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Die neue Türkei im Spiegel der modernen türkischen Literatur | APuZ 34-35/1960 | bpb.de

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APuZ 34-35/1960 Die neue Türkei im Spiegel der modernen türkischen Literatur

Die neue Türkei im Spiegel der modernen türkischen Literatur

OTTO SPIES

I. Einleitung

INHALT I. Einleitung II. Themen der neuen Literatur 1. Der Freiheitskampf und der nationale Gedanke 2. Auseinandersetzung zwischen Ost und West, der Konflikt zwischen Tradition und modernem Denken 3. Verschiebung des literarischen Schwerpunkts 4. Das soziale Problem: Bauer—Arbeiter 5. Stadt und Land 6. Kulturelle Besinnung III. Literarische Wertung

Die geschichtliche Entwicklung des Osmanischen Reiches im 19. und 20. Jahrhundert führte zu einer bewußt erstrebten Annäherung an Europa und zu einer Verwestlichung der bestehenden türkischen Kultur-und Lebensformen. Ausgangspunkt bildete die Zeit der Reformen (Tanziwat) die 1839 während der Regierung von Abdülmecid (1839— 1861) unter dem Außenminister und Großwezier Reid Pascha begannen und zu einer immer stärker werdenden Europäisierung führten, bis Atatürk die Europäisierung der Türkei als System konsequent durchgeführt hat. Die moderne türkische Republik ist das Ergebnis dieser Revolution und Evolution.

In enger Verbindung mit diesen politischen und zivilisatorischen Reformbestrebungen des Osmanischen Reiches stand auch die Verwestlichung der klassisch-orientalischen türkischen Literatur, die sich immer mehr von persischen und arabischen Vorbildern in Form und Inhalt löste und in der Mitte des 19. Jahrhunderts zu der modern-europäischen Richtung der türkischen Literatur führte Man pflegt, ungeachtet einiger Vorläufer, $inasi als den Begründer der türkischen Moderne zu bezeichnen und als ihr Geburtsjahr das Jahr 1859 anzusehen, in dem inasi seine Übersetzungen französischer Poesien und Fabeln ins Türkische erscheinen ließ, inasi war bestrebt, die alte, den breiten Volksschichten unverständliche Sprache der Literatur aufzugeben und der Dichtung einen neuen Gehalt zu verleihen, da die Inhalte der traditionellen klassischen Literatur den neuen Gedanken nicht mehr gerecht wurden.

Die türkische moderne Literatur ist also heute hundert Jahre alt und hat in diesen hundert Jahren eine Entwicklung durchgemacht, innerhalb derer wir vier Epochen unterscheiden. Um die heutige Stellung der zeitgenössischen Literatur richtig verstehen zu können, ist es erforderlich, sich in einigen Sätzen einen Überblick über diese Literaturentwicklung zu verschaffen.

Die erste Epoche brachte zahlreiche Übersetzungen aus dem Französischen, die als Vorbild für eigene Schöpfungen galten. Dadurch wurde der Bruch mit der überkommenen Tradition vollzogen. Das hatte allerdings zur Folge, daß die türkische Literatur zunächst fast nichts anderes darstellte als französische Literatur in türkischem Gewand. Auch die Themen waren dieselben: Weltschmerz, Sentimentalität, Liebes-szenen und Kirchhofsromantik sind die immer wiederkehrenden Züge fast aller Dichtwerke aus jener Zeit. Durch die Literatur drangen gleichzeitig aber auch die westlichen Ideen: Freiheit, Vaterland, Demokratie, Liberalismus, Konstitution in die Gedankenwelt der türkischen Gebildeten ein.

In der zweiten Epoche bemühten sich die türkischen Schriftsteller, nachdem der Anschluß an Europa und die Loslösung von der alten Tradition vollzogen war, sich von den fremden Einflüssen und Vorbildern freizumachen und ihre eigenen Gedanken und Gefühle, wenn auch noch in überladener, gekünstelter Sprache, auszudrücken. Zur Frage des Inhalts kam nun noch die Frage der Form. Diese Epoche wird durch eine literarische Bewegung gekennzeichnet, deren Sprachrohr die 1891 gegründete Zeitschrift Servet-i fiinun „Schatz der Wissenschaften“ war und zu der Männer wie Tevfik Fikret, Halit Ziya und Recai Ekrem gehörten. Die Schriftsteller strebten nach der reinen Kunst gemäß der Losung l'art pour Part. Doch durch das absolutistische Regime des Sultans Abdülhamid war die literarische Produktion und die geistige Arbeit gehemmt.

Mit der jungtürkischen Revolution von 1908 begann die dritte Epoche die durch den nationalen Gedanken bestimmt ist und von den Türken daher milli edebiyat „nationale Literatur“ genannt wird. Jetzt lautete die Devise: halka dogru „hin zum Volk“. Dieses Ziel suchte man zu erreichen einerseits durch die Sprachreform, andererseits durch die nationale Idee. Die Vertreter dieser Richtung, die „Neusprachler" (yeni lisanctlar), wollten die Volks-und Umgangssprache zur Schriftsprache erheben und in einer auch dem einfachen Mann verständlichen Sprache schreiben, indem sie die arabischen Und persischen Wörter und Konstruktionen durch rein türkische ersetzten und anstelle des klassischen quantitierenden Metrums die volkstümliche Silbenzählung verwandten. In inhaltlicher Beziehung betonten sie das Volkstum und nahmen ihre Stoffe aus der nationalen Geschichte und dem völkischen Leben. Ihre Hauptvertreter sind ÖmerSeyfettin, AliCanib, Mehmed Emin und als Kulturphilosoph Ziya Gökalp. Die philosophisch-soziologischen Ideen Ziya Gökalp’s, welche er in seiner programmatischen Schrift Türksülügün Esaslari, „Die Grundlagen des Türkentums“ niedergelegt hat, haben auf das ganze Volk, besonders auf die Jugend, einen tiefen und entscheidenden Eindruck ausgeübt; sie haben die Grundlagen für das neue nationale Leben gebildet. Man darf wohl behaupten, daß Ziya Gökalp die geistigen Voraussetzungen für die neue Türkei geschaffen hat, Atatürk aber den Türken das Vaterland und die politische Unabhängigkeit geschenkt hat.

Mit dem Freiheitskrieg im Jahre 1920 beginnt die v i e r t e Epoche welche man die „kemalistische Periode" der türkischen Literatur nennen kann. Aus dem Freiheitskampf, der im Jahre 1923 siegreich zu Ende geführt war, ist die neue Türkei als politisch unabhängiger Staat hervorgegangen. Zur inneren Erneuerung der Türkei wurden Reformen und Maßnahmen auf fast allen Gebieten durchgeführt, über welche die meisten Veröffentlichungen der letzten Jahrzehnte berichten. Dadurch wurde das politische und kulturelle Leben der modernen Türkei tiefgehend beeinflußt und umgestaltet. Diese Wandlungen lassen sich deutlich im schriftstellerischen Schaffen dieser Epochen verfolgen. Wir wollen daher diese Strömungen darstellen, wie sie sich in der Gegenwartsliteratur widerspiegeln, die Themen und wirkenden Kräfte, die Gegenstand der literarischen Werke sind, untersuchen und die Motive aufzeigen, die den Autor zur Feder zwangen. Daß wir dabei auch den Inhalt einer Reihe von Werken wiedergeben müssen, liegt auf der Hand, da er nicht immer als bekannt vorausgesetzt werden kann. Wenn wir die den Werken zugrundeliegenden Ideen und Themen in einzelne Abschnitte eingliedern wollen, so lassen sich sechs Bereiche aufstellen, wobei es unvermeidlich ist mitunter etwas zu verallgemeinern und zu schematisieren, was daher nicht als unüberlegt aufgefaßt werden möge. Diese sechs Bereiche sollen im folgenden behandelt werden.

II.

Themen der neuen Literatur

1. Der Freiheitskampf und der nationale Gedanke

Am Ende des Ersten Weltkrieges war das Osmanische Reich zusammengebrochen und wurde unter die Sieger aufgeteilt: der europäische Besitz ging an Griechenland über, die arabischen Provinzen wurden abgetrennt, ein armenischer und kurdischer Staat sollten im Nordwesten und Osten Kleinasiens gegründet werden, selbst Kleinasien wurde größtenteils in eine griechische, französische und italienische Interessen-zone eingeteilt. Im Frieden von Sevres erkannte die. Sultanregierung am 10. August 1920 diese Bedingungen an. Dägegen erhob sich ein nationaler Widerstand, der aufs engste mit der Persönlichkeit Mustafa Kemal Paschas, der sich später Kemal Atatürk nannte, verknüpft ist. Atatürk organisierte eine nationale Verteidigung, sammelte die militärischen Kräfte und baute den Widerstand auf. Am 22. Juni 1920 begann der LInabhängigkeitskrieg, den die nationale Regierung in Ankara führte. Der Verlauf des türkischen Freiheitskampfes, den G. Jäschke in seinem Aufsatz „Der Freiheitskampf des türkischen Vo August 1920 diese Bedingungen an. Dägegen erhob sich ein nationaler Widerstand, der aufs engste mit der Persönlichkeit Mustafa Kemal Paschas, der sich später Kemal Atatürk nannte, verknüpft ist. Atatürk organisierte eine nationale Verteidigung, sammelte die militärischen Kräfte und baute den Widerstand auf. Am 22. Juni 1920 begann der LInabhängigkeitskrieg, den die nationale Regierung in Ankara führte. Der Verlauf des türkischen Freiheitskampfes, den G. Jäschke in seinem Aufsatz „Der Freiheitskampf des türkischen Volkes“ in „Welt des Islam", Bd. 14 (1934), S. 6— 21 dargestellt hat, ist bekannt. Nach den glänzenden Siegen über Armenien und die Griechen kam am 24. Juli 1923 der Friede von Lausanne zustande, in dem die Türkei als politisch unabhängiger und nationaler Staat hervorging.

Aus dem osmanischen Nationalitäten staat war ein türkischer Nationalstaat geworden, der keine Minderheitenprobleme mehr kannte. Das Nationalgefühl war erstarkt, der Nationalismus eine Weltanschauung geworden, deren Ziel die Nationalisierung der Türkei war. Auch die Literatur wurde nun Ausdruck des nationalen Denkens und Wollens; sie wurde jetzt bewußt auf den nationalen, ja nationalistischen Boden gestellt. Das Erlebnis des Freiheitskampfes stand in den ersten Jahren der neuen Türkei im Mittelpunkt und hat in der Literatur deutliche Spuren hinterlassen. Die Dichter und Schriftsteller nahmen ihre Stoffe und Themen aus dem Freiheitskampf und besangen die Tapferkeit, den Heldenmut und die Opferfreudigkeit der Soldaten und des Volkes, einschließlich der türkischen Frauen.

Das Hohe Lied des Freiheitskampfes hat HalideEdib Adi v ar in ihrem Roman Ateften Göwlek „Das Flammenhemd“ 8) besungen, der übrigens auch verfilmt wurde; er ist das stärkste Dokument jener Zeit überhaupt. Bekanntlich hatte die Dichterin aktiven Anteil genommen, indem sie die Soldaten an der Front und das Volk in Anatolien zum Kampf anfeuerte. Ihr kriegerischer Einsatz brachte ihr den Titel Oubafi, d. h. Gefreiter, ein. Neben diesem Roman hat sie auch eine Novellen-sammlung Daga fikan kurt „Der auf den Berg gestiegene Wolf“ geschrieben; dieser Titel ist symbolisch: der Wolf ist seit alters her das Wappen-tier der Türken und der ideomatische Ausdruck besagt so viel wie „die Fahnen des Aufstandes hissen“. 9) In kleinen Erzählungen und Essays schildert sie die täglichen Nöte und schweren Leiden des türkischen Volkes in dieser großen Zeit. Überall offenbart sich hier das zarte Gefühl einer Frau; so führtuns „Der Kürbiskernverkäufer“ 10) einen armen, aber stolzen türkischen Knaben lebendig vor Augen.

