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Der Terror im Dritten Reich | APuZ 1-2/1961 | bpb.de

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APuZ 1-2/1961 Der Terror im Dritten Reich

Der Terror im Dritten Reich

HERMANN GLASER

Mit freundlicher Genehmigung des Herder-Verlages, Freiburg, wird nachstehendes Kapitel aus dem in diesem Monat erscheinenden Taschenbuch DAS DRITTE REICH, Anspruch und Wirklichkeit, zum Vorabdruck gebracht. In der Beilage B 41/60 vom 12. Oktober 1960 wurde bereits das Kapitel „Die Propagandamaschinerie des NS-Systems" aus diesem Taschenbuch veröffentlicht.

Aufhebung der Grundrechte

Die Weltanschauung des Nationalsozialismus, die durch Rassenhaß, Herrenmenschentum und Feindschaft gegen Humanität, Christentum und Demokratie gekennzeichnet war, konnte die Rechte des einzelnen, die „Menschenrechte" des Individuums gegenüber Staat, Staatsführung und Gemeinschaft nicht billigen — noch war sie gewillt, sie zu schützen. Der NS-Staat mußte so zwangsläufig eine völlige Perversion des Rechts-gedankens mit sich bringen, zur Korruption rechtsstaatlicher Prinzipien und zur Erhebung des Terrors als Grundzug der Regierungsgewalt führen. „Unser Rechtswesen“, sagte Hitler in der Debatte zum „Ermächtigungsgesetz“, „muß in erster Linie der Erhaltung der Volksgemeinschaft dienen. Der Unabsetzbarkeit der Richter auf der einen Seite muß die Elastizität der Urteilsfindung zum Zweclt der Erhaltung der Gesellschaft entsprechen. Nicht das Individuum kann der Mittelpunkt der gesetzlichen Sorge sein, sondern das Volk.“ Damit war — in vorsichtiger, mehr umschreibender als offenbarender Formulierung — die Rechtspolitik des Dritten Reiches festgelegt: sie lief darauf hinaus, den einzelnen seiner rechtlichen Mittel, die ihn bisher gegen die Willkür des Staates wie seiner Organe abschirmten, zu berauben.

Am 30. Januar 1933 hatte Hitler nach seiner Berufung zum Reichskanzler den Legalitätseid auf die Weimarer Verfassung geleistet: „Ich werde meine Kraft für das Wohl des deutschen Volkes einsetzen, die Verfassung und die Gesetze des deutschen Volkes wahren, die mir obliegenden Pflidrten gewissenhaft erfüllen und meine Gesdtäfte unparteiisch und gerecht gegen jedermann erfüllen.“ Dieser Eid auf die Verfassung schloß die Verpflichtung ein, die kon-stitutionell garantierten Grundrechte des einzelnen Bürgers zu schützen: Art. 109: Alle Deutschen Sind vor dem Gesetz gleich. Öffentlich-rechtliche Vorrechte oder Nachteile der Geburt oder des Standes sind aufzuheben. Art. 114: Die Freiheit der Person ist unverletzlich. Art. 115: Unverletzlichkeit der Wohnung. Art. 117: Briefgeheimnis. Art. 118: Meinungsfreiheit. Art. 102: Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Ausnahmegerichte sind unstatthaft. Art. 105: Niemand darf seinem gesetzmäßigen Richter entzogen werden. Art. 107: Verwaltungsgerichte müssen bestehen 4.

Wenig später jedoch legte die „Verordnung zum Schutze von Volk und Staat“ (am 28. Februar 1933) — na

Wenig später jedoch legte die „Verordnung zum Schutze von Volk und Staat“ (am 28. Februar 1933) — nach dem Reichstagsbrand zur angeblicher Abwehr kommunistischer Gewaltakte erlassen — die Aufhebung des Rechtsstaates und der Weimarer Verfassung in ihren wesentlichen Punkten klipp und klar fest. Die Artikel 114, 115, 117, 118, 123, 124 und 153 der Verfassung des Deutschen Reiches wurden „bis auf weiteres außer Kraft gesetzt“. Damit aber waren zulässig geworden „Beschränkungen der pesönlichen Freiheit, des Rechts der Meinungsäußerung einschließlich der Pressefreiheit, des Vereins-und Versammlungsrechts, Eingriffe in das Brief-, Post-, Telegraphen-und Fernsprechgeheimnis, Anordnungen von Haussuchungen und von Beschlagnahmen, sowie Beschränkungen des Eigentums auch außerhalb der sonst hierfür bestimmten gesetzlidten Grenzen." Wesentliche Strafverschärfungen wurden angeordnet. Die Todesstrafe sollte nunmehr reichlich Anwendung finden 3).

So wie hier die demokratischen Grundrechte des einzelnen Bürgers erloschen, sollte wenig später auch die demokratische Staatsverfassung selbst außer Kraft gesetzt werden — mit Zustimmung großer Teile des Parlaments. „Das Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Staat“ (Ermächtigungsgesetz) vom 24. März 1933, dem nur die Sozialdemokraten nicht zustimmten, besagte, daß Reichsgesetze „außer dem in der Reichsverfassung vorgesehenen Verfahren auch durch die Reichsregierung beschlossen werden konnten“. Sie dürften auch von der Reichsverfassung abweichen. „Die von der Reidtsregierung beschlossenen Reidisgesetze werden vom Reichskanzler ausgefertigt und im Reichsgesetzblatt verkündet.“ 4) Damit waren die entscheidenden Kontrollinstanzen beseitigt, die Gesetzgebung konnte übernommen und geprägt werden vom Reichskanzler, vom „Führer“; das Unrecht war legitimiert, die Gesetzgebung zum Instrument des Terrors geworden. „In Wahrheit ist dieses . Ermächtigungsgesetz'ein vorläufiges Verfassungsgesetz des neuen Deutschland“, schrieb Prof. Carl Schmitt in einem Kommentar

Während der Debatte zum Ermächtigungsgesetz, die unter erschwerten Bedingungen stattfand (der Terror wütete bereits im Land, das Reichstagsgebäude war von SA-Formationen umstellt), hielt der SPD-Fraktionsvorsitzende Wels die letzte Oppositionsrede im Deutschen Reichstag: „. . . Wir stehen zu den Grundsätzen des Redrtsstaates, der Gleichbereditigung, des sozialen Rechtes, die in ihr (der Verfassung) festgelegt sind. Wir deutsdien Sozialdemokraten bekennen uns in dieser gesdtidttlidten Stunde feierlich zu den Grundsätzen der Mensdtliclikeit und der Gerechtigkeit, der Freiheit und de^ Sozialismus. Kein Ermächtigungsgesetz gibt Ihnen die 'Madtt, Ideen, die ewig und unzerstörbar sind, zu verniditen . . . Wir grüßen die Verfolgten und Bedrängten. Wir grüßen unsere Freunde im Reich. Ihre Standhaftigkeit und Treue verdienen Bewunderung. Ihr Bekennermut, ihre ungebrochene Zuversidtt verbürgen eine hellere Zukunft.“

Als Hitler zu einer Erwiderung mit einem „Spät kommt ihr, doch ihr kommt“ das Redner-pult erstieg, scholl ihm das gröhlende Gelächter seiner Anhänger entgegen. „Die schönen Theorien, die Sie, Herr Abgeordneter, soeben hier verkündeten, sind der Weltgeschichte etwas zu spät mitgeteilt worden . . . Sie sagen, die nationalsozialistisdte Revolution habe nichts mit Sozjalismus zu tun, sondern der Sozialismus bestehe nur darin, daß man die einzige Trägerin des Sozialismus in Deutschland, die SPD, verfolge. Sie sind wehleidig, meine Herren, und nicht für die heutige Zeit bestimmt, wenn Sie jetzt schon von Verfolgung sprechen . . . Verwechseln Sie uns nicht mit einer bürgerlichen Welt. Was im Völkerlebcn morsch, alt und zerbrechlich wird, das vergeht und kommt nicht wieder. Auch Ihre Stunde hat geschlagen . . . Deutsdiland soll frei werden, aber nicht durch Sie! . .

Goebbels notierte in seinem Tagebuch (24. März 193 3): „Der SPD-Führer Wels läßt sich tatsächlich zu einer Antwort hinreißen. Sie ist eine einzige wimmernde Jeremiade des Zuspätgekommenen. Alles das wollten audt die Sozialdemokraten, und nun greinen sie über Terror und Ungereditigkeit. Als Wels geendet hat, steigt der Führer aufs Podium und gibt ihm eine Antwort, daß die Fetzen fliegen. Man sah niemals, daß einer so zu Boden geworfen und erledigt wurde wie hier. Der Führer spricht ganz frei und ist groß in Form. Das Haus rausdit vor Beifall, Gelächter und Begeisterung und Applaus. Es wird ein Erfolg ohnegleichen ... Jetzt sind wir auch verfassungsmäßig die Herren des Reidies.“ — Der „Völkische Beobachter"

schrieb am gleichen Tag: „Revolutionsstimmung herrschte im Reichstag, als der SPD-Führer Wels eine windelweidte Rede hielt, dabei aber dodt die Freddieit besaß, audt für die Sozialdemokratie Kampf um die deutsche Gleichberechtigung und Ehre in Ansprudt zu nehmen. Da stand Hitler nochmals auf und hielt Abrechnung mit der vor ihm sitzenden Führersdtaft des Marxismus, wie diese sie in solcher Schneidigkeit und verachtungsvollen Überlegenheit noch nie gehört hatten . . . Das war deutlich. Und die . revolutionäre'Führersdtaft saß da wie ein Rudel angstvoller Hasen, klein und erbärmlidt, wie sie in Wirklidikeit immer gewesen war.“

Audi die Abgeordneten, die dem Gesetz zugestimmt hatten, sollten den NS-Terror bald am eigenen Leibe verspüren. Von den 492 Abgeordneten des letzten frei gewählten Reichstages wurden 403 im Laufe der Zeit verhaftet; 5 8 kamen ins Zuchthaus, 311 ins Konzentrationslager; mindestens 186 sind ums Leben gekommen, wobei 45 offiziell hingerichtet wurden. 113 gelang früher oder später (teilweise auch nach der Entlassung aus der Haft) die Flucht

Eine Welle der „Gleichschaltung“ ergriff Deutschland. „Mit dem Reidistag werden auch die meisten Landtage und Kommunalparlamente aufgelöst. Nun wird reiner Tisch gemacht", schrieb Goebbels in sein Tagebuch Die Länder wurden beseitigt, Reichskommissare hinaus-geschickt, die staatsstreichartig vorgingen und überall die Polizeigewalt in die Hände von SA-und SS-Führern legten (in Bayern betraute man Heinrich Himmler und Reinhard Heydrich mit der „Wahrung der Ordnung“).

Das Gesetz zur „Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" vom 7. April 1933 erlaubte es der Hitler-Regierung, alle Beamten zu entlassen, die aus politischen und rassischen Gründen den NS-Stellen nicht entsprachen — nämlich wenn sie „ 1. Mitglieder der kommunistischen Partei oder kommunistischer Hilfsorganisationen waren, 2. wenn sie sich in Zukunft marxistisch, d. h. sozialdemokratisch betätigen würden, 3. wenn ihre bisherige politische Tätigkeit keine Gewähr bot, daß sie jederzeit rückhaltlos für den nationalen Staat eintreten würden, 4. wenn sic nichtarischer Abstammung waren“

„Göring mistet aus. Ein Oberpräsident nach dem anderen wird umgekippt. Namen, die gestern noch eine Welt bedeuteten, verblassen heute zu wesenlosen Schemen“, notiert Goebbels mit Genugtuung Von der Ortskrankenkasse bis zum Lehrerverein, von der Finanzbehörde bis zur Hochschulprofessorenschaft entließ man „mißliebige Personen“ oder versetzte sie zwangsweise in den Ruhestand.

„Geführte Wirtschaft"

Die Gleichschaltungstendenzen der Nationalsozialisten richteten sich im besonderen Maße auch gegen die maßgeblichen Wirtschaftskreise sowie gegen die Arbeitnehmerverbände. Auf der einen Seite war es symptomatisch, daß Hugenberg, der zunächst in die Hitler-Regierung ausgenommen worden war, noch im Laufe des Jahres 1933 ausgebootet wurde und gegen seine Partei, die Deutschnationalen, ein wüstes Kesseltreiben einsetzte. Auf der anderen Seite waren die Gewerkschaften bereits nach einigen Monaten völlig „absorbiert" — Gelder und Einrichtungen beschlagnahmt, die Funktionäre beseitigt, d. h.: in den Lagern, in der Emigration oder unter geheimpolizeilicher Überwachung.

An die Stelle der Gewerkschaften trat die „Deutsche Arbeitsfront", die Einheitsorganisation der „Schaffenden“ im neuen Einheitsstaat, Befehlsempfängerin der Führung (DAF). Zur Zerschlagung der Gewerkschaften meinte Robert Ley, der Chef der DAF, am 2. Mai 1933: „Das, was die Gewerksdiaften aller Richtungen, die Roten und die Sdiwarzen, die Christlidien und . Freien', audt nidtt annähernd zustande brachten, was selbst in den besten Jahren des Marxismus nur ein Schatten, ein elender erbärmlicher Abklatsdi gegenüber dem gewaltig Großen des gestrigen Tages war, der Nationalsozialismus schafft es im ersten Anlauf. Er stellt den Arbeiter und Bauer, den Handwerker und Angestellten, mit einem Wort, alle sdiaffenden Deutschen in den Mittelpunkt seines Denkens und Handelns und damit in den Mittelpunkt seines Staates — und den Raffenden und Bonzen macht er unsdiädlich. Wer war nun der Kapitalsknedit, wer war der Reaktionär, der dich unterdrücken und dich aller Rechte berauben wollte? Jene roten Verbrecher, die dich gutmütigen, ehrlichen und braven deutschen Arbeiter jahrzehntelang mißbrauchten, um dich und damit das ganze Volk entrechten und enterben zu können, oder wir, die unter unsagbaren Opfern und Leiden gegen den Wahn-und Aberwitz teuflischer Juden und Judengenossen ankämpften? Schon drei Monate nationalsozialistischer Regierung beweisen dir: Adolf Hitler ist dein Freund! Adolf Hitler ringt um deine Freiheit! Adolf Hitler gibt dir Brot!

Im Parteiprogramm von 1920 hatte Hitler die Abschaffung des „arbeits-und mühelosen Einkommens", die Brechung der „Zinsknechtschaft", versprochen und die Erwerbs-und Lebensmöglichkeit jedes Staatsbürgers garantiert. Nicht bekanntgeworden war, daß Hitler als „Arbeitsfreund“ und nationaler Sozialist noch kurz vor der Machtergreifung eng mit der Großindustrie zusammengearbeitet und ihr durch das Versprechen einer kommenden Aufrüstung erhebliche Geldbeträge entlockt hatte. Eine streng zentralistisch und dirigistisch gelenkte Wirtschaft, die Außen-wie Innenhandel, Arbeitsmarkt wie Produktionsplanung, Industrie, Handwerk und Bauernschaft gleichermaßen umfaßte, sollte das wirtschaftliche Chaos entwirren helfen. Als Parole galt: „Gemeinnutz geht vor Eigennutz!“ Äußere Erfolge schienen Hitler recht zu geben: die Arbeitslosenzahl ging schlagartig zurück, die Währung stabilisierte sich. Hier von einem Verdienst der Nationalsozialisten zu sprechen, ist jedoch abwegig. Die Weltwirtschaftskrise war in fast allen Ländern, in einigen sogar wesentlich stärker als in Deutschland, ausgebrochen. Sie wurde in allen Ländern überwunden; alle Län-Seite liche Gesundung erreichen und ein dem deutsch-nationalsozialistischen Lebensstandard durchaus ebenbürtiges Wirtschaftsniveau entwickeln. Die deutschen Verhältnisse hätten sich somit auch ohne Hitler konsolidiert, allerdings langsamer als in den anderen Staaten, da die deutsche Innenpolitik vor 1933 in ganz erheblichem Maße von radikalen und anarchistischen Elementen — der starken NSDAP und der KP — blockiert wurde. Die Nationalsozialisten hatten mit allen Mitteln versucht, die wirtschaftliche Gesundung zu hintertreiben, um eines Tages — nach der Machtergreifung — das einheimsen zu können, was andere vor ihnen (Stresemann in der Außenpolitik, Luther und Schacht im Finanzwesen) erreicht hatten. Zudem wäre eine Finanzpolitik, die skrupellos das deutsche Privat-und Volksvermögen aufbrauchte, d. h. in den Dienst des Staates stellte, auch vor der Machtergreifung bzw. ohne Hitler und die Nationalsozialisten „erfolgreich“ gewesen. Nur fanden sich solche gewissenlose Wirtschaftspolitiker damals eben nicht.

Nachdem die Nationalsozialisten sich der deutschen Wirtschaft bemächtigt hatten, nahm die Verschuldung des Staates rapid zu. Durch eine hemmungslose Notendruck-Politik mußte der Bankrott heraufbeschworen werden. Hier konnte schließlich nur noch der Raubkrieg helfen, den Hitler auch konsequent anstrebte. In einer Denkschrift hatte er 1936 die Forderung aufgestellt: „Die deutsche Armee muß in vier Jahren einsatzfähig sein. Die deutsche Wirtschaft muß in vier Jahren kriegsfähig sein.“ — Die Finanzierung der Rüstung erfolgte durch Geld-prägung und Geldschöpfung durch Wechsel. Schon am 30. April 1935 hatten die Rüstungswechsel mit 2374 Millionen RM bereits mehr als 50 Prozent der im Portefeuille der Reichsbank abgezweigten Wechsel ausgemacht. Außerdem waren zur Rüstungsfinanzierung die rund 500 Millionen RM einer im Januar bei den Sparkassen untergebrachten Reichsanleihe verwendet worden. So wurden seit 1934/35 nebeneinander deutsche Sparer und ausländische Kreditoren, deren Geld durch Zwangsmaßnahmen in Deutschland festgehalten worden war, für die geheime und schließlich für die offene Aufrüstung zwangsweise herangezogen Wer schließlich die Menschen zwangsweise zum Arbeitsdienst einzog, der als „glückliche Mischung von Soldatentum, Arbeitertum und Jugend“ angepriesen wurd (offiziell eingeführt am 1. Juli 1935) konnte u. a. mit Hilfe dieser äußerst billigen Arbeitskräfte die anfallenden Land-wie Straßenbauarbeiten ohne große Belastung des Staatshaushalts bewältigen.

Als ihre Hauptaufgabe betrachtete es die NS-Wirtschaftspolitik — persönliches Wollen und Entscheiden radikal unterbindend —, „die ridttige Arbeitskraft auf den riditigen Arbeitsplatz zu stellen, den Andrang zu überfüllten Berufen zu mildern, die Landfludtt abzubremsen, die Schwarzarbeit zu verhindern“ Durch das Reichserbhofgesetz wurde die Zersplitterung des bäuerlichen Besitzes dadurch verhindert, daß der Hof jeweils laut gesetzlicher Vorschrift ungeteilt auf den Anerben zu übergeben war. Der Erbhof durfte nicht veräußert und nicht belastet werden. — In der Industrie wurde der Betrieb dem Betriebsführer unterstellt, und dieser in seinem Profitstreben entscheidend durch gesetzliche Maßnahmen beschnitten. „Wird dem Führer des Betriebs die Befähigung zum Führer durch das Fhrengeridtt redttskräftig aberkannt, so ist ein anderer Führer des Betriebs zu bestellen“ (Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit vom 20. Januar 1934) . „Wie der Kommandeur des Regiments war, so war immer das Regiment, wie der Betriebs-führer sein wird, so wird auch immer die Gefolgschaft sein. Die Arbeitsfront mit ihren Institutionen wird darüber wachen, daß sich das notwendige Gemeinsdtaftsgefühl, der richtige Stubengeist entwickeln wird“ (A.

