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Martin Luther King: Theorie und Praxis gewaltfreier Aktion | APuZ 13/1968 | bpb.de

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APuZ 13/1968 Der Rahmen für eine Aussöhnung zwischen Ost und West Martin Luther King: Theorie und Praxis gewaltfreier Aktion

Martin Luther King: Theorie und Praxis gewaltfreier Aktion

Winfried Steffani

Seit etwa einem Jahr gilt der Friedensnobelpreisträger Dr. Martin Luther King im Weißen Haus zu Washington als persona non grata. Denn King hat sich seit März 1967 in der Vietnam-Frage auch öffentlich zu den schärfsten Kritikern der Regierungspolitik seines Landes bekannt und Kampagnen des zivilen Ungehorsams (civil disobedience) befürwortet. Indem er jetzt die Wehrdienstverweigerung propagiert, hat King erstmals zur Gehorsamsverweigerung gegen bestimmte geltende Bundesgesetze aufgerufen. Er ging dabei u. a. soweit, seine vom Wehrdienst freigestellten theologischen Amtsbrüder aufzufordern, auf ihre Freistellung zu verzichten, den dann fälligen Einstellungsbefehlen beispielgebend den Gehorsam zu versagen und die Konsequenzen dieses Schrittes freiwillig auf sich zu nehmen.

Welche Motive liegen dieser Entscheidung Kings zugrunde? Inwiefern ergibt sie sich gleichsam als logische Konsequenz aus den Grundauffassungen und Intentionen des prominenten Praktikers und Theoretikers gewalt-freier Aktion? Welchen besonderen Problemen sieht er sich generell und bei dieser speziellen Entscheidung gegenüber? Es stellt sich die Frage nach Theorie und Praxis der gewalt-freien Aktion, wie sie von King gelehrt und gelebt wird: Gelehrt und gelebt — für diese Einheit von Lehre und Praxis steht Martin Luther King.

Von Max Scheler wird berichtet, daß er in einer seiner Vorlesungen von einer Studentin gefragt wurde, wie er die Diskrepanz zwischen seinen fordernden Lehren und seinem tatsächlichen Lebenswandel zu erklären gedenke. Scheler soll geant wortet haben: „Liebe Kommilitonin, Sie verkennen meine Funktion. Ich bin ein Wegweiser. Haben Sie schon einmal einen Wegweiser gesehen, der auch den Weg geht, den er anzeigt?"

So mag sich ein akademischer Lehrer peinlichen Fragen zu entziehen versuchen. Ein politischer Führer — wie Martin Luther King unstreitig einer ist — darf in Fragen, die seine Glaubwürdigkeit betreffen, keine Zweifel aufkommen lassen. Es kennzeichnet gerade Kings Wirksamkeit, daß er in ganz besonderer Weise zur Symbolfigur für eine Lebens-und Verhaltensweise geworden ist, die er als Dozent wie Führer, vor allem aber als Prediger und praktizierender Zeuge, bisher glaubwürdig zu repräsentieren verstand. Kings Seriosität ist unbestritten.

I. Was heißt „gewaltfreie Aktion"?

Für King bedeutet die gewaltfreie Aktion nicht nur ein taktisches Verhalten, eine besondere Kampftechnik zur politischen Konfliktregelung, die bei Versagen im Extremfall auch gewaltsame Aktionstechniken für zulässig erachtet. Gewaltfreie Aktion wird vielmehr als ultima ratio begriffen, die für denjenigen, der sich zu dieser politischen Kampfform bekennt, den Rückgriff auf gewaltsame Aktionen prinzipiell ausschließt. Theodor Ebert hat in diesem Zusammenhang vorgeschlagen — ein Vorschlag, dem ich mich im folgenden anschließe —, von gewaltfreien Aktionen nur dann zu sprechen, wenn diejenigen, die sich dieser Kampftechnik bedienen, ihrerseits die gewaltsame Aktion in jedem Falle — auch als ultima ratio — ausschließen. Von gewalt/osen Aktionen wäre demgegenüber dann zu spre-chen, wenn der Gewaltverzicht nur partiell gilt, das heißt, wenn die Anwendung gewaltsamer Kampftechniken durchaus als möglich angesehen wird. William R. Miller deutet in eine ähnliche Richtung, wenn er in seinem Buch „Nonviolence — A Christian Interpretation" zwischen „unviolent" (gewaltloser) und „nonviolent action" (gewaltfreier Aktion) differenziert

Welcher Erkenntniswert ist mit dieser Unterscheidung verbunden? Folgende Überlegungen erschließen den Zusammenhang: Nach Theodor Ebert, dessen Arbeiten den internationalen Forschungsstand auf diesem Gebiet eindrucksvoll widerspiegeln und für die deutsche Diskussion mit originellen Beiträgen fruchtbar zu Unwesentlich erweiterte Fassung der Antrittsvorlesung zum Abschluß des Habilitationsverfahrens an der Freien Universität Berlin, gehalten am 1. November 1967 machen wissen können unter den technischen Kampfmaßnahmen gewaltfreier Aktion drei Eskalationsstufen unterschieden werden Erstens Proteste wie Demonstrationen, Mahnwachen, Sitzstreiks (Sit-ins) usw., zweitens legale Nichtzusammenarbeit (Noncooperation), das heißt Aktionen vom legalen Boykott in all seinen Erscheinungsformen bis hin zum Hungerstreik und der Selbstaufopferung, sowie drittens ziviler Ungehorsam (civil dis-obedience), das heißt demonstrative Gehorsamsverweigerung gegenüber gesetzlichen, administrativen oder gerichtlichen Geboten bzw. Anordnungen. Da alle diese Aktionsformen darauf angelegt sind, den Gegner zu einem bestimmten Verhalten zu veranlassen, ist es für diesen Gegner — einschließlich der Legitimation seiner substantiellen und taktischen Reaktionen — von wesentlicher Bedeutung, ob er die Kampfmaßnahmen des Gewaltverzichts lediglich als Vorstufen möglicher gewaltsamer Aktionen zu bewerten hat und seine eigene Strategie entsprechend einrichten muß oder ob er ernsthaft damit rechnen kann, daß die Widerständler selbst niemals zur gewaltsamen Aktion, das heißt zur Anwendung physischer Zwangsgewalt bzw. zum Einsatz von Waffen greifen werden. Eine derartige (relative) Gewißheit kann der über den Herrschaftsapparat Verfügende nur dann haben, wenn er es mit Vertretern gewaltfreier Aktion zu tun hat. Denn für diese bedeutet der zivile Ungehorsam, den Gandhi als einen „vollwertigen Ersatz für den bewaffneten Aufstand" bezeichnete, tatsächlich die höchste Eskalationsstufe des Widerstandes bzw. gewaltfreier Aktion schlechthin.

Die Vertreter gewaltloser Aktionen hingegen sehen in dieser Kampfform nicht die einzig mögliche, sondern lediglich die unter gewissen Umständen taktisch beste. Die höchste Eskalationsstufe der Verfechter gewaltloser Kampfmaßnahmen wäre demnach die Anwendung bewaffneter Gewalt.

