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Die Religionen in der Sowjetunion | APuZ 45/1960 | bpb.de

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APuZ 45/1960 Die Religionen in der Sowjetunion

Die Religionen in der Sowjetunion

WALTER KOLARZ

In dieser und der nächsten Ausgabe der Beilage veröffentlichen wir zwei Kapitel des Buches „Religion in the Soviet Union", das im Frühjahr 1961 bei Macmillan & Co. Ltd. in London erscheinen wird.

Der Islam von 1917 bis 1960

INHALT Der Islam in der Sowjetunion von 1917 bis 1960 Das Schicksal des religiösen Judentums in der Sowjetunion In dieser Beilage: In der nächsten Beilage: Die kommunistische Interpretation des Islams Die Wartezeit Die „alte” und „neue Moschee“

Die Moslem-Kommunisten Verfolgung und Widerstand gegen Ende der zwanziger Jahre Der „Angriff" (Hudjum)

Vom „Hudjum" bis zur großen Säuberungsaktion Der sowjetische Islam vor dem „Großen Vaterländischen Krieg" Die „Roten Muftis"

Die sowjetische Haltung g筴朇

„. . . mit falschen Argumenten werden die Ungläubigen die Wahrheit zu verdrehen suchen und meine Offenbarungen und Mahnungen verhöhnen“.

Der Koran

Keine der in der Sowjetunion vertretenen Religionen ist in ihrer Bedeutung so schwer abzuschätzen wie der Islam. Nach der sowjetischen Volkszählung von 1959 beziffert man die Zahl derer, die auf Grund ihrer Volkszugehörigkeit von altersher mit dem Islam aufs engste verbunden sind, auf 24 Millionen Menschen. Wieviele von ihnen sich aber tatsächlich zum Islam bekennen und seine religiösen Gesetze einhalten, kann auch nicht annähernd geschätzt werden. Die Moslems in der Sowjetunion leben in Gebieten, die für ausländische Besucher entweder gesperrt oder nur für ganz kurze Zeit zugänglich sind. Ihre Eindrücke sind daher durchweg recht oberflächlich und beschränken sich auf größere Städte und Fremdenverkehrszentren. Die russischen Moslems selber haben kaum etwas dazu getan, um uns mit ihren Problemen vertraut zu machen. Im Gegensatz zu der russisch-orthodoxen Kirche, den Baptisten und der armenischen Kirche haben die Moslems keinerlei Informationsmaterial herausgebracht, das mit dem der anderen Kirchen auch nur annähernd vergleichbar wäre. Gerade in Anbetracht des Mangels an Informationen hat es daher über den russischen Islam die widersprechendsten Meinungen gegeben. Manche betrachten ihn als eine quantite negligeable. Andere wieder sehen im Islam eine starke, dem Kommunismus entgegenwirkende Kraft. Wollte man sich auf Informationen aus kommunistischen Quellen erlassen, so ist in der Sowjetunion der Verfall der Institutionen und sichtbaren Erscheinungsformen des Islams offenbar. Dies bedeutet jedoch keinesfalls, daß der Islam als Religion in seiner Existenz bedroht ist. Mohammed hat nicht, wie Christus, eine Kirche gegründet, er hat eine Religion gestiftet. Der Islam kann daher völlig unabhängig von nach außen sichtbaren Institutionen existieren und wirken. Fragen der kirchlichen Hierarchie und des Kirchen-rechts, die für die meisten Christen von so ausschlaggebender Bedeutung sind, bleiben für die Existenz des Islams unwesentlich. Die Geschichte der katholischen Kirche wäre ohne das Wirken der Päpste undenkbar. Ebensowenig könnte man die Geschichte der orthodoxen Kirche schreiben, ohne das Wirken der Patriarchen und Erzbischöfe ausführlich zu würdigen. Beim Islam ist es anders. Die Mullahs und Scheichs, wie bedeutend sie auch als Persönlichkeiten sein mögen, sind nicht ausschlaggebend. Wenn man das Schicksal des Islams in der UdSSR untersuchen und beschreiben will, so muß man versuchen, die Oberfläche zu durchstoßen und bis in die tieferen Schichten vorzudringen, wo der Islam weiterlebt — ohne Moscheen und ohne von rechtswegen anerkannte Mullahs. Er lebt weiter im Glauben der Moslems an die Grundlehren des Koran, in den religiösen Feiertagen, im Heiligenkult und vielen anderen Formen. Islamische und vorislamische Glaubensformen existieren häufig nebeneinander, ohne daß es dadurch zu Widersprüchen käme, denn, ungeachtet der Ansichten und Lehrsätze von Theologen und Anthropologen, haben die Moslems beide miteinander in Einklang gebracht. Entscheidend ist vielmehr die Trennungslinie, die zwischen denen, die den Islam nach außen sichtbar bekennen, und denen, die ihn heimlich ausüben, verläuft. Die allgemein bekannten theologischen Unterschiede innerhalb des Islams sind in Sowjetrußland weit weniger wichtig als anderswo

Die kommunistische Interpretation des Islams

Als Ideologie europäischen Ursprungs hat der Marxismus-Leninismus sich nie besonders für den Islam interessiert. Selbstverständlich stand es für die Marxisten und Leninisten von vornherein fest, daß der Islam genauso wie jede andere Religion abzulehnen sei. Es war jedoch schwieriger, Argumente für seine Bekämpfung zu finden, denn man war sich nicht einmal über die richtige marxistische Interpretation des Islams einig. Diese Tatsache hat in einer Anzahl von widersprechenden kommunistischen Theorien über den Ursprung der mohammedanischen Religion ihren Niederschlag gefunden. Die Theorie, die zu Beginn des Sowjetregimes die weiteste Verbreitung fand, weil sie sich eng an die Lehren des damals vom Regime anerkannten Historikers Prokowsky anlehnte, besagte, daß der Islam als Schöpfung und Ideologie eines Kapitalismus arabischer Prägung anzusehen sei. Einer Theorie von N. A. Roskow zufolge war der Sieg des Islams gleichbedeutend mit dem Sieg des Feudalismus. Eine weitere Hypothese, die jedoch bald als un-marxistisch fallengelassen wurde, wies nach, daß der Islam ursprünglich eine Ideologie der armen Beduinenstämme und der Staat Mohammeds ein Beduinenstaat gewesen sei, wenngleich die Macht sehr bald in die Hände der Stammes-Aristokratie überging. Alle diese verschiedenen Theorien wurden in Büchern und Zeitschriften und ganz besonders in der atheistischen Presse entwickelt und dargelegt Auch über die Bedeutung und Bewertung des Propheten Mohammed selbst besteht keineswegs Übereinstimmung. Die Große Sowjet-Enzyklopädie beschreibt ihn als einen „religiösen Prediger, der als. Begründer des Islams ange- sehen wird“ Der führende sowjetische Orientalist, Professor Tolstow, spricht immer nur von dem „Mythos des Mohammed", der, wie er sagt, sich auf vorislamische, schamanische Mythen gründet Noch entschiedener in seiner Ablehnung ist Professor L. 1. Klimowitsch, Sowjetrußlands produktivster Verfasser anti-islamischer Schriften. Er schrieb:

„Mohammed ist die imaginäre Persönlichkeit, mit deren Hilfe der Ursprung des Islams bis auf den heutigen Tag erklärt wird.“

Aus zahlreichen in der sowjetischen Presse erschienenen Artikeln von Professor Lutgyan Klimowitsch ergibt sich ein gutes Bild des Islams aus sowjetischer Sicht. Wir die von Klimowitsch gegebene Definition: bringen

„Der Islam ist eine unwissenschaftliche und reaktionäre Weltvorstellung, die der marxistisch-leninistischen fremd ist. Der Islam steht im Gegensatz zu der optimistischen und lebensbejahenden materialistischen Lehre, er ist mit den fundamentalen Interessen der sowjetischen Völker unvereinbar und hindert überzeugte Kommunisten daran, aktiv und ohne Skrupel am Aufbau der kommunistischen Gesellschaft mitzuwirken.“ Über den Koran sagt Klimowitsch, daß er „zum Nutzen der Feudalherren und Kaufleute des Kalifen" geschrieben wurde. Die Geschichten über Paradies und Hölle seien dazu ausersehen gewesen, aus den „Arbeitern willenlose Sklaven zu machen“ Die religiösen Feiertage Kurban-Bayrami und besonders der Ramadan seien Überreste einer vergangenen Epoche, in der man glaubte, „die bösen Geister oder Götter durdt Magie bestechen zu können“ Klimowitsch definiert den Pilgerzug nach Mekka als eine Einkommensquelle für die arabischen Kaufleute und Feudalherren und als eine „von den Imperialisten gern ge- nutze Gelegenheit, Spione und Agenten zu rekrutieren“ Diese sehr aggressiven Feststellungen waren jedoch in einem 1956 von Klimowitsch veröffentlichten anti-islamischen Pamphlet nicht enthalten Gelegentlich wurden auch nationalistische Argumente gegen den Islam ins Feld geführt. So wird behauptet, daß er nicht nur konservativ, reaktionär und unwissenschaftlich, sondern auch antirussisch sei. Den Moslems im zentralasiatischen Teil Rußlands hinwiederum wurde klargemacht, daß der Islam eine fremde Religion sei, die ihnen von den arabischen Erobern, später vom tatarischen Klerus und schließlich von der zaristischen Verwaltung aufgezwungen worden sei n). Diese Argumente verwandte man besonders gern bei den Kasachen, denen man schmeicheln wollte, indem man ihnen klarmachte, daß ihre alte Religion, der Schamanismus, weniger „schädlich" sei als die ausländische mohammedanische Religion. Die gegen den Islam vorgebrachten sowjetischen Thesen erfuhren je nach den taktischen Erfordernissen der kommunistischen Politik gegenüber den islamischen Völkern innerhalb und außerhalb der UdSSR gewisse Veränderungen. Der fundamentale ideologische Gegensatz zwischen Islam und Kommunismus bleibt unbestritten. Anders ist es mit der Haltung der Kommunisten gegenüber Tagesfragen. Die Kommunisten haben im Laufe der Zeit die widersprechendsten Methoden angewandt. Hin und wieder entstand eine Situation, die von ihnen Toleranz und Verständnis gegenüber dem Islam erforderte; dann wieder gab es Zeiten, in denen eine Großoffensive gegen die „religiösen Vorurteile“ der Moslems geboten schien.

In ihrer „Moslem-Politik“ hielten sich die Kommunisten getreu an das Prioritätsprinzip. An erster Stelle rangierte stets die Revolution des Proletariats und erst an zweiter Stelle der Kampf gegen die jeweilige „feindliche" und „reaktionäre" Ideologie. Hält man sich vor Augen, daß der sowjetische Atheismus als Teil eines ideologischen Systems, des Marxismus-Leninismus nämlich, anzusehen ist, dann wird man selbst von den sensationellsten taktischen Manövern an der „Moslem-Front" keinesfalls überrascht sein.

Die Wartezeit

Als seinerzeit die Bolschewiken die Regierung in Rußland übernahmen, waren sie darauf bedacht, den unvermeidlichen Konflikt mit den Moslems im östlichen Teil der Sowjet-Union zunächst noch nicht offen zum Ausdruck kommen zu lassen. Sie waren noch zu sehr damit beschäftigt, ihre Macht in Europa zu festigen, als daß sie imstande gewesen wären, das Problem des Islams jetzt schon anzupacken. Bevor sie sich mit der Frage der Existenz des Islams im Nordkaukasus und in Turkestan befassen konnten, mußten sie zunächst den starken Einfluß der russischen Kirche brechen. Hinzu kam, daß es ihnen an Bundesgenossen innerhalb des Moslemlagers fehlte. Die Zahl der Moslem-Kommunisten war in den ersten Jahren des Sowjetregimes nur minimal, ganz zu schweigen von denen, die bereit gewesen wären, sich an einer aktiven Anti-Moslem-Propaganda zu beteiligen. Darüber hinaus rechneten die russischen Kommunisten damit, daß die Weltrevolution sich sehr schnell auf andere, vom Islam beherrschte Länder ausdehnen würde. Aus all diesen Gründen erschien dem Sowjetregime in den ersten Jahren eine Politik der religiösen Toleranz als der einzig mögliche Weg.

Zu erwähnen bleibt noch, daß die Kommunisten in den Fragen der Terminologie mit einer gewissen Verwirrung zu kämpfen hatten. Ursprünglich hatten die russischen Kommunisten den Begriff „Moslem“ im säkularen Sinne gebraucht — eine Definition, die auch in anderen Teilen der Welt gültig ist. „Moslems“, wie die Sowjets den Begriff verstanden, waren ganz einfach Menschen, die der islamischen Welt im historischen und kulturellen Sinn angehörten; sie brauchten deswegen noch keine gläubigen Mohammedaner zu sein. Als z: B. Lenin und Stalin im November 1917 an die Moslems im europäischen und asiatischen Rußland appellierten und sie zur „größtmöglichen moralischen und materiellen Unterstützung bei der Neuordnung der Welt" aufforderten, sahen sie in den Moslems ein unterdrücktes Kolonialvolk und nicht etwa fromme Söhne des Propheten. Obgleich Lenin und Stalin keineswegs die religiösen, sondern die politischen Moslems meinten, konnten die ersteren aus dem Appell den Eindruck gewinnen, daß die Kommunisten ihre Freunde seien.

Für Lenin im besonderen bedeuteten Islam und Moslems eine große unbekannte Macht, der er, wenn auch widerstrebend, eine Art von Anerkennung zollte, die dem Unbekannten so häufig zuteil wird. Die gleiche Haltung nahm Sinowjew ein, der erste Präsident der Kommunistischen Internationale sowie auch Michail Kalinin, der für einen Kommunisten eine sehr maßvolle und tolerante Haltung diesen Problemen gegenüber einnahm.

Auf dem achten Kongreß der kommunistischen Partei im März 1919 formulierte Lenin zum ersten Mal klar die sowjetische Politik gegenüber dem Islam, die eigentlich auf ein einziges Wort hinausläuft: „Wartet!“ Lenin sagte folgendes: „Was können wir mit solchen Völkern, wie den Kirgisen, Usbeken, Tadsdtiken und Turkmenen tun, die immer noch unter dem Einfluß ihrer Mullahs stehen? Hier in Rußland haben die Erinnerungen des Volkes an seine unglüddichen Erfahrungen mit den „Popen“ viel dazu beigetragen, diese abzuschütteln. Aber Sie alle wissen, wie der Erlaß über die standesamtliche Trauung befolgt wird! Können wir diesen Völkern sagen: „Wir werden Eure Ausbeuter abschütteln“? Gerade das können wir nicht, denn sie sind vollkommen abhängig von ihren Mullahs. Wir müssen daher warten, bis die Entwicklung der einzelnen Nationen und die Entwicklung eines Proletariats aus bürgerlichen Elementen weit genug fortgeschritten ist; daß sie kommen wird, ist gewiß.“

Getreu der kommunistischen Lehre identifizierte Lenin Religion mit Ausbeutung und Klerus und Mullahs mit den „bürgerlichen Elementen“. Dennoch ist der Sinn seiner Worte vollkommen klar. Er gab frei und offen zu, daß in den ersten Jahren des sowjetischen Regimes die Kommunisten weder die Macht noch die Möglichkeit haben würden, das Problem des Islams anzugehen. Einige kommunistische Führer gingen sogar noch einen Schritt weiter als Lenin. Sie waren der Ansicht, daß der Kampf gegen den Islam bis zu einem späteren Zeitpunkt verschoben werden müsse, und daß es bis dahin sogar eine gewisse Zusammenarbeit zwischen den Sowjets und den Mullahs geben könne. So entwickelte sich eine ziemlich absurde Situation: in den christlichen Gebieten Rußlands wurde ein rücksichtsloser und gnadenloser Kampf gegen religiöse Institutionen geführt, während in den von Moslems bewohnten Gebieten, wie Daghestan, die kommunistischen Behörden die Scheriat-Gerichtshöfe noch immer anerkannten. Im Ausland wurden die russischen Kommunisten wegen dieser opportunistischen Haltung angegriffen, so z. B. von der orthodoxen marxistischen Partei der Unabhängigen Sozialdemokraten in Deutschland (USPD), die man in Moskau gern für die Dritte Internationale gewonnen hätte. Sinowjew selber fuhr im Oktober 1922 zum Parteikongreß der USPD nach Halle Die deutschen Linksradikalen warfen den Sowjets ihre nachgiebige Haltung gegenüber den „Mullahs von Chiwa“ vor, ein Satz, der mehr im übertragenen als wörtlichen Sinn zu verstehen ist. Aber Sinowjew bestand selbst vor dieser sehr aggressiven Zuhörerschaft auf seiner Ansicht, daß die „Vorurteile dieser Völker“ (er meinte damit die Moslems im asiatischen Teil der Sowjet-Union) respektiert werden müßten, und daß die Kommunisten auch die „Mullahs von Chiwa“ aufklären und leiten müßten.

Die deutschen Marxisten hatten leicht reden. Für die Sowjets waren die „Mullahs von Chiwa" ein außerordentlich schwieriges Problem. Dieses galt fast in noch größerem Maße für die „Mullahs von Buchara“, denn hier befand sich das für den mohammedanischen Teil Innerasiens wichtigste Zentrum der „religiösen Verdunkelung". Gerade die „Mullahs von Buchara“ unterstützten den bewaffneten Widerstand gegen die Regierung nahezu bis zum bitteren Ende. Es ist schwer zu sagen, wann dieses Ende eigentlich kam. Die Kämpfe dauerten bis 1924 an, dies gilt vor allem für den östlichen Teil des früheren Emirats von Buchara. Dyushambe (Stalinabad), die spätere Hauptstadt von Tadschikistan, war bis zum Sommer 1922 in den Händen der Antikommunisten. Kleinere Scharmützel zwischen sowjetischen Streitkräften und nationalistischen mohammedanischen Widerstandskämpfern gab es noch bis 1928, damals wurde die Partisanengruppe des Dzbunaid Khan vernichtet Im Jahre 1931, als ein Trupp von bucharaischen Moslemflüchtlingen Tadschikistan von afghanischen Basen aus angriff, flammten die Kämpfe zum letzten Mal auf.