•Hunke) .

In die Sprache der Wirklichkeit übersetzt, hießen all diese Maßnahmen und Gesetze: voll-, ständige Gleichschaltung der gesamten Volkswirtschaft, vollständige Ausschaltung der persönlichen Initiative und Entscheidungsfreiheit auch im Wirtschaftlichen, vollständige Ein-und Unterordnung im Rahmen eines Staates, der die Ergreifung der „totalen Macht“ propagierte und vollzog.

Die Vernichtung des Rechts

Die Gesetzesmaschinerie des neuen Staates lief von den ersten Tagen an auf Hochtouren. Bis zum 19. März 1934 waren schon 292 Gesetze und Verordnungen erlassen und veröffentlicht, die alle auf eine Umwertung des bisherigen Rechts, d. h. auch auf eine Umpolung allgemein gültiger abendländischer Gesetzesnormen, abzielten. „Überblickt man die Gesamtheit dieser Gesetzesvorsdiriften“, so heißt es in einem Kommentar von Otto Schwarz und Erwin Noack „so ist man überrasd-tt über die wudttige Größe des bisher Gesdtaffenen und über die Ausblidte, welche die Grundlagen des Dritten Reiches für seinen weiteren Ausbau eröffnen.“

Diese neuen Perspektiven hat Göring in seinem Buch „Aufbau einer Nation“ ausführlich aufgezeigt. Es liegt hier nichts weniger als der Versuch vor, den seit 1933 offiziell einsetzenden Terror legal zu verankern bzw. ihm die Berechtigung eines „parteieigenen Volksvollzugs der Justiz“ zu verleihen. „Id-i erklärte damals vor Tausenden von Volksgenossen, jede Kugel, die jetzt aus dem Lauf einer Polizeipistole geht, ist meine Kugel. Wenn man das Mord nennt, dann habe ich'gemordet, das alles habe ich befohlen, ich dedte das, ich trage die Verantwortung dafür und habe mich nicht zu scheuen.“ In einer Rede am 3. März 1933 führte Göring in ähnlichem Sinne aus: „Volksgenossen! Meine Maß nahmen werden nidtt angekränkelt sein durdi irgendweldte juristisdien Bedenken. Hier habe ich keine Gerechtigkeit zu üben, hier habe idt nur zu vernidtten und auszurotten, weiter nichts.“

Nun entstanden in Deutschland die ersten Konzentrationslager, „in die wir zunächst Tausende von Funktionären der kommunistischen und sozialdemokratisdten Partei einliefern mußten. Selbstverständlich sind im Anfang Übergriffe vorgekommen. Selbstverständlidt wurden da und dort audt Unsdtuldige betroffen. Selbstverständlich wurde audt da und dort geschlagen, und es sind Rohheitsakte verübt worden“ (Aufbau einer Nation) „Idt will nicht“, sagte Hitler zu Lierman Rauschning, „daß man aus den Konzentrationslagern Pensionsanstalten macht. Der Terror ist das wirksamste politisdte Mittel . . . Grausamkeit imponiert. Grausamkeit und rohe Kraft . . . Die Leute brauchen den heilsamen Schredren, sie wollen sidt vor etwas fürchten.“ „Die Konzentrationslager sind keine Sdtande, sondern eine Zierde der Kultur“, hieß es in der Presse. „Hier werden verwahrloste Individuen mit griffester Güte zum wirklidten Leben erzogen.“

Die „Verantwortung“, von der Göring und die nationalsozialistischen Führer immer wieder sprachen, wenn sie das System der Konzentrationslager und des angewandten Terrors rechtfertigten, war leicht zu übernehmen, da es in Deutschland bald keine Instanz mehr gab, vor der man sich hätte verantworten und rechtfertigen müssen. Nachdem die kommunistische Partei nach dem Reichstags-brand eliminiert, das Parlament im März 1933 entmachtet worden war, hatten sich die bürgerlichen Parteien im Laufe des Jahres selbst aufgelöst; die Sozialdemokratische Partei wurde am 22. 6. 193 3 verboten. „Es war nur logisch, daß Parlamente zunädtst von verbredterisdten Parteien gesäubert und als Endergebnis die Überbleibsel des Parteienstaates ganz beseitigt wurden, nachdem sich die bürgerlichen Parteien selbst aufgelöst hatten“ (Schwarz-Noack) Das Gesetz gegen die Neubildung von Parteien vom 14. Juli 1933 besagte: „In Deutschland besteht als einzige politische Partei die Nationalzialistische Deutsdte Arbeiter-Partei. Wer es unternimmt, den organisatorisdien Zusammenhalt einer anderen politischen Partei aufredttzuerhal- ten, oder eine neue politische Partei zu bilden, wird, sofern nicht die Tat nach anderen Vorschriften mit einer höheren Strafe bedroht ist, mit Zuchthaus bis zu drei Jahren oder mit Gefängnis von sechs Monaten bis zu drei Jahren bestraft.“ 2S) Im triumphierenden Rückblick erklärte Hitler am 30. Januar 1934: „Nun, meine Männer des Deutschen Reichstages! In einem Jahr der nationalsozialistischen Revolution haben wir die Parteien gestürzt, nicht nur ihre Macht gebrochen, nein, wir haben sie beseitigt und ausgelöscht aus unserem deutschen Volk.“

Zugleich wurde die NSDAP aus dem Bereich der allgemeinen Rechtsprechung, die im Privat-rechtlichen noch einigermaßen intakt blieb (ja hier bis zum Ende des Dritten Reichs um Wahrung der rechtsstaatlichen Ordnung mit einigem Erfolg sich müht 29), herausgenommen. Das „Gesetz zur Sicherung der Einheit von Partei und Staat vom 1. 12. 1933“ dekretierte: „Nach dem Sieg der nationalsozialistischen Revolution ist die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei die Trägerin des deutschen Staatsgedankens und mit dem Staate unlöslich verbunden.“ Sie wurde in eine Körperschaft des öffentlichen Rechts umgewandelt. Der Parteien-Staat war zum Partei-Staat geworden. Die Träger der Partei und damit des Staates wurden in § 3 des Gesetzes der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte entzogen. „Sie unterstehen wegen Verletzung dieser Pflichten einer besonderen Partei-und SA-Gerichtsbarkeit.“ Die Gleichheit vor dem Gesetz — selbst vor dem nationalsozialistischen Gesetz — war zugunsten der Parteifunktionäre beseitigt. „Der Reichskanzler erläßt als Führer der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei und als Oberster SA-Führer die zur Durchführung und Ergänzung dieses Gesetzes erforderlichen Vorsdtriften, insbesondere über Aufbau und Verfahren der Partei-und SA-Gerichtsbarkeit. Er bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vorsdtriften über diese Gerichtsbarkeit." 30)

Es wirft ein erschreckendes Licht auf den Tiefstand des allgemeinen wie „akademischen“ Rechtsempfindens, wenn ein führender Rechts-gelehrter der Zeit, Carl Schmitt (der freilich trotz seiner beflissenen Bemühungen von den Nationalsozialisten bald durch zweit-und drittrangige Begabungen ersetzt wurde), diesen Unrechts-Zustand anerkennt und rechtfertigt: „Diese gewaltige Aufgabe, in der sidt audt die ganze Gefahr des Politischen anhäuft, kann keine andere Stelle, am wenigsten ein justiz-förmig prozedierendes bürgerliches Gericht, der Partei oder der SA, abnehmen. Hier steht sie ganz auf sich selbst.“

Die Ausklammerung der Partei-Organisation aus der allgemeinen Gerichtsbarkeit war um so ungeheuerlicher, je mehr sich erwies, daß gerade deren Mitglieder die überwiegende Mehrzahl der Untaten (im bürgerlichen Sinne!) beging. Wenn auch sehr viele Unwissende und Mitläufer, Geltungssüchtige und wirklich Verführte der NSDAP und den angeschlossenen

Formationen angehörten, so ändert dies nichts an der Tatsache, daß diese Organisationen verbrecherisch im strafrechtlichen Sinne ausgerichtet waren und dementsprechende Handlungen vornahmen.

Von den ersten Tagen der Bewegung an, da die ursprünglich als Turn-und Sportabteilung der NSDAP bezeichnete Ordnertruppe nach einer wilden Saalschlacht im Münchner Hofbräuhaus (November 1921) den Namen „Sturmabteilung“ (SA) erhielt, hatten die Nationalsozialisten erkannt, daß nur ein ausgeklügeltes System von sich ‘selbst gegenseitig in Schach haltenden Organisationen seinerseits in der Lage wäre, das Volk bei der Stange zu halten. Grundprinzip war es, möglichst viele der Geführten gleichzeitig zu Führern zu machen, um sie auf diese Weise fest in das Gefüge des Terrors zu installieren und ein Ausbrechen zu verhindern.

Wer sich heute die Unzahl-der Organisationen, der Gruppen und Grüppchen vergegenwärtigt, die vielerlei Rangstufen und Dienststellen, aus denen sich die NSDAP zusammensetzte, dem mag das alles als eine Komödie menschlichen Geltungsdranges und deutscher Vereinsmeierei im besonderen erscheinen. Neben den wichtigen und bedeutsamen Verbänden (der SA, SS, HJ, BDM, RAD, NSFK, NSKK, NSV, DAF usw.) gab es da den „Bund der Kinderreichen", den „Reichsbund deutscher Jägerschaften", den „NS-Altherrenbund“, ja sogar eine „Kameradschaft LISA". Unter den Rängen finden sich Bezeichnungen wie „Ortsgruppenhilfssachgebietsleiter“. Allein die Positionen bis zum Ortsgruppenleiter umfaßten rund 30 Stufen; da gab es allerlei Aufstiegsmöglichkeiten: Parteigenossenanwärter, Zellenleiter, Blockleiter, Arbeitsleiter, Oberarbeitsleiter, Hauptarbeitsleiter, Bereitschaftsleiter, Oberbereitschaftsleiter, Hauptbereitschaftsleiter Aber all das hatte einen genau kalkulierten, durchaus dämonischen Zweck: „Eine große Idee kann nur dann zum Ziele geführt werden, wenn eine festgefügte und straffe, mit konsequenter Härte durchgeführte Organisationsform der Weltanschauung Gestalt gibt“ (Adolf Hitler) Der NS-Staat konnte sich dank seines Organisationssystems nicht nur an der Mäht halten und diese Mäht entsheidend festigen, er konnte seine furchtbaren Ziele — abgeshirmt und mit durhgeführt von der Partei — verwirklihen, seine entmoralisierende Weltanshauung tief in den Herzen der Bevölkerung verankern. Im besonderen sollten die Jugendorganisationen dafür sorgen, daß dem „neuen Staat" das passende „Menshenmaterial" zur Verfügung stand. „Idi verspreche, im Jungvolk allezeit meine Pflicht zu tun, in Liebe und Treue zum Führer und unserer Fahne, so wahr mir Gott helfe“, hieß der Shwur des Hitler-Jungen „In diesem blühenden Deutschland“, shrieb Philipp Bouhler, „wächst ein neues Geschledrt auf. Sportgestählt, gesund an Leib und Seele, blickt es leuchtenden Auges in die Zukunft, die es einst auf seinen Schultern tragen wird .. . Nie wieder wird diese Jugend, die durdt nationalsozialistisdte Jugendorganisationen, durch Arbeitsdienst, Heer und Partei hindurchgegangen ist, zum Träger pazifistischer oder klassenkämpferischer Ideen werden.“

Die Ausschaltung der allgemeinen ordentlihen Gerichtsbarkeit und darüber hinaus die „rechtsschöpferische" Tätigkeit des Führers, der nun legislative, exekutive und juride Gewalt in sih vereinigte, bewies der Röhmputsh am 30. Juni 1934 in eklatantem Maße. Hier konnte auh der breitesten Öffentlihkeit deutlich werden, was die im Ermähtigungsgesetz angekündigte und seither stetig, aber niht so auffällig geübte „elastische Urteilsfindung zum Wohle des Volkes" bedeutete. Hitler, der seit langem eine Abrehnung mit seinem stärksten Nebenbuhler anstrebte und durh dessen Vernihtung sih endgültig die Sympathien der SA-feindlichen Wehrmacht zu sihern hoffte, shlug zu: „Weshalb ich denn die ordentlichen Gerichte nicht zur Aburteilung herangezogen hätte, darauf kann ich nur sagen: in dieser Stunde war ich verantwortlich für das Schicltsal der deutschen Nation und damit des deutschen Volkes oberster Gerichtsherr.

Selbst der damalige führertreue Justizminister von Bayern, in dessen Bereih die meiste Hin-rihtungen stattfanden, hatte seine Bedenken. Von höheren SS-Funktionären war ihm eine Liste geschickt worden, auf der die zu ershießenden SA-Führer durh einfahe Bleistiftstrihe angemerkt waren. Frank telephonierte an Heß und dann an Hitler. „Der Führer war wieder am Telephon und rief mir zu: Was fragen Sie da Heß? Ich sage Ihnen, der Rechtsgrund für alles, was geschieht ist die Existenz des Reiches! Haben Sie verstanden? Laut hämmerte sein Organ. Und ich, sorgend, er könnte wieder zurückfallen, sagte nur: Ja, Ihr Befehl wird ausgeführt!“

Auh der Staatspräsident beugte sih. Hindenburg, der wohl davon wußte, daß die SS im Rahmen der Säuberung auh andere Rehnungen mit beglih (ermordet wurden u. a.der General von Shleiher und seine Frau, Edgar Jung, der enge Vertraute Papens, General von Bredow, von Kahr, der frühere Ministerpräsident von Bayern), schickte shleunigst ein Telegramm, in dem er Hitler seines Vertrauens versicherte: „Nach den mir vorgelegten Berichten stellte ich fest, daß Sie durch Ihr entschlossenes Vorgehen und Ihr mutiges persönlid'ies Eingreifen alle hochverräterischen Umtriebe im Keim erstidct haben. Sie haben das deutsche Volk aus einer großen Gefahr errettet. Ich spreche Ihnen meine tiefe Dankbarkeit aus.“

Beschwichtigend verkündete Hitler der deutschen Öffentlichkeit: „Es ist damit seit Sonntag, dem 1. Juli nachts, der normale Zustand wieder hergestellt.“ Eilends ließ er durch seinen Innenminister Frick und den Justizminister Dr. Gürtner (dessen Grabstein der Spruch „Gerechtigkeit erhöhet ein Volk“ ziert) ein Gesetz fabrizieren, das — erlassen nach der Tathandlung — diese Tathandlung für rechtens erklärte: „Die Reichsregierung hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird: Einziger Artikel: Die zur Niederschlagung hoch-und landesverräterischer Angriffe am 30. Juni, 1. und 2, Juli 1934 vollzogenen Maßnahmen sind als Staatsnotwehr rechtens. Berlin, den 3. Juli 1934.“

Damit war ein einmaliger Präzedenzfall für den in der NS-Weltanschauung geforderten Ersatz der Gesetzgebung und Rechtsprechung durch Führerbefehle bzw. für die Ausführung der Führerbefehle durch eine weisungsgebundene Richterschaft geschaffen.

In den „Leitsätzen für den deutschen Richter", die Reichsrechtsführer (!) Hans Frank 1936 niederlegte, heißt es: „Der Richter ist nicht als Hoheitsträger des Staates über den Staatsbürger gesetzt, sondern er steht als Glied in der lebendigen Gemeinschaft des deutschen Volkes. Es ist nicht seine Aufgabe, einer über der Volksgemeinschaft stehenden Rechtsordnung zur Anwendung zu verhelfen oder allgemeine Wertvorstellungen durchzusetzen .. . Grundlage der Auslegung aller Rechtsc/uellen ist die nationalsozialistische Weltansdtauiing, wie sie insbesondere in dem Parteiprogramm und den Äußerungen unseres Führers ihren Ausdruck findet . ., Gegenüber Führerentscheidungen, die in die Form eines Gesetzes oder einer Verordnung gekleidet sind, steht dem Richter kein Prüfungsrecht zu. Auch an sonstige Entscheidungen des Führers ist der Ridtter gebunden, sofern in ihnen der Wille, Recht zu setzen, unzweideutig zum Ausdruck kommt ... Gesetzliche Bestimmungen, die vor der nationalsozialistisdten Revolution erlassen worden sind, dürfen nidtt angewendet werden, wenn ihre Anwendung dem heutigen gesunden Volksempfinden ins Gesidit schlagen würde.“ Hans Frank schließt seine Weisungen an den deutschen Richter mit dem Satz: „Zur Erfüllung seiner Aufgaben in der Volksgemeinschaft muß der Richter unabhängig sein. Er ist nicht an Weisungen gebunden.“ (!!)

Die Formulierung „Der Wille des Führers ist oberstes Gesetz“ findet sich in fast allen Partei-und SS-Dienstanweisungen; sie sollte zum Prinzip werden, nach dem von der untersten Charge bis herauf in die höchsten Ränge und Spitzen-positionen blind gehandelt wurde; im Krieg spielten dann die Führerbefehle eine besonders verhängnisvolle Rolle, da sie von ehrgeizigen, brutalen Militärbefehlshabern als Rechtfertigung der eigenen Terrorjustiz herangezogen werden konnten. Auch die „letzten Stufen des Terrors" — die Standgerichtseinsetzungen ab Februar 1945 in den „feindbedrohten Reichsver- teidigungsbezirken" und die „Sippenhaftung“ ab 5. Februar 1945: „Für Wehrmachtsangehörige, die in der Kriegsgefangensdtaft Landesverrat begehen und deswegen reditskräftig zum Tode verurteilt werden, haftet die Sippe mit Vermögen, Freiheit oder Leben .. — gingen auf „Führerbefehle" zurück. „Wenn der Führer befiehlt“, rief Dr. Ley am 17. Mai 1943 auf der Ordensburg Falkenburg am Crössingsee aus, „gehorchen wir. Dann darf niemand innerlich Bedingungen haben. Niemand darf fragen, hat der Führer recht und ist in Ordnung, was er sagt? Denn noch einmal: Was der Führer sagt, ist stets richtig. Wenn ich hier Kritik übe, verletze ich ein Dogma unserer Idee. Es ist oberstes Gesetz und bleibt stets dabei: Der Führer hat immer redet, in allen Lagen und immer-dar.“

Die Stellung der Richter

Es ist jedoch den Nationalsozialisten nie ganz gelungen, die deutschen Richter — trotz schwerster physischer Bedrohung — vollständig in den Bann des Unrechtsstaates zu zwingen. Zwar findet sich im Nürnberger Juristenurteil (1946) der Satz: „Der Doldt des Mörders war unter der Robe des Juristen verborgen“ — eine Behauptung, die in vielem berechtigt ist —, doch versuchte auf der anderen Seite der Richterstand weiter, sich ans Recht zu halten, wo immer es ging.