Ein Gegenstück zu Halide Edibs „Das Flammenhemd“ ist Y a k u b Kadri Karaosmanoglu's Roman Yaban „Der Fremdling“; auch dieser Roman behandelt die Zeit des Freiheitskampfes. Das Buch liegt in deutscher Übersetzung von Max Schultz vor. In Form einer Selbst-aufzeichnung beschreibt der Dichter die geistigen und sozialen Verhält-nisse Anatoliens während des Befreiungskrieges. Nadi dem verlorenen Weltkrieg kommt der vestümmelte Offizier Ahmed Celal zu den Bauern Anatoliens und, obwohl er unter ihnen und mit ihnen lebt, wird er, der Stambuler Gebildete, als Fremdling betrachtet und mit Mißtrauen behandelt. Mit unbarmherziger Offenheit zeigt der Dichter die große Kluft auf, die zwischen den türkischen Intellektuellen und den einfachen anatolischen Beauern besteht.

Im Vorwort zu ihrem Roman berichtet uns H a 1 i d e E d i b, daß der Titel eigentlich von Yakub Kadri stammte; er sagte zu ihr: „Idi werde einen türkischen Roman schreiben mit dem Titel , Das Flammen-Itemd“'. Als sie ihm entgegnete, daß auch sie ein Flammenhemd schreiben werde, bittet er: „Tun Sie das nidtt. Haben Sie denn keinen anderen Romantitel?“ Halide Edib schrieb als erste den Roman und rechtfertigte sich Yakub Kadri gegenüber: „Idt weiß, daß Sie diesen Roman wie alle Ihre Werke aus Ihrem Innern heraus sdtreiben, seine ganze Lebensfähigkeit aus den Tiefen Ihrer Schöpferkraft hervorholen. Daher sind die, die Ihr Flammenhemd tragen, nicht die, die das meine anhaben.“

Heute, wo beide Romane vorliegen, tritt diese fein angedeutete Tatsache und die verschiedenartige Kunst beider Schriftsteller deutlich zutage. Während Halide Edib mit zarter Frauenseele die Gestalten unmittelbar malt, miterlebt und idealisiert, sind sie für Y a k u b Kadri ein psychologisches Problem. Er analysiert sie, reflektiert über sie, hat eine Freude an der seelischen Analyse, die den Leser zuweilen ermüden kann. Mir persönlich scheint Halide Edib's Roman viel stärker, weil er unmittelbarer ist; er ist leidenschaftlicher und fesselnder, während Yakub Kadri — seiner ganzen Veranlagung nach — auf die psychische Gestaltung den Hauptwert legt.

Wie Halide Edib, so hat auch Yakub Kadri unter dem Eindruck des türkischen Freiheitskampfes eine Novellensammlung Rahmet „Mitleid" geschrieben. In der kurzen Erzählung „Von Sehnsucht zu Sehnsucht“ ist auch hier auf die psychologische Entwicklung, die meisterhaft gezeichnet ist, das Hauptgewicht gelegt. Der aus der Gefangenschaft des ersten Weltkrieges Heimgekehrte findet nach Jahren der Sehnsucht seine geliebte Heimatstadt Istanbul verändert und entfremdet vor. Von Freunden vergessen, aller Hoffnung beraubt, enttäuscht über die von dem Bild seiner Vorstellung entfernte Wirklichkeit verfällt er in tiefe seelische Depression. Nur die ihm von einem Gleichgesinnten vermittelte Idee des Freiheitskampfes führt ihn zu neuer Kraft, zu neuem Streben und zu neuer Hoffnung.

Andere seiner Erzählungen sind in dem Buch Milli Savas Hikäyeleri „Erzählungen über den nationalen Kampf“ zusammengestellt. (Verlag: Varlik Yayanlar). Yakub Kadri, der Politiker und Diplomat ist, hat noch einige Romane aus dem politischen Zeitgeschehen geschrieben. Der Roman Sodom ve Gomore „Sodoma und Gomorrha“ schildert die schwere Besatzungszeit Istanbuls durch alliierte Truppen und das damalige ausschweifende Leben in den kosmopolitischen Kreisen. Von diesem Roman habe ich eine deutsche Übersetzung angefertigt, die jedoch noch nicht verlegt ist Einen Abschnitt aus dem Freiheitskampf erleben wir in dem Roman „Ankara“ auf das als die neue Hauptstadt nach dem Siege hingewiesen wird.

Der nationale Freiheitskampf ist noch oft zum Thema von Dicht-werken gewählt worden. Neben den beiden führenden türkischen Schriftstellern haben auch andere Literaten ihre Anregungen dieser großen Zeit entnommen. So schildert BurhanSadikin dem Roman Yalaza die Freiwilligen, die über Inebolu nach Ankara zogen, während die Novellensammlung von Read Enis Aygen mit dem Titel Kth-cimi süriiyorum „Ich ziehe meinen Degen“ spannend erzählte Kriegs-novellen enthält. Die feinsten Stücke daraus sind wohl „Die Gefreite Zeynab" und „Das Grabgebet“. Zeynab, eine Witwe, deren Mann im Weltkrieg gefallen ist, hatte sich im Freiheitskampf als Munitionsträgerin gemeldet. Auf einem anatolischen Ochsenkarren brachte sie Lebensmittel und Munition bis in die ersten Linien. Dem Bataillon, dem sie zugeteilt war, hatte sie schon wertvolle Kriegsdienste geleistet. In einem Städtchen, wo sich eines Abends der Feind festgesetzt hatte und sich für die Verteidigung vorbereitete, lag ein Munitionslager, dessen Sprengung befohlen wurde. Zeynab hatte davon gehört und war dann verschwunden. In der Nacht ging das Munitionslager plötzlich in die Luft; die türkischen Soldaten drangen in die Stadt ein und fanden Zeynab tot unter den Trümmern

Die Erzählung „Das Grabgebet“ führt uns in die letzten Monate des Weltkrieges. Der Dampfer, der vor einigen Monaten junge frische Soldaten nach Gallipoli gebracht hat, kehrt mit Verwundeten, Kranken und Kampfunfähigen nach Istanbul zurück. Istanbul, die Stadt der Sehnsucht, ist in Sicht. Das Schiff landet. Am Quai drängen sich die Menschen, um ihre Angehörigen zu erwarten. Ömer wird nicht abgeholt; er hat nur noch ein altes Mütterchen. Er eilt in sein Stadtviertel, doch die Häuser sind durch die große Feuersbrunst zerstört. Auf den Trümmern findet ihn der Nachtwächter Halim Aga, ein alter Freund von ihm, der auch nur weiß, daß seine Mutter nach der Feuersbrunst fortgegangen ist. Vor einem Jahr hat er sie noch einmal gesehen. Ömer hat den Beruf eines Totengräbers, den er jetzt wieder ausübt. In der Freizeit sucht er seine Mutter überall, ohne sie oder nur eine Spur von ihr zu finden. Eines Nachmittags, nachdem Ömer tagsüber schon viele Gräber ausgeworfen hatte, kommt der Imam mit einem kleinen Leichenzug. Trotz der Müdigkeit von des Tages Arbeit gräbt er auch dieses Grab noch. Es ist, denkt er, ein gutes Werk für eine alte Frau, die keine Angehörigen mehr hat. Aus den Gesprächen der Umstehenden ahnt Ömer, daß die Tote seine Mutter sein könnte, und als der Imam das Grabgebet spricht, wird ihm zur Gewißheit, daß er sein altes Mütterchen, nach dem er. sich jahrelang sehnte, begraben hat.

Mit diesen Beispielen aus der schönen Literatur, die als Proben genügen, mag es sein Bewenden haben; sie zeigen hinreichend, wie stark und nachhaltig der nationale Kampf in der Literatur Widerhall gefunden hat. Daß die Gestalt des Atatürks zu Biographien und Lebenserinnerungen natürlich reichlich Stoff geboten hat, liegt auf der Hand. Ruen Eref Ünaydin hatte die Schrift „Interview mit Mustafa Kemal, dem Dardanellen-Kommandant“ über die Dardanellenkämpfe veröffentlicht, von der auch eine deutsche Übersetzung vorliegt (Graz 1933 bei Leykam). Die von F a 1 i h R i f k i gesammelten und größtenteils von Atatürk diktierten „Erinnerungen des Gazi Mustafa Kemal Pascha" sind von J. Deny ins Französische übersetzt worden (Revue des Etudes Islamiques 1927). Anstatt auf weitere biographische Werke einzugehen, nenne ich nur noch das Buch Babamin Arkadaflart „Meines Vaters Freunde“ von Samed A g a o g 1 u , der hoher Ministerialbeamter und führendes Mitglied der demokratischen Partei war. Er und seine Familie standen in enger Beziehung zu Atatürk.

2. Auseinandersetzung zwischen Ost und West Der Konflikt zwischen Tradition und modernem Denken

Nadi dem Freiheitskampf ging die Türkei an den inneren Aufbau und systematischen Ausbau des neuen Staates. Fast alles, was an das alte Osmanische Reich erinnerte, wurde abgeschafft. Die einzelnen Etappen der Reformen sind allgemein bekannt. Durch die Aufhebung von Sultanat und Kalifat, durch die Trennung von Religion und Staat, durch die Abschaffung des religiösen Rechts und religiöser Einrichtungen ist das ganze Leben säkularisiert worden. Das öffentliche Leben wurde radikal entislamisiert. Die religiös gebundenen Anschauungen und traditionell verankerten Vorstellungen machten einer weltlichen Denkweise Platz. Im Gegensatz zur früheren theologischen Denkweise zeigt sich jetzt ein eindeutig laizistisches Denken. Daraus mußte notwendigerweise ein Konflikt zwischen der überkommenen Tradition und den neuen, aus dem Westen übernommenen Anschauungen entstehen.

Dieser Konflikt hat in der schönen Literatur einen deutlichen Niederschlag gefunden, indem er den modernen Schriftstellern reichlich Themen und Stoffe geliefert hat. Aus diesem Gebiet sollen nun einige Literaturwerke als Beispiele besprochen werden.

Zunächst nenne ich den Roman Yaprak Dökümü „Der Blätterfall“ von Read Nuri Güntekin. Hier wird der Verfall einer Familie behandelt, deren Kinder die neue soziale Ordnung mißverstehen. Während der Vater treu und ehrlich seinen alten Weg geht, kommen der Sohn und die Töchter mit dem Gesetz und der Gesellschaftsordnung in Konflikt. Um seine Familie zu erhalten, macht der Vater Schulden und verliert, da er das Geld nicht zurückgeben kann, Haus und Heim.

So fällt ein „Blatt“ nach dem anderen vom „Baum der Familie". Ähnliche Probleme behandelt Burhan Cahit in seinem Roman A}k politikasi „Liebespolitik", welcher der heranwachsenden türkischen Jugend gewidmet ist. In dem Vorwort hat der Schriftsteller seinen leitenden Gedanken niedergelegt. Dieses Vorwort ist so aufschlußreich, daß ich es in deutscher Übersetzung wiedergebe: „Nach dem sorgfältigen Studium der Umwälzung, die unser Familienleben in den letzten Jaliren durdtgemadtt hat, habe ich diesen Roman geschrieben. Sie werden in jeder seiner Zeilen das Gesidit irgendeines jungen Mädchens, eines Familienvaters und eines jungen Mannes wiedererkennen. Für einen . realistischen'Romansdiriftsteller ist die Revolution ein unendlich reiches Thema. Idt habe nichts anderes getan, als daß ich dieses Thema wie ein Beobachter bearbeitete. Mit den westlichen Anschauungen über das Familienleben habe ich die östlichen Überlieferungen aus demselben Gesiditswinkel gesehen. Bei meiner Arbeit über diesen Gegenstand habe ich nicht den Gefühlen, sondern den Gedanken Nahrung gegeben . . .

