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Europäische Integration und nationalstaatliche Souveränität | APuZ 39/1965 | bpb.de

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APuZ 39/1965 Artikel 1 Europäische Integration und nationalstaatliche Souveränität

Europäische Integration und nationalstaatliche Souveränität

Rolf Hellmut Foerster

Die Rückkehr zum Dogma

Wir erleben in Europa gegenwärtig eine Periode der politischen Restauration, den Rückschlag auf die ersten rund fünfzehn Nachkriegsjahre, in denen sich in Gestalt der Integrationsbestrebungen eine Revolution ersten Ranges anbahnte oder als Zukunftsperspektive abzeichnete, die in der neueren europäischen Geschichte nur eine einzige Parallele hat: die Emanzipation des Bürgertums nach der französischen Revolution. Diese beiden Ereignisse haben mehr miteinander zu tun, als es auf den ersten Blick scheinen mag:

Sie könnten sich ergänzen. Während die französische Revolution die herkömmliche innere Verfassung der europäischen Staaten in Frage stellte, hat die Situation nach dem Zweiten Weltkrieg jeder Außenpolitik herkömmlichen Stils innerhalb Europas den Boden entzogen. Es schien, als wäre damit der zweite und endgültige Schritt weg vom alten Europa getan. Ging es bei der französischen Revolution darum, die Freiheit des Bürgers im Innern jedes einzelnen Landes gegen den sich übersteigernden Absolutismus zu schützen, so ging es nach dem Zweiten Weltkrieg um die Freiheit ganz Europas, die gegen die äußere Bedrohung gewahrt werden sollte. In beiden Fällen mußte mit überlebten Einrichtungen gebrochen werden, zuerst mit dem Absolutismus, anderthalb Jahrhunderte später mit den politischen Grundsätzen, die den Absolutismus überdauert hatten, mit dem ständig wechselnden Spiel von Bündnissen und Kriegen zwischen den souveränen europäischen Staaten.

Die Integration bahnte sich mehr oder weniger unter dem Druck der Nachkriegsverhältnisse an. Für Westeuropa bedeutete das Zusammenrücken aber mehr als die bloße Unterwerfung unter einen Zwang. Die nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffenen internationalen Organisationen waren zwar aus der Notwendigkeit heraus entstanden, aber von Enthusiasmus getragen. Denn man gehorchte nicht nur der Not. Der Zusammenschluß versprach die Verwirklichung des Gemeinschafts-gefühls der europäischen Völker, die endgültige Festigung alter, durch viele Kriege immer wieder beschädigter Bindungen, die doch nie ganz zerrissen werden konnten. Nun schien die kulturelle Einheit der europäischen Völker endlich auch ihren politischen Ausdruck zu finden. In den Manifesten der privaten Europabewegungen und sogar in Regierungsverlautbarungen wurde immer wieder an das gemeinsame geistige Erbe der Europäer erinnert, das alle Kriege überdauert, an die gemeinsame Zivilisation, die die ganze Erde verwandelt hatte, und schließlich auch an die Bemühungen vieler europäisch denkender Dichter, Philosophen und Politiker, die in früheren Jahrhunderten von Frieden und Einheit gesprochen hatten. Wenn man damals ziemlich einhellig der Meinung war, daß sich Außenpolitik klassischen Stils innerhalb Europas nicht mehr betreiben ließe und sich deshalb anschickte, die national-staatliche Eigenmächtigkeit zugunsten einer gesamteuropäischen Politik abzubauen, dann entsprach dies, oder so schien es wenigstens, ebenso sehr den politischen Erfordernissen des Tages wie den Grundzügen der geistigen Vergangenheit Europas.

Doch diese idealistische Betrachtungsweise trat verständlicherweise immer weiter in den Hintergrund, je mehr der Druck auf Europa nachließ und die politische Lage sich normalisierte. Das Gemeinschaftsgefühl war ja nur e i n Aspekt der Vergangenheit gewesen, und gerade er war vorher politisch nie auf die Dauer wirksam geworden, das heißt, er hatte Europa nicht über eine gewisse internationale Zusammenarbeit auf einzelnen Gebieten oder über flüchtige Kriegskoalitionen hinaus-geführt Der andere Aspekt des europäischen Wesens, der viel geschichtswirksamer war als die kulturelle Einheit, war der Partikularismus. Er war keine bloße Liebhaberei oder Unvernunft der Europäer gewesen. Auf ihm beruhte die ganze Entfaltung des europäischen Geistes und der europäischen Zivilisation, die ja gerade aus der Auflehnung gegen den mittelalterlich-abendländischen Universalismus heraus entstanden war. Der Individualismus ist das eigentliche Merkmal des europäischen Menschen, und der Wettbewerb zwischen den Staaten war eine der Triebfedern der europäischen Expansion über die Erde. Im Partikularismus wurzeln die Ursprünge des modernen Staates, und er hat überdies den Nationalismus hervorgebracht, eine der mächtigsten Ideologien der neueren Zeit. Über die Jahrhunderte hinweg entstand so eine große staatsphilosophische und staatsrechtliche Tradition und die als klassisch bezeichnete Diplomatie. Es mußte in der Tat sehr schwerfallen, das Grundprinzip aufzugeben, auf dem die ganze politische Geschichte beruhte. Der Individualismus hatte Revolutionen und innere Kriegskatastrophen überdauert, und erst als ein großer Teil Europas unter die Herrschaft einer wesensfremden Macht gefallen war, fanden sich die noch freien Staaten bereit, den Individualismus — oder man kann auch sagen: den Egoismus — gegenüber dem Gemeinschaftsinteresse zurückzustellen. Es ist deshalb kein Wunder, daß das Bedürfnis nach politischer Gemeinsamkeit nachließ, sobald der Zwang zum Neuen durch den wirtschaftlichen Wiederaufstieg Europas und durch die Spaltung des Ostblocks geringer erschien. Immer stärker wurden die Fliehkräfte, immer mehr bekam die klassische Politik die Oberhand, die in der einfachen, übersichtlichen Zwei-Blöcke-Welt der Nachkriegszeit zu kompliziert für die außenpolitische Praxis gewesen war. Die Verfechter der klassischen Diplomatie ließen zwar die auf wirtschaftlichem Gebiet gemachten Anfänge gelten, lehnten aber eine weitere politische Integration als überflüssig oder gar schädlich ab.

Zwar sind sich alle Parteien darin einig, daß ein Wandel eingetreten ist. Die Befürworter der klassischen Politik treten auf ihre Weise ebenso für die europäische Einheit ein wie die engagierten Europäer. Strittig ist aber die Art dieser Einheit. Der Auffassung, daß die alten Grundlagen der Staaten und ihrer Außenpolitik noch die gleichen seien wie früher und daß man es daher bei einem Bündnis herkömmlicher Art belassen müsse, steht die andere Meinung gegenüber, die Verhältnisse hätten sich so grundlegend geändert, daß sich auch die internationale Politik neu orientieren müsse. Der Angelpunkt dieser Auseinandersetzung ist die Frage nach der Souveränität. Dabei handelt es sich nicht um einen bloßen Methodenstreit und nicht um Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Atomstrategie und des amerikanischen Einflusses in Europa. Es geht letzten Endes um die Auseinandersetzung mit der europäischen Geschichte, um tief eingewurzelte Vorstellungen von Staat und Souveränität, die sich im Verlauf der letzten sechshundert Jahre herausgebildet haben. Das Ergebnis der Auseinandersetzung um Bündnis, Union oder Föderation hängt weitgehend davon ab, welchen Wert wir heute den Prinzipien beimessen, auf denen früher das politische Leben in Europa beruhte, ob wir in ihnen zeitlos gültige Normen sehen oder nur Verhaltensgrundsätze, die sich mit den Situationen ändern müssen.

Die Ambivalenz des Souveränitätsbegriffs

Die Stellung der beiden Fronten läßt sich an Hand zweier Zitate aufzeigen, die hier für Hunderte ähnlicher Äußerungen stehen sollen. Jean Monnet erklärte im März 1964 in bezug auf die EWG: „In der Gemeinschaft haben die Sechs begonnen, über die traditionelle Diplomatie hinauszugehen. Sie haben sich Institutionen gegeben und gemeinsamen Regeln unterworfen, die im Begriff sind, ihr gemeinsames Gesetz zu werden. An diese gemeinsamen Institutionen treten die Regierungen und die nationalen Parlamente schritt-weise die notwendigen Befugnisse ab." Dies ist die Ansicht derjenigen, die glauben, Europas neue Situation habe auch die Grundlagen der bisherigen Politik in Frage gestellt, so daß neue Lösungen notwendig seien. Dagegen antwortete Couve de Murville in einem Interview im Februar 1964 auf den Hinweis, daß die national betonte Haltung Frankreichs im Zeitalter des Gemeinschaftsdenkens Besorgnis errege: „Das sind alles nur Worte. ... In Wirklichkeit verzichtet keine Regierung auf die Verteidigung ihrer nationalen Interessen, auch wenn sie behauptet, sie denke gemeinschaftlich oder universalistisch." Diese Haltung wird von der traditionsgebundenen Richtung unterstützt, die sich der europäischen Geschichte verpflichtet fühlt und meint, die Grundlagen der Politik hätten sich nicht gewandelt, sondern nur in der Nachkriegszeit einige Risse bekommen, die inzwischen repariert seien.

Die Polemik beschränkt sich nicht auf die Tagespolitik. Sie hat auch ihre juristische und staatsrechtliche Komponente. Das Grundgesetz der Bundesrepublik bejaht die Möglichkeit, Souveränitätsrechte zu teilen. Artikel 24 lautet: „ 1. Der Bund kann durch Gesetz Hoheitsrechte auf zwischenstaatliche Einrichtungen übertragen. 2. Der Bund kann sich zur Wahrung des Friedens einem System gegenseitiger kollektiver Sicherheit einordnen; er wird hierbei in die Beschränkung seiner Hoheitsrechte einwilligen."

Das ist allerdings nicht mehr als eine Option auf die Integration, eine Kann-Klausel, die zu nichts verpflichtet. Immerhin ist es bedeutsam, daß die Möglichkeit überhaupt ausgesprochen wird und daß schon ein einfaches Bundesgesetz genügt, um einem internationalen Recht zu gestatten, in die Bundesrepublik hineinzuwirken.

Dagegen vertritt eine sehr ernstzunehmende Schule der politischen Wissenschaft die Auffassung, daß es einen teilweisen Verzicht auf Hoheitsrechte gar nicht geben könne. Der amerikanische Politikwissenschaftler Professor Hans J. Morgenthau beispielsweise sagt, der Glaube an eine teilbare Souveränität sei der ideologische Ausdruck des Widerspruchs zwischen der politischen Realität und dem politischen Wunschdenken. Die Lehre von der Teilbarkeit der Souveränität mache es möglich, zwei Dinge auf einen Nenner zu bringen, die sowohl logisch als auch erfahrungsgemäß unvereinbar sind: nämlich die Souveränität gleichzeitig aufzugeben und zu behalten. Morgenthau schreibt: „Der Vorschlag, der Erhaltung des Friedens zuliebe . einen Teil der nationalen Souveränität'aufzugeben, ist weit davon entfernt, eine theoretische Wahrheit widerzuspiegeln. Er ist gleichbedeutend mit dem Vorschlag, die Augen zu schließen und zu träumen, daß man den Kuchen essen und trotzdem behalten kann."

Man könnte einwenden, daß zwischen diesen beiden Aussagen, der des deutschen Grundgesetzes und derjenigen Morgenthaus, strenggenommen kein Widerspruch besteht, da die Übertragung von Hoheitsrechten, wie sie im Grundgesetz vorgesehen ist, nicht das gleiche bedeute wie die teilweise Hergabe der Souveränität, von der Morgenthau spricht.

Denn die bloße Übertragung der Befugnis, ein Recht auszuüben, ist noch kein Verzicht auf dieses Recht. Sie erfolgt überdies freiwillig und kann jederzeit zurückgenommen werden. Dieser Einwand ist formalrechtlich und logisch stichhaltig und trotzdem höchst unbefriedigend, wenn man die politischen Realitäten Westeuropas danebenhält.