Einen bezeichnenden Auftakt zum Gegensatz von NS-Rechtswollen und richterlicher Opposition bildet der Reichstagsbrandprozeß (1933), da Göring als Zeuge dem Angeklagten Dimitroff, der ihn durch geschickte Fragen in die Enge getrieben hatte, in fassungsloser Wut zuruft: „Warten Sie nur, bis wir Sie außerhalb der Rechtsmadit dieses Geriditshofes haben werden! Sie Schuft, Sie!“ Dadurch war — implizite — immerhin die Neutralität des Gerichtshofes einigermaßen bestätigt worden!

Was den Reichstagsbrand und den nachfolgenden Prozeß betrifft, so konnten seine Hintergründe nie vollständig geklärt werden. Am 30. Januar war Hitler mit der Bildung einer neuen Regierung betraut worden. Schon nach zwei Tagen bewirkte Hitler vom Reichspräsidenten die Auflösung des Reichstags; die Neuwahlen waren auf den 5. März festgelegt worden. Das Reichstagsgebäude ging in der Nacht vom 27. auf 28. Februar in Flammen auf. Der Brand wurde von der nationalsozialistischen Propaganda sofort den Kommunisten in die Schuhe geschoben und als „Flammenzeichen" für einen bevorstehenden kommunistischen Umsturzversuch angeprangert. Die kommunistische und sozialdemokratische Presse wurde daraufhin — 5 Tage vor der Wahl — verboten: am Vormittag des 28. 2. erfolgte dann die „Notverordnung zum Schutze von Volk und Staat". Das Reichsgericht in Leipzig begann am 21. September 1933 den Prozeß gegen die sogenannten Brandstifter. Im brennenden Haus war ein Marinus van der Lubbe festgenommen worden; ferner waren angeklagt der Vorsitzende der kommunistischen Reichstagsfraktion Ernst Torgier, die bulgarischen Kommunisten Georgi Dimitroff, Wassil Taneff und Blagoi Popoff. Den vieren konnte nichts nachgewiesen werden. Van der Lubbe, dessen Protokoll in 8facher Ausführung spurlos verschwunden ist, wurde zum Tode verurteilt und hingerichtet

Ein anderes Beispiel: Zu Beginn des HitlerReiches wagte es der Generalstaatsanwalt beim Oberlandesgericht Naumburg noch, Anklage gegen den Kommandanten eines Konzentrationslagers wegen siebenfachen Mordes zu erheben — ein Prozeß, der freilich unter Ausschluß der Öffentlichkeit stattfand und auf höhere Weisung niedergeschlagen wurde So ist zu verstehen daß Hitler und die NS-Führer dem Richterstand stets Mißtrauen und Skepsis entgegenbrachten, ja oft genug den Richterberuf zu schmähen suchten. „Idt werde nicht eher ruhen, bis jeder Deutsche einsieht, daß es eine Schande ist, Jurist zu sein“, sagte Hitler in der Reichstagsrede vom 26. April 1942. „Ebenso erwarte ich, daß die deutsche Justiz versteht“ — hieß es an anderer Stelle — „daß nicht die Nation ihretwegen, sondern daß sie der Nation wegen da ist, d. h. daß nidtt die Welt zugrunde gehen darf, in der auch Deutschland eingesddossen ist, damit ein formales Recht lebt, sondern daß Deutschland leben muß, ganz gleich, wie immer auch formale Auffassungen der Justiz dem widersprechen mögen ... Ich werde von jetzt ab in diesen Fällen eingreifen und Richter, die ersichtlich das Gebot der Stunde nicht erkennen, ihres Amtes entheben.“

In den „Tischgesprächen" äußerte sich Hitler in dem Sinne, daß die Juristen entweder „von Natur defekt" oder „verrückt" oder „vollendete Trottel" seien Das mag sich auch darauf bezogen haben, daß viele Richter dem Terror standhaft und aktiv entgegentraten und dies oft genug mit Haft und Tod bezahlten Durch Tarnung haben die Richter zudem versucht, die außerhalb der ordentlichen Gerichtsbarkeit stehenden und gefährlichen Institutionen der Partei, der SS, Gestapo, des Sicherheitsdienstes usw. zu überspielen, indem sie sich bei der Urteilsfindung auf geschickt zitierte NS-Größen beriefen, Prozesse heimlich auf die frühesten Morgenstunden ansetzten (um die NS-SkandalPresse auszuschalten), ohne zureichenden Grund Haftbefehle ausstellten (um die Einlieferung des Gefangenen in die Gestapo-Keller und Konzentrationslager zu verhindern), ja lange Frei-heitsstrafen aussprachen, um die Konzentrationslager-Schutzhaft dem Betreffenden zu ersparen. Auf der anderen Seite ist festzustellen, daß das Gros der deutschen Richterschaft schon während der Weimarer Republik wenig Anstrengungen unternommen, noch die bestehenden Rechtsmittel ausgeschöpft hatte, um den nationalsozialistischen Umsturzversuchen entscheidend entgegenzutreten. Man begriff offensichtlich in den juristischen Kreisen auch nicht, was die Forderung des NS-Parteiprogramms nach „Ersatz für das der materialistischen Wcltordnang dienende römische Recltt durch ein deutsdtes Gemein-recht" einschloß. Diese Versäumnisse sollten sich bitter rächen; denn von Jahr zu Jahr erwies sich, daß zu dem NS-Terrorsystem kein Gegengewicht vorhanden war. Man ließ des Entwicklung ihren Lauf, war mit der Zweispurigkeit der Gerichtsbarkeit (der „ordentlichen" für die private Sphäre, der „geheimen“ für die politische) durchaus einverstanden, ja wurde oft genug zum willigen Handlanger des Unrechts. Die Richterschaft führte die schändlichen Gesetze des Anfangs genauso korrekt durch wie die furchtbaren nachfolgenden, die vorwiegend auf die Diskriminierung und Quälung der jü-dischen Minderheit abzielten. Die deutsche Justiz wandte sich weder gegen das durch die Hitlersche Anweisung vom 1. September 1939 eingeleitete Euthanasieprogramm noch suchte sie in irgendeiner Form der Massendeportation jüdischer Mitbürger entgegenzuwirken. Sie trieb zudem in den „Sondergerichten“ — zusammen mit dem Volksgerichtshof — oft genug eine Terrorjustiz, die sich sowohl gegen die Zivilbevölkerung in der Heimat und den besetzten Gebieten wie gegen die Soldaten an der Front wandte. Die Todesstrafe wurde mit unglaublich ; revelhafter Leichtfertigkeit ausgesprochen.

In Stadelheim waren zwischen 1860— 1930 insgesamt 33 Enthauptungen vorgenommen worden; innerhalb von 12 Jahren (1933— 1945) waren es 1200 Im zweiten Weltkrieg allein sind von den deutschen bürgerlichen Gerichten schätzungsweise 16 000 Todesurteile, von der Wehrmachtsjustiz 10 000 Todesurteile — 9 513 bis zum 30. 11. 1944 — verhängt worden (vergleichsweise fand innerhalb der amerikanischen Armee während des zweiten Weltkrieges eine Hinrichtung statt; während des ersten Weltkrieges wurden in Deutschland auf Grund des Kriegsrechts 48 Exekutionen durchgeführt!)

Der Volksgerichtshof

Trotzdem sah sich die NS-Führung schon sehr bald veranlaßt, die „ordentliche Gerichtsbarkeit“ durch eine zweite Form zu ergänzen; der Stamm der alten Richter war ihnen noch zu gemäßigt, zu rechtlich, zu „naturrechtlich“ gesonnen, noch zu sehr um Objektivität und Gerechtigkeit bemüht. Der neue Stand der „Volksrichter“ sollte radikal auf dem Boden der NS-Weltanschauung stehen, nicht richten, sondern ausrotten und vernichten, wie es der Führer befahl. „Wir fordern den rüdrsichtslosen Kampf gegen diejenigen, die durdi ihre Tätigkeit das Gemeininteresse sdtädigen. Gemeine Volksverbredier, Wucherer und Schieber usw. sind mit dem Tode zu bestrafen, ohne Rücksichtnahme auf Konfession und Rasse.“ Diesen Punkt ihres Programms — die Formulierung „Gemeiner Volksverbrecher" ließ jede Interpretation zu — hofften die Nationalsozialisten mit dem Volksgerichtshof verwirklichen zu können. Durdi ein Gesetz vom 24. April 1934 war diese Instanz geschaffen worden. Sie sollte zuständig sein für Fälle des Hoch-und Landesverrats, für Verbrechen des Angriffs gegen den Reichspräsidenten und gegen die „Verordnung zum Schutze von Volk und Staat“. Rechtsmittel gegen die Entscheidungen des Volksgerichtshofes gab es nicht. Unter seinen 6 Mitgliedern waren fünf Laien; der Vorsitzende mußte Jurist sein. Alle wurden von Hitler für 5 Jahre ernannt (meist höhere SA-und SS-Führer). Im allgemeinen war ein Todesurteil zu erwarten. Der führende Mann des Volksgerichtshofes, Roland Freisler, hat in einer Reihe von Veröffentlichungen die Ziele der neuen Gerichtsbarkeit umrissen. Nach ihm bedeutet „Recht spredien nidit allein das, was gesdtrieben steht, jeweils in die Form eines Urteils fassen, sondern Redrt spredien heißt im nationalsozialistischen Staat: mit wadtsamem Auge und tief empfindendem Einfühlungsi ertttögen das zu erforsdten, was die völkisdte Gemeinschaft und ihr Staat als Redrt erkennt und als Unredit verurteilt — und diese so gefundene Erkenntnis mit klarem Blick für die Notwendigkeit des Einzelfalles anzuwenden . . . Der Riditer hat in erster Linie die autoritären Willenskundgebungen des Führers als Ausdrudt des gesunden Volksempfindens anzuschauen und seiner Entsdieidung zugrundezulegen. Tut er das, wird er nidit fehlgehen können.“

Was die Art der vor dem Volksgerichtshof geführten Prozesse betrifft, so sollen zwei symptomatische Beispiele herausgegriffen werden, das eine ein „alltäglicher Fall", das andere der Höhepunkt der Freisler-Karriere: der Prozeß gegen die Männer des 20. Juli.

Todesurteil am 23. August 1943 ... Theodor Korsett hat in Rostoclt in der Straßenbahn kurz nach der Regierungsumbildung in Italien gesagt, so müsse es hier auch kommen, der Führer müsse zurücktreten, denn siegen könnten wir ja nicht mehr, und alle wollten wir doch nicht bei lebendigem Leibe verbrennen. Als Mann in führender Stellung und mit besonderer Verantwortung hat er dadurch seinen Treueid gebrodien, unsere nationalsozialistisdie Bereitsdtaft zu mannhafter Wehr beeinträchtigt und damit unserem Kriegsfeind geholfen. Er hat seine Ehre für immer eingebüßt und wird mit dem Tode bestraft . . .“

Bei dem Prozeß gegen die Attentäter und Verschwörer des 20. Juli führte sich Freisler, der auch bei seinen Kollegen als „Bluthund“ bekannt war, derart auf, daß selbst der damalige nationalsozialistische Justizminister Dr. Tierack sich genötigt sah, ein vertrauliches Schreiben an den Sekretär des Führers, Reichsleiter Martin Bormann, zu richten. „. . . Wiederholte längere, nur auf Propagandawirkung abzielende Reden des Vorsitzenden wirkten in diesem Kreise abstoßend. Audi hierunter litt der Ernst und die Würde des Gerichts. Es fehlt dem Präsidenten völlig an eiskalter, überlegener Zurückhaltung, die in soldtem Prozeß allein geboten ist.“

Fabian von Schlabrendorff, einer der wenigen Überlebenden der Prozesse — Freisler war bei einem Bombenangriff erschlagen worden und mußte durch einen anderen Richter, der sich gemäßigter gab, ersetzt werden —, berichtet, daß er zunächst bei der Vernehmung gefoltert worden sei und in ständiger Lebensbedrohung gehalten wurde. Bei den Verhandlungen habe Freisler allein gesprochen mit einem Stimmaufwand, der mühelos mehrere Gerichtssäle hätte füllen können. Die Verteidigung habe es nicht gewagt, ihre Funktion auszuüben. Schlabrendorff wurde freigesprochen, der Haftbefehl aufgehoben. „Nadi einigen Stunden wurde mir eröffnet, das Urteil des Volksgerichtshofes sei offenbar falsch. Man werde es insofern respektieren, als man davon absehen werde, midi wie die anderen Mitattentäter aufzuhängen. Dafür aber würde ich erschossen werden . . . Dann wurde idt mit mehreren anderen Gefangenen in einem geschlossenen Wagen in das Konzentrationslager Flossenbürg in der Oberpfalz gebtacht.“

Die Judengesetzgebung

Ein besonders furchtbares Kapitel der nationalsozialistischen Gesetzgebung und Rechtsfindung stellen die Verordnungen und Gesetze dar, die auf die Verwirklichung des Rassenprogramms abzielten. Die Kommentatoren Schwarz und Noack meinten 1934 hierzu: „Eine Kulturhöhe, d. h. die psydtische Leistungsfähigkeit eines Volkes, kann nur dadurch erhalten und gesteigert werden, daß der dem Volke zugrunde liegende beste Rassekern geschützt und gefördert wird . . . Diese Grundsätze waren zwar bisher bei allen Züchtungen von Tieren und Pflanzen anerkannt, vergessen war aber, daß wir Mensdien demselben Naturgesetz unterworfen sind. Erst dem Führer des neuen Deutschland, Adolf Hitler, war es vorbehalten, diese so selbstverständlichen Naturgesetze seinen Volksgenossen bekannt zu machen.“

Im 25-Punkte-Programm der NSDAP war bereits 1920 die rechtliche Diskriminierung jüdischer Bürger verkündet worden. „Staatsbürger kann nur sein, wer Volksgenosse ist, Volksgenosse kann nur sein, wer deutsdteu Blutes ist, ohne Rücksichtnahme auf Konfession. Kein Jude kann daher Volksgenosse sein.“ Das „Gesetz zum Schutze des Berufsbeamtentums“ war der erste offizielle Schritt auf dem Wege zur Verwirklichung des Programms: nun konnten die jüdischen Beamten aus ihren Stellungen verdrängt werden. Durch Verordnung wurde für Juden der Zugang zum akademischen Studium erschwert und teilweise unterbunden.

Mit der Verkündung der Rassegesetze auf dem „Nürnberger Parteitag der Freiheit“ (193 5) wird die zweite Phase der Judengesetzgebung eingeleitet. Der Reichstag stimmte den Gesetzesanträgen durch Akklamation zu. „Durchdrungen von der Erkenntnis, daß die Reinheit des deutschen Blutes die Voraussetzung für den Fortbestand des deutschen Volkes ist, und beseelt von dem unbeugsamen Willen, die deutsche Nation für alle Zukunft zu sichern, hat der Reichstag einstimmig das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird“, hieß es in der Präambel. Eheschließungen zwischen Juden und Staatsangehörigen deutscher oder verwandten Blutes wurden verboten. Wer dem Verbot zuwiderhandle, sei mit Zuchthaus zu bestrafen.

Hitler hatte selbst das Gesetz entworfen, und Göring hatte ihm für „diese säkularen Gesetze“ (ein Reichsflaggen-und Reichsbürgergesetz waren noch dabei), die dem Volke Glück und Zukunft schenkten, pathetisch im Namen aller Deutschen gedankt. Bei der Verlesung des Paragraphen, der den Juden das „Zeigen der jüdischen Farben gestattete“ und die „Ausübung dieser Befugnis unter staatlichen Schutz“ stellte, brach der Reichstag in zynisches Lachen aus, Am Ende wandte sich Göring nochmals an die versammelten Funktionäre: „Männer des Reichstags! Sie aber bitte ich, sich des Ernstes dieser Stunde und seiner ungeheuren Bedeutung bewußt zu sein. Bedenken Sie, jahrtausendealte Sehnsucht der Deutschen ist durdt den Führer zur Wirklichkeit geworden: Ein Volk, ein Reich, ein Führer! Und darüber unsere Flagge, unser Feldzeichen, unser Hakenkreuz! Unser Führer dem Retter und Schöpfer: Sieg Heil! Sieg Heil! Sieg Heil! Die Sitzung ist geschlossen!“

Ein juristischer Kommentar schrieb zu diesem Gesetz: „Die beiden Nürnberger Gesetze mit ihren Ausführungsbestimmungen enthalten die grundlegende Lösung dieses Rassenproblems. Sie bringen die blutmäßig bedingte klare Scheidung zwischen Deutschtum und Judentum und schaffen dadurch die gesetzliche Grundlage für einen modus vivendi, der allen Belangen gerecht wird. Ihre grundlegende Bedeutung besteht darin, daß sie das Eindringen weiteren jüdischen Blutes in den deutschen Volkskörper für alle Zukunft verhindern.“

In Fortführung des damit begonnenen Weges zur Rassenreinheit wurden kurz darauf auch der „außereheliche Geschlechtsverkehr zwischen Angehörigen beider Rassen“ verboten und als „Rassenschande“ (beliebtes Thema für die staatlich sanktionierte und geförderte Pornographie eines „Stürmer“ und ähnlicher Schmutzblätter) mit schweren Strafen — bis zur Todesstrafe — belegt. So wurde etwa in Nürnberg der Vorsitzende der israelitischen Kultusgemeinde, Lehmann Israel Katzenberger, zum Tode verurteilt, weil er einen „rassenschändenden Angriff gegen den Leib der deutschen Frau unternommen habe“ (ohne daß ihm überhaupt ein intimes Verhältnis nachgewiesen werden konnte). Das Urteil, das auf 11 Seiten begründet wird, ist wie viele andere dieser Art nicht nur das scheußliche Dokument eines Justizmordes, sondern läßt zugleich erschreckenden Einblick in die verbogene und perverse Phantasie jener deutschen Richter zu, die sich zu Handlangern der Rassenpolitik machen ließen

Die den Nürnberger Gesetzen nachfolgenden Verordnungen zielen vor allem darauf ab, die Juden aus der Wirtschaft und den freien Berufen vollständig zu entfernen. Bis 1938 war der jüdische Besitz verhältnismäßig unversehrt erhalten geblieben; man hätte sonst wirtschaftliche Erschütterungen, vorwiegend in der Außenhandelspolitik, befürchten müssen. Als jedoch Hjalmar Schacht im Herbst 1937 vom Posten des Reichswirtschaftsministers zurücktrat, begannen auch hier sich die antisemitischen Bestrebungen durchzusetzen.