Dieses Werk, von dem ich glaube, daß es vielleicht nicht in unserer Literatur, sondern in unserer sozialen Revolution seinen Platz findet, widme ich der aufgeklärten und edlen Jugend, die meine Schriften liebt und mich durch lebendige Anregungen stärkt.“

Der Inhalt des Romans ist folgender: Necati, der Sohn reicher Eltern, hat das Galatasaray absolviert und verbummelt mit seinem Onkel Hamdi, einem Junggesellen, sorglos sein Leben in den Bars von Pera. Dieser Onkel verkuppelt ihn mit einer russischen Tänzerin. Die Eltern aber haben für ihn die Jugendfreundin Aysel ausersehen. Aysel ist Necati geistig weit überlegen; sie weiß von seinem Lebenswandel und merkt seine Ablehnung. Eines Tages erklärt sie Necati, daß sie nach Paris gehen werde, um ihre Studien in Kunstgeschichte fortzusetzen. In Paris führt Aysel das Leben einer türkischen Studentin; sie arbeitet fleißig und fühlt sich gleichberechtigt mit den anderen. Alle können die türkische Studentin gut leiden, besonders zugetan ist ihr ein Engländer. Die jungen Leute diskutieren viel; Aysel erzählt von der Türkei und berichtet über die große Revolution und das neue Leben. Da macht ihr der Engländer einen Heiratsantrag. Sie fragt sich: Was würden die Eltern dazu sagen? Vielleicht ja, da der Engländer ein Gentleman ist. Die Grundlagen für eine glückliche Ehe sind vorhanden. Wenn aber Kinder kommen, so sind sie Engländer! Nie kommt das in Frage! In diese Gedanken versunken, überrascht sie Necati, der für seinen Vater auf einer Geschäftsreise ist, mit einem Besuch. Sie berichtet ihm von dem Heiratsangebot; er verbietet ihr, es anzunehmen. Sie wiederspricht. Je freier ihre Gedanken werden, desto stärker erwacht in ihm das Nationalgefühl. Da er Weiterreisen muß, bittet er sie, sich erst nach seiner Rückkehr zu entscheiden. Als er nach einigen Wochen zurückkommt, haben sie ein langes Gespräch, sie versöhnen sich und Aysel nimmt seinen Heiratsantrag an, allerdings nur unter der Bedingung der völligen Gleichberechtigung.

Aus dieser Inhaltsangabe ergibt sich die Tendenz des Romans. Der Schriftsteller will die neue Zeit und das neue Leben aufweisen. Das neue Leben ist im Nationalgefühl verankert. Für das Familienleben ist türkische Erziehung und Lebensauffassung notwendig. Soweit die alte Tradition mit der neuen Zeit übereinstimmt, soll sie beibehalten werden.

Das künstlerisch bedeutendste Werk über die Konflikte zwischen östlicher Kultur und westlicher Zivilisation hat Peyami Sasa geschaffen. Der Roman führt den Titel Fatih-Harbiye Dieser Titel ist symbolisch: Fatih, die Moschee Mehmed II., des Eroberers, liegt in dem alten türkischen Stadtviertel gleichen Namens. Harbiye, die frühere Kriegsschule, befindet sich in Pera, dem verlockenden Europäerviertel. Fatih und Harbiye werden durch eine Straßenbahnlinie verbunden, die so von der orientalischen Welt in die westliche führt. In diesem Roman schildert Peyami Sasa die Gegensätze zwischen türkischer Anschauung und europäischer Lebensart, zwischen östlicher Kultur und westlicher Zivilisation. Die Musikstudentin Neriman, die mit inasi seit früher Jugend befreundet ist, sehnt sich heraus aus der engen türkischen Welt nach der Europäerstadt Pera mit ihrem Glanz und Luxus, da sie eine moderne und aufgeschlossene Frau werden und das Leben genießen will. Sie beabsichtigt auch, die türkische Musik zugunsten der europäischen aufzugeben, wie es der europäisierte Macid getan hat. Er ist ihr Freund, ihn geht sie heimlich irr Pera besuchen. Das führt zu seelischen Konflikten. Eines Tages trifft sie in Fatih einen Kreis von Freunden, die sich über orientalische Musik unterhalten. In das elfte Kapitel des Romans ist eine Diskussion eingeflochten, in der das Problem von allen Seiten kulturphilosophisch behandelt wird. Als Ergebnis der Diskussion werden die nationalen Kräfte und Werte der türkischen Kultur betont, die in eine Synthese mit der europäischen Zivilisation treten sollen. Da bricht Neriman zusammen. LInter dem Klang der alten türkischen Weisen findet sie Ruhe und ihr Herz kehrt heim in die ruhige und geborgene Welt des Türkenviertels.

Der letzte Ausgleich zwischen alter Tradition und neuem Geist findet aber zuweilen nicht statt, sondern führt zum tragischen Ende, wie in dem Roman Ifimizdeki ^aitan „Der Teufel in uns“ von Sabahattin Ali. Hier wird das Mißtrauen und der Gegensatz zwischen alter und junger Generation dargestellt. Eine über den national-türkischen Rahmen hinausgehende, allgemein menschliche Charakterstudie zeichnet Kemal Bilbaar in seiner Erzählung „Der Eisenring“. Ihsan, der den Glauben an das Leben verloren hat, baut seine Welt von neuem auf, indem er sich an jene neue Lebensauffassung klammert. Aber ein schrecklicher Zwischenfall stellt ihn wieder vor dasselbe Problem, vor dem es kein Entrinnen gibt; denn „die Natur ändert sich nicht“. An dem Eisenring, der hier symbolische Bedeutung hat, erhängt sich Ihsan schließlich.

Doch die Zeit der geistigen Auseinandersetzung ging bald vorüber. Inzwischen wuchs eine neue Generation heran, der die Umwälzungen und Neugestaltungen wohl kaum noch große seelische Konflikte bereiteten. Die jungen Menschen drängen zur Wirklichkeit; sie sind Realisten und stehen im Leben. Und dieses Leben bietet ihnen, wenn sie verantwortungsbewußt sind, neue Probleme. Im Vordergrund steht das soziale Problem: Bauer—Arbeiter und die soziale Struktur von Stadt und Land.

3. Verschiebung des literarischen Schwerpunkts

Der Mittelpunkt des Osmanischen Reiches war Istanbul gewesen. Istanbul war das Eldorado. Kleinasien galt fast als Verbannungsort, wo der Gebildete nicht leben konnte. Heute ist das anders geworden. Mit der Verlegung des Regierungssitzes nach Ankara ist Anatolien mit Ankara in den Mittelpunkt getreten. Anatolien und der anatolische Mensch stehen im Vordergrund. Heute müssen die jungen Akademiker, welche die Beamtenlaufbahn einschlagen wollen, als Beamte, Lehrer oder Juristen für einige Jahre nach Anatolien gehen. Das verlangt das Beamtengesetz. Die junge Generation hat Anatolien kennen, den anatolischen Menschen lieben, die anatolischen Verhältnisse verstehen gelernt. Dieses Moment ist von größter Bedeutung für die neueste Literatur geworden, da sich hierin ein Unterschied zwischen nationaler (1908— 1920) und kemalistischer (ab 1920) Literaturperiode offenbart: die nationale Literatur war mit Istanbul identisch. Die Literatur wurde von Literaten gemacht, die in Istanbul lebten und das literarische Leben im Osmanischen Reich bestimmten. Hier hielten sie die Literatur in ihrer Hand und unter ihrer Regie. Osmanisches Schrifttum war Istanbuler Schrifttum. Von literarischem Leben in Anatolien und in der Provinz konnte keine Rede sein; hier gab es kaum eine literarische Aktivität. In der kemalistischen Periode hingegen nimmt jetzt die Provinz Anteil am literarischen Schaffen; viele Schriftsteller stammen aus Anatolien, sie sind hier ausgewachsen, kennen Land und Leute und leben auch hier. So ist heute in Anatolien ein literarisches Leben erwacht, welches neben das von Istanbul getreten ist. Man könnte von einer Anatolien-Bewegung oder einer geistigen „Entdeckung Anatoliens" in der Literatur sprechen.

Diese neue Aktivität macht sich schon rein äußerlich an den Druck-orten bemerkbar. Neben Istanbul nimmt heute Ankara als Verleger-stadt die erste Stelle ein. Aber auch andere Provinzstädte, in denen Bücher gedruckt werden, haben sich herausgebildet; man braucht nur an Izmir, Konya, Bahkesir, Kastamonu, Kayseri, Gaziantep zu denken, wie sie beispielsweise in den Bücheranzeigen der Nummern 96-97 der Zeitschrift Yeditepe erscheinen.

Dazu kommt noch ein wesentliches, bis jetzt unbeachtet gebliebenes Moment. Auch die soziale Herkunft der Schriftsteller hat sich verschoben. Früher entstammten fast alle Schriftsteller den oberen Gesellschaftskreisen, die ein sorgloses und individualistisches Leben führten. Aus ihrem Milieu haben sie sich kaum herausbegeben, so daß der biedere Mann und das einfache Volk ihnen unbekannt geblieben waren. Daher behandelten ihre Dichtwerke nur ihre eigene Umwelt, die sich ausschließlich in den Verhältnissen der Istanbuler Oberschicht, der Paschas und der Reichen, erschöpfte, und stellten pikante Liebesgeschichten dar, die durch Sentimentalität, Weltschmerz, Genuß und Charakteranalysen gekennzeichnet waren. Heute aber, wo die Erziehung und Bildung in das Volk hineingetragen wird, rekrutieren sich die Schriftsteller aus dem Volk. Dadurch ist Anatolien mit seinen Menschen und Dörfern so sehr in den Vordergrund getreten, so daß etwa 70% der neuen Literatur dem anatolischen Dorf und seinen Bauern gewidmet ist.

Unter den jüngeren Schriftstellern gibt es manche, deren Eltern Bauern sind, die aus dem Dorfe stammen, die im Dorf und in der Dorf-schule herangewachsen sind, oder andere, die längere Zeit auf dem Dorf gelebt und als Lehrer und Beamte gewirkt haben. Diese Schriftsteller kennen das Dorf und seine Bauern, ihre schwere Lage, die Eigenarten und Probleme, da sie am Leben der Bauern teilgenommen haben. Sie lieben das Dorf, sie kennen die Schattenseiten und legen sie offen dar, aber alle arbeiten für eine bessere Zukunft des Bauern. Solche Schriftsteller sind Samin Kocagöz, Kemal Bilbaar, Fakir Baykurt, Muhtar Körükü, Orhan Hancerlioglu, Mahmut Makal.

Den letztgenannten Mahmut Makal erwähne ich nur deshalb, weil seine beiden Bücher, Bizim Köy „Unser Dorf" (veröffentlicht 1950) und Köyüiuden „Aus meinem Dorf“ (veröffentlicht 1952) ins Englische Russische und Hebräische übersetzt worden sind. Diese Bücher bieten in Form von Essays Stimmungsbilder und Skizzen über das anatolische Dorf mit seinen Zuständen und Verhältnissen sowie über den anatolischen Menschen mit seinen Freuden und Leiden, seinen Sitten und Gebräuchen, seinen Anschauungen und Vorstellungen. Mahmut Makal, der als Lehrer an einer Dorfschule in der anatolischen Hochebene tätig ist, sieht die Dinge jedoch meist sehr subjektiv und verallgemeinert oder übertreibt sehr stark. Sein Stil ist primitiv; er imitiert die Umgangssprache, die mit vielen ideomatischen Ausdrücken und Provinzialismen durchsetzt ist. Als Literaturwerk sind seine Bücher aber nicht anzusprechen.

In den letzten Jahren ist eine heftige literarische Fehde entstanden, in deren Verlauf die Schriftsteller, die sich mit den sozialen Bauern-und Dorfproblemen beschäftigen, als Linksstehende oder gar als Radikalsozialisten beschuldigt wurden. Nachdem der bekannte Kritiker Nurullah A t a den literarkritischen Artikel Köy „Das Dorf" in der Zeitschrift „Devrin Gencligi“ vom 1. Februar 1954 veröffentlicht hatte, antwortete Samirn Kocagöz darauf in einem Aufsatz Köy konusunu ifleyen hikäyeciler „Die Schriftsteller, die das Dorfthema behandeln“ in „Yeditepe“ am 1. März 1954. Dadurch griff der Streit auf andere Zeitschriften über. Die Zeitschrift „Varhk“ legte in wirklichkeitsfremder Haltung den sozialen Problemen des Dorfthemas keine Bedeutung als Literaturgegenstand bei, während in „Yeditepe“ und „Yeni Ufuklar“ ernste und beherzte junge Schriftsteller für die ihnen im Herzen brennenden Heimatprobleme kämpften. Für sie ist, da das Dorf das Hauptproblem im Aufstieg der neuen Türkei bildet, die Kunst der Erzählung nicht nur artistischer Selbstzweck, sondern dient auch zur Darstellung des Menschlichen. Die Gestalten stehen nicht mehr für Einzelschicksale, sondern für den Menschen im allgemeinen im Konflikt mit der harten und rauhen Welt und Wirklichkeit. So suchen diese Schriftsteller aus dem National-Türkischen in das Allgemein-Menschliche vorzudringen.