Die „alte" und die „neue Moschee"

Obgleich die Situation in den Moslemgebieten der Sowjet-Union ganz anders war als in den von Christen bewohnten Landesteilen, gab es doch einige Parallelen. Eine z. B. war die Spaltung innerhalb des religiösen Lagers. Beim russischen Islam gab es eine ähnliche Spaltung wie die zwischen der „alten Kirche“ des Patriarchen Tichon und der „lebendigen“ oder „erneuerten“ Kirche innerhalb des russisch-orthodoxen Lagers. Auf der einen Seite führten konservative islamische Würdenträger ihren Kampf gegen das atheistische Regime unbeirrbar fort, während „progressive“ Moslemelemente sich häufig demonstrativ und enthusiastisch um sowjetische Unterstützung bemühten. Beide Seiten waren radikal in ihrer Haltung, die Konservativen in ihrer Feindseligkeit gegenüber den Kommunisten, die Reformisten in ihrer Unterwürfigkeit gegenüber den neuen Machthabern und ihrer Politik. Beide Gruppen beriefen sich auf den Koran. Die nordkaukasischen Gebiete blieben lange Zeit hindurch das stärkste Bollwerk der Konservativen. In einigen Gebieten, wie z. B.dem Karatschaier Gebiet und der Tschetscheno-Inguschischen Republik, konnten die stark anti-sowjetischen Tendenzen unter den Moslems erst im zweiten Weltkrieg ausgemerzt werden. Die Reformisten waren am einflußreichsten in der Tatarei, Baschkirien und solchen Gebieten, die dem europäischen und kommunistischen Einfluß stärker ausgesetzt waren. Auch in Aserbeidschan gab es zu Beginn eine kollaborierende Moslemgruppe. In den zentralasiatischen Republiken existierten zwei Gruppen nebeneinander. Die Haltung der örtlichen Moslem-Würdenträger war von Stadt zu Stadt verschieden. In Fergana rief noch 1927 das mohammedanische Oberhaupt der Kirchenverwaltung die Gläubigen zu einem Boykott des sowjetischen Gesundheitsdienstes auf. Im gleichen Jahr äußerten die Moslem-Würdenträger von Kochand den Wunsch, an einem kommunistischen Aufmarsch zur Feier des 10. Jahrestages der Oktober-Revolution teilzunehmen Sogar unter den Ortsältesten von Ismaeli gab es einige Reformisten, die die Sowjets als von Gott gesandt und Lenin als einen Sohn des Aga Khan ansahen

Vom Standpunkt des Sowjetregimes aus betrachtet, waren die Konservativen eine ernste Bedrohung. Sie hetzten die Bevölkerung gegen die Regierung auf und stachelten sie zum Ungehorsam, ja sogar zum offenen Aufstand an. Aber auch die Reformisten — die auch „Anhänger der Neuen Moschee" (novomechetniki) genannt wurden — erwiesen sich nicht gerade als ein reines Glück für die Kommunisten. Natürlich sah es die Partei gern, wenn Moslemgruppen, die übereine große Autorität unter der Bevölkerung verfügten, durch Verlautbarungen gewisse Anliegen der sowjetischen Politik unterstützten und auf diese Weise die kommunistische Herrschaft festigen halfen. Die sowjetischen Behörden fanden es auch sehr begrüßenswert, wenn diese Gruppen ihre feindselige Haltung gegenüber dem britischen Imperialismus offen zum Ausdruck brachten. Mit Hilfe des mohammedanischen Klerus wollte man England als Erzfeind des Islams „aufbauen", während Sowjetrußland als der Retter der Moslems gepriesen werden sollte. So erging sich z. B.der mohammedanische Klerus von Baku in einer Erklärung aus dem Jahr 1923 in Lobeshymnen über das Sowjetregime, das Persien und die Türkei aus den Klauen des „räuberischen England“ gerettet hatte, und forderte die Moslems in der ganzen Welt auf, nicht auf „englische Intrigen" hereinzufallen Auf einer im darauffolgenden Jahr in Taschkent abgehaltenen Konferenz mohammedanischer Würdenträger wurde eine ähnliche Erklärung verfaßt, in der es hieß, daß die Sowjets die Völker des Ostens befreien würden, während das imperialistische England nur das Blut der unterdrückten Völker aussaugen und ihnen die Sklaverei bringen wolle Die zur „neuen Moschee" gehörenden Anhänger erwiesen sich für die Behörden als besonders nützlich, als diese im asiatischen Rußland im Winter 1925/26 die Landreform durchführten. Die Reform wurde dadurch erleichtert, daß verschiedene Mullahs erklärten, diese Maßnahmen seien durchaus vereinbar mit dem Islam und den Lehren Mohammeds. Sogar die Moslem-Verwaltung von Turkestan gab eine Erklärung in diesem Sinne ab, die allerdings nicht die uneingeschränkte Zustimmung der Kommunisten gefunden haben dürfte. Während man die Leute ermahnte, dem Landreform-Erlaß der Regierung keinen Widerstand entgegenzusetzen, forderte man die Landbesitzer gleichzeitig dazu auf, den Reformen durch eine freiwillige Übergabe von Land und Eigentum sogar zuvorkommen. Die diesen Rat befolgten, würden dafür im Jenseits als Wohltäter belohnt werden Diese Aufforderung, deren Sinn es war, eine kommunistische Sozialreform in eine religiöse Geste zu verwandeln, zeigte deutlich, daß ein Moslem-Anhänger des Regimes gefährlicher sein konnte als ein Moslem-Gegner. Gegen die letzteren konnten die Organe des Staates mobilisiert werden, gegen die ersteren gab es keinen Schutz. Der Moslem der „neuen Moschee“ war für das Regime ein Bundesgenosse, dem man mit recht geteilten Gefühlen begegnete, denn er gab den Maßnahmen der Regierung ein religiöses Motiv und brachte auf diese Weise gewaltige Verwirrung in die Reihen der in politischen Dingen noch völlig unerfahrenen Moslem-Kommunisten.

Die Moslem-Kommunisten

In den ersten Jahren des Sowjetregimes waren die Moslem-Kommunisten ein eigenartiges Phänomen. Sie glaubten noch an Allah und befolgten die vorgeschriebenen religiösen Grundpflichten. Im asiatischen Teil der Sowjetunion kam es zu Anfang noch vor, daß regionale Parteikonferenzen zur Gebetsstunde unterbrochen wurden. Auch später noch konnte man beobachten, daß Leute während der Sitzung plötzlich aufstanden und hinausgingen, um zu beten. Schon allein der Gedanke einer antireligiösen Propaganda hatte für die ersten Moslem-Kommunisten etwas Abschreckendes. Als die Frage 1923 zum ersten Mal innerhalb der KP von Taschkent besprochen wurde, waren die usbekischen Kommunisten fast noch bestürzter als die Mullahs. Sie legten ihrem atheistischen Lehrer Fragen vor, wie „wer hat Didi gesdiaffen, wenn nicht Gott“ oder „ wie kann man ohne Religion leben?“ Sie meinten, daß ein Usbeke, der die Religion bekämpfe, sich an die Russen verkaufe und verlangten eine Form des Kommunismus, die „mit dem Islam vereinbar“ sei Noch 1927 äußerte Jaroslawsky, der Führer der „Liga militanter Atheisten“, daß ein beträchtlicher Teil der Kommunisten mohammedanischen Ursprungs (Daghestan, Buchara und andere Gebiete) nach wie vor die religiösen Grundpflichten befolgte und Mitglied religiöser Organisationen sei Jaroslawsky war jedoch der Ansicht, daß nach lOjähriger Sowjetherrschaft nunmehr die Zeit gekommen sei, andere Saiten gegenüber den kommunistischen Parteistellen in den Moslemgebieten aufzuziehen und daß man von jedem Parteimitglied nunmehr einen klaren Bruch mit der Religion zu verlangen habe. Für diese Forderung war die Zeit noch nicht reif. Im nördlichen Kaukasus gaben sich sogar atheistische Kommunisten den Anschein, fromme Moslems zu sein. Sie gingen in die Moschee, um ihre Autorität bei der Bevölkerung zu wahren In den Bergen von Pamir zahlten Mitglieder der kommunistischen Partei, wie alle ismaelischen Gläubigen in der Welt, nach wie vor den goldenen Tribut (Zakat) an den Aga Khan. Die Einziehung dieses Tributs, noch lange nach der Etablierung des sowjetischen Regimes, gehörte zu den bemerkenswertesten Phänomenen des Islams in der UdSSR. Die mit der Einziehung des Tributs Beauftragten kamen von Indien und zogen bis in die entlegensten Dörfer, zunächst mit Reisepässen versehen, später auf illegale Weise. Die Behörden versuchten, die Bevölkerung von der Zahlung des Tributs abzuhalten, indem sie die Tributeinnehmer als Spione hinstellten Diejenigen, die gleichzeitig Moslems und Kommunisten sein wollten, hielten eigensinnig an der Theorie fest, daß Kommunismus und Islam eigentlich ein und dasselbe seien, ungeachtet gegenteiliger Erklärungen von maßgebenden Parteifunktionären. Diese Ansicht deckte sich mit den Auslegungen der Bewegung „Neue Moschee“. Dort ging man teilweise sogar so weit, den Koran mit dem Kommunistischen Manifest zu vergleichen So ergab sich ganz von selber eine Art Bündnis zwischen den religiös eingestellten Moslem-Kommunisten und den Geistlichen der Bewegung „Neue Moschee“. Die antireligiösen Maßnahmen einiger kommunistischer Parteibüros im sowjetischen Zentralasien bestanden denn auch einzig und allein darin, „progressive“ Mullahs anstelle der „reaktionären“ zu ernennen.

Verfolgung und Widerstand gegen Ende der zwanziger Jahre

Infolge der eigenartigen geistigen Haltung der Moslem-Kommunisten verzögerte sich die uneingeschränkte Einführung des sowjetischen Systems in den Moslemgebieten erheblich und damit auch der Verfall des Islams. Das Regime hatte es hier nicht nur mit einer Religion zu tun, sondern mit einem vollständigen Rechtssystem, mit einem Netz von Institutionen und mit einer Lebensweise, die vom Islam geprägt war. Da das Regime den Kampf gegen all diese verschiedenen Aspekte des Islams aufnehmen mußte, konnte es unmöglich mit dem Tempo vorgehen, das sonst bei der Lösung sozialer, wirtschaftlicher und ideologischer Probleme üblich war. Diesmal waren Geduld und ein allmähliches Vorgehen am Platze. Das betrifft besonders die Methoden, mit denen das Regime die Moslems ihrer drei wichtigsten richterlichen und religiösen Institutionen beraubte. Dabei ging es zunächst um die religiösen Stiftungen, meist in Form von Grundbesitz, die die finanziellen Mittel für die Aufrechterhaltung der Moscheen und Religionsschulen aufbrachten — zweitens um die Koran-Schulen und drittens um die Scheriat-

Gerichtsbarkeit.

Die religiösen Stiftungen — Vakufs — waren theoretisch durch einen Erlaß des sowjetischen Regimes vom 23. Januar 1918 abgeschafft, kraft dessen die Trennung von Kirche und Staat vollzogen wurde. Aber die letzten Überreste der Vakufs blieben noch bis weit in die zwanziger Jahre hinein bestehen. Tatsächlich brauchte man die Vakufs auch noch solange, wie Koran-Schulen oder „Schulen der alten Methode“, wie sie offiziell genannt wurden, noch erlaubt waren. Das sowjetische Regime konnte es sich verständlicherweise nicht leisten, diese Schulen aufzulösen, solange es nicht imstande war, eine Alternative auf säkularer Basis anzubieten. In Turkestan sahen sich die Behörden sogar gezwungen, die Gründung einer Moslem-Vereinigung, genannt Machkamai Shariya, zuzulassen, die sich einen Kompromiß zwischen Religion und Kommunismus auf dem Gebiet der Erziehung zum Ziel gesetzt hatte. Diese Gesellschaft hatte das Recht, Vakufs zu besitzen und ihre Bestrebungen auf diese Weise zu finanzieren. Sowohl der Klerus wie auch die Eltern kämpften einen harten Kampf um die Erhaltung der Koran-Schulen — aber umsonst. Was die Scheriat-Gerichte angeht, so wurden ihre Rechte immer mehr beschnitten und ihre Zahl von Jahr zu Jahr reduziert. Im Jahr 1925 gab es allein in Usbekistan noch 87 solcher Gerichtshöfe. Bis zum Jahr 1926 war diese Zahl auf 27 gesunken. 1927 gab es nur noch 7 Scheriat-Gerichte und im darauffolgenden Jahr nicht einen einzigen mehr im gesamten asiatischen Rußland Die offizielle Abschaffung der Moslem-Schulen und Gerichtshöfe bedeutete aber nicht, daß sie völlig verschwanden. In den entlegeneren Teilen des Landes, wie z. B. in den Bergen von Daghestan, blieben sie noch eine Zeitlang bestehen Auch die Erziehung in den säkularen Schulen lag ursprünglich nicht in den Händen der Atheisten. Einige der in den sowjetischen Staatsschulen verwandten Schulbücher waren von religiös eingestellten Moslems verfaßt worden; unter den ersten „säkularen“ Lehrern gab es eine beträchtliche Anzahl von Mullahs. Die Auflösung der religiösen Moslem-Schulen muß im Rahmen einer ganzen Serie von Maßnahmen gesehen werden, deren Ziel darin bestand, die Situation in den Moslemgebieten den Verhältnissen in den anderen Teilen der Sowjetunion anzupassen. Auf die Dauer konnte es sich das stark zentralistisch regierte sowjetische Imperium nicht leisten, die Religionen mit zweierlei Maß zu messen und zu behandeln, die Moslems mit Nachgiebigkeit und die Christen mit äußerster Intoleranz. Es war nur logisch, daß es mit dieser Diskrepanz ein Ende haben mußte. Man begann daher im Jahr 1928 mit einer großen atheistischen Offensive, die 1929 ihren Höhepunkt erreichte. Viele Moscheen wurden geschlossen, zerstört oder säkularisiert. Der mohammedanische Klerus büßte viele Mitglieder ein. Die Verluste der Moslems waren sogar verhältnismäßig noch größer als die der Christen, da es vor den religiösen Verfolgungen erheblich mehr Moscheen und Mullahs in Relation zur Bevölkerung gegeben hatte als christliche Kirchen und Priester. Man ging bei der Konfiskation der mohammedanischen Gotteshäuser ganz ähnlich vor wie bei den Kirchen. Bürgerversammlungen tagten in Städten und Dörfern und beschlossen unter Drohungen „freiwillig“, daß die örtlichen Moscheen in Schulen, Klubs, Kinos und Lesehallen umzuwandeln seien. Andere Moscheen wurden Gefängnisse oder Hotels, während die ältesten und künstlerisch wertvollsten zu Museen gemacht wurden.

Durch die Schließungen von Moscheen wurden viele Mitglieder des Klerus mittellos, deren Einkommen man bereits vorher durch die Verstaatlichung der Vakufs stark beschnitten hatte. Manche wurden gezwungen, ihren Dienst auf eine sehr dramatische Art und Weise zu quittieren, indem sie sich selbst öffentlich als „Betrüger der Werktätigen“ anklagen mußten. Andere — dies gilt besonders für Mitglieder der höheren Geistlichkeit — wurden ins Gefängnis geworfen, wie zum Beispiel sämtliche Mitglieder der obersten Kirchenverwaltung von Zentralasien, allen voran der Vorsitzende und oberste Scheriat-Richter. Allem Anschein nach wurde ihre Verhaftung aufgrund des § 156 des Usbekischen Strafgesetzbuches vorgenommen, der im Strafgesetzbuch für das übrige Rußland nicht enthalten und einzig und allein zum Zweck der Bekämpfung des Islams ausgenommen worden war. Dieser Paragraph befaßte sich mit „der Ausnutzung religiöser Vorurteile der Massen mit dem Ziel, die Arbeiter-und Bauernregierung zu stürzen und die Bevölkerung zum Widerstand gegen ihre Gesetze und Erlasse aufzurufen“. Die für dieses Verbrechen vorgesehenen Strafen bewegten sich von 3 Jahren Gefängnis bei mildernden Umständen bis zum „höchsten Strafmaß der Verteidigung des Sozialismus", nämlich Tod durch Erschießen. Die Führer jeder beliebigen religiösen Bewegung in LIsbekistan, die sich gegen die kommunistische und anti-religiöse Erziehung wandten, konnten so ohne Schwierigkeiten wegen „Ausnutzung religiöser Vorurteile" im Sinne des Paragraphen 156 des Strafgesetz-buches angeklagt werden

Es ist schwer, den Schaden, der dem Islam durch die im Jahre 1928/29 anlaufende und mehrere Jahre andauernde atheistische Kampagne zugefügt wurde, in Zahlen zu messen. Fest steht jedoch, daß dadurch die Moscheen und mohammedanischen Geistlichen auf ein Minimum reduzier wurden. In Baschkirien z. B. ging die Zahl der Mullahs zwischen 1929 und 1932 von 3000 auf 300 zurück Solche drastischen Eingriffe muß es auch in anderen Moslemgebieten gegeben haben.

Die sowjetischen Moslems kapitulierten nicht ohne weiteres vor dem Ansturm des kommunistischen Atheismus. Der örtliche Widerstand war ziemlich stark. Illegale religiöse Organisationen wurden gegründet; in einigen Orten kam es zu bewaffneten Aufständen. Bei diesen Kämpfen war die Bewahrung des Islams wahrscheinlich das stärkste Motiv, wenngleich auch politische und wirtschaftliche Ziele dabei eine Rolle spielten. In der Tatarei gründeten die Mullahs eine religiöse Jugendorganisation unter dem Namen „Stern der Wahrheit“ (Zverzda Pravdy), die dann später eine Zeitung unter dem Titel „Kind des Islams“ herausgab. Die Führer der Organisation wurden verhaftet und vor Gericht gestellt Eine besonders originelle Form der religiösen Opposition wurde in Baschkirien gefunden. Dort propagierten fromme Moslems das „Testament Mohammeds". Es handelte sich hier um einen geschickten Schachzug der örtlichen Moslemführer mit dem Ziel, die Bevölkerung vor der anti-religiösen Politik der Kommunisten zu warnen. „Mohammed's Testament“ trug apokalyptische Züge, es prophezeite das Herannahen des Jüngsten Gerichts und sagte voraus, daß eines Tages der Koran und der Glaube an Gott verboten sein würden. Schreckliche Geschehnisse stünden bevor und würden im Jahr 1937 ihren Höhepunkt erreichen. Mohammed aber würde diejenigen beschützen, die sein „Testament“ von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf und von Moschee zu Moschee trügen. Das „Testament“ verfehlte seine Wirkung nicht. Mehr Menschen als je zuvor gingen in die Moscheen, viele junge Moslems traten aus dem Komsomol aus, und einige Eltern schickten ihre Kinder nicht mehr in die sowjetischen Staatsschulen Es erübrigt sich zu sagen, daß die Initiatoren dieses „Testaments" mit den sowjetischen Strafvollzugsbehörden sehr bald in Konflikt gerieten.

