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Die ideologische Diskussion der ungarischen Revolution 1956 | APuZ 43/1966 | bpb.de

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APuZ 43/1966 Ungarn von 1945-1965 Die ideologische Diskussion der ungarischen Revolution 1956 Die Sowjetarmee in Ungarn 1956

Die ideologische Diskussion der ungarischen Revolution 1956

Georg Stadtmüller

Ein Jahrzehnt nach der ungarischen Erhebung sind viele Zusammenhänge klarer geworden. Aus dieser erweiterten Einsicht soll im folgenden der Versuch gemacht werden, die Rolle der ideologischen Diskussion im Ablauf dieser Erhebung zu untersuchen.

Der ungarische Volksaufstand von 1956 (23. Oktober bis 4. November 1956) hatte schon einige Monate vorher seine Schatten voraus-geworfen. Man mag über die Wucht und das Ausmaß dieser Revolution letztlich erstaunt sein, aber in den Monaten nach der partei-amtlichen Verurteilung des „Personenkultes" und nach Chruschtschows Kampfansage gegen alle seine ideologischen Ausflüsse auf dem XX. Parteikongreß (Februar 1956) der Kommunistischen Partei der Sowjetunion zeichnete sich Zug um Zug eine Entwicklung ab, die in den östlichen Volksdemokratien Unruhe und Gärung auslöste. Der bisherigen einheitlichen ideologischen Ausrichtung und Grundsatz-festigkeit des Ostblocks schien plötzlich der Boden unter den Füßen zu wanken. Uber die ideologische Verwirrung und Verschwommenheit, die sich selbst innerhalb der Sowjetunion ausbreitete und plötzlich die Zeitungen füllte, konnten keine Parteibeschlüsse und gesinnungstüchtigen Lippenbekenntnisse zum Marxismus-Leninismus hinwegtäuschen.

Dieses zeitweilige ideologische „Tauwetter“ hat besonders bei der moskauhörigen Oberschicht der Satellitenparteien Ratlosigkeit und Unentschlossenheit Platz greifen lassen, so die freiheitlichen Kräfte der unterdrückten Völker wachgerufen, in den bisherigen Gefügen der Volksdemokratien vordem verdeckte Risse sichtbar werden lassen und den ganzen Sowjetblock in eine offenkundige Krise geführt. Während man im Großteil der östlichen Satelliten den drohenden Unruhen durch eine Lockerung des Kurses, durch eine organisierte „Selbstkritik" der Stalinisten oder gar durch Parteisäuberungen vorbeugen konnte, flammten in Polen Revolten auf, die schließlich in Ungarn den Auftakt für zunächst friedliche Demonstrationen bildeten und sich in den nächsten Tagen schon in einen umfassenden Volksaufstand verwandelten.

Es erhebt sich die Frage, welche ideologischen Beweggründe und Triebkräfte in dieser Revolution eine Rolle gespielt haben und wie dieses ideologische Element in das Gesamtbild der ungarischen Erhebung einzuordnen ist. Die Tatsache steht fest, daß die spontane, vorher nicht geplante ungarische Volkserhebung vorwiegend im geistigen Bereich wurzelt und somit einen politischen Charakter getragen hat, aber keineswegs vorwiegend durch wirtschaftliche Triebkräfte wie Not, Elend usw., die mehr in den Hintergrund traten, ausgelöst wurde.

Von ihrem Anbeginn an hat die ungarische Revolution ihrer Bedeutung entsprechend sowohl im Osten wie im Westen ein vielstimmiges und lebhaftes Echo gefunden. Der Problematik des heutigen Zeitgeschehens gemäß verwirren sich die Folgerungen, Antworten und Vermutungen zu einem verschwommenen Bild und widersprechenden Chor. Die Beurteilung der ungarischen „Oktoberereignisse“ scheint sich nach der Überwindung und äußeren Beruhigung der Krise unter „parteiamtlicher" Leitung und Führung im Ostblock einem allgemeingültigen, von Moskau bestimmten Betrachtungsschema anzugleichen, das aber in jedem Fall den westlichen, oft uneinheitlichen Stimmen und Meinungen widerspricht, Der Großteil der westlichen Arbeiten und Aufsätze beschäftigt sich außerdem fast ausschließlich mit politischen Fragen oder vordergründigen Tatsachen-und Erlebnisberichten und vernachlässigt die ideologische Auseinandersetzung der ungarischen Revolution gänzlich und erwähnt und berührt sie nur am Rande und im Zusammenhang mit den politischen Ereignissen. Schließlich traten dem Charakter jeder Revolution entsprechend auch im ungarischen Volksaufstand die politischen Forderungen zunächst in den Mittelpunkt des Blickfeldes, und nach der Beseitigung der politischen Hemmnisse sowie der Sicherung der politischen Zielsetzungen der Revolution traten die Fragestellungen nach der ideologischen Seite und dem ideellen Bekenntnis der Revolution im eigentlichen Sinne erst später auf. Trotz dieses Umstandes kann man aber über die politischen Zielsetzungen und den damit verbundenen Gedankengehalt der ungarischen Revolution, besonders aber über ihre leidenschaftliche Diskussion im Ostblock und vor allem in Ungarn, die sofort nach der militärischen Unterdrückung der Erhebung einsetzte und sich noch heute nicht beruhigt hat, zu einem einigermaßen abgerundeten Urteil gelangen. Der vorliegende Versuch einer solchen kritisch abwägenden Darstellung beruht auf einer ausführlichen Dokumentation aus — vorwiegend ungarischen — Veröffentlichungen (vor allem Zeitungs-und Zeitschriftenartikeln) sowie Rundfunksendungen.

Die ideologischen Aspekte des XX. Parteikongresses der KPdSU

Der XX. Parteikongreß der KPdSU in Moskau bildet den Ausgangs-und Schwerpunkt der ideologischen Untermauerung des „Neuen Kurses", der sofort nach dem Tode Stalins (1953) einsetzte. Der Abbau der Stalin-Ära war also bereits im Gange, so daß man in keiner Weise von einer plötzlichen Kehrtwendung sprechen kann, sondern nur von einer nachträglichen Rechtfertigung.

Die Entthronung des roten Diktators und „Persönlichkeitskul die Verdammung seines -tes" haben vor allem die Kernfrage aufgeworfen, ob die alten kommunistischen Prinzipien, die ja bekanntlich Stalin als „Klassiker" des Marxismus-Leninismus-Stalinismus „schöpferisch" weiterentwickelt und auf eine „prinzipiell höhere Stufe" gestellt haben sollte, noch uneingeschränkte Gültigkeit besäßen. Grundsätzlich läßt sich sagen, daß der XX. Parteitag der KPdSU keine Anhaltspunkte für eine Revision der kommunistischen Ideologie des Marxismus-Leninismus bietet und seine Anklage auf einige „Irrtümer" Stalins beschränkt, die „persönliche Fehler" und die „dogmatische Grundhaltung" des alten Diktators verschuldet haben sollten. Die ideologische Kritik und Verurteilung berührt folglich nur die Fehlerquellen, die Stalin aus dem verfehlten und dem Marxismus „fremden“ Persönlichkeitskult, seinem Hang zur Selbstglorifizierung, Dogmatismus und Sektierertum usw., eben gewissen persönlichen, teilweise negativen Charaktereigenschaften, erwachsen seien.

Die Folgen für die Volksdemokratien

Die angebliche Rückkehr zur reinen Lehre des „ursprünglichen" Leninismus sowie die Abkehr von den Fehlleistungen des stalinistischen Erbes hatten in den Volksdemokratien ebenfalls eine ideologische Diskussion ausgelöst, die die alte, im Stalinismus erzogene Führungsschicht notgedrungen unter dem Eindruck des sowjetischen Vorbildes und der Moskauer Befehlszentrale sowie dem Druck der öffentlichen Meinung in die schwierige und allerdings peinliche Notlage drängte, ihre bisherige eigene stalinistische Linie abzuleugnen.

Mit durchaus gemischten Gefühlen sahen sich nun die alten Stalinisten der Volksdemokratien widerwillig gezwungen, dem „Personenkult" und den „stalinistischen Führungsprinzipien" abzuschwören und somit auf die neue sowjetische Linie einzuschwenken. Fast schlagartig setzte in den Volksdemokratien eine Welle von „Rehabilitierungen" der wegen „titoistisch-faschistischer Umtriebe“ oder wegen anderer Verbrechen verurteilten oder hingerichteten Parteigenossen ein, denen sich Selbstbezichtigungen der Parteiführer sowie Umbildungen und Säuberungen in der obersten Parteileitung zugesellten.

Die „schöpferische" Theorie von den verschiedenen Wegen zum Kommunismus unter Berücksichtigung der „nationalen Eigenheiten“ jedes Landes wurde dem dogmatischen Stalinismus, dem „Sozialismus in einem Lande" gegenübergestellt und durch die Berufung auf den „revolutionären" Leninismus untermauert. Damit war zum erstenmal der Anspruch der Allgemeingültigkeit des sowjetischen Parteimonopols und Monosozialismus’ sowie das stalinistische Erbe Moskaus, als des alleinigen „Hüters des Kommunismus" sowie „Mekkas des reinen Marxismus", aufgelockert oder zumindest durchlöchert. Die Folgen machten sich in den Volksdemokratien vorwiegend durch die Forderungen nach „Gleichberechtigung" und Selbständigkeit der kommunistischen Parteien sowie Berücksichtigung der nationalen Besonderheiten beim „friedlichen Aufbau des Sozialismus" bemerkbar.