4. Das soziale Problem: Bauer -Arbeiter

Bekanntlich machen die Bauern rund 80 Prozent der türkischen Bevölkerung aus. Und es waren gerade die Bauern gewesen, die der nationalen Freiheitsbewegung mit zum Sieg verhelfen hatten. Daher wies ihnen Atatürk den wichtigsten Platz in der Nation an; auf dem Wirtschaftskongreß in Smyrna 1923 verkündete er: „Der Pflug ist die Feder, wit der die Gesdtidtte der neuen Türkei geschrieben wird.“ Später nannte er den Bauern einmal „den Herrn der Türkei“. Daher hat die neue Türkei auch eine neue Einstellung zum Bauern gefunden. Die Regierung hat in den letzten Jahrzehnten ihre erhöhte Aufmerksamkeit den Bauern zugewandt und war bemüht, ihnen in ihrer wirtschaftlichen Not zu helfen. Sie wurden vom drückenden Zehnt befreit; landwirtschaftliche Schulen und Versuchsgüter wurden eingerichtet.

Den Schriftstellern geht es vor allem um den anatolischen Menschen, dessen Seele und Charakter sie verständlich zu machen und zu enthüllen suchen. Wir haben schon im vorhergehenden Abschnitt gesagt, daß rund 70 Prozent der heutigen Literatur sich mit diesen Fragen befaßt und daß wegen dieses Themas eine literarische Fehde entbrannt war.

Daher ist die zeitgenössische Literatur überreich an Beispielen gerade für dieses Gebiet. An erster Stelle muß man Sabahattin Ali nennen, weil er ein wirklicher, ein echter Künstler ist. Wegen seiner sozialistischen Einstellung 2I) ist er in der Türkei bekämpft worden. Immer wieder beschäftigt ihn der arme Bauer, der verzweifelt um seinen Acker und Lebensunterhalt kämpft und dabei in menschliche Tragödien gestürzt wird. Seine Erzählungen sind wirkliche Kunstwerke im literarischen Sinn. Da viele seiner Geschichten ins Deutsche übersetzt sind kann ich mich kurz fassen und brauche zur Charakterisierung nur auf zwei seiner Erzählungen einzugehen. In der Erzählung „Der Kanal“, die in der Erzählungssammlung Degimten „Die Mühle" (erschienen 1935) enthalten ist, wird die Lebensgeschichte zweier Bauernsöhne mit ein paar Strichen gezeichnet, nämlich wie diese als Knaben und Männer Freunde sind, wie aber die Freundschaft getrübt wird, als der eine erkennt, daß der andere ihm sein Wasser aus dem Kanal abgräbt. Der Kampf um die Scholle beginnt. Beide geraten wegen des Wassergrabens in Streit, der mit einer Tragödie endet. Der Schluß lautet in Übersetzung: „Einmal ant frühen Morgen nahm er sein Gewehr und ging aufs Feld. Er legte sich in den ausgetrockneten Wassergraben. Als Mehmet aus Dedemköy und sein Bruder auftauchten, gab er fünf Schüsse ab. — Auf dieser toten Erde ist nichts leichter als Sterben und Töten. Seiner Frau, die herbeigestürzt kam, befahl er die Schleuse zu öffnen und den Acker zu bewässern, sich in Zukunft von niemandem mehr das Wasser ab-sdtneiden zu lassen, da der obere Aclter keinen Herrn mehr habe. Als die Frau wegging, um das Wasser herüberzuleiten, rief er ihr nach und ermahnte sie, auf den Sohn zu achten, ihn manchmal ins Gefängnis mitzubringen und ihre Frauenehre zu hüten. Dann setzte er sidt an den Rain. Lange sah er zu der Frau hinüber, während sie die Sdtleuse öffnete, und wartete auf den Gemeindevorsteher und die Gendarmen, die von weitem gerade auf ihn zukamen.“

Schon ein Jahr später folgte eine weitere Novellensammlung Kagnt . Der Ochsenkarren''. Aus dem zehn Novellen enthaltenden Buch, das nach der ersten Erzählung so benannt ist, wollen wir die erste, den „Ochsenkarren besprechen. Sie behandelt ein die Dorfgemeinschaft bewegendes Bauernschicksal, nämlich die Folgen eines Totschlags wegen einer Weideangelegenheit: Die Dorfältesten beraten, um einen Prozeß zu vermeiden; die Bauern stehen zusammen, damit sich die Behörden der Stadt nicht in ihre Gemeinschaft einmischen. Die Mutter des Erschlagenen wird vom Täter äbgefunden. Der Tote wird begraben. Am Abend ist alles wieder wie vordem. Da kommen nach einem Monat auf Denunziation hin zwei Gendarmen ins Dorf. Wir erleben ihre Arbeit, den Vorwitz der Bauern, aber auch ihr Zusammenhalten beim Verhör. Da die Gendarmen nichts herausbekommen, graben sie den Leichnam aus, heißen die Mutter des Toten den Ochsenkarren anspannen und zur Stadt fahren. Impressionistisch ist die Fahrt geschildert . . . allmählich ermüdet die hinter dem Karren laufende alte Frau und kommt zu Fall. Der Ochsenkarren mit dem Leichnam fährt weiter . . . allein in der mondhellen Nacht.

Unter den gegenwärtigen Schriftstellern, die das Bauernvolk behandeln, ist Samirn Kocagözam fruchtbarsten. Alle seine Werke behandeln diese Fragen. Überall steht die anatolische Landschaft im Hintergrund: in ihr handeln die Menschen, aus ihr werden die Charaktere entwickelt und die Handlungen verständlich. Die Geschichte „Der Ährenleser führt uns in die anatolische Hochebene mit der alles versengenden, brennenden Julihitze, durch die Mehmet Ali mit seinem Sohn stundenlang läuft, um abgeerntete Getreidefelder zum Ährenlesen zu suchen und so ein bißchen Lebensunterhalt zu finden. Als sie endlich zu einem Feld kommen, werden sie fortgejagt. Geduldig und ohne Murren ergeben sie sich in ihr Schicksal.

Während der Schriftsteller hier den zufriedenen, in sein Los ergebenen armen Menschen schildert, zeigt er in der Erzählung „Der Feind",. wie der Bauer auch gegen das Unrecht ankämpfen und für sein verwüstetes Land zum Mörder werden kann. Mehmet ist ein fleißiger und arbeitsamer Bauer, der nur für seine Felder und Oliven-pflanzungen lebt. Das erregt den Neid einiger Bauern. Eines Abends, als die Kornfelder gemäht sind, schleichen sich drei seiner Feinde auf das Feld und verbrennen die zusammengestellten Ährenbündel. Im Dorf ist der Brand monatelang Gesprächsstoff. Obwohl Mehmet seine Feinde kennt, kann er sie nicht belangen, da er keine Zeugen hat. „Wenn sdwn das Getreide verbrannt ist", sagte er sich, „so habe ich noch meine Ölpflanzungen.“ Im Frühjahr hatte er hundert junge Schößlinge gesetzt, die er so hegte und pflegte, daß sie prächtig gediehen. Aber die drei Feinde verwüsten auch sie. Der Sohn, der gegen sie nicht ankonnte, hatte sie belauscht und berichtet seinem verzweifelten Vater, daß sie heute Abend sein Haus anzünden wollen. Da legt sich Mehmet mit seinem Gewehr auf die Lauer und wird zum Mörder.

Nach dieser Bauerntragödie sei noch eine Geschichte angeführt, die von Bauernklugheit und Bauernschläue handelt, die Erzählung „Die Silberpappel“ von Samirn Kocagöz:

Der arme Bauer Receb hat seine Tochter an den schönsten und reichsten Jüngling im Dorf gegeben. Der Bräutigam will die Kosten für die Hochzeit übernehmen. In seiner Ehre gekränkt, lehnt Receb ab. Das Dorf flüstert, woher er wohl die verborgenen Reichtümer habe. Am Tag der Hochzeit löst sich das Rätsel: Receb läßt eine riesige Pappel fällen, für die er hundert Pfund erhält; denn im Dorf war es Brauch, bei der Geburt einer Tochter eine Pappel zu pflanzen.

Im Hochzeitshaus geht es hoch her; alle sind fröhlich. Nur Ömer, ein pfiffiger Bauer, sitzt versunken in einer Ecke. Die Sache mit der Pappel geht ihm nicht aus dem Kopf; er überlegt: „Wenn idt fünfzig Pappelschößlinge gepflanzt hätte, brächte jeder 100 Pfund. Jetzt bin idt dreißig Jahre . . . nach zwanzig Jahren wäre idt ein reidter Mann!“ Über dieses Thema spricht er mit dem Lehrer, der ihm rät, fünf Jahre, zu warten und dann für jede Pappel nur 10 Pfund zu verlangen. Nach diesem Plan handelt Ömer. Er bepflanzt seine Felder mit Pappeln, die zum Gespött der Dorfbewohner langsam heranwachsen. Dann kommt nach fünf Jahren der große Tag: Aus der Stadt kommt der Unternehmer, die Pappeln werden gefällt und abgefahren, Ömer erhält für 100 Pappeln 1000 Pfund. Das Dorf ist erstaunt; viele kaufen daraufhin Pappelsprößlinge von Ömer. Eines abends trifft Ömer den Lehrer; er lädt ihn ins Kaffeehaus ein. Nachdem Ömer etwas herumgedruckt hat, meint er dann: „Mit zwanzig Pfund Gehalt sdtlägst du didt dauernd durdt, wo du dodt so viel Verstand hast . . . Komm und gib deinen Lehrerberuf doch auf! Durdt midi wirst du sehr reich werden!“

Alle Sphären anatolischen Lebens und anatolischer Landschaft werden in den 12 Erzählungen von Samirn Kocagöz Cihan ^öförü „Der Weltchauffeur“ lebendig. Wir folgen dem Chauffeur Berdu auf einem alten Ford, wie er mit schwerer Last über die schlechten, kurvenreichen, sich durch die Berge schlängelnden, endlosen Wege Anatoliens fährt; wir erleben, wie ein armer Bauer in Alt^verif „Der Handel seine Tochter als Dienstmädchen an einen Aga für einen Sack Getreide und einen Esel verkauft, wie in Koca Öküzün Ölümü „Der Tod des alten Ochsen dem armen Bauer alles genommen wird, wie in Kör Talih „Mißgeschick alle Hoffnungen eines Straßenarbeiters zerstört werden oder wie in „Der Motor" ein Bauer einen Traktor kaüft und Schulden macht, nur um modern zu sein und anzugeben, statt auf die Nützlichkeit zu sehen.

In seinem Buch „Anatolische Geschichten" (erschienen 1939) hat Kemal Bilbaar den anatolischen Menschen Schicksalhaft geschildert und seine Seele trefflich analysiert. Schon die erste Erzählung „Budakoglu zeigt den gewissenlosen Gutsbesitzer und den korrupten Beamten des alten osmanischen Regimes, welche die kleinen, armen Bauern unbarmherzig auspressen, während der neue Inspektor, der die unsauberen Geschäfte aufdeckt, den sozialen Geist der neuen Zeit verkörpert. Mit dumpfer Wucht ist das Schicksal eines Bauern, das ihn zu einem tragischen Ende zwingt, in der Erzählung „Der Ziegelofen“

entwickelt. Der Kleinbauer Dal Murat, der dem skrupellosen Groß'grundbesitzer Satioglu verschuldet ist, muß für ihn in einer entlegenen Ziegelei im Schweiße seines Angesichtes arbeiten. Während seine Frau und seine Kinder daheim hungern müssen, vergnügt sich Dal Murat mit der leichtsinnigen Frau eines Bahnwärters. Während der Vater von seiner Familie abwesend ist, benutzt der Gutsbesitzer die Gelegenheit, sich an der Tochter Dal Murats zu vergehen. Da nimmt sein Sohn am Gutsbesitzer Rache und ersticht ihn. Der Sohn wird verhaftet, erklärt aber den Vater an allem für schuldig. Als er von der Polizei abgeführt wird, sprengt der Vater den Ziegelofen, in dem er sich mit seiner Geliebten befindet, in die Luft.