Mit dem Pogrom am 9. und 10. November 1938 trat die NS-Rassenpolitik in ihre dritte juristische Phase. Die Ausschreitungen gegen jüdische Geschäfte, die von Ortsgruppenleitern oder anderen NS-Funktionären anläßlich des Attentats auf den Gesandtschaftsrat vom Rath (Paris) organisiert wurden, blieben zunächst lokal und begrenzt. Am 9. November traf sich die „alte Garde“ zum Kameradschaftsabend im Rathaussaal in München. Goebbels erhob sich spät nachts — nachdem der Tod vom Raths bekannt-gegeben worden war — zu einer wüsten antisemitischen Rede, in der auch die bereits stattgefundenen Vergeltungsaktionen gegen jüdische Geschäfte und Bürger lobend hervorgehoben wurden. Er sprach davon, daß diese Vergeltung weiter durchgeführt werden sollte — was die anwesenden Parteiführer als allgemeine Anweisung zu einem Pogrom verstanden. Sie unternahmen die entsprechenden Schritte: SA und andere Organisationen wurden in der Nacht aufgeboten mit dem Befehl, in jüdische Woh-* nungen einzudringen, das Mobilar zu zerschlagen, die Bewohner zu quälen, Läden und Geschäftsräume zu zerstören. Sehr viele Juden wurden zudem in die Konzentrationslager eingeliefert, wo sie nur in wenigen Fällen die Quälereien der verrohten und bestialisch sich gebärdenden Wachmannschaften überstanden

Die NS-Presse kommentierte die „Reichskristallnacht" hämisch und mit großer Genugtuung. Überall in Deutschland fanden Versammlungen statt, auf denen die Aktionen gefeiert und dem Volke gegenüber, das eine gewisse Zurückhaltung bewies, gerechtfertigt wurden. „Das Judentum soll aber auf jeden Fall wissen, daß mit dem rauchenden Trümmerhaufen der jüdischen Synagogen und den geborstenen Schaufenstern der Judenläden die Erbitterung des deutschen Volkes über die jüdischen Schandtaten nicht besänftigt ist.“ In den Germania-Sälen in Berlin sagte Goebbels in einer Rede vor den Helfern des Winterhilfswerkes am 13. November: „Ich bin der festen Überzeugung, daß sich die deutsche Regierung damit in vollkommener und restloser Überein-stimmung mit dem deutschen Volke befindet. Die Judenfrage wird in kürzester Frist einer das deutsche Volksempfinden befriedigenden Lösung zugeführt. Das Volk will es so, und wir vollstredten seinen Willen." In Nürnberg sprach auf einer Massenkundgebung, zu der 100 000 Personen gekommen waren, Julius Streicher: „Aber wir wissen, daß es auch bei uns noch Leute gibt, die Mitleid mit den Juden haben, Leute, die nidtt wert sind, in dieser Stadt wohnen zu dürfen, die nicht wert sind, zu diesem Volke zu gehören, von dem ihr ein stolzer Teil seid.“ Die „Fränkische Tageszeitung“ berichtete am 11. November von einem „Marsdt der Freude und des Jubels . . . Als der Gauleiter vor das Mikrophon trat, schwoll aufs neue die Woge der Begeisterung der Massen an, die ihm zujubelten. Dieser aus dem Herzen kommende Gruß galt dem unentwegten Kämpfer gegen das Judentum, galt Julius Streicher, dessen Name in der Jtidenfrage ein Begriff geworden ist. Die Saat, die er säte, ist aufgegangen.“

In der NS-Führung hatten sich indes schon bald nach dem Pogrom Stimmen erhoben, die seine Durchführung nicht billigten. Nicht menschliche Gründe waren dafür freilich maßgebend, sondern wirtschaftliche Überlegungen. So vertrat Göring die Ansicht, daß dabei mutwillig wertvolles Eigentum zerstört worden sei, das man besser hätte enteignen sollen. Man könnte ruhig 200 Juden umbringen, aber nicht soviel kostbare Ware vernichten. Bei einer Zusammenkunft am 12. November 1938 im Reichsluftfahrtministerium, an der neben Göring auch Goebbels, Funk, Graf Schwerin-Krosigk (Finanz), Frick, Gürtner (Justiz), Heydrich u. a. teilnahmen, wurden im besonderen Versicherungsfragen besprochen. Keines der „bürgerlichen“ Mitglieder der Besprechung wagte auch nur mit einem Wort, gegen das Pogrom als solches Stellung zu nehmen. Am gleichen Tag wurde eine Verordnung erlassen, die den Juden auch noch eine Sühneleistung von 1 Milliarde Reichsmark an das Deutsche Reich auferlegte. Alle Schäden seien zudem von den Juden selbst zu beseitigen; irgendwelche rechtlichen Schadenersatzforderungen könnten sie nicht geltend machen.

Die seit 1938 von den Nationalsozialisten herausgegebenen Bestimmungen setzten den Terror der „Reichskristallnacht“ fort. Die jüdischen Mitbürger wurden weiter entrechtet und wirtschaftlich systematisch miniert: Boykott der jüdischen Geschäfte und Aussperrung der jüdischen Kunden aus deutschen Geschäften („Juden sind hier unerwünscht"; einen ersten Boykott hatte Goebbels bereits 1933 in Berlin organisiert!); Berufsverbot für jüdische Ärzte Nicht-juden gegenüber; erzwungenes Ausscheiden aus den noch verbliebenen freien Berufen.

Zudem entwickelte die deutsche Gesetzgebung eine sadistische Lust an den gemeinsten Quälereien, die korrekt paragraphiert und in einer steten Folge von Verordnungen und Gesetzen ihren Niederschlag fanden (vom 1. April 1933 bis zum 10. Juni 1943 kam man dabei auf rund 430 Erlasse).

Die Approbationen jüdischer Ärzte erloschen (30. Sept. 1938); Einführung der Vornamen Israel bzw. Sarah für alle Juden (17. August 1938); jüdische Rechtsanwälte müssen ihre Praxis einstellen (27. Sept. 1938); Reisepässe von Juden werden mit „J“ gekennzeichnet (7. Nov. 1938); kein Jude darf nichtjüdische Schulen besuchen (12. Dez. 1938); Einführung von Wohnbeschränkungen (26. Nov. 1938); Mieterschutz für Juden wird aufgehoben (17. 1. 1939); Juden müssen um 20 Uhr zu Hause sein (1. 9. 1939); Juden müssen ihre Rundfunkgeräte abliefern (23. 9. 1939); Juden erhalten grundsätzlich keine Kleiderkarte (6. 2. 1940); Juden bedürfen zum Verlassen ihrer Wohnungen und zur Benutzung von Verkehrsmitteln besonderer Erlaubnis (10. Okt. 1941); Juden dürfen kein Haustier mehr halten und diese auch nicht in Pflegestellen geben (15. Mai 1942); Juden haben alle entbehrlichen Kleidungsstücke abzuliefern (9. Juni 1942); Einstellung jeglichen Schulunterrichts für jüdische Kinder „im Hinblick auf die Entwicklung der Aussiedlung der Juden“ (1. Juli 1942)

Schon am 15. 11. 1940 war der „Judenstern“ eingeführt worden: jeder Jude hatte auf der linken Brustseite ein gelbes Stoffzeichen mit der Aufschrift „Jude“ „vollständig sichtbar, fest angenäht" zu tragen; ähnlich waren die jüdischen Wohnungen zu kennzeichnen. Am 15. 11. 1940 hieß es in einem Erlaß des Reichsministers der Justiz: „Die in weiten Kreisen der deutschen Bevölkerung hervorgetretene Mißstiwntung darüber, daß man den in Deutschland lebenden Juden noch Rechtsmittel in Strafsaclten einräutnt und ihnen noch das Recht gibt, gegen polizeiliche Strafverfügungen die Entscheidung der Gerichte anzurufen, ist geeignet, den Abwehrwillen des deutschen Volkes in dem ihm aufgezwungenen Kampfe zu schwächen.“ Das war zu einer Zeit, als die ersten Groß-Deportationen begannen und der Terror in die systematische Vernichtung umschlug. Lind auch hier arbeitete die juristisch-verwaltungstechnische Bürokratie noch mit der gleichen Präzision und Unerbittlichkeit — mit Verordnungen und Ausführungsbestimmungen. Die Zentralfinanzdirektion etwa gab folgendes Rundschreiben heraus: „Juden, die nicht in volkswirtschaftlich wichtigen Betrieben beschäftigt sind, werden in den nächsten Monaten in eine Stadt in den Ostgebieten abgeschoben. Das Vermögen der abzuschiebenden Juden wird zugunsten des Deutschen Reiches eingezogen. Es verbleiben den Juden 100 RM und 50 kg Gepäck je Person . . .

Die Abschiebung der Juden wird von der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) durchgeführt. Die Gestapo sorgt für die Sicherstellung des Vermögens. Die Juden, deren Abschiebung bevorsteht, haben der Gestapo Vermögensverzeichnisse nach bestimmtem Vordruck einzureichen. Die Gestapo-Stellen versiegeln die Wohnungen und hinterlegen die Wohnungsschlüssel bei den Hausverwaltern ...

Die Oberfinanzpräsidenten von Berlin, Hamburg, Düsseldorf, Köln, Weser-Ems und Kassel haben bereits im Oktober 1940 Vermögen abgeschobener Juden übernommen. Es erscheint mir zwedrmäßig, daß die Sachbearbeiter derjenigen Oberfinanzpräsidenten, die neu mit dieser Aufgabe betraut sind, sofort mit den Sachbearbeitern der nächstgelegenen obengenannten Oberfinanzpräsidenten in Verbindung treten . .. Es ist damit zu rechnen, daß noch weitere Juden-abschiebungen folgen. Ich bitte deshalb, mir jeweils nach Abschluß einer Aktion möglichst bald über die dabei gemachten Erfahrungen und die aufgetretenen Schwierigkeiten zu berichten und etwaige Vorschläge für Änderungen im Verfahren beizufügen ...“

Programm der Menschenvernichtung

Die Möglichkeiten des „legalen Terrors“ waren beschränkt; man konnte zwar dadurch oppositionelle Regungen einzelner wie Gruppen im Keime ersticken, das eigene Volk und die unterworfenen Länder in Schach halten — doch waren diese Maßnahmen mehr oder weniger nur auf Einzelfälle anwendbar. Die von den Nationalsozialisten erstrebten Massenvernichtungen und Ausrottungsprogramme dämonischen Ausmaßes konnten durch die Justiz nicht bewältigt werden — auch wenn ein „Rechtsempfinden“ nur noch auf dem Papier stand und schließlich überhaupt nicht mehr erforderlich war. Zur Umsetzung der weltanschaulichen Wahnideen, besonders der Rassenlehre, in die Realität, bedurfte es eines eigenen Apparats; eine Reihe von Organisationen wurde geschaffen mit dem ausschließlichen Zweck, die größte Menschenvernichtungsaktion der Geschichte durchzuführen.

In seiner Rede bei der SS-Gruppenführer-Tagung in Posen am 4. Oktober 1943 sagte Himmler: „Ich will hier vor Ihnen in aller Offenheit auch ein schweres Kapitel erwähnen. Unter uns soll es einmal ganz offen ausgespro-, dien sein, und trotzdem werden wir in der Öffentlichkeit nie darüber reden ... Ich meine jetzt die Judenevakuierung, die Ausrottung des jüdischen Volkes. Es gehört zu den Dingen, die man leicht ausspricht. , Das jüdische Volk wird ausgerottet', sagt ein jeder Parteigenosse, , ganz klar, steht in unserem Programm, Ausschaltung der Juden, Ausrottung, machen wir.'Und dann kommen sie alle an, die braven 80 Millionen Deutschen, und jeder hat einen anständigen Juden. Es ist ja klar, die anderen sind Schweine, aber dieser eine ist ein prima Jude. Von allen, die so reden, hat keiner zugeseheü, keiner hat es durchgestanden. Von Euch werden die meisten wissen, was es heißt, wenn 100 Leichen beisammen liegen, wenn 500 daliegen oder wenn 1000 daliegen. Dies durchgehalten zu haben und dabei — abgesehen von Ausnahmen menschlicher Schwächen — anständig geblieben zu sein, das hat uns hart gemacht. Dies ist ein niemals geschriebenes und niemals zu schreibendes Ruhmesblatt unserer Geschichte."

Neben der Ausrottung des jüdischen Volkes sollten auch die anderen „Rassenprobleme" gelöst werden: Vernichtung „lebensuntüchtiger Menschen (unheilbar Kranker), der Zigeuner und Asozialen; entscheidende Dezimierung der slawischen Völker und dadurch Gewinnung neuen Lebensraumes; schließlich sollten alle jene liquidiert werden, die dem NS-Regime feindlich gesinnt waren bzw. von denen möglicherweise Widerstand erwartet werden konnte. — Das absolut Böse, der Antichrist schlechthin — in einer für abendländisch-christliches Denken kaum vorstellbaren Dämonie (gesteht man doch hier selbst dem Satan noch einen himmlischen Ursprung zu) — erhebt mit dem Nationalsozialismus sein Haupt. „Am Ende wird die Welt uns verstehen lernen“, notierte Joseph Goebbels am 2. April 1933 in sein Tagebuch — ein Wort, das seine schrecklichste Bestätigung erfahren sollte.

Von den ersten Tagen der Bewegung an hatten die Nationalsozialisten über ihre Ziele keinen Zweifel gelassen. Von einem abgründigen Judenhaß und antislawischen Affekt war Hitlers „Mein Kampf" getragen. Selbst der Plan der Massenvergasung ist hier schon ausgesprochen: „Hätte man zu Kriegsbeginn (1914) und wäh- rend des Krieges einmal zwölf-bis fünfzehn-tausend dieser hebräischen Volksverderber unter Giftgas gehalten ... dann wäre das Millionen-opfer der Front nicht vergeblich gewesen, lut Gegenteil: Zwölftausend Schurken zur rechten Zeit beseitigt, hätte vielleicht einer Million ordentlicher, für die Zukunft wertvoller Deutscher das Leben gerettet." Es gibt kaum eine rassenkundliche Broschüre des Nationalsozialismus, in der nicht mit ähnlicher Radikalität die Lösung der Judenfrage gefordert worden wäre: „Wenn die Völker in Eintracht leben wollen, muß der Jude sterben“ (Westdeutscher Beobachter, Köln 24. 7. 1934) Gerade weil man jedoch so offen vom Mord sprach, fand man wenig Glauben; sehr viele Deutsche hielten den Rassenhaß für Propaganda und Hitlers Drohungen für pathetische Floskeln — auch dann noch, als er am 30. Januar 1939 ausrief: „Wenn es dem internationalen Finanzjudentum gelingen sollte, die Völker noch einmal in einen Weltkrieg zu stürzen, dann wird das Ergebnis nicht die Bolschewisierung der Erde und damit der Sieg des Judentums sein, sondern die Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa.“ Ähnlich äußerte sich Hitler am 30. Januar 1941:

„Die Juden mögen auch heute noch lachen darüber, genau so, wie sie früher lachten über meine inneren Prophezeiungen. Die kommenden Monate und Jahre werden erweisen, daß ich auch hier richtig prophezeit habe.“

Der Krieg, auf den Hitler seit langer Zeit aus persönlichen wie allgemein machtpolitischen Gründen gedrängt hatte, der auch das vollständige Chaos einer durch maßlose Aufrüstung verschuldeten Wirtschaft verhindern sollte, war in erster Linie — dies wurde immer wieder betont — ein „weltanschaulicher Kampf". Unter dem Deckmantel kriegerischer Aktionen, die auch einen Großteil der „moralischen Aufmerksamkeit" und humanitären Regungen des Volkes absorbierten, wurde die NS-Weltanschauung blutig verwirklicht. Den vordringenden Truppen folgten in allen Ländern die Exekutionskommandos auf dem Fuße nach; die Vernichtungslager schossen aus dem Boden. Mit einem Zynismus sondergleichen haben die führenden Parteifunktionäre diese Entwicklung begrüßt: „Auch die Juden, die im Generalgouvernement wohnen“, sagte Dr. Hans Frank in einer Rede am 23. Juli 1940 in Krakau, „werden sämtlich auf Grund eines besonderen Programms einheitlich behandelt, so daß auch das Generalgouvernement in absehbarer Zeit judenfrei wird. Sobald der Überseeverkehr die Möglichkeit des Abtransportes der Juden zuläßt (Heiterkeit), werden die Juden Stück um Stück, Mann um Mann, Frau um Frau, Fräulein um Fräulein abtransportiert."

Am 19. Dez. 1940 äußerte Frank: „Nun, es ist hier im Generalgouvernement schon etwas anders und besser geworden. Freilich, in einem 72

Jahr konnte ich weder sämtliche Läuse noch sämtliche Juden beseitigen. (Heiterkeit) Aber im Laufe der Zeit und vor allem dann, wenn Ihr mir helft, wird sich das schon erreichen lassen. Es ist ja auch nicht notwendig, daß wir alles in einem Jahr und alles gleich tun, denn was hätten sonst diejenigen, die nach uns kommen, noch zu schaffen?“ — Am 9. Sept. 1941: „Mit den Juden — das will ich Ihnen auch ganz offen sagen — muß so oder so Schluß gemacht werden. Der Führer sprach einmal das Wort aus: Wenn es der vereinten Judenschaft wieder gelingen wird, einen Weltkrieg zu entfesseln, dann werden die Blutopfer nicht nur von den in den Krieg gehetzten Völkern gebracht werden, sondern dann wird der Jude in Europa sein Ende gefunden haben. Ich weiß, es wird an vielen Maßnahmen, die jetzt im Reich gegenüber den Juden getroffen werden, Kritik geübt. Bewußt wird — das geht aus den Stimmungsberichten hervor — immer wieder versucht, von Grausamkeit und Härte zu sprechen. Ide möchte Sie bitten, einigen Sie sich mit mir zunächst, bevor ich weiterspreche, auf die Formel: Mitleid wollen wir grundsätzlich nur mit dem deutschen Volke haben, sonst mit niemanden auf der Welt . . . Meine Herren, ich muß Sie bitten, sidt gegen alle Mitleidserwägungen zu wappnen. Wir müssen die Juden vernichten, wo immer wir sie treffen und wo es irgend möglich ist, und das Gesamtgefüge des Reiches hier aufrechterhalten."

Auf der anderen Seite kamen selbst alten und eingefleischten Nationalsozialisten angesichts der furchtbaren Verbrechen, die in Durchführung des NS-Rassenprogramms begangen wurden, gewisse, wenn auch nur oberflächliche Bedenken. Der Gauleiter Kube, der sich schon 1912 einer judenfeindlichen Bewegung angeschlossen hatte, schreibt am 16. Dezember 1941 in seiner Eigenschaft als Generalkommissar für Weißruthenien an den Reichskommissar für das Ostland in Riga: „Ich bitte Dich persönlich um eine dienstliche Anweisung für das Verhalten der Zivilverwaltung gegenüber den Juden, die aus Deutschland nach Weißruthenien deportiert worden sind. Unter diesen Juden befinden sich Frontkämpfer mit dem Eisernen Kreuz erster und zweiter Klasse, Kriegsverletzt., Halbarier, ja sogar ein Dreiviertelarier ... Ich bin gewiß hart und bereit, die Judenfrage mit lösen zu helfen, aber Menschen, die aus unserem Kulturkreis kommen, sind doch etwas anderes als die bodenständigen vertierten Horden. Soll man die Litauer und Letten mit der Abschlachtung beauftragen? Ich könnte es nicht."