Gerade dieses Streben nach Selbständigkeit und die Weigerung, sich der unverbrüchlichen Allgemeinverbindlichkeit der sowjetischen Generallinie unter allen Umständen zu unterwerfen, hatte einst zum Bruch mit Jugoslawien, zur völligen Verurteilung dieses „titoistischen Verbrechens" sowie zur Liquidierung der „titoistisch-faschistischen Menschen-räuber" in allen übrigen Volksdemokratien geführt.

Nun aber sah sich die KPdSU vor die Notwendigkeit gestellt, die „schöpferische" Weiterentwicklung des Marxismus-Leninismus auf dem XX. Parteitag auch in die Tat umzusetzen und die Zügel der geistigen Bevormundung ihrer jüngeren Brüder zu lockern und den Parteien der Volksdemokratien wenigstens auf dem Papier die „Gleichberechtigung auf der Grundlage des proletarischen Internationalismus" zuzugestehen. Die Dammbrüche in Polen und Ungarn haben diese Entwicklung zweifelsohne beschleunigt.

Auch mit dem bisherigen Ketzer Tito suchte die Sowjetunion wieder Frieden zu schließen und die Beziehungen neu zu gestalten, nachdem zuvor schon Chruschtschows Canossagang (Mai 1955) die Wege geebnet hatte. Dadurch verstärkte sich der jugoslawische Einfluß auf die Volksdemokratien, der in ideologischer Hinsicht bei den Ereignissen in Polen und Ungarn eine Hauptrolle spielte.

Welche Folgen brachte nun die „Neue Linie" in Ungarn zur Auslösung? Von vornherein ist festzuhalten, daß das zeitweilige „Tauwetter" nur von kurzer Dauer war und bald schon von hartem Frost abgelöst wurde.

Auswirkungen auf die ungarische KP

Unmittelbar nach dem Tode Stalins setzte in Ungarn unter Imre Nagy der „Juniweg" (1953) ein, der eine Liberalisierung der Politik sowie eine Demokratisierung der Kontrolle durch Staat und Partei verfolgte, allerdings als Rechtsabweichung vom Marxismus-Leninismus gebrandmarkt und schließlich mit der Absetzung Nagys als Ministerpräsident (April 1955) erstickt wurde. Die alte stalinistische Führungsschicht unter Mätyäs Räkosi hatte sich an der Macht behauptet.

AIs nun aber die Entstalinisierung unter sowjetamtlicher Leitung eingeführt wurde, ist diese Entwicklung von der ungarischen Regierung mit besonderem Widerwillen aufgegriffen und sogar bekämpft worden und letztlich nur durch Druck in Fluß gekommen, der die sowjetischen Statthalter auch in Ungarn vor die Notwendigkeit stellte, wenigstens den Worten nach der Vergangenheit und dem Personenkult abzuschwören.

Wenig später sah sich sogar Räkosi gezwungen, einen großen Schritt weiterzugehen und ein Schuldbekenntnis abzulegen: „Es trifft zu, daß ich den Persönlichkeitskult selbst geduldet und nicht selten gefördert habe. Ich muß es rundheraus sagen... Ich muß offen und ehrlich bekennen, daß ich selbst daran schuld bin, ich, der ich auf dem wichtigsten Posten in der Partei stand..

Zusammenfassend läßt sich sagen: Solange die stalinistische Führungsschicht die Macht in der Partei behaupten konnte und sich — nicht zuletzt mit Rücksicht auf Schriftsteller und Intellektuelle — gerade nur auf geringfügige Änderungen in der Parteileitung beschränkte und die Sündenböcke unter den sogenannten „Berija-Anhängem" suchte, mußten alle (Schein-) Zugeständnisse, Rehabilitationen und angekündigten Veränderungen im Keime Stecken-bleiben. Es blieb im Grunde alles beim alten!

Schriftsteller und Intellektuelle in Ungarn

Aber im Volk begann es zu gären... Die ungarische kommunistische Partei versuchte die Unruhe nicht zu beschwichtigen und ihre Gefahren einzudämmen, sondern hoffte, mit den Zwangs-und Machtmitteln der Parteidiktatur der Schwierigkeiten des ideologischen „Tauwetters" Herr zu werden. Doch selbst die Parteimitglieder waren der dauernden geistigen Unterdrückung und Alleinherrschaft der Parteilinie müde, die jede freiheitliche Regung und geistige Auseinandersetzung verdammte und sofort als Verletzung der sozialistischen Parteilichkeit, Rechtsabweichung, Revisionismus, Heuchelei, reaktionäre Bestrebungen usw. unter Strafe stellte. Und während man sogar in der Sowjetunion im Zeichen der Abkehr von der Stalin-Ära die Zügel der Unterdrückung etwas lockerte und die geistige Bevormundung der Intelligenz, wie Schriftsteller und Wissenschaftler, weniger scharf gestaltete, verstrickte sich die kommunistische Regierung Ungarns in verhängnisvolle Widersprüche, indem sie im Gegenteil den bisherigen unnachgiebigen Kurs noch verschärfte.

Greifen wir unter den vielen Beispielen die Haltung der Regierung gegenüber dem partei-amtlichen Schriftstellerverband heraus. Diese Organisation bildete für die Partei einen besonderen Stein des Anstoßes, da die freiheitlichen Stimmen und Diskussionen der Intellektuellen nicht verstummten und schon lange vor dem XX. Parteitag der KPdSU die Regierung immer wieder vor neue und heikle Probleme stellten. Durch die verschärfte Kontrolle der Gesinnungstüchtigkeit der Schriftsteller versuchte auch hier die Partei mit roher Gewalt gegen die geistige Freiheit und die sogen.

„Provokationen" vorzugehen. Aber die Schriftsteller wollten sich trotzdem der parteiamtlichen Doktrin vom „sozialistischen Realismus" und der „bolschewistischen Parteilichkeit" nicht mehr beugen, die jede dichterische Gestaltungskraft erstickt und beschnitten hatte, so daß die Schriftstellerei schließlich auf die Interpretation der jeweiligen Parteibeschlüsse herabzusinken drohte. Die Schriftsteller mußten lügen . .. zur höheren Ehre der Partei.

Der Kampf der Schriftsteller, die schon immer auf das ungarische Volk einen großen Einfluß ha(ten, wurde von allen Bevölkerungsschichten mit Sympathie und Begeisterung begrüßt. Die Selbstkritik Räkosis ermutigte die Schriftsteller, die immer offener ihrer Abneigung gegen die „antidemokratischen Methoden, die das kulturelle Leben des Landes lähmen" (Tibor Dery), Ausdruck geben und dafür künstlerische Freiheit und die Aufhebung jeglicher „Literaturpolitik" verlangten. Dabei untermauerten sie ihre Forderungen immer wieder geschickt mit dem Hinweis auf die Ergebnisse des XX. Parteitags der KPdSU und die Abkehr von Dogmatismus und Bürokratie. Im Zeichen dieser Bestrebungen belebten Schriftsteller und Intellektuelle besonders die Veranstaltungen des Petöfi-Klubs. Bei der Wahl des neuen Präsidiums des Schriftstellerverbandes widersetzten sie sich den Vorschlägen der Parteivorschlagsliste und versuchten, sich so überhaupt der Parteikontrolle zu entziehen.

Die Partei ihrerseits zögerte nicht, in Öffentlichkeit, Presse und Rundfunk gegen die Schriftsteller das Feuer zu eröffnen: Viele Schriftsteller seien den verderblichen bourgeoisen Anschauungen erlegen, hätten ihre Seelen dem Westen „verkauft" und wieder einmal ihre Unfähigkeit, sich der Disziplin und Zucht zu unterwerfen, unter Beweis gestellt. Der Petöfi-Klub — anfänglich geduldet — habe sich allmählich zum Forum der demagogischen und „parteifeindlichen Elemente" entfaltet, die „zu immer heftigeren Angriffen gegen die Politik unserer Partei und gegen das volksdemokratische System" übergingen. Kritik an einzelnen Personen sei ein Vorwand zur Unterminierung der Partei selber.

György Lukäcs

Diese parteiamtliche Kritik richtete sich auch gegen die kommunistische Intelligenz, die sich — in ihren früheren Idealen enttäuscht — in den Jahren der unbegrenzt stalinistischen Gewaltherrschaft größtenteils von dem als terroristisch erkannten System abgewandt hatte.

Die Gesinnung der kommunistischen Intelligenz, die das Räkosi-Regime in der Stalin-Ära weitgehend unterdrücken konnte, beleuchtet am besten die Haltung György Lukäcs, des wohl bedeutendsten marxistischen Theoreti22 kers und Wissenschaftlers des Ostblocks überhaupt. Sein Zeugnis ist deshalb von besonderer Bedeutung. Er war unter Räkosi und dessen Chefideologen Jzsef Revai als „Idealist", „Kosmopolit“ usw. ideologisch verfemt und verbannt worden. Gerade die bisherige dogmatische „Einengung" des dialektischen Materialismus bezichtigt Lukäcs der falschen Parteigebundenheit und Verstümmelung des Marxismus.

Erschütterung des bisherigen Geschichtsbildes

Selbstverständlich war auch die magyarische Geschichte nach der „Befreiung" durch die Sowjetunion „umgeschrieben" und unter Anwendung der sowjetisch-materialistischen Geschichtsbetrachtung erst zur eigentlichen „Wissenschaft" erhoben worden. Dabei waren vor allem die nationalen Traditionen des ungarischen Geschichtsbewußtseins grundsätzlichen Umdeutungen unterworfen.

