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Die industrielle Forschung in der Bundesrepublik Deutschland im internationalen Vergleich | APuZ 16/1968 | bpb.de

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APuZ 16/1968 Die industrielle Forschung in der Bundesrepublik Deutschland im internationalen Vergleich

Die industrielle Forschung in der Bundesrepublik Deutschland im internationalen Vergleich

Elmar Freund

Die industrielle Forschung in der Bundesrepublik Deutschland und anderen westlichen Ländern ist in ihrer Struktur und Zwecksetzung von der konkurrenzwirtschaftlich bestimmten Wirtschaftsordnung dieser Staaten mit beeinflußt. Dies wirkt sich u. a. beispielsweise darin aus, daß die Industrieforschung hierzulande anders als beispielsweise in der UdSSR oder der CSSR — einen vergleichsweise selbständigen Bereich darstellt. Dennoch wäre es aber nicht gerechtfertigt, unter diesem Gesichtspunkt die wissenschaftliche Tätigkeit im industriellen Bereich der Bundesrepublik isoliert zu betrachten und internationale Vergleiche mit anderen ähnlich strukturierten Staaten ausschließlich aut diesen Sektor zu beschränken.

USA USA Norwegen 3) in Prozent Alle Industriezweige Belgien Kanada Großbritannien Norwegen USA Darunter: Luftfahrt Belgien Kanada Großbritannien Norwegen 2) Chemie Belgien Kanada Großbritannien 9, 4 5, 3 5, 0 4, 2 4, 4 1, 7 0, 5 1, 0 2, 7 1, 2 17, 5 3, 8 12, 0 3, 1 18, 2 40, 1 22, 9 24, 0 36, 4 19, 5 12, 9 12, 8 7, 0 35, 8 15, 5 46, 0 24, 7 44, 0 26, 3 50, 5 71, 8 71, 0 59, 4 76, 1 85, 4 86, 7 92, 0 61, 5 83, 3 36, 5 71, 5 44, 0 70, 6 81, 8 5. Industrielle Ausgaben 1) für Forschung und Entwicklung nach For

Vielmehr lassen sich auch in den marktorientierten Wirtschaftsordnungen eine Fülle, zumeist komplexer Zusammenhänge und Abhängigkeiten zwischen staatlicher Forschung, der wissenschaftlichen Aktivität an Universitäten und Hochschulen und der industriellen Forschung feststellen. Hinzu kommt, daß aus traditionellen Gründen oder aus wirtschaftspolitischen Überlegungen heraus die Kompetenz-und Arbeitsbereiche der Forschunginstitutionen in den einzelnen volkswirtschaftlichen Sektoren der verschiedenen Länder recht unterschiedliche Schwerpunkte aufweisen. Allein aus diesen Gründen ist es erforderlich, die Analyse der industriellen Forschung in der Bundesrepublik Deutschland und anderen wichtigen Industrieländern auf dem Hintergrund eines alle Bereiche umfassenden Vergleichs des nationalen Forschungspotentials vorzunehmen.

Belgien Bundesrepublik Deutschland Frankreich Großbritannien USA 1 — 26 28 38 in Prozent 8 18 11 15 18 17 28 24 20 20 41 32 18 13 12 33 22 21 24 12 100 100 100 100 100 6. Verteilung der industriellen Ausgaben für Forschung und Entwicklung nach Industriezweigen in ausgewählten Ländern (1964/65) Land Luitfahrt Stahl-, Maschinen-und Fahrzeugbau Elektrotechnik Chemie Sonstige Insgesamt Quellen: Internationales Statistisches Jahr der OECD; Delegation Generale ä la Recherche Scientifique et Technique, Recherche

In den letzten Jahrzehnten haben sich gewisse „Motivationen" bei der Intensivierung und Entwicklung der Forschungsbemühungen herausgeschält, die allgemein Gültigkeit beanspruchen können. Einmal spielt dabei der machtpolitische Wettbewerb zwischen den verschiedenen Staatengruppen, zum anderen der Zwang eine Rolle, den wirtschaftlichen Wohlstand und die soziale Stabilität der Industriestaaten durch ein ständiges Wirtschaftswachstum, das aufs engste mit der Forschung verknüpft ist, immer wieder zu reproduzieren.

11 20/21 22 23 24 25 26 2 27 28/29 Bergbau Chern. Ind. u. Mineralölverarbeitung Kunststoff-u. Gummiverarbeitung Steine u. Erden, Glas Eisen-u. NE-Metallerzeugung Stahl-, Masch. -, Fahrzeugbau Elektrotechnik, Optik usw. Holz-, Papier-, Druckgewerbe Leder, Textilgewerbe Nahrgs. -u. Genußmittelgewerbe Ausgewählte Wirtschaftszweige zusammen 1 73 007 1 200 273 36 306 287 204 661 123 1 000 346 17 428 67 491 33 694 3 376 872 davon eigenfinanziert 2 56 136 1 195 774 35 089 276 084 577 864 956 085 15 451 63 934 31 3