Im nächsten Jahr hat sich das Gewissen des Gauleiters offensichtlich völlig beruhigt. Am 31. Juli 1942 schreibt er: „In eingehenden Besprechungen mit SS-Brigadeführer Zenner und dem hervorragend tüchtigen Leiter des SD, SS-Obersturmbannführer Dr. jur. Strauch, haben wir in Weißruthenien in den letzten zehn Wochen rund 55 000 Juden liquidiert. Im Gebiet Minsk-Land ist das Judentum völlig ausgemerzt, ohne dass der Arbeitseinsatz dadurch gefährdet worden ist. In dem überwiegend polnischen Gebiet Lida sind 16 000 Juden, in Slonim 8000 Juden usw. liquidiert worden ... Das rüdewärtige Heeresgebiet hat, ohne Fühlung mit uns zu nehmen, 10 000 Juden liquidiert, deren systematische Ausmerzung von uns sowieso vorgesehen war. In Minsk-Stadt sind am 28. und 29. Juli rund 10 000 Juden liquidiert worden, davon 6500 russische Juden — überwiegend Alte, Frauen und Kinder — der Rest bestand aus nichteinsatzfähigen Juden, die überwiegend aus Wien, Brünn, Bremen und Berlin im November v. J. nach Minsk auf Befehl des Führers geschickt worden sind.“

Elite des Terrors

In den Augen der nationalsozialistischen Führer, besonders Hitlers, war barbarische Unmenschlichkeit das hervorragendste Zeichen der Auserwähltheit; in dem Geiste absoluter Inhumanität sollte die NS-Elite erzogen werden und heranwachsen. Die kaltblütige Vernichtung der „Minderwertigen" ist Gipfelpunkt der Ausbildung; das „Lager" gibt Gelegenheit, die letzte Stufe in der Erlernung der Macht zu erreichen. Durch solche Menschen sollten Deutschland, Europa und die Welt am Ende geführt, der Staat in -einen SS-Staat verwandelt werden. „Das Gesamtziel ist für mich seit den 11 Jahren, seit ich Reidisführer-SS bin, immer unverrückbar dasselbe gewesen“, sagte Heinrich Himmler in einer Ansprache an das Offizierskorps der Leib-standarte SS-„Adolf-Hitler" am 7. September 1940: „einen Orden guten Blutes zu schaffen, der Deutschland dienen kann. Der unverrüdebar und ohne sich zu schonen sich einsetzen kann, weil sonst die größten Verluste an der Vitalität dieses Ordens, an der Vitalität dieser Menschen, 77 scheitern werden, weil sie immer wieder ersetzt werden. Einen Orden zu schaffen, der diesen Gedanken des nordischen Blutes so verbreitet, daß wir alles nordische Blut in der Welt an uns heranziehen, unseren Gegnern das Blut wegnehmen, es uns einstigen, damit niemals mehr, jetzt in der ganzen großen Politik gesehen, in großen Mengen und in nennenswertem Umfang nordisches Blut, germanisches Blut gegen uns kämpft. Wir müssen es an uns nehmen und — die anderen dürfen keines haben." Aus solchem „Blutanspruch" der Elite ergab sich (Rede Himmlers bei der SS-Gruppenführertagung in Posen am 4. Oktober 1943): „Wie es den Russen geht, wie es den Tschechen geht, ist mir total gleichgültig. Das, was in den Völkern an gutem Blut unserer Art vorhanden ist, werden wir uns holen, indem wir ihnen, wenn notwendig, die Kinder rauben und sie bei uns großziehen. Ob die anderen Völker in Wohlstand leben oder ob sie verrecken vor Hunger, das interessiert midi nur soweit, als wir sie als Sklaven für unsere Kultur brauchen, anders interessiert mich das nidtt. Ob bei dem Bau eines Panzergrabens 10 000 russische Weiber an Entkräftigung Umfallen oder nidtt, interessiert midi nur insoweit, als der Panzergraben für Deutschland fertig wird. Wir werden niemals roh und herzlos sein, wo es nicht sein muß; das ist klar. Wir Deutsdten, die wir als einzige auf der Welt eine anständige Einstellung zum Tier haben, werden ja audt zu diesen Mensdientieren eine anständige Einstellung einnehmen, aber es ist ein Verbredten gegen unser eigenes Blut, uns um sie Sorge zu machen und ihnen Ideale zu bringen, damit unsere Söhne und Enkel es noch schwerer haben mit ihnen.“

Die nationalsozialistischen Terror-Organisationen zeigen einen vielschichtigen, vielverzweigten Aufbau; dazu kam, daß häufig Parallel-Formationen geschaffen wurden und nebeneinander (mit dem Ziele gegenseitiger Überwachung gegeneinander) zu arbeiten hatten. Was ihre Mitglieder betrifft, so setzen sich diese (sieht man von den wenigen Zwangs-Rekrutierten und Uneingeweihten ab) zusammen aus den intellektuellen Auftraggebern und Planern und den brutalen, die „Exekutive" darstellenden Massenmördern. Der Begriff „SS“ ist zum Symbol des NS-Terrors geworden, wenn auch in Wirklichkeit die Tatbestände viel schwieriger lagen.

Nachdem die SA, besonders unter dem Stabschef Ernst Röhm (der Hitlers Gefängnishaft ausnützte), bereits 1925 zu einer so großen Organisation geworden war, daß der „Führer" ihr nicht mehr voll traute, war zum persönlichen Schutz Hitlers eine aus zwölf Männern bestehende Schutz-Staffel (SS) begründet worden. 1929 übernahm Himmler die Führung der SS; er baute sie aus und übertrug ihr die polizeiliche Bewachung aller NS-Prominenten, den Abwehr-und Spionagedienst gegenüber anderen Parteien und die Verhütung und Niederwerfung innerparteilicher Revolten. 1931 wurde der Sicherheitsdienst der Schutzstaffel, der sogenannt» SD, geschaffen — wodurch der Abwehr-und Spionagedienst der SS zu einer eigenen Körperschaft entwickelt und der Führung des ehemaligen Marineoberleutnants Reinhard Heydrich anvertraut wurde. 193 3 erfolgte die Gründung einer neuen Stabswache unter Führung von Sepp Dietrich, ferner bildete sich die SS-Verfügungstruppe, die ihrerseits in der ständig größer werdenden allgemeinen SS eine Art Elite darstellen wollte. 1936 zog Himmler ins Reichsinnenministerium ein: als Reichsführer-SS und Chef der deutschen Polizei. Damit war die Polizei der SS unterstellt worden bzw. die SS zu einem Teil der Polizei geworden. In dieser Funktion — als Parteipolizei — hatte sie sich schon 1934 beim Röhmputsch hervorgetan und ihre Nebenbuhler-Organisation, die SA, durch Ermordung der Führer entscheidend geschwächt.

Als Chef der deutschen politischen Polizei übernahm Himmler auch die vorher von der SA „betriebenen" Konzentrationslager und die darin inhaftierten „Schutzhäftlinge“. Zur Bewachung der Konzentrationslager wurden die SS-Totenkopfverbände geschaffen; der Lagerkommandant von Dachau, Theodor Eicke, dessen brutalen Dienstanweisungen ab 1934 für alle Lager verbindlich waren, wurde ab 1936 offiziell Führer der SS-Totenkopfverbände. Standorte der drei Totenkopfstandarten waren Dachau, Oranienburg und Buchenwald; in den dazu gehörigen Konzentrationslagern sollte die Ausbildung zur Härte vorgenommen werden. Zu Beginn des Krieges wurden Einheiten aus der SS-Verfügungstruppe und den SS-Totenkopfverbänden herausgezogen und zur Waffen-SS vereint. Da sich Himmler auf den zweiten Teil seines Terrorapparats, die Polizei, nicht voll verlassen konnte (ein besonderer wichtiger Teil davon war die von Göring in Preußen zunächst entwickelte und dann allgemein eingeführte „Ge-heime Staatspolizei" — die Gestapo), stellte er unter dem Namen „Polizei-Verstärkung“ neue bewaffnete Verbände auf, die vor allem — neben den anderen SS-Organisationen — im rückwärtigen Frontgebiet zu den Vernichtungsaktionen eingesetzt wurden. Wenn Heerführer, wie etwa der Oberbefehlshaber Ost, Generaloberst Blaskowitz, gegen die unvorstellbaren Schandtaten der SS-Polizei-Divisionen vorzugehen suchten, so wurden die wegen Mordes, Plünderung und Vergewaltigung ausgesprochenen Urteile nicht vollstreckt, die Militärs abberufen. — Schon zu Beginn des Polenfeldzuges hatt» Hitler die militärischen Befehlshaber warnend darauf aufmerksam gemacht, sich nicht in die Angelegenheiten zu mischen, die hinter der Front besorgt würden. Die Erklärung war zwar mit eisigem Schweigen ausgenommen worden, doch wagte es keiner der Heerführer, dagegen Stellung zu beizehen

Die Konzentrationslager

Das System der deutschen Konzentrationslager hat Eugen Kogon ausführlich und bis ins kleinste Detail, aus eigener, leidvoller Erfahrung wie aus Kenntnis der Gesamtmaterie heraus, dargestellt und geschildert Seit dieser ersten Analyse sind Hunderte von Erlebnisberichten und historischen Werken zu dieser Frage erschienen; Tausende von Dokumenten und Zeugenaussagen liegen vor; viele der ehemaligen KZ-Wächter konnten vor Gericht gestellt und ihrer Verbrechen überführt werden. Das Gesamtbild, das daraus gewonnen werden muß, ist von apokalyptischer Furchtbarkeit.

Eugen Kogon erwähnt 47 wichtige Lager, darunter Auschwitz, Bergen-Belsen, Buchenwald, Dachau, Flossenbürg, Lublin, Maidanek, Mauthausen, Neuengamme, Ohrdruf, Oranienburg, Ravensbrück, Sachsenhausen, Stutthof, Treblinka. Die Konzentrationslager waren über ganz Deutschland verteilt; die „Vernichtungslager“ befanden sich meist in Polen (Auschwitz, Maidanek, Treblinka).

Jedes KL (wie der offizielle Ausdruck hieß) hatte drei Bereiche: (1) das Lager innerhalb des Stacheldrahts mit Appellplatz, Krematorium, Häftlingskrankenhaus, Versuchsstation, Tötungsstation, Wohnbaracken; (2) den Kommandantur-Teil mit Verwaltungsgebäuden, Kasernen, Führerhäusern (auch Tiergärten, Treibhäusern, Parks, Reithallen, Kasinos); (3) die SS-Siedlungen, die sich meist wie ein Kranz um die Lagerbereiche in landschaftlich schöner Gegend zogen; hübsche Häuser und Villen, die von den Familien der in den KL tätigen SS-Leuten bewohnt wurden (I). Häufig hatten die Lager eigens von den Häftlingen betriebene Industrieanlagen in der Nähe; in Buchenwald war zudem eine „Genickschußanlage" (zur Tötung vornehmlich russischer Gefangener) errichtet worden.

Die Häftlinge der KL waren durch bestimmte Winkel und Farben gekennzeichnet; einige Gruppen wurden besonders schweren Schikanen und sadistischen Quälereien unterzogen.

Die politischen Häftlinge mußten einen roten Winkel tragen, die jüdischen politischen Häftlinge einen rot-gelben Davidsstern; die Bibel-forscher einen violetten Winkel. Kriminelle waren durch einen grünen Winkel markiert. Asoziale durch einen schwarzen. Insgesamt gab es rund 18 solcher Zeichen.

Die Bewachung der Lager war nach der Machtübernahme der SA übertragen worden, die zugleich für die Entstehung der KL verantwortlich war. Man hatte an bestimmten Plätzen die früheren politischen Gegner „konzentriert“. Die sadistischen Verbrechen, die bereits hier begangen wurden, überstiegen das normale Vorstellungsvermögen; doch war der Terror noch unsystematisch, nicht zentral gelenkt. Das änderte sich, als Himmler die Gesamtleitung übernahm und die Bewachung nun von den Totenkopf-Verbänden vorgenommen wurde: der -Ter ror erhielt seine bürokratische Form.

Während Gestapo und SD dem Reichssicherheitshauptamt unterstanden, lag die Zentrale für SS-Verfügungstruppen, Waffen-SS und Totenkopfverbände im SS-Hauptamt Berlin, dessen Chef seit 1942 Pohl war. Dem SS-Hauptamt unterstanden auch die Konzentrationslager. An der Spitze aller Ämter und Organisationen fungierte Himmler. — Der Leiter einer Hauptabteilung des SS-Hauptamtes, August Harbaum, gab an, daß allein in der Zeit vom März 1942 bis April 1945 etwa 45 000 Mann in Konzentrationslagern eingesetzt waren Die Ziele, die mit der Einrichtung der KL verfolgt wurden, waren verschiedener Art. Neben der Isolierung politischer Gegner, die Unterbringung Krimineller und „minderwertiger“ Menschen (wie Asozialer, Juden, Zigeuner), sollte — wie schon erwähnt — die Elite ihre Härte-Ausbildung hier erhalten. Zum Anreiz standen deshalb auf das „Abknallen“ von Häftlingen bei sogenannten Fluchtversuchen Prämien von Sonderurlaub, Geldzuteilung und rascher Beförderung. Die SS-Wachmannschaften versuchten so immer wieder, Häftlinge zu „Fluchtversuchen" zu provizieren — oft dadurch, daß man sie so lange schlug, bis sie den freiwilligen Tod vorzogen.

Während des Krieges begann das Wirtschafts-Verwaltungshauptamt der SS, das mit dem SS-Hauptamt zusammengelegt wurde, bestimmten Nutzen aus den KL zu ziehen. In einer Verordnung vom 6. August 1942 wird bestimmt, daß „das in allen KL anfallende Mensckenschnitthaar der Verwertung zugeführt werden müsse“ SS-Obergruppenführer Pohl entwickelte ein Formblatt, auf dem die Amortisation eines Häftlings-Sklaven vermerkt wurde.

Der tägliche Verleihlohn an Industriefirmen wurde mit RM 6, — und RM 8, — angesetzt — abzüglich 70 Pfennig für Ernährung und Kleidung. „Demnach bei durdischnittlich dreiviertel-jähriger Lebensdauer . . . 270 = RM 1431, —.“ Dieser Gewinn erhöhte sich „durch rationelle Verwertung der Hä'ftlingsleiche um den Erlös aus . . . Zahngold . . . Privatkleidern . . . Wertsachen . . , Geld ..." Diese Beträge verringerten sich je Leiche „um die Verbrennungskosten von durchsdinittlich . . . RM 2, —“

Die KL standen außerhalb der Justiz — auch der nationalsozialistischen. Wer in sie eingeliefert wurde, war vor keinem Gericht gestanden noch wurde er je vor ein Gericht gestellt. Die Polizei verhaftete, die Organe der politischen Polizei verfügten die Einweisung. Der Häftling der in ein Lager überführt wurde, war meist schon vorher Mißhandlungen ausgesetzt: er war so leicht zu bewegen, einen Schutzhaftbefehl zu unterschreiben, in dem seine Inhaftierung begründet wurde; „. . . wird wegen des Verachts hoch-und landesverräterisdter Betätigung in Schutzhaft genommen . . . wird in Schutzhaft genommen, da die Gefahr besteht, daß er von seiner Freiheit gegen den nationalsozialistischen Staat und seine Einrichtungen Gebrauch machen würde“

Bei der Ankunft im Konzentrationslager wurde der Häftling meist im Rahmen der „Empfangszeremonie“ durch SS-Leute furchtbaren Torturen unterzogen. Er sollte einen Vorgeschmack von dem erhalten, was ihm weiter bevorstand.

Was den Tagesablauf im Konzentrationslager betrifft, so wurde zwischen vier und fünf Uhr (im Winter häufig zwischen sechs und sieben Uhr) geweckt. Das Frühstück bestand aus einem Stück Brot und einem halben Liter „Kaffee" oder dünner Suppe. Der Morgenappell dauerte meist eine Stunde. Die Arbeit im Lager oder bei den vielen Außenkommandos, die bis acht Uhr abends im Sommer und fünf Uhr im Winter dauerte, wurde durch eine halbstündige Mittagspause unterbrochen. Am Abend erfolgten noch die Zählappelle, die als besondere Schikane eingeführt waren.

Ein Appell am 14. Dezember 193 8 in Buchenwald dauerte 19 Stunden (I). In der Nacht erfroren bereits 25 Menschen, bis zum Mittag des nachfolgenden Tages erhöhte sich die Zahl auf 70. Während des Abendappells erfolgten auch die „öffentlichen Bestrafungen“

Der Schlaf wurde immer wieder durch Nacht-kontrollen gestört; wer z. B. mit Unterhosen oder Socken angetroffen wurde, mußte mit schwerem Arrest rechnen.

Die SS-Mannschaften gingen methodisch daran, die Zahl der Häftlinge stetig zu reduzieren, um dadurch auch wieder Platz für Neuankömmlinge zu schaffen. Der Dezimierung, die natürlich schon durch Krankheiten, schlechte Ernährung und schwere Arbeit, d. h. „durch natürliche Auslese" (wie es in unvorstellbar zynischer Terminologie hieß) vorgeommen wurde, dienten die „Kommandos" und „Strafen“, bei denen sich die Bestialität der Wachmannschaften voll entfalten konnten.

In Buchenwald war das „Kommando“ „Gärtnerei“ besonders berüchtigt. Wer beim Stein-oder Erdtragen zusammenbrach, wurde von den häufig betrunkenen SS-Leuten niedergemacht, zertrampelt oder von den Wachhunden zerrissen. Bei der Latrinenreinigungsarbeit wurden häufig Menschen in der Jauche ertränkt. Im Steinbruch vergnügten sich die SS-Wachleute damit, Menschen durch Steinwürfe zu töten; am 1. Mai 1943 starben so 17 Häftlinge.

Bei den Strafen rangierte als leichte Form das Prügeln an erster Stelle. Verabreicht wurden 5— 25 Hiebe mit Stock, Peitsche oder Ochsen-ziemer. Die SS-Leute rissen sich häufig darum,'die Schläge vornehmen zu dürfen. Beim Baum-hängen wurden dem Häftling die Hände auf dem Rücken zusammengebunden, der Körper an dieser Fessel aufgehängt; die Qualen waren fürchterlich; die Schreie gellten durch das ganze Lager. — Wer in den Bunker kam, wurde Quälereien ausgesetzt, die jeder Beschreibung spotten. In Buchenwald betrieb dort der SS-Hauptscharführer Sommer sein sadistisches Handwerk. Selbst seine Mitverbrecher nannten ihn eine Bestie in Menschengestalt. — Die Todesstrafe wurde durch Erschießen, Erwürgen, Erhängen oder Vergiften vollzogen. Auch hier ging meist sadistisches Quälen voraus.

Wenn ein Häftling erkrankte, so war dies von vornherein eine Katastrophe. „In meinem Lager gibt es keine Kranken. Hier gibt es nur Gesunde oder Tote!“ pflegte der langjährige Lagerkommandant von Buchenwald, Koch, zu sagen. Die „Ärzte", die in den Revierbaracken Dienst taten, „heilten“ ihre Patienten häufig, indem sie sie „abspritzten", d. h. durch Injektionen töteten. „Der berüchtigste Spritzer in Buchenwald war 1941 der damalige Lagerarzt SS-Untersturmführer Dr. Eisele. Er machte regelrechte Jagdzüge durch das Häftlingslager und hielt Gefangene auf den Lagerstraßen oder auf deh Arbeitsstellen an: , Sie sehen sehr krank aus. Ich habe mir Ihre Nummer ausgeschrieben. Melden Sie sich morgen früh bei mir im Revier.'Das war das Todesurtei. Eisele betrieb das Spritzen als Sport". In Auschwitz wurden die schweren Fälle grundsätzlich auf diese Weise behandelt.

Die Kranken waren den SS-Ärzten, die häufig von Medizin nicht viel verstanden, Experimentierfeld für wahnwitzige Versuche. Vivisektionen waren beliebt Man tötete Häftlinge, weil man deren tätowierte Haut, Schädel oder Skelett erwerben wollte. In Reihenversuchen wurden Mittel gegen Fleckfieber und Malaria ausprobiert; die „Versuchstiere" starben meist.