Auch Kemal Tahir, der aus dem Dorf stammt, hat das Dorf mit seinen Bauern erlebt und zeigt Sinn und Herz für sie. Nachdem er den Roman Sagir Dere „Das Rindertal" im Jahre 1954 veröffentlicht hatte, folgte im gleichen Jahr sein Erzählungsband Göl Insanlart „Menschen am See“. Alle diese Erzählungen, unter denen mir die Erzählungen Goban Ali, Gelivt Kadin Oyunu und Arabact die stärksten Stücke zu sein scheinen, sind lebensvoll und wirklichkeitsnah, ob der Schriftsteller von dem Hirtendasein oder dem Verhältnis von Herrn und Knecht, ob er von den Unterhaltssorgen, von der Bauernarbeit oder von den Feldern spricht. Die Menschen ringen mit den Problemen, und die Probleme halten die Menschen in Bann.

Immer wieder tritt uns in der jüngsten Erzählungsliteratur Anatolien entgegen. Wir erleben das Land mit seinen Bewohnern und ihren Eigenarten, sei es in Köyden Haber „Nachrichten aus dem Dorf“ und Ana-dolu Hikdyeleri „Anatolische Erzählungen“ von MuhtarKörükfü oder in Romanen wie Ekilwewi? Topraklar „Unbesäte Äcker“ und Karauhk Diinya „Schwarze Welt“ von Orhan Hancerlioglu, der als Landrat seine Eindrücke sammelte und künstlerisch verarbeitete, Na oder in den Werken anderer jüngerer Schriftsteller, die sich einen -men machen. Aber die hohe Kunst, die Refik H a 1 i t’s Mewleket Hikdyeleri „Erzählungen vom Land“ auszeichnet, ist nie wieder erreicht worden. Auch heute noch gehören diese Erzählungen, die in sprachlicher, stilistischer und literarischer Hinsicht unerreicht sind, zu den schönsten Blüten der modernen türkischen Literatur.

Im Verhältnis zu den sozialen Problemen der Bauern hat natürlich die Arbeiterfrage in der Türkei eine untergeordnete Bedeutung, da sich die Industrialisierung und Technisierung in den Anfängen befinden. Die türkische Industrie ist noch jung und erst in der letzten Zeit auf-gebaut worden. Daher hat sich ein Arbeiterproletariat noch nicht so wie in den anderen Ländern herausgebildet. Die erste soziale Erzählung hatte Refik Halit in seinen „Geschichten vom Lande" (erschienen 1920) mit dem Titel Hakkt Sükut „Das Schweigegeld" veröffentlicht, bevor es eigentlich ein Arbeiterproblem gab. Sie handelt von den Arbeitern in der Seidenfabrik von Brussa.

Bewußt aber wandte sich Sadri Ertem (gest. 1943) Wirtschaftsund Arbeiterfragen zu. Ihm liegen die Nöte des Arbeiters und Mittelstandes am Herzen. Man kann ihn als den ersten Vertreter des sozialen Romans in der Türkei bezeichnen. Sein Roman Gikriklar Durunca „Wenn die Spinnräder stillstehen“ (Istanbul 1931), dessen Handlung um die Jahrhundertwende spielt, erinnert gedanklich an G. Hauptmanns „Die Weber“ und schildert die Streitigkeiten zwischen Webern und Fabrikherren sowie die Wirtschaftskämpfe zwischen zwei Familien.

Ein anderes Buch mit dem Titel Bir Variut^ Bir Yoktuuf „Es war einmal“, (Istanbul 1933), der an die bekannte Einfangsformel der türkischen Märchen erinnert, schildert in eindrucksvoller, teilweise ironischer Weise die Kapitalisten und Kriegsgewinnler und geißelt sie.

Wie verhängnisvoll Wirtschaftsspekulationen werden können, zeigt seine Erzählung „Der Fabrikschornstein“. Hier überfällt die. europäische Technik eine fruchtbare Gegend mit glücklichen Menschen und sät Tod und Verderben über das Land. Die Industriellen haben im Sinn, das Land billig zu erwerben. Infolge des giftsprühenden Schlotes verkaufen die Bauern ihre Äcker zu einem Spottpreis. Nachdem das erreicht ist, wird der Fabrikschornstein derart erhöht, daß er keinen Schaden mehr anrichten kann; der Boden wird wieder üppig und fruchtbar wie vorher.

Mit dem Titel Grev „Der Streik“ erschien im Jahre 1954 eine Erzählungssammlung von Orhan Kemal. In der ersten, mir banal erscheinenden Erzählung, die der Sammlung den Namen gegeben hat, läßt der Fabrikbesitzer den Arbeitern durch den staatlichen Kommissar die Schuld am Streik zuschieben. Die werden sie Anführer verhaftet;

wissen nicht, was sie zu erwarten haben. Ebenso problemlos ist die Geschichte Dert Diniere Günü „Der Aussprachetag“, an dem die Arbeiter dem Arbeitsministerium ihre Klagen vorbringen sollen, was sie aber, obwohl sie unzufrieden sind, aus Furcht nicht tun; sie wissen nicht einmal, ob ihnen die verlorenen Arbeitsstunden angerechnet werden. Die Armut eines Arbeiters soll die anspruchsvolle Erzählung Kirli Pardesii „Der schmutzige Sommermantel“ aufweisen, den der Arbeiter nie auszieht. Als er ihn nun vor dem Direktor ausziehen muß, stellt sich heraus, daß er nichts darunter anhat. Allen Erzählungen dieser Sammlung fehlt die Problematik und die Kunst der Darstellung.

5. Stadt und Land

Von diesen Fragen des Bauern und Arbeiters führt uns der Weg leicht zu dem soziologischen Problem hin, dem Verhältnis von Stadt und Land.

Die Dorf-und Stadtgemeinschaft ist häufig das Thema der Romane, in denen dann ein oder mehrere Einzelschicksale entwickelt werden. Obwohl R e ? a t Nuri Güntekin’s bekannter Roman Galt Ku^u „Der Zaunkönig“ nur in gewisser Beziehung unter diese Kategorie fällt, nenne ich ihn zuerst, da er uns Deutsche besonders anspricht. „Zaunkönig" im übertragenen Sinne bedeutet so viel wie „unruhiger Geist“, „unruhig wie Quecksilber" — im Rheinland sagt man „Wibbelstertz“. Das ist der Spitzname für Feride, die Heldin des Romans, der in Form eines Tagebuches geschrieben ist. Am Vorabend ihrer Heirat löst sie die Verbindung, weil sie durch Briefe erfährt, daß ihr Verlobter Kämuran sie nur aus Mitleid heiraten will. Sie reißt aus, um selbständig zu sein. Nach vielen Bemühungen findet sie endlich eine Stellung als Lehrerin in einer Dorfschule Anatoliens. Hier hat sie viele Enttäuschungen durchzumachen und mannigfache Schwierigkeiten zu überwinden, da die Dorfgemeinschaft sie als Eindringling und Fremdling betrachtet. Dank ihrer angeborenen Fröhlichkeit und unermüdlichen Tatkraft setzt sie sich aber durch und gewinnt das Vertrauen ihrer Schüler und deren Eltern. Verschiedentlich wird sie versetzt und kommt immer wieder in neue anatolische Dörfer, wo sie gegen Klatsch und Mißgunst anzukämpfen hat, bis sie durch einen böswilligen Skandal stellungslos wird. In ihrer größten Not nimmt sie ein alter pensionierter Militärarzt auf, der sie wie seine eigene Tochter behandelt. Aber schon werden wieder beide Gegenstand des Klatsches bei der Bevölkerung.

Der alte Arzt muß Feride heiraten, wenn er sie bei sich behalten will. Während der ganzen Zeit aber hat Feride ihren Kämuran nicht vergessen. Auch er liebt sie noch. Da stirbt der alte Doktor. Um seinen letzten Willen auszuführen, kehrt sie für einige Monate nach Hause zurück, und durch die vom Doktor getroffenen letztwilligen Verfügungen bekommt Kämuran das Tagebuch der Feride in die Hand und muß nun erkennen, daß auch Feride ihn immer geliebt hat. Beide schließen nun endlich den Bund fürs Leben.

Dieser Roman ist flott und gefällig geschrieben, zwar etwas rührselig, aber glänzend erzählt. Man nimmt ihn in die Hand und liest ihn in einem Zug durch. Für den ausländischen Leser interessant sind die vielen gut gezeichneten Szenen und Stimmungen aus dem anatolischen Volksleben, in denen sich der Charakter und die geistige Haltung des Bauern offenbart.

Programmatisch ist das Verhältnis von Stadt und Dorf zum Gegenstand des Romans Bir ^ehrin iki kaps „Die beiden Tore einer Stadt“ von Samirn K o c a g ö z erhoben. Dem Inhalt nach könnte man den Titel auch als „Die zwei Gesichter einer Stadt“ übersetzen. Da der Inhalt unbekannt sein dürfte, gebe ich eine kurze Inhaltsangabe des Romans, der in drei Teile mit einzelnen Kapiteln zerfällt. Der Dichter schildert verschiedene Ereignisse und Zustände in einer Kleinstadt, die zum Teil nichts miteinander zu tun zu haben scheinen, und führt verschiedene Menschen der Stadt mit ihren Bestrebungen, Absichten und Bemühungen vor. Wie wir gleich sehen werden, lassen sich diese Menschen in zwei entgegengesetzte Klassen einteilen.

Im ersten Kapitel, betitelt „Gespräch auf dem Weg“, geht der Bauer Hurjit mit seinem Bekannten Mustafa, der uns die ganzen Begebenheiten erzählt, vom Dorf in die Stadt. Hurit erzählt Mustafa von seinem Sohn, der in dem Alter ist, in dem jetzt Mustafas gefallener Sohn wäre. Faramu? ist auch in anakkale gewesen, wo er von Granatsplittern am Kopf verletzt worden ist. Seitdem ist er unfähig zu arbeiten und ist jetzt Schafhirt.

Hurit und Mustafa kommen nach einiger Zeit an den Mäander (Menderes), wo sie in das Kaffeehaus des Kadri eintreten, um eine Tasse Kaffee zu trinken. Söke, die Stadt, in die sie gehen, liegt in der Tiefebene Balat. Durch Kadri erfahren wir jetzt, daß Mustafa wahrscheinlich in den Wahlen, die in den nächsten Tagen stattfinden, zum Mitglied des Gemeindevorstandes gewählt wird. Kadri sagt: „Mehmet — möge er blind werden — hat ein Auge auf mein Kaffeehaus geworfen und hat erreidit, das? mein Kaffeehaus, weil es unvorschriftsmäflig sei, geschlossen wird. Ich habe ein Gesuch an den Bürgermeister schreiben lassen, in dem ich bat, daß mein Kaffeehaus nicht geschlossen würde. Idt habe eine Bitte an dich, Mustafa, wenn du zum Mitglied des Gemeindevorstandes gewählt wirst, sorge dafür, daß dieses Gesuch bearbeitet wird.“ Mustafa verspricht es. Hier gibt uns der Dichter einen Einblick in die Verhältnisse der Stadt; denn pflichtvergessen und gleichgültig ist ein Bürgermeister, der nicht jedes Gesuch erledigt, sondern unbeantwortet liegenläßt. Diese schlechten Verhältnisse, die in Anatolien herrschen, wo ein Beamter leicht bestechlich ist, will uns der Dichter vorführen.

Im Verlaufe der LInterhaltung erfahren wir weiter, daß der Ingenieur Bekir die Mündung des Mäander von Lehm und Schwemmsand säubert, um eine Überschwemmung des Mäander, die jedes Jahr bei den unvorstellbar armen Bauern großen Schaden verursacht, zu verhindern.

Im zweiten Kapitel treten der Lehrer Sitki, der Arzt Reat und Mehmet, der Gönner und Pflegevater Mustafas, auf. (Der Pflegevater Mustafas, Mehmet, ist nicht identisch mit dem Mehmet, der es auf Kadris Kaffeehaus abgesehen hatte.) Sie treffen sich mit Mustafa in dem Kaffeehaus des Nabi. Wir erfahren hier, daß Hulki Bey vielleicht zum Bürgermeister gewählt wird. Hulki Bey und sein Freund Sati Bey sind unsaubere, egoistische Menschen, die nur darauf bedacht sind, ihre Taschen auf Kosten der armen Bevölkerung zu füllen. Mehmet weiß sogar, daß Hulki Bey in dem Freiheitskrieg auf der Seite der Engländer stand und dem Verein englischer Freunde angehörte. Mehmet erzählt die Geschichte des Faramu, wie er in anakkale ein griechisches Flugzeug erbeutet hatte, das er auf einem Wagen nach Ankara brachte, und wie er dann in Ankara durch Granatsplitter seine Hirnverletzung bekam.