Im Kaukasus nahm der Widerstand der Moslems besonders scharfe Formen an. So brach z. B. im Juni 1928 in der autonomen Kabardino-Balkarischen Provinz ein Aufstand aus, der 5 Tage dauerte. Der ganze Distrikt von Bachsan fiel in die Hände der Aufständischen. Amtlicherseits wurde der Aufstand den „Kulaken und reaktionären Mullahs des Bachsan-Distriktes“ zugeschrieben, von denen einige angeblich Kontakt mit den „Zentren der militanten Moslemreaktion im Ausland“ hatten Ein anderer Aufstand ereignete sich im April 1929 in der autonomen Sowjetrepublik Adscharien. Die Moslems in Adscharien, das an der sowjetisch-türkischen Grenze liegt, waren erbittert über die anti-religiöse Politik der Sowjets und ihre Angriffe auf die islamischen Gebräuche. Es kam zu Guerillakämpfen, die erst durch das Eingreifen russischer Truppen beendet wurden Noch viel erbitterter war die Opposition der Moslems in Tschetschenien. Mehrere antikommunistische Imams proklamierten den heiligen Krieg gegen die Feinde Allahs. Der letzte religiöse Aufruhr dieser Art, von dem die sowjetische Presse berichtete, war der Aufstand des Imam Saadtsev, der im sul (Gebirgsdorf) von Cheberda lebte. Die Behörden ergriffen den Imam und steckten ihn und seine Helfershelfer ins Gefängnis. Die Bewohner des Ortes wollten nicht glauben, daß ein Mann, der im Auftrag Allahs handelte, so leicht aus dem Wege geschafft werden könne. In Windeseile verbreitete sich das Gerücht, daß er spurlos verschwunden sei. Daraufhin schafften die Behörden mehrere Hundert Bergbewohner in die Stadt Grosny, sie sollten sich davon überzeugen, daß sich der Imam wirklich in der Gewalt der Kommunisten befand. Die Bevölkerung wurde Zeuge seines Prozesses; er und seine Helfer wurden zum Tod durch Erhängen verurteilt

Ein Vorfall, der für den Widerstand der Moslems bezeichnend ist, wird von den Kommunisten noch heute, d. h. dreißig Jahre, nachdem er sich ereignete, gebrandmarkt. Es war der Lynchtod des Kommunisten-führers Hakim Zade (18 89— 1929), der der erste und bedeutendste Märtyrer des Atheismus im mohammedanischen Teil Rußlands wurde. Im August 1929 erhielt Hakim Zade von der Partei einen wichtigen Auftrag. Er sollte die mohammedanische Religion in dem malerischen Gebirgsdörfchen Schah-i-Mardan mit Stumpf und Stiel ausrotten. Einer volkstümlichen Legende zufolge lag in diesem Dorf der Kalif Ali, ein mohammedanischer Heiliger, begraben. Kein Wunder, daß Schah-i-Mardan zu einem der berühmtesten Wallfahrtsorte Zentralasiens geworden war. Hakim Zade, der als einziger der ganz wenigen Moslem-Kommunisten vollständig mit dem Islam gebrochen hatte, zog also aus, um das Heiligtum von Schah-i-Mardan in ein Bollwerk des Atheismus zu verwandeln. Seine Kampagnen konzentrierten sich auf die Schließung der örtlichen Moschee und ein Verbot sämtlicher Pilgerzüge. Doch damit nicht genug; um die frommen Moslems zu provozieren, hatte er in der Mitte des Ortes eine Statue Lenins aufstellen lassen. Im März 1929 wurde Hakim Zade von „Mullahs und Scheichs“ getötet, die ihn buchstäblich in Stücke rissen Fast 54 Menschen wurde wegen ihrer Teilnahme am Mord von Hakim Zade der Prozeß gemacht. Sein Ruhm ist im Laufe der Jahre immer größer geworden. Schah-i-Mardan, der Ort seiner atheistischen Tätigkeit und Ermordung, wurde nach ihm Hamzabad genannt. Hamza war das literarische Pseudonym, unter dem er berühmt wurde. Sein Ruf als Schriftsteller und Dichter ist weitgehend posthum; zu seinen Lebzeiten war er Schullehrer gewesen. Auf Grund seiner literarischen Werke, die von antireligiösen Vorurteilen strotzen, kann er als der erste atheistische Schriftsteller des asiatischen Sowjetrußland gelten.

Der „Angriff" (Hudjum)

Der Widerstand der Moslems gegen den kommunistischen Atheismus muß im Zusammenhang mit der großen Kampagne gesehen werden, die im Frühjahr 1927 begann und unter der Bezeichnung „Hudjum“, zu deutsch „Angriff“, in die Annalen der Geschichte einging. Es handelte sich dabei um den Kampf für die Frauenemanzipation, der sich vor allem auf die Abschaffung des Schleiers konzentrierte. In Usbekistan, Tadschikistan, Turkmenistan und in den transkaukasischen Republiken spielte der Schleier eine außerordentlich große Rolle, während man in den anderen Moslemgebieten der Sowjetunion dieser Frage eine unterschiedliche Bedeutung beimaß.

Der „Hudjum“ war ein kluger Schachzug der sowjetischen Kommunisten, ebenso klug wie die Kampagne, die die Kofiszierung der Kirchenschätze im Jahr 1922 in dem christlichen Teil der Sowjetunion geführt wurde. Diese Konfiskation zwang die christliche Opposition, offen gegen das Regime Stellung zu beziehen. Die geistliche Hierarchie der orthodoxen Kirche wurde gezwungen, weniger ihre Religion als vielmehr ihre materiellen Interessen gegen eine Regierung zu verteidigen, die sich als den Beschützer der hungernden Menschheit hinstellte. Der Angriff auf den Schleier sollte ebenfalls die Aufmerksamkeit der Bevölkerung auf ein sekundäres Problem lenken. Die Regierung verstand es dabei geschickt, ihre Moslemgegner in eine ungünstige Position zu manövrieren, von der aus sie weniger die Religion als einen veralteten Standpunkt hinsichtlich des Status der Frau verteidigen mußten. Die von den Kommunisten propagierte Alternative hieß keinesfalls für oder wider den Islam, sondern für oder wider die Gleichberechtigung der Frau. Die Moslem-Organisation ging in die kommunistische Falle und erschöpfte ihre Kräfte weitgehend im Widerstand gegen die Emanzipation. Zwar fügte dieser Widerstand den Kommunisten manche Rückschläge und den emanzipierten Frauen viel Leid zu, aber auf lange Sicht gesehen führte er zu einer Schwächung des religiösen Lagers.

Das Problem der Emanzipation der Moslem-Frauen ist keinesfalls auf die islamischen Gebiete Rußlands beschränkt, es wird vielmehr in allen Moslem-Ländern immer dann akut, wenn diese einen gewissen Stand neuzeitlicher Entwicklung erreicht haben. Obgleich die Lehren des Koran über Scheidung, Polygamie, Konkubinat und den Status der Frau im allgemeinen im Vergleich zu den Vorstellungen im vorislamischen Arabien einen enormen Fortschritt darstellen, so kann doch kein Zweifel darüber bestehen, daß sie mit der Konzeption der modernen demokratischen Gesellschaft unvereinbar sind. Die islamische Welt wird sich dieses Problems in immer stärkerem Maße bewußt. Islamische Schriftsteller und Dichter verschiedener Nationen — Türken, Ägypter, Perser und Tunesier unter anderen — haben immer wieder eine elastische Auslegung des Koran gefordert und verlangt, daß bei der islamischen Rechtssprechung zwischen den göttlichen und menschlichen Elementen eine klare Unterscheidung gemacht wird Der Kampf gegen veraltete Sitten und Gebräuche und eine veraltete Haltung gegenüber den Frauen ist also kein spezifisch kommunistischer Zug. Der Kommunismus scheint im Gegenteil als außerhalb des Islams stehende Macht kaum der geeignete Vorkämpfer für die Modernisierung der islamischen Gesellschaft und die Emanzipation der Moslem-Frauen zu sein. Eine Emanzipation, die ihre volle Wirkung entfalten und für weite Kreise annehmbar sein soll, müßte aus dem islamischen Lager selber hervorgehen oder sich zumindest auf ein höheres moralisches Prinzip berufen können. Es erscheint höchst zweifelhaft, ob der kommunistische Staat, wenn man seine Lehre mit dem Islam vergleicht, einen Anspruch auf höhere moralische Grundsätze erheben kann.

Es ist richtig, daß der Koran dem Ehemann das Recht zugesteht, sich von seiner Frau scheiden zu lassen, ohne daß eine Verfehlung von ihrer Seite nachzuweisen wäre und ohne daß er selbst irgendwelche Gründe für seinen Schritt angeben müßte. Das heißt jedoch keinesfalls, daß ein frommer Moslem nun die Scheidung als eine empfehlenswerte Handlung ansieht; sie ist für ihn vielmehr ein verabscheuungswürdiges und letztes Hilfsmittel, von dem man nur Gebrauch macht, wenn es unbedingt erforderlich ist. Dieser islamischen Vorstellung über die Scheidung setzt der Kommunismus keineswegs die Heiligkeit der Ehe entgegen. Die kommunistische Gesetzgebung in ihrer ursprünglichen Form (gemeint sind hier die Gesetze, die zur Zeit der Frauenfmanzipation im asiatischen Sowjetrußland in Kraft waren) machte die Scheidung keineswegs schwieriger als der Koran, sie machte es lediglich beiden Ehepartnern leicht, sich scheiden zu lassen. Nach den Gesetzen des Koran ist die Scheidung eine Handlung, die zwar erlaubt ist, aber Gott mißfällt, während sie den kommunistischen allmächtigen Staat vollkommen gleichgültig läßt. Amtliche sowjetische Historiker sprechen mit größtem Stolz von der Emanzipation der orientalischen Frauen in der UdSSR. Betrachtet man die Umstände etwas näher, so zeigt sich, daß diese Emanzipation nur unter großen Opfern erreicht wurde. Sie wurde viel zu überstürzt einer schlecht vorbereiteten Bevölkerung aufgezwungen, die das Überbordwerfen der alten Sitten und Gebräuche nur mit Widerwillen akzeptierte und sich nun gegen jene wandte, denen der Kommunismus angeblich helfen wollte — die emanzipierten Frauen selber. Die sowjetische Emanzipationskampagne forderte mehr Todesopfer als manch ein Kolonialkrieg der westlichen Imperialisten.

Der 8. März 1927, der kommunistische „Internationale Tag der Frau", bildete den Auftakt zum „Hudjum“. Große Frauenkundgebungen wurden organisiert und mit starkem Propagandaeffekt aufgezogen, Während der Kundgebung nahmen viele Moslem-Frauen demonstrativ ihren Schleier ab; anschließend wurde eine Art Ketzergericht abgehalten und die abgerissenen Schleier feierlich verbrannt. Einen Augenblick lang schien es, als ob die Kampagne sehr erfolgreich verlaufen sei. Allein in Usbekistan nahmen 100 000 Frauen den Schleier ab, aber die meisten von ihnen nur für einen Tag. Nachdem die Feierlichkeiten des Internationalen Tages der Frau vorüber waren, blieben nur 5000 Frauen übrig, die auch weiterhin keinen Schleier tragen wollten. Die Angelegenheit verursachte einen Aufruhr unter der Moslem-Bevölkerung. So groß war die Empörung über die Entschleierung der Frauen, daß einige sogar ermordet wurden. 14 usbekische Frauenpioniere der kommunistisch gesteuerten Emanzipationsbewegung wurden getötet. Andere wurden tätlich angegriffen und vergewaltigt. Die Volksmeinung identifiziert unverschleierte Frauen weitgehend mit Prostituierten

Am 8. März 1928 wurde die „Schau“ des vergangenen Jahres in noch größerem Umfang wiederholt. Wieder gab es große Frauenkundgebungen und „Entschleierungen“. Aber die Heftigkeit der Volkswut wuchs diesmal schneller als die Erfolge des Hudjum. Im Jahr 1928 stieg die Zahl der amtlich registrierten Frauenmorde in Usbekistan auf über 200. Es wurden 45 Todesurteile wegen terroristischer Angriffe auf Frauen ausgesprochen Die Opfer waren in erster Linie Frauen, die Posten im Ortssowjet angenommen und sich so besonders eng mit dem Regime identifiziert hatten; einem Regime, das die religiösen Gefühle der Bevölkerung mit Füßen getreten hatte. Unter den Todesopfern befanden sich aber nicht nur Frauen, sondern auch einige Männer, die die Entschleierung ihrer Frauen zugelassen hatten. Wie weit verbreitet der Widerstand der Bevölkerung war, kann man der Tatsache entnehmen, daß noch 1928 eine unverschleierte Kommunistin nicht unbelästigt durch den Registan — ein berühmter Platz in der Stadt Samarkand — gehen, konnte. Samarkand war damals die Hauptstadt der Usbekischen Sowjetrepublik. In dieser Gegend geschah es häufig, daß unverschleierte Komsomol-Aktivistinnen verprügelt wurden. Die Moslem-Miliz tat nicht nur nichts, um die Frauen zu schützen, sondern ermutigte die Volksmenge sogar bei ihren feindseligen Handlungen gegen die „ungläubigen Hündinnen“ Wenn solche Dinge in der Hauptstadt passieren konnten, welche Szenen mußte es erst in kleineren Orten gegeben haben, von den abgelegenen Dörfern ganz zu schweigen.

Wieder kam der 8. März und mit ihm der Internationale Tag der Frau mit neuen Entschleierungskundgebungen, die wiederum neue Opfer forderten. In der ersten Hälfte des Jahres 1929 stieg die Zahl der Frauenmorde allein in Usbekistan auf 169 Das Regime vollführte einen Amoklauf über der Frage der Frauenemanzipation, und es hatte fast den Anschein, als ob die Initiatoren des Hudjum angesichts der hohen Zahl der Todesopfer eine Art perverser Befriedigung empfänden. Diese Opfer waren für die Regierung und Partei insofern nützlich, als sie ihnen Argumente gegen die religiöse Moslem-Opposition lieferten. In diesem Zusammenhang ist die Stellungnahme des zweiten Kongresses der „Liga militanter Atheisten" im Jahre 1929 von Bedeutung. Die ermordeten Frauen werden im gleichen Atemzug mit „den vielen Vorkämpfern an der anti-religiösen Front" erwähnt, die „im Kampf gefallen" seien

Den amtlichen sowjetischen Thesen zufolge waren es die Mullahs, die die Bevölkerung zum Mord an den Pionieren der Frauenemanzipation aufstachelten. Diese Beschuldigung mag wahr sein, wenngleich auch nur indirekt. Viele Mullahs mußten wohl oder übel gegen die emanzipierten Frauen Stellung beziehen insofern, als deren Weigerung, den Schleier zu tragen, als ein vorsätzlicher Affront gegen die Religion angesehen wurde. In anderen Teilen Rußlands, wie z. B. in Baschkirien und der Tatarei, wo das Schleiertragen nicht üblich war, konnten die Mullahs wesentlich geschickter vorgehen.

Weit davon entfernt, sich gegen die Emanzipation der Frau zu stemmen, verkündeten sie, daß diese Emanzipation nicht von der Regierung, sondern vom Islam selber ausgehen müßte Es wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen, um zu beweisen, daß man es mit diesem Grundsatz ernst meinte. Die Moslem-Zentralverwaltung in Ufa kooptierte ein weibliches Mitglied. In der ganzen Tatarei und in Baschkirien wurden Frauen zu den Moscheen zugelassen. Frauenveranstaltungen fanden in den Häusern der Mullahs oder auch in den Moscheen statt. Kommunistische Quellen beschuldigten die Mullahs sogar, daß sie fromme Moslem-Frauen dazu angestiftet hätten, von den kommunistischen Frauenabteilungen (Zhenotdely) organisierte Veranstaltungen zu stören

Vom „Hudjum" bis zur großen Säuberungsaktion

Während des „Hudjum“ hatten die für die Organisation der Emanzipationskampagne Verantwortlichen die mangelnde Zusammenarbeit eines Teils der kommunistischen Partei und der Mitglieder der kommunistischen Jugendliga als hinderlich empfunden. Das Büro der zentralasiatischen KP, das für die nordkaukasischen Gebiete zuständige Komitee (Kraikom) und das Zentralkomitee der KP in Aserbaidschan machten es ihren Parteimitgliedern zur Pflicht, dafür zu sorgen, daß ihre Frauen, Schwestern und anderen weiblichen Mitglieder der Familie den Schleier abnahmen. Statt diesen Anweisungen zu folgen, agitierten diese jedoch häufig mit den Mullahs zusammen gegen die Entschleierung der Frauen

Viele Kommunisten in den Moslemgebieten waren nach wie vor in der Unterstützung der Partei sehr lasch, wenn es um die Probleme antireligiöser Propaganda und Maßnahmen ging. Es war die Schuld — oder vom Standpunkt der Gläubigen aus betrachtet das Verdienst — der Moslem-Kommunisten, daß die „Liga militanter Atheisten" in den Moslemgebieten nach wie vor kein ernst zu nehmender Faktor war. Die Mitgliederzahlen, die von Zeit zu Zeit von einigen Moslem-Zweig-büros der Liga vorgelegt wurden, konnten kaum ernst genommen werden, denn sie zeigten enorme und unerklärliche Fluktuationen von einem Jahr zum anderen. Einem sensationellen Ansteigen der Mitgliederzahlen folgte sehr oft ein ebenso radikales Absinken oder eine Erklärung dieses Büros, daß die betreffende Zweigstelle zu existieren aufgehört hatte. In Aserbaidschan zum Beispiel schwollen die Mitgliederzahlen der Liga von 3000 im Jahre 1930 auf 70 000 im Jahre 1931 an Anfang des Jahres 1936 hatte die Liga eigentlich zu bestehen aufgehört, am Jahresende hatte sie dann auf einmal wieder 15 ÖOO Mitglieder Ende 1938 war die Mitgliederzahl plötzlich auf 85 000 gestiegen. In Daghestan, der Hochburg des mohammedanischen Fanatismus, hatte die Liga im Jahre 1931 angeblich 49 000 Mitglieder — das wären über 5 °/o der Bevölkerung gewesen — 000 Mitglieder — das wären über 5 °/o der Bevölkerung gewesen — während 6 Jahre später zugegeben werden mußte, daß die Zahl der Mitglieder unter 1000 lag 48). Diese Auf-und Abwärtsbewegungen der Mitgliederzahlen sind schwer erklärbar. Man geht wohl nicht fehl in der Annahme, daß die Mitglieder der Liga, und sogar die ortsansässigen sowjetischen Beamten, sich über die Bedeutung und das eigentliche Programm der Liga nicht wirklich im klaren waren.

