern Rechtfertigung des Dienstes hieß, daß der Armee jetzt die Aufgabe gestellt war, das zerstörte tiefere sittliche Fundament der Pflicht neu zu legen. Daher konnte die zivile Opposition in der Tat nur mehr auf eine Aktion der Spitze des Heeres setzen. Aber auch Brauchitsch fand, wie nach seinem bisherigen Verhalten auch nicht anders zu erwarten war, den Absprung nicht. Jedenfalls nicht rechtzeitig; denn kurz nach dem Beginn der schweren Winterkrise, am 19. Dezember 1941, mußte er gehen und an seine Stelle trat Hitler selbst. Die „politische Nemesis“ hatte den Feldmarschall erreicht.

Für die Widerstandsgruppe in Berlin war der Abgang Brauchitschs dennoch ein harter Schlag. Alle Pläne und Gespräche, die zu ihrer Realisierung einer im Augenblick zumindest nicht unmöglich scheinenden Aktion des Feldmarschalls bedurften, waren „zunächst gegenstandslos“

geworden, und Hassell bemerkte verzweifelt: „Die Arbeit von vielen Monaten ist zunichte gemacht. . . .“ Nur wenn man die tiefe Enttäuschung, vielleicht sogar Depression der „band of brothers“ annimmt, wird es verständlich, daß selbst ein so klarer und sachlicher Geist wie Beck auf den Gedanken verfiel, nun müsse der Staatsstreich eben vom Westen her unternommen werden Gewiß war es nur natürlich, daß nach dem vorläufigen Ausfall des OKH — Halder allein, mit Hitler als Oberbefehlshaber, war nun wirklich handlungsunfähig geworden — und dem offenkundigen Versagen der Heeresgruppenbefehlshaber die Blicke der Opposition sich vom Osten vorübergehendabwandten, um im Westen neue Möglichkeiten zu suchen. Aber der nun in Berlin geborene Plan einer Teilaktion des Oberbefehlshabers West, v. Witzleben, entbehrte so offenkundig des Zusammenhangs mit den Realitäten, daß der Eifer Becks und Goerdelers, ihn zu verwirklichen, nur dann erklärt werden kann, wenn man berücksichtigt, wie niedergeschlagen sie sein mußten, als Brauchitsch anscheinend kurz vor einer ernsthaften Aktion in der Versenkung verschwand.

Als Hassell, der dem Vorhaben keine sonderlichen Chancen gab und sich über den Optimismus seiner Freunde höchlichst verwunderte Mitte Januar nach Paris und Brüssel fuhr, um Witzleben und Falken-hausen das Unternehmen vorzuschlagen, fand er naturgemäß keine Gegenliebe. Beide Generale lehnten den Gedanken, „isoliert zu handeln", als „utopisch“ ab Zudem wurde Witzleben gleich darauf krank; er scheint sich damals gelegentlich über den Plan, von Paris aus zu handeln, so schroff geäußert zu haben, daß manche seiner Bekannten sogar den — sicher unrichtigen — Eindruck gewannen, er ziehe sich von der Widerstandsbewegung zurück

Die Winterkrise an der Ostfront zeigte aber — was ihre Wirkung auf die Widerstandsbewegung anbelangt — ein doppeltes Gesicht. Während einerseits nicht allein Brauchitsch ausfiel, Bock abgelöst und Hoepner, auch eine Hoffnung der Opposition, gemaßregelt wurde, sondern die Generalität des Ostheeres überhaupt — mit Ausnahmen — von der dämonischen Energie Hitlers tief beeindruckt war und dessen Rezept zur Abwendung des Zusammenbruchs der Front („Festhalten um jeden Preis“) allmählich als richtig ansah wodurch das Prestige des „Führers“ wieder beträchtlich stieg — auch Halder, der sich nach Brauchitschs Abgang überdies wohl bessere Möglichkeiten, auf Hitler einzuwirken, ausrechnete, kapitulierte vor dem neuen Oberbefehlshaber des Heeres —, gab es auch noch andere Resultate.

Schon Hitlers Befehl, unter keinen Umständen einen Fußbreit Boden freiwillig aufzugeben, war keineswegs unbestritten; tieferblickende Offiziere ahnten bereits, daß dies: „geistlose“ Formel im Begriff war, Hitlers Patentmedizin gegen militärische Rückschläge zu werden, und sahen mit Entsetzen, daß damit die Möglichkeit, den Krieg in Rußland an der Katastrophe vorbeizusteuern, mehr und mehr dahinschwand. „Wenn kein Wunder passiert“, schrieb damals einer von ihnen, „muß sich langsam, aber sicher unser Schicksal vollziehen“ Sie dachten antinationalsozialistisch genug, um Hitlers Sieg nicht zu wünschen, aber andererseits waren sie auch Patrioten, denen das Schicksal Deutschlands jedenfalls mehr am Herzen lag, als dem Diktator, der den Wert des deutschen Volkes an seinem persönlichen Erfolg oder Mißerfolg maß.

Das „einbrechende Strafgericht“ das sie kommen sahen, trug nun viel dazu bei, sie in die Nähe der Widerstandskreise zu führen; sie wollten doch wenigstens den Versuch machen, das drohende Geschick abzuwenden, obwohl sie es „als eine gerechte Sühne für alle die Schandtaten, die wir Deutschen in den letzten Jahren begangen bzw. geduldet haben“, betrachteten Außerdem hatte aber Hitler selber sogleich damit begonnen, seinen Prestigegewinn wieder abzubauen. Die von ihm in diesen Monaten angenommenen Gewohnheiten, vom „Führerhauptquartier“ aus Regimenter zu führen und Mißerfolg — meist unverschuldeten, bzw. von Hitler selbst verschuldeten — mit Rangverlust oder mindestens Ablösung zu bestrafen kosteten Hitler den letzten Rest an wirklichem Vertrauen, den er etwa noch genießen mochte.