Im nächsten Kapitel finden die Wahlen statt. Die Wahlagitation wird beschrieben. Mustafa erzählt dem Chauffeur Ismail, daß Hulki Bey im Krieg auf der Seite der Engländer war; das empört Ismail so, daß er durch eine List alle Freunde Hulki Beys von der Wahl fern zu halten weiß. Der alte Bürgermeister wird gewählt und Mustafa wird Mitglied des Gemeinderats. Im folgenden Kapitel erleben wir Ausschnitte aus dem Gemeindeleben; es werden uns einige einfache Leute, wie Efe, Ali und Lutfullah Efendi vorgestellt und einige mehr oder weniger lustige Auseinandersetzungen geschildert. Mustafa sitzt mit diesen Leuten in Nabi's Kaffeehaus. Nach einiger Zeit kommt das Gespräch auf den Mäander: ob es dieses Jahr wohl wieder eine Überschwemmung geben wird? Als dieses Gespräch am hitzigsten ist, kommt der Ingenieur Bekir dazu mit der Nachricht, daß er einen Brief von der Verwaltung für Wasser-angelegenheiten erhalten habe; sein Projekt sei geprüft und als sinnlos angesehen worden, daher solle die Arbeit eingestellt werden. Lutfallah, der über Neuigkeiten gut unterrichtet ist, weiß auch bereits den Grund: Die Verwaltung ist von Saki Bey bestochen worden, denn Saki Bey liegt sehr viel daran, daß es eine Überschwemmung gibt. Sonst trocknet sein Sumpf aus; denn aus dem Sumpf verkauft er Schilf, und daran verdient er jedes Jahr 20— 30 000 türkische Pfund. Die Anwesenden sind empört, aber machtlos gegen die Behörden. . Über die Haltung der Beamten erfahren wir einige Geschichten, z. B. wie der Direktor der Stadtbücherei alte Werke verkauft hat, um etwas Geld zu machen. Im nächsten Kapitel kommt ein Inspektor des Gesundheitsministeriums in die Stadt. Der Gemeindearzt, dessen Assistent Reat ist, ist nicht da; Reat zeigt dem Inspektor mit Genugtuung das Krankenhaus. Reat ist nämlich ein wirklicher Arzt, der hilft, um zu helfen, und kein Geld von den Armen nimmt. Niemals ist er einverstanden gewesen mit dem Gemeindearzt, aber er kommt nicht gegen ihn an, da er sein Vorgesetzter ist. Der Gemeindearzt Sezai Bey hat das untere Stockwerk des Krankenhauses in ein Kohlenlager und das obere in einen Hühnerstall umgewandelt. Was mit den Kranken geschieht, ist ihm gleichgültig. Reat jedoch ist machtlos, Sezai Bey steckt mit den Reichen, mit Hulki Bey und Zati Bey unter einer Decke. Auf Grund der Inspektion wird der Gemeindearzt nach Ankara gerufen, aber wird nur gering bestraft.

Da kommt der Kaffeehausbesitzer Kadri mit Hurit in die Stadt. Mustafa hatte Kadris Gesuch, das vor einem Jahr eingereicht wurde, ganz vergessen. Sie gehen zusammen ins Rathaus. Mustafa schlägt Krach, weil sein Gesuch noch nicht bearbeitet ist. Hurit bittet Mustafa, seinen unbebauten Acker dem Dorflehrer zur Verfügung zu stellen. Der Dorflehrer, der mit seinem Gehalt von 15 Pfund seine Familie nicht ernähren kann, ist nämlich darauf angewiesen, von den Bauern Geschenke anzunehmen. Ein neues Ereignis im Gemeindeleben ist, daß Reat alle. Brunnen zuschütten läßt, weil sie verseucht und daher Krankheitsherde sind. Nun werden Wasserleitungen gelegt. Nur Zati Bey schüttet seinen Brunnen nicht zu; er macht immer Skandale und stachelt die Bevölkerung dauernd gegen Leute wie Reat, Zitki und Mustafa auf, die nur das Wohl des Volkes im Auge haben und der Gemeinde zum Fortsdiritt verhelfen wollen.

Der zweite Abschnitt behandelt die Überschwemmung des Mäander und die Sorgen der Bauern. In der Nacht der Überschwemmung geht Bekir, nachdem er seine Arbeit an der Mündung aufgeben mußte, trotz seiner Malaria, mit einigen Bauern dorthin, wo die Dämme am gefährdesten sind. Da er für diese Dämme von der Regierung kein Geld erhielt, mußte er sie aus Sandsäcken und Lehm bauen. Es regnet in Strömen. Als der Fluß den Damm an einer Stelle durchbricht, wirft sich Bekir in die Lücken und verlangt nach Sandsäcken. In diesem Augenblick erhalten sie Nachricht, daß andere Dämme weiter oben schon vom Fluß durchbrochen sind. Alle Mühen sind umsonst; daher fliehen sie ins Dorf zurück. Bekir erkrankt, da er durchnäßt war, schwer. Reat, der aus der Stadt in das Dorf gekommen ist, pflegt ihn, aber Bekir stirbt.

Im nächsten Kapitel ist von der Regierung aus Ankara ein neuer Bürgermeister in die Stadt gekommen. Zati Bey gibt ein großes Fest zu Ehren des neuen Bürgermeisters. Es ist seine Art, sich mit den Leuten der Regierung gut zu stellen. Auch Mustafa ist eingeladen und beschreibt das Fest. Am nächsten Tag geht Mustafa zu seinem Haar-schneider Yusuf und erfährt hier über den Plan Zati Beys und des Abgeordneten C..., Reat aus der Stadt zu versetzen, da er ihnen unbe-quem ist. Reat hatte nämlich ein Kino schließen lassen, weil es unvorschriftsmäßig war; er hatte die Eröffnung eines Freudenhauses gutgeheißen. Obwohl Reat nur das Wohl der Gemeinde erstrebt, zieht Zati Bey hieraus nur seinen Nutzen, indem er engstirnige, mit Vorurteilen belastete Leute gegen Reat aufstachelt. Daher soll der Abgeordnete (C . .) in Ankara erklären, das Volk sei unzufrieden mit Reat und wünsche einen neuen Arzt. Als Reat das erfährt, meint er, es könne ihm niemand etwas anhaben, da er nur seine Pflicht tue. Reat hilft den Armen und Kranken, wo immer er kann. Auf einem Spaziergang mit Mustafa und Zitki treffen sie Faramu?, der über Kopfweh klagt. Reat sagt: „Wir fahren morgen nach Izmir und lassen deinen Kopf röntgen.“ „Idi habe doch kein Geld“, meint Faramu. „Das kostet auch kein Geld“, entgegnet Reat. Sie fahren. Als sie zurückkommen, erfährt Reat, daß er versetzt ist.

Reat ist nach Ankara gereist und berichtet über die Mißwirtschaft in der Stadt. Man hört ihn an, aber an der Mißwirtschaft wird nichts geändert. Alles geht im alten Trott weiter. Der Lehrer, der schon lange unglücklich verliebt ist, hat endlich das Jawort seiner Braut erhalten. Diese Zusage gibt ihm soviel Kraft, daß er mit Mustafa große Pläne schmiedet; sie wollen alles Korrupte und Faule in der Stadt beseitigen. Inzwischen ist der neue Arzt gekommen; er ist ein ehemaliger Schulfreund Renats, der Zitki und Mustafa in ihren modernen Bestrebungen unterstützen und mit ihnen gegen alle Korruption und Bestechlichkeit kämpfen will.

Den Höhepunkt des Romans bildet der dritte Teil, als Reat nach Ankara kommt. Das Motto, das vor diesen dritten Teil gesetzt ist, sagt alles, was der Dichter will. Der Satz aus Fuzuli lautet: „Ich habe sie begrüßt und, weil ich sie nicht bestach, nahmen sie meinen Gruß nicht an.“

Der Roman will zeigen, daß es in Anatolien nur wenige Idealisten wie Reat gibt und daß man durch Bestechung alles erreichen kann. Das eine Gesicht der Stadt sind die Reichen, Skrupellosen, zu denen Zati Bey und Hulki Bey gehören, und die bestechlichen Beamten; sie sind alle Materialisten, die das arme Volk ausnutzen und nur auf ihr persönliches Wohl bedacht sind. Das andere Gesicht sind Reat und seine Freunde, die nur das Wohl der Allgemeinheit und den Fortschritt des Volkes im Auge haben. Zwischen ihnen stehen die Bauern, sehr gutmütige, aber einfache und ungebildete Leute, denen man ein X für ein LI vormachen kann.

Das letzte Kapitel ist betitelt „Und es geht immer weiter", nämlich der Kampf zwischen den Materialisten und Idealisten, zwischen dem persönlichen Vorteil und dem Wohl des Vaterlandes, zwischen der pflichtbewußten Jugend und den alten, bestechlichen Beamten. Der Sieg wird den Idealisten zufallen. Es liegt bei den jungen Türken, daß dieser Sieg bald errungen wird.

Humorvoll und zuweilen ironisch klingt eine andere Erzählung Haci Emmi von Kemal Bilbaar. Dieser Haci ist ein anatolischer Kleinbürger, bei dem Naivität und Bauernschläue gepaart sind. Während er Neuerungen ablehnend gegenübersteht, gehören der Landrat und der Kellner Yusuf der neuen Zeit und dem Fortschritt an. Gegenüber dem alten Haci setzt der Kellner, der ein Auge auf die Tochter des Haci geworfen hat, seine Modernisierungsbestrebungen mit Hilfe des Landrats durch. Durch eine raffinierte List der Tochter, die darin besteht, daß sie ihren Vater mit einer Tänzerin in eine verfängliche Situation bringt, um das Jawort zu erhalten, muß der Vater seine Zustimmung zur Heirat geben. Lebendig rollt das Kleinstadtleben vor unseren Augen ab. Der Dichter hat Refik H a 1 i t’s „Geschichten vom Lande“ gelesen und aus ihnen gelernt. Wie bei Refik Halit in der Erzählung San Bal „Gelber Honig“ der Landrat mit der Dirne San Bal, so gerät Haci mit der verführerischen Tänzerin Hesna in dieselbe Situation, in der sie von der Polizei überrascht werden; wie hier der Landrat im Bett, wird dort Haci im Schrank versteckt, worauf beide mit staunender Überraschung entdeckt werden. Die Angelegenheit wird still erledigt: der Landrat wird versetzt, Haci aber stirbt.

Die Verhältnisse in einer malariaverseuchten anatolischen Provinz-stadt behandelt Yaar Kemal in seinem kurzen Roman Teneke „Der Blechkanister“ und schildert dabei einerseits die Geldsucht der Reisplantagenbesitzer, andererseits das Gesundheitsproblem der Bauern. In diesen beiden Fragen weiß der junge, gutmütige und vaterlandsliebende, aber unerfahrene Landrat weder aus noch ein.

Nachdem Hancerlioglu in seinem ersten Roman Karanltk Dünya „Die dunkle Welt“ das stille, beschauliche, sich in Ruhe abspielende Leben einer anatolischen Provinzstadt dargestellt hat, versucht er in seinem neuen Roman Büyük Bahklar „Große Fische“ das Bild eines Tagesablaufs in der Großstadt Istanbul zu geben und dabei zufällig zusammenkommende Personen in Beziehung zueinander zu setzen.

Das Leben der großen Stadt, das in Istanbul, malt BurhanArpad in seiner Erzählungssammlung Dolaytsiyle „Als unmittelbare Folge“ in einzelnen Bildern. Hier weht die Luft Istanbuls; wir erleben die Bewegung, den Verkehr, das Menschengewühl der Stadt, wir begegnen den kleinen Angestellten, Beamten und Menschen mit ihren täglichen Sorgen und Geschäften.