Unter den Völkern Ostmitteleuropas nehmen vor allem Polen und Ungarn durch ihr geschichtliches Selbstbewußtsein eine Sonderstellung ein. Sie haben sich seit jeher als Vorkämpfer und Bollwerk des Abendlandes gefühlt. Besonders in der ungarischen Geschichte verschmelzen viele abendländische Einflüsse und Traditionen mit dem magyarischen Nationalbewußtsein, wie zum Beispiel im ungarischen Königtum. Es war selbstverständlich, daß das im Volk tief wurzelnde Nationalgefühl leiden mußte, als man diese national-abendländischen Traditionen plötzlich als „volksfeindliche Kräfte" hinstellte, ableugnete oder totschwieg und den Freiheitskampf des ungarischen Volkes gegen jahrhundertelange Unterdrückung in den Dienst des kommunistischen Patriotismus (Sowjet-patriotismus der Volksdemokratien) preßte. Die bisherige magyarische Geschichtswissenschaft wurde zur feudalen, klerikalen oder bourgeoisen Ideologie der Reaktion gestempelt und diese „Verfälschungen" vom Standpunkt der bolschewistischen Parteilichkeit und des materialististischen Betrachtungsschemas „entlarvt".

Nach dieser neuen Geschichtsideologie sah sich das ungarische Volk in seinem Werdegang und Befreiungskampf hauptsächlich zwei reaktionären Kräften gegenüber: den inneren Gegnern des Hochklerus — Mittelpunkt der geistigen Reaktion — sowie des Hochadels — Mittelpunkt der weltlichen Reaktion —, die sich als Volksfeinde oft mit den äußeren Feinden wie Türken, Habsburgern, Deutschen, Kapitalisten und Imperialisten zum Zweck der Unterdrückung und Ausbeutung des Volkes verschworen und verbunden hätten.

Die westlich-abendländischen Einflüsse wurden abgewertet oder überhaupt unterdrückt. Die Vorstellung von dem „großen slawischen Meer" (Herder) und der einsamen „magyarischen Insel" ist im neuen Geschichtsbild der Behauptung gewichen, daß das ungarische Volk seinen einheitlichen Charakter sowie die Voraussetzung zur Gemeinde-und Staats-bildung erst durch die Berührung und Verschmelzung mit Slawen (besonders aus Pannonien) erhalten habe. Die deutschen Kolonisten dagegen bezeichnete man großenteils als Landstreicher oder Abenteurer, die deutsche „Invasion" und „Aggression" als besonders „ungerechten" Raubkrieg zur Ausplünderung und Unterdrückung des ungarischen Volkes. Die antihabsburgische und deutschfeindliche Gesinnung bildet überhaupt ein Kennzeichen der sowjet-ungarischen Geschichtsschreibung. —-Die östliche Orientierung meidet natürlich nicht ins Bild passende Punkte, indem man sie verschweigt oder nur kurz erwähnt und dann auf sich beruhen läßt, zum Beispiel die Intervention zaristischer Truppen in der ungarischen bürgerlichen Revolution (1848/1849).

In der kommunistischen Umdeutung der ungarischen Geschichte liegt der Nachdruck der Darstellung selbstverständlich auf der neuesten Zeit. So werden besonders ausführlich behandelt: die österreichische „Kolonisation", die Abhängigkeit vom westlichen Imperialismus, der „Weiße Terror" (Horthy und Krolyi), schließlich die heilbringende Einführung des Sozialismus unter Räkosi.

Nach dem XX. Parteitag kam auch dieses stalinistische Geschichtsbild ins Wanken, so daß die alte ungarische Parteiführung im Zuge des ideologischen Tauwetters das bisherige Betrachtungsschema etwas lockern mußte. Bei dieser Geschichtsrevision handelt es sich je-B doch nur um Ansätze, und zwar vorwiegend Personen und Einzelheiten betreffend.

Ein bemerkenswertes Beispiel liefert die Neugestaltung der Feiern zum ungarischen St. Stefanstag (20. August). Seit dem Jahre 1945 versuchte die kommunistische Partei im Volk das Andenken an diesen ersten ungarischen König und Staatsbegründer auszumerzen.

Nach 1948 wurde die berühmte Stephansprozession mit der „Heiligen Hand" — dem Symbol der Christenheit — nicht mehr ungarischen gehalten und der Name des Königs immer mehr totgeschwiegen. Dafür aber wurde dieser Feiertag zum Fest des „Neuen Brotes" erklärt. Am 20. August 1951 schließlich versuchte man den St. Stephanus-Gedenktag für immer auszulöschen und ihn dafür zum Fest der Verfassung (1949) zu proklamieren. Erst im Jahr 1956 erinnerte sich die Partei wieder an den ursprünglichen Charakter des „Festtages" und verwendete in Radio und Zeitungen wieder die Bezeichnung „St. Stefanstag". Der König wurde „rehabilitiert".

Die neuere Geschichte weist zahlreiche, ähnliche Beispiele auf; oft nach Moskauer Sprachregelung und Nachhilfeunterricht. Darunter zählt vor allem die „Rehabilitation" des Alt-bolschewisten Bela Kun. Er fiel einer jener berüchtigten Säuberungswellen unter Stalin in Rußland zum Opfer und galt seitdem als ,', Gefolgsmann der Verräter Bucharin und Trotzki", „Rechtsopportunist" usw. Nach dem Moskauer Vorbild, das Bela Kun wieder uneingeschränkt als „Vorkämpfer des Leninismus" sowie einen der „hervorragendsten Funktionäre der internationalen Arbeiterbewegung" einstufte, erweckte auch die ungarische KP sein Bild nach dieser Anweisung wieder zum Leben.

Ideologische Verwirrung

Die ideologische Entstalinisierung hatte im ganzen Ostblock eine lebhafte Diskussion um den Marxismus-Leninismus ausgelöst. Das erklärt sich vor allem aus der Tatsache, daß mit der Kritik an Stalin die ganze ideologische „Front" ins Wanken gekommen war und niemand den Anspruch erheben konnte, als neuer „Klassiker" des Kommunismus über die strittigen Fragen den Schiedsspruch zu fällen und somit jede weitere Diskussion auszuschalten.

Die Gefahr ideologischer Verwirrungen wollte Moskau in zwei Fehlerquellen sehen: in dem „Dogmatismus" und. „Revisionismus" (= Opportunismus), denen es folglich gemeinsam den „Zweifrontenkrieg" angekündigt hat. Der ungarische Kommunismus schloß sich sofort in pflichtgemäßem Gehorsam diesem proklamierten „Zweifrontenkrieg" an. „Dogmatismus" und „Revisionismus" wurden als Wurzeln des „ideologischen Chaos" erklärt. Später, nach der Niederwerfung der Oktober-Erhebung, hat man sogar diese beiden „Abweichungen" als den ideologischen Keim-boden der „Oktoberereignisse" hinzustellen versucht.

Man kennzeichnet das Wesen des Revisionismus bzw. Opportunismus als Versuch der Bourgeoisie und ihrer Handlanger innerhalb der kommunistischen Parteien, die Lehre des Marxismus-Leninismus meist unter Schlagworten wie „Objektivität", „Ideologische Koexistenz", „Freiheit der Kritik" usw. mit bourgeoisen und „rechtsabweichlerischen" Anschauungen zu verwässern und zu unterwühlen und somit die Reinheit der Ideologie zu verfälchen, um das Proletariat von seinem zielbewußten Weg abzubringen und wieder den Ausbeutern und Kapitalistenknechten ausliefern. Schon Lenin „entlarvte" das Wesen des Revisionismus mit der Feststellung, „... daß die . Freiheit der Kritik'die Freiheit der opportunistischen Richtung in der Sozialdemokratie ist, . .. die Freiheit, bürgerliche Ideen und bürgerliche Elemente in den Sozialismus einzuschmuggeln..."

Während dem Revisionismus schon immer ein Hauptaugenmerk des Kommunismus gegolten setzte hatte, die Bekämpfung des Dogmatismus im eigentlichen Sinne erst nach dem Tode Stalins und seiner Entthronung ein. Man machte dabei dem Dogmatismus genau die gegenteilige Haltung der Revisionisten zum Vorwurf, nämlich eine linke sektiererische Abweichung innerhalb der Ideologie zu verfolgen. Den Dogmatismus soll demnach die Unfähigkeit kennzeichnen, die Prinzipien des Marxismus-Leninismus in der Praxis „schöpferisch" zu gestalten. Dafür aber halte er mit Starrheit und Unbeweglichkeit am „Buchstaben" fest und gerate so in die Gefahr, ein Hauptprinzip der kommunistischen Lehre zu verletzen, nämlich die revolutionäre Grundlage und revolutionären Gedankeninhalte des Marxismus-Leninismus zu verkennen oder gar zu „konservieren". Schon gerade deshalb sei der Dogmatismus als ideologische Fehlerquelle zu verurteilen. Es gebe Fälle, wo er sogar dem Revisionismus Vorschub leiste. Als Musterbeispiel muß Karl Kautsky herhalten, der zunächst dem „reinen Marxismus" mit Unerschütterlichkeit und fast ideenloser Prinzipienfestigkeit Treue geschworen, später aber zum „Verräter" und „Renegaten" herabgesunken sei. So sei aus dem „Dogmatiker" Kautsky der „Revisionist" Kautsky geworden.