Der wesentliche Unterschied zwischen gewalt-freier und gewaltloser Aktion liegt folglich nicht in der jeweils praktizierten Organisation und Technik spezieller Kampfmaßnahmen, sondern in der unterschiedlichen Grundhaltung der Akteure, das heißt ihrem prinzipiellen Verhältnis zur Gewaltanwendung und dem Stellenwert ihrer Aktionen im Rahmen der jeweils als möglich erachteten Eskalationsskala. Gemäß dieser Differenzierung ist somit einmal zu unterscheiden zwischen gewaltfreier und gewaltloser Aktion als Kampftechnik und einer entsprechenden Grundhaltung zur physischen Gewaltanwendung schlechthin. Zum anderen ergibt sich aber auch, daß beide Aktionsformen mit verschiedenen Zielsetzungen und Positionen verknüpft sein können. Demzufolge ist es durchaus möglich, daß beide Aktionsformen sowohl mit (je nach Maßstab) sittlich sehr hoch zu bewertenden als auch weit minder achtenswerten Zielsetzungen — etwa Aufrechterhaltung der Rassentrennung durch Schulboykott. — verbunden sein können. Ebenso schließt das Bekenntnis zur gewaltfreien Aktion die Bereitschaft zur Duldung eklatanten Unrechts keineswegs aus. Es wäre dies die Toleranz des Unmenschlichen und Verwerflichen, gegen die Herbert Marcuse seine Kritik der reinen, in concreto repressiven Toleranz richtet.

Mahatma Gandhi kommt das historische Verdienst zu, als erster die Theorie des prinzipiell gewaltfreien Kampfes bzw. Widerstandes entwickelt und mit dem Postulat des bedingungslosen, die Selbstaufopferung einschließenden Einsatzes für Menschlichkeit und Gerechtigkeit sowie der gewissensverpflichteten Intoleranz gegenüber Unmenschlichkeit und Ungerechtigkeit verbunden zu haben. Gandhi spricht in diesem Zusammenhang vom Kampf für die Wahrheit. Er prägte für diese seine Kampf-haltung unbedingt gewaltfreier Aktion im Dienste des aktiven Einsatzes für Menschlichkeit und Wahrheit die Bezeichnung „Satya-graha“.

Gandhi lehrte, Satyagraha unterscheide sich von passivem Widerstand oder bloß gewaltloser Aktion wie der Nordpol vom Südpol. Passiver Widerstand oder gewaltlose Aktion seien im Grunde die Waffe des Schwachen, der lediglich aus berechnender, situationsbedingter Schwäche gewaltsame Mittel nicht bzw. noch nicht einzusetzen vermag. Satyagraha hingegen sei die Waffe des wahrhaft Starken, der nicht nur den Krieg, sondern auch den Frieden gewinnen wolle. Sein unbedingter Einsatz für Wahrheit und Gerechtigkeit zwinge ihn, die Konsequenzen seiner Entscheidungen und aktiven, aber gewaltfreien Widerstands-aktionen stets auf sich selbst zu nehmen. „So the doctrine came to mean vindication of truth not by infliction of suffering on the Opponent but on one's seif", schreibt Gandhi Diese Haltung sei schon deshalb geboten, weil kein Mensch die absolute Wahrheit erkennen könne. „For what appears to be truth to the one may appear to be error to the other." Der Starke werde sich für das von ihm als wahr und gerechtfertigt Erkannte einsetzen. Er müsse aber auch die Stärke haben, die Konsequenzen dieses Einsatzes auf sich zu nehmen und nicht durch Gewaltanwendung auf andere — und seien sie seine schärfsten Widersacher — abzuladen. Daher könne der Wesens-gehalt von Satyagraha mit „truth-force", „love-force" oder „soul-force" gekennzeichnet werden. Denn nur wer von dieser Liebe zur Wahrheit und zum Mitmenschen durchdrungen sei, verfüge über die rechte Kraft, ein überzeugender Kämpfer der gewaltfreien Aktion zu werden. In dieser Lehrtradition steht Martin Luther King

II. Zur Geschichte der Theorie und Praxis gewaltfreier Aktion

Die Geschichte der Praxis und in gewisser Hinsicht auch der Lehre des gewaltfreien Widerstandes gegen etablierte Herrschaft und Machtmißbrauch reicht weit zurück. Zu den klassischen Frühschriften der neueren Zeit gehört insbesondere jener vielzitierte Essay des amerikanischen „gewaltfreien Anarchisten" Henry D. Thoreau, der 1849 in Frontstellung gegen Paleys Abhandlung „Duty of Submission to Civil Government" mit der Überschrift „Resistance to Civil Government" publiziert wurde und später unter dem provokativen Titel „The Duty of Civil Disobedience" zahlreiche Neuauflagen erlebte Thoreaus Essay gehört zu jenen Frühschriften, die sowohl auf Gandhis als auch Kings Denken — wie beide bekunden — einen besonders nachhaltigen Einfluß ausübten.

Lange Zeit wurde die Diskussion zur Problematik gewaltfreier Aktionen primär von Pazifisten aller Schattierungen bestritten. Diese waren indes zumeist mehr mit Antikriegsforderungen und harmonieorientierten Friedens-visionen beschäftigt als damit, ernsthafte Studien über Wirksamkeit, Sinn, Organisation und Technik gewaltfreier Aktionen anzustellen.

Es war, wie erwähnt, die große Leistung des Juristen und Massenführers Gandhi, die erste umfassendere Theorie der gewaltfreien Aktion als Strategie und Technik wirksamer, humaner Konfliktregelung entwickelt und — zunächst in Südafrika, später in Indien — erfolgreich praktiziert zu haben. Außerhalb Indiens wurde diese Kampfmethode im größeren Rahmen und unter ausdrücklicher Berufung auf Gandhi erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg angewandt: so von Kwame Nkrumah seit 1949 bis zur Erreichung der Unabhängigkeit Ghanas im Jahre 1957; so 1952 in Südafrika von Albert Luthuli, dem Friedensnobelpreisträger des Jahres 1960. Von spezieller Bedeutung für die Weiterentwicklung der Theorie und Praxis gewaltfreier Kampfmaßnahmen im amerikanisch-europäischen Bereich erwiesen sich jedoch vor allem die Aktionen des englischen Verbandes der Kriegsdienstverweigerer (Peace Pledge Union) mit seiner 1949 eingesetzten „Studienkommission für Gewaltlosigkeit" (Non-Violence Commission), die Aktionen der Atomkriegsgegner sowie die Arbeiten der mit diesen verbundenen oder aus ihren Reihen hervorgegangenen Organisationen und Diskussionsgremien. Zum Kristallisationspunkt der theoretischen Bemühungen wurde die in London erscheinende internationale Wochenzeitschrift „Peace News", zu deren Herausgebern der amerikanische Soziologe Gene Sharp mit seiner Lehre gewaltfreier Aktion im Dienste schöpferischer Konfliktstrategie gehört Die explosive Ausweitung der Waffentechnik seit dem Zweiten Weltkrieg, der neue Maßstabe setzende Anbruch des Atom-und Raketenzeitalters, das zunehmende Interesse an den Kampftechniken Gandhis seit dem Erfolg der indischen Unabhängigkeitsbewegung im Jahre 1947, die mannigfachen Rezeptionsversuche dieser Techniken in anderen gesellschaftlichen und politischen Konstellationen sowie insbesondere die dramatischen Aktionen der um Gleichberechtigung und first-class citizenship kämpfenden Neger in den USA haben der Diskussion um Theorie und Praxis gewaltfreier Aktion in den letzten Jahren einen in diesem Ausmaße bisher unbekannten Auftrieb gegeben Miller eröffnet sein 1965 erschienenes Buch über Gewaltfreiheit mit dem Satz:

„Nonviolence is an idea whose time has come." („Gewaltfreiheit ist eine Idee, deren Zeit gekommen ist.") Ein kühnes Wort in einer Zeit, in der Jürgen Habermas auf dem Studentenkongreß vom 9. Juni 1967 in Hannover als Realist zu erklären vermochte: „Ich mache mir keine Illusionen . . . über eine von Gewalt freie Welt; diese Welt ist von Gewalt besessen, wie wir wissen."

