Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft und ihre Beziehung zum Staatsbegriff | APuZ 4/1966 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 4/1966 Die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft und ihre Beziehung zum Staatsbegriff

Die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft und ihre Beziehung zum Staatsbegriff

Ernst Maste

Was mit Gesellschait gemeint ist, geht im Deutschen jeweils nur aus dem Zusammenhang hervor, in dem man das Wort antrifft. Die Bedeutung kann eine weltumspannende, sie kann auch eine recht spezielle sein. Man sagt, jemand befinde sich in guter oder schlechter Gesellschaft; man spricht von der Soziologie als der Gesellschaftswissenschaft und versteht dabei unter „Gesellschaft" die ganze Fülle der von Menschen gebildeten Gruppen oder der zwischenmenschlichen Beziehungen. Um einen weit engeren Sinn herauszugreifen: es gab — oder gibt noch — den Fall, daß ein bestimmter Kreis, eine bestimmte Schicht, sich selbst als „die Gesellschaft" ansieht und bezeichnet, der anzugehören einen Vorrang bedeute, wobei diese Zugehörigkeit indessen einen gewissen Status — hinsichtlich etwa der Abkunft, der beruflichen Tätigkeit, der Vermögenslage — voraussetzt. Wieder je ein ganz anderer Akzent ist gegeben bei Ferdinand Tönnies, der „Gesellschaft“ von „Gemeinschaft" unterschied, und bei Arnold J. Toynbee, dessen „Society" eine singuläre historische Erscheinung, in Raum und Zeit abzugrenzen, und der potentielle Träger einer Zivilisation oder Kultur ist. Und damit ist der Katalog der Bedeutungen noch keineswegs erschöpft.

Ist in deutscher Staatslehre oder Politischer Wissenschaft oder Soziologie die Rede von Gesellschaft und Staat, oder umgekehrt von Staat und Gesellschaft, so wird man zunächst an den Begriff der Gesellschaft denken, der auf Hegel und Lorenz v. Stein zurückgeht. Danach ist Gesellschaft die Summe der spontan entstandenen Gruppen, die je in sich eine Ordnung aufweisen mögen, aber nicht auf eine überwölbende Einheit hin angelegt sind. Jede solche Gruppe vertritt ein begrenztes Interesse, das nicht unbedingt ökonomischer Natur sein muß. Da die Interessen divergieren, teilweise sogar ganz verschiedene Sachgebiete betreffen, ergibt sich insgesamt ein Bild bunter Vielfalt, nicht aber ein geschlossenes Ganzes, das einem Körper vergleichbar und damit handlungsfähig wäre. Was diesem unsystematischen Nebeneinander, allenfalls Miteinander, oft aber Gegeneinander, abgeht an Einheit und Ganzheit, das muß der Staat hinzubringen.

Das ist, grob skizziert, die Lehre, an die — nach hierzulande eingebürgertem Sprachgebrauch — die Konfrontation von Gesellschaft und Staat denken läßt. Es gibt keinen Zweifel, daß sie dem Staate den höheren Rang zuerkennt. In dieser Sicht ist die Gesellschaft geradezu darauf angewiesen, daß der Staat von oben oder außen zu ihr hinzutritt, sich gewissermaßen über sie schichtet.

Gesellschaft und Staat bei Hegel

Nun zuerst Hegel. Er konnte gewiß selbst in seiner Spätzeit, den Berliner Jahren, das heutige Aussehen der Gesellschaft des zuletzt bezeichneten Wortsinnes, also die massierten, organisierten, teilweise höchst anspruchsvollen Verbände kaum erahnen. Auch ist das, was man in seinen 1821 erschienenen „Grundlinien der Philosophie des Rechts" vorfindet, noch nicht Soziologie eines engeren Begriffes. Hans Freyer sagt in subtiler Unterscheidung, daß die deutsche Soziologie nicht „mit", sondern „in" Hegel beginne; sie sei „in Hegels Rechts-philosophie eingeschlossen, angelegt, vorgebildet" Sie ist dies dadurch, daß in dem genannten Werke ziemlich ausführlich von der „bürgerlichen Gesellschaft" die Rede ist, welchen Terminus Hegel in die deutsche Literatur einführte. Die Wirkungen, die von daher ausgingen, sind kaum zu überschätzen.

Familie, bürgerliche Gesellschaft und Staat bilden bei Hegel eine Dreiheit nach dem Muster seines Dialektik-Schemas, der Abfolge von These, Antithese und Synthese (§ 157 der „Grundlinien der Philosophie des Rechts"). Der Familie ist dabei der „unmittelbare oder natürliche sittliche Geist" zugeordnet (§ 157); sie hat „die Liebe ... zu ihrer Bestimmung" (§ 158). Die bürgerliche Gesellschaft ist „die Differenz, welche zwischen die Familie und den Staat tritt" (Zusatz zu § 182). Sie ist zunächst ein „System der Bedürfnisse" (§ 188, im einzelnen § 189 ff.) und entsteht durch die Bürger als „Privatpersonen, welche ihr eigenes Interesse zu ihrem Zwecke haben" (§ 187). Es kann nämlich die „konkrete Person" als „ein Ganzes von Bedürfnissen und eine Vermischung von Naturnotwendigkeit und Willkür" nicht isoliert leben und wirken; sie muß „in Beziehung auf andere" handeln (§ 182). „Der selbstsüchtige Zweck in seiner Verwirklichung . . . begründet ein System allseitiger Abhängigkeit" (§ 183). Dies aber ist allenfalls der „äußerliche Staat", der noch nicht den Ansprüchen des „substantiellen Allgemeinen" gerecht wird (§ 157). Deshalb muß der eigentliche Staat hinzutreten als „die Wirklichkeit des substantiellen Willens" (§ 258) und „die Wirklichkeit der sittlichen Idee" (§ 257). „Sein Grund ist die Gewalt der sich als Wille verwirklichenden Vernunft" (Zusatz zu § 258). Damit steht er auf höherer Stufe als die aus dem „Interesse der Einzelnen" (§ 258) hervorgegangene bürgerliche Gesellschaft.

Der Zusammenhang des Begriffsnetzes mit Hegels Philosophie des Geistes darf hier unberücksichtigt bleiben. Wenigstens gestreift aber sei die Frage, ob die skizzierte Dreiheit im Wege der „Dialektik" zustande kam. Dazu betont Hegel selbst, daß in der historischen Abfolge die bürgerliche Gesellschaft nicht etwa dem Staate vorausgeht, vielmehr „die Ausbildung derselben später als die des Staates erfolgt" ist; „die Schöpfung der bürgerlichen Gesellschaft gehört der modernen Welt an" (Zusatz zu § 182). Hier nimmt also — im formal beibehaltenen Schema von These, Antithese und Synthese — die Antithese in historisch-genetischer Hinsicht nicht den zweiten Platz ein; sie ist durch eine Art von Interpolation hereingekommen. Noch aus einem anderen Grunde ist die immer einmal wieder anzutreffende Aussage, daß Gesellschaft und Staat bei Hegel — oder gar überhaupt — in einem „dialektischen Verhältnis" zueinander stünden, mindestens ungenau. Die Ausdrucksweise — die, legt man den engeren und eigentlichen Dialektik-Begriff zugrunde, auf eine fortschreitende Bewegung schließen läßt — träfe ohne weiteres zu, wenn Hegel, die beiden

Potenzen als These und Antithese einführend, ihnen die Synthese hätte folgen lassen. Tatsächlich aber hat er ihnen doch die Plätze der Antithese und der Synthese angewiesen, und über den Staat hinaus führt allenfalls der Geschichtsprozeß, in dem Staat wider Staat steht. Gibt es also das dialektische Verhältnis von Gesellschaft und Staat kaum bei Hegel, so wird darüber, ob oder in welcher Form man es in der Wirklichkeit antrifft, noch einiges zu sagen sein.