Die Ansicht vieler Offiziere, Hitler habe mit seinen Befehlen wieder einmal recht behalten, gewann daher auf das Verhältnis zwischen Hitler und Armee nur vorübergehend Einfluß. Da freilich die Wirkung solcher Faktoren nicht bei allen Soldaten im gleichen Rhythmus zunahm bzw. nachließ, befand sich allmählich jeder Offizier in einer besonderen, nur ihm eigenen politischen Bewußtseinslage — was lediglich die durch den Kampf bedingte Kameradschaft vordersten Linie verschleierte dem Offizierskorps war damit jede noch vorhandene Homogenität endgültig genommen. Wie wenig günstig das einer gegen Hitler gerichteten Aktion auch sein mochte — da ja kein General mehr sagen konnte, wie seine Kommandeure und Kompagniechefs in Wahrheit dachten —, das entscheidende politische Fazit der Winterkrise war doch, daß Hitler zwar seine Stellung befestigt und sich Respekt verschafft, dafür aber die an und für sich schon schmale Vertrauensbasis, auf der er stand, noch mehr eingeengt hatte. Zahlreiche Offiziere begannen in ihm eine Gefahr für den inneren wie äußeren Bestand Deutschlands und der deutschen Armee zu sehen, da und dort brachten ihm Soldaten bereits einen „abgrundtiefen Haß“ entgegen Die nur auf den äußeren Erfolg berechnete Verbindung Hitler — Armee, ohne innere Übereinstimmung, hatte der Belastung durch einen schweren Rückschlag nicht standgehalten.

III. Von der Winterkrise zum Attentatsversuch der Heeresgruppe Mitte

Audi jetzt wirkte sich der Mangel an wirklicher Übereinstimmung zwischen dem „Führer“ und seinem Heer nicht sofort aus Die Erschöpfung der Armee nach den ungeheuren physischen und psychischen Anstrengungen der Wintermonate stand einer innerpolitischen Aktivität zunächst entgegen. Lind kaum waren die Kräfte notdürftig regeneriert, da machte sich bereits die Beanspruchung durch neue militärische Operationen geltend: im Süden lief die letzte erfolgreiche deutsche Offensive an, und im Mittelabschnitt wie an der Nordfront begann die Zeit endloser Defensivschlachten. Doch wurde der durch die Winterkrise ausgelöste Prozeß nur mehr verlangsamt, nicht aber aufgehoben. Hitlers Siege hatten ihre psychologische Bannkraft weitgehend verloren, zumal sich die Offiziere keinen Illusionen darüber hingaben, daß der Vormarsch zur Wolga und zum Kaukasus zwar Raumgewinn brachte, die russische Armee jedoch alles andere als geschlagen war: auch war ihnen klar, daß der Preis, den die vorläufig erfolgreiche Defensive der Heeresgruppen Mitte und Nord ununterbrochen forderte, das deutsche Kräftepotential eines Tages aufgezehrt haben mußte. Während Hitler scheinbar auf dem Gipfel seiner Macht stand und, wie seine „Tischgespräche“ belegen, im sicheren Gefühl, bereits gesiegt zu haben, Zukunftsplänen nachhing, sammelten sich langsam die Gegenkräfte; nicht nur außerhalb der „Festung Europa“, sondern gerade im Zentrum des Hitlerschen Herrschaftsbereichs. Ende März 1942 notierte Hassell: „Beck als Zentrale konstituiert.“ Gleichzeitig wurde die Verbindung zwischen der Berliner Gruppe, zu der vor allem auch die Abwehr mit Oster, Canaris und Dohnanyi gehörte, und der Ostfront, zu der sich nach Brauchitschs Abgang die Fäden etwas gelockert hatten, wieder zusehends enger. Dort machten sich die seit Beginn des Rußlandfeldzuges und erst recht seit der Winterkrise gegen Hitler arbeitenden Faktoren allmählich so bemerkbar, daß die „Zentrale“ langsam wieder Hoffnung schöpfte, es werde doch möglich sein, der Opposition gegen das Dritte Reich einen bewaffneten Arm zu finden. Am aussichtsreichsten schienen dafür die Verhältnisse bei der Heeresgruppe Mitte zu liegen.

Tresckow hatte seinen Stab seit langem planmäßig zu einem potentiellen Putschinstrument ausgebaut. Er sammelte einen Kreis von Offizieren um sich, die aus eigenem Antrieb und beherrscht von der eindrucksvollen, ja als souveräner Mittelpunkt wirkenden Gestalt des I a der Heeresgruppe entschlossen waren, die erste sich bietende Gelegenheit zum Sturz Hitlers zu nutzen. Es kann kein Zweifel bestehen, daß Tresckow schon vor dem Beginn des Angriffs auf Rußland angefangen hat, zuverlässige, d. h. im Sinne der Opposition zuverlässige Soldaten dem Stab der Heeresgruppe zu gewinnen Er beutete seine Beziehungen zum Personalreferat des OKH und später, als Personalangelegenheiten entweder von Hitler persönlich oder von seinem Wehrmachtadjutanten geregelt wurden, zu Oberst Schmundt — dem Adjutanten Hitlers — in berechtigter Rücksichtslosigkeit aus. Er holte sich als Verbindungsmann zur zivilen Oppositionsgruppe und als politischen Mentor Fabian v. Schlabrendorff er zog Offiziere, die, wie der Major v. Gersdorff, damals noch nicht zum Widerstand im eigentlichen Sinne zählten, aber ihrer inneren Konstitution und politischen Anschauung zufolge zu Teilnehmern einer eventuellen Aktion prädestiniert waren, zu sich heran und umgab seinen Oberbefehlshaber, damals noch Bock, mit Adjutanten wie den Grafen Hardenberg und Lehndorff, die seinen eigenen Einfluß auf den Feldmarschall verstärken sollten.

Während des Vormarsches im Sommer und Herbst 1941 konnten diese Vorarbeiten zum Staatsstreich — und das waren sie ohne Frage — naturgemäß keine Früchte zeitigen. Die allgemeine Situation war dazu noch nicht reif. Außerdem versagte sich Bock, so daß eine Aktion auch bei besseren Voraussetzungen wenig aussichtsreich gewesen wäre. Es ist damals denn auch von den Offizieren des Stabes und von Tresckow selber über Putschpläne kein Wort zu hören gewesen — von konkreten Vorbereitungen ganz zu schweigen —, wenn auch die Sprache, mit der im Umkreis Tresckows über Hitler, die Partei und das Dritte Reich gesprochen wurde, an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig ließ

Tresckow beschränkte sich während dieser Monate auf Versuche, Bock gegen die übelsten Erscheinungen des Regimes zu aktivieren, und darauf, seine Autorität über die Stabsangehörigen zu festigen: denen, die zwar nicht im Banne Hitlers standen, aber der allgemeinen inneren wie äußeren Lage Deutschlands noch nicht genügend Aufmerksamkeit widmeten, brachte er das volle Verständnis der Situation nahe. In langen Gesprächen — unter vier Augen oder auch in etwas größerem Kreise — wurde über Hitler, den Nationalsozialismus und die militärische Entwicklung diskutiert und zu den Vorgängen im Hinterland der Heeresgruppe (Erschießungen, Gefangenenbehandlung usw.) Stellung genommen So entstand eine Atmosphäre, die, ohne sofort zum Handeln zu nötigen, das psychologische Widerstandsvermögen der Stabsoffiziere gegen die ja stets starken Einflußmöglichkeiten des Regimes derart festigte und die politische Haltung der Umgebung Tresckows so eindeutig antinationalsozialistisch fixierte, daß sich dieser darauf verlassen konnte, im Falle des Falles über ein zuverlässiges Instrument zu verfügen. Es ist aber keineswegs ausgeschlossen, daß Tresckow schon vor dem Herbst etwa mit Schlabrendorff auch konkrete Fälle besprochen hat