Worin beruht nun der Beitrag Martin Luther Kings zur modernen Diskussion um Theorie und Praxis gewaltfreier Aktionen in dieser von Gewalt besessenen Welt und Gegenwart?

III. King als Theoretiker gewaltfreier Aktion

King begegnet uns als ein engagierter Theoretiker und Praktiker gewaltfreier Aktion, dessen Denken und Handeln entscheidend durch die konkrete Problematik bestimmt wird, mit der er sich zum einen als amerikanischer Neger — zunächst betont als Neger des Südens — und zum anderen als Christ und seinem Amt verpflichteter Pfarrer konfrontiert sieht.

Es kann hier nicht der Versuch unternommen werden, die Geschichte und komplizierte Problematik der Neger in den USA nachzuzeichnen Doch soviel sei vermerkt: Die amerikanischen Neger sind durch das jahrzehntelange Martyrium der Lüge, dem sie sich preisgegeben sahen, gezeichnet. Der lange wider besseres Wissen erduldeten Lüge nämlich, daß sie sich in überwiegender Mehrheit — von einigen Anarchisten, revolutionären Rädelsführern und sonstigen Verführern oder Neidern abgesehen — im Grunde mit dem Schicksal, das ihnen das Land der unbegrenzten Möglichkeiten präsentierte, mit dem sozialen Ort und den Chancen, die es ihnen einzuräumen sich gewillt zeigte, abgefunden hätten und demgemäß letztlich doch recht zufrieden seien.

Als die dramatischen Ereignisse der erfolgreichen, weit publizierten Protestaktionen, insbesondere von Montgomery (1955/56) und Birmingham (1963), die tatsächliche Lage und wahre Stimmung der Neger erstmals auch dem schlechtinformiertesten Mitbürger deutlich zur Kenntnis brachten, wurden breite Bevölkerungsschichten der USA von jähem Schrecken ergriffen. Die überwiegende Mehrheit der Negerbevölkerung hatte bis dahin — zumeist aus purer Existenzangst — das makabre Spiel des Zufrieden-erscheinen-Sollens ihren weißen Mitbürgern gegenüber mitgespielt. Von der tatsächlichen Grundhaltung vieler Neger, dem seit Anbeginn gegebenen bitteren Protest gegen die permanente Vergewaltigung, war nur wenig hinreichend artikuliert der Masse der Bevölkerung, die in ihrer überwältigenden Mehrheit mit dem bestehenden Gesamtsystem völlig zufrieden ist, zur Kenntnis gelangt. Von der umfangreichen Protestliteratur der amerikanischen Neger war bis dahin kaum etwas in den Bücherschränken der Weißen zu finden gewesen. Von der Funktion der Negerkirchen, vor allem im Süden, dem mehr oder weniger verhüllten Protest-und Klagecharakter ihrer Riten, Gesänge und Predigten war — abge-sehen von ästhetischen Reflexionen — recht wenig ins Bewußtsein gedrungen

Um den spezifischen Charakter der nach dem Zweiten Weltkrieg erneut und diesmal in breitester Front aufgebrochenen Protestbewegung der amerikanischen Neger zutreffend einschätzen zu können, ist es wichtig, sich der Tatsache bewußt zu sein, daß hier nicht eine Bevölkerungsgruppe — etwa wie die Neger in Südafrika oder die Inder vor der Unabhängigkeit ihres Landes — nach neuem, bisher in der Verfassung nicht garantiertem Recht verlangte, sondern daß sie der steten Verweigerung geltenden verbrieften Verfassungsrechts und Verfassungsversprechens ihren Kampf ansagten. Die Emanzipationserklärung vom Jahre 1863 hatte wohl das Selbstbewußtsein der Nation, weniger gravierend jedoch die tatsächliche Lage der Mehrheit der Neger geändert. Von Bernard Shaw stammt der Satz: „Ich gelte überall für einen Meister der Ironie, aber auf den Gedanken, eine Freiheitsstatue im Hafen von New York zu errichten, wäre selbst ich nicht gekommen." Wäre James Baldwin ein Meister der Ironie wie Shaw, der Satz hätte von ihm stammen können.

Das erzwungene Martyrium der Lüge des amerikanischen Negers bewirkte aber — bis zum revolutionsartigen Aufbruch in den letzten Jahren — nicht nur eine schier grenzenlose Duldungsfähigkeit und Selbstbescheidung sowie, hier und da, die Zuflucht zu religiöser Meditation oder zu beißender Ironie. Es lührte zuvörderst zur Verstümmelung, wenn nicht gar zur Perversion des Selbstverständnisses und Selbstbewußtseins, und es erzeugte tödlichen Haß, der gerade in unseren Tagen seine Ernte heimfährt.

In dieser Wirklichkeit ist Martin Luther King in Atlanta (Georgia) herangewachsen Das Stichwort zur Kennzeichnung der politischen, sozialen und geistigen Wirklichkeit, in die er hineingeboren wurde, hieß Segregation. King — der selbst in einem verhältnismäßig wohlhabenden und behüteten Zuhause aufwuchs und dessen Vater, ein selbstbewußter Baptistenpfarrer, in seiner klaren, unverblümten Protesthaltung für den Sohn zum Vorbild wurde — mußte bald erleben, in welchem Ausmaße das vom weißen Establishment erzwungene Rassentrennungssystem dazu angetan war, Ungerechtigkeit zum System zu erheben und ein Gemeinwesen zu vergiften; wie sehr dieses System darauf angelegt war, die Neger sich nicht als gleichberechtigte Bürger in die Gesellschaft integrieren zu lassen, sondern ihnen unter Fortsetzung der während der Sklaverei entwickelten Eigenkultur die Rolle der Entrechteten in einem Kastensystem aufzunötigen. Gelang es einigen Negern durch Leistung und günstige Umstände, auf der wirtschaftlichen, sozialen oder politischen Erfolgs-leiter in Mittelstandspositionen vorzustoßen so verführte die Befürchtung, den neuerworbenen Status wieder verlieren zu können, oft genug entweder dazu, sich nach unten zu distanzieren und nach oben zu arrangieren — zumindest aber den Status quo nicht zu gefährden — oder (auf Grund der Erfahrung, daß ein Neger trotz Leistung keine Chancengleichheit hat) zu Verzweiflung, Haß, Zynismus oder Radikalität. Diese unterschiedlichen Interessenpositionen und Reaktionen trugen zugleich dazu bei, daß ihre Führungsgruppen wenig Übereinstimmung zu zeigen vermochten.