Tatsächlich stellte im Jahre 1929 das Innenministerium der Autonomen Sowjetrepublik von Daghestan offiziell fest, daß die Liga weder eine religiöse noch eine wissenschaftliche Organisation sei 49).

In Moskau — und Moskau ist hier gleichzusetzen mit Polizei und Sicherheitsdienst — hatte man eine noch geringere Meinung von dem antireligiösen Eifer der örtlichen Moslem-Kommunisten, wenngleich sie so schlimm nun auch wieder nicht waren. Gegen Ende der dreißiger Jahre hatten immerhin viele ortsansässige kommunistische Beamte in Zentralasien und den transkaukasischen Gebieten nicht nur jede äußere Verbindung zum Islam abgebrochen, sondern wohl auch die innere Trennung von ihm vollzogen. In vielen Fällen wollte der stets mißtrauische NKWD nicht an die Aufrichtigkeit solcher Bekehrungen glauben. Man argwöhnte, daß das Fortbestehen religiösen Lebens in den Moslemgebieten nur eine Folge der Nachgiebigkeit kommunistischer Minister und Parteifunktionäre sei, die aufgrund ihrer früheren Zugehörigkeit zum Islam Mullahs und Scheichs protegierten und im geheimen den religiösen Aberglauben förderten, während sie ihn in der Öffentlichkeit verdammten. Schließlich beschuldigte man praktisch alle prominenten Führer unter den sowjetischen Moslems, wie z. B. die Premierminister von Tadschikistan, Turkmenistan, Baschkirien und den Parteisekretär von Daghestan, für ausländische Geheimdienste zu arbeiten und gemeinsame Sache mit den Mullahs und Ex-Mullahs zu machen. Man warf ihnen vor, sie hätten diesen Männern zu leitenden Posten verhelfen, Moscheen aus öffentlichen Mitteln erbauen und reparieren lassen und damit die Arbeit der „Liga militanter Atheisten“ sabotiert Einige dieser Anschuldigungen waren völlig aus der Lüft gegriffen; sie zeigten jedoch, mit welchem LInmut der Kreml die ungeklärte Situation in den Moslemgebieten und besonders das Fortbestehen des Islams beobachtete. In einer solchen Situation waren Sündenböcke unerläßlich. Die Polizei fand sie in Massen. Während des Jahres 1937 und auch noch im darauffolgenden Jahr deckte der NKWD ein nationalistisch-klerikales Komplott nach dem anderen auf. Die angeblich Ränkeschmiede verschwanden, ungeachtet der hohen Posten, die sie innegehabt haben mochten, für immer.

Die Säuberungsaktion von 1937/3 8 verfolgte nicht nur den Zweck, kommunistische Führer auszuschalten, die sich im Kampf gegen den Islam als zu nachgiebig erwiesen hatten. Sie richtete sich ebenso gegen gewisse Funktionäre, die in dem anti-religiösen Kampf zu weit gegangen waren und somit die Sache als solche in Mißkredit gebracht hatten. Dieses Verbrechens wurde auch Akmal Ikramow, der erste Parteisekretär von Usbekistan, beschuldigt. Er und seine Genossen wurden angeklagt, den werktätigen Moslems durch ihren atheistischen Radikalismus schweres Unrecht zugefügt zu haben; dies besonders auch dadurch, daß sie in den Kämpfen für die Frauenemanzipation administrative Maßnahmen ergriffen hatten Im März 193 8, zwanzig Jahre nach seiner Hinrichtung, wurde Ikramov rehabilitiert. Und wenn er in seinem antireligiösen Eifer zu weit gegangen war, so wurde ihm dies nach seinem Tode verziehen. Es ist aber immerhin interessant, daß das Regime es für notwendig erachtete, die Exzesse der Entschleierungskampagne auf Ikramov abzuwälzen. Denn damit wird offenbar, daß 10 Jahre nach der „Hudjum“ -Kampagne der Erfolg immer noch in Frage gestellt war.

Zu diesem Punkt gibt es eine Menge Beweismaterial aus sowjetischen Quellen, das bis zum zweiten Weltkrieg reicht. Wann auch immer die „Liga militanter Atheisten“ oder die KPdSU die Lage in den Moslem-gebieten und besonders in Zentralasien untersuchten, sie kamen stets zu dem gleichen Resultat: die Frauenemanzipation erlitt allenthalben Rückschläge oder stand nur auf dem Papier. Selbst die Moslem-Frauen, die in den größten Industrieunternehmen Zentralasiens arbeiteten, konnten nicht als emanzipiert angesehen werden. Die 2000 tadschiki-schen und usbekischen Mädchen im Leninabader Seidenkombinat z. B. trugen fast alle noch Schleier In der Textilfabrik von Taschkent sah es kaum besser aus. Es gab dort Arbeiterinnen, die ihren Schleier zwar in der Fabrik abnahmen, ihn aber wieder anlegten, wenn sie am Abend die Fabrik verließen, um nach Hause zu gehen Klagen, wonach die Ehemänner ihre Frauen zwangen, den Schleier weiterhin zu tragen, rissen nicht ab. Aus Usbekistan, Tursmenien und besonders aus Tadschikistan kamen immer wieder Berichte über Angriffe auf Frauen, die den Schleier abgelegt hatten. In Tadschikistan wurden 1939 zehn emanzipierte Frauen ermordet, darunter auch Rafieva, eine aktive Kommunistin. Sie wurde in Stalinabad von ihrem eigenen Ehemann getötet

Der sowjetische Islam vor dem „Großen Vaterländischen Krieg”

Die Säuberungsaktion von 1937/38 war, soweit sie die Moslems betraf, nicht nur gegen die Kommunisten gerichtet, deren Einstellung zur Religion entweder zu opportunistisch oder zu radikal war, sondern auch gegen viele Mitglieder der islamischen Geistlichkeit. Bescheidene Mullahs in den Moslem-Dörfern von Daghestan, Aserbaidschan und Tadschikistan wurden ebenso grausam verfolgt, wie die großen Scheichs und Imams, die leitende Positionen in der kirchlichen Verwaltung innehatten. Den Mullahs wurden geringfügige Sabotageakte in der sowjetischen Landwirtschaft vorgeworfen, Aufhetzung zu Frauen-morden und Kollaboration mit antisowjetischen Partisanengruppen. Den höheren Moslemführern wurden schlimmere Verbrechen zur Last gelegt. Man behauptete, sie sammelten Informationen für die japanischen und deutschen Geheimdienste, bereiteten terroristische Überfälle vor und unterwanderten die für die Verteidigung des Landes arbeitenden Industriezweige mit dem Ziel, gemeinsam mit der Opposition innerhalb der KPdSU Sabotage zu treiben Diese und ähnliche Beschuldigungen wurden gegen den Mufti Tardschimanow, das Oberhaupt der kirchlichen Moslem-Verwaltung, erhoben, der seinen Sitz in Ufa hatte, ebenso gegen die religiösen Moslemführer von Aserbaidschan und den Gebieten im nördlichen Kaukasus.

Die Kommunisten haben die Bedeutung des Klerus vermutlich ebenso stark überbewertet wie die Schließungen von Moscheen. Die Kommunisten neigen naturgemäß dazu, die Stärke des Gegners nach den Kadern und de: „Apparat" zu beurteilen, die ihm zur Verfügung stehen. Dies, obgleich einige einsichtigere sowjetische Beobachter — — die meisten von ihnen Ethnologen und eng vertraut mit der islamischen Gesellschaftsstruktur — rechtzeitig davor gewarnt hatten, den Einfluß der Religion auf die Moslems an der Zahl der Moscheen und Mullahs zu messen Bei Ausbruch des zweiten Weltkrieges waren die Sowjets soweit, daß sie die jüngere Moslem-Generation stärker als bisher in ihren Griff bekommen hatte. Aber die mittlere und ältere Generation blieb nach wie vor unter dem Einfluß der Religion und hielt die religiösen Feiertage und Feste ein. Der Islam blieb lebendig in mancherlei Formen — sichtbaren und unsichtbaren. Orte, die von alters-her das Ziel von Pilgerzügen gewesen waren, ersetzten die Moscheen. Gewöhnliche Bauern und Handwerker wurden als religiöse Ortsälteste verehrt und traten an die Stelle der Mullahs. Da das religiöse Leben kein normales Ventil finden konnte, interessierten sich die frommen Moslems immer mehr für wunderbare Erscheinungen.

Die „Liga militanter Atheisten" ist im allgemeinen über das religiöse Leben in den Moslemgebieten weniger gut unterrichtet gewesen als über die Situation in den christlichen Teilen des Landes. Gelegentlich ist sie dann aber mit erstaunlichen Enthüllungen an die Öffentlichkeit getreten, die beweisen, wie stark der Islam in fast allen Moslemgebieten Rußlands noch war. Aus der Tatarei z. B. kamen Meldungen, denen zufolge die religiösen Einflüsse unter dem „rückständigen Teil der Bevölkerung“ immer noch sehr stark seien, dies gelte für Moslems und Christen ohne Unterschied Aus Kasachstan wurde berichtet, daß eine Untergrundbewegung existiere, die für die Wiedereröffnung der Moscheen agitiere Über Kirgisien sagte Jemeljan Jaroslavsky selber, daß es kein Dorf ohne Gläubige gebe. Jaroslavsky gab bekannt, daß die religiösen Feinde der Sowjetmacht im Jahre 1938 immer noch über 106 Moscheen, 43 Kirchen und 102 Gebetshäuser verschiedener Sekten verfügten. Sogar an Orten, in denen es weder Moscheen noch Kirchen gäbe, existierten noch immer Gruppen von Gläubigen

Aus den entlegeneren Teilen Rußlands kamen Berichte über einen starken religiösen Fanatismus, der die Fruchtlosigkeit der antireligiösen Propaganda und der ideologischen Schulungsbemühungen bewies. In den Pamirbergen, dem „Dach der Welt", gab es 1939/40 religiöse Unruhen, weil die örtlichen ismaelischen Moslems glaubten, der Aga Kahn, ihr Oberhaupt, sei ihnen erschienen und habe ihnen verschiedene Weisungen erteilt. Ein junger Mann behauptete sogar, der Aga Khan, der „lebendige Gott“, wie er auch genannt wird, habe ihn zu seinem Stellvertreter ernannt Anläßlich einer Atheistenkonferenz, die in Chorog, der Hauptstadt von Pamir, im Jahre 1940 stattfand, befaßte man sich mit dieser Angelegenheit. Man kam zu dem Ergebnis, daß es im Pamir Hunderte von Heiligtümern, Moscheen und Schreinen gab, die von jung und alt besucht wurden

Aber nicht nur in den Bergen, auch in der Ebene der Republik Tadschikistan, zu der Pamir gehört, gab es bis zum Beginn des Krieges eine starke Religiosität. Boboschdan Cafurow, Sekretär für Agitation und Propaganda der Kommunistischen Partei von Tadschikistan, verkündete im Jahre 1938, daß allein in dem winzigen Distrikt Ura Tyube 50 Moscheen gezählt worden seien, von denen jedoch nur 29 amtlich registriert, 21 Moscheen hingegen illegal seien Wieviele illegale Moscheen muß es da-erst in den 49 Distrikten von Tadschikistan, im gesamten sowjetischen Zentralasien und schließlich in den gesamten Moslemgebieten der Sowjetunion gegeben haben? Im Jahre 1942, als es im Interesse der Sowjetregierung lag, ein optimistisches Bild der religiösen Situation in der UdSSR zu geben, wurde die Zahl der Moscheen in sämtlichen Territorien der UdSSR mit 1 312 angegeben Allein in Baschkirien hatte es im Jahr 1927 doppelt soviele Moscheen gegeben. Sehr wahrscheinlich waren in dieser Zahl von 1 312 nur die amtlich registrierten Moscheen enthalten. Im Jahr 1942 gab die Sowjetregierung bekannt, daß es 8 872 Mullahs, Scheichs und islamische religiöse Würdenträger in der UdSSR gebe. Diese Zahl erscheint lächerlich gering, wenn man in Betracht zieht, daß vor den religiösen Verfolgungen der zwanziger Jahre allein in Baschkirien der Klerus 9000 Mitglieder umfaßte; in Daghestan waren es sogar 40 000 Aber auch hier war die Regierung nicht in der Lage, verläßliche Zahlen anzugeben, weil sie nur über die amtlich registrierten Geistlichen berichten konnte. Über die anderen, die ihr Amt heimlich ausübten, hatte man nur sehr vage Vorstellungen.

Das Gleiche gilt für die „Seyyids“, die über die ganze islamische Welt verteilt sind. Sie betrachten sich als Abkömmlinge des Propheten und werden daher besonders verehrt. Der gewöhnliche Moslem sieht mit großer Ehrfurcht zu ihnen auf und begrüßt ihren Rat und ihre Dienste als die eines Friedenbringers. Nach ihrem Tode werden sie oft als Heilige verehrt Seyyids leben im allgemeinen in Dorfgemeinschaften; solche Seyyid-Dörfer gab es noch bis in die dreißiger Jahre im sowjetischen Aserbaidschan. Diese Tatsache veranlaßte einen atheistischen Schriftsteller zu dem Ausspruch, daß nicht die Mullahs sondern die Seyyids der Fluch des Landes seien Als klassenfremde Elemente konnten die Mullahs ohne Schwierigkeiten ihrer bürgerlichen Rechte beraubt oder zumindest überwacht werden. Gegen die Seyyids aber, die wie gewöhnliche Bauern lebten, war das Regime mehr oder weniger machtlos. Die Behörden beobachteten mit besonderem Mißvergnügen, daß die Seyyids sich im ganzen Lande frei bewegen konnten. Sie zogen umher und hatten sogar die Kühnheit, in der Arbeiterstadt Baku auf-zutauchen. Niemand in ganz Sowjetrußland, nicht einmal der Großmufti oder der oberste Polizeichef, könnte auch nur annähernd schätzen, wie-viele Seyyids und illegale Geistliche es im Lande gibt.

Alle Versuche, ein zutreffendes Bild der Lage der Moslems in Sowjetrußland zu bekommen, werden noch dazu durch das eigenartige Prinzip des „Takiya" erschwert, das die Moslems verpflichtet, ihre religiöse Überzeugung zu verschleiern — auch wenn sie Zeuge unlauterer Worte und Taten werden — um Verfolgungen zu entgehen. Was auch immer man gegen dieses Prinzip einwenden mag, es ist zweifellos eine nützliche Waffe im Kampf gegen eine feindliche weltliche Macht und hat den gläubigen Moslems in ihrem Umgang mit dem Sowjet-regime sicher gute Dienste geleistet.

In der Erkenntnis, daß es in den Moslemgebieten noch immer starke religiöse Elemente gab, verstärkte die „Liga militanter Atheisten" in den Monaten vor dem deutschen Angriff ihre propagandistischen Bemühungen in einem nie gekannten Ausmaß. Neue Zweigstellen der Liga wurden gegründet. In Usbekistan wurden innerhalb von zwei Jahren lOOOOO neue Mitglieder geworben In der Tatarei ging'dieZahl derMitglieder von 26 000 im Jahr 1938 auf 45 000 im Jahr 1940 herauf Ein atheistisches Museum wurde in Taschkent eröffnet. Es enthielt „interessantes Material über die reaktionäre Rolle der Moslem-Priesterschaft in Zentralasien und ihre sklavische Unterwürfigkeit gegenüber den zaristischen Kolonisatoren“

Die „Roten Muftis”

Diese neue Anti-Moslem-Offensive hätte sehr weitreichende Folgen haben können, wäre nicht der deutsche Angriff am 22. Juni 1941 gekommen, der die Regierung zwang, alle anti-religiöse Propaganda abzubrechen. Es begann eine neue Ära in den Beziehungen zwischen dem sowjetischen Regime und dem Islam. Man könnte jedoch nur mit Einschränkungen behaupten, daß diese neue Ära eine echte Besserung der Beziehungen mit sich brachte; in mancher Hinsicht war sie noch deprimierender als die vorangegangene. Bis zu Beginn des Krieges war das Regime für alle sichtbar darauf bedacht, den Islam in seiner institutionalisierten Form zu zerstören. Von 1941 ab setzte eine neue Politik ein. Nunmehr ließ man den Islam zwar dahinvegetieren, er wurde jedoch als politisches Instrument mißbraucht und brachte sich somit in den Augen der Gläubigen in Mißkredit. Der Islam, der 1941 auferstand, war ein Islam der Erklärungen und Appelle zugunsten des kommunistischen Regimes. Nun mag man argumentieren, daß das gleiche für die russisch-orthodoxe Kirche gilt, die den größten Nutzen aus der neuen Politik des Kremls zog. Eine solche Parellele wäre jedoch unfair und falsch. Zunächst einmal lag es für die russisch-orthodoxe Kirche näher, in Krisenzeiten, selbst einem atheistischen Staate gegenüber, eine patriotische Haltung einzunehmen. Dabei mag es auch vorgekommen sein, daß die Kirche in ihren Loyalitätsbezeugungen zu weit gegangen ist und gegenüber Staaten, die der christlichen Sympathien würdiger gewesen sein mögen als die Sowjetunion, sogar eine unchristliche Haltung eingenommen hat. Dennoch ist in allen Bemühungen der patriarchalischen russischen Kirche, die sowjetische Regierung zu unterstützen, ein Element der Aufrichtigkeit spürbar gewesen. Bei den Moslems ist diese Aufrichtigkeit sehr zweifelhaft, da die Schar ihrer Gläubigen sich fast ausschließlich aus rassischen Minderheiten zusammensetzt. Darüber hinaus hatten die russisch-orthodoxen Kirchenführer im zweiten Weltkrieg wesentlich mehr Grund, die Regierung zu unterstützen als etwa die Moslem-Würdenträger. In gewissem Sinne hatte die Kirche am Siege teil, denn sie konnte im Zuge der militärischen Triumphe Rußlands ihren Einflußbereich erweitern. Der sowjetische Islam hingegen erlitt in diesem Krieg schwere Niederlagen. Ein Beweis dafür ist die Deportation ganzer Moslem-Völkerstämme, die zahlenmäßig vielleicht nicht so stark ins Gewicht fielen, aber treueste Anhänger des Islams waren. Und schließlich gewährte man der russisch-orthodoxen Kirche zum Dank für ihre Loyalität eine Reihe von Konzessionen. Sie wurde sogar zu einem wichtigen Machtfaktor im Staat und übte ihre geistige Macht über Millionen von Gläubigen aus. Die Konzessionen, die der sowjetische Islam für ähnliche Dienste erhielt, waren minimal. Weit davon entfernt, eine geistige Macht zu sein, wurde er zur Fassade. Die Führer der orthodoxen Kirche blieben trotz ihrer Politik der Kollaboration und trotz der Förderung, die sie von Regierungsseite genossen, eigenständige Persönlichkeiten. Ihre Moslempartner, die Roten Muftis, wie man sie nennen könnte, waren Geschöpfe der sowjetischen Propagandamaschinerie. Sie waren Generäle ohne Soldaten.