Hegel teilte der Gesellschaft die in seinem Dreier-Schema nicht eben glanzvolle Rolle der Antithese zu, aber man kann ihm nicht ihre generelle Geringschätzung vorwerfen. Er geht nämlich in dem ihr gewidmeten Abschnitt der „Grundlinien" nicht nur auf die Bildung von „Korporationen", sondern auch auf Funktionen der „Rechtspflege" und der „Polizei" ein. Diese originelle Grenzziehung — nach den heutigen Begriffen eine ganz seltsame Verschränkung von Gesellschaft und Staat — ist bald kritisiert worden vielleicht ist sie mit in Betracht zu ziehen, wenn man ihn der „Staatsvergottung" bezichtigen will, die aus einigen Stellen seines Werkes gewiß heraus-gelesen werden kann. Wenn man von Hegel aus eine Linie in den totalen Staat unserer Zeit zieht, sollte man übrigens billigerweise zugeben, daß eine andere, kaum minder deutliche Linie in den doch recht respektablen liberalen Konstitutionalismus des vorigen Jahrhunderts führt. An das liberale Element in der Hegeischen Staatsphilosophie hat jetzt Hermann Lübbe erinnert der dem Denker eine „um Maß und Vernunft besorgte politische Liberalität" attestiert mehr freilich noch die sogenannte Hegeische Rechte dem Liberalismus hinzurechnet Tatsächlich ist das Urteil über den Staatsdenker niemals ein einhelliges gewesen Er selbst hat zu seiner Zeit wahrscheinlich eine mittlere, die Extreme der Revolution wie der Reaktion ausschließende Linie begünstigen wollen. Daß nahezu alles an späterer deutscher Staatsmetaphysik direkt oder indirekt auf ihn zurückgeht, steht auf einem anderen Blatt.

Lorenz von Stein und Robert von Mohl

Das Kapitel „Hegel und die Folgen" in seiner ganzen Breite auch nur anzudeuten, ist hier nicht der Raum. Gewiß gehört ihm der andere schon genannte Autor an, der bedeutende Soziologe und Nationalökonom Lorenz v. Stein (1815— 1890). „Kein Mensch außer den Fach-gelehrten kennt heute den Namen Lorenz v. Stein. Aber seine Vorstellungen haben auf dem Wege über die Katheder und Schriften der Professoren und über die von ihnen erzogenen Beamten in den Behörden die Haltung weiter Kreise in Deutschland bis heute bestimmt" Und er hat in der Entschiedenheit, in der er Gesellschaft und Staat voneinander absetzte, Hegel übertroffen. Für ihn ist „ein beständiger Kampf des Staates mit der Gesellschaft, der Gesellschaft mit dem Staate" gegeben, so daß „dieser lebendige Gegensatz den wahren Inhalt aller inneren Geschichte der Völker bildet". Es stehe „das Prinzip des Staates mit dem Prinzip der Gesellschaft in direktem Widerspruch".

Was aber ist hier Gesellschaft und was ist Staat? „Die Gesellschaft ist derjenige Organismus unter den Menschen, der durch das Interesse erzeugt wird." Sie bietet den Anblick der „zu selbständigen Körpern ausgebildeten Sonder-und Klasseninteressen"; was sie also in sich trägt, ist der „Gegensatz der Interessen".

Immerhin hat L. v. Stein die Gesellschaft nicht nur mit dem negativen Vorzeichen versehen. Sie ist für ihn nämlich auch der „Organismus, dessen sittliche Aufgabe und Idee die höchste geistige Entwicklung des Individuums ist". Es wäre also falsch, bei den Interessen, von denen bei ihm die Rede ist, nur an die materiellen Interessen zu denken. Jedwedem Interesse aber schreibt er das Bestreben zu, sich auf Kosten der Allgemeinheit durchzusetzen. Wenn er recht hat, „geht in dem Prinzip der Gesellschaft die Gemeinschaft notwendig unter". Man wird geradezu an das düstere Menschenbild von Thomas Hobbes erinnert, wenn man bei v. Stein liest, daß „das individuelle Interesse jede Gestalt der Gemeinschaft als Mittel für den Einzelnen, nicht aber für das Ganze braucht".

Mehr noch als Hegel, der seine mit bemerkenswerten Kompetenzen ausgestattete „bürgerliche Gesellschaft" immerhin schon als den „äußeren Staat, Not-und Verstandesstaat" bezeichnet hatte (§ 183 der „Grundlinien der Philosophie des Rechts"), bedarf L. v. Stein des Staates. Daß die gesellschaftlichen Kräfte „auf dem Wege einer freiwilligen Vereinbarung" eine Einheit zustande brächten, hält er für ausgeschlossen. So ruft er nach einem „Organismus, der seiner eigensten Natur nach kein Sonderinteresse haben kann" und „dasjenige als seine Aufgabe und sein höchstes sittliches Ziel setzt, was allen zugleich förderlich ist“. Das aber ist für ihn der Staat, den er mit der „Macht, jedes Sonderinteresse den wahrhaft allgemeinen Zwecken zu unterwerfen", ausgestattet sehen will. Den demokratischen Anspruch lehnt er einmal im Vorbeigehen ab: der Staat soll „als selbständige Persönlichkeit von dem Willen . . .der Einzelnen unabhängig" sein. Was er bei alledem nicht verkennt, ist, daß Gesellschaft und Staat, was den personellen Bestand betrifft, identisch sind. Es ist für ihn „einleuchtend, daß, da der Staat . . . eine Vielheit von Menschen umfaßt, die ihrerseits Interessen und Bedürfnis der Gegenseitigkeit haben, dieselbe Einheit von Menschen, welche die allgemeine Persönlichkeit des Staates bildet, auch zugleich, auf der Grundlage ihrer Individualität, eine Gesellschaftsordnung bilden werden"

Zu beachten sind der sozial-und ideen-geschichtliche Hintergrund, vor dem v. Stein geschrieben, und die Absichten, die er verfolgt hat. Er hat im Frankreich der frühen vierziger Jahre den Sozialismus und Kommunismus in den Anfangsstadien und damit den beginnenden Klassenkampf kennengelernt und wünschte die Aufgabe der Sozialreform dem Staate zuzuweisen; hier sah er „eine völlig einmalige Pflicht und Möglichkeit des Staates" Die Wirkungen, die von ihm ausgegangen sind, erstrecken sich über etwa Rodbertus und Lassalle in den Kathedersozialismus der zweiten Jahrhunderthälfte.

Ein dritter deutscher Autor, Robert v. Mohl (1799— 1875), der Verfasser des Monumental-werkes „Die Geschichte und Literatur der Staatswissenschaften", hat Wert auf eine saubere Scheidung von Staats-und Gesellschaftswissenschaften gelegt. Was ibn dazu bestimmte, war nicht etwa eine Geringschätzung der Gesellschaft, sondern im Gegenteil eine Einsicht in die Breite und Vielfalt der ihr angehörenden Erscheinungen. Etwas bissig ist seine Kritik an Hegel, der nach seiner Meinung die bürgerliche Gesellschaft nur eingeschoben hat, „um mittelst des in dieser Schule einmal angenommenen Verfahrens durch Satz und Gegensatz zu einer Ausgleichung zu kommen. Nicht der Staat wird hier nötig, weil die Gesellschaft in bestimmter Weise ist; sondern umgekehrt, um zu dem voraus für gut befundenen Begriffe des Staates, nämlich . Wirklichkeit der sittlichen Idee', in dialektischem Wege zu kommen, muß für die Einzelnheit oder Familie erst ein Gegensatz gefunden werden"

Dabei liegen jedoch Mohls eigene Begriffe von denen Hegels wie auch v. Steins nicht weit ab. Auch für ihn sind „gesellschaftliche Lebenskreise . . . die einzelnen, je aus einem bestimmten Interesse sich entwickelnden natürlichen Genossenschaften, gleichgültig, ob förmlich geordnet oder nicht; gesellschaftliche Zustände sind die Folgen, welche ein solches mächtiges Interesse zunächst für die Teilnehmer, dann aber auch mittelbar für die Nicht-genossen hat; die Gesellschaft endlich ist der Inbegriff aller in einem bestimmten Umkreise . .. tatsächlich bestehenden gesellschaftlichen Gestaltungen"

Demgegenüber ist der Staat „die Verwirklichung des Einheitsgedankens im Volke". „Ausschließend diese Grundlage und Berechtigung“ haben, nach der „Staatsgewalt im Ganzen“, ihre „über das gesamte Volksleben sich erstreckenden Anstalten". Die danach knapp angedeutete Grenzziehung zwischen Gesellschaft und Staat läßt die Absicht Mohls erkennen, beiden Seiten gerecht zu werden. Der Staat soll intervenieren dürfen, falls „Organisationen . . . mit den Einheitszwecken oder mit der Gleichberechtigung koexistierender Privater unvereinbar" sind; er kann aber andererseits eine Genossenschaft „tauglich zur Unterstützung seiner eigenen Zwecke finden und sie, soweit hierzu nötig, in Anspruch nehmen und ordnen", womit aber nicht deren „eigenes Leben" ende. Ein gesundes liberales Mißtrauen verrät der Satz, daß der Staat wohl allemal soweit gehe, wie er „glaubt seine Wirksamkeit und seinen Organismus ausdehnen zu können und zu sollen"

Vor und nach Hegel

Soviel über Hegel, Lorenz v. Stein und Robert v. Mohl. Manche andere Station der Begriffs-geschichte kann hier unberücksichtigt bleiben. Als deutsche Hegel-Vorläufer wären allenfalls zu nennen Fichte sowie August Ludwig v. Schlözer (1735— 1809), dessen „Metapolitik* Mohl als ein frühes Konzept der späteren Gesellschaftswissenschaft gelobt hat Daß die von Rousseau vorgenommene Unterschei-* düng der „volonte de tous" von der „volonte generale", der Partikularinteressen vom Gemeinwohl, auf den Gegensatz von Gesellschaft und Staat verweist, haben Georg Jellinek und Gerhard Leibholz bemerkt.