Dagegen ist es allerdings bezeichnend, daß Bildung und Wissenschaft noch bis vor wenigen Jahrzehnten im europäischen Bereich vor allem als ein kulturelles, zum Teil auch als ein soziales Phänomen bewertet wurden, ungeachtet der Tatsache, daß einzelne Stimmen, wie zum Beispiel Friedrich List, bereits im 19. Jahrhundert die wirtschaftliche Rolle der Bildung und Wissenschaft zutreffend apostrophiert haben. Aber selbst die um die Jahrhundertwende sich mächtig ausbreitende Industrialisierung vermochte das Interesse weder der theoretischen Nationalökonomie noch einer breiteren Öffentlichkeit auf Bildung und Wissenschaft als Faktoren des machtpolitischen Gleichgewichts oder der wirtschaftlichen Wohlfahrt zu lenken. Erst durch die (vor allem nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges) stärker akzentuierte wachstumstheoretische Betrachtung haben Bildung und Forschung in ihren verschiedenen Aspekten Eingang auch in die wirtschaftstheoretische Betrachtung und dadurch — mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung — in das „allgemeine Bewußtsein" gefunden.

Insgesamt bis 499 500 bis 1 999 2 000 und mehr Zusammen dazu Chemische Industrie 575 399 248 1 222 • in °/o 47, 1 32, 6 20, 3 100, 0 91 355 197 195 1 950 692 2 239 242 1 100 000 3 339 242 % 4, 1 8, 8 87, 1 100, 0 70 359 194 800 1 832 200 2 097 359 1 100 000 3 197 359 0/o 3, 3 9, 3 87, 4 100, 0 8. Unternehmenseigene Ausgaben für Forschung und Entwicklung nach Größenklassen 1964 Unternehmen mit ............ Beschäftigten Erfaßte Unternehmen insgesamt Ausgaben für unternehmenseigene Forschung und Entwicklung

Auf der anderen Seite hat die praktische Erfahrung der letzten Jahre gezeigt, daß die Forschung — wie die wissenschaftliche Arbeit überhaupt — gerade auch in Deutschland manchmal eine übertriebene Bewertung erfährt, bisweilen sogar geradezu „idealisiert" wird. Es wäre sicher aufschlußreich, diesem Phänomen nachzugehen und damit auch manche Fehlentwicklung aufzuklären, die wahrscheinlich dadurch in der Wissenschaftspolitik der letzten Jahrzehnte eingetreten ist. Es besteht sicher kein Anlaß, der Forschungsund Entwicklungsarbeit einen Rang zuzuerkennen, der sie über die Realitäten der modernen industrialisierten Welt mit allen Licht-und Schattenseiten hinausheben würde. Es gilt vielmehr zu erkennen, daß weite Bereiche der Forschung — ebenso wie jeder andere Lebensbereich — in der materiell und kommerziell bestimmten Industriegesellschaft verwurzelt sind und daher auch mit den adäquaten Maßstäben der Bedürfnisse dieser Gesellschaft begriffen und beurteilt werden können. Nur dann wird es möglich werden, eine von übertriebener Förderung ebenso wie von gefährlicher Vernachlässigung freie Wissenschaftspflege durchzusetzen.

Wissenschaft und Wirtschaftswachstum

In der nächsten Ausgabe: Ludwig Auerbach Industrielle Forschung und Entwicklung in Mitteldeutschland

Die wirtschaftlichen Entwicklungsprogramme der meisten westlichen Länder haben sich noch bis vor wenigen Jahren überwiegend auf die Bildung von Realkapital konzentriert; heute gehört es dagegen schon fast zu den allgemein akzeptierten Grundsätzen praktischer Politik, daß wirtschaftliches Wachstum nur durch ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen den Investitionen in Realkapital und den sogenannten Bildungs-und Forschungsinvestitionen zu erreichen ist.

Europa Belgien Dänemark Deutschland Frankreich Griechenland Großbritannien Irland Italien Niederlande Norwegen Österreich Polen Schweden Schweiz Spanien Türkei übrige Asien Kanada Kuba Süd-Amerika Mexiko Alle übrigen insgesamt 9. Zahl der in die USA eingewanderten Wissenschaftler und Ingenieure nach Geburtsland und Herkunft in den Jahren 1962 und 1963 1) Land Reqion 1962 2 431 26 45 356 43 69 925 43 73 110 75 37 116 42 89 22 43 317 498 526 289 219 58 276 4 297 Geburtsland 1963 Zahl 3 002 31 63 428 77 103 1

Versuche zur statistisch quantitativen Bestimmung des Beitrags, den Bildung und Forschung zum Sozialprodukt erbringen, wurden bisher allerdings nur gelegentlich und in einer nicht immer überzeugenden Form unternommen. So hat zum Beispiel nach Schätzungen des amerikanischen National Bureau of Eco-nomic Research der Nettozuwachs der amerikanischen Volkswirtschaft jährlich durchschnittlich rund 3, 5 % betragen. Weniger als die „Hälfte dieses Zuwachses, nämlich rund 7%, wird auf eine vermehrte Ausstattung der amerikanischen Volkswirtschaft mit Kapital und Arbeitskräften zurückgeführt. Die restliche Zunahme resultiert dagegen nach dieser Berechnung aus den sogenannten „technischen Verbesserungen" (technischer Fortschritt) sowie aus dem wachsenden Bildungsstand der amerikanischen Gesellschaft.