Nach der Niederschlagung der ungarischen Revolution tauchte sofort das Problem auf, welche der beiden Strömungen — Dogmatismus oder Revisionismus — die Hauptschuld an der ideologischen Verwirrung trage. Mit dieser Frage beschäftigt sich vor allem ein Aufsatz des ehemaligen parteiamtlichen Ideologen Jzsef Revai. Sein Artikel „Von der Reinheit der Ideologie" (März 1957) bildet wohl eines der wichtigsten ideologischen Dokumente aus der Zeit unmittelbar nach der ungarischen Oktoberrevolution. Er bemüht sich um eine „echt marxistische Analyse der Ereignisse". Er hat in der ungarischen Öffentlichkeit großes Aufsehen erregt und in der Presse mit einer ganzen Reihe von Stellungnahmen einen starken Nachhall gefunden.

Revai anerkennt die Notwendigkeit, einen Zweifrontenkrieg auf ideologischem Gebiet zu führen, „einen Kampf gegen den Dogmatismus und einen Kampf gegen den Revisionismus. Wir müssen die beiden Schlachten gleichzeitig schlagen...“ Trotzdem aber findet er für seine Haltung unter Räkosi keinerlei Selbstkritik und bemüht sich im Gegenteil in einem kompromißlosen Ton eher um eine milde Beurteilung oder gar Rechtfertigung der stalinistischen Ideologie. So bezeichnet Revai die Bekämpfung des Revisionismus als „das Hauptproblem im Kampf um die ideologische Reinheit des Leninismus", sieht in den „ständigen Angriffen auf die früheren Parteiführer" sowie in der Verkleinerung oder gar Verunglimpfung der „großen Errungenschaften der letzten zwölf Jahre" den Deckmantel für Revisionismus und brandmarkt das „Verdammungswort" von der „üblen Vergangenheit" als Verleumdung.

Schon daraus erklärt sich, daß Revai die ungarische Oktoberrevolution fast ausschließlich als Machenschaft der Revisionisten zu erklären und dadurch ihre tatsächlichen Ursachen zu verschleiern sucht: Nach dieser Umdeutung hätten üble Volksfeinde (besonders Imre Nagy) mit Unterstützung der westlichen Imperialisten und Faschisten den Boden des „ideologischen Chaos" besonders unter Losungen wie „Kampf gegen den Räkosismus", „Entstalinisierung", „allgemeine Freiheit", „uneingeschränkte Demokratie" usw. bereitet und so große Teile des Volkes mißbraucht, ja sogar viele ehrliche Werktätige und Kommunisten verführt.

Dieser Standpunkt Revais scheint jedoch der heutigen Parteileitung zu extrem zu sein und folglich bezieht man — wohl mit Rücksicht auf das Volk und als Rechtfertigung der Teilnahme der Arbeiter und vieler Kommunisten an der Erhebung — die Fehler des Dogmatismus unter Räkosi mit in die Kritik ein und schiebt nicht nur dem Revisionismus und den Imperialisten die Schuld in die Schuhe. War doch in der Revolution immer wieder von der verhaßten „Räkosi-Tyrannei" und „RäkosiClique" usw. die Rede.

Dogmatismus

Welche ideologischen Abweichungen vom Marxismus-Leninismus macht man nun dem Dogmatismus der Räkosi-Führung zum Vorwurf? Die neue Partei unter Jänos Kädär hat mit der Kritik an der ehemaligen Führung — wenig-stens mit Worten — keineswegs gespart und den Dogmatismus sogar verschiedentlich als Hauptgefahr bezeichnet, gegen den man mit Entschiedenheit und Energie kämpfen müsse. Man betont jedoch immer wieder ausdrücklich, daß die Tage Räkosis für immer der Vergangenheit angehören. Man spürt dabei deutlich das zwiespältige Bemühen, einerseits die sozialistischen „Errungenschaften" und „Fortschritte" unter Räkosi anzuerkennen und auf der anderen Seite unaufhörlich die alten dogmatischen Auswüchse zu verurteilen. Die „stalinistischen-räkosistischen Methoden" hätten — so sagte man nun — in vielerlei Hinsicht der marxistisch-leninististischen Ideologie widersprochen, so daß die „frühere ungarische Staats-und Parteiführung unter Räkosi die Mitschuld" an den Ereignissen in Ungarn träfe.

Als Hauptfehler der alten Parteiführung erklärte man nun die Verletzung des marxistisch-leninistischen Grundprinzips der Führungsrolle der Volksmassen.

Nach marxistischer Auffassung beruht bekanntlich die sozialistische Übergangsperiode der Diktatur des Proletariats auf der Umwandlung der Produktivkräfte in gesellschaftliches Eigentum, die auch die Produktionsverhältnisse, das heißt die Gliederung der Gesellschaft, bestimmen. Das gesellschaftliche Sein wiederum prägt den überbau, das Bewußtsein der Gesellschaft. Die gesellschaftliche Grundlage der Produktivkräfte muß folglich mit der gesellschaftlichen Führungsrolle der Volks-massen in Geschichte, Partei und Politik übereinstimmen. Der Personenkult und der bürokratische Apparat der Räkosiführung überwucherten und verletzten jedoch das Führungsprinzip der proletarischen Massen. Das sei ein Widerspruch zur marxistischen Lehre. . .!

Nicht Persönlichkeiten, sondern Volkmassen machen die Geschichte!

Die Massen waren unter Räkosi und Gero dem Bürokratismus unterworfen. Nur so konnten „gröblichste Verstöße gegen die sozialistische Legalität" — wie beispielsweise im Rajk-Prozeß — in Erscheinung treten. Im Volk aber staute sich unterdessen immer mehr die Unzufriedenheit; die isolierte Parteiführung aber unterließ eine Analyse der Gesellschaftsverhältnisse, Aufdeckung und Versöhnung der Widersprüche im Volk. Deshalb gelang den Klassenfeinden auch die ideologische Unterwanderung der Partei durch bürgerliche, nationalistische und revisionistische Elemente, die im Volk eine ideologische Wühlarbeit gegen den Sozialismus organisierten.

Gleichzeitig habe die alte Parteiführung die nationalen Besonderheiten beim Aufbau des Sozialismus in Ungarn nicht genügend berücksichtigt und sich gedankenlos und schablonenhaft an das sowjetische Beispiel angelehnt, zum Beispiel auf kulturellem, besonders aber wirtschaftlichem Gebiet.

Letztlich aber — das erklärt sogar unumwunden das sowjetische Zentralorgan — habe die alte Führung ihre Fehler nicht einsehen und sich bessern wollen.

Sogar die nachträgliche amtliche Stellungnahme des Informationsbüros des Minister-rats der Ungarischen Volksrepublik zu den „Oktoberereignissen" bezeichnet rückschauend die Politik Räkosi-Gerös als „verbrecherisch".

Stalinismus — Räkosismus

Im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um die ideologischen Irrtümer des Dogmatismus-Stalinismus im Anschluß an die ungarische Revolution drängte sich eine neue Problemstellung auf, die für den weiteren Aufbau des „Sozialismus" in der Sowjetunion eine geradezu lebenswichtige Frage darstellte und eine schwere Gefahr in sich bergen konnte.

Die Kritik am Stalinismus, besonders an seiner ungarischen Form, dem Räkosismus, mußte natürlich auch die Frage aufwerfen, ob der Stalinismus-Räkosismus nicht nur einige Prinzipien des „Sozialismus" verletzt hatte — wie wir gesehen haben —, sondern überhaupt und grundsätzlich als ein verfehltes, das heißt „unsozialistisches" System zu verwerfen war. Eine klare Abgrenzung der Entscheidung über diese Streitfrage war unaufschiebbar, da sich in der ungarischen Revolution wie auch in Polen, besonders aber in Jugoslawien Stimmen regten, die Stalinismus und Sozialismus als unversöhnliches Gegensatzpaar gegenüberstellten. Mit anderen Worten: Schließen sich — kommunistisch verstandener — „Sozialismus" und Stalinismus gegenseitig aus?

Den Stein ins Rollen brachte eine der wichtigsten Stellungnahmen zu den Ereignissen in Ungarn (und Polen), nämlich die Rede Titos in Pola vom 16. November 1956. Tito würdigte die Erkenntnisse der neuen sowjetischen Führer auf dem XX. Parteitag der KPdSU:

„Sie faßten jedoch die ganze Angelegenheit fälschlich als eine Frage des Persönlichkeitskultes und nicht als eine des Systems auf. Persönlichkeitskult aber ist eigentlich das Produkt eines Systems. Sie bekämpften nicht das System. .. Von Anfang an haben wir gesagt, daß es sich hier nicht um den Persönlichkeitskult handelt, sondern um das System, das ihn ermöglichte, und daß dort die Ursachen liegen, das müsse man immer wieder und unbeirrbar einhämmern, und das sei das Schwerste." Sodann beschäftigt sich Tito mit den „eingefleischten stalinistischen Elementen", wie etwa in der alten ungarischen KP. Moskau träfe die Schuld und Verantwortung, daß es den stalinistischen Kurs der Räkosi-Herrschaft geduldet hätte.

Die Antwort aus Moskau über diesen Dolchstoß und den Versuch, „die kommunistischen Parteien in Stalinisten und Nichtstalinisten" zu spalten, war dementsprechend bitter und heftig. Tito konnte natürlich nicht — nach der geschickten sowjetischen Polemik — die sozialistische Gesellschaftsordnung zum Ursprung des völlig verfehlten Stalinismus stempeln, ohne sich selber in die Finger zu schneiden. — Die Zeitung „Borba" beeilte sich deshalb, den Persönlichkeitskult noch einmal als Ausfluß des „bürokratischen Apparats“, der „bürokratischen Führungsform" und der „Unkenntnis von Rolle und Bestrebungen der Werktätigen" zu interpretieren. Eine solche Antwort — nicht Fehler (!), sondern Unkenntnis (!) der Rolle der Werktätigen — sagt allerdings mehr als genug.