Seit Jean Bodin, also seit bald vierhundert Jahren, setzt sich die Wissenschaft mit dem Begriff Souveränität auseinander, ohne daß bis heute Einigkeit darüber erzielt worden wäre, was Souveränität eigentlich sei. Eine der Hauptschwierigkeiten besteht darin, daß die Definition der äußeren Souveränität von der des Völkerrechts abhängt, die wiederum nur axiomatisch möglich ist, das heißt von einer nicht weiter zu beweisenden Grundvoraussetzung aus, etwa ob man Staatsrecht und Völkerrecht voneinander trennt oder als Einheit auffaßt und wenn ja, welches Recht dem anderen übergeordnet sein soll. Man kommt von verschiedenen Voraussetzungen aus zu ganz unterschiedlichen Konzeptionen von der Souveränität, die alle in sich „stimmen". Daher lassen sich allerlei einander widersprechende Definitionen juristisch und logisch einwandfrei untermauern. Eine weitere Schwierigkeit, der vor allem Laien, aber auch Staatsmänner erliegen, besteht darin, daß man rechtliche und politische Souveränität voneinander unterscheiden muß und daß die Souveränität innen-und außenpolitisch ganz verschiedene Funktionen erfüllt. Heute hat sich weithin die Auffassung durchgesetzt, daß Staatsrecht und Völkerrecht, also die Wirkungsbereiche von innerer und äußerer Souveränität, eine Einheit bilden, wobei das Völkerrecht über dem Recht des Staates steht. Die rechtliche Souveränität eines Staa-tes liegt nun darin, daß er keinen anderen Beschränkungen unterworfen ist als denen, die das Völkerrecht setzt. Er ist „völkerrechtsunmittelbar''. Formaljuristisch ist die Souveränität eines Staates das gleiche wie die Rechtspersönlichkeit des Einzelmenschen. Deshalb kann er, solange er existiert, auf seine Souveränität nicht verzichten, selbst wenn er es wollte, so wenig wie die Bürger eines Staates auf ihr Recht verzichten können, vor dem Gesetz gleich zu sein, selbst wenn sie es wollten. Ein solcher Verzicht ist nicht möglich, und dieses Recht ist auch nicht teilbar. Die Existenz eines Staates ist zwangsläufig gleichbedeutend mit dem Besitz der Souveränität. Die Souveränität in diesem Sinn bedingt aber, theoretisch, die Einhaltung von internationalen Rechtsnormen.

Doch diese rechtlich plausible Definition erklärt nur die eine Seite des Souveränitätsbegriffs. Denn ihm haftet überdies etwas Polemisches an. Auf Souveränität kann man sich beispielsweise berufen, um das Recht zu mißachten. Dann wird Souveränität zu einer metaphysischen Größe, die jenseits aller Jurisprudenz steht. Während die Souveränität also einerseits in der Gleichheit der Staaten vor dem Völkerrecht begründet ist, kann sie auch dazu dienen, den Bruch des Völkerrechts zu rechtfertigen. Wenn ein Staat seine Souveränität betont, kann man normalerweise annehmen, daß er beabsichtigt, sich irgendeiner Rechtsregelung zu widersetzen, oder daß er bereits internationales Recht gebrochen hat. Und hier stimmt der Vergleich mit dem unveräußerlichen Grundrecht des einzelnen Bürgers nicht mehr. Da der Bürger einem geschriebenen, für alle verbindlichen Gesetz untersteht, kann er nicht unter Hinweis auf seine freie Persönlichkeit Unrecht tun. Ein Staat dagegen kann unter Berufung auf seine Souveränität ohne Rücksicht auf Verträge, völkerrechtliche Gepflogenheiten und so weiter seine Persönlichkeit zur Geltung bringen.

Im Widerspruch zu bestehenden Verträgen unterstellte Ägypten 1956 den Suezkanal seiner Souveränität, worauf England und Frankreich im Widerspruch zur UN-Satzung und zum Nordatlantikvertrag zu einer Militäraktion schritten. Auf beiden Seiten wurden unter stillschweigender oder ausdrücklicher Berufung auf die staatliche Souveränität Verträge ignoriert beziehungsweise gebrochen.

Das ist ein extremes Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit. Die ältere Geschichte ist voller Präzedenzfälle, und kaum ein Land kann sich rühmen, in dieser Hinsicht unbescholten zu sein. Weniger Spektakuläres spielt sich ständig ab, auch innerhalb der Europäischen Gemeinschaften, deren Mitglieder nach wie vor nicht nur rechtlich, sondern auch politisch souverän sein wollen.

Der Widerspruch zwischen dem Rechtscharakter und dem polemisch-politischen Charakter liegt im Souveränitätsbegriff selbst, und er ist aus dem Stegreif nicht zu lösen. Wir wollen deshalb zunächst einmal versuchen, an Hand der Geschichte des Souveränitätsbegriffs herauszuarbeiten, unter welchen konkreten Bedingungen er sich entfalten konnte, um dann zu sehen, ob diese Bedingungen heute noch gegeben sind.

Die historische Entwicklung des Souveränitätsbegriffs

Die beiden Begriffe „Staat" und „Souveränität" hängen unmittelbar miteinander zusammen. Die Souveränitätslehre entwickelte sich gleichzeitig mit den modernen Vorstellungen vom Staat, die sich im Verlauf des 14., 15. und 16. Jahrhunderts aus der abendländisch-mittelalterlichen Ideenwelt herausschälten.

Im Mittelalter gab es kein Staatsleben im heutigen Sinn. Die Staatsgebilde, die in Westeuropa aus dem zerfallenen Römischen Reich hervorgegangen waren, verdienten weder nach antiken noch nach modernen Maßstäben den Namen „Staat", und sie betrieben keine eigentliche Politik. Die Grundlage der Geselllschaft war die persönliche Bindung zwischen Herr und Untertan. Die „Obrigkeit" war bis zum äußersten dezentralisiert. Jeder war nur seinem unmittelbar übergeordneten Herrn verpflichtet, der wiederum zur nächsthöheren Stufe der Hierarchie hin alle Rechte und Pflichten wahrnahm und die Verantwortung für seine Untergebenen trug. Nirgends gab es eine Souveränität, eine höchste Macht-vollkommenheit, denn kein Inhaber einer Autorität war in seinem Willen so frei wie später die absolutistischen Monarchen, da all-gemein der Grundsatz galt, daß man nur einem das Recht beachtenden Herrn Gehorsam schuldig sei, während später der Herr selbst bestimmte, was Recht sei, und Unterwerfung verlangen konnte.

Dabei spielte der Gedanke der Schutzgewährung eine heute kaum mehr vorstellbare Rolle. Auf ihm beruhte die Unterordnung unter die jeweils nächsthöhere Obrigkeitsstufe. Der adelige Lehensmann bot seinen Bauern Schutz vor Überfällen und genoß selbst den Schutz des Königs, das heißt, der König mußte einem angegriffenen Lehensmann mit seiner Streitmacht zu Hilfe kommen. Dafür mußte wiederum der Adel dem König auf dessen Ruf hin Truppen zur Verfügung stellen, wenn er einen Krieg zu führen hatte. Im übrigen war der Lehensmann frei. Er besaß alle lokalen Machtbefugnisse und konnte sogar über den Kopf seines Königs hinweg mit Lehensleuten anderer Herren Abmachungen treffen oder Streit anfangen, also das betreiben, was man eine Art Außenpolitik nennen könnte.

Oft war das Schutzverhältnis allerdings illusorisch, wenn dem zum Schutz verpflichteten Herrn keine Mittel zur Verfügung standen, wenn er kein Interesse zeigte oder wenn zwei seiner Schutzbefohlenen einander bekämpften. Blieb der Schutz aus, so verlor der Herr alle seine Rechte.

Gerade dieser Vorgang, die Vernachlässigung der Schutzpflicht, gab den äußeren Anlaß zu den beiden entscheidendsten Wendungen in unserer Geschichte — zur Loslösung des Abendlandes vom Byzantinischen Reich im 8. Jahrhundert und zur Entstehung der europäischen Staatenwelt im 14. und 15. Jahrhundert. Beide Wandlungen hatten natürlich tieferliegende geistesgeschichtliche Gründe. Aber jede Revolution bedarf des greifbaren Mißstands, des „Halsbands der Königin". So hätten die dogmatischen Differenzen zwischen den römischen Bischöfen und den östlichen Patriarchen allein kaum dazu ausgereicht, den Westen, der vom 6. bis zum 8. Jahrhundert dem oströmischen Kaiser in Konstantinopel unterstand, aus dem Byzantinischen Reich zu lösen. Der eigentliche Anlaß für die Trennung beider Reichsteile war die räumliche Ferne und das Desinteresse dieses Kaisers, der seine westlichen Territorien sich selbst überließ, sie nicht gegen die Einfälle der Langobarden und anderer reichsfremder Völker schützte und praktisch auch keine Jurisdiktion mehr ausübte.

Ähnlich verhielt es sich bei der Entstehung der Nationalstaaten im nunmehr selbständigen Abendland. Der geistige Hintergrund war die allgemeine Aufwertung des Individualismus durch die Renaissance, der konkrete Mißstand aber war das durch den Kampf zwischen Kaisern und Päpsten um den Vorrang von geistlicher und weltlicher Gewalt entstandene Machtvakuum an der Spitze des Abendlandes. Dies hatte tiefgreifende politische und theoretisch-staatsrechtliche Folgen.

Die politischen ergaben sich durch die Vernichtung des Kaisertums im 13. Jahrhundert.

Denn zunächst behielt das Papsttum in diesem Streit für kurze Zeit die Oberhand. Während der berüchtigten „kaiserlosen, der schrecklichen Zeit" standen die Könige und sonstigen weltlichen Autoritäten ohne Ober-herrn da, und die danach ernannten Kaiser konnten sich nicht mehr zu einer Universal-macht erheben. Die frühesten Gedanken, die an Souveränitätserwägungen erinnern, stützten sich darauf, daß eine oberste weltliche Macht fehlte, die den Königreichen und Republiken Recht setzen und einem angegriffenen Land Schutz gewähren konnte. Die lokalen Autoritäten waren gezwungen, für sich selbst zu sorgen. Sie wiesen dafür aber auch jede Einflußnahme fremder, das heißt bisher übergeordneter Mächte zurück. Das betraf nicht nur die Kaiser, nachdem deren Amt und Würde wiederhergestellt war. Auch die Stellung der Päpste war durch den vorangegangenen Streit mit den Kaisern sehr geschwächt.

Die weltlichen Fürsten und die Republiken sprachen den Päpsten, die sich nunmehr Weltbeherrscher zu sein schmeichelten und alles taten, um eine theokratische Universalherrschaft aufzurichten, das Recht auf jede Einmischung in irdische Dinge ab, obwohl die Kurie zeitweise eine schlagkräftige Truppe und andere Machtmittel besaß, also sowohl materiellen Schutz bieten als auch durch das bisher anerkannte Schiedsrichteramt der Päpste die höchste Instanz des Abendlandes hätte sein können.