Sei es nun de jure Segregation (d. h. durch Staatsgesetze verordnete Rassentrennung) im Süden oder de facto Segregation (d. h. tatsächlich praktizierte bzw. gesellschaftlich geduldete Rassentrennung) im Norden, ihre Realität bewirkte, daß die Neger — von wenigen Ausnahmen abgesehen — günstigstenfalls die Rolle eines Staatsbürgers zweiter Klasse (second-class citizenship) zu spielen vermochten, im Wirtschaftskampf ohne echte Chancen-gleichheit blieben und in ihrem Selbstverständnis schwersten Belastungen ausgesetzt wurden.

Diesem von King als verfassungsrechtlich unhaltbar, in seinen Konsequenzen als ungerecht und unmenschlich sowie moralisch als zutiefst verwerflich erkannten System sagte er seinen Kampf an. Hier fand er das Kriterium für seine Entscheidungen und das Ziel der gewaltfreien Aktion: Segregation bewirkt das Böse. Was der Rassentrennung dient, in Motivation und Tat, ist verwerflich. Nicht die Menschen, die die Rassentrennung in all ihren Formen ver-teidigen und zu rechtfertigen versuchen, sind böse und der Feind: der Feind, demgegenüber Toleranz verwerflich ist, ist das Prinzip, das System, das alle, die in seinen Sog geraten, Verfechter wie Opfer, der Freiheit beraubt und in geistige wie physische Knechtschaft verstrickt. Das Ziel jeder gewaltfreien Aktion im Kampf gegen de jure und de facto Segregation ist die Befreiung aller — Schwarzer wie Weißer, Herrscher wie Machtunterworfener, Fanatiker wie Gleichgültiger — von dieser jedes Gemeinwesen, jedes menschliche Zusammenleben vergiftenden Tyrannis „Segregation". Es gilt, den Gegner daran zu hindern, ihn davon abzubringen, sich zum Werkzeug dieses bösen Systems degradieren zu lassen.

Der Kampf gegen Rassentrennung rechtfertigt nach King die Anwendung aller Techniken der Eskalationsskala gewaltfreier Aktion, notfalls bis hin zum zivilen Ungehorsam. Die in guter amerikanischer Tradition gebotene Verhaltenspflicht heißt: „non-cooperation with an evil System" Schließt nicht der zweite Absatz der historischen Unabhängigkeitserklärung vom 4. Juli 1776 mit dem Gebot: „Gewiß gebietet die Weisheit, daß von alters her bestehende Regierungen nicht aus geringfügigen und vorübergehenden Anlässen geändert werden sollten; und demgemäß hat jede Erfahrung gezeigt, daß die Menschen eher geneigt sind, zu dulden, solange die Mißstände noch erträglich sind, als sich unter Beseitigung altgewohnter Formen Recht zu verschaffen. Aber wenn eine lange Reihe von Mißbräuchen und Übergriffen, die stets das gleiche Ziel verfolgen, die Absicht erkennen läßt, sie absolutem Despotismus zu unterwerfen, so ist es ihr Recht und ihre Pflicht, eine solche Regierung zu beseitigen und neue Wächter für ihre künftige Sicherheit zu bestellen."

King zitiert zwar oft Thoreau und die amerikanische Verfassung, nie jedoch diese Steile der Unabhängigkeitserklärung. Pflicht zum Widerstand? Ja! Beseitigung der Regierung?

Nur durch demokratische Wahlen! Daher:

Wahlregistrierung und Aufruf zur Wahlbeteiligung. Im übrigen gilt es, die Regierenden und Mitbürger auf konkrete Ubelstände durch direkte Aktionen, notfalls durch zivilen Ungehorsam aufmerksam zu machen, sie zur Verständigung zu veranlassen, ja notfalls dazu zu nötigen. In seinem berühmten Brief aus dem Gefängnis zu Birmingham vom April 1963 hat King seine Maßstäbe klargelegt 16):

„Nicht nur juristisch, sondern auch moralisch sind wir verpflichtet, dem gerechten Gesetz zu folgen. Gleichermaßen ist man moralisch dazu verpflichtet, gegen das ungerechte Gesetz Widerstand zu leisten. Ja, ich teile die Meinung des heiligen Augustin, der da sagt, daß , das ungerechte Gesetz überhaupt kein Gesetz ist'. . . Alle Verordnungen der Rassentrennung sind ungerecht und unrecht, weil die Segregation die Seele zerstört und die Persönlichkeit erdrosselt. Dem Verfechter der Rassentrennung verleiht sie ein falsches Gefühl der Überlegenheit, seinem Opfer ein ebenso ungerechtfertigtes Gefühl der Minderwertigkeit. Um die Sprache des jüdischen Philosophen Martin Buber zu gebrauchen: die Rassentrennung setzt an die Stelle der Ich-Du-Beziehung die , Ich-Es‘-Beziehung und führt dazu, daß Menschen zu Sachen herabgewürdigt werden. So ist Segregation nicht nur politisch, wirtschaftlich und sozialpolitisch ungesund, sondern auch moralisch falsch und sündhaft. Paul Tillich hat gesagt, daß Sünde das gleiche ist wie Trennung und Absonderung. Ist nicht die Rassentrennung wesensmäßig der Ausdruck der tragischen Trennung des Menschen, seiner furchtbaren Absonderung, ja, seiner schrecklichen Sündhaftigkeit? So kann ich reinen Herzens Menschen drängen, der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes aus dem Jahre 1954 (mit der die Rassentrennung in öffentlichen Schulen für verfassungswidrig erklärt worden war) Folge zu leisten, denn sie ist moralisch richtig, und ich kann sie aufrufen, den Rassentrennungsverordnungen Widerstand zu leisten, denn sie sind moralisch unrecht."

Als weitere Belege seien in diesem Zusammenhang noch einige Sätze zitiert, die sich in Kings relativ unbekanntem, für seine Argumentationsweise jedoch so aufschlußreichen, fingierten Brief des Apostels Paulus an die amerikanischen Christen finden „America, how osten have you taken necessities from the masses and given luxuries to the classes. If you are to be a truly Christian nation, you must solve this probiern . . . within the framework of democracy ... I must urge you to be rid of every aspect of segregation. Segregation is a blatant denial of the unity which we have in Christ... 1 hope the churches of America will play a significant role in conquering segregation . . . The church must move out into the arena of social action... It would be both cowardly and immoral for you patiently to accept injustice. You cannot in good conscience seil your birth-right of freedom for a mess of segregated pot-tage . .. But . . . struggle with Christian methods and Christian weapons. Be sure that the means you employ are as pure as the end you seek . . . Let no man pull you so low that you hate him. Always avoid violence. If you sow the seeds of violence in your struggle, unborn generations will reap the whirlwind of social disintegration . . . Even if physical death is the price that some must pay to free their children from psychological death, then nothing could be more Christian . . ." Und King beschließt seinen Brief mit der apostolischen Mahnung: " I must say to you, as I said to the Church of Corinth, that love is the most durable power in the world ... In a world depending on force, coercive tyranny and bloody violence, you are challenged to follow the way of love. You will then discover that unarmed love is the most powerful force in all the world.“

Uber seine ersten Kontakte mit der Problematik gewaltfreier Aktion und den Prozeß seiner weiteren theoretischen Auseinandersetzungen hat King in seinem Buch „Stride Toward Freedom — The Montgomery Story" unter der bezeichnenden Kapitelüberschrift „Pilgrimage to Nonviolence" eingehender berichtet Danach gehören zu den von ihm als richtungweisende Höhepunkte angeführten literarischen Begegnungen vor allem die mit Thoreaus Essay „On Civil Disobedience" und Walter Rauschen-buschs Buch „Christianity and the Social Crisis" (1907) sowie das Studium der Lehre und beispielsgebenden Praxis Mahatma Gandhis.