Die jugoslawischen Parteitheoretiker hielten auch an der Hauptthese Titos fest, äußerten sich aber vorsichtiger, indem sie von der ungarischen „Tragödie" eines „politischen Systems" sprachen.

Die Fragestellung lautet nun, welche der beiden Stoßrichtungen unterliegen, das heißt sich als reaktionär und konterrevolutionär entlarven lassen würde. Die Sowjetunion kämpfte mit der Verfechtung ihres ideologischen Standpunktes zugleich auch um die Behauptung ihrer machtpolitischen Vorherrschaft über ihre Satelliten.

Zur Sicherung des ideologischen Primats Moskaus rückte nun die chinesische Volksrepublik vor, die sich 1956 noch rückhaltlos hinter die Sowjetunion stellte und mit ihrer Autorität die ideologische Ketzerei der jugoslawischen Kommunisten verurteilte. Die schiedsrichterliche Entscheidung wurde im Parteiorgan „Jen Min Jih Pao" veröffentlicht und besitzt vor allem auch in politischer Hinsicht grundsätzliche Bedeutung. Darin wurde zwar zugegeben, daß Stalin manche Fehler begangen hat, jedoch wurden seine Verdienste für die Entwicklung der Sowjetunion hervorgehoben. Die Thesen Titos wurden verworfen.

Die Folgen des damaligen chinesischen Schiedsspruches zeigten sich im ganzen Ostblock, indem man überall auf die sowjetische Linie einschwenkte. Man betonte jetzt in Ungarn immer wieder und nun um so mehr, daß die Fehler des Dogmatismus durch die Schuld einiger Personen bedingt waren, keineswegs aber durch die Partei selber, durch das System des Kommunismus. Der „Stalinismus" weiche nur von der marxistisch-leninistischen Ideologie ab und der „Slogan Räkosismus" gefährde die sozialistische Gesellschaftsordnung überhaupt. Während man nach der Revolution noch heftige Angriffe gegen den bisherigen Dogmatismus richtete, milderte und dämpfte sich jetzt dieser Ton. Kädär beispielsweise berief sich ausdrücklich auf die chinesische Stellungnahme und nannte sie ein „unschätzbares Dokument".

Zurück zu Lenin

Verfolgt man in den ersten Tagen der ungarischen Revolution die Forderung im Spiegel der Presse und Rundfunksendungen, dann tauchen immer wieder solche auf wie „friedlicher Aufbau des Sozialismus", „Sicherung der sozialistischen Errungenschaften", „sozialistische Le-galität", „sozialistische Ordnung", „sozialistische Zukunft" usw. usw.

Auch eine ganze Reihe ähnlicher Äußerungen scheinen zunächst zu bestätigen, daß das ungarische Volk im Zeichen des neuerstandenen Leninismus nur die dogmatischen Fehler der ehemaligen Parteiführung ausbessern wollte.

So beschloß der Petöfi-Club, der bekanntlich heftigste Angriffe erdulden mußte, unter anderem folgendes Programm:

3. Das Zentralkomitee und die Regierung müssen jedes nur mögliche Mittel anwenden, um den Aufbau der sozialistischen Demokratie sicherzustellen...

4. Wir schlagen vor ..., daß Genosse Imre Nagy sowie andere Genossen, die für eine sozialistische Demokratie und für leninistische Grundsätze gekämpft haben, in der Leitung von Partei und Regierung an den gebührenden Platz gestellt werden.

9. Im Hinblick auf eine Konsolidierung der ungarisch-sowjetischen Freundschaft wollen wir auf der Grundlage des leninistischen Prinzips der völligen Gleichberechtigung noch engere Beziehungen zur Partei, zum Staat und zur Bevölkerung herstellen.

Ähnliche Forderungen erhob auch der Schriftstellerverband: „Wir fordern eine unabhängige und nationale Politik, die auf den Grundsätzen des Sozialismus beruht. Unsere Beziehungen mit allen Ländern ... müssen auf dem Prinzip der Gleichberechtigung basieren."

Einer der ersten Freiheitssender forderte:

„Wir haben genug und übergenug. Genug von der Autokratie gewisser Führer. Wir wollen gleichfalls den Sozialismus, aber angepaßt an unsere besonderen ungarischen Verhältnisse."

Schon am zweiten Tag der Erhebung war die ungarische kommunistische „Partei der Werktätigen" diesen Forderungen nachgekommen und hatte Imre Nagy als Ministerpräsidenten berufen, der den „weiteren Aufbau des Sozialismus in einer Form, die unseren nationalen Gegebenheiten entspricht", versprochen hatte.

Die ungarische Revolution wünschte also nicht nur die Beseitigung der Räkosi-Ära, sondern wollte auch über den Kommunismus sowjetamtlich-leninistischer Prägung hinausgehen. Es fällt auch die Tatsache auf, daß das-Wort „Sozialismus" nur anfänglich in aller Munde geführt wurde und später fast gänzlich verschwunden schien. Unter dem sehr dehnbaren Ausdruck „Sozialismus" konnte auch jeder etwas anderes verstehen. Außerdem war die jahrelange kommunistische Erziehung und Schulung nicht spurlos vorübergegangen: obwohl gegen Ende der Revolution die Bezeichnung „Genosse" abgeschafft wurde, taucht später in Aufrufen und Resolutionen dieser in den Sprachgebrauch fest eingebürgerte Begriff wieder auf. Und natürlich lag es zunächst in dem Zwang der Verhältnisse, die eigentlichen Zielsetzungen der Revolution nicht preiszugeben, sondern zunächst hinter der „Gesundung des Sozialismus" zu tarnen.

Die sowjetungarische Darstellung gibt von den Ereignissen und Bestrebungen nach der Verschärfung des bewaffneten Aufstandes ein völliges Zerrbild. Die Treuebekenntnisse zum Sozialismus und Leninismus habe man zunächst als aufrichtigen Wunsch der Bevölkerung gewertet, die dogmatischen Fehler der Vergangenheit zu beseitigen. Aber unter diese anscheinend treu-sozialistischen Stimmen, besonders bei den Schriftstellern, hätte sich bereits die Reaktion gemischt, die zunächst in heuchlerischer Weise ebenfalls für den Sozialismus plädiert hätte, um das Volk besser zu verführen.

Nationalkommunismus

Die Betonung der nationalen Eigenheiten beim Ausbau des Sozialismus auf der Grundlage der Unabhängigkeit jedoch rührte bereits an ein anderes Problem. Man muß sehr wohl einen Trennungsstrich zwischen dem Zugeständnis gewisser nationaler Eigenheiten und Besonderheiten beim Aufbau des Sozialismus ziehen und einem nationalen Kommunismus, sogenannten Nationalkommunismus, das heißt besonderen Weg zum Sozialismus. „Auch die Form (!) des Sozialismus kann variieren. Er kann so aussehen, wie er in der Sowjetunion geschaffen wurde, er kann Formen annehmen, wie wir sie in Jugoslawien finden, oder er kann noch anders aussehen ..." (Gomulka am 21. Oktober 1956)

Mit anderen Worten: Es gibt nicht nur den russischen Sozialismus, der als Vorbild und Richtlinie unter Anpassung an die nationalen Gegebenheiten die anderen Länder unbedingt verpflichtet, sondern der Sozialismus kann auch andere Gestalt annehmen. Die „Form" des polnischen, jugoslawischen, ungarischen Sozialismus usw. unterscheidet sich vom sowjetischen Modell.

Die ungarischen Nationalkommunisten haben besonders durch die Aufmunterung und Unterstützung der Jugoslawen sowie den Sieg und die Anerkennung der nationalkommunistischen Opposition in Polen großen Aufschwung erhalten. Die „Form" des ungarischen Nationalkommunismus, wie sie in der ungarischen Revolution zum Durchbruch kam, hat wohl dem bisherigen Kommunismus die weitestgehenden Zugeständnisse abgerungen.

Der Kommunismus der ungarischen Revolution kennzeichnet sich zunächst durch seine Betonung der nationalen Interessen des ungarischen Volkes. Teilweise erhoben sogar einzelne Stimmen die Forderung, den Kommunismus den Aufgaben und Interessen der Nation unterzuordnen.

Der wesentlichen Kritik aber war der wichtigste Bestandteil der leninistischen Doktrin der sozialistischen Übergangsperiode unterworfen, die bisherige Konzeption des Staates und seiner Aufgaben beim Aufbau des Sozialismus. Diese Aufweichungserscheinungen der Leninschen Diktatur des Proletariats traten besonders durch die Initiative der Arbeiter selber sowie durch die Maßnahmen der Regierung Nagy in Erscheinung.

Die Arbeiterräte

Unter den „Revolutionsräten" und „Revolutionskomitees" der ungarischen Revolution, die sich über das ganze Land ausbreiteten und die Absicht der Volksbewegung, die Geschicke der Nation selbst in die Hand zu nehmen, widerspiegelten, nimmt die sofortige Bildung von Arbeiterräten in den Fabriken durch — im allgemeinen freie demokratische — Wahlen der Belegschaften eine besondere Stellung ein. Diese jungen Organisationen entsprangen dem spontanen Wunsch der Arbeiter, sich das Recht auf freie und unabhängige Gewerkschaften als ihre wirklichen Interessenvertreter zu sichern sowie vor allem — und das war die Hauptwurzel dieser Bewegung — sich tatsächlich in den Besitz und die Verwaltung der Fabriken zu setzen. Sie waren in dieser Hinsicht ausdrücklich vom jugoslawischen Vorbild der Arbeiterselbstverwaltung beeinflußt.