Chemische Industrie alle Länder darunter USA Metallerzeugende Industrie alle Länder darunter USA Elektrotechnische Industrie alle Länder darunter USA und metallverarbeitende Quelle: Deutsche Bundesbank * 6, 1 Mill. DM Ein! nahmen 96, 3 30, 6 65, 3 62, 2 4, 0 Ausgaben 162, 6 67, 5 185, 7 73, 3 146, 4 88, 4 Saldo ----66, 3 36, 9 -120, 4 -67, 2 84, 2 84, 4 Ein-nah- men 112, 2 39, 0 106, 4 9, 3 58, 6 3, 6 1 Ausgaben 197, 1 82, 8 191, 3 71, 1 165, 2 108, 1 Saldo ----84, 9 43, 8 84, 9 61, 8 -106, 6 -104, 5 Wirts

Andere Berechnungen über den Zusammenhang von Forschung und Wachstum des Sozialprodukts wurden von Denison durchgeführt. Er schätzt für die USA, daß rund 20 % der durchschnittlichen Wachstumsrate des realen Nettozialprodukts (je Beschäftigten gemessen sogar 36 %) einem verbesserten Bildungsstand und den Resultaten der angewandten Forschung zugerechnet werden können 1).

Solche Berechnungen sind naturgemäß mit verschiedenen Imponderabilien behaftet, und es muß davor gewarnt werden, die Zusammenhänge zwischen Forschung und Wirtschaftswachstum zu simplifizieren. Vielmehr muß mit einem breiten Feld von Kausalitäten und Abhängigkeiten ganz verschiedener Intensität gerechnet werden. Wenn zum Beispiel auf der einen Seite sicher gilt, daß ein hoher Stand von Wissenschaft und Bildung einer der wesentlichen Faktoren für das Wachstum bestimmter Industriezweige darstellt, so gilt doch andererseits auch, daß die rasch wachsende industrielle Nachfrage nach neuen Werkstoffen, Maschinen, Geräten oder Nachrichten-und Kontrollsystemen sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke ihrerseits einen mächtigen Antrieb für vermehrte Anstrengungen in der Forschung auslöst.

Eine tiefergehende Analyse stößt auf weitere Schwierigkeiten. Neben inländischen Faktoren ist nämlich auch eine internationale Komponente beim Forschungsund Bildungspotential eines Landes wirksam. So ist zum Beispiel von Bedeutung, daß die USA durch Einwanderung wissenschaftlicher Fachkräfte aus Europa und anderen Gebieten einen — allerdings nur schwer quantifizierbaren — Zuwachs ihres „Forschungspotentials" zu verzeichnen haben.

Im Interesse einer realistischen Beurteilung des Zusammenspiels zwischen Forschung, Gesamtwirtschaft und Wachstum muß aber auch auf die besondere Problematik der militärischen Forschung und die Sonderrolle, die sie innerhalb der wissenschaftlichen Aktivitäten einnimmt, aufmerksam gemacht werden.

Innerhalb der militärischen Ausgaben nehmen die Forschungskosten infolge der überragenden Rolle, die den modernen, technisch hochentwickelten Waffensystemen zukommt, einen hohen Anteil ein. So entfielen zum Beispiel nach Angaben der OECD 1962 in den USA rund 52 0/0, in Großbritannien rund 40 °/o, in Frankreich rund 30 % und in der Bundesrepublik Deutschland 1964 . rund 15% der gesamten nationalen Ausgaben für Forschung und Entwicklung auf den militärischen Bereich. Diese von der OECD angegebenen Quoten dürften allerdings nur sehr grobe Anhaltspunkte vermitteln, da eine methodisch vergleichbare und international gültige Abgrenzung dieser militärischen Forschungsausgaben außerordentlich problematisch ist.

Für den hier dargestellten Zusammenhang ist entscheidend, daß die militärische Forschung nicht ohne weiteres mit der Struktur und der wachstumsfördernden Wirkung der zivilen Forschung gleichgesetzt werden kann. Zwar wird man einräumen müssen, daß die von der Finanzwissenschaft ausgestellte These von der Unproduktivität der Rüstungsausgaben für den Bereich der Forschung nicht uneingeschränkt gilt. Vielmehr zeigt die bisherige Erfahrung, daß die militärische Forschung wichtige sekundäre Auswirkungen auf die Entwicklung der zivilen Produktion mit sich gebracht hat.

Aber selbst wenn man diesen Nutzen anerkennt, muß man sich darüber klar sein, daß die militärische Priorität dieser Art Forschung das „Kräftefeld" verändert, in dem technischer Fortschritt und Neuerungen verwirklicht werden.