Hegels Terminus „bürgerliche Gesellschaft" findet man erstmals bei dem Schotten Adam Ferguson (1723— 1816), dem Verfasser eines „Essay on the History of Civil Society" (1767). Der seitherige Society-Begriff der angelsächsischen Welt stimmt jedoch in inhaltlicher Hinsicht mit der „Gesellschaft" Hegels und der Hegel-Nachfolger dadurch nicht überein, daß er „Politisches und Unpolitisches miteinander verbindet und die spezifisch politischen Gebilde wie Volk, Nation und Staat ebenso der Gesellschaft einzuordnen sucht wie die ihrem Wesen nach unpolitischen Lebensbereiche" Das an der erfahrbaren Wirklichkeit sich orientierende britische Denken läßt „the government" — nicht etwa den eine philosophische Fracht mit sich führenden deutschen „Staat" — aus der Gesellschaft hervorgehen; von einer Konfrontation, einer polaren Spannung, kann da keine Rede ein.

Auch in amerikanischen Kompendien der Staatslehre, wie den Werken von Carl J. Friedrich und Karl Loewenstein ist das hierzulande beinahe obligatorische Kapitel „Staat und Gesellschaft" nicht zu finden. Ein Satz wie: „Die ins Maßlose hinausstrebenden Kräfte der Gesellschaft faßt der Staat mit Besonnenheit zusammen", konnte wahrscheinlich nur in Deutschland geschrieben werden, wo ihn der Hegelianer Max Wundt zu Papier brachte In bezeichnender Weise wird hier dem Staate, und zwar ihm allein, von vornherein „Besonnenheit" bescheinigt, weil man meint, ihn von dem undisziplinierten Gewoge der gesellschaftlichen Kräfte abheben zu sollen. Im politischen Alltag sehen freilich die Werturteile solcher Autoren vielfach ganz anders aus; so hat wohl Wundt, der in der Weimarer Zeit der Rechten angehört oder doch nahegestanden hat, damals schwerlich die evidente praktische Besonnenheit von Staatsmännern wie Ebert und Stresemann gewürdigt.

Von der Staatsphilosophie zur Staatssoziologie

Auslassungen von der Art der Thesen zum Thema „Gesellschaft und Staat" sind im Regelfälle situationsbezogen und haben es dabei nicht nur mit dem Sein, sondern auch dem Sollen, einem jeweiligen Postulat, zu tun. Der Berliner Professor Hegel hat den seinerzeitigen preußischen Staat vor Augen gehabt und in ihn hineingesprochen: einen auch nach dem verhängnisvollen Jahre 1819, dem Abbruch der inneren Reform mit dem Ausscheiden von Boyen und Wilhelm v. Humboldt, im großen und ganzen sauberen Beamtenstaat (gegen dessen noch oder wieder anzutreffende hymnische Verklärung man wohl einwenden darf, daß das Wahlbeamtentum besonders des Schweizer Musters der Versuchung zur Korruption mit wahrscheinlich ziemlich dem glei1) chen Erfolge widerstanden hat). Im Preußen Friedrich Wilhelms III. mochte man noch einmal, sah man nicht allzu genau zu, Gesellschaft und Staat durch einen Trennungsstrich geschieden wähnen, und ihn nicht aufzugeben, konnte man für ratsam halten. Im übrigen paßte dann das Bild der Dualität oder Polarität der beiden Größen für einen gewissen Zeitraum gleich in mehrere Konzepte hinein. Die aufstrebende Soziologie sah ihr Arbeitsfeld, die breite und reichbesetzte Zone gesellschaftlicher Bildungen diesseits des Staatsapparates, bestätigt und anerkannt; ein Liberalismus, der sich dem direkten demokratischen Anliegen verschloß, nämlich nur möglichst enge „Gren-zen der Wirksamkeit des Staates" (W. v. Humboldt) zu ziehen bestrebt war, durfte auf die effektiven Fähigkeiten und das eigenständige Recht der gesellschaftlichen Kräfte verweisen; schließlich kam durch ein Schema, das dem Staate den Rang der letztlich alles überragenden Potenz ausdrücklich beließ, auch eine hohe Obrigkeit, die in ihrer noch zu jeder Zeit bewährten Bescheidenheit in sich und in nichts anderem den Staat sah, auf ihre Rechnung. Den Treffpunkt so unterschiedlicher Interessen und Tendenzen einnehmend, mußte die Lehre dann freilich florieren. Daß es sich um eine „Ideologie" — in dem für die soziologische Ideologiekritik maßgeblichen engeren Wortsinne — handelt, hat Theodor Geiger nachdrücklich hervorgehoben

Tatsächlich hat sie in der Staatsphilosophie ihren Platz und wird durch eine Staatssoziologie, die eine je konkrete, in Raum und Zeit gegebene Verfassungswirklichkeit mitsamt deren Verflechtungen ermittelt, nicht bestätigt. Die Grenzlinie zwischen Gesellschaft und Staat, die es gestatten würde, von zwei getrennten Faktoren und einem polaren Spannungsverhältnis zu sprechen, ist kaum innerhalb einer früheren Ordnung zu erblicken, und heute gibt es sie weniger denn je. Gesellschaft und Staat sind miteinander verschränkt, gehen ineinander über,, wobei einmal der Grad dieser Verflochtenheit von Fall zu Fall variiert, zum andern die historische Priorität strittig sein mag.

Die chemisch reine Staatlichkeit hervorzubringen, die den gesellschaftlichen Kräften den Eintritt auf der ganzen Linie verwehrt hätte, ist auch in Preußen nicht gelungen. Was das Osteibien der Hohenzollernzeit angeht, so bereitet es offenbar einige Schwierigkeiten, den königlichen Landrat entweder der Gesellschaft oder dem Staate zuzuweisen; auch ist dort die Politik der nicht gerade einflußlosen Altkonservativen weit weniger auf „Thron und Altar", die das Aushängeschild zierten, als auf die recht massiven Interessen der Agrarier ausgerichtet gewesen. Wer immer den Obrigkeitsstaat als solchen in Frage zu stellen bereit war, hat in diesen Dingen klar gesehen; es ist da nicht unbedingt die sozialistische Gesellschaftskritik mit ihrer These vom Klassenstaat heranzuziehen. Hugo Preuß hat noch im Kai-serreich betont, daß „die Obrigkeitsregierung ebensowenig in einem sozial luftleeren Raume" schwebe, „wie sie politisch wirklich , über den Parteien stehen'kann" Bekannter, weil oft zitiert, ist die Feststellung von Gustav Radbruch, daß die Legende von der „Überparteilichkeit" die „Lebenslüge des Obrigkeitsstaates" sei. Aber auch Georg Jellinek verwarf „jene Konstruktionen, welche den Staat als über der Gesellschaft stehend erklären und die Monarchie als eine über den sozialen Parteien stehende Institution rechtfertigen wollen", als „einseitig und schief"; es könne „alles Streben, über den Parteien zu stehen, den Monarchen nicht verhindern, bestimmten sozialen Gruppen näher zu stehen als anderen" — und wenn schon nicht den Monarchen, so offenbar noch weniger seine Berater und seine Beauftragten.