Am 30. Oktober 1956 konstituierte sich bereits ein „Provisorisches Revolutionskomitee" der „Freien Gewerkschaften", das die bisherige Führung säuberte und sofort den Austritt aus der kommunistischen „Weltföderation der Gewerkschaften" (WFTU) erklärte.

Nach der Niederschlagung der ungarischen Revolution wurden die Arbeiterräte von der Kädär-Regierung trotz heftiger Gegenwehr immer mehr zurückgedrängt und schließlich unter Druck und Zwang aufgelöst. Bis zuletzt beharrten sie nach monatelangem Generalstreik auf ihrem Recht, die „Fabriken und das Land als Eigentum des werktätigen Volkes" zu betrachten und forderten eigene Zeitungen sowie Gewerkschaften, deren Führer nach einem demokratischen System gewählt werden. Die ideologische Untermauerung der ungarischen Arbeiterräte durch Berufung auf den Marxismus wurde — da in Ungarn nach dem Aufstand die Möglichkeit dazu fehlte — von den jugoslawischen Parteiideologen geleistet. Bekanntlich bildet ein wesentliches Kennzeichen des jugoslawischen „Nationalkommunismus" die Arbeiterselbstverwaltung, die die jugoslawischen Parteitheoretiker von jeher aus dem „echten" Marxismus-Leninismus zu begründen suchen.

Unaufhaltsame ideologische Wandlung

Der ungarische Sozialismus in der Revolution gelangte jedoch weit über das jugoslawische Vorbild hinaus, indem sich die Regierung Nagy — unter Druck des Volkes — zur Abschaffung des Einparteiensystems entschließen mußte.

Selbst die Kommunisten griffen großenteils diese Entscheidung der Regierung auf und sprachen sich nun für den weiteren Aufbau des Sozialismus auf der Grundlage der Demokratie als richtigen Weg für einen ungarischen Sozialismus aus. So faßte das kommunistische Regierungsmitglied Geza Losonczy die Aufgaben des neuen Sozialismus in die Worte: „Die Regierung hat einstimmig erklärt, daß sie die positiven Errungenschaften der vergangenen zwölf Jahre nicht schmälern lassen wird. Das bezieht sich z. B. auf die Bodenreform, die Nationalisierung der Fabriken und auf gewisse soziale Leistungen. In gleicher Weise besteht aber die Regierung darauf, daß die Errungenschaften der gegenwärtigen Revolution unangetastet bleiben, vor allem die nationale Unabhängigkeit, die Gleichberechtigung und der Aufbau des Sozialismus auf der Grundlage der Demokratie und nicht der Diktatur." (3. November 1956)

Auch György Lukäcs äußerte ähnliche Gedanken. Die Wurzeln des Nationalkommunismus liegen in der inneren Krise des Kommunismus, die der Ostblock scharf bestreitet, sowie in dem Freiheitswillen der unterdrückten Völker Ostmitteleuropas. Indem die Sowjetunion ihren Druck und ihr Parteimonopol auf dem XX. Parteitag lockerte, löste sie zwangsläufig eine Bewegung gegen die sowjetische Lesart des Sozialismus aus, die sich ebenfalls im Namen des „ursprünglichen" Marxismus erhob und ganz andere Züge als die sowjetische Form des Sozialismus trägt. Moskau aber kann diesen Zug zur ideologischen Wandlung im Gefüge des Kommunismus nicht aufhalten, ohne gleichzeitig jede freiheitliche Regung in den Volksdemokratien durch die Erneuerung der Stalin-Ära im Keim zu ersticken. So aber steht die Sowjetunion vor der bitteren Notwendigkeit — wie das Beispiel Polens zeigt —, den Nationalkommunismus hinzunehmen. Die Gefährlichkeit des Nationalkommunismus liegt darin, daß er eine Auflockerung des Sowjetblockes einleitete.

Gerade das ungarische Beispiel zeigt, daß der Nationalkommunismus nicht stehen bleiben kann, sondern — einmal in Bewegung — durch den Druck der Massen immer weitere Zugeständnisse machen muß. Letztlich steht deshalb die Führung selbst der überzeugten Nationalkommunisten wieder vor der alten Alternative dem weiteren Druck von „unten", dem Aufbegehren des Volkes nachzugeben und somit allmählich zur Freiheit hinzuführen, oder aber wieder zum ehemaligen Ausgangspunkt zurückzukehren und sich Moskau um so enger und bedingungsloser anzuschließen. Es gibt keine andere Wahl. Der ehemalige Vertraute und Parteiideologe Titos, Milovan Djilas, hat dieses Problem klar umschrieben.

Revisionismus

Die Sowjetunion hat den Anspruch auf den allgemeinen und internationalen Charakter ihres „Sozialismus" nicht aufgegeben und untermauert ihn immer wieder mit den alten Kampflosungen von Marx und Engels. Auch Lenin habe keinen Zweifel aufkommen lassen, daß die Gestalt des Sozialismus, der zuerst in Rußland seinen Sieg feiern konnnte, allgemeingültige Züge aufweist und in dieser Form die anderen Völker unter Berücksichtigung ihrer nationalen „Eigenheiten" bindet und verpflichtet. Die Abweichung von der Form des Sozialismus, wie er sich in der Sowjetunion verkörpert, wird folglich als Revisionismus hingestellt.

Jede Abkehr von der Leninschen Interpretation des Marxismus bedeutet folglich eine Abkehr vom Marxismus. Sie ist eine Erfindung der Bourgeoisie und ihrer „Speichellecker", der Revisionisten, die auf diese Weise bemüht sind, die Einheit des sozialistischen Lagers zu untergraben und ideologische Wühlarbeit gegen den proletarischen Internationalismus zu leisten.

Entsprechend heftig war natürlich auch nach Moskauer Sprachregelung die parteiamtliche Verdammung und „Entlarvung" des ungarischen Nationalkommunismus sowie jegliche Bekämpfung der Abweichung vom Moskauer „proletarischen Internationalismus". Auch hier wiederholt die Propaganda monoton die These, der Nationalkommunismus sei von den Volksfeinden angezettelt und in der ungarischen Revolution durch die Revisionisten in den Sattel gehoben worden. So erklärte Kädär in seiner bekannten Rede in Salgötarjän am 2. Februar 1957:

„Die Imperialisten haben die neue Beschwörungsformel vom Nationalkommunismus erfunden, den sie besonders im Jahre 1956 eifrig propagiert haben. ... Staatssekretär Dulles erklärte, man müsse sich mit der Tatsache abfinden, daß die führenden Männer in Osteuropa sich selber als Kommunisten betrachten .. . und man müsse dafür sorgen, daß diese Männer, obwohl Kommunisten, sich von Moskau lossagen. . . . Man begann Unterschiede . . . zu machen . . . Dieser, so sagte man, sei ein gemäßigter Kommunist, jener dagegen ein besonders harter Fall. Die einen seien Stalinisten — die anderen Liberale. Einer sei ein nationaler, der andere ein internationaler Kommunist. Man erklärte ferner, man würde die Bestrebungen der nationalen Kommunisten unterstützen . . . Auch Imre Nagy stufte man als Nationalkommunisten ein ... Laßt uns Schluß machen mit diesem Nationalkommunismus . . . Nationalkommunismus ist ein falsches Schlagwort, denn der Kommunismus ist seiner Natur nach international; er ist die Ideologie der Arbeiterschaft der ganzen Welt. Es gibt Genossen, deren klarer Blick heute noch durch die Rolle des Imre Nagy und seiner Anhänger getrübt wird ... Wir wollen unsere Ansichten auf Tatsachen stützen. Nagy, Geza Losonczy ... haben tatsächlich den bewaffneten Aufstand gegen die Volksrepublik Ungarn angezettelt. ..."

Kdr folgerte weiter, daß die nationalistischen Parolen dieses „Slogans" vom National-kommunismus in den Oktoberereignissen 1956 von der imperialistischen Reaktion deshalb erfunden worden waren, um die Macht des Arbeiter-und Bauernstaates zu brechen, die Volksmacht zu stürzen und wieder der Gewalt der Bourgeoisie unterzuordnen.

Um die These zu entkräften, daß der bisherige Sozialismus mit dem ungarischen Nationalgefühl in Widerspruch stehe, versucht man die alte bolschewistische Formel aufzufrischen, daß die Treue zur Sowjetunion •— lange Zeit das einzige Vaterland der Werktätigen der Welt überhaupt — als Prüfstein des wahren „Patriotismus" zu gelten habe und der Aufbau des Sozialismus als solcher bereits den Kampf für die Freiheit und das Glück des eigenen Vaterlandes bedeutet.

Einen Schwerpunkt der Auseinandersetzung bildet zunächst die Diskussion über die Arbeiterräte, die sich nicht ausdrücklich auf Ungarn beschränkte und vor allem den jugoslawischen Parteiideologen Kardelj zu treffen versuchte. Demnach bedeutet jede Analyse der ungarischen Ereignisse als Revolution der Arbeiter von „unten" den Verlust des Klassenstandpunktes, Revision der marxistisch-leninistischen Ökonomie und die Leugnung der Diktatur des Proletariats überhaupt.