Diese Auseinandersetzung war der Nährboden der modernen politischen Ideen gewesen. Und das betrifft nun die theoretisch-staatsrechtlichen Folgen des Streits. Der Investiturstreit hatte eine gewaltige polemische Literatur entstehen lassen. Beide Parteien bekämpften sich darin mit Argumenten, die schließlich auch ihre eigene Position untergraben mußten. Sie beriefen sich gern auf den „Volkswillen" und äußerten fast demokratisch anmutende Gedanken über Volkssouveränität, was dem innersten Wesen jeder der beiden Universalmächte widersprach. Andererseits spielten sie den sich erst zaghaft regenden jungen Nationalgeist der Völker gegeneinander aus und trafen damit sich daß eine beiden selbst. Statt der Parteien ihre Universalherrschaft sicherte, löste sich die abendländische Einheit in eine Vielzahl selbständiger Staaten auf. Jeder strebte nach Unabhängigkeit und suchte seinen eigenen Willen gegen die Ansprüche anderer durchzusetzen, ob sie nun über, unter oder neben ihm standen. In Italien lösten sich zunächst einige Stadtrepubliken aus dem Reich. In ihnen wurde auch die früheste Version des Souveränitätsbegriffs formuliert. Sie bezeichneten sich als „civitates superiorem in terris non recognescentes" — als Gemeinwesen, die keinen Sterblichen über sich anerkennen. Diese Formel wurde die polemische Rechtfertigung aller, die sich der Oberhoheit irgendwelcher Gewalten außerhalb ihrer Herrschaftsgebiete widersetzten. Sie wurde von den Königen von Frankreich und England übernommen, die sich als erste Herrscher größerer Staaten vom Einfluß des Kaisers und des Papstes lösten. Die übrigen europäischen Fürsten zogen langsam nach. Sie alle strebten eine zentralisierte Herrschaft an, nicht nur, um nach außen unabhängig zu-sein, sondern auch, um sich den Adel im Innern, ihre alten Lehensleute, zu unterwerfen. Die Auseinandersetzung um die höchste Gewalt im Innern und um Unabhängigkeit nach außen steht also in einem unlösbaren Zusammenhang. Wir wollen an dieser Stelle festhalten, daß das Schlagwort von der Nichtanerkennung einer fremden Oberhoheit rein polemischen Charakter hatte und gegen bestehendes Recht, nämlich kaiserliches Recht, vorgebracht wurde.

Wir befinden uns hier gewissermaßen noch im Vorfeld der modernen Staatslehre. Allmählich begann aber die Jurisprudenz, das Schlagwort zu durchleuchten und den neu erhobenen Anspruch auf Eigenständigkeit in bestimmte Normen zu bringen. Der italienische Rechtsgelehrte Bartolo von Sassoferrato (1314— 1357) hat als erster den Übergang zur neuen Herrschaftsform geschildert und getreu der damaligen Auffassung damit begründet, daß eine den Staaten übergeordnete Schutzmacht fehlte. Dies berechtige sie, selbständig Kriege zu führen und Frieden zu schließen.

Bartolo ging noch einen Schritt weiter und stellte den Grundsatz auf, daß „keinen Sterblichen über sich anerkennen" nur solche Gemeinwesen könnten, die eine Verfassung hätten.

Das war nichts weiter als ein löblicher Vorschlag.

Gerade die italienischen Stadtstaaten standen, obwohl sie mit Verfassungen experimentierten, immer wieder unter despotisch regierenden Kondottieri, barbarischen Vorläufern der späteren absolutistischen Monarchen, die sich keinen Deut um irgendwelches Recht kümmerten. Und die neuen Nationalstaaten wurden gerade durch ihr starkes Königtum mächtig, das zwar den Ständen ab und zu Gehör schenkte, ansonsten aber ziemlich selbstherrlich regierte.

Ob mit oder ohne Verfassung — die Existenz vieler unabhängiger Staaten war zur Zeit Machiavellis im 15. Jahrhundert schon so selbstverständlich, daß für ihn ein nicht gänzlich freier Fürst ein Widerspruch in sich gewesen wäre. Machiavelli sah als oberstes Kriterium der Staatskunst das, was dem Staat nützt, was zweckmäßig ist. Keine moralische oder rechtliche Erwägung dürfe eine Rolle spielen, wenn die politische Notwendigkeit verlange, daß man vertragliche Bindungen löse. Daher „kann und darf ein kluger Fürst sein Wort nur halten, wenn eine solche Treue ihm nicht schädlich ist und wenn die Gründe wegfallen, derentwegen er sein Versprechen gegeben hat. . . . Bei den Taten aller Menschen und vornehmlich der Fürsten, für die es keinen höheren Gerichtshof gibt, urteilt man nach dem Enderfolg. Ein Fürst sei also siegreich und erhalte den Staat: seine Mittel werden immer als ehrenvoll angesehen und von jedem gelobt werden." Das ist eine der vielen Sentenzen, die den Namen Machiavelli zum Schimpfwort machten in einer Zeit, als die Staatsräson längst zum Rechtsgut geworden war. Für Machiavelli selbst waren dies noch Geheimlehren, denn er meinte, die Treulosigkeit müsse dadurch bemäntelt werden, daß sich ein Fürst stets als Inbegriff aller Tugenden gibt. Das war später nicht mehr notwendig. Machiavelli war nur ein relativ harmloser Vorläufer derjenigen Richtung, die über Hobbes und Hegel zum modernen Totalitarismus führte und mit unterschiedlichen philosophischen Begründun gen die absolute Selbstherrlichkeit des Fürsten oder des Staates verkündete, was im internationalen Bereich auf das gleiche hinausläuft. Bis jetzt war die Machtvollkommenheit der Fürsten aber noch nicht staatsrechtlich definiert, wenn auch eine Tatsache des politischen Lebens. Die endgültige Formulierung des Souveränitätsbegriffs im 16. Jahrhundert durch den französischen Juristen Jean Bodin, der auch das Wort „souverainete" erfand, war wiederum keine Frucht abstrakten Staatsdenkens, sondern erwuchs aus einer politischen Notlage von enormer Dringlichkeit. Die Religionskriege hatten Frankreich im Innern zerrissen. Immer wiederkehrende Konfessionskämpfe, in die sich überdies fremde Mächte einmischten, bedrohten damals buchstäblich die Existenz Frankreichs. Bodin sah nur einen Ausweg aus dem Chaos: einen starken Herrscher mit absoluter Machtvollkommenheit, der in der Lage wäre, der inneren Wirren Herr zu werden und zugleich nach außen stark aufzutreten. In seinem Hauptwerk „Sechs Bücher über die Republik“ (1577) schrieb Bodin: „Wie . .. ein Schiff zum formlosen Holz wird, nimmt man das Kiel weg, das die Teile und Planken des Schiffs in fester Verbindung zusammenhält, so kann auch der Staat auf keine Weise bestehen ohne eine höchste Gewalt, die alle Glieder der Bürgerschaft und die einzelnen Familien zu einem Körper zusammenzwingt." Diese höchste Gewalt aber ist „nicht durch Gesetze gebunden" („legibus soluta") Dies ist die berühmte Wendung, die in dem Ausdruck „Absolutismus" zum Staatsbegriff einer ganzen Epoche wurde. Bodin hat den Absolutismus natürlich nicht erfunden, aber wir erleben hier, was oft in der Weltgeschichte geschah, daß der Extremfall dasjenige Werk hervorbrachte, das die theoretische Grundlage einer ohnehin im Gang befindlichen Entwicklung lieferte. Die Macht, allen Bürgern Gesetze zu geben und Gehorsam zu verlangen, ist bei Bodin noch eingeschränkt durch göttliches und natürliches Recht, vor allem im Hinblick auf das Eigentum der Bürger und, damit zusammenhängend, auf die Besteuerung. Doch das betrifft die innere Verfassung der Staaten, ein Problem, das uns hier nicht interessiert. Die Entwicklungsgeschichte der inne-ren Souveränität ist identisch mit der des modernen Staats und des Staatsdenkens überhaupt. Die ganze jahrhundertelange und noch nicht abgeschlossene Auseinandersetzung um die beste Staatsform, um Republik oder Monarchie, um Parlamentarismus oder Totalitarismus, ist im Grund nichts anderes als die Geschichte der inneren Souveränität. Uns beschäftigt hier nur die äußere Souvernität, die Frage, in welchem Verhältnis ein Staat zu anderen Staaten steht, gleichgültig, welche Regierungsform er im Innern auch haben möge.

Bodin trennte die äußere Souveränität noch nicht deutlich von der inneren. Wenn wir jedoch versuchen, seine Postulate auf die Außenpolitik anzuwenden, sehen wir schon hier im Keim den inneren Widerspruch, der dem Souveränitätsbegriff anhaftet. Denn die Loslösung des Herrschers von allen Gesetzen und seine im Naturrecht begründete Verpflichtung zur Vertragstreue sind nicht miteinander zu vereinbaren.

Die Problematik, die sich hier erst andeutet, tritt wenig später ganz klar hervor. Bodin ging es darum, daß die im Innern Frankreichs herrschende Anarchie beseitigt würde. Die Außenpolitik hatte daneben für ihn nur geringe Bedeutung. Während des dreißigjährigen Krieges verfiel aber ein großer Teil Europas der internationalen Anarchie. Unter diesem Eindruck schuf Hugo Grotius die Grundlagen des künftigen Völkerrechts. Er vollzog vor allem die entscheidende Trennung von innerer und äußerer Souveränität. Grotius stimmte insofern Bodin zu, als auch er die innere Souveränität eine höchste, keinem zwingenden Recht unterstellte Gewalt nannte. Jeder Staat hat Anspruch darauf, daß seine inneren Angelegenheiten frei von fremder Einmischung bleiben. Daraus ergab sich aber der Gedanke der Gleichheit der Staaten, nämlich der rechtlichen Gleichheit, die wiederum nur dann möglich ist, wenn es tatsächlich ein Recht gibt, vor dem die Staaten gleich sind: das Völkerrecht. Das Naturrecht, auf dem es in Ermangelung eines positiven Rechts beruht, ist für Grotius „ein Gebot der Vernunft, welches anzeigt, daß einer Handlung, wegen ihrer Übereinstimmung oder Nichtübereinstimmung mit der vernünftigen Natur selbst, eine moralische Häßlichkeit oder eine moralische Notwendigkeit innewohne, weshalb Gott, als der Schöpfer der Natur, eine solche Handlung entweder geboten oder verB boten habe." Das Naturrecht verlangt also im zwischenstaatlichen Verkehr die Einhaltung von Verträgen. Grotius war sich jedoch dessen bewußt, daß dies allein vom guten Willen der Beteiligten abhängt und daß es deshalb immer wieder Verletzungen des Völkerrechts geben wird. Daher schließt das Naturrecht auch das Recht auf Selbsthilfe ein. Ein Krieg ist dann gerecht, wenn ein Staat seinen Besitz verteidigt oder sich das verschafft, was ihm rechtens gehört. Grotius kann also den Krieg nicht schlechthin verurteilen. Aber er fordert, daß andere Mittel ausgeschöpft werden müssen, ehe man zu den Waffen greift — Verhandlungen, Schiedsgerichte —, und daß, wenn sich der Krieg schon nicht vermeiden läßt, auch in ihm das Recht nicht aufhören dürfe zu gelten. Dieser Teil der Grotius'schen Lehre führte direkt zu den späteren Genfer und Haager Konventionen.

Gerade an diesem Punkt aber, am gerechten Krieg, gerät die Lehre vom Völkerrecht in das schon bei Bodin sichtbare Dilemma. Denn die Moral ist eine subjektive Angelegenheit. In vielen, vielleicht den meisten Auseinandersetzungen zwischen Staaten sind beide Parteien aufrichtig davon überzeugt, das Recht auf ihrer Seite zu haben. Das Völkerrecht kommt aus dem circulus der Subjektivität nicht heraus. Grotius hoffte deshalb auf das Interesse der Staaten daran, daß auch im Völkerverkehr Ordnung herrscht, die eben ohne Recht nicht möglich ist: „Kein Staat ist so kräftig, daß er nicht irgendeinmal der Hilfe anderer bedürfen sollte, sei es zu friedlichen Zwecken, sei es zur Verteidigung gegen die verbundenen Angriffe mehrerer auswärtiger Nationen. Man sieht deshalb, daß auch die mächtigsten Völker und Könige auf Bündnisse Bedacht nehmen, deren Kraft von denen ganz zerstört wird, welche das Recht auf das innere Gebiet der Staaten beschränken."

Aus dem besagten Dilemma führt kein logischer Schluß heraus. Ist der Staat an internationales Recht gebunden, so ist er nicht souverän.

Stellt er aber die absolut höchste Autorität dar, so ist internationales Recht illusorisch. Die Völkerrechtslehre setzt sich mit diesem Widerspruch seit ihrem Entstehen auseinander, ohne ihn je befriedigend* gelöst zu haben. Zwar gibt es zahlreiche Schulen, die mit ihm — im Rahmen ihrer Lehrgebäude — fertig wurden. Aber die Politik geht immer wieder über sie hinweg.