Im September oder Oktober 1941 trat Tresckow dann erstmals durch Schlabrendorff mit festen Angeboten an die Berliner Zentrale der Opposition heran Allerdings mußten die Gespräche auch jetzt noch etwas akademischer Natur bleiben, da es Bock nach wie vor ablehnte, sich an oppositionelle Gedanken heranzuwagen, geschweige denn an ihre Ausführung teilzunehmen; auch war der Blick Becks, Hassells u. a., so erfreut sie über die Initiative eines hohen Frontstabes auch sein mochten, zu diesem Zeitpunkt doch vor allem auf das OKH gerichtet. Erst als Brauchitsch und Halder neuerdings ausschieden und das Planspiel West, wenn man so sagen darf, aufgegeben worden war — wozu beitrug, daß Witzleben nicht lange nach Hassells Besuch in Paris den Abschied erhalten hatte —, rückte die Ostfront wieder deutlicher in den Gesichtskreis der Berliner Gruppe. Zumal sich in Rußland, von den zivilen Beobachtern in seiner Bedeutung anscheinend nicht sofort erkannt, ein bedeutsamer Wechsel vollzogen hatte. Bock hatte während der Winterkrise den Oberbefehl über die Heeresgruppe niedergelegt und an seine Stelle war der Feldmarschall von Kluge getreten.

Kluge, einer der fähigsten deutschen Generale, ein Mann der Improvisation und der genialen „Aushilfen“, „stand den Gedankengängen des Kreises um Tresckow näher“, wie Schlabrendorff das bezeichnete Als er nun unter den Einfluß Tresckows geriet, durften sich die Offiizere des Stabes der Heeresgruppe immerhin der Hoffnung hingeben, es werde ihm gelingen, Kluge auf die Seite der Opposition zu ziehen. Doch der Feldmarschall Günther v. Kluge hieß nicht umsonst in der Armee „der kluge Hans“; der Name zeigt treffend an, daß seine Intelligenz mehr wendig als zielstrebig und sein Charakter eher schwankend denn fest war. Kluge verstand es, die auf ihn gesetzten Hoffnungen gewissermaßen vormittags zu bestätigen und nachmittags wieder zu enttäuschen. Sein Verstand, sein Gewissen, sein Ehrgefühl und Tresckow ließen ihn die wahre Lage Deutschlands deutlich genug erkennen. Klug und wendig entglitt er aber trotzdem Tag für Tag den Bemühungen seines la, ohne sie jedoch je als aussichtslos erscheinen zu lassen. Er brachte Tresckow der Verzweiflung nahe

Freilich stand das nicht von Anfang an fest, und Tresckow begab sich vorerst unverdrossen ans Werk, den Feldmarschall „aufzuziehen“, auf daß er richtig liefe Und wie Schlabrendorff bezeugt, war nicht zu verkennen, daß Tresckows Beharrlichkeit einen gewissen Erfolg hatte. Langsam, im Hinblick auf die politischen und militärischen Ereignisse viel zu langsam, nahm Kluges wendiger Widerstand gegen die Versuche, ihn zu einer klaren Haltung und weiterhin zur Aktionsbereitschaft zu veranlassen, ab.

Das Ringen um den Feldmarschall erreichte einen ersten Höhepunkt im Herbst 1942. Tresckow holte sich Bundesgenossen. Schlabrendorff, der durch zahlreiche Reisen nach Berlin die Verbindung zu der Gruppe Beck/Oster/Hassel aufrechthielt, lud das wohl aktivste Mitglied der zivilen Opposition, Goerdeler, ein, nach Smolensk zu kommen und mit Kluge zu sprechen. Goerdeler sagte sofort zu Anfang September 1942 teilte er Hassell seine Absicht mit, doch dieser war der Generalität gegenüber skeptisch geworden und räumte dem Unternehmen nur wenig Erfolgschancen ein Er sollte damit sowohl recht wie unrecht haben. Wahrscheinlich im Oktober traf Goerdeler nach abenteuerlicher Fahrt und mit falschen Papieren in der Tasche beim Stab der Heeresgruppe ein Tresckow und Goerdeler, die sich erst jetzt persönlich kennenlernten, verstanden sich sofort, aber auch das Gespräch Goerdelers mit Kluge verlief überraschend erfolgreich Es war allerdings schon bemerkenswert, daß Kluge den Zivilisten und Verschwörer überhaupt empfing; hier zeigte die Arbeit Tresckows ihre ersten Früchte. Goerdelers Persönlichkeit und Argumente machten auf den Feldmarschall einen tiefen Eindruck, sie „brachen bei Kluge das Eis“ Wie Goerdeler kurz darauf einem Freund andeutungsweise mitteilte, hat er mit Kluge bereits darüber gesprochen, ob Hitler während eines Besuchs bei der Heeresgruppe verhaftet werden könne Jedenfalls kehrte er recht befriedigt nach Berlin zurück und äußerte zu Hassell, er habe bei Kluge und bei dem Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Nord, Feldmarschall v. Küchler — den er, wie auch Popitz, ebenfalls ausgesucht hatte —, „volles Verständnis“ gefunden

Wenn auch Kluge wieder schwankend geworden zu sein scheint, kaum daß Goerdeler ihm den Rücken gedreht hatte, so war doch der Boden nun gelockert Die Verbindung zwischen der Heeresgruppe Mitte und Berlin riß nicht mehr ab. Wenig später kam es zu einem Treffen Goerdeler—Olbricht—Tresckow, das zu entscheidenden Beschlüssen führte. Nach allem, was wir wissen, hat sich Tresckow damals wohl bereit erklärt, von der Heeresgruppe Mitte aus den ersten Schlag gegen die Person Hitlers zu führen, während sich Olbricht verpflichtete, in Berlin, Wien, Köln, München u. a. Vorbereitungen zu treffen, den Nationalsozialisten dort nach gelungenem Attentat die Macht zu entreißen Daß der Staatsstreich das Attentat voraussetzte — was nicht alle Mitglieder der zivilen Opposition akzeptierten —, war Tresckow, Schlabrendorff und allen übrigen der jetzt in die Putschpläne einbezogenen Offiziere klar

Wie Schlabrendorff schrieb, kannten sie die Stimmung großer Teile der Armee — Mannschaften wie Offiziere — zu gut, um die bei einer Gefangennahme Hitlers ohne weiteres möglichen, ja wahrscheinlichen Gegenmaßnahmen riskieren zu wollen Auch wußten sie, daß es unumgänglich war, die Armee vom Eid zu lösen, den sie Hitler geschworen hatte, wenn vermieden werden sollte, daß sich selbst die Offiziere auf die Seite des Diktators schlugen, die zwar das Regime Hitlers ablehnten, aber nicht bereit waren, gegen ihren Eid zu handeln Diese Gruppe sowohl wie alle hohen Frontbefehlshaber — auch Kluge — würden sich erst dann von ihrem Eid entbunden und nicht länger zur Verteidigung der Person des Diktators — und das hieß auch seines Systems — verpflichtet fühlen, wenn Hitler tot war.