In diesem Zusammenhang ist auch bemerkenswert, daß die derzeitige britische Regierung eine spürbare Verringerung der militärischen Forschungsausgaben zugunsten ziviler Projekte zu einem wichtigen Programmpunkt gemacht hat. Dies nicht zuletzt aus der Erkenntnis, daß die jahrelange Vernachlässigung der zivilen Forschung möglicherweise die partielle wirtschaftliche Stagnation des Landes mit beeinflußt haben dürfte.

Die Ausgaben für Wissenschaft in der Bundesrepublik

Belgien Bundesrepublik Deutschland Frankreich Großbritannien Niederlande USA UdSSR 1) a) b) 20, 3 187, 0 133, 6 • 43, 1 1 039 1 472 • (Stand 1963/64) 15, 6 105, 0 85, 4 195, 5 31, 3 696, 5 416 487 22 32 28 37 36 60 47 67 17 18 18 29 26 36 19 22 Land Forschungspersonal insgesamt in Quellen: der dritte Faktor, Mainz 1967. 1) Schätzung 1962 nach verschiedenen Verfahren. 1000 1. Forschungspersonal in ausgewählten Ländern darunter: Wissenschaftler und Techniker auf je 10 000 Einw. Fr: orsc, hungspersonal insges

Definitionen Die begriffliche Abgrenzung von Forschung und Entwicklung kann unter verschiedenen Gesichtspunkten gezogen werden. Sie läßt sich philosophisch, psychologisch, rechtlich oder ökonomisch vornehmen. Jeder dieser Aspekte vermag interessante und für den Gesamtzusammenhang wichtige Seiten der Forschung herausstellen. Für das Verständnis der folgenden Ausführungen sind die bisher festgelegten Begriffsdefinitionen allerdings nur von geringer Bedeutung. Das bisher vorliegende und hier zusammengestellte Zahlenmaterial ist nach unterschiedlichen methodischen Gesichtspunkten gesammelt worden und entspricht nur in wenigen Fällen den „idealtypischen" Definitionen, wie sie zum Beispiel von der OECD und anderen Stellen in und außerhalb der Bundesrepublik erarbeitet wurden

Allgemein gilt, daß die vorliegende Darstellung den Bereich von Forschung und Entwicklung umfaßt, auch dort, wo aus sprachlichen Gründen nur von Forschung oder vom Forschungsbereich die Rede ist. Die Forschung schließt sowohl Grundlagen-als auch angewandte Forschung ein. Grundsätzlich sind der Forschung und Entwicklung alle Sachbereiche bzw. Wissensdisziplinen zuzurechnen. Es ist jedoch zu beachten, daß teils aus statistisch-methodischen Gründen, teils aber auch aus einem anderen Verständnis des Wissenschaftsbegriffs in verschiedenen Ländern die geisteswissenschaftliche Forschung nicht immer vollständig bei der Ermittlung des Forschungsund Entwicklungspersonals oder der Forschungs-und Entwicklungsausgaben berücksichtigt werden. Wenn auch die in Frage stehenden Beträge meist gering sind, so ergeben sich daraus doch Schwierigkeiten beim internationalen Vergleich, abgesehen von den Unzuträglichkeiten, die sich daraus für eine umfassende Information über alle Forschungsbereiche ergeben.

Die öffentlichen und privaten Ausgaben für Forschung und Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland beliefen sich 1965 auf schätzungsweise 7, 8 Mrd. DM, 1966 auf schätzungsweise 8, 8 Mrd. DM; darunter nehmen die einerseits im Bereich der gewerblichen Wirtschaft und andererseits die im öffentlichen Bereich aulgewendeten Beträge 1966 mit 4, 5 Mrd. DM bzw. 4, 3 Mrd. DM jeweils etwa die Hälfte der Gesamtausgaben in Anspruch. Die gesamten Forschungs-und Entwicklungsausgaben in der Bundesrepublik entsprechen einem Anteil-satz von 1, 8% am Bruttosozialprodukt und ergeben je Einwohner berechnet einen Ausgabensatz von ca. 147 DM. Von den öffentlichen Ausgaben lür 1966 entfallen schätzungsweise rd. 1, 9 Mrd. DM auf wissenschaftliche Hochschulen (ohne Aufwendungen für Lehre), rd. 0, 3 Mrd. DM auf staatliche Forschungsanstalten und rd. 2, 1 Mrd. DM auf sonstige Förderungsaufgaben; die letztgenannten Maßnahmen schließen u. a. finanzielle Hilfen an die Max-Planck-Gesellschaft, die Deutsche Forschungsgemeinschaft sowie Beiträge an internationale Organisationen (z. B. EURATOM usw.) ein.

Eine längerfristige Analyse der Entwicklung dieser Ausgaben ergibt, daß das gesamte Volumen der für wissenschaftliche Forschung verausgabten Beträge im Reichs-bzw. Bundesgebiet sich je Einwohner — nach grober Schätzung — mindestens um das 15-bis 20-fache erhöht hat (nach Ausschaltung der Preisbewegungen). Wenn auch der Aussagewert dieser Nominalbeträge nur verhältnismäßig gering zu veranschlagen ist, so läßt sich bei einer Betrachtung der Bewegung im einzelnen doch erkennen, in wie starkem Maß auch die hier behandelten Ausgaben von den allgemeinen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Hintergründen der einzelnen geschichtlichen Zeitabschnitte mitbestimmt wurden.