Der erste Rote Mufti, der Berühmtheit erlangte, war Abdul Rahman Rasulajew aus Ufa. Zu Beginn des Krieges wurde er als „Vorsitzender des Zentralrates der Islamischen Religionsgemeinschaften in der UdSSR“ bezeichnet. Im Volke wurde er jedoch der „Sowjet-Mufti" genannt. Besonders zu Beginn des Krieges brauchte die Regierung einen Mann, der pro-sowjetische und anti-nationalsozialistische Erklärungen im Namen aller Moslems in der UdSSR abgab. Rasulajew entledigte sich dieser Aufgabe zur vollsten Zufriedenheit seiner Auftraggeber. Es ist jedoch sehr zweifelhaft, ob er außerhalb von Baschkirien und der Tatarei über wirkliche Machtbefugnisse verfügte. Ruslajew’s patriotische Tätigkeit begann kurz nach dem deutschen Angriff. Am 18. Juli 1941 richtete er seinen ersten Appell an die Moslems in der Sowjetunion. Er rief sie auf, bereit zu sein für die Verteidigung ihres Heimatlandes, in den Moscheen für den Sieg der „Roten Armee zu beten und ihre ins Feld ziehenden Söhne zu segnen, die für eine gerechte Sache kämpfen“. Dem folgte sechs Wochen später ein zweiter Aufruf, in dem Mufti Rasulajew die in der Sowjetunion lebenden Moslems aufforderte, das Land im „Namen der Religion“ zu verteidigen

In sowjetischen Radiosendungen und anderen Propagandamedien, die für den ausländischen Konsum bestimmt waren, bemühte man sich nach Kräften, Rasulajew als eine bedeutende Moslem-Persönlichkeit „aufzubauen“, um so der Propaganda der Achsenmächte für Hadschi Amin elHusseini, den Großmufti von Jerusalem, entgegenzuwirken. In einem Interview unter dem triumphalen Titel „Sowjet-Mufti reißt Hitler-Mufti die Maske ab“ verdammt Rasulajew seinen faschistischen Gegenspieler als einen Mann, der den Glauben seiner Vorfahren verraten habe und nun aus freien Stücken den Nazi-Gott Wotan anbete

Im Mai 1942 war Ruslajew Gastgeber einer Konferenz für 8 5 islamische Führer und geistliche Würdenträger aus der Sowjetunion. Der Hauptzweck dieser Konferenz bestand darin, die Kriegsanstrengungen der Sowjetunion in Form von Ermahnungen an die Gläubigen zu unterstützen. In diesem Appell wurden die Gläubigen mit einem Zitat aus dem Koran traktiert, in dem es hieß: „Suche keine Versöhnung mit dem Feind, und Du wirst obsiegen" und „töte den Feind, wo immer Du ihn findest“ Auf dieser Konferenz, so berichtet dann Ruslajew später, wurden „grauenvolle Berichte" über Greueltaten der Nationalsozialisten auf der Krim gegeben. In diesen Berichten beschuldigte man die Nationalsozialisten der gleichen Taten, die die Kommunisten zuvor verübt hatten, nämlich „die Moscheen zerstört und die heiligen Symbole entfernt, die öffentlichen Gebete verboten und die nationalen und religiösen Bräuche in jeder Weise mit Füßen getreten“ zu haben. Man warf ihnen vor, religiöse Bücher vernichtet und die Namengebung bei Kindern nach Moslemsitte verboten zu haben Die Teilnehmer an der Zusammenkunft in Ufa müssen sehr wohl gewußt haben, daß es die Kommunisten waren, die kurz vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges den Islam auf der Krim praktisch ausgelöscht hatten — die Krim gehörte zu den am weitesten westlich gelegenen Moslemgebieten in der Sowjetunion. Es gab also kein religiöses Leben mehr, das die Nationalsozialisten hätten zerstören können. Tatsächlich gelang es den krimtatarischen Nationalisten, bei den deutschen Besatzungsbehörden die Wiedereröffnung von 50 Moscheen zu erreichen Als die Sowjets die Krim zurückeroberten, wurden diese Moscheen sofort wieder geschlossen und die gesamte krim-tatarische Moslembevölkerung nach dem asiatischen Rußland mit unbekanntem Ziel deportiert. Im Jahr 1943 sollte dann der Mufti Rasulajew, und damit auch sein Hauptquartier in Ufa, seine beherrschende Stellung verlieren. Im Oktober jenes Jahres hielten Geistliche und Gläubige der fünf zentral-asiatischen Sowjetrepubliken in Taschkent einen Kongreß ab. Bei dieser Gelegenheit wurde die Kirchenverwaltung von Zentralasien und Kasachstan gegründet. Sie repräsentierte den größten Teil der Moslems in der Sowjetunion und wurde damit zur wichtigsten Moslemvereinigung in der UdSSR. Von da ab gingen alle Verlautbarungen zur Unterstützung der Regierungspolitik von hier aus. Rasulajew verlor seine Position als Hauptsprecher der sowjetischen Moslems. Zwei andere Rote Muftis traten stärker in den Vordergrund, nämlich der Vorsitzende der Zentralasiatischen Moslem-Organisation, der Mufti Ishan Balachan Ibn Abd al-Majid Khan, und der stellvertretende Vorsitzende, sein Sohn und Nachfolger Zia al-Din Babachanow. Im Mai 1944 machten sich auch die Moslems in den transkaukasischen Gebieten selbständig. Sie hielten einen Kongreß (Kurultai) in Baku ab, an dem 60 Delegierte von Aserbaidschan, Armenien und Georgien teilnahmen. Der Kongreß nahm eine besonders unterwürfige Entschließung an, die die Gefolgschaftstreue der Moslems zu Stalin zum Ausdruck brachte. Stalin wurde darin als das „gottgesandte und weise Oberhaupt der sowjetischen Regierung“ bezeichnet Die Gründung eines Moslemrates für die transkaukasischen Republiken ließ einen weiteren Roten Mufti in den Vordergrund treten, den Sheikh ul Islam Ahund Aga Ali Zade, den die sowjetische Regierung hauptsächlich dazu benutzte, ihren Standpunkt unter den schiitischen Moslems in Persien und dem Irak zu propagieren Ein weiterer Moslemrat wurde gegen Ende des Krieges für die Moslems im Nordkaukasus und Daghestan gegründet. Er nahm seine Tätigkeit insofern unter besonders ungünstigen Umständen auf, als die sowjetischen Behörden gerade einen großen Teil seiner potentiellen Gemeindeglieder, die zu den Volksstämmen der Balkaren, Karatchaier, Tschetschenen und Inguschen gehörenden Einwohner, deportiert hatten. . Wenn diese Völker bei den Behörden in erster Linie wegen ihrer angeblichen Zusammenarbeit mit den Deutschen in Ungnade gefallen waren, so steht doch fest, daß die Kommunisten sie schon immer mit großem Mißtrauen betrachtet hatten, da sie als kompromißlose Anhänger des Islams galten. Durch die Schaffung der drei Moslemräte in Taschkent, Baku und Kuinaksk (Daghestan) schrumpfte der Machtbereich des Mufti von Ufa stark zusammen und umfaßte nunmehr nur noch die Moslems des Wolga-Uralgebietes, Sibirien und die Moslem-Diaspora in den großen russischen Städten. Somit war die zur Zeit des zaristischen Rußlands gegebene Situation wiederhergestellt. Damals war der Mufti von Ufa das geistliche Oberhaupt für alle russischen Moslems außerhalb Zentralasiens, der transkaukasischen Republiken, der nordkaukasischen Gebiete und der Krim. Der Titel des Mufti von Ufa oder des Mufti von Orenburg, wie sein ursprünglicher Titel lautete, geht bis auf das Jahr 1784 zurück, als Katharina II. Kaiserin von Rußland war.

Die sowjetische Haltung gegenüber dem „ausländischen" Islam

Die offizielle Anerkennung der verschiedenen Moslem-Vereinigungen während des Krieges war, wenn sie auch ans der Kriegssituation heraus verstanden werden muß, doch ein Bestandteil einer auf lange Sicht geplanten kommunistischen Strategie. Im Kriege wurden die diplomatischen Beziehungen zu verschiedenen islamisch orientiertenLändern wie Ägypten, Irak und Syrien ausgenommen — sogar mit Saudi-Arabien wurden die Beziehungen wieder ausgenommen. Man sagte sich daher, daß eine loyale Moslem-Hierarchie, die die Legende von der Religionsfreiheit fleißig verbreiten helfen würde, bei der Stärkung des russischen Einflusses in der Moslemwelt eine sehr nützliche Rolle spielen könnte. Berichte über Moslem-Kongresse in der Sowjetunion gaben den sowjetischen diplomatischen Vertretungen wertvolles Propagandamaterial an die Hand; das galt vor allen Dingen für Kairo und Teheran. Die günstige Reaktion auf diese Berichte war dem Kreml ein Beweis dafür, daß sich der sowjetische Islam in Zukunft als wertvoller Exportartikel erweisen könnte, und als solcher wurde er auch in der Nachkriegszeit gewertet.

Die sowjetischen Moslemführer — in der Sowjetunion selber hatten sie keinen besonders guten Ruf — wurden vom Regime gern und häufig dazu benutzt, den Völkern in den östlichen Teilen der Welt die jeweilige Propagandaversion aktueller Fragen nahezubringen.

Es gibt zahlreiche politische Erklärungen von Moslem-Vereinigungen in der UdSSR und führenden Muftis und Imams über alle möglichen internationalen Probleme. Es seien an dieser Stelle lediglich einige Beispiele herausgegriffen, die einen Eindruck von Tenor und Tendenz dieser Verlautbarungen vermitteln sollen. Fast immer bediente man sich in solchen Erklärungen einer sehr starken Ausdrucksweise, wie sie für kommunistische polemische Schriften über internationale Probleme ganz allgemein charakteristisch ist. Es war hier von „den Vereinigten Staaten und den britischen Kriegstreibern" die Rede, von „monströsen Verbrechen der amerikanischen Soldateska“, von „amerikanischen Barbaren, die immer neue Verbrechen gegen die Menschheit begehen" — dies Zitat z. B. bezieht sich auf den koreanischen Krieg Man beschuldigte die Westmächte, daß sie die „internationalen Verträge unter dem Drude der amerikanischen Aggressoren auf flagrante Weise verletzten“ und einen „schamlosen Handel“ abgeschlossen hätten, um den deutschen Militarismus in Westdeutschland wieder zum Leben zu erwecken. In den Erklärungen der sowjetischen Moslems fanden sich auch Proteste gegen die NATO, SEATO, den Bagdad-Pakt und den Friedensvertrag von San-Francisco. Sie unterstützten auch jede Einzelinitiative des Weltfriedensrates und alle seine Aufrufe und Kongresse. Im Jahr 1956 verurteilten sie den anglo-französisch-israelischen Angriff auf den Suezkanal als ein „schamloses Verbrechen, das gegen den Willen des Höchsten “ begangen wurde Im Jahr 1957 protestierten sie gegen eine „türkische bewaffnete Aggression in Syrien", die nur in der Einbildung der sowjetischen Propagandisten existierte Im Jahr 1958 wandten sie sich gegen die Verfolgung der Algerier als gegen das „schlimmste Verbrechen" und forderten für sie die Unabhängigkeit, die Moskau den Moslems in der UdSSR bis heute schuldig geblieben ist

Einige dieser Erklärungen wurden von sowjetischen Propaganda-diensten in schriftlicher Form herausgegeben und versandt, andere wurden von den Roten Muftis persönlich in arabischer und persischer Sprache verlesen, um auf diese Weise die publizistische Wirkung zu erhöhen. Manche Grußbotschaften wandten sich nicht nur an die Moslems außerhalb Rußlands im allgemeinen, sie erwähnten bestimmte geistliche Würdenträger in anderen Ländern sogar mit Namen. Die rein politischen Sticheleien waren für gewöhnlich durchsetzt mit Zitaten aus dem Koran und schlossen mit der Bitte an Allah, die Feinde der Sowjetunion zu strafen und die „dunklen Mächte“ (England und die Vereinigten Staaten) aus den Gebieten der jeweiligen arabischen Nation zu vertreiben. Sie gipfelten zeitweise sogar in dem frommen Wunsch, daß Allah sie (England, Frankreich und Israel) „Folterqualen“ aussetzen möge.

Lange Zeit hindurch wurden von den Moslemführern, lediglich mündliche und schriftliche Erklärungen als Beitrag erwartet. Als dann aber die sowjetischen Intrigen in den islamischen Staaten immer weitere Kreise zogen, mußten die Roten Muftis auch andere Dienste leisten. Man forderte von ihnen, daß sie ihre Rolle beim Empfang ausländischer Moslem-Gäste spielten. Sie wurden auf Propagandareisen ins Ausland geschickt, die meist als Pilgerfahrten deklariert wurden. Der Imam der Moskauer Moschee wurde sogar zu bestimmten diplomatischen Anlässen eingeladen, wenn ausländische Moslems anwesend waren. Es wurde ihnen gestattet, Geldgeschenke an Moslems im Ausland zu senden — so z. B. für die Opfer der „Suez-Aggression" und für die von der Überschwemmungskatastrophe in Pakistan Betroffenen — wenn damit ein günstiger Eindruck erweckt werden konnte. Ein Besuch beim Großmufti von Zentralasien und Kasachstan wurde für jeden Moslem-Staatsmann, der Taschkent besuchte, nahezu zur Routine. Zu den Besuchern gehörten u. a. Präsident Sukarno aus Indonesien im Jahr 1956 und Präsident Gamal Abdel Nasser, der die Stadt im Mai 1958 besuchte Der Großmufti, dem Nasser einen Besuch machte, war Zia al-Din Babachanow, den wir bereits erwähnt haben und den man als den „Moslem-Erzbischof Nikolai“ bezeichnen könnte, denn er hat sich als ein ebenso vielseitiger und aktiver Kollaborateur des Sowjetregimes erwiesen wie sein russisch-orthodoxes Pendant. Es gibt nur wenige Persönlichkeiten in der Sowjetunion, die der Regierung soviel genützt haben wie er. Zunächst übte er über seinen Vater, der 1957 im Alter von 98 Jahren starb, nur eine indirekte Macht aus. Später wurde er zum Oberhaupt der größten Moslem-Vereinigung in der UdSSR gewählt. Wie der Erzbischof Nikolai ist Babachanow beim Kreml Persona grata. Aus diesem Grunde spielt er in einer 1958 gegründeten halbamtlichen Organisation, der „Sowjetischen Gesellschaft zur Förderung der Freundschaft mit den Arabischen Ländern", eine wichtige Rolle. Er konnte in amtlicher und halbamtlicher Eigenschaft ins Ausland reisen. Er fuhr nach Damaskus, um dem linksradikalen syrischen Scheich eine sowjetische Friedensmedaille zu verleihen; in Stockholm nahm er an einer von Kommunisten veranstalteten Abrüstungskonferenz und in Delhi an einem Weltkongreß der Religionen teil. Als Pilger ging er nach Mekka und Medina, die Genehmigung dazu wurde nicht nur Babachanow, sondern auch noch einer ganzen Reihe von anderen mehr oder weniger wichtigen sowjetischen Funktionären von der Regierung erteilt.

Die Wiederaufnahme des Hadsch (Pilgerfahrt nach Mekka) nach mehrjähriger Unterbrechung war einer der interessantesten Schachzüge der neuen sowjetischen Politik gegenüber den Moslems. Die erste Gruppe von Mekka-Pilgern konnte mit amtlicher Genehmigung im November 1944 die UdSSR verlassen. Von da ab fanden alljährlich Pilgerzüge statt, bis im Jahr 1947 eine Cholera-Epidemie Wallfahrten nach Mekka unmöglich machte.

In den letzten Jahren vor Stalins Tod wurden die Wallfahrten aufs Neue unterbrochen. Unter Stalins Nachfolgern wurden sie dann nicht nur erlaubt, sondern sogar durch erhebliche Publicity gefördert. Aus amtlichen Informationsquellen geht hervor, daß die Regierung nie mehr als 20— 30 Pilgern gleichzeitig die Genehmigung erteilte. Die Personen, die die Erlaubnis schließlich erhielten, waren aller Wahrscheinlichkeit nach vorher sorgfältig gesiebt worden.

Die von sowjetischen Pilgern in den arabischen Ländern betriebene Propaganda hat eine dreifache Zielsetzung. Zum ersten machen die Pilger ihren Glaubensbrüdern klar, daß in der Sowjetunion völlige Religionsfreiheit herrscht — eine Behauptung, die bei ihren Gesprächspartnern häufig auf Skepsis stößt Sodann besteht ihre Aufgabe darin, die Moslems in den arabischen Ländern von der Wohlhabenheit und dem hohen Lebensstandard ihrer Brüder in der UdSSR zu überzeugen Und schließlich dienen die Pilgerzüge dazu, die Sowjetunion als Bollwerk des Friedens zu preisen und die Moslems zur Teilnahme an der sowjetischen Friedenskampagne zu gewinnen. Oft machen die Pilger auf dem Rüdeweg in Kairo Station. Sie besuchen die Al Athar Universität und geben Pressekonferenzen und Empfänge. All dies geschieht mit der unverkennbaren Absicht, goodwill für die Sowjetunion und ihre angeblich tolerante Haltung gegenüber dem Islam zu schaffen.