Die Offiziere des Stabes der Heeresgruppe Mitte sind lange und gründlich über die Frage mit sich zu Rate gegangen; auch über ihre eigene Stellung zum Eid haben viele Gespräche zwischen ihnen stattgefunden. Das Ergebnis solcher Überlegungen konnte nicht zweifelhaft sein. Tresckow, der tief religiös war, hatte sich zu der Auffassung durch-gerungen, Hitler habe seinerseits den Eid, der ja stets eine wechselseitige Verpflichtung darstellt, tausendfach gebrochen und das deutsche Volk so oft belogen, daß ein ihm geleisteter Eid keine Gültigkeit mehr haben könne Seinen Kameraden sagte Tresckow, sie müßten mit dem Eidproblem dadurch fertig werden, daß sie ihre eigene Person ausschalteten und an ihre Verpflichtung dem ganzen Volk gegenüber dächten. Hitler sei der „Urgrund allen Übels“ und daher müsse er fallen Stiess schrieb am 28. August: „. . . daß so viele unschuldige Menschen darunter leiden Müssen. Und dieser Menschen wegen Muß Man seine Pflicht erfüllen — audt gegen einen Wahnsinn. Denn jeder Gehorsam hat bestimmte Grenzen.

Lange vor dem Fall Stalingrads stand im Jahr 1942 bei Tresckow und seinen Freunden der Entschluß zum Attentat, zur „Initialzündung fest

Ob die politischen und militärischen Vorbereitungen in Berlin zu diesem Zeitpunkt oder einige Monate später schon -oweit gediehen waren, daß die zivile Gruppe um Goerdeler, Hassell, Popitz, Jessen u. a. und die militärische um Olbricht und Oster — Beck in der Mitte und darüber -Tresckow und seinen Offizieren mit ruhigem Gewissen sagen konnten: „Wir sind fertig. Die . Initialzündung'kann in Gang gesetzt werden“, darf man wohl bezweifeln, ohne dadurch das Andenken jener Männer zu verdunkeln Nach dem mißlungenen Attentatsversuch sind sie selber zu der Überzeugung gekommen, daß die Basis der Aktion noch zu schmal gewesen war. Jedenfalls gab Olbricht Ende Februar Schlabrendorff in Berlin das auslösende Stichwort, das von Dohnanyi bei einer letzten Abrede in Smolensk bestätigt wurde. Damit waren die Würfel gefallen und die erste ernsthafte Aktion der deutschen Militäropposition während des Krieges begann abzurollen.

Die folgenden Ereignisse sind oft genug geschildert worden und brauchen an dieser Stelle nicht wiederholt zu werden Der Versuch, Hitler zu töten und dem Schicksal Deutschlands eine Wendung zu geben, scheiterte. Wie durch ein Wunder entging der Diktator dem technisch aus-gezeichnet vorbereiteten Attentat und wenig später einer zweiten Aktion, die ebenfalls ein Offizi r des Tresckow-Kreises, Freiherr v. Gersdorff, hätte durchführen sollen. Tiefe Niedergeschlagenheit bemächtigte sich der Opposition. Aber sie resignierten nicht. Namentlich Tresckow ließ sich keineswegs entmutigen, sondern intensivierte seine Bemühungen, Kluge -der über das Attentat nicht informiert war, da sich Tresckow damals noch nicht auf ihn verlassen zu können glaubte — doch noch der Opposition zu gewinnen und die Basis für einen sofort ins Auge gefaßten weiteren Versuch zu verbreitern Das Klima war dafür nicht ungünstig. Hitlers Stern, das hatten Stalingrad und Nordafrika aller Welt deutlich vor Augm geführt, sank. Die schweren Rückschläge an der Ostfront überzeugten auch die der Opposition fernstehenden Generale, daß etwas geschehen müsse, um den Einfluß Hitlers zumindest von den militärischen Operationen fernzuhalten. Vorläufig hatte Tresckow jedoch bei den Generalen des Ostheers keinen Erfolg. Feldmarschälle wie Manstein hätten es zwar sicher gern gesehen, wenn etwas geschehen wäre, aber sie waren trotz allem, was sich ereignet hatte, noch immer nicht zu bewegen, die Hand gegen Hitler zu erheben. Selbst angesichts der von Tag zu Tag schlimmere Folgen zeitigenden Eingriffe Hitlers in militärische Entscheidungen — Sünden, deren Tragweite ihr Fach-verstand sehr wohl zu beurteilen wußte — fanden die hohen Befehlshaber nicht de" Entschluß, dem Unheil zu steuern. Mit einer bemerkenswerten Ausnahme.

Tresckows Ringen um Kluge, so lange ohne tiefere Wirkung, zeitigte endlich ein entscheidendes Ergebnis Einige Monate nach den mißglückten Attentatsversuchen gingen der Feldmarschall, Tresckow und Gersdoff nahe dem Smolensker Hauptquartier der Heeresgruppe Mitte spazieren. Tresckow legte Kluge wieder einmal die Lage dar und endete mit der unerbittlichen Konsequenz: „Der Mann (nämlich Hitler) muß weg!“

Kluge: „Das kann ich nicht, dazu kann ich mich nicht durchringen.“

Tresckow antwortete ihm, den Feldmarschall erstmals mit dem Attentat konfrontierend: „Herr Feldmarschall, wir haben es bereits versucht. Der Mann, der da rechts neben ihnen geht, hat persönlich einen solchen Versuch gemacht.“

Kluge blieb stehen, griff Gersdorff beim Arm und sagte: „Gersdorff, was haben Sie getan? Wie können Sie so etwas machen?"