Die Nachkriegsentwicklung der öffentlichen Ausgaben in der Bundesrepublik ist in starkem Maß durch ein wachsendes Gewicht der für Universitäten, sonstige Hochschulen und andere wissenschaftliche Zwecke ausgegebenen Beträge bestimmt. Dies wird besonders bei einem Vergleich dieser Ausgaben (einschl.der für die Lehre an den Hochschulen ausgegebenen Beträge) mit den Aufwendungen für allgemein-und berufsbildende Schulen deutlich.

Gegenüber 1951 haben beispielsweise die Schulausgaben 1967 nominal etwa um das Sechsfache, die der wissenschaftlichen Bildung und Forschung zugewendeten Beträge allein um nominal mehr als das Dreizehnfache zuge-nommen.

Es ist hier nicht der Platz, den für die Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg maß-B gebenden Impulsen im einzelnen nachzugehen. Sie setzen sich u. a. aus sehr heterogenen Faktoren zusammen, wie z. B.dem durch Kriegszerstörungen entstandenen Wiederauf-baubedarf oder den wachsenden Kosten moderner Forschungsvorhaben, z. B. im Bereich der Atomkernenergie oder der Raumfahrt.

Internationaler Vergleich

Belgien Bundesrepublik Deutschland Frankreich Großbritannien Niederlande USA UdSSR 2) a) b) 71 132 153 171 122 440 69 132 143 166 147 301 * 1, 0 1, 7 2, 0 2, 3 2, 0 3, 1 (2, 4) (3, 1) 2. Ausgaben für Forschung und Entwicklung in ausgewählten Ländern 1965 1) Land je Einwohner in DM Offizieller Wechselkurs Kaufkraft- parität in °/o am Brutto-sozial-produkt 1) Z. T. geschätzt (anhand der genannten Quellen). 2) Schätzung nach verschiedenen Verfahren.

Erst ein internationaler Vergleich des in der Bundesrepublik vorhandenen Forschungspotentials bzw.der aufgewendeten finanziellen Leistungen ergibt einen mehr oder weniger brauchbaren Maßstab für die Beurteilung des bisher Erreichten. Dabei ist allerdings zu bedenken, daß auch der „internationale Durchschnitt" nicht ohne weiteres als alleingültiges Richtmaß für den notwendigen oder wünschenswerten Mitteleinsatz auf diesem Gebiet angesehen werden kann.

Vielmehr vermag ein solcher globaler Vergleich mit anderen Staaten oder Staatengruppen nur gewisse grobe Anhaltspunkte für die strukturellen und quantitativen Differenzen in der Forschung zu vermitteln. Erst eine ergänzende Analyse der Disparitäten in den speziellen Wissenschaftszweigen würde er-kennen lassen, an welchen Punkten eine Intensivierung der Forschungsanstrengungen für ein einzelnes Land — unter Beachtung einer sinnvollen internationalen Arbeitsteilung — erfolgversprechend und erstrebenswert erscheint.

Die folgenden Zahlen der Übersicht 1 vermitteln eine Vorstellung von dem im Bereich der industriellen Forschung sowie der Hochschulen und staatlichen Forschungsstätten tätigen wissenschaftlichen und sonstigen Personal in ausgewählten Ländern. Dabei handelt es sich um Schätzungen des sogenannten „full-time-

equivalent". Danach werden neben den voll-zeitlich in der Forschung tätigen Kräften die teilweise für Forschungsaufgaben eingesetzten Wissenschaftler und das Hilfspersonal nur mit einer entsprechend verringerten, auf „fulltime" umgerechneten Zahl berücksichtigt. Von besonderem Interesse ist dabei der — mit Vorbehalten zu ziehende — Vergleich zwischen den beiden sogenannten „Supermächten". Aus der Tabelle ergibt sich, daß die Zahl der Wissenschaftler und Techniker, die im Bereich von Forschung und Entwicklung tätig waren, in den USA annähernd 700 000 Personen erreichte. Bezieht man die Zahl auf je 10 000 Personen der Bevölkerung, so ergibt sich eine Quote von 36 Personen. In der UdSSR waren etwa zur gleichen Zeit schätzungsweise 420 bis 490 Tausend Wissenschaftler und Techniker in der Forschung tätig, was — je nach Berechnungsmethode — einer Quote von 19 bzw. 22 Personen je Zehntausend der Bevölkerung entspricht. Gemessen an der personellen „Forschungskapazität" weisen die USA und die UdSSR einen absolut überragenden Stand aus.