Die sowjetische Haltung gegenüber dem „einheimischen" Islam

Der institutionalisierte Islam in der Sowjetunion fristet sein Dasein recht und schlecht. Mit Beginn der neuen Religionspolitik der Regierung im zweiten Weltkrieg zeichnete sich eine gewisse Verbesserung der Lage ab. Einige Moscheen wurden wiedereröffnet. Ende 1944 gab es bereits wieder Moscheen in Gorky, Omsk, Nowosibirsk und anderen russischen Städten mit Moslem-Minderheiten — zumeist tatarischer Nationalität. So konnte sich der Mufti Rasulajew brüsten, daß nunmehr 10 neue Moscheen in seinem Zuständigkeitsbereich hinzugekommen seien. Allerdings war dieser „bakschisch" nur eine recht kleine Gegengabe für seine bedingungslose Kollaboration mit dem Regime. In den darauffolgenden Jahren wurden auch andere Moscheen wiedereröffnet bzw. ihre Existenz legalisiert. Poljansky, der für die nicht-orthodoxen religiösen Gruppen zuständige Regierungsbeamte, gab 1947 bekannt, daß es 3000 Moscheen in der Sowjetunion gebe; das hätte einen Zuwachs von nahezu 1 700 Moscheen seit Kriegsanfang bedeutet Der Großmufti von Zentralasien wiederholte diese Zahl 3 Jahre später vor ausländischen Besuchern Nach Stalins Tod stieg die Zahl der Moscheen weiter. 1957 konnte Mufti Babachanow allein für Zentralasien die Neueröffnung von 50 „neuen großen Moscheen bekanntgeben Im gleichen Jahr schrieb ein amtliches Regierungsorgan, daß es etwa 8000 „Moslem-Gemeinden“ in der Sowjetunion gebe Man darf wohl kaum annehmen, daß „Gemeinden“ mit Moscheen identifiziert wurden, sondern vielmehr mit Gruppen islamischer Gläubiger. Detaillierte Angaben über bereits existierende und neueröffnete Moscheen sind selten und oft unzuverlässig und widersprüchlich, wie das bei orientalischen Statistiken zu sein pflegt. Betrachtet man jedoch die verfügbaren Angaben über den russischen Islam in den fünfziger Jahren mit der nötigen Reserve, so ergibt sich nah einer sorgsamen Prüfung und einem Vergleich dieser Angaben folgendes Bild: In vielen russischen Städten ist die Religiosität der Moslem-Minderheiten so stark, daß die sowjetischen Behörden sich gezwungen sahen, die während der Zeit der religiösen Verfolgungen geschlossenen Moscheen wieder freizugeben. Von besonderer Bedeutung sind die Moscheen von Ufa — noch immer das bedeutendste religiöse Zentrum des europäischen Rußland und Sibiriens und die Moscheen von Moskau und Leningrad. An hohen Feiertagen finden sich 3000 bis 4000 Gläubige in der Moschee von Ufa ein. Die Moskauer Moschee kann nur 2500 Menschen fassen;

Beobachtungen ausländischer Besucher zufolge ist sie sogar an gewöhnlichen Freitagen überfüllt. Diese Moschee scheint also für die in Moskau lebendem Moslems, die auf etwa 100 000 Menschen geschätzt werden, nicht auszureichen. Die Moskauer Moschee spielt übrigens für die in der islamischen Welt betriebene sowjetische Propaganda eine besonders große Rolle. Die Gottesdienste werden regelmäßig von bei der sowjetischen Regierung akkreditierten Mitgliedern diplomatischer Vertretungen besucht; auch Delegationen aus islamischen Ländern kommen häufig dorthin Der Imam von Moskau ist daher eine bedeutende Figur für die sowjetische Moslempolitik. Seine Predigten haben fast immer eine stark politische Tendenz. Es bedarf wohl keiner Erwähnung, daß er in noch stärkerem Maße als die anderen Moslem-Würdenträger mit den Behörden zusammenarbeitet. Die Moschee von Leningrad, die im zaristischen Rußland unter dem Emir von Buchara erbaut worden war, wurde im Jahr 1956, d. h. zu einem Zeitpunkt, wo das Sowjetregime stärkere Rücksichten auf die öffentliche Meinung in den islamisch orientierten Ländern zu nehmen begann, restauriert und wiedereröffnet. Zwar war das Regime den religiösen Bedürfnissen der Leningrader Moslems gegenüber ziemlich gleichgültig, es lag aber in seinem Interesse, die ausländischen Moslem-Delegationen, die häufig Leningrad in ihre Reiseroute einbezogen, nicht zu brüskieren. Es ist also kein Wunder, daß der Imam von Leningrad zu einem Propagandisten des Regimes wurde und als solcher vom sowjetischen Sender ebenso häufig zitiert wird wie sein Pendant in Moskau. Über das religiöse Leben der Moslems im Kaukasus und den transkaukasischen Republiken gibt es fast keine amtlichen Angaben. Den schiitischen Moslems von Aserbaidschan ist der Kontakt mit Ausländern noch strenger verboten als ihren sunnitischen Glaubensbrüdern. Daraus braucht man jedoch keineswegs zu schließen, daß in den kaukasischen und transkaukasischen Gebieten der Islam eine quantite negligeable ist. Auch Beobachtungen ausländischer Reisender sind irreführend, denn sie können nur über wenige für Ausländer zugängliche Orte, wie z. B. Baku, berichten, wo ihren Berichten zufolge keine Spur religiösen Lebens mehr zu finden sein soll Die sowjetischen Behörden wissen es besser. Sie wissen genau, daß es „zäh verteidigte religiöse Überreste“ in Baku und seinem Hinterland, den Arbeitersiedlungen auf der Halbinsel Apsheron, gibt Den Behörden ist auch bekannt, daß illegale Mullahs durch die Straßen von Baku ziehen und in ihren Häusern Gläubige empfangen, die sie durch Predigten und gemeinsame Gebetsstunden betreuen. Eigenartigerweise sind einige der phantasiereichsten illegalen Mullahs -sie verwenden in ihren religiösen Feierstunden sogar Tonbandgeräte — Frauen

In den entlegeneren Gebieten Rußlands, die nie ein Ausländer je betreten hat, konnte sich der Islam viel besser behaupten als in der Hauptstadt von Aserbaidschan, die stark proletarische und internationale Züge trägt. Auf der Landkarte von Aserbaidschan gibt es verschiedene „schwarze Flecken"; sie bezeichnen Gegenden, wo die Bevölkerung wegen ihrer starken Verwurzelung in religiösen Bräuchen und Traditionen als rückständig verschrieen ist. In diesen Gebieten tragen die Frauen noch immer den Schleier, die Mullahs und Ortsältesten üben nach wie vor einen großen Einfluß auf die Bevölkerung aus, und sogar den Kommunisten kann man dort nicht trauen. Dazu gehört auch die Autonome Republik von Nachitschewan, die vom eigentlichen Aserbaidschan durch einen Streifen armenischen Gebietes getrennt ist, die Städte Nucha und Kuba im nördlichen Aserbaidschan sowie die drei Distrikte von Lenkoran, Lerik und Yarymli im südöstlichen Zipfel des Landes nahe der persischen Grenze

Berichte amtlicher Stellen beweisen, daß Aserbaidschan noch Jahre nach dem zweiten Weltkrieg ein Land des „takiya“, d. h.der Glaubensverschleierung geblieben ist. Die kommunistischen Behörden in Baku stellten immer wieder fest, daß sie sich auf die örtlichen Funktionäre, denen es zur Auflage gemacht worden war, der „rückständigen Bevölkerung ein gutes Beispiel zu geben", nicht verlassen konnten.

Manche dieser Funktionäre redeten zwar in der Öffentlichkeit dem Atheismus das Wort; in ihrem eigenen Lebensbereich aber folgten sie den alten Traditionen. Fälle eines solchen ideologischen Dualismus bringen die kommunistischen Führungsstellen immer wieder in Verwirrung;

uns hingegen vermitteln sie einen guten Einblick in die Vielschichtigkeit des kommunistischen Kampfes gegen -den Islam. Da gab es z. B. einen Dozenten, der den Atheismus als Fach lehrte und im Privatleben die Dienste eines Mullah in Anspruch nahm; der sollte bei seinem Sohn die bösen Geister austreiben Da war der Fall des ersten Sekretärs eines örtlichen Komsomol-Komitees, der eine in einem Lehrerseminar tätige Dozentin heiratete und die Hochzeit gemäß den vom Scheria vorgeschriebenen Regeln und Zeremonien vollziehen ließ

Man fragt sich, wieviele ähnliche Fälle es gegeben haben mag, die nie in den für den Export freigegebenen sowjetischen Zeitungen Erwähnung gefunden haben. Wenn es derartige Vorkommnisse in der „fortschrittlichen Sowjetrepublik Aserbaidschan“ gab, wieviel häufiger und krasser müssen sie erst unter der Gebirgsbevölkerung im nördlichen Kaukasus gewesen sein, die für ihre Traditionsgebundenheit bekannt ist.

Die Moslems im nördlichen Kaukasus zerfallen in zwei Gruppen: jene, die im Jahr 1944 nach Zentralasien deportiert wurden und 1956 wieder in ihre Heimat zurückkehrten und solche, denen die bitteren Erfahrungen der Daghestani, Kabardiner und Tscherkessen erspart geblieben sind. In beiden Gruppen hat sich der Islam behauptet, und zwar ist er lebendiger bei den Volksgruppen, die Stalin zur Ausrottung verurteilt hatte, als bei jenen, die verhältnismäßig unbehelligt davon-kamen. Die Tschetschenen-und Inguschen-Volksstämme wurden über ein Jahrzehnt wie Paria behandelt. Sie wurden als Landarbeiter auf Kolchosen und Staatsgütern in Kasachstan eingesetzt. Nicht einmal einer politischen Schulung wurden sie für würdig befunden. Oft durften ihre Kinder nicht einmal die Schule besuchen. Als sie nach zwölfjährigem Exil nach dem Kaukasus zurückkehrten, war ihre Haltung gegenüber dem Sowjetregime keineswegs freundlicher geworden, ihre Verbundenheit mit dem Islam war so fest wie eh und je. Die wiedererstandene Autonome Tschetschenisch-Inguschische Republik mußte sich von neuem mit „reaktionären Elementen befassen, insbesondere mit solchen, die die alten Bräuche pflegten und die Scheria unterstützten“ In der Tschetschenisch-Inguschischen Republik existierte eine besondere Form des Islams. Dort gab es ein eigenartige Sekte, Kunta Hadschi genannt. Sie wurde gegen Ende des 19. Jahrhunderts von dem mohammedanischen Weisen Kunta Hadschi gegründet. Die sowjetischen Behörden gerieten bei der Bekämpfung dieser Sekte in eine schwierige Situation, Jenn ihre Anhänger waren zumeist arme Leute, die während des Bürgerkrieges auf der Seite der roten Partisanen gekämpft hatten. Aus diesen Gründen konnte die Kunta-Hadschi-Sekte ihren Einfluß nicht nur aufrechterhalten, sondern sogar ausdehnen und Überstand auch die Deportation der Tschetschenen nach Zentralasien ohne Schaden. Auch nach ihrer Repatriierung war und blieb die Sekte den örtlichen antireligiösen Propagandisten ein Dom im Auge.

Was nun die Bewahrung des Islams unter der von der Deportation verschonten Gebirgsbevölkerung angeht, so mögen für sie die Verhältnisse in einer relativ kleinen Stadt wie Derbent als typisch gelten. Die Moschee dieser Stadt kann 5000 Menschen fassen und ist an Feiertagen für gewöhnlich gut besucht Man mag daraus ersehen, wie lebendig das religiöse Leben in den Gebirgsdörfern von Daghestan noch ist, wo die Menschen der anti-religiösen Propaganda viel weniger ausgesetzt sind als in Derbent. Die sowjetischen Behörden scheinen sich der Tatsache bewußt zu sein, daß der starke Einfluß des Islam auf die Daghestani erhalten bleiben wird, solange diese Menschen in ihren Gebirgsdörfern bleiben. Die Erkenntnis dieser Tatsachen scheint die Regierung im Jahr 1958 bewogen zu haben, bestimmte Gruppen der Gebirgsbevölkerung in die Ebene umzusiedeln.

In Zentralasien, wo die Mehrzahl der Moslembevölkerung lebt, ist das Bild von Ort zu Ort verschieden. In Kasachstan mit seinem großen europäischen Bevölkerungsanteil ist der Islam wesentlich schwächer als in den anderen zentralasiatischen Sowjetrepubliken. Die örtlichen geistlichen Würdenträger geben selber zu, daß es nur 26 amtlich registrierte Moscheen in der Republik Kasachstan gibt, von denen die meisten sich in den Städten Alma Ata, Semipalatinek, Turkestan und Dschambul befinden. Die Moschee in Alma Ata, die einzige, die von 18 übrig blieb, ist ein kleines Holzgebäude, das man nur an dem Halbmond auf dem Dachfirst überhaupt erkennen kann. Die Zahl der Gläubigen, die die Moscheen sogar an hohen Feiertagen besuchen, ist ziemlich klein und beschränkt sich fast ausschließlich auf alte Menschen. Das bedeutet nicht, daß die Verfolgungen des Islam in Kasachstan stärker waren als anderswo und daß dadurch ein Wiederaufleben des religiösen Lebens erschwert war. Die schwache Position des Islams in Kasachstan ist vielmehr darauf zurückzuführen, daß dieser bei den früheren kasachischen Nomadenstämmen von Anfang an nie so tief verwurzelt war wie in der seßhaften Bevölkerung in Zentralasien und Usbekistan.

Usbekistan ist noch immer das Herzstück des Islams in Zentralasien — vielleich sogar in der ganzen Sowjetunion. Man kann sogar fast von einer Art Erweckungsbewegung sprechen. In Taschkent gibt es wieder 17 große und 50 kleine Moscheen, das ist etwa ein Drittel des Bestandes von vor dem ersten Weltkrieg. Während der großen Feiertage finden sich in der Hauptmoschee von Taschkent und in der Tillah-Scheich-Moschee fast 10 000 Gläubige ein, in der letzten hält der Großmufti von Zentralasien den Gottesdienst An gewöhnlichen Feiertagen werden diese Moscheen von etwa 3000 Gläubigen besucht

In Samarkand, der ehemaligen heiligen Stadt des Islams, sind nur noch 7 Moscheen geöffnet — früher gab es 105. Die strenggläubigen Moslems des Ortes zieht es weniger zu den Moscheen, als zu dem Schah-i-Zind-Mausoleum. Einer Legende zufolge befinden sich in dem Mausoleum die sterblichen Überreste eines Vetters von Mohammed, Kusam-bin-Abbas, der den Islam nach Samarkand brachte.

Aus diesem Grunde ist das Schah-i-Zind oder auch „Lebendiger Schah“ genannte Mausoleum stets eine der bedeutendsten Stätten des Islams in Rußland gewesen — allen Versuchen von Regierungsseite zum Trotz, diese Grabstätte zu einer reinen Attraktion für Kunsthistoriker und Touristen zu machen. In einer offiziellen von den Moslems herausgegebenen Mitteilung, die von sowjetischen Presse-diensten später in der ganzen Welt verbreitet wurde, wird berichtet, daß mehr als 20 000 Menschen sich im Jahr 1954 vor dem Schah-i-Zind Mausoleum versammelten, um das Ende des Ramadan zu feiern

In der anderen heiligen Stadt Usbekistans, Buchara, besteht fast kein religiöses Leben mehr. Bei Ausbruch des ersten Weltkrieges gab es dort 354 Moscheen und 138 Religionsschulen. Heute sind davon nur noch 4 Moscheen und eine theologische Hochschule übriggeblieben, die Medreseh Mir-i-Arab. Sie ist jahrelang die einzige Moslem-Schule in der ganzen Sowjetunion gewesen. Das ist alles, was im heiligen Buchara nach außen sichtbar vom Islam übriggeblieben ist. Viele, wenn auch längst nicht alle islamischen Baudenkmäler von Buchara existieren noch heute, aber sie dienen nicht mehr religiösen Zwecken. Die Straßen, in denen sie stehen, sind nach der Pariser Commune, nach Lenin, Stalin, Karl Marx, Marat, Klara Zetkin, Thälmann und anderen Vertretern des westlichen Atheismus benannt. Es gibt sogar eine Straße, die die „Besboschnaya" d. h. „Gottlose“ Straße heißt

Auch die anderen Orte Zentralasiens, die gelegentlich als Schauplatz großer religiöser Festlichkeiten genannt werden, liegen in Usbekistan, wie z. B. Andischan, Fergana, Cochand, Chiva und Chimbai in der Autonomen Republik Karakalpakien. Alle diese Städte haben Moscheen, wo sich regelmäßig eine große Schar von Gläubigen versammelt. In Tadschikistan ist das religiöse Leben sehr lebendig. Berichten zufolge nehmen bei besonderen Anlässen 6000 bis 10 000 fromme Moslems an den Gottesdiensten in der Schah Mansur Moschee von Stalinabad teil Während man sich dieser Zahlen vor ausländischen Zuhörern rühmte, wurde in einem für den „internen Gebrauch“ bestimmten Bericht bedauert, daß „nicht wenige Jungen und Mädchen“ die Moschee in Stalinabad besuchen und daß sogar Kinder im schulpflichtigen Alter zum Besuch der Moscheen angehalten würden

Das Schwergewicht des religiösen Lebens liegt in Zentralasien nicht in den Städten, sondern auf dem Lande, denn hier hat die Verwaltung in Taschkent wenig Einfluß. Amtliche Berichte beweisen, daß der Islam in den Dörfern Kolchosen Zentralasiens tief verwurzelt ist. und Es gibt viele „unregistrierte aber aktive“ Moscheen, deren Existenz von den Behörden ignoriert wird, da amtliche Maßnahmen Unzufriedenheit und Unruhe bei der Bevölkerung hervorrufen könnten. Dutzende solcher illegalen Moscheen wurden allein in der Provinz Kirgisien aufgedeckt In Tadschikistan ist die Situation ähnlich. Dort erzählte man Touristen aus westlichen Ländern, daß es in fast jedem Dorf eine Moschee gebe. In Turkmenistan wurden die Kolchosbauern sogar durch Presse und Rundfunk davor gewarnt den mohammedanischen Geistlichen zu folgen, wenn sie von ihnen zum Gebet und zur Ausübung religiöser Pflichten ermahnt würden

Der Dienst in nicht amtlich registrierten Moscheen wird von Geistlichen versehen, die illegal oder zumindest nur halb legal tätig sind. Daneben gibt es auch Wanderpriester und im Lande herumziehende Mullahs, die keiner bestimmten Moschee zugehören, sondern die Kolchosbauern in ihren Häusern aufsuchen Einige dieser Mullahs predigen auch im Freien und haben oft eine riesige Zuhörerschaft. Die Behörden machen mit solchen illegalen Zusammenkünften kurzen Prozeß. Selbst in der verhältnismäßig liberalen Chruschtschow-Ära werden selche volkstümlichen Priester ohne Zaudern hinter Schloß und Riegel gesetzt. In Turkmenistan wurden zwei Priester zu jeweils 17 und 20 Jahren Zuchthaus verurteilt Diese Geschehnisse stehen in krassem Gegensatz zu der fügsamen und orportunistischen Haltung der amtlich anerkannten Muftis und Imams.