Gersdorff erwiderte: „Wir stehen auf dem Standpunkt, Herr Feldmarschall, daß das die einzige Lösung ist, um das Deutsche Reich und das deutsche Volk vor dem völligen Untergang zu retten.“

Tresckow hatte nicht falsch kalkuliert; Kluge sah die beiden Offiziere einen Augenblick lang an und rief dann: „Kinder, ihr habt mich!“

Der I a, der seinen Kluge sehr gut kannte, sagte: „Herr Feldmarschall, jetzt dürfen Sie aber wirklich nicht mehr zurüdt!"

Etwa zur selben Zeit wurde Graf Stauffenberg aus dem Lazarett entlassen und kam nach Berlin Damit begann die letzte Phase des militärischen Widerstands gegen Hitler: die unmittelbare Vorgeschichte des 20. Juli 1944. Politik und Zeitgeschichte AUS DEM INHALT UNSERER NÄCHSTEN BEILAGEN:

G. F. Hudson: „Chruschy’s Komet"

Günther Nollau:

„Organisation und Arbeitsweise der Komintern"

Percy Ernst Schramm:

„Polen in der Geschichte Europas"

Reinhard Wittram: „Geschichte als Fortschritt"

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Kurt Sendtner die deutsche Militäropposition im ersten Kriegs-jahr in: Die Vollmacht des Gewissens, Hrsg. Europäische Publikation e. V., Verlag Hermann Rinn München 1956, S. 383 ff.

  2. Eine entsprechende Denkschrift Leebs vom 11. Oktober und ein Brief an Brauchitsch vom 31. Oktober 1939 sind im Wortlaut veröffentlicht bei Erich Kosthorst, Die deutsche Opposition gegen Hitler zwischen Polen-und Frankreich-Feldzug, in „Aus Politik und Zeitgeschichte" EXXVI/XXVII/54, S. 369 ff. Das Zitat findet sich in dem Brief vom 31. Oktober.

  3. Zu der Rede Hitlers und der Reaktion der General vgl. Sendtner a. a. O., S. 413 ff.

  4. Generalmajor Hermann v. Witzleben, Ohrenzeuge der Rede Hitlers und der zitierten Äußerungen Schoberts und Köhlers, hat der Europäischen Publikation e. V. beide Bemerkungen mitgeteilt.

  5. Sendtner a. a. O., S. 383 ff. Hier sind auch weitere Literaturangaben dazu zu finden.

  6. Vgl. hierzu Fabian v. Schlabrendorff, Offiziere gegen Hitler, Europa Verlag Zürich 1946, S. 37 f.

  7. Ulrich v. Hassell, Vom anderen Deutschland. Aus den nachgelassenen Tagebüchern 1938— 1944, Atlantis Verlag Zürich und Freiburg i. Br. 1946. Vgl. auch die Charakterisierung Hassells bei Eberhard Zeller, Geist der Freiheit, Verlag Hermann Rinn München, Dritte Auflage 1956, S. 40 ff.

  8. Hassell a. a. O., S. 152.

  9. Hassell a. a. O., S. 156. Vgl. auch Gerhard Ritter, Carl Goerdeler und die deutsche Widerstandsbewegung, Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1954, S. 272 ff.

  10. Hassell a. a. O., S. 155.

  11. Ritter a. a. O., S. 272.

  12. John W. Wheeler-Bennett, Die Nemesis der Macht. Die deutsche Armee in der Politik 1918— 1945. Droste-Verlag Düsseldorf 1954, S. 523, 525.

  13. Mehrere Zeugnisse dieser Art von ehemaligen hohen Offizieren liegen dem Institut f. Zeitgeschichte München vor.

  14. Es ist bezeichnend, daß Memoiren ehemaliger Soldaten, die Hitler und der politischen wie militärischen Entwicklung gegenüber sonst durchaus kritisch sind, wie etwa Dietrich v. Choltitz, Soldat unter Soldaten (1951 erschienen), zu dieser Zeit nicht eine politische Bemerkung enthalten. Auch die Äußerung Gisevius'zu Hassell am 7. August 1940, daß jetzt von den Generalen nichts mehr zu erwarten sei, bestätigt diesen Eindruck; Hassell a. a. O., S. 160; daher ist die Feststellung Wheeler-Bennetts, wenn je, so habe es damals eine „unpolitische“ deutsche Armee gegeben, nicht unberechtigt; Wheeler-Bennett a. a. O., S. 524.

  15. Wie Wheeler-Bennett a. a. O., S. 520, meint.

  16. Vgl. Helmut Krausnick, Vorgeschichte und Beginn des militärischen Widerstands gegen Hitler, in „Die Vollmacht des Gewissens", S. 566 ff.

  17. Hassell a. a. O., S. 154. Natürlich war der Eindruck des Erfolgs Hitlers für seine inneren Gegner zuerst niederschmetternd; auch Hassell spricht von den „stark erschütterten Gemütern“. Aber dabei handelt es sich überwiegend um die Verzweiflung, daß der Putsch im Augenblick unmöglich geworden war und nicht um eine Preisgabe der grundsätzlichen Positionen: die Bereitschaft, bei besserer Gelegenheit zu handeln, ging nicht mehr verloren.

  18. Hassell a. a. O., S. 157.

  19. Am 18. Juni, einen Tag nach der französischen Kapitulation, waren sie sich darüber „einig, daß gerade nach dem Sieg neue Kampfmöglichkei; ten und -notwendigkeiten (gegen das Regime) kommen werden ....'. Hassell a. a. O., S. 157.

  20. Eine ausführliche Darstellung, Würdigung und Kritik, dieser Denkschrift bei Ritter a. a. O., S. 273 ff.

  21. Aussage Holders vor der Münchner Spruchkammer am 20. September 1948. Die oppositionelle Einstellung Stauffenbergs zu diesem Zeitpunkt ist nicht unbestritten. Das ist offenbar darauf zurückzuführen, daß Stauffenberg „unsicheren Kantonisten’ gegenüber vorsichtig war außerdem damals Hitlers Anteil am militärischen Sieg über Frankreich stets betont hat.

  22. Dazu Sendtner a. a. O., S. 383 ff.

  23. Vgl. das Gespräch Osters mit Hassell im März 1941; Hassell a. a. O., S. 183 f.

  24. Für den damaligen Zeitpunkt etwas zu schroff, bezeichnete Hassell sowohl Brauchitsch wie Halder als „technische Handlanger“; Hassell a. a. O.,

  25. Die Bemerkung Weehler-Benneetts aber, die Generale hätten sich damals „in ihrem Verhalten zu Hitler für parasitisches Schmeichlertum" entschieden, verkennt denn doch „die höllische Verstrickung", psychologischer wie machtpolitischer Natur, in die alle Gegner Hitlers ihm gegenüber durch seine Erfolge geraten waren; Resignation und ein politischer Frontwechsel sind sehr verschiedene Haltungen und müssen auch verschieden bewertet werden.