Die sowjetische Gleichung vom Staats-= Gesellschaftseigentum erscheint als einzig gültige Doktrin des „wissenschaftlichen Sozialismus"; jede Abweichung von diesem Prinzip identifiziere sich mit den kleinbürgerlichen Ideologien der utopischen Sozialisten und kommunischen Anarchisten.

Das Problem der Assoziation der Produzenten, wie etwa in Form der Arbeiterräte, aber hätten Marx und Engels einheitlich auf die vollendete kommunistische Gesellschaft bezogen, keineswegs aber auf die Diktatur des Proletariats. Solange aber noch Klassenunterschiede bestehen und die Gefahr der Restauration der Weltbourgeoisie droht, kann es keine „Liquidierung des Staates" — wie Marx gegen Proudhon höhnte — und keine Neugestaltung durch „Vertragsbeziehungen" zwischen den Produzenten geben. Selbstverständlich vertrat man auch in Ungarn diesen Standpunkt.

Die schärfsten Angriffe richten sich natürlich gegen die „Verräterclique Nagy-Losonczy“ und die Einführung des Mehrparteiensystems. Es erübrigt sich hier, auf die Leninschen Grundsätze der Parteiorganisation und Diktatur zur „Organisierung der Avantgarde der Unterdrückten zur beherrschenden Klasse zwecks Niederhaltung der Unterdrücker" einzugehen, die er in seiner Programmschrift „Staat und Revolution" niedergelegt hat. „Ein Marxist ist nur, wer die Anerkennung des Klassenkampfes auf die Anerkennung der Diktatur des Proletariats erstreckt." Das Mehrparteiensystem bedeute deshalb die Verwerfung der Grundsätze des Kommunismus. Auch Revai stellt klar heraus, daß die „Regierung von Imre Nagy eine Regierung zur Liquidierung der Diktatur des Proletariats gewesen ist" und alle Zeitungen hallen davon wider.

Besonders auf dem Gebiet der Kultur habe der Revisionismus, so heißt es jetzt, in höchster Blüte gestanden, was vor allem den parteifeindlichen Stimmen der Schriftsteller und Journalisten zuzuschreiben sei, deren teilweise bürgerlich-liberale Theorien die alte Parte* nicht mit Entschiedenheit verurteilt habe. Vor allem in Fragen der Kunst und Literatur wirkte die Ablehnung der Führung durch die Partei zersetzend, so daß verräterische Ele-B mente in den Intellektuellen-Verbänden Fuß fassen und zur Erhebung die ideologische Vorarbeit leisten konnten. Man beschuldigte die Schriftsteller vor allem „nihilistischer" Auswüchse unter den Schlagworten „künstlerische Freiheit" oder „Freiheit der Kritik" usw., um bourgeoisen Idealen frönen zu können. Die Shdanowsche Theorie vom „sozialistischen Realismus" bleibe auch weiterhin das anzustrebende Ziel, die Mindestforderung jedoch eine positive Einstellung zum Arbeiter-und Bauernstaat.

Revolution

Die ungarische Volkserhebung, die zunächst im Zeichen des Kampfes gegen die brutalen Unterdrückungsmethoden der stalinistischen Zeit aufflammte und zunächst — teilweise aus Taktik, teilweise in Selbsttäuschung — die Wiederherstellung des angeblich ursprünglichen Leninismus und die Läuterung des bisherigen sozialistischen Systems als Ziel proklamierte, wurde jedoch — anders als bei der gleichzeitigen Entwicklung in Polen — rasch über diese „nationalkommunistische" Zielsetzung hinausgetragen und strebte nach der Erringung völliger politischer Freiheit.

Aus dem vielstimmigen Chor von Äußerungen aus den Tagen der ungarischen Revolution heben sich bestimmte Forderungen in rascher Steigerung immer deutlicher heraus. Aus ihnen wird klar, daß die Mehrheit des ungarischen Volkes, nachdem einmal durch die Revolution die Bleidecke der bisherigen Unterdrückung hinweggesprengt war, unter keinen Umständen mehr für ein „nationalkommunistisches" Minimalprogramm zu gewinnen war. Die Entwicklung der revolutionären Ereignisse war rasch darüber hinaus gerollt. Nun forderten die Ungarn die ganze Freiheit.

Imre Nagy stand jetzt vor der schwerwiegenden Entscheidung, die sowjetischen Truppen zu Hilfe zu rufen und den Aufstand blutig niederschlagen zu lassen oder sich auf die Seite der Revolution zu stellen und sich so zum Sprachrohr der ganzen Bevölkerung zu machen. Und indem Nagy dem Drängen des Volkes nachgab und für die Freiheit entschied, behauptete er sich als Kommunist bis zuletzt als Ministerpräsident und verkörperte das Symbol der Revolution. Er wäre sonst von den Massen weggefegt worden. ... Und Nagy entschied sich für die Revolution, obwohl er wissen mußte, daß sie das Ende der kommunistischen Regierung in Ungarn überhaupt bedeutete.

Mit der Abschaffung des Einparteisystems sollte der Weg für den Aufbau der bisher verbotenen und aufgelösten Parteien geebnet . und die Voraussetzungen für wirklich freie Wahlen geschaffen werden. Man kann wohl den Ruf nach unabhängigen, freien und demokratischen Wahlen als Hauptforderung der ungarischen Revolution bezeichnen, die von allen Volksschichten erhoben wurden. Die Entscheidung über die Zukunft des neuen Ungarn lag in der Hand der neuen Regierung, die diesmal aus freien Wahlen, welche die kommunistische Partei einbezog, nach dem Willen und Mehrheitsbeschluß des ungarischen Volkes hervorgehen sollte.

Allem Anschein nach entsprach die Bildung einer Koalitionsregierung nach den Wahlen dem Wunsch der Bevölkerung. Aus der Wiedereinführung des Mehrparteiensystems und demokratischen Wahlrechts leiten sich die übrigen Forderungen ab, die wir unter den Grund-und Menschenrechten zusammenfassen, wie Freiheit der Person, Recht auf Selbstbestimmung, Meinungs-, Rede-, Gewissens-, Versammlungs-, Religionsfreiheit usw. und in diesem Sinne die Reform der Gesetze, der Schule, der Rechtsprechung usw.

Auch die künftige soziale Struktur sollte durch die freien Wahlen bestimmt werden. Im allgemeinen läßt sich voraussagen, daß die Mehrheit des Volkes auf die Beibehaltung der „sozialistischen Errungenschaften" bestand, wie die Verstaatlichung der Fabriken und Bergwerke, die Bodenreform usw. Sie sollten unangetastet bleiben, falls es dem Wunsch der Mehrheit der Arbeiter und Bauern entsprach. Alle Parteien mit Einschluß der Katholiken befürworteten diesen Standpunkt, so daß von einer Rückkehr zu den alten wirtschaftlichen Verhältnissen keine Rede war.

Die landwirtschaftlichen Kolchosen, die den Bauern gegen ihren Willen von der Regierung aufgezwungen waren und schlechte Erträge ab-32 warfen, sowie gewisse Fehler der bisherigen staatlichen Zwangswirtschaft sollten anscheinend abgeändert werden. Ansonsten befürwortete man einen sozialen Eigentumsbegriff und die Anerkennung eines rechtlich begrenzten und geschützten Privateigentums.

Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die Mehrheit des ungarischen Volkes letztlich die Revolution für Freiheit, Unabhängigkeit und Demokratie des Landes führte. Die Errichtung einer echten nationalen und sozialen Demokratie, eines Rechts-und Verfassungsstaates in Form einer Republik, entsprach dem Hauptwunsch der Bevölkerung.

Als sich die Sowjetunion vor die Tatsache gestellt sah, daß die ungarische Revolution auf eine wirkliche freie Demokratie hinsteuerte, milderte sie ihren Ton gegen die Regierung Imre Nagy, was eine gewisse Bereitschaft Moskaus anzudeuten schien, diese „nationalkommunistische“ Entwicklung anzuerkennen, um dadurch den Kommunismus überhaupt in Ungarn zu retten. Auch in Polen hatte sich schließlich die Sowjetunion mit den vollendeten Tatsachen abgefunden. Da aber schwenkte der Kommunist Imre Nagy selber voll und ganz auf die Seite der Revolution über.

Nunmehr konnte in Moskau kein Zweifel mehr bestehen, daß der Sieg einer solchen Revolution das völlige Ende der kommunistischen Herrschaft in Ungarn bedeuten würde. Freie Wahlen, die Moskau niemals zugestanden hat und niemals zugestehen kann, hätten das Ende der kommunistischen Alleinherrschaft bedeutet, das ungarische Volk hätte sich nicht für die bisherige jahrelange geistige Unterdrückung entschieden, sondern für die Freiheit. Die Forderungen der ungarischen Revolution lassen keine Zweifel aufkommen, daß das ungarische Volk dem Nationnalkommunismus keine Stimmenmehrheit zur Regierungsbildung zugebilligt hätte. Der Haß des Volkes gegen den bisherigen Kommunismus kannte keine Grenzen. „Nem keil Kommunizmus" — „Wir brauchen keinen Kommunismus" — das war wohl eines der am häufigsten gebrauchten Schlagworte der ungarischen Revolution überhaupt. Die Werke und Bilder der kommunistischen „Klassiker" sowie Parteibücher lagen zerrissen und zerfetzt auf den Straßen.