Die Lektüre des Thoreau'schen Essays, die für den College-Studenten King nach eigener Aussage ein entscheidendes Erlebnis darstellte, bedeutete die erste Konfrontation mit der Theorie des gewaltfreien Widerstandes Rauschenbuschs Lehre von der hohen sozialen Verantwortlichkeit jedes einzelnen Christen wie der christlichen Kirche schlechthin fand in King einen überzeugten Jünger und Verfechter. Gandhi schließlich wurde zum richtungweisenden Zeugen dafür, daß das Gebot christlicher Nächstenliebe und gewaltfreier Konflikt-regelung nicht auf individuelle Beziehungen beschränkt bleiben dürfe, sondern ebenfalls für soziale und staatliche Konfliktsituationen volle Gültigkeit besitze. Wohl sah sich King insbesondere beim Studium der Werke Reinhold Niebuhrs, des scharfen Kritikers pazifistischer Argumentationen, genötigt, seine Einsichten kritisch zu überprüfen. Sein Bekenntnis zur Grundposition eines „realistischen Pazifisten", wie er sich selbst charakterisierte, blieb jedoch unangefochten

IV. King als Praktiker gewaltfreier Aktion

King war gerade 26 Jahre alt, als er 1955 von Boston kommend, wo er als Theologe promoviert hatte, nach Montgomery im Staate Alabama übersiedelte, um das Amt eines Pfarrers zu übernehmen. Er war erst kurze Zeit am Ort, als er im Verfolg des von ihm weder geplanten noch vorgeschlagenen, inzwischen historisch gewordenen Busboykotts, der aus einer spontanen Protestreaktion der Negerbevölkerung Montgomerys Anfang Dezember 1955 hervorging, zum Sprecher des führenden Protestkomitees gewählt und damit gleichsam über Nacht in die Position eines weltweit beobachteten Praktikers gewaltfreier Aktion katapultiert wurde. King hat sich in kürzester Zeit als führender Repräsentant der Neger-bevölkerung, eloquenter Interpret ihrer Empfindungen und Intentionen, überzeugender Prediger der Doktrin gewaltfreier Aktion und beispielgebender Praktiker seiner Lehren internationale Achtung erworben. Als der Busboykott nach fast einjähriger Dauer am 14. November 1956 für beendet erklärt wurde, war King zur Symbolfigur der neuen Protestbewegung avanciert, einer Protestbewegung, die nach Montgomery — in weiten Teilen des Landes vor allem in Form von gewaltfreien Sitzstreik-Aktionen — auch weiterhin ständig an Bedeutung zunahm.

Was hatte der gewaltfreie Protest in Montgomery zu bewerkstelligen vermocht? Es dürfte kaum zutreffen, daß es wirklich die gewaltfreien Aktionen des Busboykotts waren, welche die Aufhebung der Rassentrennung in den öffentlichen Verkehrsmitteln der Stadt bewirkt haben.

Tatsächlich sind am Tage vor der Beendigung des Boykotts, dem 13. November 1956, zwei bedeutsame Gerichtsentscheidungen verkündet worden, von denen die eine dem Boykott den Todesstoß zu versetzen drohte, die andere jedoch seine Voraussetzungen beseitigte Während ein Gericht des Staates Alabama das von den protestierenden Negern organisierte freiwillige Transportsystem, ohne dessen Einsatz der Boykott zusammenbrechen mußte, für rechtswidrig und damit für verboten erklärte, entschied der Supreme Court in Washington, daß die Rassentrennung in den öffentlichen Verkehrsmitteln Montgomerys verfassungswidrig sei. Der Busboykott hatte zwar den Protest der Neger vor aller Welt dokumentiert, das erstrebte Verbot der Rassentrennung in den Bussen selbst war jedoch durch Beschluß des Obersten Bundesgerichts herbeigeführt worden. Nicht die durch gewaltfreie Aktionen erwirkte Einsicht der Stadtbehörden, sondern die staatliche Intervention des Bundes erzwang den Erfolg. Diese Wechselbeziehung zwischen lokaler gewaltfreier Aktion und bundesstaatlicher Intervention, die zahlreichen, vor allem weitpublizierten Protestaktionen in den Südstaaten der USA erst tatsächlich zum Erfolg verhalf, muß stets in Rechnung gestellt werden, soll die Leistungsfähigkeit gewaltloser Kampfmaßnahmen, wie sie von der Pro-testbewegung der Neger im ersten Jahrzehnt nach Montgomery angewandt wurden, zutreffend eingeschätzt werden.

Der historische Beitrag jener von Martin Luther King von 1955 (Montgomery) bis 1963 (Birmingham) besonders wirksam propagierten und im Süden der USA von den Negern recht erfolgreich praktizierten gewaltfreien Aktion liegt einmal darin, daß sie sich vornehmlich dank des Fernsehens und der übrigen Massen-kommunikationsmittel als Technik wirkungsvoller Protestdemonstrationen zur Dramatisierung evidenter Übelstände bewährte. Zum andern und vor allem liegt er jedoch in der Qualität des Selbstbewußtseins, das diese Kampf-technik demjenigen verleiht, der sich ihrer, notfalls unter Einsatz seines Lebens, bedient: Gewaltfreie Aktion als Waffe des wahrhaft Starken.

Die Periode der dramatischen Erfolge gewalt-freier Kampfmaßnahmen in Verbindung mit bundesstaatlichen Interventionen erreichte in den Jahren 1963/64 ihren Höhepunkt. Birmingham 1963, der Marsch nach Washington im August des gleichen Jahres und die 1964 erfolgte Verabschiedung des ersten umfassenden Bürgerrechtsgesetzes, das mehr als 100 Jahre nach der Emanzipationserklärung auch den Negern des Südens formale Rechtsgleichheit zu sichern versprach, sind als wichtige Daten in die Geschichte der Bürgerrechtsbewegung eingegangen. Die Verleihung des Friedensnobelpreises an Martin Luther King im Jahre 1964 bedeutete Anerkennung und Hochachtung nicht nur für die persönlichen Leistungen des Preisträgers, sondern auch für all diejenigen Kampfgefährten der Protestbewegung — Schwarze wie Weiße —, die sich allen Widerständen, Provokationen und Drohungen zum Trotz für den Weg gewaltfreier Aktion entschieden hatten. Für King bedeutete die Auszeichnung aber nicht nur Anerkennung und moralische Unterstützung, sondern zugleich auf Grund der damit verbundenen Hoffnungen, Erwartungen und Verpflichtungen zusätzliche Belastung.

V. King und das Getto-Problem des Nordens

Seit Montgomery steht der redegewaltige Prediger Dr. King, der neben vielen Negern vor allem seine weißen Mitbürger so wirksam anzusprechen weiß und gerade für die letzteren lange Zeit als der entscheidende Interpret der Intentionen der Neger galt — seit Montgomery steht der als Taktiker, Organisator und Administrator allerdings nicht selten scharf kritisierte Lehrer und Praktiker der gewaltfreien Aktion Martin Luther King im hellen Rampen-licht der Öffentlichkeit. Die permanente Spannung zwischen den mannigfachen Erwartungen, die an ihn als Symbolfigur der Bürgerrechtsbewegung gestellt werden, einerseits und den massiven Sachproblemen, mit denen er sich konfrontiert findet, andererseits lastet mit zunehmendem Gewicht auf ihm.