Hat es die exakte Scheidung der beiden Bereiche schon im Obrigkeitsstaat nicht gegeben, so ist sie, als ohnehin unrealisierbar, im Konzept des Parteienstaates von vornherein nicht vorgesehen. Er macht die Parteien zum Bindeglied zwischen Gesellschaft und Staat, und sie genügen dieser Funktion in solcher Weise, daß es unmöglich ist, sie einseitig entweder der Gesellschaft oder dem Staate hinzuzurechnen. Zweifellos sind die Parteien der „Ausdruck gesellschaftlicher Kräfte" aber sie transformieren durch ihr parlamentarisches Wirken jene Kräfte in den Staat hinein und gehören damit auch diesem an. Das Parlament nicht als ein Staatsorgan gelten zu lassen, ist noch niemandem eingefallen; das Parlament aber wird durch die Parteien beschickt. In die Parteien hinein wirkt die Gesellschaft in der konkreten Gestalt der Verbände; ein Wirken, das an sich legitim und systemgerecht ist, freilich unerfreuliche Formen annehmen kann und tatsächlich vielfach annimmt. Das Ganze stellt ein Kontinuum dar: einen durchgehenden, die Dreiheit von Verband, Partei und Exekutive umgreifenden Zusammenhang, innerhalb dessen in einer recht breiten Zone der Versuch, das einzelne Handeln als ein entweder gesellschaftliches oder staatliches zu charakterisieren, zum Scheitern verurteilt ist. Uber die wechselseitige Verflochtenheit von Verbänden und Parteien liegt inzwischen — für die Bundesrepublik oder ohne diese Beschränkung — eine reichhaltige Literatur vor Es gibt aber längst auch die das Mittelglied der Partei ausschließende Direktbeziehung zwischen Verband und Behörde, also zwischen — je vom Ursprung her — einem eindeutig gesellschaftlichen und einem eindeutig staatlichen Faktor. Daß unter den Besuchern der Ministerien keineswegs nur die Parlamentarier, vielmehr auch die Verbandsfunktionäre zu finden sind, ist bekannt. Gewiß kommt ein solcher Verkehrsgast normalerweise nicht in der Absicht, die brutale Forderung einer pressure group auf den Tisch des zuständigen Ministerialbeamten zu legen. Aber sein Interesse, welches es auch sei, gibt er nicht in der Garderobe ab, und so sind diese Kontakte wohl nicht in jedem Falle unbedenklich. Andererseits muß man sich hüten, die Interessen von vornherein zu diffamieren. Es bleibt zu beachten, daß „der freiheitlich-demokratische Rechtsstaat den Interessen-kampf voraussetzt und seinem Wesen nach der Interessenvertretung offensteht" (Hans Huber ).

Was das ökonomische Interesse betrifft, so kann seine völlige Aufopferung in der marktwirtschaftlichen Ordnung, die das private Erfolgsstreben bewußt als Triebkraft einsetzt, offenbar nicht gefordert werden, übrigens fallen im ökonomischen Sektor Aufgaben an, deren optimale Lösung nicht von einem in der speziellen Hinsicht etwas hypothetischen Gemeinwohl aus zu ermitteln ist, vielmehr als einfache Resultante aus legitimen Interessen und errechenbaren Möglichkeiten sich ergibt. Unter solcher Voraussetzung kommt es wohl nur darauf an, alle Interessen ins Spiel zu bringen und keines von ihnen zu bevorzugen.

Insgesamt hat man es zwischen den Interessen oder gesellschaftlichen Strebungen hier, der gesamtpolitischen Entscheidung dort, mit einem Transmissions-oder Transformationsprozeß zu tun, der an die Gewissenhaftigkeit und moralische Integrität der Beteiligten einige Anforderungen stellt. Seiner Problematik ist auf keine Weise auszuweichen, gibt es ihn doch in jedem politischen System, nicht etwa nur dem demokratischen oder parlamentarischen. Wahrscheinlich empfiehlt es sich, ihn, soweit irgend möglich, in der Öffentlichkeit stattfinden zu lassen-, deren Ausschluß aber, der im autoritären System die Regel ist, ist in der Demokratie nicht mit Sicherheit durchzuführen.

Gesellschaft und Staat im Urteil der Gegenwart

Wer die Verfassungswirklichkeit im Parteien-staat bedenkt, versteht die Entschiedenheit, mit der die begriffliche Trennung von Gesellschaft und Staat, die Vorstellung ihrer Dualität oder Polarität, in der neueren deutschen Literatur abgelehnt worden ist und noch fortwährend abgelehnt wird. Dazu nun einige Beispiele. Daß die Gesellschaft den Staat „aus sich heraus stößt", sagt Adolf Grabowsky Für Oswald v. Nell-Breuning ist es „unmöglich, Staat und Gesellschaft wie zwei verschiedene Dinge nebeneinander zu stellen" Auch Franz Böhm verwirft die Auffassung, sie seien „zwei wesensverschiedene, voneinander unabhängige Seinsgebilde", ausdrücklich: „der Staat ist vielmehr selbst eine Hervorbringung der Gesellschaft". Dabei ist die Gesellschaft „viel umfassender als der Staat, kann es wenigstens sein. . . So kann man sagen: das Ganze der Gesellschaft umfaßt auch den Staat"

Theodor Eschenburg sieht im Staat „eine für die Gesellschaft unentbehrliche Einrichtung der Gesellschaft. Auch er ist ein gesellschaftliches Gebilde, aber dank seiner besonderen Merkmale einzig in seiner Art" Nach Konrad Hesse darf die Unterscheidung nicht, oder nicht mehr, „im Sinne einer realen Entgegen-setzung beider Größen verstanden" werden, und zwar deshalb nicht, „weil sich beide Bereiche ineinandergeschoben haben. Der Staat ist heute weithin ein Produkt der gesellschaftlichen Kräfte, wie umgekehrt das Wirken des Staates Voraussetzung für die Existenz der Gesellschaft geworden ist" Gerhard Leibholz hält es für geboten, „das Verhältnis von Staat und Gesellschaft in einem grundsätzlich neuen Lichte" zu sehen, sei doch nicht ein „gegensätzliches Spannungsverhältnis", sondern ein „partielles Identitätsverhältnis" gegeben

Auch für Otto Stammer ist „die dualistische Auffassung: Staat versus Gesellschaft, . . . nicht mehr aufrechtzuerhalten. Die in der Gesellschaft sich herausbildenden organisierten Kräfte, handele es sich nun um Parteien oder Verbände, sind neben den ausgesprochen staatlichen Gewalten für den Prozeß der politischen Willensbildung von entscheidender Bedeutung. Die politische Ordnung einer organisierten Massendemokratie reicht weit über die staatliche Ordnung im engeren Sinne hinaus" Ebenso ist nach Kurt Sontheimer „die reinliche Trennung von Staat und Gesellschaft verwischt und sogar weitgehend zum Verschwinden gebracht" Schließlich sieht Christian Graf von Krockovr Staat und Gesellschaft „in unserem Jahrhundert so ineinander verflochten, daß ihre Trennung niemals mehr gelingen kann. .. Unabweisbare Notwendigkeiten haben die Interessen der Gesellschaft immer tiefer in den Staat eindringen lassen, unabweisbare Notwendigkeiten den Staat in die Gesellschaft. Durchstaatlichung der Gesellschaft und Vergesellschaftung des Staates entsprechen einander"

Den Staat nicht einfach als „die große objektive Käseglocke über dem Gewimmel subjektiver Interessen" einzuschätzen — um ein treffendes Spottwort von Otto Heinrich v. d. Gablentz aufzugreifen —, ist nicht erst im Zeichen der zweiten deutschen Demokratie empfohlen worden. So hat Georg Jellinek die Scheidung von Gesellschaft und Staat nicht nur, wie erwähnt, im Hinblick auf die Monarchie, sondern ganz allgemein abgelehnt, ja in Vorwegnahme der Äußerungen aus jüngster Zeit erklärt, daß „der Staat selbst ... eine der Gesellschaftsformen" sei, es könne „das gesamte Leben des Staates nur aus der Totalität des gesellschaftlichen Lebens begriffen" werden Geht man zeitlich noch weiter zurück, so findet man den Staat als „ein sehr vornehmes und bedeutendes Organ in der Gesellschaft“ — nicht also als eine Größe neben oder über ihr — bei dem Italiener Minghetti einem Deuter der staatsmännischen Leistung Cavours.

Der Staat sind wir

Der Gesellschaft als einem zwar komplexen, unübersichtlichen, aber sicherlich konkreten Aggregat von zumeist quicklebendigen Gebilden kann man den Staat nicht als einen blassen Schemen gegenüberstellen. Mit anderen Worten; Huldigt man wirklich der Vorstellung der Konfrontation, des polaren Spannungsverhältnisses, so ist man eine soziologische Orts-bestimmung des Staates schuldig, nämlich eine Antwort auf die Frage, wer oder was oder wo in einem gegebenen oder zu erstrebenden Verfassungszustand der Staat ist oder sein soll. Nun gibt es offenbar in jedem Staate ein politisches Personal als einen Menschenkreis, dessen Mitglieder den öffentlichen Angelegenheiten in einem solchen Grade zugewandt sind, daß sie deren Gestaltung maßgeblich bestimmen oder beeinflussen. Natürlich kann man diese Gruppe — die nur von Fall zu Fall und unter Verzicht auf Randschärfe abzugrenzen ist — exklusiv als den Staat bezeichnen, und man wird ihr dieses Prädikat um so eher zubilligen, je deutlicher sie sich von den Außenstehenden, der großen Masse der Staatsbürgerschaft, abhebt, je weniger sie also in jenem Ganzen wirklich wurzelt und mit ihm in Kommunikation bleibt.