Damit fielen in Moskau die Würfel. Das bisherige Zaudern wich einer festen Entschlossenheit. Die Entscheidung war letztlich unaufschiebbar. Ein freies und unabhängiges Ungarn hätte im ganzen Ostblock und in der Sowjetunion selber verheerende Folgen ausgelöst und ähnliche Gefahren in den bisher „loyalen Satelliten", ja sogar in Jugoslawien heraufbeschworen. Von ihrem Anfang an hatte die ungarische Revolution in Jugoslawien unverhohlene Freude und Sympathie ausgelöst und im Zeichen der Abkehr vom Stalinismus und Dogmatismus sowie in der Frage der Arbeiterräte lebhafte Unterstützung gefunden. Als aber die Tendenz des ungarischen Aufstandes offenkundig in die Ablehnung des Kommunismus überschlug, wich die anfängliche Zustimmung dem Schrecken. Und als Tito vor der Wahl eines freien oder kommunistischen Ungarn stand, da entschied er sich zwangsläufig als Kommunist für die Sowjetpanzer, für das „kleinere Übel". Für die sowjetische bewaffnete Intervention spielte die Rettung des kommunistischen Systems in Ungarn wohl nur eine zweitrangige Rolle, viel wichtiger war die Erhaltung des Sowjetregimes in Ungarn sowie die eigene politische Machtstellung im westlichen Vorfeld. Selbst die ungarischen Nationalkommunisten mußten mit Erbitterung feststellen, daß der Kommunismus der Sowjetunion nur den Vorwand für die weitere Unterdrückung der Freiheit in Ungarn abgab.

Wie aber sehen Moskau und seine getreuen Satelliten das Eingreifen der Roten Armee zur Niederwerfung der ungarischen Erhebung? Die Antwort lautet: als Abwehr einer „Konterrevolution". Damit wird auch die ideologische Rechtfertigung der bewaffneten Intervention möglich.

Konterrevolution

Von ihrem Anbeginn an stand die ungarische Volkserhebung in der Sowjetunion und bei ihren treuen Satelliten im Kreuzfeuer aller Zeitungen, die einen wahren Feldzug gegen das „volksfeindliche Abenteuer", die „Verschwörung der Imperialisten", die „Konterrevolu-tion" usw. predigten. Bekanntlich schließt ja die Übergangsperiode des Aufbaus des Sozialismus — nach der kommunistischen Ideologie — eine echte Revolution aus, weil sich die Widersprüche der Produktionsverhältnisse durch die Vergesellschaftung der Produktions-B mittel und den Abbau des Klassenkampfes von selber auflösen. Lediglich der bisherige Klassenfeind, die bisher herrschende und ausbeutende, nunmehr aber von der Diktatur des Proletariats unterdrückte Bourgeoisie versucht von Zeit zu Zeit im Verein mit westlichen Verbündeten eine echte Konterrevolution zu entfesseln, um den „progressiven Geschichts-Prozeß" zu bremsen, das frühere bürgerliche Herrschaftssystem wieder aufzurichten, um die werktätige Mehrheit des Volkes erneut ausbeuten zu können.

Dem Betrachtungsschema dieses „Klassenstandpunkts” liegt also wieder die marxistische These zugrunde, daß der gegenwärtige Geschichts-Prozeß und seine eherne Gesetzlichkeit nach der Konzeption des Klassenkampfes, dem „Kampf der Gegensätze“ zwischen Proletariat und Bourgeoisie abläuft. Danach haben nun die Volksfeinde (die Reste der inneren Bourgeoisie und ihre westlichen Verbündeten) nicht nur den Nationalkommunismus „erfunden", das heißt als Vorspiel für ihre Machtübernahme, sondern als nächsten Schritt für ihre Zwecke auch die Forderungen nach „Demokratie", „Freiheit der Religion", „Unabhängigkeit" usw.dem ungarischen Volk in den Mund gelegt, so daß große Teile des Volkes, entgegen den ureigensten Interessen, diese Forderungen sich zu eigen gemacht haben. Mit anderen Worten, es gelang diesen Verschwörern, das ungarische Volk derartig ideologisch zu verwirren, daß beispielsweise die Forderungen nach freien Wahlen nicht dem Wunsch und den Absichten des ungarischen Volkes selber, sondern seiner Gegner, der Bourgeoisie, entsprungen sind. Grob ausgedrückt, hat die Reaktion die Forderung nach freien Wahlen ebenfalls „erfunden". Der nächste und letzte Schritt war die offene Konterrevolution, das heißt die Wiedererrichtung des bürgerlichen Ausbeutungssystems. Daher kann dr revisionistische Nationalkommunismus des „Verräters" Imre Nagy auch nur als Auftakt zur Konterrevolution begriffen werden. An diesem Beispiel läßt sich mit klassischer Deutlichkeit das verräterische Wesen des Revisionismus „entlarven“.

Demgemäß lautet die parteiamtliche sowjetische Bewertung der ungarischen Volkserhebung: „Der bewaffnete Aufstand in Ungarn war keine Revolution, wie die reaktionäre Propaganda behauptet, sondern eine Konterrevolution." (Prawda, 4. November 1956)

Diese sowjetmarxistische Analyse der ungarischen Oktoberereignisse bedingt unter anderem folgende angeblich „unwiderlegbare Schlußfolgerungen" (nach einer amtlichen ungarischen Darstellung von 1957 zitiert):

1. Die Anstifter und Organisatoren des Auf-standes waren ausländische Agenten, Horthyhörige Emigranten und Führer der Untergrundorganisationen im Lande, die organisierten Anteil an den Massendemonstrationen hatten und mehr und mehr eine führende Rolle dabei übernahmen. 2. Die Vertreter des Horthyregimes, die im Lande geblieben waren, fingen an, in der Hauptstadt und in zahlreichen Städten, Dörfern und ländlichen Bezirken die alte Ordnung wieder aufzurichten, während die Emigranten, mit Hilfe ihrer Agenten im Lande, schon Vorbereitungen für die völlige Machtübernahme getroffen hatten.

3. Die Hetzsendungen von Radio Freies Europa, mit Dollars bezahlt, von Amerika geleitet und von Westdeutschland aus gesendet, spielten eine wesentliche Rolle in der ideologischen Vorbereitung und praktisches! Lenkung der Gegenrevolution. Sie provozierten den bewaffneten Kampf und den Verstoß gegen die Waffenruhe. Sie riefen eine Massen-hysterie hervor, die zur Lynchjustiz an unschuldigen Männern und Frauen führte, die sich ihrem Volk und Staat gegenüber loyal verhielten ...

4. Nach dem 29. Oktober wurde das Ziel der Gegenrevolution mehr und mehr offenbar: der Umsturz des sozialistischen Volksregimes und die Ausweitung der Einflußsphäre der westlichen Kapitalisten über Ungarn — mit anderen Worten: die Restaurierung der Bourgeoisie.

Diese „konterrevolutionären" Elemente standen kurz vor ihrem Sieg: „Von den konterrevolutionären Kräften wurde eine zeitweilig außerordentlich gefährliche Lage für die Geschicke des Sozialismus in Ungarn herbeigeführt ... Es drohte die direkte Gefahr einer Restaurierung der Ordnung der Kapitalisten und Großgrundbesitzer und des Wiedererstehens des Faschismus." (Suslow am 6. November 1956)

Als die ideologischen Hauptführer der „Konterrevolution" nennt man unter anderen Fürst Liechtenstein, Graf Takcs-Tolvay, Fürst Eszterhäzy, Otto von Habsburg, Ferenc Nagy, Bela Varga, einige bürgerliche ungarische Schriftsteller sowie anderen „Emigrantenabschaum" und „schwärzeste Reaktion". Als Zentralgestalt und „Sinnbild des neuen Regimes" jedoch im zugkräftigen Priestergewand sei Kardinal Mindszenty aufgetreten.

Laut Ideologie konnte die Sowjetunion das Massaker an unschuldigen Frauen, Kindern und Männern nicht mehr ansehen und war auf die Bitten der „Revolutionären Arbeiter-und Bauernregierung" gezwungen, das ungarische Volk gegen das blutige Wüten der Reaktion zu schützen. Das war eine „heilige Pflicht" und ein uneigennütziger Ausdruck der Freundschaft und Verbundenheit der Sowjetunion mit dem ungarischen Volk.

Die Freiheit des ungarischen Volkes, die in der Revolution so hoffnungsvoll aufleuchtete, ist unter den Ketten der Sowjetpanzer wieder zermalmt worden. Alle freiheitlichen Regungen wurden wieder erstickt und sind erstorben; der totale Machtapparat scheint über den Menschen zu triumphieren. — Aber die ungarische Revolution hat vor aller Welt gezeigt, daß kein totalitäres System den angeborenen Drang des Menschen nach Feiheit „liquidieren" und auf die Dauer unterdrücken kann. Das Feuer der Freiheit glimmt und schwelt unter der Decke weiter und verlischt niemals. Deutlicher als je zuvor hat die ungarische Revolution bewiesen, daß es den Seeleningenieuren des Kommunismus nie und nimmer gelingen kann, selbst den Freiheitswillen der eigenen Generation, der bereits im kommunistischen Geist erzogenen Jugend auszutilgen. Der Kommunismus ist von seinen eigenen Kindern abgelehnt worden.

Fussnoten

Weitere Inhalte

Georg Stadtmüller, Dr. phil., o. Professor für Geschichte Ost-und Südosteuropas an der Universität München, geboren 17. März 1909 in Bürstadt/Hessen. Veröffentlichungen u. a.: Geschichte Südosteuropas, München 1950; Geschichte des Völkerrechts I, Nürnberg 1951; Die Deutschen und ihre östlichen Nachbarvölker in der Geschichte, 1958, Geschichtliche Ostkunde des