Die Probleme sind gewachsen, nachdem sich seit Mitte der sechziger Jahre der Schwerpunkt des öffentlich diskutierten Rassenkonflikts eindeutig vom Süden nach dem Norden der USA verlagerte Im Mittelpunkt der heutigen Auseinandersetzungen steht nicht mehr der Abbau der primitiv-diskriminierenden Rassentrennungsgesetze und -methoden der Südstaaten, sondern die katastrophale Misere der hochexplosiven Gettos in den Großstädten des Landes. Rund drei Viertel der amerikanischen Negerbevölkerung leben heute in den Städten der Vereinigten Staaten. Seit den fünfziger Jahren hat eine wahre Völkerwanderung (eine Art Flüchtlingsbewegung) von bisher rund 5, 3 Millionen zumeist junger Neger vom ländlichen Süden in die wachsenden Slums der Großstädte des Nordens und Westens stattgefunden. Ihre Schulausbildung ist in der Regel minimal; ihre Aussicht, einen Arbeitsplatz zu finden, noch geringer. Die rasante industrielle Entwicklung mit ihrer Automationsrevolution verlangt den Facharbeiter, nicht den ungelernten Handlanger. Nach neuesten Schätzungen, die Senator Robert Kennedy kürzlich dem Senat vortrug, sind fast 50 °/o der arbeitsfähigen männlichen Bevölkerung in den Slums arbeitslos bzw. ohne feste Arbeitsstelle Die Schulund Wohnverhältnisse sind völlig unzureichend. 43 % der überfüllten Getto-Wohnungen entsprechen nicht dem vorgeschriebenen baulichen und hygienischen Mindeststandard. Unter den Experten besteht weitgehend Einmütigkeit darüber, daß Milliardensummen, langfristige Planungen, umfassende Bauvorhaben und Ausbildungsprogramme sowie koordinierte Verwaltungsmaßnahmen dringend erforderlich sind, um nur den gröbsten Ubelstän-

den wehren zu können. Die lokalen Mittel sind in der Regel sehr beschränkt; die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft der Einzelstaaten ist zumeist völlig unzureichend; die Bundeshilfen haben zwar in den letzten Jahren, insbesondere seit den ersten Ansätzen und Aktäonen der sogenannten „Great So-

ciety" -Gesetzgebung er -Präsident Johnsons, heblich zugenommen; sie stehen jedoch in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Erfordernissen. King kennt die Lage der Gettos und die Lebenswirklichkeit seiner Bewohner ziemlich genau. Immer wieder hat er vor der drohenden Gefahr explosiver Entladungen gewarnt. Seit langem fordert er umfassende Hilfsmaßnahmen, propagiert er einen großangelegten Marshallplan für die städtischen Notstandsgebiete. Um seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen und um seinen Beitrag dafür zu leisten, daß die wahre Lage des Großstadtnegers der Nation zum Bewußtsein gebracht wird, siedelte King 1965 nach Chicago über. Chicago sollte zum Musterbeispiel dafür werden, daß sich die gewaltfreie Aktion auch in den Städten des Nordens als die adäquate Kampftechnik zu bewähren vermag. Den überzeugenden Beweis hierfür hat King bis heute nicht erbringen können

In den großstädtischen Armenvierteln des Nordens ist die dramatische Konfrontation weniger zielsicher, die offene „gewaltfreie Feld-schlacht" weniger wirkungsvoll, die Bereitschaft zur Gewaltanwendung aus Wut und Verzweiflung größer als im Süden. Hier stellt sich das Rassenproblem in neuen Dimensionen. Der Kampf richtet sich nicht gegen rechtliche, sondern primär gegen soziale Schranken, zu deren Durchbrechung allerdings auch nach neuem Recht und staatlichem Eingriff verlangt wird. Während im Süden die Negerkirchen als Sammelpunkte der Aktivisten gewaltfreier Protestdemonstrationen eine bedeutsame Rolle spielten, präsentieren die überfüllten Getto-straßen des Nordens eine andere Wirklichkeit.

Hier wird eine andere Sprache gesprochen. Es ist nicht die Sprache Martin Luther Kings.

Im Norden wird von vielen nicht nur anders geredet, hier gelten heute auch andere Maßstäbe des Denkens und Handelns. Kings Integrationsziel wird keineswegs von allen geteilt.

In den Großstädten des Landes hat sich eine aktive Minderheit innerhalb der schwarzen Minorität des Landes zum Sprecher anderer, unter den Negern Amerikas seit jeher diskutierter Zielsetzungen gemacht. Nicht Integration, sondern „Eigenständigkeit" heißt ihre Losung — sei es Eigenständigkeit nur für eine Ubergangsphase mit dem Ziel der Selbstfindung, deren konsequenter Vollzug als Voraussetzung einer positiven Funktion der Neger in einer später möglicherweise integrierten Gesellschaft erachtet wird; sei es Eigenständigkeit bis zur endgültigen Absonderung in Form eines eigenen Staates für die Neger Amerikas.

„Black Power" lautet seit Mitte 1966 die schillernde Kampfparole der Vertreter dieser Auf-fassungen. Einige extremradikale farbige Stu-

dentenführer wie Stokely Carmichael und Rap Brown verstehen darunter die Bereitschaft, ja Notwendigkeit der Anwendung von bewaffne-ter Gewalt. Ihr Lehrmeister heißt nicht King, sondern Frantz Fanon, der in seinem Buch „Die Verdammten der Erde" verkündet, daß erst das gemeinsame Erlebnis der Gewaltanwendung gegen die Unterdrücker und deren Vernichtung wahre Befreiung und Selbstfindung ermögliche. Erst das gemeinsame Gewalt-erlebnis, die Blutlast, die jeder auf sich nimmt, erzeugt nach Fanon ungebrochenes Selbstbewußtsein und schafft damit die Voraussetzung zur Gewinnung einer neuen, humaneren Wirklichkeit

Andere begreifen „Black Power" als die Absage an weiße Bevormundung und als Aufforderung zu selbstbewußter Eigenständigkeit, gesteigerter Führungsfähigkeit sowie kollektiver Aktionsbereitschaft als disziplinierte Interessengruppe. Auch King hat in jüngster Zeit — in seiner Führungsrolle von radikal-demagogischen Konkurrenten arg bedrängt — zunehmend den positiven Kerngehalt der „Black Power" -Parole herauszuarbeiten versucht, indem er auf die Notwendigkeit verwies, den amerikanischen, Neger zu sich selbst finden zu lassen. Die Schwarzen Amerikas müßten von dem jahrzehntelang anerzogenen Minderwertigkeitsgefühl befreit werden, wenn die erstrebte integrierte Gesellschaft verwirklicht werden solle

Die Selbstfindung und soziale Geborgenheit des amerikanischen Negers können nach King jedoch erst dann erreicht werden, wenn die Nation den Mut aufbringt, der Gewalt abzuschwören. Erst wenn im nationalen wie im internationalen Rahmen Gewaltanwendung als ebenso verachtungswürdig gilt wie der Kannibalismus des Barbaren, hat die Menschheit zu sich selbst gefunden und den Barbarismus überwunden. Will Amerika das Land der Freiheit sein, so muß es auf diesem Wege in die Zukunft beispielhaft vorangehen.