Noch im deutschen Kaiserreich hat ein Beobachter, der einen besonderen Maßstab mit-brachte, der bedeutende schweizerische Staatsrechtslehrer Fritz Fleiner, die deutsche Redensart, „der Staat, das sind die Beamten", festgehalten um hinzuzufügen, daß im voll ausgebildeten Beamtenstaat die Beamtenschaft „ein weltlicher Klerus der Regierenden gegenüber den Regierten" sei Hat er dabei die Beamtenschaft als ein Ganzes genommen, also die unteren Ränge einbezogen, so mag man in etwas anderer Sicht, vor allem aber angesichts einer anderen Verfassungswirklichkeit, dem politischen Personal des angedeuteten Begriffes nur die Spitzen der Behörden, und übrigens der bewaffneten Macht, zusätzlich aber die Parlamentarier oder die Parteiführungsstäbe hinzurechnen. Ob das dann schon der Staat schlechthin ist, bleibt im Einzelfall dem individuellen Urteil überlassen. Wer mit einer in ungefähr jener Art abgegrenzten Gruppe nicht ganz zufrieden ist, denkt vielleicht an ein anderes Ausleseverfahren, bleibt indessen der Vorstellung von einer Elite verhaftet oder fügt sie überhaupt erst hinzu.

Auf ein politisches Personal ist — wenigstens in unserer und der kommenden Zeit — auch in der Demokratie nicht zu verzichten. Wenn man aber in ihm den Staat sieht, ihm allein den Titel „Staat" zuerkennt, oder wenn es sich so aufführt, als ob es allein der Staat sei, kann von verwirklichter Demokratie kaum die Rede sein. Es gibt einen kurzen Satz, der den demokratischen Anspruch — vielleicht besser: den republikanischen Anspruch; hier ist nicht an die Republik als die Nicht-Monarchie, sondern an die res publica zu denken — in wohl unübertrefflicher Klarheit festhält. Gemeint ist nicht die in Verfassungstexte aufgenommene Formel, daß die Staatsgewalt vom Volke ausgehe; diese Floskel gibt nicht viel her, jedenfalls keinen allgemeinen Impuls. Gemeint ist vielmehr der Satz: „Der Staat sind wir“. Dieser Satz ist nicht von einem wie auch immer abgegrenzten politischen Personal, sondern vom Ganzen der Staatsbürgerschaft auszusprechen. Und er muß von den Staatsangehörigen nicht nur ausgesprochen oder empfunden, sondern dargelebt werden. Es kommt auf seinen existentiellen Vollzug an: einen Vollzug, den die Normen und Formen, auch die effektiven Praktiken, begünstigen, ja herausfordern sollten.

„Der Staat sind wir": der knappe Satz, äußerlich eine rein positive Aussage, enthält mehrere Verneinungen. Sein Gewicht liegt auf dem letzten Worte; eben durch diese Betonung schiebt er jeden anderen Staatsbegriff beiseite. Sind „wir", ist also das Ganze der Staatsbürgerschaft der Staat, so kommt dieses Prädikat nicht — wenigstens nicht exklusiv — einem engeren Personenkreise zu; auch ist es nicht länger möglich, einzelnen Instanzen oder Potenzen als eine vermeintliche Auszeichnung den Rang der „Staatlichkeit" — immer ein verdächtiger Terminus — zuzuerkennen. Ist damit der Verwaltungsapparat — bei all seiner Bedeutung und Unentbehrlichkeit — nicht schon der Staat, so ist dies nicht einmal das institutioneile Gefüge als ein Ganzes. Schließlich wird man sich hier, wenn man schon unbedingt eine „Elite" — wo und wie auch immer — am Werke sieht oder zukünftig sehen möchte, hüten müssen, diese Gruppe mit dem Staate, in dem und für den sie sich einsetzt, zu identifizieren. Verworfen ist durch jenen Satz der gegenständliche Staat, der sich von oben auf die Staatsbürgerschaft herabsenkt oder von außen an sie herantritt; verneint ist die Polarität von Volk und Staat, von Untertanenschaft und Obrigkeit, die auch der Liberalismus noch hinnahm, solange er nur Rechte vom Staate forderte und das Verlangen, den Staat „in das Volk zurückzuverlegen" (Otto v. Gierke ), aufschob. Ausgeräumt ist, so darf man sagen, der Etatismus in jedweder Form. Und das deutsche Schuldkonto des Etatismus ist kein geringes. *

Vom Staat zum Gemeinwesen

Mit dem Worte Staat — nun einmal nur dem Worte — haben wir Deutsche es in einer ganz besonderen Weise zu tun. In den „altfreien Volksstaaten" zumal der angelsächsischen Welt und der Schweiz, spielt es eine weit geringere Rolle. Wenn dort von „the government", von „the administration", von Kanton oder Bund die Rede ist, so ist nicht ein Mythus beschworen, sondern ein Kreis von Verantwortlichen bezeichnet, deren Namen man, soweit man sie nicht ohnehin kennt, im nächstbesten Handbuch findet. Hierzulande aber hängt dem Worte „Staat" ein metaphysisches Bleigewicht an, das bei mancherlei Umweg und populärer Zutat wesentlich doch auf Hegel zurückgeht. Kaum mehr ganz auszuschließen ist da die Vorstellung eines Ansichseins, einer a priori gegebenen Größe oder Würde, eines jeder Ableitung von „unten" enthobenen Wesens sui generis War diese Vorstellung anfänglich mit immerhin respektablen Absichten verbunden, so können von ihr im Zeichen eines anderen Zeitgeistes unter Umständen Leute profitieren, die den philosophischen Idealismus oder ein ähnliches Lehrgebäude kaum zu begreifen vermögen, geschweige denn ernst nehmen. Daß hinter dem Staatsmythus nur eben eine momentan herrschende, aber dank demokratischer Ordnung ablösbare Richtung in Deckung geht, ist kaum das von seinen Urhebern Gemeinte.

Das Wort „Staat" ist erst nach Beginn der Neuzeit in die deutsche Sprache eingedrungen. Noch Luther hat es nicht gekannt; sein Terminus „Obrigkeit" ist deutlicher, man darf sagen ehrlicher, weil er die soziologische Orts-bestimmung mit sich führt, die dem Worte Staat inzwischen abgeht. Ausdrücklich vom Staate ist anscheinend erstmals in den italienischen Signorien des ausgehenden Mittelalters gesprochen worden, in denen „die Herrschenden und ihr Anhang" zusammen „lo stato" hießen „Dieser stato ... ist einzig und allein Apparat, Organisation des Signoren. Das Volk, d. h. die Zünfte und die Adligen, treten dem Machtapparat des Signoren lediglich als Summe der Untertanen gegen-über" Es ist doch wohl interessant, daß das Wort zur Zeit seiner mutmaßlich ersten Verwendung auf einen „Machtapparat" hinwies, der, von jeder demokratischen Zielsetzung weit entfernt, der zu beherrschenden Menschenmenge entgegengestellt wurde. Solche ursprünglichen Bedeutungen völlig zu eliminieren, ist in der Regel ein mühseliges Unterfangen.