  26. Mehrfach bezeugt. Diese Vorgänge werden ausführlich in einer bald erscheinenden Studie H. Krausnicks, Institut für Zeitgeschichte München, über die Tätigkeit der „Einsatzgruppen" behandelt.

  27. Siehe Anmerkung 26.

  28. In den besetzten Westgebieten hat das Heer die vollziehende Gewalt behalten, wenn sie auch vielfach von den Beauftragten des RSHA durchbrochen und umgangen wurde.

  29. Wie Hitler im Dezember 1941, als er persönlich den Oberbefehl über das Heer übernahm, zu Halder sagte. Halder, Hitler als Feldherr, München 1949, S. 45.

  30. Dazu die Canaris’ damalige Haltung charakterisierende Bemerkung bei Gisevius, Bis zum bitteren Ende, Fritz Wasmuth Verlag Zürich, 1946, S 499.

  31. Schlabrendorff a. a. O., S. 25.

  32. Hassell a. a. O., S. 163.

  33. Dazu Hassell a. a. O., S. 174 und Wheeler-Bennett a. a. O., S. 535.

  34. Hassell hatte General v. Stülpnagel am 25. Januar 1941 in Pans gesprochen, aber nicht den Eindruck gewonnen , daß Stülpnagel die zum Handeln erforderliche Energie noch besitze, Hassell a. a. O., S. 179. .

  35. Wie Falkenhausen Hassell erzählte, hatte er zu den „Hauptpunkten gar „nicht vordringen" können, Hassell a. a. O., S. 183.

  36. Seine Bemerkung, zu oppositionellen Gesprächen oder gar Aktionen sei es „noch zu früh", kann angesichts seiner Gesamthaltung wohl kaum als ein solcher Beweis angesehen werden.

  37. Vgl. Anmerkung 34.

  38. Deshalb und weil sie an anderer Stelle schon ausführlich dargestellt worden sind (Ritter a. a. O., Weehler-Bennett a. a. O., Gisevius a. a. O., und entsprechende Eintragungen bei Hassell a. a. O.,) können die Planungen und Pläne der Opposition, die Auseinandersetzungen um Staatsform und Staats-struktur des künftigen nichtnationalsozialistischen Deutschland hier unberücksichtigt bleiben.

  39. Zu Zahl und Ergebnis der damaligen Auslandsdevisen und über die auftretenden Mittelsmänner berichtet ausführlich Ritter a. a. O., S. 318 ff., vor allem auch S. 525, Anm. 3.

  40. Zumal seit der Regierungsübernahme in England durch Churchill und dem deutschen Sieg im Westen die Engländer alles andere als friedens-willig waren.

  41. Es ist höchst eindrucksvoll zu sehen, wie Graf York vor dem Volks-gerichtshof in das Gebrüll Freislers hinein die Morde in Polen als sein gewichtigstes Motiv zur Beteiligung am Attentat nennt (siehe den in Hitlers Auftrag hergestellten und großenteils erhalten gebliebenen Film über die Verhandlungen vor dem Volksgerichtshof).

  42. Ausgewählte Briefe von Generalmajor Stiess, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 2. Jahrgang 1954, Heft 3, S. 291 ff. Die hier zitierten Sätze aus dem Brief von 21. 11. 1939, a. a. O., S. 300,

  43. Stiess schrieb: „Mir geht es nicht allein so, — die Herren, die dort leben müssen, empfinden dasselbe".

  44. Jochen Klepper, Unter dem Schatten Deiner Flügel, Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1956, S. 877,

  45. Zitiert aus: Der verbrecherische Befehl, in: Aus Politik und Zeit-geschichte BXXVII/57. Hier findet sich in der Einleitung eine exakte und ausführliche Darstellung der Entstehungsgeschichte des sog. „Kommissarbefehls" vom 6. 6. 1941 und des „Erlaß über die Ausübung der Kriegs-gerichtsbarkeit im Gebiet . Barbarossa’ und über besondere Maßnahmen der Truppe" vom 13. 5. 1941; die der Einleitung folgende Diskussion zwischen ehemaligen Offizieren, Historikern und Juristen beleuchtet die völkerrechtliche Problematik beider Befehle.

  46. Der verbrecherische Befehl a. a. O., S. 431 f.

  47. Vgl. Brauchitschs Aussage in Nürnberg am 9. 8. 1946, IMT, X, S. 635.

  48. Jod) hat das in Nürnberg bestätigt: „Es gab darüber sehr erregte Auseinandersetzungen mit dem Oberbefehlshaber des Heeres." IMT, XV, S. 339. Ähnlich äußert sich der an den Befehlsentwürfen beteiligte General z. B. V. Müller zu dem Abgesandten des Feldmarschalls v. Bock, Major Frhr. v. Gersdorff, als dieser den Protest des Oberbefehlshabers der Heeresgruppe Mitte überbrachte, siehe weiter unten.

  49. Vgl. Halders Aussage vor der Spruchkammer München. Schlabrendorff (a. a. O., S. 45) berichtet, Halder habe damals sogar, nach einer Erzählung Tresckows, wieder daran gedacht, Hitler gewaltsam zu beseitigen, sei aber an Brauchitschs Weigerung, sich an einem Staatsstreich zu beteiligen, gescheitert. Ob Halder tatsächlich zum Putsch entschlossen war, ist bei einer Würdigung seiner Gesamthaltung aber doch zumindest fraglich.

  50. Im gleichen Sinne hat sich Brauchitsch, laut seiner Aussage in Nürnberg, auch nach der Besprechung vom 30. März 1941 geäußert.

  51. Der verbrecherische Befehl, a. a. O., S. 433 ff.

  52. Brauchitsch in Nürnberg: „Ich mußte aber dem Heere die Handhabe geben, sich von diesem Befehl (Kommissarbefehl) abzusetzen. Aus diesem Grunde gab ich einen Befehl über die Handhabung der Disziplin heraus." Es ist aber nicht auszuschließen, daß Brauchitsch mit dem Zusatzbefehl lediglich den Gerichtsbarkeisbefehl, nicht aber den Kommissarbefehl abschwächen wollte; vgl. hierzu „Der verbrecherische Befehl" a. a. O., S. 433 f.