In Dachau stellte man Höhendruck-und Unterwasserversuche mit Häftlingen an (Himmler zeigte sich besonders interessiert). Die bei Unterkühlung oder Unterdrück getöteten Opfer wurden häufig seziert, als das Herz noch schlug. Professor Clauberg nahm in Ausdiwitz Sterilisationsversuche an Jüdinnen vor. „Um die letzten . Verfeinerungen der Methode'zu erzielen, ließ er sich nochmals 300 Frauen aus Ravensbrüdt kommen, die er in Auschwitz zu Tode experimentierte oder anschließend an die E: -rimente vergasen ließ“ (E. Kogon). „Insgesamt ist der Reichsführer-SS damit einverstanden, daß Professor Clauberg für sämtliche Versudte, die er zu machen gedenkt, das entspredtende Material zur Verfügung gestellt bekommt", lautet ein Aktenvermerk aus dem SS-Hauptamt „Was in den Konzentrationslagern gesdiieht, in den Gestapokellern, mit der ganz modernen inquisitorischen Tedmik des Spitzel-und Denunziantentums, des totalen Terrors“, hatte Hermann Rausching schon kurz nach der Machtergreifung gesagt — und die Entwicklung sollte jedes seiner Worte voll bekräftigen —: „hinterläßt eine Nation, die zu einer wirklidt sdtöpferisdten Anspannung und großen Hingabe auf lange Zeit nidit mehr fähig sein wird.

„Endlösung"

Sofort nach Kriegsausbruch begann das eigentliche Vernichtungsprogramm der Nationalsozialisten — zusätzlich zu den schon seit 1933 bestehenden Konzentrationslagern — anzulaufen. Eine der ersten Handlungen bestand darin, ein Gesetz auszuarbeiten, das die Tötung aller „lebensuntüchtigen Menschen“ zum Ziel hatte. „Der Führer gab die Anordnung. Gesetz liegt fertig. Heute werden nur klare Fälle oder hundertprozentige erledigt. Später tritt eine Eweiterung ein“ — mit dieser Bemerkung unterrichtete Martin Bormann die Gauleitungen. Zur Kenntnisnahme der Justizstellen schrieb er: „In nächster Zeit beginnt Aktion. Fehlsdtläge bisher kaum eingetreten. 30 000 erledigt. Weitere 100 000 bis 120 000 warten. Den Kreis der Eingeweihten sehr klein halten. Wenn notwendig Kreisleiter rechtzeitig verständigen."

Durch die Heil-und Pflegeanstalten reisten Kommissionen, die die zur Tötung vorgeschlagenen Patienten 000 bis 120 000 warten. Den Kreis der Eingeweihten sehr klein halten. Wenn notwendig Kreisleiter rechtzeitig verständigen."

94)

Durch die Heil-und Pflegeanstalten reisten Kommissionen, die die zur Tötung vorgeschlagenen Patienten überprüften. Eine Berliner Transportgesellschaft besorgte die Beförderung zu den Vernichtungsanstalten, wo die armen Opfer meist durch Gas liquidiert wurden. Eine Schätzung ergab, daß mindestens 200 000 Menschen auf diesem Weg in Erholungsheimen, Krankenhäusern und Irrenanstalten vernichtet worden sind. Als immer mehr von diesen fürchterlichen Aktionen in der Öffentlichkeit bekannt wurde und die kirchlichen Stellen Vorstellungen erhoben, wurde die Beendigung des „Projektes“ vorläufig verschoben.

Die nächste Aufgabe, die von den Vernichtungskommandos „bewältigt" werden mußte, war die Verringerung des slawischen bzw. ostisehen Bevölkerungsteils, der durch die Kriege gegen Polen, den Balkanraum und Rußland zum „großdeutschen Reich" gekommen war. „Damit ziehen die Nationalsozialisten bewuflt einen Strich unter die aussenpolitische Richtung unser rer Vorkriegszeit. Wir setzen dort an, wo man vor sechs Jahrhunderten endete. Wir stoppen den ewigen Germanenzug nach dem Süden und Westen Europas und weisen den Blick nach dem Land im Osten. Wir schließen endliclt ab die Kolonial-und Handelspolitik der Vorkriegszeit und gehen über zur Bodenpolitik der Zukunft", hatte Hitler in „Mein Kampf“ geschrieben 95). Nun war der Augenblick der Verwirklichung gekommen. „Die Slawen sollten für uns arbeiten. Soweit wir sie nicht brauchen, mögen sie sterben. Impfzwang und deutsche Gesundheitsfürsorge sind daher überflüssig. Die slawische Frudttbarkeit ist unerwünscht. Sie mögen Präservative benutzen oder abtreiben, je mehr desto besser. Bildung ist gefährlich. Es genügt, wenn sie bis 100 zählen können. Höchstens die Bildung, die uns brauchbare Handlanger schafft, ist zulässig. Die Religion lassen wir ihnen als Ablenkungsmittel. An Verpflegung bekommen sie nur das Notwendige. Wir sind die Herren, wir kommen zuerst.“ (Denkschrift von Martin Bormann, 19. August 1942) 96).

Mit Geiselerschießungen (die man natürlich in allen Ländern anwandte: die Zahl der Opfer in Frankreich betrug 29 660) fing man an. Eine Reihe vonMilitärbefehlshabem unterstützten die Aktionen und setzten bereitwillig Quoten fest. „Treten Verluste an deutschen Soldaten oder Volksdeutschen ein, so haben die territorial zuständigen Kommandeure bis zum Rgts. -Kdr. abwärts, umgehend die Erschießung von Festgenommenen in folgenden Sätzen anzuordnen: a) Für jeden getöteten und ermordeten deutschen Soldaten oder Volksdeutschen (Männer, Frauen, oder Kinder) 100 Gefangene oder Geiseln; b) für jeden verwundeten deutschen Soldaten oder Volksdeutschen 50 Gefangene oder Geiseln . . . gez. Böhme, General der Infanterie, 10. 10. 1941 in Serbien.“ 97)

Nach der Aussage von v. d. Bach-Zelewski vor dem Nürnberger Gericht führte Himmler auf einer Rede Anfang 1941 auf der Wewelsburg aus, daß dreißig Millionen Slawen zuviel lebten. Die Wehrmacht und die damit betrauten Sonder-Verbände hätten Maßnahmen zu ergreifen, die eine rasche Durchführung der beabsichtigten „Volksverminderung“ gewährleisteten 98). Otto Ohlendorf berichtete in Nürnberg über die „Arbeit" der Einsatztruppen im Osten: „Es gab vier Einsatztruppen. Die Einsatztruppen A, B, C und D. Die Gruppe D war keiner Heeresgruppe angeschlossen, sondern der 11. Armee unmittelbar zugeteilt . . . Im Spätsommer 1941 war Himmler in Nikolajew. Er ließ die Führer und Männer der Einsatzkommandos antreten und wiederholte ihnen den gegebenen Liquidationsbefehl mit dem Hinweis, daß Führer und Männer, die an der Liquidation beteiligt seien, keinerlei persönliche oder eigene Verantwortung für die Durchführung des Befehls trügen. Die Verantwortung trüge er allein zusammen mit dem Führer . . . Von ]uni 1941 bis Juni 1942 sind von den Einzelkommandos etwa 90 000 als liquidiert gemeldet worden." 99) Frühjahr 1942 gab Himmler den Befehl, nachdem ihm bei einer Erschießung von hundert Leuten (deren Tötung er eigens angeordnet hatte) schlecht geworden war, in Zukunft Frauen und Kinder in Gaswagen umzubringen.

Zynisch kommentierte Frank die Verhältnisse in Polen: „Wenn ich für je sieben erschossene Polen ein Plakat aushängen lassen wollte, dann würden die Wälder Polens nicht ausreichen, das Papier herzustellen für solche Plakate.“ 100). Bach-Zelewski meinte in Nürnberg: „Ich bin heute der Ansicht, daß das die logische Folgerung unserer Weltansdtauung war. Wenn man jahrelang predigt, jahrzehntelang predigt, daß die slawische Rasse eine Unterrasse ist, daß die Juden überhaupt keine Menschen sind, dann muß es zu einer soldten Explosion kommen.“

In ähnlicher Weise verfuhr man mit den russischen Kriegsgefangenen. Am 28. Februar 1942 fühlte sich sogar Alfred Rosenberg, der an einer Gewinnung der russischen Bevölkerung gegen den Bolschewismus und Stalinismus dachte, bestimmt, darüber an Wilhelm Keitel zu schreiben: „Das Schicksal der sowjetisdten Kriegs-gefangenen in Deutschland ist eine Tragödie größten Ausmaßes. Von den 3, 6 Millionen Kriegsgefangenen sind heute nur nodt einige Hundertausend voll arbeitsfähig. Ein großer Teil von ihnen ist verhungert oder durch die Unbilden der Witterung umgekommen. Tausende sind auch dem Fleckfieber erlegen . . . In vielen Fällen, in denen Kriegsgefangene auf dem Marsch vor Hunger und Erschöpfung nicht mehr mitkommen konnten, wurden sie vor den Augen der entsetzten Zivilbevölkerung ersdtossen und ihre Leichen liegengelassen . . . Zu erwähnen wären endlidt nodt die Ersdtießungen von Kriegsgefangenen. So wurden z. B. in verschiedenen Lagern die . Asiaten'erschossen . . .“

Als 1944 der Bedarf an Arbeitskräften in Deutschland immer größer wurde, entwarf man ein großes „Arbeitsbeschaffungsprogramm", das auf ein „Sklavenbeschaffungsprogramm“ hinauslief: in kürzester Zeit wollte man aus der Ukraine eine Million Menschen für die Rüstungsindustrie „freistellen“. Himmler befahl den Mordkommandanten, sich vorübergehend zurückzuhalten. Die untergeordneten Stellen gaben die Anweisung entsprechend weiter. In Tschernigow ordnete Sturmbannführer Christensen für seine Kommandos an: „ . Sonderbehandlungen'sind auf ein Mindestmaß zu beschränken . . . Die Tätigkeit der Arbeitsbehörden bzw.der Werbekommissionen sind weitgehendst zu unterstützen. Dabei wird es nicht immer ohne Zwangsmittel abgehen. Bei der Überholung von Dörfern bzw. notwendig werdenden Niederbrennungen eines Dorfes wird die gesamte Bevölkerung dem Beauftragten zwangsweise zur Verfügung gestellt . . . Grundsätzlich werden keine Kinder mehr erschossen ... Wir müssen uns darüber klar sein, daß der Slawe jede weiche Behandlung als Schwäche auslegt und sidt sofort in solchen Momenten darauf einstellt. Wenn wir also durch obige Anordnung unsere harten sicherheitspolizeilichen Maßnahmen vorübergehend einschränken, so geschieht dies nur aus folgendem Grund. Das wichtigste ist die Arbeiterbeschaffung . . .“

Den Höhepunkt des NS-Mordprogramms sollte die Vernichtung des Judentums darstellen. Die „Endlösung der Judenfrage" wurde geplant, ausgearbeitet und durchgeführt von dem inneren Führungskreis der nationalsozialistischen Partei, leitenden SS-Stellen, SS-Elitetruppen und anderen Terror-Organisationen. Die furchtbare Geschichte der „Endlösung" beginnt — sieht man von der weltanschaulichen Vorbereitung und den juristischen Maßnahmen der Diskriminierung, Diffamierung und Verfolgung der jüdischen Minderheit seit 193 3 ab — mit dem 24. Januar 1939, da Heydrich — schon Chef des SS-Sicherheitsdienstes und aller Polizeiorganisationen — zum Leiter des „Zentralamtes für jüdische Auswanderung“ ernannt wurde. Das Referat bekam bald Adolf Eichmann zugewiesen; es wurde mit dem Judenreferat der Gestapo vereint und in das neue Reichssicherungshauptamt eingegliedert. Der „Auswanderungsplan“ wurde nie ernsthaft ausgenommen; nach der Besetzung Polens tauchte dagegen der Gedanke einer „Umsiedlung" in das Gebiet von Lublin auf. Der Raum war zwar sehr klein, aber man wollte sowieso nur einen Teil unterbringen. Was die übrigen Juden zu erwarten hatten, geht aus einer Vortragsnotiz des Oberbefehlshabers Ost, Generaloberst Blaskowitz, am 6. Februar 1940 hervor: „Es ist abwegig, einige 10 000 Juden und Polen, so wie es augenblicklich gesd-iieht, abzusddacltten, denn damit werden weder die polnisdte Staatsidee zersdilagen nodt die Juden beseitigt . . . Der schlimmste Sdtaden jedodt, der dem deutsdren Volkskörper aus den augenblicklichen Zuständen erwadtsen wird, ist die maßlose Verrohung und sittlidte Verkommenheit, die sich in kürzester Zeit unter wertvollem deutsdten Menschenmaterial wie eine Seuche ausbreiten wird.“ Nach dem Waffenstillstand in Frankreich überlegte man einige Zeit den Madagaskar-Plan. Alle europäischen Juden sollten auf dieser Insel unter deutscher Oberhoheit angesiedelt werden. Als der Krieg gegen Rußland begann, beschloß Hitler, den Gedanken der „Endlösung“ zu verwirklichen.

Die „Endlösung" erforderte von Anfang an eine umfangreiche Planung, der sich die NS-Stellen, besonders das „Zentralamt" im SS-Sicherheitsamt, mit pervertierter, von triebhafter Gemeinheit befeuerter Energie annahmen; von der wichtigsten Besprechung (am 20. Januar 1942 in Berlin, Am Großen Wannsee Nr. 56) ist das Protokoll erhalten geblieben. An der Konferenz nahmen teil: Beauftragte des Reichs-ministeriums für die besetzten Ostgebiete und des Innern, des Vierjahresplans, des Reichs-justizministeriums; Vertreter des Generalgouvernements, der Partei-Kanzlei, der Reichskanzlei, des Rasse-und Siedlungshauptamtes, des Reichssicherheitshauptamtes; Führer der Sicherheitspolizei und des SD. Heydrich führte aus, daß die Juden zunächst in „geeigneter Weise im Osten zum Arbeitseinsatz kommen. In großen Arbeitskolonnen, unter Trennung der Geschlechter, werden die arbeitsfähigen Juden straßen-bauend in diese Gebiete geführt, wobei zweifellos ein Großteil durch natürliche Verminderung ausfallen wird. Der allfällig endlich verbleibende Restbestand wird, da es sich bei diesen zweifellos um den widerstandsfähigsten Teil handelt, entsprechend behandelt werden müssen, da dieser, eine natürliche Auslese darstellend, bei Freilassung als Keimzelle eines neuen jüdi sehen Aufbaues anzusprechen ist. (Siehe die Erfahrung der Geschichte.) Im Zuge der praktischen Durchführung der Endlösung wird Europa von Westen nach Osten durchkämmt."

Das Zentralamt, besonders der dort führend tätige Eichmann, organisierte die Transporte in die Vernichtungslager; die Juden wurden abtransportiert aus Deutschland, Polen, Slowakei (unter Mitwirkung der Regierung), Holland, Belgien, Luxemburg, Frankreich (unter Beistand der Vichy-Regierung) Norwegen, Italien (ohne offizielle Hilfe), Ungarn (seit der deutschen Besetzung mit ungarischer Hilfe), Jugoslawien (mit kroatischer Hilfe), Bulgarien, Griechenland, Dänemark, Rumänien. Die in den einzelnen Ländern tätigen Diplomaten unterstützten häufig die Aktionen, die Militärbefehlshaber deckten sie oft genug („Für die Notwendigkeit der harten Sühne am Judentum, dem geistigen Träger des bolschewistischen Terrors, muß der Soldat Verständnis aufbringen“, hieß es in einem Tagesbefehl von Mansteins am 20. 11. 1941)

Aus Belgrad berichtet der Legationsrat Rademacher 1941 — Rademacher wurde am 17. März 1952 vom Nürnberger Schwurgericht zu 3 Jahren, 5 Monate verurteilt und floh unter Zurücklassung der Kaution —; „Im Verlauf der Aussprache ergab sich, daß es sich von vornherein nicht um 8 000 Juden handelte, sondern nur um 4 000, von denen außerdem nur 3 500 erschossen werden können. Die restlichen 500 benötigt die Staatspolizei, um den Gesundheitsund Ordnungsdienst in dem zu errichtenden Ghetto aufrechtzuerhalten . . . Die männlichen Juden sind bis Ende dieser Woche erschossen, damit ist das in dem Bericht der Gesandtschaft angeschnittene Problem erledigt.“ — In Bulgarien ist der Gesandte Beckerle voller Sorge, daß evtl. 5 000 jüdische Kinder (!) nach Palästina abgeschoben werden könnten: „. . . da wir schlechte Erfahrungen gemacht haben, wenn Juden die Möglichkeit auszuwandern gegeben wurde.“ Am 5. 4. 1943 schreibt Beckerle: „Der stimmungsmäßige Niederschlag des Judenabschubs ist innerhalb der Bevölkerung als positiv zu werten. Da es viele Existenzen gibt, die keinen richtigen Verdienst haben, versprechen sich dieselben von der Entfernung der Juden aus dem wirtschaftlichen Leben persönliche Vorteile durch Einschaltung in den jüdischen Handel. Unter Berücksichtigung dieser Verhältnisse ist das bisherige Ergebnis des Abschubs von 11 343 als zufrieden-stellend zu bezeichnen. Bei einer vereinbarten Zahl von 20 000 wurden 56 Prozent erreicht.“ — An Unterstaatssekretär Luther telegraphiert der Botschafter von Rintelen am 19. August 1942 aus Rumänien: „Die Vorbereitungen in politischer und technischer Hinsicht in bezug auf die Lösung der Judenfrage in Rumänien sind durch den Beauftragten des Reichssicherheits-Hauptamtes so weit abgeschlossen, daß mit dem Anlaufen der Evakuierungstransporte in Zeit-kürze begonnen werden kann. Es ist vorgesehen, Juden aus Rumänien, beginnend mit dem 10. 9. 1942, in laufenden Transporten nach dem Distrik Lublin zu verbringen, wo der arbeitsfähige Teil arbeitsmäßig angesetzt wird, der Rest der Sonderbehandlung unterzogen werden soll . . . Ich bitte um Genehmigung, die Abschiebungsarbeiten in der vorgetragenen Form durchführen zu können.“ — Aus Ungarn berichtet Legationsrat Eberhard von Thadden: „Ende Juni hofft man soweit zu sein, daß die Konzentrierung der in Budapest lebenden Juden beginnen kann. Insgesamt glaubt man, rund 1 000 000 Juden (evtl, sogar etwas mehr) zu erfassen, von denen etwa ein Drittel arbeitseinsatzfähig sein dürfte und von Sauckel, der OT usw. in Oberschlesien in Empfang genommen wird. Die gesamte Aktion soll etwa Ende Juli abgeschlossen sein (einschließlich Abtransport)“ Ein Dokument ist furchtbarer als das andere; sie zeigen, wie das Dritte Reich voll auf seine Diener und deren Gründlichkeit vertrauen konnte.

Die Vernichtung der Juden wurde zunächst durch Massenerschießungen vorgenommen, bei deren Durchführung das Reichssicherheitshauptamt Verbände der Polizei, der Waffen-SS, der Wehrmacht und der ukrainischen wie lettischen Miliz verwendete. Die Opfer sind an Ort und Stelle „beseitigt“ bzw. aus Deutschland und westeuropäischen Ländern in Zwangsghettos und Sammellager überführt und dann getötet worden.