Letzten Endes kann nur die allgemeine Übereinkunft aus dem Dilemma herausführen.

Diese könnte zweierlei Wege gehen: Sie könnte in der allgemeinen Anerkennung eines die Staaten überlagernden, absolut gültigen Rechts bestehen. Dieser Weg wurde in der Theorie beschritten. Oder sie könnte in der Anerkennung der absoluten Selbstherrlichkeit des Staates bestehen. Diesen zweiten Weg gingen die Staaten in der Praxis, und der englische Philosoph Thomas Hobbes erklärte ihn für rechtmäßig, wobei er sich eben-falls auf das Naturrecht stützte, das er aber gerade umgekehrt als Bodin und Grotius definierte.

Wenn bei Bodin und Grotius und den meisten anderen Naturrechtslehrern das göttliche und natürliche Recht die Ordnung wollte, so glaubte Hobbes, der natürliche Zustand sei ein Kampf aller gegen alle, in dem jeder für seine Existenz sorgen müsse. In seinem 1651 erschienenen „Leviathan" schrieb er:

„Das Naturrecht, das die meisten Autoren jus naturale nennen, ist die Freiheit jedes einzelnen Menschen, seine eigene Macht nach Belieben zu gebrauchen, um sich selbst, das heißt sein Leben zu erhalten; und infolgedessen alles zu tun, was seinem Urteil und seiner Einsicht nach das geeignetste Mittel zu diesem Zweck ist."

Hobbes bezieht dieses Prinzip zunächst auf die Menschheit im Naturzustand, überträgt es aber ohne weiteres auf die Staaten. Er ging wie Bodin von der Innenpolitik aus, denn er hatte den englischen Bürgerkrieg auf der Seite der Königspartei mitgemacht und sah mit dem Parlamentarismus das Ende jeder staatlichen Ordnung gekommen. Hobbes gelangte aber auf Grund seiner pessimistischen Sicht des Menschen zu viel radikaleren Schlüssen als Bodin. Innerhalb des Staates hört der Naturzustand, der Kampf aller gegen alle, auf, wofür ein Herrscher mit schrankenloser Befehlsgewalt sorgt. Der Naturzustand bricht im Innern immer wieder in Gestalt von Bürgerkriegen aus. Im Verhältnis der Staaten untereinander aber ist er Dauerzustand. Keiner tut dem anderen ein Unrecht an, ganz gleichgültig, wie er sich verhält, denn jeder muß selbst bestimmen, was zu seiner Erhaltung erforderlich ist, und hat a priori recht.

Der Gebrauch der Gewalt dem Schwächeren gegenüber ist gestattet.

Nach ähnlichen Grundsätzen handelten die europäischen Staaten im Zeitalter des Gleichgewichts, das eine prekäre internationale Ordnung aufrechterhielt. Es beruhte auf dem Prinzip, daß sich jeder Staat gemeinsam mit allen anderen um die Erhaltung des Gleichgewichts bemühte, um die Unterdrückung aller durch einen einzelnen zu verhindern. Dies galt allerdings nur solange, als er keine Aussicht hatte, selbst die anderen zu beherrschen. Deshalb zielten seine politischen Bemühungen gleichzeitig darauf ab, das Gleichgewicht zu seinen eigenen Gunsten zu stören. Jeder Staat war so mit allen anderen durch gemeinsame Interessen verbunden und doch zugleich auch ihr Rivale. Politik war damals ein Spiel mit offenen und geheimen Bündnissen und Gegenbündnissen, und sie wurde von Fachleuten betrieben, die oft ohne Rücksicht auf ihre Nationalität für denjenigen Fürsten arbeiteten, der sie am besten honorierte. Das Ge-schick der Experten sorgte dafür, daß dieses System funktionierte. Das Sprichwort von der Politik als einem schmutzigen Geschäft stammt aus jener Zeit.

Daß Verträgen zwischen den Staaten unter diesen Umständen nur ein sehr bedingter Wert zukommen konnte, versteht sich von selbst. Ludwig XIV. schrieb 1661 in seinen Memoiren, es bestünde zwischen den Staaten immer eine Art Erbfeindschaft, auch wenn sie durch Verträge verhüllt sei. „Wenn das eine Land gegen das andere arbeitet, so glaubt es nicht so sehr, ihm zu schaden, sondern sich selbst zu behaupten und zu erhalten und da-mit einer natürlichen Pflicht zu genügen, die über allen anderen Pflichten steht. ... Heimliche Vertragsverletzungen, die nicht ans Licht kommen, erwartet jeder vom anderen. ... Da-her könnte man sagen, daß man sich gegenseitig der Verpflichtung enthebt, die Verträge einzuhalten, ja daß man ihnen strenggenommen gar nicht zuwiderhandelt, weil man die Bestimmungen nicht wörtlich genommen hat."

Für Ludwig XIV. gehörte diese Erkenntnis noch zu den Staatsgeheimnissen. Man schreckte davor zurück, sich offen zu dem von Hobbes postulierten Prinzip zu bekenn) nen. Kant drückte im Jahr 1795 sein ironisches Erstaunen darüber aus, daß das Wort „Recht" noch nicht als pedantisch aus der internationalen Politik verwiesen wurde und daß sich noch kein Staat offen zum rechtlosen Zustand bekannt hat. Die Völkerrechtslehrer wie Grotius und Pufendorf nannte er „lauter leidige Tröster", da ihre Maximen immer nur zur Rechtfertigung von Angriffskriegen herhalten mußten, aber kein Staat jemals unter Berufung auf das Völkerrecht vom Krieg Ab-stand nahm Kant schloß aus diesem ständigen, wenn auch heuchlerischen Hinweis auf das Recht auf eine moralische Anlage im Menschen, die sich letztlich, wenn die Vernunft fortschreite, doch durchsetzen müsse.

Aber im 19. Jahrhundert gab auch die Rechtslehre ganz offiziell ihre Einwilligung dazu, daß es im Völkerverkehr keine verbindlichen Rechtsvorschriften geben könne. Inwiefern Rousseaus Lehre von der Volkssouveränität und die Ausbreitung des Nationalismus durch die politische Romantik nach der französischen Revolution zu dieser letzten Verabsolutierung der Souveränität beitrug, läßt sich im Rahmen dieses Aufsatzes lei-der nicht im einzelnen verfolgen. Es sei hier nur darauf hingewiesen, daß die Entdeckung der Nation als politischer Größe und der Anspruch der Volksmassen auf politische Macht die einzelnen europäischen Sprach-und Kulturkörper zu absoluten Gebilden machte, während die Volkszugehörigkeit vorher, unter der Fürstenherrschaft, eine geringe Rolle spielte und die Staatsgrenzen keineswegs zugleich auch Völker-und Sprachgrenzen sein mußten.

Die Selbstentdeckung der Völker führte zunächst zu einer gegenseitigen politischen Absonderung. Ein beherrschender Wesenszug des Europäers, die Betonung des Individuellen, äußerte sich jetzt in der Ideologie des Nationalismus. Für die Romantiker unterschieden sich die „Volkspersönlichkeiten" in Sitte und Wesen so sehr voneinander, daß man sogar gegen die allgemeine europäische Kultur Stellung nahm. Das Besondere der einzelnen Völker wurde bedeutsamer als das Allgemeinverbindliche und Universelle. In diesem geistigen Klima war es undenkbar, daß sich Völker einem übergeordneten Willen fügen sollten. Sie waren ja eben im Be-griff, den eigenen Willen zu finden. Der Kampf um die nationalen Ansprüche beherrschte das politische Geschehen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Die Nationalitäten trennten sich, wo sie in Staaten zusammengefaßt waren; sie vereinigten sich, wo sie getrennt gewesen waren. Dieser Prozeß vollzog sich verhältnismäßig rasch in Mittel-und und Südeuropa, etwas langsamer im Norden und Osten (erst 1905 löste sich Norwegen von Schweden, und einige osteuropäische Völker konsolidierten sich erst nach 1918 zu Staaten). wirkten Aber diese Kräfte sich vom Beginn des 19. Jahrhunderts an auf das Völkerrecht aus, so daß Hegel schon 1821 schreiben konnte, für einen souveränen Staat gäbe es keinerlei geschriebenes internationales Recht, denn: „Staaten sind keine Privatpersonen, sondern vollkommen selbständige Totalitäten an sich, und so stellt sich ihr Verhältnis anders als ein bloß moralisches und privatrechtliches. Man hat oft die Staaten privatrechtlich und moralisch haben wollen, aber bei Privatpersonen ist die Stellung so, daß sie über sich ein Gericht haben, das das, was an sich Recht ist, realisiert. ... Da nun keine Gewalt vorhanden ist, welche ge-gen den Staat entscheidet, was an sich Recht ist, und die diese Entscheidung verwirklicht, so muß es in dieser Beziehung immer beim Sollen bleiben."

Infolgedessen gibt es für Hegel im zwischenstaatlichen Verkehr immer nur Idealfälle, in denen das Recht verwirklicht wird, denn dies bleibt ganz dem freien Willen der Staaten überlassen. An oberster Stelle steht aber das Staatswohl, dem sich das Recht unterzuordnen hat. Hegel erkannte jedoch an, daß der Staat auf die Dauer nur in der Rechtsgemeinschaft mit anderen Staaten existieren könne: „So wenig wie der einzelne eine wirkliche Person ist ohne Relation zu anderen Personen, so wenig ... ist der Staat ein wirkliches Individuum ohne Verhältnis zu anderen Staaten." Und der Schweizer Staatsrechtler Johann Kaspar Bluntschli schrieb 1878: „Souveränität heißt nicht absolute Unabhängigkeit noch absolute Freiheit eines Staates, denn Staaten sind keine absoluten Wesen, sondern rechtlich beschränkte Personen. . .. Jeder Staat darf nur in dem Maße Unabhängigkeit und Freiheit für sich ansprechen, als sich mit der notwendigen menschlichen Weltordnung, mit der Selbständigkeit der anderen Staaten und mit der Ver-bindung aller Staaten verträgt." Doch sol-che juristischen Erwägungen wurden gerade in gravierenden Fragen meist nicht beachtet. In der politischen Wirklichkeit diente die Souveränität in Krisenfällen als Rechtfertigung dafür, wenn ein Staat dem Völkerrecht zuwiderhandelte. Und nachdem einmal ausgesprochen war, daß kein Staat genötigt sei, internationales Recht zu beachten, fiel bald auch die ideelle Verpflichtung weg.

Im Zeitalter des Imperialismus war der Staat ein sich selbst genügendes Gebilde, das — rechtlich gesprochen — auf die Existenz anderer Staaten keine Rücksicht zu nehmen brauchte. Auch hier war die Praxis früher da als die Theorie. Heinrich von Treitschke, einer der einflußreichsten Verkünder des Imperialismus, formulierte nur die Prinzipien, nach denen die Staaten längst handelten, wenn er schrieb, der Gedanke des ewigen Friedens sei ein „unmögliches und zugleich unsittliches Ideal" Recht setzen könne letztlich nur der Krieg:

„Erkennt der Staat, daß die bestehenden Verträge nicht mehr der Ausdruck der wirklichen Machtverhältnisse sind, und kann er den anderen Staat nicht durch friedliche Verhandlung zum Nachgeben bewegen, dann tritt der Völkerprozeß ein, der Krieg. Die Kriegserklärung eines Staates in solcher Lage erfolgt in dem Bewußtsein einer notwendigen Pflicht. Es regt sich gar keine persönliche Begierde; die Beteiligten haben die Einsicht: die bestehenden Verträge entsprechen nicht mehr den wirklichen Machtverhältnissen, und da wir uns friedlich nicht einigen können, so muß der große Völkerprozeß entscheiden. Die Gerechtigkeit des Krieges beruht einfach auf dem Bewußtsein einer sittlichen Notwendigkeit. Da es über den großen nationalen Persönlichkeiten eine Zwangsgewalt nicht geben kann und darf, so ist auch der Krieg gerechtfertigt; man muß ihn als eine von Gott gesetzte Ordnung auffassen."