In Vietnam meint King sein Land in eine verwerfliche Gewaltaktion verstrickt zu sehen, die es daran hindere, seine Pflichten gegenüber den sozial entrechteten Bürgern nachzukommen. King sieht sich der Frage konfrontiert, mit weldien Argumenten er den verzweifelten, hoffnungslos in die Zukunft blickenden jungen Negern den Gewaltverzicht glaubhaft abverlangen soll, wenn sein Land Gewaltaktionen praktiziert, die er für verwerflich hält. King hat um seiner eigenen und seiner Lehre Glaubwürdigkeit willen für sich die Konsequenzen gezogen und ist seit März des vergangenen Jahres zum aktiven Kriegsgegner avanciert.

Er hat sich damit die Kritik zahlreicher seiner langjährigen Mitstreiter zugezogen, die ihm vorwerfen, die allseits schwer bedrängte Bürgerrechts-und Protestbewegung zusätzlichen Belastungen auszusetzen

Bezichtigen ihn einige seiner Mitarbeiter der Fahnenflucht, so charakterisieren ihn seine (nicht allzu dünn gesäten) Gegner und Verächter aus den eigenen Reihen als den in Traumvisionen von einer gewaltfreien Welt und Brüderlichkeit schwärmenden Weltverbesserer, der im eigenen Lande auf Grund seines mangelhaften Realismus weitgehend zur Erfolglosigkeit verurteilt sei.

Die Urteile sind hart und einseitig. Unstreitig befinden sich King und die von ihm bisher repräsentativ geführte Bürgerrechtsbewegung zur Zeit in einer ernsthaften Krise. Der drohende Guerillakrieg im eigenen Lande und der praktizierte Guerillakrieg in Vietnam bilden keinen verheißungsvollen Rahmen für die Erlolgsaussichten seiner Aktionen. Wohl gilt es gegenwärtig hier und dort als ein Zeichen besonderer Aufgeklärtheit und Informiertheit, die Bürgerrechtsbewegung überhaupt für tot zu erklären. Derartige Erklärungen sind nicht neu. Auch heute scheint Zurückhaltung geboten. Obgleich die Zeichen auf Sturm deuten, bleibt die Hoffnung bestehen, daß es King, seinen Mitstreitern und Amerika gelingt, die Wirksamkeit gewaltfreier Konfliktregelung auch in dieser von Gewalt besessenen Gegenwart unter Beweis zu stellen. Diese um des Friedens willen gebotene Erwartung bleibt allerdings, wie jede Hoffnung, eine offene Frage an die Zukunft, die nur sie zu beantworten vermag.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Theodor Ebert, Theorie und Praxis des gewalt-freien Widerstandes — Modell einer Kampagne, Dissertations-Manuskript, Erlangen — Nürnberg 1966, S. 1 ff und 53 f, bes. 55.

  2. New York 1964, S. 36.

  3. Theodor Eberts in Anm. 1 angeführte Dissertation wird in diesem Jahr in überarbeiteter Form und versehen mit einer umfassenden Bibliographie unter dem Titel „Gewaltfreier Aufstand — Alternative zum Bürgerkrieg" in Freiburg i. Br. erscheinen. Von Eberts zahlreichen Publikationen sei hier nur auf zwei Aufsätze verwiesen: Gewaltfreiheit: Doktrin oder Kampftechnik?, in: Werkhefte — Zeitschrift für Probleme der Gesellschaft und des Katholizismus, Heft 2, Febr. 1965, S. 39— 48, und: Soziale Verteidigung — eine Alternative zur „Vor-wärtsverteidigung"?, in: Gewerkschaftliche Monatshefte, Heft 2, 1967, S. 75— 88.

  4. Zum Folgenden: Theodor Ebert, Elemente einer Theorie der gewaltfreien Aktion, bisher unveröffentlichtes Manuskript, S. 15 ff.

  5. M. K. Gandhi, Non-Violent Resistance (Satyagraha), zusammengestellt und herausgegeben von Bharatan Kumarappa, New York 1961, S. 6; ebd. das folgende Zitat: „So besagt die Doktrin Verteidigung der Wahrheit, indem man sich selbst und nicht den Gegner der Duldung von Leid aussetzt. . . Denn was dem einen Wahrheit bedeutet, mag dem anderen als Irrtum erscheinen".

  6. Vgl. M. L. King Jr., Stride Toward Freedom, New York 1958, S. 81— 86.

  7. Vgl. Miller, a. a. O., S. 71 ff. Die erste deutsche Übersetzung des Thoreauschen Essays liegt jetzt unter dem Titel „Uber die Pflicht zum Ungehorsam gegen den Staat", Zürich 1967, vor. Der unmittelbare Anlaß des Essays war die eintägige Gefangenschaft des Verfassers wegen bewußter Wahl-steuer-Verweigerung als Widerstandsbekundung gegen die Kriegs-und Sklavenpolitik der amerikanischen Bundesregierung.

  8. Vgl.seine Abhandlung: Creative Conflict in Politics, London 1962 (Sonderdruck aus „The New Era", Januar 1962). Siehe auch Sharps Studie: Civil Disobedience in a Democracy, Sonderdruck, aus den „Peace News", 1963. Daß sich M. L. King gleichfalls zur Lehre schöpferischer Konfliktstrategie bekennt, hat er in seinem berühmten Brief aus dem Gefängnis von Birmingham vom 16. April 1963 eindeutig betont: „Die gewaltfreien Direkt-Aktionen bemühen sich, ein derart kritisches Spannungsverhältnis zu schaffen, daß eine Gemeinde, die sich bis dahin hartnäckig geweigert hat, Verhandlungen zu führen, sich nun gezwungen sieht, den Tatsachen ins Auge zu blicken. Die Direkt-Aktion will die Streitfrage so dramatisch herausstellen, daß man sie nicht länger zu ignorieren vermag. Ich weiß, daß es fruchtbare und aufbauende gewaltfreie Spannungen gibt, und der Fortschritt verlangt danach." King, Warum wir nicht warten können, deutsche Ausgabe, Wien—Düsseldorf, S. 103.

  9. Als grundlegende Abhandlungen zur moderneren Theorie und Geschichte gewaltfreier und gewaltloser Aktion seien hier nur erwähnt: Die Pionierstudie des Amerikaners Richard Gregg, The Power of Non-Violence, ein vielgelesenes Buch, das in den USA seit 1934 in zahlreichen Auflagen erschien. Das Vorwort zur neuesten, revidierten Ausgabe vom Jahre 1958 schrieb Martin Luther King; das wohl immer noch beste Einführungswerk: The Quiet Battle: Writings on the Theory and Practice of Non-Violent Resistance, das 1963 von Mulford Q. Sibley herausgegeben wurde, und schließlich das bereits angeführte Buch von William R. Miller: Nonviolence — A Christian Interpretation, New York 1964. 1966 veröffentlichten April Carter, David Hoggett und Adam Roberts eine Bibliographie ausgewählter Studien zum Thema: Non-Violent Action — Theory and Practice (London), die 277 englische Titel anführt. Die Mehrzahl der dort zitierten Schriften sind in den letzten zehn Jahren erschienen.