Der nach wie vor große Einfluß islamischer Geistlicher auf die Land-bevölkerung Zentralasiens wurde sogar teilweise von den Leitern der Kolchosen anerkannt. Es gibt Fälle, in denen sie sich der Unterstützung der Mullahs versichert haben, um die Arbeitsdisziplin und die Produktion ihrer Kolchosen zu steigern. Derartige Fälle einer Zusammenarbeit zwischen der Leitung einer Kolchose und der mohammedanischen Geistlichkeit werden von den übergeordneten kommunistischen Behörden, wo immer sie bekannt werden, scharf verurteilt Wie sollte es ihnen auch gelingen, den Islam in den ländlichen Gegenden auszulöschen, wenn selbst die Leiter der Kolchosen die Autorität der Mullahs anerkannten? Immer wieder sind die Behörden über den Einfluß der Dorfmuftis auf die Bevölkerung und über ihren Unternehmungsgeist verwundert. So fand ein Mullah in Kirgisien nach vier Jahrzehnten sowjetischer Herrschaft noch den Mut, eine staatliche Grundschule in eine Moschee zu verwandeln. Natürlich hätte der Mullah eine solch kühne Tat niemals ohne die Hilfe der Bevölkerung und ohne die stillschweigende Duldung einiger ortsansässiger Kommunisten durchführen können. Als dann der Mullah schließlich dazu gezwungen wurde, das Schulgebäude aufzugeben, erhielt er von den Leuten aus den umliegenden Dörfern genügend Mittel, um eine richtige Moschee zu bauen. Unter den Freunden des Mullah befand sich sogar der Sekretär einer Parteiorganisation. Er war zugegen, als bei einer religiösen Feierlichkeit (toi) Teile des Koran rezitiert wurden.

Die Heiligtümer

Für die Kommunisten ist der Islam ein vielköpfiges Ungeheuer, dabei sind die amtlich anerkannten Mullahs und ihre Moscheen vielleicht der Kopf, der ihnen am wenigsten Sorge bereitet. Der Hauptfeind ist die volkstümliche Frömmigkeit des einfachen Moslems, die ihren Ausdruck in einer Unzahl von Religionsübungen und Tabus findet. Bei einer Durchsicht der anti-religiösen Ligeratur über den Islam wird deutlich, welche Form der religiösen Betätigung die Behörden am meisten beunruhigt. Es ist der Kult, der mit den Heiligtümern und Mazars, d. h.den heiligen Grabstätten, getrieben wird. Sowjetische Anthropologen haben diesen Kult als vorislamisch bezeichnet. Sie behaupten, daß nur der Name des verehrten Heiligen und die mit ihm verbundene Legende als Bestandteil des Islam angesehen werden kann, daß aber viele Bräuche in Verbindung mit den Wallfahrten ihre eigentlichen Wurzeln in der vorislamischen Zeitepoche haben. Diese vorislamischen Glaubensformen vermischen sich mit animistischen Vorstellungen, magischen Elementen und dem Naturkult Die Tatsache, daß der Gräber-kult auf islamischen und vorislamischen Glaubensvorstellungen beruht, ist jedoch ein schwacher Trost für die Behörden, die sich ständig mit der Existenz der Heiligtümer in Zentralasien und Aserbaidschan auseinanderzusetzen haben. Die Bevölkerung verspricht sich von den Wallfahrten zu den Grabstätten wundertätige Wirkungen. So glauben die Menschen zum Beispiel, daß Krankheit und Dürre von den von ihnen verehrten Heiligen beeinflußt werden. Manche Grabstätten werden ausgesucht, weil man sich von der Anbetung des Heiligen die Heilung einer Augenkrankheit erhofft, während andere ein Anziehungspunkt für Frauen sind, die zur Unfruchtbarkeit verurteilt sind. Man glaubt, daß die Erde auf den Gräbern der Heiligen Heilkraft habe.

Häufig ist es gerade die sowjetische Presse, die die allgemeine Aufmerksamkeit auf die Volkstümlichkeit bestimmter Pilgerzüge lenkt, indem sie sich über die riesigen Pilgerzüge beklagt, die sich zu den Mazars und Heiligtümern aufmachen. Dazu gehören u. a.der Mazar von Hodscha-Obi-Carm, die Festung von Gissar in Tadschikistan, Kunya-Urgench in Nord-Turkmenistan und Schah-i-Zind in Samarkand, das bereits zuvor erwähnt wurde. Im Hof der Bibi Khanum Moschee in Samarkand steht ein riesiges Marmorpult, für den Koran. Hier kann man sehen, wie Frauen auf den Knien herumrutschen in der Hoffnung, daß ihnen Fruchtbarkeit geschenkt werde. Das Mausoleum von Ahmed Yassaui in Turkestan, das zur Kasachischen Sowjetrepublik gehört, steht in der Rangordnung etwa auf gleicher Stufe. Yassaui, ein islamischer Heiliger und Autor von gelehrten religiösen Schriften, starb in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Tamerlan baute ihm zum Gedächtnis eine herrliche Moschee. Zwar wurde sie auf Anordnung der sowjetischen Behörden geschlossen, diese konnten aber nicht verhindern, daß Yassaui's Name Jahr für Jahr Tausende von Pilgern anzog. Sie treffen sich jetzt in einer kleineren Moschee in der Nähe des Mausoleums, sie ist die einzige, die der Staat ihnen gelassen hat Auch der Berg „Tacht-Sulayman“ (Salomon’s Thron) in der Nähe der Stadt Osch in Kirgisien erfreut sich bei den frommen Moslems großer Beliebtheit. Sie glauben, daß König Salomon an diesem Ort betete und starb. Die Menschen versprechen sich von diesem Berg wun-dertätige Wirkungen und die Heilung von allen möglichen Krankheiten. Den Sowjets ist es nicht gelungen, Jen Tacht-i-Sulayman-Kult zu zerstören. Noch Ende der fünfziger Jahre lebten etwa 20 Scheichs hier. Sie betreuten die Pilger und berieten sie bei ihrem Pilgerzug auf den Berg

Auch in Aserbaidschan ist der in Zentralasien weitverbreitete Kult der Heiligtümer charakteristisch für das religiöse Leben. Selbst die jüngere Generation, einschließlich der Mitglieder der kommunistischen Jugendliga, nimmt nach wie vor an den Wallfahrten teil Das Grab des Ortsheiligen „Mohamed effendi“, in der Nähe der Stadt Nukha, war noch lange Zeit nach dem 2. Weltkrieg ein Anziehungspunkt für Hochzeitsprozessionen. Viele „Sowjetbräute" haben dort gebetet, bevor sie sich auf den Weg machten zum Hause ihres Bräutigams Es handelte sich hierbei keineswegs um einen örtlich begrenzten Fall. Im Jahre 1957 z. B. wandte sich der Parteisekretär von Aserbaidschan an öffentliche Organisationen und Parteiaktivisten, der Verehrung der Heiligtümer ein Ende zu machen Ähnliche Verbote von Pilgerzügen waren auch für andere Teile Zentralasiens vorgeschlagen worden. In einigen Fällen waren die Verbote „auf Wunsch der Bevölkerung" in die Tat umgesetzt worden. Die Behörden bemühten sich darum, den Glauben an die Wundertätigkeit der Heiligen zu unterminieren, indem sie anti-religiöse Propagandaversammlungen in unmittelbarer Nähe der Heiligtümer abhielten. Eine andere Methode, Wallfahrten unpopulär zu machen, besteht darin, Maßnahmen gegen die freiwilligen Wächter der Heiligtümer zu ergreifen und diese unter den verschiedensten Vorwänden aus den Distrikten, in denen sich die heiligen Grabstätten befinden, auszustoßen.

Der mißlichste Aspekt des Problems ist nach kommunistischer Ansicht die Tatsache, aß e sich bei den Pilgerzügen keineswegs um „Überreste der Vergangenheit" handelt, die zum Aussterben verurteilt sind. Neue Heiligtümer sind während der sowjetischen Ära entstanden, so z. B. das Grab des Seyyid Ali Et-Aga in einem Dorf unweit Baku. Ali Et-Aga starb 1950. Die Bevölkerung verehrt ihn heute als einen Heiligen, obgleich die professionellen atheistischen Propagandisten ihn als „Zauberer" gebrandmarkt haben, der nur auf die Ignoranz und den Aberglauben der Menschen spekuliert habe Im Jahr 1957 entstand ein neues Heiligtum in der Nähe der Stadt Taschkent am Rande der Landstraße; ein junger Mann war hier vom Blitz erschlagen worden

Feiertage und andere religiöse Bräuche

Die Wallfahrten zu den Heiligtümern erreichen für gewöhnlich am Geburtstag des Heiligen, dessen Grab die Gläubigen aufsuchen, oder auch an großen Feiertagen, ihren Höhepunkt. Die Einhaltung dieser religiösen Feiertage hat der kommunistischen Regierung fast ebensoviel Kopfzerbrechen verursacht wie der Kult der Mazars. Der Kampf gegen den größten islamischen Feiertag, den Kurban Bayrami (Fest des Sühneopfers), der auch Kurban Ait oder Id-alAdha genannt wird, ist stets der Hauptgegenstand der atheisttchen Kampagnen in den von Moslems bewohnten Teilen des Landes gewesen. Das gleiche gilt für den Kampf gegen das Weihnachts-oder Osterfest in den christlichen Teilen der Sowjetunion. Die atheistischen Propagandisten haben darüber hinaus den Ramadan, den Fastenmonat — die frommen Moslems essen während dieser Zeit nur nachts ein wenig — zum Ziel heftiger Angriffe gemacht. Gegen den Kurban Bayrami und den Ramadan hat das Regime alle seine ihm zur Verfügung stehenden Mittel der Propaganda aufgeboten: satirische Gedichte, beißende Karrikaturen, Massenkundgebungen und Bühnenstücke. Auch der große Trauertag der schiitischen Moslems, der zehnte Tag des Monats Moharram, wurde aufs Schärfste angegriffen An diesem Tage gedenken die Schiiten des Todes von Hussein und Hassan, der Söhne des Kalifen Ali. Es fanden dann Trauer-prozessionen, die sogenannten „Schachsei-Wachsei“ statt, deren Teilnehmer sich während dieser Prozession auf gräßliche Weise selbst verstümmelten. Es war daher von Seiten der kommunistischen Regierung in keiner Weise unmoralisch, diese Prozessionen zu verbieten. Die persische Regierung — Persien ist die Hochburg des schiitischen Islam — verbot diese Prozessionen ebenfalls. Doch das sowjetische Regime begnügte sich nicht damit, diese primitiven und jahrhundertealten religiösen Bräuche zu verbieten. Sie benutzte die Prozessionen dazu, den schiitischen Islam generell zu verunglimpfen.

Andere religiöse Feiertage boten den Sowjets kein so willkommenes Ziel für ihre anti-religiöse Propaganda, sie konnten daher auch nicht verboten werden. Hunderttausende, ja Millionen von Moslems hielten diese Feiertage streng ein. Die sowjetische Propaganda mußte aus der Not eine Tugend machen, indem sie im Ausland die weitverbreiteten Feiern des Kurban Bayrami als Beweis für die unter kommunistischer Herrschaft angeblich herrschende Religionsfreiheit hinstellte.

Die kommunistische Opposition gegen den Kurban Bayrami wird nicht nur mit atheistischen Argumenten motiviert, sondern auch mit angeblichen Schäden für die Volkswirtschaft. Diese schädlichen Folgen seien bedingt durch den Arbeitszeitverlust und die Massenschlachtungen im Rahmen der Opferfeiern. Nicht selten hat die sowjetische Presse ausführlich berichtet, wieviel Stüde Vieh in dieser oder jener Kolchose anläßlich des Kurban Bayrami sinnlos geschlachtet worden seien. Auch der Fastenmonat Ramadan wird nicht nur als religiöses Fest kritisiert, sondern wegen seiner gesundheitsschädigenden Wirkung auf die Bevölkerung und der Verminderung ihrer Arbeitskraft.

Die Moslemverwaltung für Zentralasien und Kasachstan hat die gegen den Kurban Bayrami und Ramadan vorgebrachten Argumente geschickt gekontert. In einer Verordnung (fatuah) des Großmufti von Taschkent aus dem Jahr 1954 hieß es, daß Viehschlachtungen anläßlich des Kurban Bayrami keineswegs obligatorisch seien und daß man während der Feiertage auch am frühen Morgen, d. h. vor Beginn der Arbeit, in die Moschee gehen könne. Hinsichtlich des Ramadan wurde in einer weiteren Verordnung der Moslemführer für das sowjetische Zentralasien festgelegt, daß die Fastenvorschriften bei Kranken, Reisenden, stillenden Müttern und stark körperlich arbeitenden Menschen keine Anwendung finden sollten

Als nun die üblichen Argumente gegen die Moslem-Feiertage immer gegenstandsloser wurden, begannen die Kommunisten nach anderen und konstruktiveren Methoden Ausschau zu halten. Sie fürchten örtlich begrenzte, säkulare Feiertage ein, die auf die Landbevölkerung zugeschnitten waren. So gab es z. B. in Baschkirien und der Tatarei das „Fest des Pfluges" (Sabanti), in Daghestan die Feste des Frühlings, der Blumen, des Kirschbaumes und der Ersten Furche. In LIsbekistan gab es das Fest der Baumwollanbauer (Pakhta-Bayrami), das angeblich vom ersten Tage (1956) ein durchschlagender Erfolg war

Es gab noch eine ganze Reihe von Bräuchen, die von den Moslems zäh gegen die Angriffe des Regimes verteidigt wurden. Dazu gehörte auch die Beschneidung. Selbst die Kommunisten legten großen Wert auf die Beschneidung ihrer Kinder. Wenn sie dann von den Behörden zur Stellungnahme aufgefordert wurden, so leugneten sie, daß mit der Beschneidung irgendeine religiöse Bedeutung verknüpft sei und behaupteten, sie hielten an diesem Brauch lediglich aus hygienischen und traditionellen Gründen fest. Die Partei, die stets mit Argwohn solche Überreste religiöser Bräuche beobachtete, hat die Beschneidung nie gebilligt. Dennoch ist sie nach wie vor sehr verbreitet. Von Anfang an wurde von kommunistischer Seite mit Nachdruck betont, daß es so etwas wie eine „rote Beschneidung“ nicht geben könne, daß dieser Brauch reaktionär sei, gleichgültig, ob nun Parteimitglieder zu der entsprechenden Familienfeier eingeladen würden oder nicht Der eigentliche, ideologisch begründete, kommunistische Einwand ist der, daß die Beschneidung zu einer physischen Unterscheidung zwischen Moslems und Menschen anderen Glaubens führe. Kommunistische Schriftsteller haben jedoch offen zugegeben, daß dieses Argument unhaltbar ist, da die Beschneidung nicht nur bei Moslems und Juden, sondern auch bei vielen anderen Völkern, wie den Polynesiern und amerikanischen Minderheitsgruppen, die mit dem Judentum und dem Islam nicht das Geringste zu tun haben, Brauch ist

Die russischen Moslems befolgen die Lehren des Koran auch inso-fern, als sie das Schwein als unreines Tier betrachten. Moslem-Kolchosbauern kann man nur sehr mühsam für die Schweinezucht gewinnen Auch das von den Behörden verwandte Argument, daß die Schwein: -zücht der lukrativste Zweig der Viehzucht sei, fruchtete wenig. In einem Distrikt von Kasachstan (Suzak) wurde die Schweinezucht erst 1956 eingeführt Und selbst wenn Moslems tatsächlich Schweine an den Staat abliefern, so werden sie selber doch nie Schweinefleisch essen.

Theologiestudium und antireligiöse Schulung

In der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg war die sowjetische Politik weniger darauf bedacht, den Islam durch drastische Maßnahmen zu zerstören, als eine systematische antiislamische Schulung der Bevölkerung. Das Regime gedachte dieses Ziel mittels einer Heerschar anti-islamischer Agitatoren und einer Flut von anti-religiösen Pamphleten, Büchern und Zeitungsartikeln zu erreichen, dem die frommen Moslems kaum mehr entgegenzusetzen hatten, als eine handvoll theologisch geschulter Leute — moderne religiöse Schriften gab es fast nicht. Den Kommunisten erschien die totale Unterdrückung der theologischen Ausbildung und der gesamten islamischen Literatur nicht ratsam. Beides war für die sowjetische Propoganda im Ausland von Nutzen. Die übriggebliebenen theologischen Hochschulen, nämlich die Mir-i-Arab Medreseh in Buchara und die Barak Khan Medreseh in Taschkent, wurden als eine Art Schaufenster für ausländische Besucher benutzt. Obgleich viele Ausländer beide Schulen besucht haben, sind die Informationen darüber vage und widersprüchlich. Die Medreseh von Buchara wurde als erste eröffnet; die Hochschule in Taschkent wurde — obgleich . bereits 1949 geplant — erst 1956 eingeweiht.