  53. So Hassell am 4. Mai 1941, a. a. O., S. 200. Am 16. Juni (a. a. O., S. 209) kommentierte Hassell: „Sie (Brauchitsch und Halder) haben die Verantwortung übernommen und durch einige an sich gar nichts ändernde, aber den Schein wahrende Zusätze (über die Notwendigkeit, die Disziplin zu wahren usw.) sich selbst und andere getäuscht. — Hoffnungslose Feldwebel.“

  54. Aussage des Generalmajors a. D. R. v. Gersdorff, Archiv der Europäischen Publikation e. V.

  55. Bericht des Generalmajors . a D. R. v. Gersdorff, Archiv der Europäischen Publikation e. V.

  56. Gersdorff sind Tresckows Sätze gerade deshalb so deutlich in Erinnerung geblieben, weil er sie zuerst etwas übertrieben fand.

  57. Möglicherweise war Bocks Überraschung nicht ganz echt und er wollte nur vor Tresckow nicht zugeben, daß er am 30. März nicht energisch genug protestiert hatte.

  58. Bock hat, wenigstens gegen den. Gerichtsbarkeitsbefehl, am 4. 6. 1941 auch noch durch seinen Stabschef, General v. Greiffenberg, und am 7. 6. persönlich (telefonisch) bei Brauchitsch Einspruch erhoben. (Persönliche Aufzeichnungen des Feldmarschalls v. Bock).

  59. Vgl. Anmerkung 48.

  60. So General v. Gersdorff, Archiv der Europäischen Publikation e. V.

  61. Schlabrendorff a. a. O., S. 33; zu Tresckow auch Zeller a. a. O., S. 127 ff.

  62. Bericht Gersdorffs a. a. O., Daß auch Weichs die Befehle scharf ablehnte, ist durch seinen damaligen Stabschef, Generalmajor a. D. v. Witzleben, bezeugt (Archiv der Europäischen Publikation e. V.). Kluge reagiert ebenfalls von sich aus sehr empört.

  63. Gersdorff a. a. O.

  64. Zur Reaktion Leebs die Aussage des damaligen Ilb der Heeresgruppe Nord Oberst a. D. v. Bischoffshausen, im Archiv der Europäischen Publikation e. V.

  65. Die Auffassung, daß der Oberbefehlshaber einer Heeresgruppe als „Frontbefehlshaber" auf Befehle nicht anders zu reagieren hat, wie ein Leutnant, d. h. sie auszuführen hat, ohne nach ihrer sittlichen (oder militärischen) Berechtigung zu fragen ist denn wohl doch nicht haltbar.

  66. Hassel a.a.O. S. 212

  67. Wenig Menschen, die damals in Deutschland lebten, werden bestreiten, daß ihnen schon bei der ersten Nachricht über den Beginn des Angriffs auf Rußland solche oder ähnliche Gedanken kamen.

  68. Als Beleg seien hier für die Stimmung in der Truppe Hohoff, Woina Woina, und Choltlitz, Soldat unter Soldaten angeführt; hinsichtlich der Auffassungen auf höherer Ebene v. Manstein, Verlorene Siege, und Guderian, Erinnerungen eines Soldaten.

  69. So Gersdorff a. a. O.

  70. Aktennotiz der Abt. La/WFSt OKW v. 1. 5. 1941 (Dok. NOKW — 2504).

  71. Dok. PS — 444; zu den Einsatzgruppen vgl. Anm. 26.

  72. Tätigkeitsbericht Jan. —Juli 1941 der Panzergruppe 3 Abt. Ic.

  73. Stiess a. a. O.

  74. Zeugnis Prof. Dr. Maurach, damals Offizier im Stabe der 16. Armee, Archiv der Europäischen Publikation e. V.

  75. Zeller a. a. O. S. 134; Gersdorff a. a. O.; Schlabrendorff a. a. O., S. 53 f.

  76. Schlabrendorff a. a. O., S. 53 f.

  77. Gersdorff a. a. O.

  78. Schlabrendorff a. a. O., S. 53 f; Gersdorff a. a. O.

  79. Stiess a. a. O., 5. November 1941.

  80. Stiess a. a. O., 24. November 1941.

  81. Stiess a. a. O.

  82. Maurach a. a. O.

  83. v. Bischoffshausen a. a. O.

  84. Gersdorff a. a. O.

  85. Der Bericht befindet sich im Archiv des Instituts für Zeitgeschichte München.

  86. Manstein am 20. November und Reichenau am 10. Oktober 1941, Dok. D — 411 u. PS — 4064.

  87. hamel, a.a.=. S. 208

  88. Vgl. hierzu auch: Der verbrecherische Befehl, a. a. O., S. 438; eine eingehende Untersuchung der psychologischen Situation des deutschen Offizierskorps und ihrer Wandlungen ist von der Europäischen Publikation e. V. in Aussicht genommen.

  89. Hassell a. a. O., S. 231.

  90. Zu diesem Problem und anderen Fragen der militärischen Operationen wird im Rahmen der Europäischen Publikation demnächst eine Studie aus der Feder H. Uhligs erscheinen.

  91. Stiess a. a. O., 23. August 1941.

  92. Stiess a. a. O.

  93. Hassell a. a. O., S. 215.

  94. Zu der Persönlichkeit Witzlebens vgl. Zeller a. a. O., S. 30: „Man konnte ihn für einen General aus der Umgebung Kaiser Wilhelms I. halten“.

  95. Hassell a. a. O., S. 245 über Falkenhausen: „ ... klug, klar, nüchtern . • Folglich ist er in seiner Position sicher gefährdet. Ich war ganz einig mit ihm".

  96. Hassell a. a. O., S. 215.

  97. Hassell a. a. O., S. 219. — General d. I. Olbricht war seit Mai 1940 Chef des Allgemeinen Heeresamtes und schon im Frühjahr 1940 zur Opposition gestoßen, vgl. Ritter a. a. O., S. 268. Die Angabe bei Gisevius, Olbricht sei erst im Frühjahr 1942 von Oster gewonnen worden, dürfte kaum stimmen; Gisevius a. a. O., S. 509.

  98. Hassell a. a. O., S. 219.

  99. Hassell a. a. O., S. 224; Ritters Darstellung ist etwas irreführend (a. a. O., S. 344): mit General von Sodenstern, dem Chef der Heeresgruppe Süd, hat Thomas nicht gesprochen. Die entsprechende Stelle bei Schlabrendorff (a. a. O., S. 59) ist irrig.