Bunte Bilder des städtischen Lebens und der Not der armen Stadtbevölkerung zeichnet Orhan Kemal in seiner Erzählungssammlung Ekmek Kavgasi „Der Kampf ums Brot“. Fast könnte man in der ersten Erzählung eine betonte sozialistische Tendenz finden. Auf dem Platz hinter der Kaserne kämpfen Frauen, Kinder und Hunde um die Abfall-reste. Eines Tages wird das Militär verlegt; es gibt keine Reste mehr. Die armen Frauen klagen: „Ach, die schöne, alte Zeit ist vorbei, in der wir satt waren. Wir müssen Gott dankbar sein, daß er uns nicht nodi schleditere Tage bringt." Ein reiner Essey ist Revir Meydancisi Yusuf „Der Krankenstubenwärter Yusuf". Dieser Yusuf ist an allem schuld. Im Revier muß er alle Arbeiten verrichten, jeder verlangt nach ihm, der Kranke ruft nach Wasser, der Koch fordert seine Handreichung, so daß er keine Zeit findet, seine Stube in Ordnung zu bringen. Da kommt der Inspektor, Yusuf wird dafür bestraft. Ebenso blaß wie problemlos ist die Skizze „Der Stadtviertelwächter Ali“, der, nachdem er aus der Fabrik entlassen ist, jetzt den Fabrikleuten zeigen will, welche hohe Stellung er einnimmt. Auf weitere Geschichten seiner Sammlung einzugehen, erübrigt sich.

Orhan Kemal will den einfachen Mann aus dem Volk dadurch in die Literatur einführen, daß er seine Sprache einfach nachahmt, so sehr, daß er zu volkstümlich und dialektisch schreibt. Seine Erzählungen sind ohne Kraft und Originalität und halten einer Literaturkritik kaum stand. Als Kunstwerke in literarischem Sinn sind sie wohl kaum zu bezeichnen.

Reine Stimmungsbilder stellen die Werke von Sait Faik dar. Auch er entnimmt die Motive dem täglichen Leben. Sait Faik, der in der Türkei sehr populär ist, gilt dort als begabter Schriftsteller. Ich kenne seine Bücher Mahalle Kahvesi“ „Das Kaffee des Stadtviertels" und Samts „Die Tankstelle". Die erste Erzählung aus dem Buch Ma-halle Kahvesi schildert das Milieu des Kaffeehauses, wo die Leute sitzen, spielen und plaudern. Ein ärmlich aussehender Jüngling tritt ein, den keiner beachtet, weil er von seinem Vater verstoßen wurde. Da kommt ein Mann, der die Anwesenden holt, weil der Vater des jungen Mannes gestorben ist. Aber sie hindern den jungen Mann, mit ihnen zu seinem toten Vater zu gehen, weil er die eigene Schwester zu schlechtem Lebenswandel verführt hat. Auch ein Kaffeehausgespräch behandelt Baba ogul „Vater und Sohn“. Der Sohn, der bei seinem Vater sitzt, ist nur Zeitungsverkäufer, während der andere Sohn in Europa studiert hat und jetzt als berühmter Arzt seinen Vater nicht mehr kennt. Sait Faik’s Stil ist impressionistisch und elegant; aber er schreibt keine Erzählungen, noch weniger Novellen, sondern Skizzen oder Stimmungsbilder. Fast alle kommen sie mir vor, als ob sie Einleitungen zu Novellen wären, in denen erst das Problem entwickelt werden soll; ihnen fehlt die spannende, geraffte Handlung.

6. Kulturelle Besinnung

Durch die revolutionär vorgetragene Abkehr von islamischer Tradition, Sitte und Kultur war zwar eine radikale Europäisierung und Modernisierung eingetreten; dabei waren aber auch alte traditionelle Werte und kulturelle Güter verloren gegangen. Mit dem Präsidentenwechsel von 1938 wurde die dynamische Epoche der Reformen Atatürks beendet.

Daß diese Überleitung ohne Bruch vor sich gegangen ist, ist das Verdienst vom Izmet Inönü. Bis zum Tode Atatürks hatte es nur eine Partei, die „Republikanische Volkspartei", gegeben. Staat und Partei waren eins. Nun folgte ein nicht mehr autoritärer, sondern liberaler Kurs. Das zeigt sich auf verschiedenen Gebieten. Durch die 1946 neu-gegründete „Demokratische Partei“, deren Führer alte Kemalisten waren, wurde in der Türkei das Zweiparteiensystem eingeführt. Diese Oppositionspartei errang im Jahre 1950 ungefähr 400 von 487 Sitzen der elften Nationalversammlung. Die neue Regierung versprach Demokratisierung und Liberalisierung. In den letzten Jahren hat sie aber den Geist der Freiheit und der öffentlichen Diskussion derart unterdrückt und die Stabilität der Währung und Finanzen derart in Unordnung gebracht, daß sie am 27. Mai 1960 gestürzt wurde. Nach dem zehnjährigen Experiment der Demokratischen Partei steht heute die Türkei wieder dort, wo sie vor dem Übergang zum Mehrparteiensystem im Jahre 1946 gestanden hatte.

Unter Inönü hatte die türkische Presse die Freiheit der Kritik erhalten. So konnte 1948 der bekannte Journalist Ahmed Emin Yalman schreiben: „Wieviel geistige Schätze wurden unter den Ruinen des Alten verschüttet! Nun ist es wohl an der Z'eit, in den Ruinen zu graben und mit kritischem Blick. das Gute vom Schlechten zu scheiden.“

In der Tat hatte man sich auf das Erbe der vergangenen Jahrhunderte besonnen. Es ist charakteristisch, daß man türkische Übersetzungen aus der klassisch-islamischen Literatur, wie Ibn Sina, Hafiz und Celäleddin Rumi veröffentlichte. Dieser Ton wurde jetzt auch in der Literatur vernehmbar. Im Jahre 1942 erhielt die Schriftstellerin Halide E d i b Adivar den türkischen Literaturpreis für ihren Roman Sinekli Bakkal „Die Fliegenkrämergasse“, der in der Zeit der jungtürkischen Revolution spielt. Mit dichterischer Kraft wird hier ein Bild Istanbuler Lebens enthüllt, wobei die hohen und niedrigen Schichten des Volkes aus der Zeit Abdülhamids mit den guten und schlechten Zügen plastisch und lebendig vorgeführt werden. Die Haupt-gestalt ist die Rabia, die Tochter eines Schattenspielers, in deren musikalischer Begabung sich die östliche und westliche Welt vereinen.

Den Hymnus auf die alte Zeit hat Abdülhak inasi Hisar angestimmt. In seinen „Vollmondnächten am Bosporus" besingt er in lyrischer Prosa den Bosporus und einen Tag, wie er am Bosporus ablief: die Versammlung der geladenen Gäste, die Musik und die Stille und die Liebe. Alles ist voller Sehnsucht und Gefühl, eine romantische Rapsodie auf die dahingeschwundene Vergangenheit. Charakteristisch für Sprache und Darstellung ist folgende Probe: „Ich weiß wohl, daß heute keine Spur, kein Zeichen geblieben ist von jener Musik, jenen Vollmondnächten, jenen Booten und Barken, jenen Gefühlen und Geräuchen, von jenen Sängern, die ihre Stimme mit immer neuer Kraft und Süße erhoben, von jenen Virtuosen, die mit sieghaftem Ausdrudt das Reißholz auf die Saiten schlugen, von der sdtmachtenden Liebe zwischen jenen Damen und Herren, von den einander sehnsüchtig umfassenden Blidten.

Ich weiß, daß nur mehr gedächtnislos stummes Wasser da fließt, wo man einst jene Musik und jene Musiker, jene Gesänge und jene Sänger hörte; wo diese Sänger die Tamburins wie sakrale Geräte über sich hielten und sie, wenn die Ekstase sie erfaßte, erklingen ließen.

Wo einst menschliche Stimmen wie entflammte Nachtigallen sdiluchz-ten, wo die Mensdten von Musik, Vollmond und Liebe außer sich gerieten, wo jene Boote und Barken Traumgeschöpfen glichen, wo jene geschmückten Trauen im weißen Schleier mit ihren Blicken den Himmel, den Vollmond und das Wasser zu Zeugen anriefen ... Ich weiß, daß jene Welt aufgelöst ist und daß sich ihre Elemente niemals wieder zusammenfinden werden.“

Mit einem Sonderling der schönen alten Zeit befaßt sich ein Roman „Unser guter Fahim Bey“, der vor einigen Jahren in deutscher Über-setzung erschienen ist, so daß es sich erübrigt, darauf näher einzugehen. Der Held der Erzählung „Der Schwager im grünen Kiosk“ wird mit der neuen Zeit und dem neuen Leben nicht mehr fertig. Schwelgend in Erinnerungen an seine Pilgerfahrt nach Mekka in der alten Zeit, ist er allem Neuen abhold. Noch einen Schritt weiter geht der Schriftsteller in einer anderen Erzählung, in der ein moderner europäisierter Türke der Okzidentalisierung so überdrüssig wird, daß er das Leben eines islamischen Derwisches führt. Die Einstellung Abdülhakk§inasi‘s zu den kulturellen Gütern der Vergangenheit ist nicht besser zu charakterisieren als durch seine eigenen Worte; denn für ihn ist „der gemeinste und teuflichste Anschlag auf eine Nation, die Vergangenheit aus ihrem nationalen Bewußtsein zu reißen und aus ihrem Gedächtnis zu tilgen.“ Er hat die Verbindung mit der geistigen Tradition nicht verloren.

In seinem Buch Gefmif Günter „Vergangene Tage“ schildert Ruen Eref Ünaydin das Istanbuler Leben und Treiben in der früheren Zeit, als er noch ein Knabe war und vergleicht es mit der neuen, modernen Türkei.

Andere Schriftsteller schauen rückwärts auf die „alte gute Zeit". Trotz mancher Mißstände und Rückständigkeiten hat auch sie ihr Gutes gehabt und Werte hervorgebracht, die sich vielleicht in einigen Punkten mit dem, was durch die Modernisierung gewonnen wurde, messen können. Die schon erwähnten „ Anatolischen Geschichten“ von Kemal Bilbajar enthalten eine Erzählung „Pensionierte Pferde“, die diese alte Zeit schildert. Schon äußerlich führt uns das Milieu der Provinzstadt in die Vergangenheit: die Männer mit dem Fez, die Hodschas mit Turban, die Frauen im araf. Vor dem Finanzamt stehen die pensionierten Offiziere für ihre Pension Schlange. Die kleinen Beamten, die einst vor ihnen stramm stehen mußten, kommen sich nun ganz groß vor; jetzt sind sie die Herren und sonnen sich in ihrem Dünkel und in ihrer Macht. Die armen Offiziere aber hängen wehmütig den Gedanken und Erinnerungen an ihre glorreiche Vergangenheit nach. Geht diese Geschichte schon stark ins allgemein Menschliche hinein, so behandelt seine Erzählung „Der Trunkenbold“ das Ringen mit dem tragischen Geschick, wobei eine feine Seelenanalyse des Menschen geboten wird, der „das Verlorene“ wiedergewinnen will. Hier finden sich starke Anklänge an die bekannte Erzählung „Der Grabschänder“ von Yakub Kadri, von dem Kemal Bilbajar abhängig ist. In beiden Fällen ist die Einleitung dieselbe: keiner kennt den Mann; keiner weiß, woher er kommt; an einem entlegenem Ort haust er; die Kinder laufen vor ihm fort; beide kämpfen gegen das dunkle Geschick an.

Mit feinem Gefühl führt BekirSitkiKuntindie alte Zeit, vor der das Volk achtungsvoll sich neigt. Aus seinen Erzählungssammlungen Memleket Hikäyeleri „Erzählungen aus der Heimat" und Talktnla Sal-kim sei nur die Erzählung Dü^mez kalkmaz bir Allah „Ein Gott, der nicht stürzt und nicht wiederaufsteht“ herausgegriffen. Der Titel weist eine feine Ironie auf. Wir sehen eine alte, elende Bettlerin vor einem Kaffeehaus in Beyazit. Alle weisen sie ab, keiner beachtet sie. AIs sie sich aber als die Frau eines großen ehemaligen Pajas ausgibt, geben ihr alle reichliche Almosen und sind sich einig, daß „die Würde und Vor-nehwheit schon aus ihrem Gesicht strahlt“. Und der Dichter schließt: „Ohne es zu merken, sind sie furchtbare Aristokratenfreunde, so sehr, daß sie die Bettlerin zusammen mit Achtung und Liebe, beinahe audi mit Geld überhäufen.“

Der in die Vergangenheit zurückgreifende Stoff der Literaturwerke hat zugleich auch eine sozialkritische Tendenz. Der historische Hintergrund dient dazu, die Gegenwart mit ihren Bestrebungen und Schwächen zu beleuchten.