  10. Zitiert nach: Bedingungen und Organisation des Widerstandes — Der Kongreß in Hannover — Protokolle, Flugblätter, Resolutionen, Voltaire Flugschrift 12, Berlin 1967, S. 48.

  11. Einen knapp gefaßten, allgemeinen Überblick bietet die Studie von Gerhart Schlott, Das Neger-problem in den USA — Trennung oder Verschmelzung der Rassen, Opladen 1967, mit einem Verweis auf die wichtigste deutschsprachige bzw. in deutscher Übersetzung vorliegende Spezialliteratur. Die beste Übersicht zur englisch-sprachigen Fachliteratur bietet die 190 Seiten umfassende Arbeit von Elizabeth W. Miller, The Negro in America: A Bibliography, Cambridge/Mass. 1966.

  12. Zur Geschichte, Problematik und dem jüngsten Wandel der Protesthaltung amerikanischer Neger sei vor allem auf Bd. 357 der „Annals of the American Academy of Political and Social Science" vom Januar 1965 verwiesen, der dem Thema „The Negro Protest" gewidmet ist. Zur Geschichte besonders Daniel C. Thompson, The Rise of the Negro Protest, ebd. S. 18— 29. Siehe auch W. Haywood Burns, The Voices of Negro Protest in America, New York—London 1963, Louis E. Lomax, The Negro Revolt, New York 1963, Lewis Killian und Charles Grigg, Racial Crisis in America — Leadership in Conflict, Englewood Cliffs, N. J. 1964, sowie Alan F. Westin (Herausgeber), Freedom Now! — The Civil-Rights Struggle in America, New York 1964.

  13. Eine gute, allerdings nicht sehr kritische King-Biographie des Chefredakteurs der Negerzeitschrift „EBONY", Lerone Bennett (What Manner of Man, Chicago 1964), liegt in deutscher Übersetzung vor: Martin Luther King: Freiheitskämpfer und Friedens-Nobelpreisträger, Frankiurt/M. — Berlin 1965.

  14. Vgl. hierzu E. Franklin Frazier, Black Bourgoisie — The Rise of a New Middle Class in the United States, New York 1957 und 1962.

  15. M. L. King Jr., Why We Can’t Wait, New York 1964, S. 25.

  16. King, Warum wir nicht warten können, S. 107 f.

  17. Martin Luther King Jr., Strength to Love — A Book of Sermons, New York 1963, S. 156 ff. „Amerika, wie oft nahmst Du Notwendiges von den Massen und verteiltest Luxus an die Klassen. Wenn Du eine wahrhaft christliche Nation sein willst, mußt Du dieses Problem lösen . . . auf demokratische Weise . . . Ich muß Euch dringend anhalten, der Rassentrennung in all ihren Erscheinungsformen abzuschwören. Rassentrennung ist eine glatte Absage an die Einheit, die wir in Christus haben ... Ich hoffe, daß die Kirchen Amerikas bei der Überwindung der Rassentrennung eine bedeutsame Rolle spielen werden . . . Die Kirche muß in die Arena sozialer Aktion vorstoßen. Geduldig Unrecht hinzunehmen wäre beides: feige und unmoralisch. Ihr könnt nicht guten Gewissens Euer Erstgeburtsrecht auf Freiheit für das Linsengericht der Rassentrennung verkaufen . . . Kämpft jedoch stets auf christliche Weise und mit christlichen Waffen. Gebt acht, daß die Mittel, die ihr anwendet, genauso rein sind wie die Ziele, die ihr anstrebt . . . Laßt Euch von niemandem so sehr erniedrigen, daß Ihr ihn haßt. Meidet stets Gewaltsamkeit. Wenn Ihr in Eurem Kampf die Saat der

  18. Martin Luther King Jr., Stride Toward Freedom — The Montgomery Story, New York 1958, S. 71— 86.

  19. Ebd„ S. 72.

  20. Ebd., S. 79.

  21. Hierzu und zum Folgenden vgl. ebd., S. 129— 131.

  22. über die mannigfachen Organisationen, deren Geschichte, Funktionen, Strukturen und Arbeitsweisen informiert der in Anm. 12 angeführte Sammelband „The Negro Protest", S. 97— 126.

  23. Vgl. James H. Laue, The Changing Character of the Negro Protest, in: The Negro Protest, S. 119— 126.

  24. Vgl. dazu den Bericht von Joseph Alsop, The Roots of Horror, in: International Herald Tribune, Nr. 26297, vom 1. August 1967, S. 4, sowie Robert F. Kennedy, To Seek A Newer World, Garden City 1967, S. 24, Anmerkung.

  25. Siehe hierzu auch Kings jüngsten Erfahrungsund Zielsetzungsbericht: Where Do We Go From There: Chaos or Community, New York 1967. Deutsche Ausgabe: Wohin führt unser Weg: Chaos oder Gemeinschaft?, Wien—Düsseldorf 1968.

  26. In den Dienst dieser Gewaltverherrlichungs-Prediger hat sich auch Bernhard Vesper, Herausgeber der Voltaire-Flugschriften, gestellt. Siehe die von ihm eingeleitete und zusammengestellte Flugschrift 14: Black Power — Die Ursachen des Guerilla-Kampfes in den Vereinigten Staaten, Berlin 1967 (Vorwort, S. 3).

  27. Das Werbeplakat für die Mitte August 1967 tagende 10. Jahreskonferenz der Southern Christian Leadership Conference, deren Präsident Dr. King ist, zeigte das Gesicht eines Negermädchens mit der Aufschrift: „Black Is Beautiful — And It Is So Beautiful To Be Black."

  28. Besonders aufschlußreich und typisch zugleich ist der in „The Reader's Digest" (Sept. 1967, S. 37— 42) publizierte Artikel von Carl T. Rowan, Martin Luther King's Decision. Rowan war der erste amerikanische Neger, der von Februar 1964 bis September 1965 in seiner Eigenschaft als Direktor der U. S. Information Agency an den Kabinettssitzungen des Präsidenten teilnahm. Für eine frühe, vorsichtige Kritik an King seitens eines bedeutenden und führenden Neger-Schriftstellers siehe den Aufsatz von James Baldwin, The Dangerous Road before Martin Luther King, in: Harper's Magazine, Febr. 1961, S. 33— 42.

Weitere Inhalte

Winfried Steffani, Diplom-Politologe, Dr. phil., o. Prof, für Politische Wissenschaft und Direktor des Seminars für Sozialwissenschaften der Universität Hamburg, geb. 1927 in Znin (Posen). Veröffentlichungen u. a.: Die Untersuchungsausschüsse des Preußischen Landtages zur Zeit der Weimarer Republik, Düsseldorf 1960; Gewaltenteilung im demokratisch-pluralistischen Rechtsstaat, in: Politische Vierteljahresschrift (PVS) 1962; Cannon ist tot, lang lebe Mahon — Seniorität im amerikanischen Kongreß, in: Der Monat 1964; Amerikanischer Kongreß und Deutscher Bundestag, in: Aus Politik und Zeit-geschichte, Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, Nr. 43/65 v. 27. 10. 1965; Zur Kritik am Parteienstaat und zur Rolle der Opposition, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, B 45/65, v. 10. 11. 1965; Das , Rules Committee'des amerikanischen Repräsentantenhauses: Eine Machtbastion, in: PVS 1967.