Die Darstellung des im Bereich von Forschung und Entwicklung tätigen Personals läßt sich durch einen Überblick über die in einzelnen Ländern getätigten Ausgaben für Forschung und Entwicklung ergänzen. Allerdings wird ein Vergleich der Finanzdaten dadurch er-Schwert, daß die offiziell festgesetzten Wechselkurse nicht immer ein hinreichend genaues Bild der echten Kaufkraftparitäten für den Bereich der Forschung repräsentieren. Die Tabelle 2 vermittelt einen Eindruck davon, wie weit die anhand der offiziellen Währungsparitäten ermittelten Ausgaben je Einwohner in ausgewählten Ländern von den Relationen abweichen, die sich unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kaufkraft der einzelnen Währung ergeben.

Die vorstehende Berechnung läßt das Gefälle der je Einwohner errechneten Forschungskosten, besonders zwischen den USA und den europäischen Ländern, deutlich hervortreten. Der Vorrang der UdSSR wird erst deutlich, wenn man berücksichtigt, daß die offiziellen Währungsparitäten in diesem Fall nur ein ganz verzerrtes Bild der Wirklichkeit vermitteln. Leider läßt sich eine kaufkraftgerechte Umrechnung in diesem Fall mangels ausreichender Unterlagen nicht vornehmen. In jedem Fall dürfte ein zutreffender Leistungsvergleich die berechneten Ausgabensätze je Einwohner der UdSSR mehr als verdoppeln.

Die Vorrangstellung der beiden „Supermächte" im wissenschaftlichen Wettlauf läßt sich nur dann richtig einschätzen, wenn man erkennt, welche unterschiedliche Rolle die bereits oben genannten militärischen Forschungsausgaben dabei spielen. Das hat zur Folge, daß ein internationaler Vergleich der Forschungsausgaben — unter Ausschluß der militärischen Forschungsaufwendungen — das zuvor festgestellte Übergewicht der Supermächte, aber auch die verhältnismäßig starke Stellung, die beispielsweise Großbritannien innerhalb der europäischen Länder einnimmt, etwas zugunsten der Bundesrepublik und anderer Staaten mit verhältnismäßig geringen militärischen Forschungsausgaben reduziert.

Ein anderer Maßstab für den Umfang der Forschungstätigkeit läßt sich aus dem Vergleich des Forschungsaufwandes der einzelnen Länder in Relation zum Bruttosozialprodukt gewinnen. Damit werden insbesondere die Schwierigkeiten erspart, die sich bei der Umrechnung der absolut ermittelten Forschungsausgaben nach einer einheitlichen Währungsparität ergeben. Aus den neuesten (zumeist auf das Jahr 1965 bezogenen) Daten läßt sich entnehmen, daß die Anteilquote der Forschungs-und Entwicklungsausgaben am Bruttosozialprodukt in den USA bei 1 °/o, in Großbritannien bei 2, 3 0 o, in der Bundesrepublik Deutschland bei 1, 7%, in den Niederlanden bei 2, 0% und in Belgien bei 1, 0% liegt.

Für die UdSSR würde sich nach den letzten verfügbaren Schätzungen nach westlichen Maßstäben ein Forschungskostenanteil von über 2, 4 °/o am — zum Teil nur schätzungsweise ermittelten — Bruttosozialprodukt ergeben. Andere Schätzungen kommen sogar auf einen Anteilsatz von über 3 %.

Wie schon angedeutet, müßte eine tieferschürfende Analyse des Forschungspotentials und der Forschungsaktivität über eine summarische Betrachtung hinaus auch die Situation in den einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen, aber auch die organisatorische und finanzielle Struktur des Forschungsapparates in Betracht ziehen. Erst dann läßt sich beispielsweise erkennen, daß auch ein Land, das bei summarischer Betrachtung in seiner gesamten Forschungsleistung zurücksteht, in einzelnen Disziplinen einen Vorrang besitzen kann, wie z. B. die Bundesrepublik Deutschland auf den Gebieten der reinen Mathematik oder bestimmten Teilgebieten der Chemie. Gerade in der Förderung einzelner, besonders leistungsfähiger Forschungsdisziplinen liegen wohl auch vor allem die Zukunftsaussichten der kleineren Nationen.

Forschung und Entwicklung in der gewerblichen Wirtschaft (Industrieforschung)

Belgien Bundesrepublik Deutschland Frankreich Großbritannien USA 118 8 832 17 156 132 600 997 27 027 16 429 29 239 116 700 1590 20 853 9 595 19 722 74 750 3. Forschungspersonal 1) in ausgewählten Ländern und Forschungszweigen (1963/64) Land Luftfahrt Elektrotechnik Chemie Quelle: Internationales Statistisches Jahr der OECD. 1) Wissenschaftler und Techniker.

Nach Berechnungen der OECD und des Stifter-verbandes für die Deutsche Wissenschaft 3) waren 1964 rd. 128 000 Beschäftigte im Bereich der Forschung und Entwicklung der gewerblichen Wirtschaft tätig. Das entspricht annähernd 3 % aller Beschäftigten in diesem Wirtschaftsbereich. Das Schwergewicht des in Forschung und Entwicklung tätigen Personals liegt vor allem in den forschungsintensiven Wirtschaftszweigen, wie der Chemischen Industrie (rd. 42 000 Personen oder rd. 8 % der gesamten Beschäftigten), der Elektrotechnik, Optik usw. (rd. 39 000 Personen oder rd. 5, 7 % aller Beschäftigten dieser Branchen) und dem Stahl-, Maschinen-und Fahrzeugbau (rund 28 000 Personen oder rd. 3, 7 % aller Beschäftigten).