Die Lager wurden ständig „geräumt“, um für die nachfolgenden Transporte Platz zu schaffen. Es kam vor, daß dabei an einem Tage — wie im Lubliner Bezirk (Aussage von SS-Sturmbannführer Dr. Morgen) — 40 000 Häftlinge erschossen wurden. Man steht fassungslos vor der abgründigen Gemeinheit, mit der Offiziere und Mannschaften ihr blutiges Handwerk ausübten, „Es wird natürlich gehörig aufgeräumt, insbesondere unter den Juden. Aber auch die Bevölkerung muß kurz gehalten werden“, heißt es in einem Brief des Gendarmeriemeisters Fritz Jacob, Kamenetz, Podolsk, 5. 5. 1942. „Es fehlt einfach nichts. N'atürlidi aber die Frau und die Kinder. Sie werden mich am besten verstehen. Mein Dieter und die kleine Line schreiben mir sehr oft nach ihrer Art. Es könnte einem manchmal das Heulen ankommen. Es ist nicht gut, wenn man ein so großer Kinderfreund ist, wie ich es war.“ Am 21. Juni 1942: „Nun, wir haben von den hier allein in Kamenetz-Podolsk lebenden Jüdlein nur noch einen verschwindenden Prozentsatz von den 24 000. Die in Rayns lebenden Jüdlein gehören ebenfalls zu unserer engeren Kundschaft. Wir mad-ien Bahn ohne Gewissensbisse und dann: ,... die Wellen schlagen zu, die Welt hat Ruh!" In einem Kriegstagebuch lesen wir (Verfasser ist ein Obergefreiter in der 12. Kompanie des 354. Infanterie-regiments, 62. Inf. -Div.): „ 7. Juli 1941 — Wir kamen in Minsk an. Unser Bataillon kriegte die Aufgabe, sechstausend Gefangene zu bewachen und alle Juden der Stadt zu erschießen. Viele Gefangene flüchteten in der Nacht, und wir mußten von der Waffe Gebrauch “ madren. Wir haben allein fünfhundert Juden umgelegt.

5. Oktober 1941 — Gestern abend suchte unser Leutnant fünfzehn Mann mit starken Nerven. Habe midi selbstverständlidt freiwillig gemeldet. Wir haben nidtt gewußt, was es sollte. Heute früh um fünf sollten wir vor der Kompanie-Kanzlei antreten mit Helm, und pro Mann dreihundert Patronen bekommen. Wir warteten mit großer Spannung auf den Morgen. Punkt fünf traten wir an und der Leutnant erklärte uns, was wir zu tun hatten. Es gab ungefähr tausend Juden im Dorf Krupka, und die sollten heute alle erschossen werden. Ein Zug wurde uns als Wadimannsdtaft zugeteilt. Die hatten aufzupassen, daß niemand entwischte. Um punkt sieben hatten alle Juden auf dem Rapportplatz anzutreten — Männer, Frauen und Kinder. Die Präsenzliste wurde abgelesen — und dann marschierte die ganze Formation ab. Direktion der nächste Sumpf. Das Hinriditungskommando, zu dem ich gehörte, marschierte voran, und die Wachmannschaft marschierte rechts und links. Es war ein regnerisdter Tag und der Himmel eine einzige schwere Wolke wie aus Blei. Man hatte den Juden gesagt, daß sie alle nadt Deutsdiland geschickt werden sollten, damit sie dort arbeiten. Aber als es quer über das Geleise von der Schmalspurbahn und weiter in Ridttung auf den Sumpf zuging, ging den meisten ein Licht auf. Eine Panik brach aus und die Wachmannsdiaft hatte alle Hände voll zu tun gehabt, daß sie den Haufen zusammenhielt. Wie wir bei dem Sumpf angekommen sind, haben sie sich alle hinsetzen müssen mit dem Gesidtt in der Ridttung, aus der wir gekommen sind. Fünfzig Meter davon war ein tiefer Graben voll Wasser. Die ersten zehn mußten sich neben diesen Graben stellen und sidt bis zum Gürtel ausziehen, dann mußten sie ins Wasser hinuntergehen, und das Abschußkommando, also wir, sind über ihnen am Ufer gestanden. Ein Leutnant und ein Unteroffizier, die hatten wir bei uns. Zehn Schüsse, zehn Juden umgelegt. Das ist so weitergegangen, bis wir sie alle erledigt hatten. Nur wenige haben dabei iftre Haltung bewahrt. Frauen haben sich an ihre Männer geklammert und Kinder haben sidt an ihre Mütter geklammert. Es war ein Schauspiel, das man nicht schnell vergißt."

Als man durch Erschießungen den „anfallenden Bedarf“ — die Sprache der NS-Schergen ist durch einen ungeheuerlichen Zynismus gekennzeichnet — nicht mehr „erledigen“ konnte, setzte man „Gaswagen" ein. Die Menschen wurden in Lastwagen gebracht, die oft als Wohnwagen getarnt waren; eiserne Türen verhinderten ein Entkommen. Das Auspuffrohr des Motors war nach innen geleitet; das tödliche Gas ließ die Insassen ersticken. „Da die Chauffeure, um sdtneller mit ihrer grausigen Arbeit fertig zu werden, den Motor auf höchsten Touren laufen ließen — vielleicht wollten sie auch nidtt das Schreien der Unglücklichen hören — drang weniger Gas in das Wageninnere als vorgesehen war, so daß die Mensdten in den Wagen (häufig) nidtt vergast wurden, sondern erstickten.

Ihr Todeskampf muß furdttbar gewesen sein, denn die Leichen wiesen ausnahmslos Spuren von Blut auf, das ihnen aus Augen, Ohren, Nase und Mund gedrungen war. Ich habe lange Zeit nidtt verstanden, warum der SS-Offizier vorher soldt eine beruhigende Ansprache an die Todeskandidaten richtete. Das Geheimnis wurde mir erst offenbar, als ich aus einer Meldung des SS-Arztes . . . entnahm, daß eine Beunruhigung der Sdtlachtopfer , tunlichst zu vermeiden sei', damit der Tod sdtneller eintreten könnte. Also nidtt aus Mitgefühl hielt man die Ansprache, sondern um den Tod schneller herbeizuführen — um schnellere Arbeit leisten zu können."

Wie sonst im nationalsozialistischen Terror-system war auch hier das Verbrechen bürokratisch bis ins kleinste geregelt. Der Befehlshaber der Sipo u. d. Ostland Roem. 1 T 126/42 GRS, Truehess, HSTUF fordert z. B. vom Reichssicherheitshauptamt: „Beim Kommandeur der Sipo und des SD-Weißruthenien trifft wödtentlich ein Judentransport ein, der einer Sonderbehandlung zu unterziehen ist. Die dort vorhandenen S-Wagen reichen für diesen Zweck nidtt aus, Idt bitte um Zuweisung eines weiteren S-Wagens (5 Tonner). Gleichzeitig wird gebeten, für die vorhandenen 3 S-Wagen noch 20 Abgassdtläudte mitzusenden, da die vorhandenen bereits undicht sind."

Am 8. Dezember 1941 war Chelmno als erstes Gaslager eröffnet worden; Belzec und die übrigen folgten März 1942 nach. Auschwitz war ausersehen, das „Zentrallager" zu werden; die umfangreichsten Aktionen wurden hier vorgenommen. Der Kommandant von Auschwitz, Rudolf Höß, der vor seiner Hinrichtung im Nürnberger Prozeß aussagte und sein Geständnis in einem umfangreichen Bericht niederschrieb, berichtete, daß er im Sommer 1941 plötzlich zu Reichsführer-SS Heinrich Himmler nach Berlin befohlen worden sei. „Entgegen seiner sonstigen Gewohnheit eröffnete er mir ohne Beisein eines Adjutanten dem Sinne nadt folgendes: , Der Führer hat die Endlösung der Judenfrage befohlen, wir — die SS — haben diesen Befehl durchzuführen ... Ich habe daher Auschwitz bestimmt, einmal wegen der günstigen verkehrstechnisdten Lage und zweitens läßt sidt das dort dafür zu bestimmende Gebiet leicht absperren und tarnen . . Kurze Zeit darnadt kam Eichmann zu mir nach Ausdtwitz. Er weihte midt in die Pläne der Aktion in den einzelnen Ländern ein ... Wir bespradten weiter die Durchführung. Es käme nur Gas in Frage, denn durch Erschießen die zu erwartenden Massen zu beseitigen, wäre schlechterdings unmöglich ... Eichmann madtte midt bekannt mit der Tötung durch die Motoren-Abgase in Lastwagen ... Dies käme aber für die Massen-Transporte nicht in Frage ... Eichmann wollte sich nach einem Gas, das leicht zu besdtaffen wäre und keine besondere Anlagen erforderte, erkundigen .,

In dem Bericht des Rudolf Höß, eines naivautoritätsgläubigen, dumpf-ehrgeizigen, von konfusen Idolen beherrschten Mannes (der in seinen verbrecherischen Handlungen „Plichterfüllung" sah, was keineswegs einen Sonderfall bei den NS-Charakteren darstellte) heißt es dann weiter: „Zu weldter Zeit die Judenvernidttung begann, vermag ich nicht mehr anzugeben. Wahrscheinlich 1942. Es handelt sich zuerst um Juden aus Ostobersdtlesien. Diese Juden wurden durdt die Staatspolizei (Stapo) -Leitstelle Kattowitz verhaftet und in Transporten mit der Bahn auf ein Abstellgleis auf der Westseite der Bahnstredee Ausdtwitz—Dziedzice gebracht und dort ausgeladen.

An der Bahnrampe wurden die Juden von einer Bereitschaft des Lagers von der Stapo übernommen und in zwei Abteilungen durch den Schutzhaftlagerführer nadt dem Bunker, wie die Vernichtungsanlage bezeichnet wurde, gebradit. Das Gepädt blieb an der Rampe und wurde dann nach der Sortierstelle gebracht. Die Juden mußten sidt bei dem Bunker ausziehen, es wurde ihnen gesagt, daß sie zur Entlausung in die audt so bezeichneten Räume gehen müßten. Alle Räume, es handelte sidt um fünf, wurden gleichzeitig gefüllt, die gasdicht gemachten Türen zugeschraubt und der Inhalt der Gasbüdtsen durch besondere Luken in die Räume geschüttet.

Nadt Verlauf einer halben Stunde wurden die Türen wieder geöffnet, in jedem Raum waren zwei Türen, die Toten wurden herausgezogen und auf kleinen Feldbahnwagen auf einem Feldbahngleis nadt den Gruben gefahren. Die ganze Arbeit, Behilflidtsein beim Ausziehen, Füllen des Bunkers, Beseitigung der Leidten sowie das Aussdtachten und Zuschütten der Massengräber wurde durdt ein besonderes Kommando von Juden durdtgeführt, die gesondert untergebracht waren und laut Anordnung Eichmanns (die Dienststelle Eidtmann war die zentrale Befehlsstelle bei der Verniditung der im deutsdten Aladttbereich lebenden Juden) nadt jeder größeren Aktion ebenfalls vernidttet werden sollten.

Während der ersten Transporte schon brachte Eidtmann einen Befehl des Reichsführers SS (RFSS), wonadt den Leichen die Goldzähne aus-zuziehen und bei den Frauen die Haare abzuschneiden seien. Diese Arbeit wurde ebenfalls von dem Sonderkommando durdtgeführt. Die Aufsicht bei der Vernidttung hatte zu der Zeit jeweils der Rapportführer. Kranke Personen, die man nidtt in die Gasräume bringen konnte, wurden durdt Genidcsdtuß mit dem Kleinkalibergewehr getötet. Ein SS-Arzt mußte ebenfalls zugegen sein. Das Einwerfen des Gases erfolgte durdt die ausgebildeten Desinfektoren.

Noch im Sommer 1942 wurden die Leichen in die Massengräber gebracht. Erst gegen Ende des Sommers fingen wir an mit der Verbrennung; zuerst auf dem Holzstoß mit zirka 2000 Leidten, nadther in den Gruben mit den wieder freigelegten Leichen aus der früheren Zeit. Die Leichen wurden zuerst mit Ölrückständen, spä- ter wit Methanol übergossen. In den Gruben wurde fortgesetzt verbrannt, also Tag und Nacht. Ende November 1942 waren säwtlidte Massengräber geräumt. Die Zahl der in den Massengräbern vergrabenen Leichen betrug 107 000.

Schon bei den ersten Verbrennungen im Freien zeigte es sich in Auschwitz, daß auf die Dauer dies nicht durchzuführen sei. Bei schlechtem Wetter oder starkem Wind trieb der Verbrennungsgeruch viele Kilometer weit und führte dazu, daß die ganze umwohnende Bevölkerung von den ]uden-Verbrennungen sprach, trotz der Gegenpropaganda von seifen der Partei und der Verwaltungsdienststellen. Weiterhin erhob die Luftabwehr Einspruch gegen die weithin in der Luft sichtbaren nächtlichen Feuer. Es mußte aber auch nachts weiter verbrannt werden, um die eintreffenden Transporte nicht abstoppen zu müssen. Das Fahrplanprogramm der einzelnen Aktionen, das in einer Fahrplankonferenz durch das Reichsverkehrsministerium genau festgelegt war, mußte unbedingt eingehalten werden, um eine Verstopfung und Verwirrung der betreffenden Bahnlinien zu vermeiden, insbesondere aus militärischen Gründen. Obige Gründe führten nun zu der mit allen Mitteln vorwärtsgetriebenen Planung und dem schließlidten Bau der beiden großen Krematorien, und 1943 zum Bau der zwei weiteren kleineren Anlagen. Eine später noch beabsichtigte, die im Bau befindlichen bei weitem übertreffenden Anlage kam nicht mehr zur Durchführung, da im Herbst 1944 der RFSS (Reichsführer SS Himmler) die sofortige Einstellung der Judenvernichtung befahl.

Die beiden großen Krematorien I und 11 hatten je fünf Drei-Kantmer-Öfen und konnten innerhalb 24 Stunden je zirka 2000 Leichen verbrennen. Die Verbrennungskapazität zu steigern, war feuerungstechnisdt nidit möglich. Versuche führten zu sdtweren Schäden, die mehrere Male zum gänzlidten Außerbetriebsetzen führten. Die beiden Krematorien l und 11 hatten unterirdisch gelegene Auskleide-und Vergasungsräume, die be-und entlüftet werden konnten. Die Leidten wurden durch einen Aufzug nach den oben befindlichen Öfen gebracht.

Die beiden kleineren Krematorien 111 und IV sollten nach der Beredtnung dttrdt die Baufirma Topf, Erfurt, je 1500 innerhalb 24 Stunden verbrennen können. Durch die kriegsbedingte Materialknappheit war die Bauleitung gezwungen, III und IV materialsparend zu bauen, daher die Auskleide-und Vergasungsräume oberirdisch und die Öfen in leichterer Bauart. Es stellte sidt aber sehr bald heraus, daß die leichtere Bauart der Öfen, je zwei Vier-Kammer-Öfen, den Anforderungen nidit gewachsen waren. -

Die Asche fiel während des ohne Unterbredtung fortgesetztenVerbrenneits durch die Roste und wurde laufend entfernt und zerstampft. Das Aschenmehl wurde mittels Lastwagen nach der Weichsel gefahren und dort schaufelweise in die Strömung geworfen, wo es sofort abtrieb und sich auflöste.

Die Wertsadien wurden durch eine besondere Abteilung der Standortverwaltung erfaßt und durdt Fachleute nach Werten sortiert, ebenso die gefundenen Geldsorten. Bei den gefundenen Wertsachen handelte es sich meist — besonders bei den Judentransporten aus dem Westen — um wertvollste Dinge. Edelsteine von Millionen-wert, brillantenbesetzte Uhren, Gold-und Platinuhren von erheblichen Seltenheitswerten. Geldsorten aller Herren Länder in Millionen. Eine besondere Abteilung der Reidtsbank befaßte sich nur mit diesen Sadten aus den Juden-aktionen. Wie ich einmal von Eichmann hörte, wurden die Preziosen und Devisen in derSdtweiz verhandelt, ja man beherrsdite damit den gesamten Schweizer Preziosenmarkt.

Das Zahngold wurde im SS-Revier von den Zahnärzten zu Barren eingeschmolzen und monatlich dem Sanitätshauptmann zugeführt. Auch in den plombierten Zählen fand man Edelsteine von ungeheurem Wert.

Die abgeschnittenen Frauenhaare wurden einer Firma in Bayern für Rüstungszwecke zugeführt.

Alle nicht mehr brauchbaren Kleidungsstücke wurden der Textilverwertung zur Verfügung gestellt, unbraudtbares Schuhwerk zerlegt, soweit wie möglich verwertet, der Rest als Ledermehl verarbeitet.“

Um die Deportationen in die Sammellager und die Transporte zur „Sonderbehandlung" und „Endlösung" möglichst rasch und reibungslos durchführen zu können, suchte man die ausersehenen Opfer durch abscheuliche Täuschungstricks zu beruhigen. Die Gerüchte, die umliefen — hieß es — wären vom Feind böswillig ausgestreut worden; in Wirklichkeit gehe es den Juden gut. „Erst 1941 seien die ersten Maßnahmen gegen die Juden in Europa ergriffen worden, und zwar habe es sich um die Verordnung zum Tragen des Judensterns gehandelt. Später wurde dann durdt eine planmäßige Isolierung und Einsd-taltung der Juden in den europäisdten Arbeitsprozeß diese erste Maßnahme erweitert. Das seien aber auch die einzigen Maßnahmen, die gegen die Juden unternommen wurden. Bei den Maßnahmen zur Isolierung und Einschaltung in den Arbeitsprozeß habe man eine ganze Reihe von humanitären Gesichtspunkten zur Anwendung gebracht, es seien z. B. alle alten Juden ausgenommen worden, ebenso solche, die etwaige besondere Verdienste aufzuweisen hatten" (Stabsleiter Helmut Sündermann am 7. Oktober 1943 nach den Deportationen in Dänemark und Ungarn vor Vertretern der Auslandspresse) In Theresienstadt errichtete man ein „Musterghetto" mit einigermaßen erträglichen Bedingungen, das man auch Rot-Kreuz-Kommissionen vorführte; daß aus Theresienstadt die Todestransporte nach Auschwitz genauso zusammengestellt wurden wie aus anderen Orten und Ländern, verschwieg man. Man zwang Juden, Briefe aus den Vernichtungslagern zu schreiben (an ausländische Adressen), in denen sie ihre „glückliche Ankunft“ mitteilten und von ihrem „Wohlbefinden“ sprachen; und dies, obwohl die meisten Ankommenden selten den ersten Tag im Vernichtungslager überlebten. — In Belzec, Chelmno, Sibbor und Treblinka wurden fast alle sofort ermordet, aus Belzec, dem Ziel von Hunderttausenden, ist nur ein einziger Überlebender bekannt (I) Selbst vor den Gaskammern hielten SS-Offiziere noch beruhigende Reden, die jede Panik verhindern und die Aktion rascher gestalten helfen sollten.