Man mag da beinahe auf den seltsamen Wunsch verfallen, das Wort einmal für hundert Jahre aus der deutschen Sprache zu verbannen. Aber wichtiger als die Terminologie ist jedenfalls die Wirklichkeit, und in dieser Wirklichkeit sollte aus dem „Staate" das „Gemeinwesen" werden. Die Unterscheidung des Gemeinwesens vom Staate, die wir hier aufgreifen, findet sich in unserer Zeit bei Adoli Gasser nachdem im vorigen Jahrhundert Gierke, in Anlehnung an den Gegensatz von Genossenschaft und Herrschaft, „Gemeinwesen" und „Obrigkeitsstaat" einander gegenübergestellt hatte Wird im Staate, wie Gasser ihn sieht, der Zusammenhalt durch eine von oben oder außen angesetzte Klammer bewirkt, so im Gemeinwesen durch geistig-sittliche Kräfte, die „unten" erwachsen und sich nach „oben" durchsetzen. Der Staat ist auf Subordination gegründet, das Gemeinwesen auf Koordination und Kooperation Im Staate dominiert der „Befehls-und Macht-gedanke" im Gemeinwesen die freiwillige Bereitschaft zu genössisch-bündischer Zusammenarbeit und zum immer erneuten Ausgleich der Gegensätze. Es gibt ein wundervolles Wort von Pestalozzi, auf das Hans Barth mit berechtigtem Nachdruck hingewiesen hat: „Die Eintracht kann nicht durch Einheit, die Einheit muß durch Eintracht herbeigeführt werden" Ganz offenbar ist das Verfahren, mit der „Einheit" zu beginnen, das „staatliche", aber Pestalozzi verwarf es, um die „Eintracht" vorauf-gehen zu lassen. Die „Eintracht" als Ausgangspunkt oder Fundament: das ist das „Gemeinwesen". Auf ein solches Gemeinwesen hat Hugo Preuß abgezielt, als er in seinem brillanten literarischen Erstling von 1889 aus dem Ansatz seines Lehrers Gierke die demokratische Konsequenz zog. Er leitete Idee und Gestalt des Staates ausschließlich aus der „einzigen und einen Uridee der Genossenschaft“ ab was gewiß keine zutreffende Interpretation der Verfassung des Kaiserreiches war, dafür aber — wahrscheinlich auch der Absicht nach — eine politische Forderung. Preuß ist dieser Linie treu geblieben; kein anderer deutscher Staatsdenker hat mit größerer Entschiedenheit den Dualismus von Staat und Volk, den „vollkommenen Gegensatz von Fürst und Untertan, regierender Obrigkeit und ihren Objekten" abgelehnt, um ihn durch einen Monismus zu ersetzen 57a). Nur von seinem nachdrücklichen Verlangen her, den Staat auf die „genossenschaftliche Gemeinschaft des Volkes" das „korporative Staatsvolk" zu gründen, ja ihn mit diesem Ganzen der Staatsbürgerschaft gleichzusetzen, ist das Verfassungswerk von Weimar zu verstehen.

Und diese Vorstellung oder dieses Zielbild ist — als „Verfassungserbgut" — unausdrücklich in das Grundgesetz der Bundesrepublik eingegangen, zu dessen tieferem Verständnis zweifellos die „Uridee der Genossenschaft" heranzuziehen ist. So wenig damit aus dem Grundgesetz eine Konfrontation von Volk und Staat herausgelesen werden kann, so wenig billigt es dem Staate, den es konstituiert, auf irgendeine andere Weise ein Ansichsein zu. Es stellt ein Instrumentarium bereit, schreibt Verfahrensweisen vor. Sein Staat ist kein Gegenstand, kein Objekt, sondern allenfalls ein „Prozeß" (Dolf Sternberger „Den Staat, der für sich genommen existiert ..., gibt es in unserem Grundgesetz nicht, denn dies wäre der Staat von Carl Schmitt, den es gerade überwand"

Identität von Gesellschaft und Staatsvolk

Mit dem demokratischen Anspruch, geschweige denn der demokratischen Wirklichkeit, entfällt die Möglichkeit, Gesellschaft und Staat grundsätzlich auseinanderzuhalten. Sind „wir", ist also das Ganze der Staatsbürgerschaft der Staat, so ist eine Polarität von Gesellschaft und Staat von vornherein nicht gegeben, und zwar schon dadurch nicht, daß „wir" ganz offenbar nicht nur der Staat, sondern auch die Gesellschaft sind. „Die gleichen Menschen, welche die Gesellschaft bilden, bilden auch den Staat" Daß dabei die Gesellschaft an der Staatsgrenze nicht in der gleichen Weise endet wie der Staat, darf hier unberücksichtigt bleiben.

Das alles heißt nicht, daß sich Hegel und Lorenz v. Stein von Grund auf geirrt hätten. Gewiß aber verbietet es die Identität im personellen Bestände, Gesellschaft und Staat in der Weise von Körpern voneinander getrennt zu sehen. „Will man nun gleichwohl Staat und Gesellschaft in einen Gegensatz zueinander bringen, so kann dieser nur in der Entgegen-setzung zweier Einstellungen, Verhaltungsweisen, Ordnungsprinzipien bestehen" (Werner Sombart Tatsächlich sind „wir", je nach unserer aktuellen und effektiven „Einstellung" oder „Verhaltungsweise", entweder Gesellschaft oder das „korporative Staats-volk", nach dem Preuß gerufen hat. Auf das Ganze der Staatsbürgerschaft bezogen ist Gesellschaft die eine Erscheinungsform oder Verhaltensweise, Staatsvolk die andere. Aber das Kollektiv handelt — oder bildet seinen Willen — in der Regel nicht als solches. Damit kommt es auf die Einstellung an, aus der in einer Gruppe, in einem Verband, ja zumeist oder zuerst im Einzelmenschen, die Verhaltensweise oder Entscheidung im Einzelfall, also angesichts einer konkreten Aufgabe, hervorgeht. Das Spannungsverhältnis zwischen Gesellschaft und Staat ist auf solche Weise nicht geradezu aufgehoben; dem „beständigen Kampf", von dem bei Lorenz v. Stein die Rede war, ist nur ein anderer Ort angewiesen. Er ist nach unten verlagert und dort letztlich dem Gewissen des einzelnen aufgebürdet. Ist schon jeder Staatsbürger ein Interessent, so muß eben deshalb jeder Interessent auch ein Staatsbürger sein" Alexander Rüstow, der diese glückliche Formel prägte, hat mit dem Ruf nach dem „Staatsbürger" nicht den Staat gemeint, der an das Volk oder die Gesellschaft von außen herantritt. Aber gerade das Gemeinwesen, an das er gedacht hat, setzt voraus, ja hat seine Existenz darin und dadurch, daß der einzelne Bürger das das Gemeinwohl, bonum commune, das „allgemeine Beste" mitbedenkt und in seinen Willen aufnimmt In rein begrifflicher Hinsicht kann die Einstellung des einzelnen — auch die Einstellung einer Gruppe — sein die gesellschaftliche, das ist die am privaten oder partikularen Interesse orientierte, und sie kann sein die auf das Gemeinwohl ausgerichtete. Doch ist dies kein schroffes Entweder-Oder; vielmehr gilt hier noch einmal, daß keine scharfe Trennung möglich ist. Die Berücksichtigung des Gemeinwohls geschieht, wenigstens normalerweise, nicht durch eine ruckartige Umschaltung, und zwar schon dadurch nicht, daß es sich in der Regel keineswegs darum handelt, das eigene Interesse gänzlich aufzuopfern. Wird nämlich nicht umgekehrt ausschließlich dieses Interesse als Richtpunkt gewählt, so geht es in eine Verbindung oder einen Zusammenhang ein: es wird ihm das „allgemeine Beste" gleichsam aufgestockt, bei einem womöglich unscharfen Übergang Die Herstellung eines solchen Kontinuums setzt gar nicht unbedingt den sogenannten Idealismus — nun des populären und nicht des philosophischen WortVerstandes — voraus; sie kann auf der nüchternen Einsicht beruhen, daß das, was man einem größeren Ganzen gibt, schließlich dessen einzelnem Gliede zugute kommt.

Es kann jene Verbindung oder Hereinnahme erreicht werden im Denken, im Urteil, in der Willensbildung des Individuums; sie kann herbeigeführt werden in einer Gruppe, und zwar durchaus auch in dem vorab dem speziellen Interesse eines Wirtschaftszweiges zugewandten Verbände; sie ist schließlich ganz fraglos aufgegeben der politischen Partei des parlamentarischen Systems, die die gesellschaftlichen Kräfte von vornherein nur zu dem Zwecke und in der Absicht in sich einmünden lassen darf, die in ihnen verkörperten Gruppenegoismen kritisch zu sichten, zu filtern, einem Ausgleich entgegenzuführen, vor allem aber ihrem Nebeneinander, teilweise auch Gegeneinander, die eventuell fehlende Rücksicht auf das Gemeinwohl hinzuzufügen.

Alle Aspekte des Gemeinwohls durchzugehen — Johannes Meßner schreibt ihm zehn verschiedene „Dimensionen" zu —, ist hier nicht erforderlich. Daß der Terminus nicht in jedem Falle einen Fixstern oberhalb der Sphäre der gesellschaftlichen Strebungen bezeichnet, das Gemeinte vielmehr unter Umständen durch reine Induktion, im Sinne des Ausgangs von konkreten Daten, zu ermitteln ist, wurde bereits angedeutet. Auszuschließen nicht trotz, sondern wegen ihres Gewichtes, ist die Grundfrage, ob oder inwieweit unverrück-bare Richtpunkte des Handelns in einer objektiv vorgegebenen Ordnung ihren Ort haben: einer Ordnung, die auf die Ebene, in der sich das menschliche Wirken vollzieht, als eine Vertikale auftrifft. Auch wer an solche Gebote glaubt, ist jedenfalls an das individuelle Gewissen verwiesen — sein eigenes und das der Mitmenschen —, denn kein faßbares Institut ist als die ein für allemal maßgebliche Repräsentanz jener Ordnung zu respektieren.