Recht aufschlußreich ist auch eine Analyse der verschiedenen Kategorien des industriellen Forschungs-und Entwicklungspersonals in der Bundesrepublik. So stellen die wissenschaftlichen Kräfte annähernd 13 % an der personellen Forschungskapazität, Ingenieure und Techniker annähernd 43 %, Arbeiter rd. 37 %, das Verwaltungspersonal den restlichen Anteil.

Auffällige Unterschiede ergeben sich darüber hinaus bei der Gliederung des Forschungsund Entwicklungspersonals nach Wirtschaftsbereichen. Hierin kommen eine Vielzahl gruppenspezifischer Besonderheiten zum Ausdruck, deren Erklärung ohne Erläuterung der speziellen technischen Voraussetzungen in den einzelnen Wirtschaftsbereichen nicht möglich ist.

Ein Blick auf die internationalen Vergleichszahlen (s. Tab. 3) läßt erkennen, daß vor allem mit der in den USA, Großbritannien und Frankreich vorhandenen, besonders forschungsintensiven Luftfahrtindustrie ein gegenüber der Bundesrepublik Deutschland verändertes Strukturbild in Erscheinung tritt. Nach Angaben der OECD sind in diesem Industriebereich allein in den USA rd. 133 000 Wissenschaftler, Ingenieure und Techniker tätig. In Großbritannien und Frankreich wurden rd. 17 000 bzw. annähernd 9000 Wissenschaftler, Ingenieure und Techniker in der industriellen Luftfahrtforschunggezählt.

Die gewerbliche Wirtschaft (Industrie) führt in den meisten Ländern quantitativ gesehen den größten Anteil an der nationalen Forschung aus. Wie die folgende Übersicht 4 erkennen läßt, fallen in verschiedenen Ländern rd. zwei Drittel, z. T. sogar bis 70 °/o der nationalen Forschungsausgaben in der Industrie an. Auch hier vermag allerdings die zahlenmäßige Darstellung nur grobe Hinweise zu vermitteln. Eine eingehende Analyse müßte die statistischen Daten in mannigfaltiger Weise ergänzen und korrigieren und so den außerordentlich differenzierten und von Land zu Land unterschiedlichen Verhältnissen nachgehen.

So verdient z. B. Beachtung, daß die wissenschaftlichen Arbeiten der Industrie mit ihrem Schwergewicht auf der personalintensiven angewandten Forschung und Entwicklung liegen. Diese dienen hier vor allem der Herstellung verbesserter oder neuer Produkte bzw. rationellerer Fertigungsverfahren oder Organisationsmodelle. Allerdings sehen sich viele Unternehmen schon dazu veranlaßt, neben der angewandten Forschung in verstärktem Maße auch Grundlagenforschung zu betreiben. Fast alle großen Unternehmen der Chemie und Elektrotechnik haben in den letzten Jahren neue zentrale Forschungsinstitute errichtet oder bereits bestehende erweitert. Teilweise gibt die industrielle Grundlagenforschung dabei nur die Wissensbasis für die angewandte Forschung ab, teils wird sie jedoch auch auf Problemstellungen ausgedehnt, bei denen Anwendungsmöglichkeiten nicht ohne weiteres abzusehen sind. Die folgende Übersicht 5 enthält eine Aufgliederung der industriellen For-schungsausgaben einer Reihe von Ländern nach Grundlagenforschung, angewandter Forschung und Entwicklung, wobei die forschungsintensiven Industriezweige der Luftfahrt, des Maschinenbaus und der Chemie besonders herausgestellt werden.

Ferner ist bemerkenswert, daß die Forschung und Entwicklung in den marktwirtschaftlich orientierten Staaten mehr und mehr zu einem Gegenstand konkurrierender Bemühungen der Wirtschaftsunternehmen untereinander geworden ist. Es gibt — vor allem in den USA — viele Unternehmen, die ihre wissenschaftlichen Anstrengungen in großem Umfang für die Werbung auswerten, um die Überlegenheit und die Qualität ihrer Produkte zu unterstreichen. Ganz anders ist die Situation in den stärker planwirtschaftlich ausgerichteten Staaten zu beurteilen, wo die Entwicklungstendenz und die Motive der Industrieforschung z. T. stärker in die gesamte, zumeist politisch-ideologisch fundierte volkswirtschaftliche Planung integriert sind.