  100. Hassell a. a. O., S. 224.

  101. Hassell a. a. O., S. 229.

  102. Hassell a. a. O., S. 229.

  103. Hassell a. a. O., S. 230.

  104. Hassel! a. a. O., S. 230.

  105. Hassell a. a. O., S. 230. '

  106. Hassell a. a. O., S. 230.

  107. Hassell a. a. O., S. 231.

  108. Hassell a. a. O., S. 232.

  109. Hassell a. a. O., S. 232.

  110. Hassell a. a. O., S. 232 ff.

  111. Hassell a. a. O., S. 237, auch zum folgenden Zitat.

  112. Hassell a. a. O., S. 239 ff.

  113. Schlabrendorff a. a. O., S. 52: Schlabrendorff hörte Bocks Ausbruch mit eigenen Ohren, da er im Vorzimmer des Feldmarschalls saß.

  114. Hassell a. a. O., S. 245.

  115. Hassell hat die Mitglieder der Widerstandsbewegung so genannt.

  116. Hassell a. a. O., S. 244; vgl. auch Gisevius a. a. O., S. 499 f. und Ritter a. a. O., S. 346.

  117. Hassell a. a. O., S. 244; Die Bemerkung bei Gisevius (a. a. O., S. 500), Beck habe über die Witzleben betreffenden Pläne nur gelächelt, trifft. also nicht zu.

  118. Hassell a. a. O., S. 248.

  119. Hassell a. a. O., S. 251; vgl. Gisevius a. a. O, S. 500: „Witzleben war über diese Zumutung so empört, daß er sich derartig unsubstantiierte Vorschläge ein für allemal verbat".

  120. Hassell a. a. O., S. 252.

  121. Zu dem Vertreter des Auswärtigen Amtes beim FHQ, v. Etzdorf, sagte Halder im Februar 1942, er könne stundenlang ganz frei mit dem „Führer“ reden, sogar mit den Händen in der Tasche; Hassell a. a. O., S. 252.

  122. Stiess a. a. O., 10. Januar 1942.

  123. Stiess a. a. O.

  124. Stiess a. a. O.

  125. Stiess a. a. O.

  126. Z. B.der Generaloberst Hoepner, der ohne Kriegsgerichtsurteil aus der Armee ausgestoßen wurde, weil er einen militärisch nicht nur zu rechtfertigenden, sondern unbedingt notwendigen Rückzugsentschluß gefaßt hatte.

  127. Hassel! a. a. O., S. 255, berichtete, daß der Sohn Goerdelers seiner politischen Anschauungen wegen von seinem Kompaniechef denunziert wurde und vor ein Kriegsgericht kam, wobei der Kommandeur Goerdelers wiederum ein Mitglied des Gerichts regelrecht bedrohte, falls er den Angeklagten nicht verteidige. Hassell sprach daraufhin von dem „gespaltenen Geist der verwirrten Wehrmacht, die keinen echten Führer hat".

  128. Stiess a. a. O., 5. November 1941.

  129. Hassell a. a. O., S. 256.

  130. Gersdorff a. a. O.; Schlabrendorff a. a. O., S. 46; zu dem Kreis gehörten außer den noch zu Nennenden vor allem Oberst v. Kleist, Oberst Schultze-Buettger, Oberstleutnant v. Voss, Rittmeister, später Oberst v. Boeselager; zu ihrer Persönlichkeit vgl. Zeller, a. a. O., S. 132 ff.

  131. Schlabrendorff a. a. O., S. 43 f.

  132. Schlabrendorff a. a. O., S. 43 f.

  133. Schlabrendorff a. a. O., S. 46.

  134. Gersdorff a. a. O. . .

  135. Gersdorff a. a. O. — Die unbelegte Darstellung eines „dilettantischen Putschversuchs des Tresckow-Kreises im Jahre 1941 bei Wheeler-Bennett (a. a. O., S. 539) entbehrt jeder Grundlage.

  136. Gersdorff a. a. O.

  137. Gersdorff a. a. O.

  138. Gersdorff a. a. O.

  139. Hassell a. a. O., S. 229.

  140. Ritter a. a. O.. S. 346.

  141. Schlabrendorff a. a. O., S. 60.

  142. Schlabrendorff a. a. O., S. 61.

  143. Schlabrendorff (a. a. O., S. 60) berichtet, seine Freunde hätten Tresckow daher den „Uhrmacher" genannt.

  144. Schlabrendorff a. a. O., S. 65.

  145. Hassel a. a. O., S. 274.

  146. Die Papiere hatte Oster, d. h. die Abwehr geliefert; vgl. Ritter a. a. O., S. 248.

  147. Schlabrendorff a. a. O., S. 66.

  148. Schlabrendorff a. a. O., S. 66.

  149. Ritter a. a. O., S. 535. Anm. 14; auch Gisevius (a. a. O., S. 507) schreibt: „Es kam zu festen Abreden".

  150. Hassell a. a. O., S. 281.

  151. Gisevius schreibt, Kluge habe sogleich einen Brief an Beck abgesandt, um eventuellen „Mißverständnissen" vorzubeugen, a. a. O., S. 508.

  152. Schlabrendorff a. a. O., S. 67.

  153. Schlabrendorff a. a. O., S. 71.

  154. Schlabrendorff a. a. O., S. 71.

  155. Zur Eidfrage siehe Weinkauff, Die Militäroppisition gegen Hitler und das Widerstandsrecht; Pribilla, Der Eid nach der Lehre der katholischen Moraltheologie; Künneth, Die evangelisch-lutherische Theologie und das Widerstandsrecht; alle drei in: Die Vollmacht des Gewissens, a. a. O

  156. Gersdorff a. a. O.

  157. Gersdorff a. a. O.

  158. Stiess a. a. O., 28. August 1942.

  159. Die jeweilige Kriegslage spielte für den Kreis um Tresckow nur ins 0, fern eine Rolle, als der Zeitpunkt eines Attentats natürlich psychologisch richtig gewählt sein mußte.

  160. Zu den Plänen und Vorbereitungen vgl. Ritter a. a. O., S. 272 f. Der von Gisevius (a. a. O., S. 511) mitgeteilte Plan, mit Hilfe von Paulus und der Stalingrad-Armee gegen Hitler loszuschlagen, hat als reale Grundlage aller Wahrscheinlichkeit nach nur einige Gespräche und ist so vage, daß er hier unberücksichtigt bleiben kann.

  161. Zu den Attentatsversuchen am 13. und 18. März 1943 vgl. vor allem Zeller a. a. O., S. 139 ff; Schlabrendorff a. a. O., S. 76 ff.

  162. Gersdorff a. a. O.

  163. Der folgende Bericht nach Gersdorff a. a. O.

  164. Zeller a. a. O., S. 165.

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Hermann Graml, geboren am 10. November 1928. Gymnasium Günsberg, Bayern. Universitätsstudien München, Tübingen: Geschichte, Germanistik und Politische Wissenschaften, Mitarbeiter am Institut für Zeitgeschichte.