Freistaat in der verantwortlichen Gesellschaft

Man kann kaum sagen, daß in der Zone einer wechselseitigen Verschränkung, auf die die Unterscheidung von Staat und Gesellschaft jedenfalls hindeutet, im bundesrepublikanischen Jetzt und Hier alles in bester Ordnung sei. Die „Herrschaft der Verbände", die Theodor Eschenburg vor Jahren trotz der beunruhigenden Feststellungen, die er zu treffen hatte, immerhin noch mit einem Fragezeichen versah bleibt eine ernste Sorge. Dabei darf man bezweifeln, daß alle Möglichkeiten, den Auswüchsen zu begegnen, erschöpft sind

Fragwürdig wäre die Rechnung einer Parteiführung, die angesichts einer massiven Forderung im Hinblick auf einen gefürchteten Verlust an Wählerstimmen in die Kniee ginge; traurig ist es, daß sich die ursprüngliche Funktion des Parlaments, die zu Lasten der Bürgerschaft gehenden finanziellen Aufwendungen des Souveräns und seines Apparates zu beschneiden, durch einen manchmal geradezu grotesken Bewilligungseifer ins Gegenteil verkehrte. Der wahrscheinlich ernsteste Übelstand ist bei alledem, daß Gemeinschaftsaufgaben von kaum zu überschätzender Bedeutung, für die sich keine pressure group einsetzt, weil sie gewissermaßen zwischen die organisierten Interessen fallen, weitgehend vernachlässigt werden.

So wird also wohl an Beschränkung der partikularen Ansprüche, an Rücksichtnahme auf die andere Gruppe oder den anderen Verband, schließlich an Ausrichtung auf das Ganze zur Zeit nicht das wirklich Erforderliche geleistet. Doch ist die „staatsideologische Unterbilanz", die in der Nachfolge von Carl Schmitt beklagt wird nicht durch die Aufrüstung oder Neu-schaffung von Institutionen zu beseitigen, denen man das Prädikat der „Staatlichkeit" zubilligt, um sie von dem Pluralismus des gesellschaftlichen Getriebes abzuheben. Ausgleich der Gegensätze, Zusammenfügung, Integration oder wie immer man es nennen will, sind nicht die Aufgaben eines über uns schwebenden Staates; sie sind unsere, der Staatsbürger, Sache, weil — wenn schon das Wort „Staat" beizubehalten ist — wir der Staat sind. Die Vorstellung einer „responsible Society", zu der sich die Amsterdamer Weltkirchenkonferenz von 1948 bekannte, weist den Weg, weil sie die Verantwortung in die Gesellschaft verlegt. Aus dem Zusammenstehen freier Menschen, die vom Bewußtsein ihrer mitmenschlichen Pflichten her zum Gemeinsinn gelangen, kann und muß das Gemeinwesen hervorgehen als „Freistaat in der verantwortlichen Gesellschait"

Fussnoten

Fußnoten

  1. Im Sinne von: Theodor Eschenburg, Herrschaft der Verbände?, Stuttgart 1955.

  2. Einleitung in die Soziologie, Leipzig 1931, S. 62.

  3. Werner Sombart sah bei Hegel „keine Spur von der späteren, aus liberalistischem Denken geborenen Schrulle, Staat und Gesellschaft als zwei Begriffe oder zwei Sachverhalte einander gegenüberzustellen: hie Staat, hie Gesellschaft“ (Der deutsche Staat der Zukunft, Abdruck aus: Deutscher Sozialismus, Berlin-Charlottenburg 1935, S. 40).

  4. Nach J. C. Bluntschli (Geschichte des Allgemeinen Staatsrechts und der Politik, München 18672, S. 554) scheidet Hegel Gesellschaft und Staat „in völlig eigentümlicher Weise, so daß er Tätigkeiten, die jedermann als staatlich betrachtet, wie voraus Rechtspflege und Polizei, seiner Gesellschaft zuschreibt. Er nennt gerade das Gesellschaft, was sehr viele vor ihm Staat genannt haben, das heißt die Vermittlung der Einzelinteressen durch gemeinsame Einrichtungen, und sagt selbst, daß man dieselbe auch als , den äußeren Staat, Not-und Verstandesstaat ansehen'könne".

  5. Politische Philosophie in Deutschland, Basel 1963, Erster Teil: Die politische Theorie der Hegelsdien Rechten. Auch: Die Hegeische Rechte (Anthologie, ed. Hermann Lübbe), Stuttgart/Bad Cannstatt 1962, Einleitung.

  6. Pol. Phil. S. 183.

  7. S. Anm. 5.

  8. Der Hegelianer Karl Rosenkranz (1805— 1879) klagte, man habe aus dem Werke des Meisters „einzelne grelle Wendungen" herausgegriffen, „um sie als seine Ansicht überhaupt darzustellen und ihn damit bald als royalistisch-servil, bald als demagogisch-radikal zu verdächtigen" (hier zitiert nach: Die Hegeische Rechte, s. Anm. 5, S. 40/41).

  9. Otto Heinrich v. d. Gablentz, Politische Parteien als Ausdruck gesellschaftlicher Kräfte, Berlin 1952, S. 6. Jetzt auch in: v. d. Gablentz, Der Kampf um die rechte Ordnung, Opladen 1964, S. 146.

  10. L. v. Stein ist zitiert nach den Neudrucken: Staat und Gesellschaft, ed Heinrich Aschenbrenner, Zürich 1934 (Einleitung zur „Geschichte der sozialen Bewegung in Frankreich"), S. 38, S. 40, S. 51, und: Begriff und Wesen der Gesellschaft, ed. Karl Gustav Specht, Opladen 1956 (aus System der Staatswissenschaft II: Die Gesellschaftslehre), S. 29, S. 30, S. 31, S. 32.

  11. Hans Freyer, Einleitung in die Soziologie, Leipzig 1931, S. 73.

  12. Die Geschichte und Literatur der Staatswissenschaften, Band I, Neudruck Graz 1960, S. 82.

  13. A. a. O. S. 101.

  14. A. a. O. S, 99, S. 100.

  15. In: Allgemeines Staatsrecht und Staatsverfassungslehre, Göttingen 1793.

  16. A. a. O. S. 75, S. 82, S. 148.

  17. Allgemeine Staatslehre, Neudruck Darmstadt 1960, S. 87. „Die Ausführungen Rousseaus waren es wohl, die Hegel zu seiner Grundauffassung der bürgerlichen Gesellschaft anregten" (Jellinek S. 87/88).

  18. Strukturprobleme der modernen Demokratie, Karlsruhe 1958, S. 208.

  19. Gerhard Leibholz, Strukturprobleme der modernen Demokratie, Karlsruhe 1958, S. 209 (aus Vortrag: Staat und Gesellschaft in England, erstmals veröffentlicht in der Festschrift für Richard Thoma, Tübingen 1949).

  20. Constitutional Government and Democracy, deutsche Übersetzung: Der Verfassungsstaat der Neuzeit, Berlin 1953. Friedrich im Vorwort zur deutschen Ausgabe: „Jede metaphysische Verabsolutierung des Staatsbegriffs ist der Betrachtungsweise entgegengesetzt, mit der der Gegenstand in diesem Buch untersucht wird" (S. VII). Man vergleiche dies mit unseren eigenen weiteren Ausführungen.