Die Souveränität hat sich hier von der Rechtslehre, in die Hegel sie noch hineinstellte, losgelöst und ist zum Dogma geworden. Irrationale Begriffe sind an die Stelle von Rechtsgrundsätzen getreten. Der Machtstaat erscheint als die höchste und vollendetste Ausprägung des Staates überhaupt. Der Macht, der Gewalt kommt bei Treitschke die höchste Sittlichkeit zu. Wer mächtig ist oder es geworden ist, dessen Pflicht ist es auch, seine Macht gegen Schwächere zur Geltung zu bringen. Man kann hier nicht einmal mehr sagen: „Macht geht vor Recht." Denn Verträge erzeugen gar kein Recht. Nur die Macht setzt die Maßstäbe des Handelns. Gott gibt durch die Verleihung von Macht zu erkennen, wem er das höchste Recht zubilligt. Hier macht der Souveränitätsbegriff jedes Völkerrecht zur Farce.

Für die kleineren europäischen Länder wurde schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts die politische Souveränität fragwürdig, als das „Europäische Konzert der Mächte" eine Art Kollektivhegemonie über Europa ausübte, auf Konferenzen über die Angelegenheiten der Staaten entschied und seine Beschlüsse mit dem Gewicht der fünf Großmächte durchsetzte. Da aber gleichzeitig in den Großstaaten das Dogma von der Souveränität erst seine radikalste Ausprägung erfuhr, klammerten sich die kleineren Staaten wenigstens an den Rechtsbegriff.

Im Grunde änderte sich an der Konzeption der Souveränität bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs nichts Wesentliches. Zwar hat die reine Staatslehre zahlreiche Schulen hervorgebracht und den Souveränitätsbegriff nach allen Richtungen durchleuchtet und verfeinerte Definitionen gefunden. Aber in der politischen Praxis blieb es bei der Heiligkeit des Nationalstaates und seiner Souveränität.

Das zeigte sich in der Schaffung neuer, ausdrücklich souveräner Staaten nach dem Ersten Weltkrieg und in der Betonung der national-staatlichen Souveränität in der Völkerbundssatzung, die den einzelnen Staaten die volle Entscheidungsfreiheit sogar in Völkerbundsangelegenheiten beließ.

Die gesteigerte Selbstherrlichkeit der totalitären Regimes gegenüber dem Völkerrecht wirkte überdies auf die Haltung der demokratischen Staaten ein. Obwohl diese auf anderen Gebieten vom Dogmatismus frei waren, erschien ihnen die Souveränität ebenso unantastbar wie den Diktaturen. Deshalb fand man bei der Suche nach einer internationalen Ordnung immer nur Scheinlösungen, da die eigentliche Ursache der Unsicherheit im zwischenstaatlichen Verkehr sakrosankt war. Während des Zweiten Weltkriegs wurde bei den Verhandlungen und Konferenzen der Alliierten, die den Frieden vorbereiten sollten, immer wieder betont, die Grundlage der künftigen Weltordnung müsse die „souveräne Gleichheit" der Staaten sein. Daß dieser Gedanke kein Ordnungsprinzip ist, haben die zwei Jahrzehnte, die seither verstrichen sind, bewiesen. Denn obwohl die „Gleichheit" ein eminent demokratischer Grundsatz sein mag, sichert sie in Verbindung mit der Souveränität im zwischenstaatlichen Verkehr unweigerlich den Fortbestand der Rechtsunsicherheit. Außerdem war der Grundsatz der Gleichheit durch die neuen Waffen, die zu jener Zeit entstanden, damals schon illusorisch geworden. Trotzdem wurde die Formel von der „souveränen Gleichheit der Staaten" in die UN-Satzung ausgenommen, und unter diesem Vorzeichen trat die Welt in ein neues Zeitalter ein.

Situationsvergleich

Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, am 22. November 1945, sagte Anthony Eden im britischen Unterhaus unter dem frischen Eindruck von Hiroshima und Nagasaki: „Jede neue wissenschaftliche Entdeckung macht die aus einer vergangenen Zeit stammenden Vorstellungen von Souveränität sinnloser. ... Es war und ist mir unmöglich, irgendeine andere endgültige Lösung zu finden, die die Welt gegen die Atomkraft sichert, als daß wir alle unsere gegenwärtigen Ideen über Souveräni-tät aufgeben." Der damalige Außenminister Ernest Bevin griff den Gedanken auf und hielt am folgenden Tag eine Rede, in der er Edens Gedanken zurückwies, weil er darin die Bereitschaft zu einer Preisgabe der Souveränität („surrender of sovereignty") sah. Bevin schlug dafür aber die Errichtung eines unmittelbar von den Völkern gewählten Weltparlaments unter entsprechender Umgestaltung der Vereinten Nationen und die „Verschmelzung" („merging") der nationalen Souveränität mit einer Weltsouveränität vor. Eden erklärte daraufhin, auch er habe keinen Verzicht auf die Souvernität gemeint, sondern nur ausdrücken wollen, „daß diese modernen Entwicklungen gewisse altmodische Auffassungen von der Souveränität sinnlos machen."

Die Frage war also angeschnitten, aber noch sehr vage formuliert. Man legte den Gedanken an eine Weltsouveränität bald in die Archive und gewöhnte sich so gut es ging an die Atombombe. Sie konnte die alten Auffassungen von Souveränität nicht erschüttern. Im Gegenteil: seit Kriegsende entstanden durch die Auflösung der Kolonialreiche einige Dutzend neue Staaten, die gerade in der Souveränität den Schlüssel zum Aufstieg in den Rang der einstigen Kolonialmächte sahen. Innerhalb Europas aber machte die weitere wirtschaftliche, politische und militärische Entwicklung die Frage nach der Souveränität ebenso dringend wie der Anbruch des Atomzeitalters, und in diesem geographisch kleineren Rahmen bestimmte die Auseinandersetzung mit der Souveränität die Politik der Nachkriegszeit. Trotzdem hängt das Problem, das 1945 Eden und Bevin beschäftigte, noch genauso in der Luit wie damals.

Einerseits garantiert die UN-Satzung allen Staaten die volle Souveränität, und sämtliche internationalen Verträge, sogar die regionalen Zusammenschlüsse wie die Westeuropäische Union und der Nordatlantikpakt, beruhen auf diesem Prinzip. Offiziell gilt der Satz, daß die Souveränität der Grundpfeiler ist, auf dem jeder Staat ruht.

Andererseits führt die politische Praxis dieses Prinzip fast täglich ad absurdum. Staaten leben zusammen, arbeiten zusammen, gleichen sich einander an, um die Zusammenarbeit zu erleichtern. Doch auf Hunderten von Gebieten müssen jeweils sechs, sieben oder fünfzehn nationale Behörden ihre Einwilligung zu Beschlüssen geben, die ohnehin unumgänglich sind, weil technische, wirtschaftliche oder militärische Notwendigkeiten diktieren. Andere Beschlüsse, ebenso unumgänglich, werden blockiert, weil einer oder mehrere Partner sich widersetzen.

Um die Schwierigkeiten, die daraus entstehen, zu beseitigen, schlagen einzelne Politi-ker, Publizisten, Organisationen und sogar Regierungen immer wieder vor, die nationale Souveränität als das Haupthindernis auf dem Weg zu einer wirklichen Zusammenarbeit zu beschneiden. Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft ist ein Anfangserfolg auf diesem Weg. Doch heute scheint es, als habe sie die Wandlungsfähigkeit Europas bereits überfordert. Man ist zwar auf bestimmten Gebieten, wo es die moderne Entwicklung einfach verlangt, zur internationalen Zusammenarbeit bereit, aber gerade deshalb besteht die Neigung, den Aufbau der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft mit dem eigentlichen Prozeß der europäischen Einigung zu verwechseln und schon in Teilerfolgen erreichte Ziele zu erblicken statt bloßer Vorstufen eines politisch geeinten Europa, dem man indessen keinen Schritt näherkommt.

Man spricht den Europäischen Behörden einen nur technischen Wert zu, keine politische Bedeutung für die Nationalstaaten. Man wertet das Technische ab, um die bereits gemachten Zugeständnisse vor seinem nationalen Gewissen zu bagatellisieren. Die Bemühungen der sogenannten „Technokraten", über das Wirtschaftliche hinauszugehen, prallen an den souveränen Staaten ab.

Das Prinzip der Souveränität wird entweder dogmatisch ohne weitere Begründung oder auch mit realistisch klingenden Argumenten vertreten, etwa damit, daß der Staat, der das Recht hat, Gesetze zu erlassen und Gehorsam zu verlangen, nach wie vor das Maß aller politischen Dinge sei und gar nicht anders könne als souverän sein, oder damit, daß letztlich derjenige souverän sei, der über den Ausnahmezustand verfügt, und dieses Recht bliebe auch in einem integrierten Europa bei den Staaten.

Wo der Wille eines Staates oder Staatsmannes als Axiom verkündet wird, erübrigen sich weitere Erörterungen. Wo aber Begründungen vorgebracht werden, kann man regelmäßig beobachten, daß sie trotz des Anscheins von Realität untauglich sind. So läßt sich zum Beispiel daraus, daß der Staat das Recht hat, Gesetze zu verkünden und Gehorsam zu verlangen, keineswegs folgern, daß es kein Recht und keine Notwendigkeit gibt, die über dem Staat stünde. Trotzdem schließt man von der inneren auf die äußere, von der rechtlichen auf die politische Souveränität.

Nun ist es allerdings eine relativ neue und für eine der früheren Großmächte bislang unbekannte Erfahrung, daß rechtliche und politische Souveränität nicht unbedingt zusam-menfallen müssen. Aber keine noch so wohlklingende Staatsmystik kann darüber hinwegtäuschen, daß die westeuropäischen Staaten gegenwärtig nur noch über die rechtliche Souveränität uneingeschränkt verfügen. Und während die rechtliche Souveränität unteilbar sein mag, so wie das Recht des einzelnen Bürgers auf die Unverletzlichkeit seiner Person, ist das bei der politischen Souveränität ersichtlich nicht der Fall.

Betrachten wir die Lage innerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft. Wenn man mit der vorherrschenden staatsrechtlichen Literatur Souveränität dahingehend versteht, daß ein souveräner Staat keinen anderen Beschränkungen unterworfen ist als denen, die das Völkerrecht setzt, so daß sie also „völkerrechtsunmittelbar" sind, dann hat dieser Status für die EWG-Länder durch die Römischen Verträge keine Einbußen erlitten. Die Europäischen Behörden (EWG-Kommission usw.) stehen nicht über den Staaten, sie sind keine supranationalen Gebilde. Vielmehr wurden die einzelstaatlichen Souveränitäten auf bestimmten Gebieten fusioniert. Die Fusion von Hoheitsrechten nimmt einem Staat aber nichts von seiner rechtlichen Souveränität. Zwar sind die internationalen Gemeinschaften als solche ebenfalls völkerrechtsunmittelbar, was sich zum Beispiel darin zeigt, daß sie Verträge unterzeichnen und das passive Gesandtschaftsrecht besitzen. Aber sie sind es nicht im ursprünglichen Sinn wie die Staaten, sondern nur durch Vertrag zwischen den Staaten. Man könnte also von einer sekundären Souveränität der europäischen Gemeinschaften sprechen. Der Unterschied wird plausibel, wenn man bedenkt, daß die Europäischen Behörden ohne ihre Einwilligung aufgelöst werden könnten, wodurch das Völkerrecht nicht verletzt wäre. Bei Staaten ist dergleichen unmöglich, da ihre Völkerrechtsunmittelbarkeit ursprünglich, durch das Naturrecht, gegeben ist. Die Mitgliedstaaten der EWG und der anderen Organisationen sind folglich solange rechtlich souverän, als sie nicht in einem neuen Staatsgebilde, etwa einem Bundesstaat, aufgehen.