Die weitgehende Geheimhaltung, die Täuschungsmanöver sowie die Tatsache, daß die unglaublich großen Vernichtungsaktionen allein durch ihren gigantischen, Umfang nicht wahr zu sein schienen, brachten es mit sich, daß weite Kreise des deutschen Volkes und des feindlichen Auslandes erst sehr spät — und teilweise überhaupt nicht — von den Verbrechen Kenntnis nahmen. Doch hatten auf der anderen Seite die Erschießungen in Rußland so viele Soldaten mit dem Terror in irgendeiner Form in Berührung gebracht, daß sogar genauere Einzelheiten in Deutschland die Runde machten. Viele Menschen haben zudem versucht, den schwer leidenden Brüdern und Schwestern jüdischen Glaubens zu helfen; allein die Anzahl der in und bei Berlin im Verborgenen lebenden und dadurch überlebenden Juden wird auf 3000— 4000 geschätzt. Die geheimen Oppositionskreise — die Verschwörer des 20. Juli wie der Geschwister-Scholl-Gruppe und vieler andere — taten ihr möglichstes. In Wilna hat der Feldwebel Anton Schmidt bis zu seiner Verhaftung 1943 sehr vielen Juden zur Flucht aus dem Ghetto verhülfen. Frühjahr 1943 sagte Bischof Wurm von Württemberg — wobei er vielen Deutschen aus blutendem Herzen sprach: „Wir Christen empfinden die Vernichtungspolitik gegen das Judentum als ein schweres und für das deutsche Volk verhängnisvolles Unrecht. Das Töten ohne Kriegs-notwendigkeit und ohne Urteilsspruch widerspricht auch dem Gebote Gottes, wenn es von der Obrigkeit angeordnet wird, und wie jedes bewußte Übertreten von Gottes Geboten rächt sich auch dieses früher oder später. Unser Volk empfindet vielfach die Leiden, die es durch die feindlichen Luftangriffe ertragen muß, als Vergeltung für das, was den Juden angetan worden ist.“

Bis in die letzten Tage des Krieges hinein wütete der NS-Terror weiter. Die Vernichtungsmaschinerie fraß Hekatomben von Menschen, verrichtete unbarmherzig ihre mörderische Tätigkeit. Eine Gesamtbilanz, die nur ungenau sein kann, da die Nationalsozialisten bei ihren Vernichtungsaktionen keine genauen Namens-listen aufstellten, sondern „waggonweise" vorgingen, führt zu Zahlen, die durch Worte nicht mehr kommentiert werden können. Gerald Reitlinger gibt als Mindestzahl 4 194 200. als Höchstzahl 4 815 000 getöteter Juden an; zu ähnlichen Ergebnissen kommt Helmut Krausnick „Es ist zunächst festzustelleti, daß man innerhalb eines bevölkerungsstatistisch begrenzten Gesawtrahmens auf Schätzungen angewiesen bleibt, da diejenigen Juden, die in den polnischen Vernichtungslagern nach ihrer Ankunft sofort den Gaskanttttern zugeführt wurden, nicht registriert worden sind . . . Die Zahl von 6 Millionen getöteter Juden beruht unter anderem auf der Nürnberger Aussage des ehemaligen stellvertretenden Gruppenleiters im Amt VI des Reidtssicherheitsamtes, SS-Sturmbannführer Dr. Hoettl. Danach hat der Judenreferent im Reichssicherheitshauptamt (Amt VI, Gestapo) SS-Obersturmbannführer Eichmann, Hoettl im August 1944 in Budapest auf Grund eines kurz vorher Himmler erstatteten Berichts erklärt, in den verschiedenen Vernichtungslagern seien etwa 4 Alillionen Juden getötet worden ... Himmler sei mit diesem Bericht nicht zufrieden gewesen, da nadr seiner Meinung die Zahl der getöteten Juden 6 Millionen überschritten habe ... Die Zahl von nur 1, 5 Millionen getöteter Juden, die sich angeblidt auf jüdische Statistiken stützte, wurde in den . Baseler Nadirichten'bereits im Juni 1946, also vor Abschluß des Nürnberger Hauptprozesses und näherem Bekanntwerden seiner dokumentarisdien Unterlagen, genannt“ (H. Krausnick)

Hinzu kommt die Zahl der in den besetzten Gebieten, besonders im Osten, hingemordeten Menschen (die uns unbekannt ist) und die Zahl der in den KZ-Lagern umgekommenen Häftlinge, die sich auf etwa 1 180 000 Tote beläuft von 7— 8 Millionen Häftlingen — unter Einschluß der Vernichtungslager — haben etwa 530 000 den Terror überstanden.

„Für das geschichtliche und moralische Urteil über diese maßlosen Verbrechen ist es selbstverständlich unerheblich, wieviele Millionen die Gesamtzahl der Umgekommenen beträgt. Diese Vorgänge übersteigen dermaßen alle menschliche Vorstellungskraft, hinter diesen nackten Zahlen verbirgt sich eine soldte Fülle von mensdilichem Leid und Schmerz, von Angst und Verzweiflung, daß alle Worte versagen müssen, wenn man versudten sollte, das Unvorstell- bare auszudrüdten. Der Mensdt ist kaum in der Lage, das Leiden eines einzigen Mitmensdien nachzuempfinden. Wie sollte er es für Millionen tun können?“ (Walther Hofer.)

Doch uns ist als Verpflichtung auferlegt: die mit-leidende Erinnerung an die Toten, die warnende Mahnung für die Kommenden. Wir versagen, wenn wir vergessen wollten, was nicht vergessen werden darf, wenn wir zu entschuldigen suchten, was die schwerste Schuldenlast unserer Geschichte ist und bleiben wird; vielleicht erstehen aus der schmerzvollen Rückbesinnung Kräfte, die uns helfen, die Gefahren der Zukunft zu meistem. „Einmal, glaube ich, muß das Entsetzen uns erreidten — sonst gibt es kein Weiter“ (Max Frisch).

Fussnoten

Fußnoten

  1. Die nationalsozialistische Revolution. Tatsachen und Urkunden. Hrsg, von Walther Gehl (BresTau 1933) S. 114 f.; ferner T 52 A— 1722.

  2. Vgl. Horst Hildebrandt, Quellen zur Verfassungsgeschichte. Die deutschen Verfassungen des 19 und 20. Jahrhunderts (Paderborn 1950) S. 32 ff.

  3. Zit. nach Walther Gehl, a. a. O. S. 108 f.; ferner T 52 A— 1722.

  4. Carl Schmitt, Stadt, Bewegung, Volk. Die Dreigliederung der politischen Einheit (Der deutsche Staat der Gegenwart; Hamburg 21933) S. 7 t.

  5. Zit. nach: Geschichtliche Quellenhefte. Quellen zur deutschen Geschichte seit 1919 (Frankfurt -Berlin-Bonn 1959) S. 33, 34, 35; ferner T 52 A- 1722.

  6. Joseph Goebbels, Vom Kaiserhof zur Reichskanzlei - Eine historische Darstellung in Tagebuchblättern (München 1938) S. 287.

  7. Völkischer Beobachter, München 24. März 1933.

  8. Vgl. W. Hammer, Hohes Haus in Henkers Hand (Frankfurt 1956).

  9. Joseph Goebbels, a. a. O. S. 254; vgl. auch S. 277 ff.

  10. Zit. nach Otto Schwarz — Erwin Noack: Die Gesetzgebung des Dritten Reiches. Ein Grundriß (Berlin 1934) S. 34.

  11. Joseph Goebbels, a. a. O. S. 262.

  12. Zit. nach Walther Hofer, a. a. O. S. 60.

  13. Vgl. Otto Dietrich, Das Wirtschaftsdenken im Dritten Reich (München 1936) S. 11; ferner George W. F. Hallgarten, Hitler, Reichswehr und Industrie (Frankfurt 1955).

  14. Zit. nach Wirtschaft und Politik, 1933— 1945. Dokumente mit verbindendem Text, hrsg. von W. Treue und Günther Frede (Braunschweig o. J.) S. 42.

  15. Wirtschaft und Politik, a. a O. S. 45.

  16. Zit nach: Wirtschaft und Politik, a. a. O. S. 16.

  17. Zit. nach: Wirtschaft und Politik, a. a. O. S. 17.

  18. Reichsgesetzblatt 1934, I, S. 45.

  19. A. Hunke, Das Recht auf Arbeit, in: Die deutsche Volkswirtschaft 1934, Nr. 13.

  20. Otto Schwarz und Erwin Noack, a. a. O. S. VI.

  21. Hermann Göring, Aufbau einer Nation (Berlin 1934) S. 86/87.

  22. Kundgebung der NSDAP in Frankfurt a. M. T C 927

  23. Hermann Göring, a. a. O. S. 89.

  24. Hermann Rauschning, Gespräche mit Hitler (Zürich—Wien—New York 1940) S. 81.

  25. Fränkische Tageszeitung (Nürnberg, Jahrg. 1934).

  26. Otto Schwarz und Erwin Noack, a. a. O. S. 11.

  27. Schwarz-Noack, a. a. O. S. 12. Walther Hofer, a. a. O. S. 61/62.

  28. Carl Schmitt, a. a. O. (Anm. 5), S. 22.

  29. Vgl. Rang-und Organisationsliste der NSDAP (Stuttgart 1947).

  30. MK, S. 422, 326, 509, 652.

  31. Vgl. Arno Klönne, Die Hitler-Jugend — Die Jugend und ihre Organisation im Dritten Reich (Marburg 1956).

  32. Philipp Bouhler, Kampf um Deutschland. Ein Lesebuch für die deutsche Jugend (1501. — 1550. Tausend. Berlin 1942) S. 99.

  33. 3. Sitzung der IX. Wahlperiode des Deutschen Reichstages, 13. 7. 1933, Ansprache Adolf Hitlers: Entstehung und Verlauf der Revolte am 30. Juni 1934 (T 1411).

  34. Hans Frank, Im Angesicht des Galgens. Deutung Hitlers und seiner Zeit auf Grund eigener Erlebnisse und Erkenntnisse. Geschrieben im Nürnberger Justizgefängnis (München-Gräfelfing 1953) S. 151.

  35. Zit. nach Andre Francois-Poncet: Als Botschafter in Berlin (1931 bis 1938) (Mainz 1947) S. 199.

  36. T 1411 (vgl. Anmerkung 36).

  37. Reichsgesetzblatt, Jahrg. 1934, I, Nr. 71.

  38. Hans Frank, in: Deutsches Recht, 6. Jahrg. (1936) S. 10.

  39. Zit. nach: Walther Hofer, a. a. O. S. 255.

  40. Zit. nach Franz G. Grosse, Die falschen Götter (Heidelberg 1946).

  41. In: Reichstagsbrandprozeß — Dokumente, Briefe und Aufzeichnungen von G. Dimitroff (Berlin 1946); ferner T 57— 170.

  42. Vgl. Frankfurter Hefte, Jahrg. 1960, Hefte 5 und 6 (Eugen Kogon, Die neue Argumentation in Sachen Reichstagsbrand).

  43. Vgl. Fabian v. Schlabrendorff, Offiziere gegen Hitler (Frankfurt 1956) S. 31, 32.

  44. Zit. nach: Quellen zur deutschen Geschichte, a. a. O. (Anm, 6) S. 38.

  45. Adolf Hitler, Tischgespräche 1941— 1942, hrsg. von Henry Picker (Bonn 1951) S. 106, 213. 242.

  46. Vgl. Hubert Schorn, Der Richter im Dritten Reich, Geschichte und Dokumente (Frankfurt 1959).

  47. Alfred Rosenberg (Hrsg.), Das Parteiprogramm. Wesen, Grundsätze und Ziele der NSDAP, 21. Ausl. (München 1941), S. 15 ff.

  48. Vgl. Karl Alt, Todeskandidaten. Erlebnisse eines Seelsorgers im Gefängnis München-Stadelheim (München 1947).

  49. Vgl. auch Günter Fraschka, Fertigmachen zum Erschießen. Zwischen Willkür und Gewissen (Rastatt 1960).

  50. Alfred Rosenberg (Hrsg.), Das Parteiprogramm, a. a. O. S. 15 ff.

  51. Roland Freisler, Richter und Gesetz, in: Grundlagen und Aufbau und Wirtschaftsordnung des nationalsozialistischen Staates (Berlin o. J.), Band 1, Beitrag 17, S. 12 8 ff.

  52. Zit. nach: Walther Hofer, a. a. O. S. 178.

  53. Zit. nach: 20. Juli 1944, hrsg. von der Bundeszentrale für Heimatdienst (Bonn o. J.) S. 176.

  54. Fabian von Schlabrendorff, a. a. O. S. 170 ff. (vgl. auch 162 ff.).

  55. Schwarz-Noack, a. a. O. (Anm. 11) S. 15.

  56. Alfred Rosenberg (Hrsg.), Das Parteiprogramm der NSDAP, a. a. O. S. 15 ff.

  57. 6. Sitzung der IX. Wahlperiode des Deutschen Reichstags, abgehalten während des Reichs-parteitags in Nürnberg (T C 444). Vgl. auch Schwarz-Noack, a. a. O. S. 15 ff.

  58. Reichsbürgergesetz vom 15. September 1935, Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre vom 15. September 1935, Gesetz zum Schutze der Erbgesundheit des deutschen Volkes (Ehegesundheitsgesetz) vom 18. Oktober 1935 nebst allen Ausführungsvorschriften und den einschlägigen Gesetzen und Verordnungen, (München und Berlin 1936) S. 14— 19.

  59. Zit. nach Leon Poliakov — Josef Wulf: Das Dritte Reich und seine Diener — Dokumente (Berlin-Grunewald 1956) S. 256 ff.

  60. Vgl. Hermann Graml, Der 9. November 1938 (Bonn 1958) (Bundeszentrale für Heimatdienst).

  61. Zit. nach: Fränkische Tageszeitung, Nürnberg, 12. November 1933.

  62. Zit. nach Fränkische Tageszeitung, Nürnberg, 14. November 1933.

  63. Fränkische Tageszeitung, Nürnberg, 11. November 1933.

  64. Zusammengestellt in: Unsere jüdischen Mitbürger. Deutsche Lehrer-Briefe (Februar 1960) Nr. 2/1960, S. 44 ff

  65. Zit. nach Poliakov-Wulf, a. a. O. S. 231.

  66. Zit. nach Poliakov-Wulf, a. a. O. S. 211 ff.

  67. Zit. nach: Internationaler Militärgerichtshof, Der Prozeß gegen die Haupkriegsverbrecher (Nürnberg 1947/49) Band XXIX, S. 145.

  68. Joseph Goebbels, Vom Kaiserhof zur Reichskanzlei. Eine historische Darstellung in Tagebuch-blättern (München 1938) S. 292.

  69. MK S. 772.

  70. Zit. nach H. G. Adler, Der Kampf gegen die „Endlösung“ der Judenfrage. Aus Politik und Zeit-geschichte (Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament), B. VIII/58, S. 84.

  71. H. G. Adler, a. a. O. S 84.

  72. H. G. Adler, a. a. O. S. 84.

  73. Zit. nach Leon Poliakov -Josef Wulf, Das Dritte Reich und die Juden. Dokumente und Aufsätze (Berlin-Grunewald 1955) S. 178 f.

  74. Zit. nach Poliakov-Wulf, a. a. O. S. 180 f.

  75. Zit nach H. G. Adler, a. a. O. S 92.

  76. Zit nach H G. Adler, a. a. O. S 92.

  77. Internationaler Militärgerichtshof, a. a. O. Band XXIX, S. 109.

  78. Internationaler Militärgerichtshof, a. a. O. Band XXIX. S. 122 f.

  79. Fabian v. Schlabrendorff, Offiziere gegen Hitler (Frankfurt 1959) S. 47 f.

  80. Eugen Kogon, Der SS-Staat, Das System der deutschen Konzentrationslager (151. - 162. Tausend; o. O. 1959).

  81. Zit. nach Walther Hofer, a. a. O. S. 115f.

  82. Leon Poliakov -Josef Wulf, Das Dritte Reich und seine Diener (Berlin-Grunewald 1956) S. 483.

  83. Eugen Kogon, a. a. O. S. 357 f.

  84. Ebd. S. 72 ff.

  85. Ebd. S. 83.

  86. Robert Leibbrand, Buchenwald. Ein Tatsachenbericht zur Geschichte der deutschen Widerstandsbewegung (Stuttgart 1946) S. 29 f.

  87. Eugen Kogon, a a. O S. 172 ff., -vgl. ferner Alexander Mitscherlich und Fred Mielke, Medizin ohne Menschlichkeit. Dokumente des Nürnberger Ärzteprozesses (Frankfurt, Neuauflage 1960).

  88. Eugen Kogon a. a. O. S. 187 f.; Poliakov-Wulf (Anm 85) S. 462.

  89. Hermann Rauschning, Die Revolution des Nihilismus. Kulisse und Wirklichkeit im Dritten Reich (Zürich-New York 1938).

  90. Zitiert nach Joe J Heydecker und Johannes Leeb, Der Nürnberger Prozeß, Bilanz der Tausend Jahre (Köln-Berlin 1958) S. 338.

  91. Zit. nach Heydecker-Leeb, a. a. O. S. 338.

  92. Ebd. S. 423.

  93. Ebd. S. 424.

  94. Ebd. S. 426; vgl. auch Hans-Günther Seraphim, Das politische Tagebuch Alfred Rosenbergs aus den Jahren 1934/35 und 1939/40 (Göttingen-Berlin-Frankfurt 1956).

  95. Heydecker-Leeb, a. a. O. S. 441.

  96. .

  97. Poliakov-Wulf (Das Dritte Reich und die Juden), a. a. O. S. 119 ff.

  98. Poliakov-Wulf (Das Dritte Reich und seine Diener), a. a. O. S. 451.

  99. Ebd. S. 33, 34, 49, 51, 66, 67, 77.

  100. Ebd. S. 378 ff.

  101. Zit. nach Robert Neumann, Ausflüchte unseres Gewissens (Hannover 1960), vergl. bes. S. 22 u. auch S. 9 u. 13 f.

  102. Karl Loewenstein, Minsk — Im Lager der deutschen Juden, in: Aus Politik und Zeitgeschichte (Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament) Nr. 56 vom 7. November 1956, S. 716.

  103. Poliakov-Wulf (Das Dritte Reich und die Juden), a. a. O. S. 142.

  104. Zit nach: Dokumente über die Behandlung der Juden durch das Dritte Reich (o O. 1958) S. 25 f.

  105. Rudolf Höß, Kommandant in Ausdiwitz. Autobiographische Aufzeichnurtgen. Kommentiert von Martin Broszat (Stuttgart 1958) S. 153 ff.

  106. Zit. nach H. G Adler. Der Kampf gegen die „Endlösung der Judenfrage“. Aus Politik und Zeit-geschichte (Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament), vom 26. Februar 1958, S. 85.

  107. H. G. Adler, a. a. O. S 85 ff

  108. H. G. Adler, a a. O. S. 94.

  109. Gerald Reitlinger. Die Endlösung Hitlers Versuch der Ausrottung der Juden Europas 1939 bis 1945 (Berlin 1956); Helmut Krausnick, Zur Zahl der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus (Dokumente zur Massenvergasung; Bonn 1958); vgl. auch Walther Hofer, Der Nationalsozialismus — Dokumente (Frankfurt 1957) S. 306.

  110. H. Krausnick, a. a. O. S. 16/17.

  111. Eugen Kogon, Der SS-Staat Das System der deutschen Konzentrationslager (Frankfurt 1959) S. 157/158.

  112. Walther Hofer, a. a O. S. 275.

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