  21. Political Power and the Governmental Process, deutsche Übersetzung: Verfassungslehre, Tübingen 1959,

  22. Staatsphilosophie. Ein Buch für Deutsche, München 1923, S. 39.

  23. Ideologie und Wahrheit, Wien 1953, S. 108 ff. „Der Dualismus der Begriffe Staat und Gesellschaft drückte seinerzeit eine Stellungnahme des sozialen Willens aus, die er paratheoretisch in einen Sachverhalt umdeutete“ (Geiger S. 109),

  24. Staat, Recht und Freiheit, Neudruck Hildesheim 1964, S. 343 (aus Aufsatz „Deutsche Demokratisierung“ von 1917).

  25. Allgemeine Staatslehre, Neudruck Darmstadt 1960, S. 98.

  26. O. H. v. d. Gablentz 1952 über „Politische Parteien als Ausdruck gesellschaftlicher Kräfte': s. Anm. 9.

  27. Einige Titel: Theodor Eschenburg, Herrschaft der Verbände?, Stuttgart 1955; Rupert Breitling, Die Verbände in der Bundesrepublik, Meisenheim 1955; Joseph H. Kaiser, Die Repräsentation organisierter Interessen, Berlin 1956; Der Staat und die Verbände, hrsg. v. Beutler, Stein u. Wagner, Heidelberg 1957; Hans Huber, Staat und Verbände, Tübingen 1958; Jacobus Wößner, Die ordnungspolitische Bedeutung des Verbandswesens, Tübingen 1961; Johannes Meßner, Der Funktionär, Innsbruck 1961; Gerhard W. Wittkämper, Grundgesetz und Interessenverbände, Opladen 1963; Heinz Josef Varain, Parteien und Verbände. Eine Studie über ihren Aufbau, ihre Verflechtung und ihr Wirken in Schleswig-Holstein, Opladen 1964.

  28. Staat und Verbände, Tübingen 1958, S. 17.

  29. Daß der Wirtschaft auch der Verbraucher angehört, wird nur zu oft übersehen.

  30. Die Politik, Ihre Elemente und ihre Probleme, Zürich 1948, S. 28.

  31. Zur christlichen Staatslehre (Beiträge zu einem Wörterbuch der Politik, Heft II), Freiburg 1948, S. 15.

  32. Reden und Schriften, Karlsruhe 1960, S. 87 (aus: „Der Rechtsstaat und der soziale Wohlfahrtsstaat“, 1953).

  33. Staat und Gesellschaft in Deutschland, Stuttgart 1956, S. 19.

  34. Die verfassungsrechtliche Stellung der politischen Parteien im modernen Staat, Aussprache Wien 1958, in: Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer, Heft 17, Berlin 1959, S. 116.

  35. Das Wesen der Repräsentation und der Gestalt-wandel der Demokratie im 20. Jahrhundert, Berlin 19602, S. 245.

  36. Sachverstand und Politik in der Demokratie (Zehntes Europäisches Gespräch Recklinghausen), Köln 1962, S. 40 (aus Referat: „Gesellschaftliche EntWicklungsperspektiven und pluralitäre Demokratie").

  37. Staatsidee und staatliche Wirklichkeit heute, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, Nr. 16/1964, S. 3.

  38. Staatsideologie oder demokratisches Bewußtsein, in: Politische Vierteljahresschritt, 6. Jahrgang, Heft 2, Opladen 1965, S. 127.

  39. Autorität und Legitimität im heutigen Staat, in: Zeitschrift für Politik, 5 Jahrgang Heft 1, S. 15; auch in: v. d. Gablentz, Der Kampf um die rechte Ordnung, Opladen 1964, S. 90.

  40. Allgemeine Staatslehre, Neudruck Darmstadt 1960, S. 96.

  41. Hier zitiert nach Guido de Ruggiero, Geschichte des Liberalismus in Europa, Neudruck Aalen 1964, S. 323.

  42. Beamtenstaat und Volksstaat, aus Festgabe für Otto Mayer, Tübingen 1916, S. 34; auch in: Ausgewählte Schriften und Reden, Zürich 1941, S. 141.

  43. A. a. O. S. 36 (bzw. S. 143).

  44. „Parteiführungsstab" im Sinne von: Rudolf Wildenmann, Partei und Fraktion, Meisenheim 1954.

  45. Das deutsche Genossenschaftsrecht, I, Neudruck Graz 1954, S. 655.

  46. Im Sinne von: Adolf Gasser, Gemeindefreiheit als Rettung Europas, Basel 19472; auch: Von den Grundlagen des Staates, Stuttgart 1950.

  47. So Othmar Spann: „Der Staat kommt von sich selber her" (Der wahre Staat, Jena 19313, S. 237).

  48. Jacob Burckhardt, Die Kultur der Renaissance in Italien, Fußnote gleich zu Beginn.

  49. Reinhard Höhn, Die Wandlung im staatsrechtlichen Denken, Hamburg 1934, S. 19.

  50. Gemeindefreiheit als Rettung Europas, Basel 19472, S. 182.

  51. Das deutsche Genossenschaftsrecht, I, Neudruck Graz 1954, S. 642.

  52. „Das Subordinationsprinzip ist ein gefährliches politisches Prinzip, das Koordinationsprinzip ein ungefährliches" (Franz Böhm, Reden und Schriften, Karlsruhe 1960, S. 311).

  53. Gemeindefreiheit S. 182.

  54. Hans Barth, Pestalozzis Philosophie der Politik, Erlenbach 1954, S. 103.

  55. Gemeinde, Staat, Reich als Gebietskörperschaften. Versuch einer deutschen Staatskonstruktion auf Grundlage der Genossenschaftstheorie, Berlin 1889, Neudruck Aalen 1964.

  56. A. a. O. S. 419.

  57. Das deutsche Volk und die Politik, Jena 1915, S, HO.

  58. Staat, Recht und Freiheit, Tübingen 1926 bzw. Neudruck Hildesheim 1964, S. 494.

  59. A. a. O. S. 476.

  60. Grund und Abgrund der Macht, Frankfurt 1962, S. 240.

  61. Karl Graf von Westphalen, In Sorge um die Demokratie, Köln 1963, S. 13.

  62. Oswald v. Nell-Breuning, Zur christlichen Staatslehre (Beiträge zu einem Wörterbuch der Politik, Heft II), Freiburg 1948, S. 15.

  63. Der deutsche Staat der Zukunft, Abdruck aus „Deutscher Sozialismus", Berlin-Charlottenburg 1935, S. 43.

  64. Alexander Rüstow in einem Vortrag Bad Godesberg 1961, abgedruckt in. Politik für uns alle oder für die Interessenten?, Tagungsprotokoll Nr. 16 der Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft, Ludwigsburg 1961, S. 94; auch in: Rüstow, Rede und Antwort, Ludwigsburg 1963, S. 58.

  65. „Das allgemeine Beste", Vortrag Dolf Stembergers in Bad Godesberg 1961, abgedruckt in: Politik für uns alle, s. vorige Anmerkung.

  66. Gierke (Genossenschaftstheorie S. 24) hat festgestellt, daß der Mensch, „indem er von Hause aus sein Dasein zugleich als Einzelleben und als Gemeinleben führt und empfindet, seinen Willen zu spalten und dem Bereich des Fürsichseins der Einzelwillen ein Gebiet ihrer Verbundenheit zum Gemeinwillen gegenüberzustellen vermag“ (hier zitiert nach: Preuß, Gemeinde, Staat, Reich als Gebietskörperschaften, Berlin 1889 bzw. Aalen 1964, S. 245).

  67. Einen solchen Übergang hat Jacob Burckhardt gesehen (Weltgeschichtliche Betrachtungen, S. 38 der Kröner-Ausgabe 1938). Er nennt den Staat zwar zunächst die „Abdikation der Individuellen Egoismen", fügt aber sogleich hinzu „ihre Ausgleichung, so daß möglichst viele Interessen und Egoismen dauernd ihre Rechnung dabei finden und zuletzt ihr Dasein mit dem seinigen" — d. i.dem des Staates — „völlig verflechten".

  68. Das Gemeinwohl, Osnabrück 1962, S. 43 ff.

  69. Buchtitel Stuttgart 1955.

  70. Von der „Flucht in die Öffentlichkeit“ — gewiß einem zumeist nicht risikolosen Ausweg — wird selten Gebrauch gemacht.

  71. Ausdruck von Ernst Forsthoff. Gleichsinnig beklagt Werner Weber eine „Demontage des Staatlichen im Staat“ (Der Staat und die Verbände, hrsg. von Beutler, Stein und Wagner, Heidelberg 1957, S. 21).

  72. Otto Heinrich v. d. Gablentz, Der Staat in der pluralistischen Gesellschaft, Hamburger Jahrbuch, 4. Jahr, Tübingen 1959, S. 144; auch in: v. d. Gablentz, Der Kampf um die rechte Ordnung, Opladen 1964, S. 177.

Weitere Inhalte

Ernst Maste, Schriftsteller (Politische Wissenschaft, Soziologie, Geschichte), geb. 1901 in Bochum. Buchveröffentlichung: Die Republik der Nachbarn. Die Nachbarschaft und der Staatsgedanke Artur Mahrauns, Gießen 1957. Zahlreiche Veröffentlichungen in Zeitungen und Zeitschriften, darunter in „Aus Politik und Zeitgeschichte": B 43/60: Hugo Preuß — Vater der Weimarer Verfassung, und B 17/64: Max Weber — Soziologe und Politiker.