Das drückt sich folgerichtig auch in der gegenwärtigen Regelung aus, daß der EWG-Ministerrat nur einstimmige Beschlüsse faßt, daß also jedes einzelne Land sich dem Willen aller anderen widersetzen kann. In den großen politischen Auseinandersetzungen spielen aber formalrechtliche Erwägungen selten eine überragende Rolle. Couve de Murville sagte am 19. April 1964 in der französischen Nationalversammlung, man dürfe nicht annehmen, daß nach dem Übergang zur dritten Stufe des Gemeinsamen Marktes einer der Partner einfach überstimmt und eine Entscheidung gegen seinen Willen durchgesetzt werden könne Selbstverständlich weiß auch er, daß die rechtliche Souveränität der EWG-Staaten auch dann noch intakt ist, wenn das Mehrheitsprinzip gilt und einer der Partner gegebenenfalls überstimmt werden könnte. Aber es geht eben um den Willen der Staaten, um die politische Souveränität, und an ihr prallen alle juristischen Erwägungen ab, sowohl Beruhigungsversuche der Art, daß die rechtliche Souveränität erhalten bleibt, als auch — oder erst recht — juristische Nachweise des Gegenteils. Denn auch diese sind möglich.

So fällte beispielsweise der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in Luxemburg am 15. Juli 1964 ein Urteil über den Vorrang des Gemeinschaftsrechts vor dem innerstaatlichen Recht der einzelnen EWG-Länder. Der Anlaß war die Klage eines italienischen Privatmannes im Zusammenhang mit der Verstaatlichung der Stromerzeugungsunternehmen in Italien. Bei dem Verfahren ging es, über den konkreten Anlaß hinaus, um die verfassungsrechtlichen Beziehungen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zu ihren Mitgliedstaaten. Das Gericht war der Ansicht, daß der EWG-Vertrag im Gegensatz zu gewöhnlichen internationalen Verträgen eine eigene Rechtsordnung geschaffen habe, die der einzelstaatlichen Rechtsprechung übergeordnet sei. Da die Gemeinschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit und Rechtsfähigkeit sowie der Fähigkeit der internationalen Vertretung ausgestattet sei und reale Befugnisse besitze, die aus einer Begrenzung der Zuständigkeit oder einer Übertragung von Hoheitsrechten der Mitgliedstaaten auf die Gemeinschaft hervorgegangen sind, sei ein Rechtscorpus geschaffen worden, der für die Staatsangehörigen der Mitgliedsländer und für sie selbst verbindlich sei. Es sei den Mitgliedern daher unmöglich, Maßnahmen zu ergreifen, die einseitig gegen diese allgemeinverbindliche Rechtsordnung verstoßen. Dem durch den Vertrag geschaffenen Recht könnten keine innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgehen, sonst würde die Rechtsgrundlage der Gemeinschaft selbst in Frage gestellt. „Die Staaten haben somit dadurch, daß sie Rechte und Pflichten, die bis dahin ihren inneren Rechtsordnungen unterworfen waren, der Regelung durch die Gemeinschaftsrechtsordnung vorbehalten haben, eine endgültige Beschränkung ihrer Hoheitsrechte bewirkt, die durch spätere einseitige, mit dem Gemeinschaftsbegriff unvereinbare Maßnahmen nicht rückgängig gemacht werden kann."

Solche juristischen Erwägungen sind interessant und ermutigend, aber politisch ist damit nicht alles gesagt. Denn der auf seine Souveränität pochende Staat kann jederzeit zu der Auffassung kommen, daß er einen Vertrag, der ihm solche Konsequenzen auferlegt, eben kündigen muß. Der Jurist geht vom bestehenden Vertrag aus, der Politiker dagegen von der Opportunität des Vertrages.

Er kann dem Juristen den Boden entziehen, sobald er den Vertrag nicht mehr für nützlich hält.

Eine realistische Betrachtungsweise muß daher trotz aller juristischer Definitionen von der Politik ausgehen, von der Frage, ob ein Staat politisch, wirtschaftlich und militärisch in der Lage ist, unbeschränkten Gebrauch von seiner Souveränität zu machen. Das Recht fragt nach der objektiven Gerechtigkeit und kennt keine Parteien. Die Souveränität dagegen kennt nur die Partei des Staates und dient seinen Zwecken.

Politische Souveränität bedeutet, grob gesagt, die faktische Unabhängigkeit eines Staates. Ein politisch souveräner Staat kann über alle seine Maßnahmen frei entscheiden, für seine Selbsterhaltung sorgen und seine außenpolitischen Beziehungen nach Gutdünken gestalten. Es leuchtet ein, daß die rechtliche Souveränität, also der Anspruch aller Staaten, als völlig gleich zu gelten, so wie die einzelnen Bürger innerhalb eines Staates vor dem Gesetz gleich sind, allein zur Behauptung der politischen Unabhängigkeit nicht ausreicht. Halten wir uns zur Illustration noch einmal die idealen Lebensbedingungen der politischen Souveränität vor Augen, wie sie im alten europäischen Staatensystem in der Zeit vom Westfälischen Frieden bis Napoleon, eingeschränkt bis zum Ersten Weltkrieg, gegeben waren.

Politische Souveränität gewährte natürlich in erster Linie die Macht. Aber es gab im europäischen Staatensystem sowohl Großmächte als auch Kleinstaaten, und die Kleinstaaten waren nicht nur rechtlich, sondern auch politisch souverän. Da es ihnen an Macht gebrach, mußte zur rechtlichen Souveränität noch etwas anderes hinzukommen. Dieses andere war die Struktur des europäischen Staatenvereins — das Gleichgewichtssystem. Es gab den weniger mächtigen Staaten die Möglichkeit des Lavierens. Da die Großmächte keine ideologischen, sondern immer nur machtpolitische Gegensätze hatten, konnte ein Kleinstaat Bündnisse eingehen und das Bündnis wechseln, ohne dadurch die Substanz seiner Politik preiszugeben. Die Entscheidung, ob ein bestimmtes Land, sagen wir das Königreich Dänemark-Norwegen, die Partei der Bourbonen oder der Habsburger ergriff, rührte nicht an seine Verfassung und war für den politisch desinteressierten Bürger unwichtig, unter Umständen nicht einmal wahrnehmbar.

Seine Lebensweise blieb die gleiche, sein sozialer Status, sein Glaubensbekenntnis. Das Land konnte auch in der windstillen Zone zwischen den Mächten verharren und jedem, der Einfluß auf dieses Land nehmen wollte, ein Bündnis mit dessen Gegner androhen.

Da die Großmächte Änderungen des Gleichgewichts ernst nahmen, konnte ein weniger mächtiger Staat Einfluß ausüben und durch geschickte Diplomatie für seine Selbsterhaltung sorgen. Selbst wenn er sich einer Großmacht anschloß, mußte diese mit einem Stellungswechsel ihres Verbündeten rechnen, wenn das Bündnis in eine allzu drückende Hegemonie auszuarten drohte, und entsprechende Rücksichten nehmen. Der Kleinstaat war politisch voll souverän. Dieses Spiel war nur dadurch möglich, daß allgemein gewisse Grundnormen respektiert wurden, eben im Rahmen der rechtlichen Souveränität, der gegenseitigen Legitimation, also dessen, was man damals „gesittetes" oder „zivilisiertes" Verhalten nannte.

Die gegenwärtige politische Lage unterscheidet sich beträchtlich von den Bedingungen des alten europäischen Staatensystems. An die Stelle eines Vereins zahlreicher Staaten mit gleicher oder mindestens vergleichbarer Grundauffassung sind wenige Staatengruppen getreten, die geistig so gut wie nichts miteinander verbindet. Das atomare Patt und die Koexistenz haben mit Gleichgewicht nicht das geringste zu tun. Es ist daher falsch, von einem „Weltgleichgewicht" zu sprechen. Die Flexibilität, eine wesentliche Voraussetzung des Gleichgewichtssystems, ist einem durch die Waffentechnik fixierten Zustand gewichen. Die westeuropäischen Staaten können in dieser Lage gerade das, was früher min-der mächtigen Ländern die politische Souveränität sicherte, nicht praktizieren. Sie können nicht lavieren. Sie können nicht das Bündnis wechseln und ihren gegenwärtigen Partnern mit einem Übertritt ins andere Lager drohen, um Forderungen durchzusetzen. Sie sind im „westlichen Lager" eingekittet. Keiner kann ausscheren. Selbst die Neutralen Europas sind nicht „neutralistisch", sondern stehen ohne Vorbehalt auf der Seite des Westens.

Die Ursache dieses Zustands ist einigermaßen paradox. Wir haben im Westen keine Ideologie im strengen Sinn. Wir rechnen es uns zum Vorteil an, daß bei uns jeder einzelne Bürger auch in politischen Dingen seiner eigenen Überzeugung folgen kann und nicht nach ideologischen, sondern nach rechtlichen Gesichtspunkten behandelt wird. Aber diese durch die Verfassungen garantierten Rechte des Bürgers sind für uns so wertvoll, daß sie die Funktion einer Ideologie übernehmen. Sie haben für uns im Staatsleben den höchsten Wert, genau wie früher dem Christentum der absolut höchste Wert zukam, so daß jede Unterwerfung unter das türkische Reich undenkbar war. Selbst wenn sich jetzt die Zwei-Blöcke-Struktur der Nachkriegszeit auffächert, wenn neue Großmächte dazukommen sollten, wird die künftige Weltlage keine Wiederholung des alten europäischen Systems auf einer größeren Ebene sein können. Das wesentliche Merkmal und die Voraussetzung des alten Systems werden fehlen: die gemeinsame Kultur der Beteiligten, die geistige Zusammengehörigkeit, die das an sich ebenfalls monströse Gleichgewichtsdenken erträglich machte. Überdies findet die Auffächerung nur auf sekundären Gebieten statt. Die Ideologie bleibt bestehen, auch wenn es in ihr Nuancen, verschiedene Grade der Orthodoxie und der Häresie gibt. Und solange die Ideologie besteht, läßt sich die klassische Politik nicht anwenden, die sich innerhalb einer geistig homogenen Staatengruppe herausbildete, in der es nur gegensätzliche Machtinteressen, aber keine ideologischen Konflikte gab. Was die Politik alten Stils gegenstandslos machte, war ja nicht etwa das aus dem Zweiten Weltkrieg hervorgegangene Blocksystem, sondern gerade die mit Macht gepaarte Ideologie. Eher könnte man umgekehrt formulieren: Die Ideologie schuf das starre Blocksystem, in dem

Gleichgewichtserwägungen irrelevant geworden sind, weil es nun keinen Mächtepluralismus mehr gab. Solange die Ideologie in der Politik eine Rolle spielt, wird es auch keinen echten Mächtepluralismus mehr geben können. Daran dürfte auch die Existenz der neutralistischen Staaten nichts ändern, denn mit fortschreitender Entwicklung werden sie vermutlich ihre jetzige Haltung aufgeben. Möglicherweise verstärkt sich dadurch die Bedeutung des Polyzentrismus, so daß die internationale Politik immer facettenreicher wird, aber die Bipolarität der beiden Gesellschaftssysteme wird noch auf lange Zeit das Gesamtbild prägen.

Zu diesen quasi-ideologischen Erwägungen kommen aber noch triftige praktische Gründe, die zum Teil mit den ideologischen Zusammenhängen, zum Teil auch ausschließlich aus der wirtschaftlich-technischen Entwicklung erwachsen sind.

Die Möglichkeit der gegenseitigen Vernichtung bestimmt heute und in Zukunft die Politik. Sie ist ein Novum in den internationalen Beziehungen. Früher bestand immer die Aussicht, daß es in einem Krieg Sieger und Besiegte geben würde. Deshalb war der Krieg ein Mittel der Politik, ja ihre Quintessenz. Heute ist die Vermeidung des Krieges die Quintessenz der Politik. Erstmals in der Geschichte der Menschheit kann die Gewaltanwendung, der Krieg, keinen Erfolg mehr versprechen, darin sind sich die meisten Experten einig. Gleichzeitig mit einer Steigerung der Macht ins nicht mehr Meßbare ist auch die Verwundbarkeit der Staaten absolut geworden. Gerade das Hauptattribut der heute mächtigsten Staaten, die atomare Abschreckung, beraubt sie in der Auseinandersetzung mit ihrem wichtigsten Gegner des klassischen Kriteriums der Souveränität, nämlich der Fähigkeit, Außenpolitik notfalls „mit anderen Mitteln fortzusetzen".