Seither ist es üblich, daß mohammedanische Theologiestudenten die ersten fünf Jahre ihrer Ausbildung in Buchara absolvieren und ihr Studium dann in Taschkent abschließen. Der Studienplan der Hochschule von Buchara sieht auch „Tafsir“ als Fach vor, d. h. die Auslegung des Koran; „Maschkat" das Studium der Propheten; die Geschichte der islamischen Rechtswissenschaft; die sowjetische Verfassung sowie Russisch und Usbekisch, die Muttersprache von nahezu 50 Prozent der Studenten

Auffallend am Lehrplan der bucharischen Medreseh ist die intensive Behandlung der arabischen Sprache. Über ein Drittel der fünfjährigen Studienzeit (4 392 von insgesamt 12 081 Stunden) wird auf das Studium der arabischen Sprache verwandt. Der Sprachunterricht zerfällt in drei Teile — Formenlehre, Grammatik und Konversation. Die Tatsache, daß gerade in der stark geförderten Medreseh von Mir-i-Arab das Studium der arabischen Sprache eine große Rolle spielt, läßt darauf schließen, daß zumindest eine Reihe von Hochschulabsolventen vom Regime für die sowjetische Propaganda in der arabischen Welt ausersehen sind. Interessant ist auch, daß laut Lehrplan der persischen Sprache 384 Unterrichtsstunden zu widmen sind, was vor dem Sowjetregime nicht üblich war* ). Auch das Studium dieser Sprache in der Medreseh Mir-i-Arab mag Zielsetzungen dienen, die mit dem eigentlichen religiösen Zweck dieser Schule nicht das Geringste zu tun haben.

Aller Wahrscheinlichkeit nach befinden sich unter den Studenten sowohl Agenten des Regimes wie auch religiös eingestellte junge Menschen, die sich wirklich zur geistlichen Laufbahn berufen fühlen. Die letztere Gruppe mißfällt den Behörden. So stellte der Chef der turkmenischen KP bedauernd fest, daß „einige in sowjetisdten Staatssdiulen erzogene junge Menschen in islamischen Hochsdiulen studieren“

In Wirklichkeit haben die sowjetischen Führer wenig Grund zur Sorge, denn die Zahl der Studenten an beiden Hochschulen ist sehr klein. Die Mir-i-Arab Medreseh hat noch nie mehr als 100 Studenten gehabt und die Medreseh von Barak Chan sogar noch weniger.

Was die religiöse Literatur über den Islam angeht, so ist die Lage hier noch schwieriger als bei der theologischen Ausbildung. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde offiziell bekanntgegeben, daß die Moslem-verwaltung für den Zentralasiatischen Bereich eine eigene Zeitschrift herausgeben würde; anscheinend sind aber nur zwei Ausgaben dieser Zeitschrift erschienen. Abgesehen von diesem kurzlebigen publizistischen Versuch berichteten sowjetische Quellen hin und wieder über die Existenz von Moslem-Kalendern, die jährlich in Auflagen von 2 500 bis 10 000 Exemplaren erschienen sein müssen, sowie über ein Buch „Islam und Anbetung“ von dem Mufti von Ufa. Das Buch war in der Tatarensprache geschrieben und umfaßte 69 Seiten Auch zwei Auflagen des Koran wurden gedruckt, davon eine in Ufa, die andere in Taschkent; letztere war nicht größer als 5 000 Exemplare. Obgleich es für die Moslems in Rußland sehr schwierig ist, eine Ausgabe des „sowjetischen Koran“ zu erhalten, ist man mit diesbezüglichen Geschenken an ausländische Besucher oder mit Sendungen an religiöse Moslemführer im Ausland recht freigiebig

Die anti-islamische Propaganda liegt seit 1947 in den Händen der „Gesellschaft für die Vermittlung von wissenschaftlichem und politischem Bildungsgut“. Der Erfolg dieser Propaganda ist unterschiedlich.

Die Institution mußte sich wiederholt gegen kritische Stimmen verteidigen, die behaupteten, es geschehe nicht genug, um den Atheismus unter der Bevölkerung zu verbreiten. Die Arbeit dieser Gesellschaft in den Moslemgebieten unterscheidet sich nur wenig von der in anderen Teilen der Sowjetunion. Sie bildet anti-religiöse Dozenten an Seminaren heran. Diese Dozenten sollen dann später ihr neu erworbenes Wissen einem weiteren Kreis der Bevölkerung vermitteln. Die Schulung anti-islamischer Experten in der Sowjetunion erlebte im Jahr 1956 einen großen Aufschwung. Damals wurden zwei große Konferenzen in Baku — für die kaukasischen und transkaukasischen Gebiete — und in Taschkent — für die zentralasiatischen Republiken — abgehalten. In den darauffolgenden Jahren gelangte man zu der Überzeugung, daß Seminare und Vorträge allein nicht mehr ausreichten und daher permanent arbeitende Institutionen zur Verbreitung atheistischer Propaganda geschaffen werden müßten. In Alma Ata wurde ein sogenanntes „Haus des Atheisten“ gegründet. In Baku entstand ein „Studio des Atheisten“ (Kabinet Atheista) im Rahmen des „Hauses für politische Erziehung“. In Aschkabad wurde eine „Universität des wissenschaftlichen Atheismus gegründet, es war die erste Gründung ihrer Art nach dem zweiten Weltkrieg Alle diese Institutionen wetteiferten darin, die anti-islamische Propaganda vielseitiger, präziser und schlagkräftiger zu machen.

Obgleich inzwischen Jahre vergangen sind, ist die Durchführung der anti-religiösen Propaganda für die kommunistischen Prapagandisten keinesfalls leichter geworden. Setzt man einen Nicht-Moslem dafür ein, so sind seine Bemühungen von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Selbst atheistischen Agitatoren, die von einer Moslem-Familie abstammen, kann es passieren, daß sie völlig an ihren geistig verhältnismäßig anspruchslosen Zuhörern vorbeireden. Die Menschen im Orient wollen Geschichten hören. Es kann einem kommunistischen Dozenten daher passieren, daß er dem Bemühen, seine Rede attraktiver zu gestalten, sich zu einer plastischen Darstellung religiöser Feste und Bräuche hinreißen läßt und den Leuten von den Legenden des Koran erzählt. Natürlich tut er das in der Absicht, den Islam ad absurdum zu führen, dennoch ist seine Sache bereits verloren. Je mehr er über den Islam zu wissen scheint, desto mehr wird das Publikum mit Fragen auf ihn ein-stürmen, wie man dieses oder jenes Fest begehen sollte und warum dieser oder jener Prophet oder Heilige berühmt sei. Statt den Atheismus zu propagieren kann also ein atheistischer Dozent oft gegen seinen Willen zum Wegbereiter religiöser Propaganda werden. Die Verfechter des Atheismus sind sich in ihrem Kampf gegen den Islam der Tatsache voll bewußt, daß sie, wenn sie nicht außerordentlich vorsichtig vorgehen, die Menschen gerade auf den Weg zu Allah und Mohammed führen

Zusammenfassung

Wenn man auf den jahrelangen Kampf der Kommunisten gegen den Islam zurückblickt, dann wird einem klar, daß sich dieser Kampf zumeist auf sekundäre Aspekte des Islams konzentriert hat: Der Schleier der Moslem-Frauen, die Wallfahrten zu den heiligen Grabstätten, deren historische Bedeutung häufig fragwürdig ist, die verschwenderischen Formen mohammedanischer Feste und die unhygienischen Bedingungen bei Beschneidungen. Auf diese Dinge scheinen sich die Angriffe der Antimoslem-Propaganda in erster Linie zu konzentrieren. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als ob der Kommunismus durchaus für eine gerechte Sache kämpfte. Er erscheint als Vorkämpfer der Aufklärung, einer neuen fortschrittlichen und hygienischen Lebensweise und als Gegner von Rückständigkeit und Ignoranz. Diese Detailfragen, die der Kommunismus in seinem Kampf gegen den Islam so stark herausstellt, sind aber geeignet, ein falsches Bild zu vermitteln. Denn dem Kommunismus geht es nicht etwa um die Abschaffung gewisser religiöser Auswüchse, sondern um die Vernichtung der Religion an sich. Die eigentlichen Ziele der Kommunisten sind nicht etwa die Bekämpfung von Auswüchsen, wie die Exzesse der Schachsei-Wachsei-Prozessionen und die gesundheitsschädigenden Auswirkungen des Ramadan. Sie dienen dem Kommunismus lediglich als willkommener Vorwand für seinen Kampf gegen die Religion an sich. Das eigentliche Angriffsziel ist die Botschaft des Koran, daß es einen Gott gibt, der gnädig und barmherzig ist „der Herrscher über Himmel und Erde, den allwissenden und allmächtigen Schöpfer aller Dinge“. Für die frommen Moslems in Rußland ist der Koran kein veraltetes und unlebendiges Buch. Er ist zu jeder Zeit höchst aktuell und muß ihnen Kraft geben, sich gegen den atheistischen Ansturm zu behaupten. Er sagt den Söhnen des Propheten, die in Rußland leben, daß die Herrschaft des Unglaubens nicht von Dauer sein wird. „Die Ungläubigen“, sagt das große Buch, „verwenden ihre Reidttümer darauf, die anderen vom rechten Wege zu Allah abzuhalten. So verschleudern sie ihre Reiditümer. Aber sie werden ihre Taten bereuen und gestürzt werden. Die Ungläubigen werden in die Hölle fahren“. Es gibt noch viele ähnliche Stellen im Koran, in denen die Moslems zur Geduld und zum Ausharren ermahnt werden mit der Versicherung, daß am Ende der Glaube über den Unglauben triumphieren wird.

Der Islam in der Sowjetunion kann sich jedoch auch aus Quellen speisen, deren Ursprung nicht rein geistiger Natur ist. Er ist eine Welt-religion; was in einem Teil der islamischen Welt geschieht, kann nicht ohne Rückwirkungen auf andere Länder und Völker mit islamischer Tradition bleiben. Die Gründung neuer Staaten, in denen der Islam eine bedeutende Macht ist, die Rolle des Islam als Verbindungsglied zwischen den Völkern Asiens und Afrikas, das Prestige, dessen sich manche Moslem-Staatsmänner in der UdSSR erfreuen — ganz abgesehen von ihrem Glauben an den Propheten — alles das sind für die religiös eingestellten Moslems in Rußland erfreuliche Tatsachen. Die wachsende Bedeutung der islamischen Welt übt naturgemäß einen gewissen Einfluß auch auf die Moslems in der Sowjetunion aus, die die Religion bereits über Bord geworfen haben. Manche junge Intellektuelle, die der kommunistisch-atheistischen Sache treu ergeben sind, mögen sich zuweilen gezwungen sehen, ihre Haltung gegenüber dem Islam zu revidieren. Sie müssen sich fragen, ob der Islam, der das geistig-moralische Rückgrat so vieler afro-asiatischer Emanzipationsbewegungen ist, einfach als eine „reaktionäre Ideologie“ abgetan werden kann. Diese Intellektuellen mögen vielleicht heute wieder stolz sein auf ihr islamisches Erbe und Willens, den Islam in einer modernen und aufgeklärteren Form, ohne Scheria, zu akzeptieren. Das Beispiel der modernen Türkei wird für die Moslems in der UdSSR vielleicht nicht ohne Bedeutung bleiben. Die sowjetisch-kommunistischen Führer verfolgten ganz bewußt die Politik der radikalen und fanatischen Säkularisierung, die für die junge kemalistische Türkei in den zwanziger und dreißiger Jahren so charakteristisch gewesen ist. Nachdem die Türkei in ein höheres Stadium der Entwicklung und politischen Reife eingetreten war, schloß die Regierung Frieden mit dem Islam, ohne den Charakter eines modernen Staatswesens dabei zu verlieren, gewährte sie dem Islam einen ehrenhaften Status in der Gesellschaftsstruktur des Landes. Eine ähnliche Entwicklung mag auch für die Moslemgebiete der Sowjetunion wünschenswert erscheinen; sie wäre jedoch erst denkbar, wenn sich das Sowjetregime zu einer weitgehenden Liberalisierung entschließen würde.

Bibliographische Anmerkungen

Das Grundlagenmaterial für dieses Kapitel entstammt für die Periode vor dem zweiten Weltkrieg in erster Linie der anti-religiösen und sonstigen sowjetischen Presse. Für die Kriegsperiode wurden die sowjetischen Kriegsberichte als Quelle herangezogen. Für die Zeit nach 1945 sind die für das orientalische Ausland bestimmten Sendungen von Radio Moskau die wichtigste Einzelquelle. Sie sind zugänglich im BBC SUM-MARY OF WORLD BROADCASTS, Teil I (Sowjetunion). Material über den sowjetischen Islam findet man im übrigen in einer ganzen Reihe von Werken westlicher Autoren verstreut, obgleich einige von ihnen den Begriff „Moslem" in einem säkularen Sinn und nicht im religiösen Sinn verstanden wissen wollen. Besonders relevant für die Behandlung des vorliegenden Themas ist ein Essay von Vincent Monteil über den Islam in der UdSSR, Revue des Etudes Islamiques, Paris 1952; Vincent Monteil, Supplement ä 1‘Essai sur 1‘Islam en URSS, Revue des Etudes Islamiques, Paris 1953, und für die frühere Periode Alexander Parks: Bolshevism in Turkestan 1917— 1927, und schließlich Richard Pipes „The Foundation of the Soviet Union“, Cambridge, Massachusetts, 1954. Eine sehr brauchbare Zusammenstellung über die Moslems in Rußland für die Zeit von 1945 bis 1952 wurde unter dem Titel „ITslam en URSS apres 1945“ von einer französischen Regie-rungsstelle (Direction de la Documentation, Notes et Etudes Documentaires, Nr. 1812, Dezember 1953) herausgegeben.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Große Sowjet-Enzyklopädie, Band 49, 1957, S. 35.

  2. N. A. Smirnow, Otscherki Istorii Isutschenija Islama w SSSR (Historischer Rückblick auf das Studium des Islams in der UdSSR), Moskau 1954, S. 181— 201.

  3. Große Sowjet-Enzyklopädie, Band 28, Moskau 1954, S. 599.

  4. Smirnow, siehe oben, S. 206.

  5. Smirnow, siehe oben, S. 203.

  6. Sarja Wostoka, 10. Oktober 1954.

  7. Sarja Wostoka, ebenda.

  8. Sarja Wostoka, ebenda.

  9. Prawda Wostoka, 28. Juni 1951.

  10. L. I. Klimowitsch, Islam, ego proischoschdenie i sozialnaja suschtschnost (Der Islam, sein Ursprung und sozialer Wesensgehalt), Moskau 1956.

  11. A. Iskakow, Tschokan Walichanow o reakzionnoi roli Islama (Tschokan Walichanow über die reaktionäre Rolle des Islam) in der Iswestija Akademii Nauk Kasachskoi SSSR, März 1957, S. 59— 65.

  12. W. I. Lenin, O nazionalnom i nazionalno-kolonialnom woprose (Uber die nationale und national-koloniale Frage), Moskau 1956, S. 478— 479.

  13. G. Sinowjew: Die Weltrevolution und die dritte kommunistische Internationale - Berlin 1920, S. 37.

  14. L. Klimowitsch, Sozialistitscheskoje Stroitelstwo na Wostoke i Reli-gija (Die sozialistische Konstruktion und die Religion im Osten), Moskau-Leningrad, 1929, S. 50.

  15. Besboschnik, Nr. 4, 1927.

  16. Klimowitsch, siehe oben, S. 95.

  17. Sarja Wostoka, 17. August 1924.

  18. Prawda, 28. Dezember 1924.

  19. Erklärung vom 20. Dezember . 1925, B. Hayit, Turkestan im 20. Jahrhundert, I. W. Leske Verlag, Darmstadt 1956, S. 270.

  20. Prawda Wostoka, Nr. 277, 1928.

  21. Jaroslawsky, siehe oben, Band II, S. 1933, S. 219— 220.

  22. Prawda, Nr. 200, 1926.

  23. Antireligiosnik, Nr. 8, 1937, S. 38.

  24. Jaroslawsky, siehe oben, Band IV, S. 373.

  25. Klimowitsch, siehe oben, S. 121.

  26. Besboschnik, 29. September 1929.

  27. Ugulownij Kodex Usbekskoi SSR, (Strafgesetzbuch der Usbekischen Sowjetrepublik), Taschkent 1954, S. 28 u. 66.

  28. Antireligiosnik, Nr. 9, 1932, S. 35.

  29. Antireligiosnik, Nr. 4, 1929, S. 63.

  30. Besboschnik, 12. Mai 1929.

  31. Istoria Kabardi (Geschichte der Kabardai), Verlagshaus der Akademie der Wissenschaften der UdSSR, Moskau 1957, S. 243.

  32. The Times, 11. April und 14. Mai 1929.

  33. Besboschnik, 15. Oktober 1930, Nr. 57.

  34. Besboschnik, 28. April 1929.

  35. Dwight M. Donaldson, The Shiite Religion (Die Schiitische Religion), London 1933, S. 64.

  36. H. A. R. Gibb, Modern Trends in Islam (Moderne Strömungen des Islams), Chikago 1947, S. 91— 93.

  37. Fannina W. Halle, Frauen des Ostens, Zürich, 1938, S. 150— 152.

  38. Istoritscheskije Sapiski, Nr. 48, Moskau 1954, S. 189.

  39. Besboschnik, Nr. 2, 6. Januar 1929.

  40. T. N. Kari-Nijasow, Otscherki Istorii Kulturi Sowjetskogo Usbekistana (Essays über die Kulturgeschichte des sowjetischen Usbekistan), Moskau 1955, S. 159.

  41. Prawda, 12. Juni 1929. ,

  42. Kommunistitscheskoje Prosweschtschenije, Nr. 4, 1927, S. 76

  43. Kommunistitscheskoje Prosweschtschenije ebenda.

  44. Besboschnik, 3. Februar 1929.

  45. Antireligiosnik, Nr. 8, 1931, S. 101.

  46. Antireligiosnik, Nr. 6, 1936, S. 56.

  47. Antireligionosnik, Nr. 12, 1938, S. 56.

  48. Besboschnik, 10. Oktober 1929.

  49. Boris Kandidow, Zerkow i Schpionasch (Kirche und Spionage), Moskau 1938, S. 94— 96.

  50. Antireligiosnik, Nr. 12, 1938, S. 14.

  51. Prawda, 15. September 1937.

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  118. Kischbekow, siehe oben, S. 60— 61.

  119. Nauka i Religija, siehe oben, S. 342.

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  122. Kischbekow, siehe oben.

  123. Oriente Moderne, August/September 1954, S. 403.

  124. Turkmenskaja Iskra, 27. Februar 1957.

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  126. Sender Moskau in türkischer Sprache, 13. Februar 1959

  127. Kommunist Turkmenistana, Oktober 1958, S. 63.

  128. Turkmenskaja Iskra, 7. Februar 1958.

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