III. Literarische Wertung

Wenn man die besonderen Merkmale der kemalistischen Literatur festlegen will, so sind es in erster Linie Naturalismus und Realismus. Fast alle jungen Schriftsteller sind Realisten. Das hat die neue Zeit mit sich gebracht; sie drängte die jungen Menschen aus der Welt der Träumereien in die Wirklichkeit. Ein weiteres Charakteristikum ist die psychologische Analyse; sie überwiegt in der Darstellung der Charaktere, immer wieder werden die psychologischen Hintergründe oft weitschweifig ausgemalt. Man kann fast von einer Lust zum Psychologieren sprechen. Als drittes ist die Erzählungskunst zu nennen. Der Türke kann erzählen, zeigt eine Frische unbekümmerten Erzählens, fabuliert gern und breit, indem er mit gleicher Lust und Liebe die Details der Handlung wie auch des Milieus ausmalt. Das aber führt dazu, daß keine starke, straffe Handlung vorhanden ist, die den Leser packt und mitreißt.

Bei der Beurteilung der türkischen Literatur müssen wir uns vor Augen halten, daß Roman, Novelle und Drama erst in der Mitte des letzten Jahrhunderts unter französischem Einfluß entstanden sind, sich allmählich davon abhängig machten und sich erst seit dem Beginn unseres Jahrhunderts frei entfalten konnten. Die Schriftsteller haben sich ihre Anregungen -und Stoffe aus dem nationalen Leben genommen und heute eine eigene nationale Literatur geschaffen.

Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges war das Osmanische Reich in alten Traditionen, in überkommenen Anschauungen und religionsgebundenen Auffassungen befangen. Die Umstellung von der mittelalterlichen Weltanschauung zu modernem Denken, die in Europa die Renaissance in mehrhundertjähriger Entwicklung allmählich bewirkt hat, erfolgte in der Türkei in einem Zeitraum von etwa zwei Generationen. Das ist an sich eine immerhin beachtliche geistige Leistung. Im Gegensatz zu anderen Völkern, deren literarische Tradition nicht abgebrochen wurde, ist die zeitgenössische türkische Literatur das Ergebnis der kemalistischen Revolution.

Wie groß die Erfolge der modernen Türken auf literarischem Gebiete sind, wird noch deutlicher, wenn man die zeitgenössischen Literaturen der anderen islamischen Völker zum Vergleich heranzieht. Es steht außerhalb des Zweifels, daß die anderen orientalischen Literaturen meilenweit hinter der türkischen zurückliegen. Selbst die am meisten entwickelte ägyptische Literatur mit den immerhin beachtlich 1 Werken eines Mahmud Taimur oder Mahmud al-Aqqad steht, verglichen mit der türkischen, noch im Anfangsstadium.

Da die Türkei nach der Modernisierung als europäischer Staat angesehen werden will, muß man an die türkische Literatur auch europäische Maßstäbe anlegen. Einer solchen Bewertung kann sie noch nicht standhalten. Doch treten manche Werke der zeitgenössischen Schriftsteller, wie die von Yakub Kadri, Halide Edib, Peyami Sasa, Abdülhak inasi u. a. aus dem Rahmen der türkischen Literatur heraus und verdienen, in der europäischen Literaturgeschichte festgehalten zu werden. Das berechtigt zu der Hoffnung, daß das neue türkische Schrifttum Werke hervorbringen kann, die als Ausdruck des türkischen Geisteslebens nicht nur die türkische Literatur, Sonden auch für die Weltliteratur von Bedeutung sind.

Politik und Zeitgeschichte

AUS DEM INHALT DER NÄCHSTEN BEILAGEN:

Ludwig Dehio: „Preußisch-Deutsche Geschichte 1640— 1945"

Philipp Fabry: „Die deutsch-russischen Beziehungen 1939— 1941"

Jens Hacker: „Die Osteuropaforschung in der Bundesrepublik Deutschland"

Klaus Hornung: „Die Etappen der politischen Pädagogik von Bismarck bis heute"

W. Jaide: „Die Einstellung heutiger Jugendlicher zur Politik"

Walter Kolarz: „Das Judentum in der Sowjetunion"

Georg Paloczi-Horvath: „Chruschtschow" (Auszüge)

Karl C. Thalheim: „Die Wachstumsproblematik der Sowjetwirtschaft"

Stephan G. Thomas: „Totalitäre Machtstruktur und sowjetische Außenpolitik"

Walter Wehe: „Die wirtschaftspolitische Entwicklung Europas seit dem Marshallplan"

Fussnoten

Fußnoten

  1. Zu den Tanzimat vgl. die übersichtliche Darstellung bei H. W. Duda, Vom Kalifat zur Republik, Wien 1948, S. 25— 26.

  2. Einen allgemeinen Überblick über die türkische Literatur bietet Th. Menzel, Die türkische Literatur, in: Die Kultur der Gegenwart, Neue Ausgabe, I, 7, S. 294— 323, eine ausführliche Darstellung gibt Alessio Bombaci, Storia della Letteratura Turca, Milano 1956.

  3. P. Horn, Geschichte der türkischen Moderne, 2. Auflage. Leipzig 1909, Neudruck 1916; Fr. Giese, Der Entwicklungsgang der modernen osmanischen Literatur, in: Rudolf Haupt, Katalog 13: Ost-und Westtürkisch, S. V—XVI, Halle 1906 und L. Bonelli, La moderna letteratura ottomana, in: Bessarione VII, Serie 2, vol. IV, 1903, S. 48— 60.

  4. Vgl. C. Perin, Tanzimat edebiyahnda fransiz tesiri, Istanbul 1946; I. H, Sevük, Avrupa edebiyati ve biz, 2 Bände, Istanbul 1940— 41.

  5. O. Hachtmann, Die türkische Literatur des zwanzigsten Jahrhunderts, Leipzig 1916, und Martin Hartmann, Dichter der neuen Türkei, Berlin 1919.

  6. R. Hartmann, Ziya Gölkalp's Grundlagen des türkischen Nationalismus, in: Orientalistische Literaturzeitung, Jg. 28, 1923, Sp. 578 ff. Eine übersichtliche Darstellung bei H. W. Duda, Vom Kalifat zur Republik, Wien 1948, S. 95 bis 102; eine ausführliche Behandlung von Uriel Heyd, Fondations of Turkish Nationalism. The Life and Teachings of Ziya Gökalp, London 1950 (mit weiteren Literaturangaben).

  7. O. Spies, Die türkische Prosaliteratur der Gegenwart, Leipzig 1943 (= Die Welt des Islams, Bd. 25); E. Rossi, Odierne tendenze letterarie e politiche in Turchia, in: Oriente Moderno, Vol. IX, 1929, S. 580— 590.

  8. übersetzt von O. Spies, Türk. Erzähler der Gegenwart, S. 47— 53.

  9. A. H. Payne Verlag, Leipzig o. J. (1939), 303 S. Ins Italienische übersetzt unter dem Titel „Terra Matrigna (Yabanj“, Romanzo. Versione (wahrscheinlich auf Grund der deutschen Übersetzung) di Alessandra Scalero, Milano-Verona (A. Mondadori) 1941, 262 S.; Kroatische übers. „Tudjinac", Zagreb 1940; ferner: Tudjinac, übers. Teofanija Trivunac, NoviSad, Bratstvo-Jedinstavo 1953.

  10. übersetzt von O. Spies, Türk. Erzähler der Gegenwart, S. 56— 64.

  11. Eine französische freie Übertragung von R. Marchand unter dem Titel . Leila, fille de Gomorrhe", Paris 1934; zwei Abschnitte in: Ed. Saussey, Prosateurs turcs contemporains, S. 62— 68, Paris 1935.

  12. Holländische Übersetzung: Ankara. Uit het Turksch vertaald door J. H. Kramers en Annemarie v. d. Bergh, 2. Druck, Amsterdam, Wereldbibliotheek (1938). Daraus ist die indonesische Übersetzung geflossen: Ankara, übers, von Amal Hamzah, Djakarta, Pustaka Rakjat, o. D. (ca. 1952 bis 1954). Ein Abschnitt daraus in: Prosateurs, S. 74— 77.

  13. Früher hatte schon Mehmet Reus einen ähnlichen Stoff in der Erzählung „Der Held“ bearbeitet. Der junge Offizier sprengt das Munitionslager und findet dabei den Tod mit den Worten „Es lebe das Türkentum!" übersetzt von O. Spies, Das Blutgeld, S. 39— 49.

  14. übersetzt von O. Spies, Das Blutgeld, S. 162— 176.

  15. Ins Deutsche übersetzt von Otto Baxa unter dem Titel „Zwischen Ost und West“, Nachwort von O. Spies, Leipzig 1943, (A. H. Payne Verlag).

  16. Renate Bayer, Kemal Bilba§ars „Anatolische Geschichten", Phil. Diss. Tübingen 1948.

  17. O. Spies, Der türkische Bauer in der Erzählungsliteratur, in: Die Welt des Islams, N. S. 4, 1955, S. 40— 46.

  18. A. Village in Anatolia, Mahmut Makal, translated from the Turkish by Sir Wyndham Deedes, London 1954 (Vallentine, Mitchell & Co, Ltd.); hebräisch: Ha-Nefar shelanu übers, von Uriel Heyd, Tel-Aviv 1951.

  19. E. Galperina in: Neue Zeit, Moskau Nr. 7 vom 1. September 1945, feiert ihn als Kommunist.

  20. Herbert Melzig, Anatolische Geschichten von Sabahattin Ali, Verlag Volk und Welt, Berlin 1953; Friedrich von Rummel, Sabahattin Ali in-Stimmen der Völker, Heft 4, 1948, Bavaria-Verlag Gauting bei München;

  21. übersetzt von O. Spies, Das Geisterhaus, S. 136— 142 und H. Melzig Anatolische Geschichten, S. 175— 181.

  22. übersetzt von O. Spies, Die Welt des Islams, Vol. IV, 1955, S. 45— 46. Diese und die folgende Geschichte sind aus der Erzählungssammlung Sam Amca, Istanbul 1951 genommen.

  23. übersetzt von O. Spies, Die Welt des Islams, Vol. IV, 1955, S. 42— 44.

  24. Aus Telli Kavak, Istanbul 1941, übersetzt von O. Spies, Das Geisterhaus, S. 143— 149.

  25. Vgl. O. Spies, Die türkische Prosaliteratur der Gegenwart, S. 26— 33 und außer den dort genannten Übersetzungen noch: O. Spies, Das Geisterhaus, Krefeld 1949, S. 93— 124.

  26. Zum Schriftsteller vgl. O. Spies, Die türk. Prosaliteratur, S. 88— 90.

  27. Türkischer Titel: Bacayi indir, Bacayi Kaldir wörtlich . Nimm den Fabrikschornstein ab und setzt ihn wieder auf!“, Istanbul 1933, übersetzt von O. Spies, Das Geisterhaus, S. 125— 135.

  28. Deutsch: Der Zaunkönig, Leipzig 1942 (A. H. Payne-Verlag); englisch: Autobiography of a Turkish girl, translated by Sir Windham Deedes, London

  29. Friedrich von Rummel, Die Türkei auf dem Weg nach Europa, München 1952, S. 132— 134.

  30. In freier Bearbeitung „The clown and his daughter*, London 1935; wahrscheinlich danach: „El Payaso y su hija", übersetzt von Rafael Vzquez-Zamora, Barcelona o. J. (ca. 1950).

  31. Fr. von Rummel, Abdülhak inasi Hisar's „Vollmondnächte am Bosporus“, in: Serta Monacensia, Franz Babinger zum 15. 1. 1951 als Festgruß dargebracht, Leiden 1952, S. 136— 149.

  32. übersetzt von Fr. von Rummel, Den Haag 1954 (Verlag Mouton & Co). Vgl. dazu auch die Besprechung von H. W. Duda in der „Wiener Zeitsdirift für die Kunde des Morgenlandes", Bd. 53, S. 332— 334.

  33. übersetzt von H. J. Kissling, Yakub Kadri, Mahdur. Türkische Erzählungen, Bonn 1948 (Europäische Bücherei H. M. Hieronimi), S. 55— 74.

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