John H. Herz vertritt, in seinem ausgezeichneten Buch „Weltpolitik im Atomzeitalter" die Ansicht, die Begriffe Macht und Souveränität würden nur dann bedeutungslos, wenn man den Atomkrieg als unvermeidlich ansieht. Aber auch hier muß man den Unterschied zwischen rechtlicher und politischer Souveränität bedenken. Die rechtliche Souveränität bleibt freilich ohne ausdrückliche, rechtsbeschränkende Verträge unangetastet.

Aber die politische Souveränität steht und fällt mit der Möglichkeit ihrer Anwendung.

Und selbst wenn wir diejenigen Staaten betrachten, die in der heutigen Welt „am souveränsten" sind, nämlich die Mächte, die im Weltsicherheitsrat das Vetorecht besitzen, stellen wir fest, daß dieses Recht es ihnen nicht gestattet, ihren eigenen Willen durchzusetzen. Es erlaubt ihnen lediglich, den Willen einer anderen Großmacht zu vereiteln.

Das Vetorecht ist also keineswegs ein Attribut gesteigerter Souveränität, sondern ein Mittel der gegenseitigen Souveränitätsschmälerung. Wo Wille gegen Wille steht, könnte nach wie vor nur der Krieg entscheiden, und gerade ihn muß man um jeden Preis vermeiden. Das führt zur Erstarrung der Fronten, läßt politische Spannungen über Jahrzehnte bestehen und macht Lösungen so gut wie unmöglich.

Außenminister Rusk sagte 1964: „Wir alle wissen, daß es in der heutigen Welt eine absolute Souveränität nicht mehr gibt. Es gibt zwingende praktische Gründe, weshalb die Vorstellung von einer nationalen Unabhängigkeit den Prinzipien der gegenseitigen Abhängigkeit von Tag zu Tag mehr weichen muß. Zumindest erleben wir in den Vereinigten Staaten, daß wir noch nie in unserer Geschichte weniger souverän, weniger unabhängig waren als heute. Der Grund: unsere Aktionsfreiheit wird begrenzt durch die Verantwortung, die wir übernommen haben, und das Interesse, das andere an dem nehmen, was wir tun oder nicht tun, und so kommen wir dahin, daß wir das Wiederaufleben des Gedankens der Unabhängigkeit in der Behandlung von Angelegenheiten der freien Welt fast nicht mehr verstehen können, weil wir selbst nahezu keine Unabhängigkeit mehr haben."

Was Außenminister Rusk hier ausdrückte, hätte in abgewandelter Form zweifellos auch im Kreml gesagt werden können.

Wenn nicht einmal mehr die beiden heutigen Weltmächte ihre volle Entscheidungsfreiheit besitzen, so gilt das für die westeuropäischen Staaten erst recht. Die Rücksicht auf die Weltmeinung, die Rusk andeutete (und auf die souveräne Staaten früher keine Rücksicht nehmen mußten), spielt für sie eine kleinere Rolle, weil sie weniger Gelegenheit haben, sich zu kompromittieren. Da ihnen die Macht fehlt, kommen sie gar nicht erst in Versuchung, ihre politische Souveränität auf eine Art zur Geltung zu bringen, die ihren Kontrahenten ernstlich schadet. Zwar bleibt außerhalb Europas ein gewisser Spielraum für souveräne Taten. Aber das Scheitern des Suezkrieges zeigte, wie eng dieser Spielraum geworden ist. Er gestattet noch Akte wie die Anerkennung Rotchinas durch Frankreich — ein wenig überzeugender Akt übrigens, der zwar die Entscheidungsfreiheit seines Urhebers dartun sollte, Frankreich aber keines der Kriterien einer wirklich unabhängigen Außenpolitik zurückgab. Gerade Frankreich, das seine Souveränität am leidenschaftlichsten verteidigt, erlebte bisher auf diplomatischem Gebiet lauter Enttäuschungen. Keine Aktion verschaffte ihm mehr Gewicht oder Gehör, als es vorher besaß, sei es innerhalb Europas oder der NATO, sei es in Ostasien oder Südamerika. Frankreich erwirbt mit seinen souveränen Akten nur eine Option auf die politische Handlungsfreiheit. Aber es könnte diese Option nur dann einlösen, wenn es seine Ambitionen nicht auf die eigene, sondern auf eine europäische Souveränität richten würde. Vorerst erinnern viele souveräne Akte Frankreichs an die „brinkmanship", die auf anderer Ebene früher im Kalten Krieg angewandt wurde, an das Wandeln am Abgrund des Krieges, in den zu stürzen man sich jedoch hütete. Ebenso bewegt sich Frankreich jetzt gern am Rand des Austritts aus den bestehenden Gemeinschaften, ohne den letzten Schritt tatsächlich tun zu können.

Innerhalb Europas ist der besagte Spielraum noch sehr viel kleiner, und die Konflikte, die entstehen, wenn die Souveränität trotzdem ausgespielt werden soll, sind entsprechend nervenaufreibend. Hier kann sich die einzelstaatliche Souveränität nur noch auf rein innenpolitischen Gebieten voll auswirken, und das bedeutet, daß ihr Wirkungsbereich immer mehr eingeengt und auf zweitrangige Sektoren beschränkt wird, denn der Einfluß der zwischenstaatlichen Beziehungen auf die inneren Angelegenheiten der Staaten wird immer stärker. So haben die internationalen Wirtschaftsbeziehungen tiefgreifende Auswirkungen auf innenpolitische Ressorts. Die Wirtschaft ist zu einem beherrschenden Faktor fast aller politischer Aktivitäten geworden. Sie bestimmt die Einnahmen der Staaten und damit die Verwirklichung des Staatswohls, des klassischen Zwecks der Souveränität. Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, die ja nicht aus einer Ideologie entsprungen ist, sondern aus der Vernunft, die diesen Gegebenheiten Rechnung trug, war in den wenigen Jahren ihres Aufbaus schon so erfolgreich und hat die an ihr beteiligten Staaten so eng miteinander verflochten, daß ihre Auflösung nur noch unter großen, wahrscheinlich katastrophalen Einbußen möglich wäre. Wie stark die Sachzwänge innerhalb der EWG schon geworden sind, zeigte die Reaktion der französischen Bauern und Industriellen auf das Scheitern der Verhandlungen über die EWG-Agrarfinanzierung am 30. Juni 1965. Sie, die sich noch 1958 gegen die EWG sträubten, halten nun die Rückschläge, die ein Stillstand der Entwicklung oder gar ein Scheitern der EWG für die französische Wirtschaft mit sich bringen würde, für so gravierend, daß sie nicht mehr an eine Lösung der bestehenden Bindungen zu denken wagen. Sogar Frankreich wird es daher hinnehmen müssen, daß immer mehr Reservationen der Souveränität verlorengehen, denn eine Vollendung der EWG ist nicht denkbar, ohne daß die Gemeinschaft auf die Währungs-und Haushalts-politik, auf die Steuer-und Sozialgesetzgebung, auf die Kreditpolitik und viele andere sogenannte „innere Angelegenheiten" der Staaten Einfluß nimmt.

Noch härter sind die militärpolitischen Fakten. Hier geht es nicht nur um den künftigen Wohlstand Europas, sondern um die Frage des Überlebens. Nicht einmal Frankreich, um bei diesem Modellfall zu bleiben, ist bereit, eine strikt nationale, eigene Verteidigungspolitik zu betreiben. Die moderne Kriegstechnik würde jeden solchen Versuch ad absurdum führen. Auch eine force de frappe enthebt nicht des Zwangs zum Bündnis mit den Vereinigten Staaten. Es gehört zu den Paradoxen unserer Situation, daß das atomare Patt zwar auch den Mächtigsten die volle Handlungsfreiheit nimmt, daß sie aber auch ihre Sicherheit daraus beziehen und daß von den kleineren Atommächten nur diejenigen an der Sicherheit teilhaben, die als Verbündete einer der beiden Weltmächte auch am Patt beteiligt sind.

Wenn ein Staat aber einmal aus einem Militärbündnis nicht mehr austreten kann, ohne seine Verteidigungsfähigkeit aufs Spiel zu setzen, wenn er seine Handelspolitik nicht ändern kann, ohne den Bestand seiner Wirtschaft zu gefährden, dann mag er nach wie vor Völkerrechtssubjekt sein, rechtsfähig und vertragsfähig und mit dem vollen Anspruch auf Legitimität als Staat — unabhängig ist er auf diesen Gebieten nicht mehr. Ist die gegenseitige Abhängigkeit mehrerer Staaten aber einmal so groß geworden, daß der eigene Vorteil eine Lösung der eingegangenen Bindungen verbietet, weil sonst die Interessen des Staates geschädigt würden, so ist die formalrechtliche Souveränität nur noch eine Floskel. Sie ist eine unzweckmäßige Institution geworden, die für ganz andere Ziele geschaffen wurde, als wir sie heute verfolgen.

Wandlung oder Diktat der Geschichte?

Die historische Entwicklung des Souveränitätsbegriffs hat gezeigt, daß er in einer ganz bestimmten geschichtlichen Situation entstanden ist und sich in Übereinstimmung mit den konkreten Gegebenheiten entfaltete, wobei die Juristen immer erst nachträglich die formalrechtliche Sanktion gaben. Die Lehre von der Souveränität war ursprünglich entstanden, weil kein Oberherr da war, der den Ein-zelstaaten Schutz gewähren und Recht setzen konnte. Am Ende der Entwicklung stand die Auffassung, daß es einen solchen Oberherrn, eine überstaatliche Instanz nicht geben dürfe. Aus einer Notstandsforderung wurde also ein Grundbegriff des Staatsrechts, dessen Verlust nun wiederum als Notstand angesehen würde. Auf dieser Grundlage wurden Lehrgebäude errichtet, die vorgaben, unabhängig von jeder Tagespolitik die Begriffe Souveränität und Staat ein für alle Mal zu erklären. Aber es zeigte sich, daß Konstruktion und Stil dieser Lehrgebäude wechselte, zwar nicht gerade mit der Tagespolitik, aber doch mit den Epochen, mit den Herrschaftsformen und Geistesströmungen.

Die politische Situation hat sich inzwischen abermals gewandelt. Der Souveränitätsbegriff aber wurde durch seine Koppelung mit den Begriffen Staat und Macht verhärtet und war daher nicht weiter wandlungsfähig. Nur in den ersten Nachkriegsjähren, als Europa machtlos war, gab es eine gewisse Bereitschaft, die Souveränität zu relativieren und an eine neue Konzeption zu denken. Aber inzwischen hat mit der Gesundung der europäischen Staaten auch die Restauration so viel Boden gewonnen, daß Zweifel an der Souveränität fast das Odium atheistischer Äußerungen haben.

Dieser Vergleich trifft auch insofern zu, als hinter dem Festhalten an der Souveränität zu einem großen Teil irrationale oder emotionelle Gedanken stehen. Der Begriff der Souveränität ist politisch — nicht juristisch — eng mit dem Gedanken der Nation verbunden. Aus der Nation hat sich die Souveränitätslehre entwickelt, auf sie beruft sie sich noch heute. Dabei kann die Nationalität längst nicht mehr die Existenzgrundlage der Staaten sein, so wenig wie irgendeine bestimmte Religion. Die Verfassungen der zivilisierten Staaten garantieren ausdrücklich die Freiheit der politischen und religiösen Überzeugung und sogar die Beliebigkeit der Hautfarbe. Wenn wir aber erkennen, daß die Staaten nicht auf einer allen ihren Angehörigen gemeinsamen Religion oder auf der Stammeszugehörigkeit beruhen, dann verliert auch die Souveränität viel von ihrem Glanz. Sie läßt sich nicht mehr mit der Größe und Ehre einer Nation rechtfertigen, sondern nur noch mit der Staatsräson. Wird der Staat aber als eine res publica aufgefaßt, die für das Wohl ihrer Bürger zu sorgen hat, dann verlangt gerade die Staatsräson, daß man dem Gemeinwohl alle anderen Erwägungen unterordnet und ohne Bedenken — beispielsweise — Souveränitätsrechte an Stellen abgibt, die besser mit ihnen arbeiten können als der Einzelstaat. Man wird nicht dem nationalen Nimbus zuliebe das Gemeinwohl schädigen, indem man in der Währungspolitik, in der Verteidigungspolitik, in der Sozialpolitik und auf vielen anderen Gebieten notwendige Maßnahmen nur aus dem einen Grund unterläßt, weil sich dann der Nationalstaat nicht mehr genügend manifestieren kann.

Europa steht also vor einem scheinbar unauflöslichen Widerspruch. Die Einheit Europas, deren Notwendigkeit auch von den Souveränitätsgläubigen anerkannt wird, ist unvereinbar mit der Erhaltung der Souveränität.

Erinnern wir uns noch einmal an den Vergleich der nationalstaatlichen Souveränität mit dem freien Willen des Einzelmenschen.

Der freie Wille wird immer mehr eingeschränkt, je komplizierter die Gesellschaftsstruktur wird. Schon in einer relativ primitiven Gesellschaft hat der freie Wille leicht faßbare, unmittelbar einleuchtende Einschränkungen erfahren, die sich ungefähr mit den Geboten des Naturrechts deckten. Man hörte auf, innerhalb des eigenen Stamms wegen Kleinigkeiten zu morden. Man erntete nicht das Feld eines Nachbarn ab. Heute betrifft die Einschränkung des freien Willens bereits Dinge, die nicht mehr unmittelbar einleuchten.

Entsprechendes gilt für die Staaten. Die Ausübung der Souveränität wird immer problematischer und erweist sich auf immer mehr Gebieten als unmöglich, wenn es nicht zu Kollisionen kommen soll, die dem Staat selbst schaden. So wie das Gemeininteresse der Gesellschaft an die Stelle der freien Entfaltungsmöglichkeit des einzelnen freien Willens tritt, so wird das Gemeininteresse einer Staatengruppe wichtiger als die Souveränität der einzelnen Länder. Selbständigkeit kann es in unserer komplizierten Staatengesellschaft kaum mehr geben. Fichte konnte sich noch einen „Geschlossenen Handelsstaat"

vorstellen, der vollkommen aus sich selbst heraus existiert, und Japan gab im 17. und 18. Jahrhundert ein praktisches Beispiel dafür, als es sich von jeglichem Kontakt mit der Außenwelt abschnitt. Heute kann ein Staat, je entwickelter er ist, um so weniger auf die Kommunikation mit anderen Staaten verzichten. Und die Kommunikation setzt Anpassung voraus, Einschränkungen des freien Willens.

Trotzdem glaubt man, die Politik ruhe immer noch auf den Grundlagen, die in einer Zeit geschaffen wurden, als nicht die internationale Zusammenarbeit, sondern das Konflikts-denken im Vordergrund stand. Die eingangs erwähnte Beziehung zwischen den europäischen Integrationsbestrebungen und der französischen Revolution ist daher vorlautig nur ein Wunsch, nichts als ein Gedanke, der den immer nach größeren Zusammenhängen tragenden Geist des Historikers befriedigt. Es ist bis jetzt noch nicht erwiesen, daß Europa tatsächlich den endgültigen Schrill weg von seinen alten Prinzipien getan hat. Eines steht jedoch fest: Diese alten Prinzipien sind unrealistisch geworden. Sie erfüllten ihren Zweck in einer Zeit, als die Welt europazentrisch war. Aber soviel können wir heute schon sagen, daß in diesem Sinn das Zeitalter Europas zu Ende gegangen ist und daß Europa sich dessen bewußt ist. Da es sich um ein schmerzliches Bewußtsein handelt, bleibt die Frage offen, ob es die Folgerungen daraus ziehen wird.

Es würde sich ziemen, an die Kritik eines Mißstands oder Irrtums Vorschläge für einen besseren Weg anzuknüpfen. Doch die Fülle der praktischen Anregungen, die bereits von Politikern und von privater Seite gemacht wurden, enthebt uns dieser Aufgabe. Es gibt auch hier viele Wege zum Heil. Aber sämtliche Zukunftspläne werden umsonst sein, wenn wir uns nicht zuerst von der Last befreien, die uns die Geschichte aufgebürdet hat.

Paul Henri Spaak schrieb vor anderthalb . Jahrzehnten: „Das organisierte internationale Leben, für das wir arbeiten, kann nicht realisiert werden, wenn wir nicht das Dogma von der absoluten Souveränität der Staaten zerstören. Eine echte internationale Organisation und absolute nationale Souveränität sind einander widersprechende und miteinander unvereinbare Ideen. Entweder wir finden uns mit einer Welt der Anarchie ab, die auf der Gewalt beruht, oder wir schaffen eine Welt, in der Friede und Ordnung möglich ist. Wenn wir uns für das zweite Ziel entscheiden, müssen wir die alte Vorstellung aulgeben, daß jedes einzelne Land, ob groß oder klein, tun kann, was ihm beliebt. Aber sobald wir einmal das Prinzip anerkennen, daß nationale Souveränität Beschränkungen unterworfen ist, müssen wir zulassen, daß die tägliche Erfahrung die konkreten Maßnahmen bestimmt."

Dor letzte Salz scheint, mir den Kern der Dinge genau zu treffen. Die tägliche Erfahrung muß unsere Politik bestimmen, nicht ein «dies Dogma. Es ist nicht notwendig, daß man von heule auf morgen die „Vereinigten Staaten von Europa" schafft. Dieser Gedanke wäre zwar vernünftig, aber utopisch. Doch man darf nicht umgekehrt auf Grund einer alten Ideologie jeden evolutionären Schritt in dieser Richtung unterbinden. Es ist möglich, daß es die „Vereinigten Staaten von Europa" nie geben wird, sondern daß Europa Formern des politischen Zusammenlebens findet, die in der Geschichte kein Vorbild haben, Formen, die den alten Partikularismus mit dem neuen Zwang zum Zusammenleben in Einklang bringen. Aber die Voraussetzung dafür ist, daß wir eine Evolution überhaupt zulassen. Wir müssen deshalb den Begriff der Souveränität des Dogmatischen entkleiden und ihn als einem geschieht lieh gewordenen Begriff sehen, der einmal seine Berechtigung halle, sich aber, wie alle politischen Begriffe, nach den Verhältnissen ausrichten muß.

Epochen, in denen historische Wandlungen vor sich gingen, waren meist auch schöpferische Zeiten. Das Hervortreten der Nationalstaaten aus der abendländischen civitas maxima im späten Mittelalter war ein solches schöpferisches Ereignis, die Ausbreitung der Demokratie in Europa nach der französischen Revolution ein anderes. Wenn aus einer Umbruchssituation nichts Neues hervorging, folgten Perioden, in denen die alten, verbrauchten Ideen die weitere Entwicklung auf lange Zeit lahmten. So entstand aus dem Niedergang des Römischen Imperiums lange keine neue Ordnung, weil man in einem politischen Chaos an der fiktiv gewordenen Reichs-idee festhielt. Ob aus Umbruchssituationen aber nun Neues hervorging oder nicht: Immer erwies es sich als unmöglich, aus einer solchem Situation heraus wieder zum vorigen Zustand zurückzukehren. Es war unmöglich, das römische'Kaisertum als Universalmacht zu erneuern. Und es gelang nicht, durch die Heilige Allianz von 1815 die französische Revolution ungeschehen zu machen. Europa würde den gleichen Fehler wieder begehen, wenn es versuchen wollte, den alten europäischen Staatenverein zu erneuern, selbst wenn man mit dem ehrlichen Willen zur Friedfertigkeit und zur Zusammenarbeit an dieses Werk heranginge. Eine politische Union, die aus souveränen Staaten besteht, wäre nichts als eine Wiederholung der Vergangenheit. Ein sogenanntes „Vereintes Europa" ist ein weiter und vager Begriff und so wenig eine Erfolgsgarantie wie die „Vereinten Nationen", in die man nach dem Krieg alle Hoffnungen setzte.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. dazu R. H. Foerster: Die Geschichte und die europäische Integration, in: Aus Politik und Zeit-geschichte, Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, Nr. 34/1964.

  2. Europäische Dokumentation. Monatliche Hefte. Hrsg.: Generaldirektion parlamentarische Dokumentation und Information (Luxemburg), Heft 4, 1964, S. 6.

  3. Ebenda, Heft 3, S. 7.

  4. Hans J. Morgenthau, Politics among Nations, New York 19552, S. 308. (Die Stelle ist in der deutschen Ausgabe des Werks nicht enthalten.)

  5. Niccolo Machiavelli, Der Fürst, übers, v. Friedrich Blaschke, Leipzig 194t 3 (= Philos. Bibl. 188), 18. Kap., S. 68— 70.

  6. Zitiert nach Gerhard Möbus, Die politischen Theorien im Zeitalter der absoluten Monarchie bis zur Französischen Revolution, Köln 1961 (= Die Wissensch. v. d. Politik 8), S. 193— 194.

  7. 8. Kapitel.

  8. Hugo Grotius, Drei Bücher über das Recht des Krieges und Friedens, übers, v. J. H. v. Kirchmann, Berlin 1869 (= Philos. Bibl. 15), I. Buch, I. Kap. X, 1., S. 73.

  9. Ebenda, Einleitung § 22, S. 37.

  10. Thomas Hobbes, Leviathan, ed. by Michael Oakeshott, Oxford 1946 (= Blackwell’s Political Texts), 14. Kap., S. 84.

  11. Louis XIV.: Memoires pour les annes 1661 et 1666, Paris 1923 (= Collection des Chefs-d’Oeuvres Meconnus), S. 97— 99.

  12. Kant, Zum Ewigen Frieden. Ein philosophischer Entwurf, hrsg. v. Th. Valentiner, Stuttgart 1958, S. 31— 32.

  13. G. W. F. Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, Berlin 1840 (= Werke Bd. 8), § 330.

  14. Ebenda, § 283.

  15. Johann Kaspar Bluntschli, Das moderne Völkerrecht der civilisierten Staaten, Nördlingen 18783, S. 88.

  16. Heinrich von Treitschke, Freiheit, Einheit, Völkergemeinschaft. Eine Auswahl aus Reden und Schriften, Wien 1953, S. 322.

  17. Ebenda, S. 321.

  18. Die Friedenswarte. Blätter für internationale Verständigung und zwischenstaatliche Organisation, hrsg. v. Hans Wehberg, Zürich 1946, Nr. 1/2 S. 53— 54.

  19. Ebenda, S. 58.

  20. Europäische Dokumentation, a. a. O., Heft 6, 1964 S. 8.

  21. Ebenda, Heft 8/9, 1964, S. 1— 2.

  22. John H. Herz, Weltpolitik im Atomzeitalter, Stuttgart 1961 (= Urban Bücher 55), S. 17 ff.

  23. Zitiert in einem Artikel von Hans von der Groeben in: Europäische Gemeinschaft, hrsg. v. Presse-Informationsdienst der Europäischen Gemeinschaften, Bad Godesberg, Nr. 8, 1964, S. 5.

  24. P. II. Spaak, The Integration of Europe. Dreams and Realities, in: Foreign Affairs, Bd. 29 (1950/51), S. 97.

Weitere Inhalte

Rolf Hellmut Foerster, freier Schriftsteller, geb. 18. Juni 1927 in Karlsruhe. Veröffentlichungen: Die Idee Europa 1300 bis 1946. Quellen zur Geschichte der politischen Einigung (Hrsg.), München 1963; in Vorbereitung eine umfassende Geschichte der europäischen Einigungspolitik; zahlreiche Übersetzungen, u. a. Werke von A. J. Toynbee, S. Radhakrishnan, G. Paloczi-Horvath.