Für den Umfang und die Struktur der industrillen Forschung in den einzelnen Ländern ist ferner von Einfluß, in welchem Ausmaß durch Einrichtungen der Gemeinschaftsforschung eine Rationalisierung und Intensivierung der Forschung und Entwicklung erreicht werden konnte. Auch in diesem Punkt liegen die Verhältnisse länderweise sehr unterschiedlich. In der Bundesrepublik Deutschland entfielen nach Angaben des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft 1964 rd. 7, 2 °/o der Forschungsund Entwicklungsausgaben des industriellen Sektors (rd. 261 Mill. DM) auf Gemeinschaftsforschung, wogegen 92, 8 °/o der Forschungsund Entwicklungsausgaben innerhalb der einzelnen Unternehmen verausgabt wurden. Innerhalb der einzelnen Industrie-branchen zeigen sich dabei auffallende Differenzen. So fließen z. B. in der Wirtschaftsabteilung Energiewirtschaft und Bergbau rd. 77, 2 °/o in die Gemeinschaftsforschung, während die führenden Wirtschaftszweige nur vergleichsweise schwach in der Gemeinschaftsforschung engagiert sind. Auf diese entfallen z. B. in der Chemischen Industrie und Mineralölverarbeitung nur 0, 4 °/o, bei Elektrotechnik, Optik usw. 1, 6% und bei Stahl-, Maschinen-und Fahrzeugbau 2, 6 °/o.

Nicht nur in der Bundesrepublik, sondern in den meisten industrialisierten Ländern unter-11 halten die forschungsintensiven Industriezweige, wie die Luftfahrtindustrie, die Chemische Industrie, die Erdölindustrie, die Elektroindustrie usw., vorwiegend eigene Forschungseinrichtungen. Mittlere und kleinere Unternehmen, die selbst keine Möglichkeit haben, Forschung durchzuführen, können dagegen gemeinschaftliche Forschungseinrichtungen benutzen. Allerdings zeigt eine nähere Betrachtung, daß auch die Gemeinschaftsforforschung in den meisten europäischen Ländern eher von mittleren und großen Unternehmen genutzt wird als von den kleinen Firmen, deren finanzielle Basis eigene Forschung nicht gestattet. So sind z. B. nach Angaben der OECD in Großbritannien nur ein Drittel der Kleinbetriebe (mit weniger als 300 Beschäftigten) an Einrichtungen der Gemeinschaftsforschung beteiligt, während zwei Drittel der mittleren Unternehmen (300 bis 2000 Beschäftigte) und sogar über 90 °/o der Großunternehmen an der Gemeinschaftsforschung beteiligt sind. Es wird also — auch in der Bundesrepublik — noch beträchtlicher Anstrengungen bedürfen, um die große Zahl der mittleren und kleinen Betriebe von den Vorteilen zu überzeugen, die mit der Anwendung von For-

schungs-und Entwicklungsergebnissen in ihren Unternehmen verbunden sein können. In diesem Zusammenhang mag das kanadische Beispiel richtungweisend sein, wo der „Canadian Technical Information Service" einen Beraterstab unterhält, der besonders Kleinbetrieben zur Beratung zur Verfügung steht; eine ähnliche Funktion übt der „Dutch Technical Information Service" aus. Allerdings liegen die Kosten solcher Beratungsdienste so hoch, daß sie — wenn ein spürbarer Effekt erreicht werden soll — auf staatliche Zuschüsse angewiesen sind.

Die Verteilung des wissenschaftlichen Personals und der industriellen Ausgaben für Forschung und Entwicklung nach Industriezweigen weicht in den hier dargestellten Ländern in auffallender Weise voneinander ab (vgl. Tabelle 6). So sticht beispielsweise hervor, daß 1964 in den USA und in Großbritannien mit rd. 38 % bzw 28 % ein vergleichsweise hoher Anteil der industriellen Forschungsund Entwicklungsausgaben in der Luftfahrtindustrie anfällt; auch in Frankreich werden im gleichen Jahr immerhin rd. 22% (1965 sogar 26 %) in dieser Branche ausgegeben. In der Bundesrepublik Deutschland spielen bisher die darauf entfallenden Aufwendungen innerhalb des Ganzen nur eine untergeordnete Rolle. Um so stärker heben sich aber in der Bundesrepublik die innerhalb der Chemischen und der Elektrotechnischen Industrie aufgewendeten Forschungskosten (rd. 32 % bzw 28 %) hervor (vgl. Tabelle 6). Die Chemie stellt in der Bundesrepublik noch immer den forschungsintensivsten Industriezweig dar. Bei einem Umsatzanteil von weniger als 10°/0 bestreitet sie allein etwa ein Drittel des Forschungsaufwands der gesamten verarbeitenden Industrie.

Die deutsche elektrotechnische Industrie hat 1965 knapp 1 Mrd. DM für Forschung und Entwicklung aufgewendet. Dabei ist charakteristisch, daß die öffentliche Hand einen großen Teil des Umsatzes in diesem Industriezweig abnimmt, vor allem etwa in Form nachrichtentechnischer Einrichtungen, Kraftwerke und Radaranlagen. Bezeichnend ist auch hier, daß in den USA etwa 60 % der Forschungsund Entwicklungsaufwendungen dieser Branche aus Mitteln des Verteidigungshaushalts und der NASA getragen werden, während in der Bundesrepublik Deutschland aus den genannten Gründen nur etwa 16% dieser Ausgaben vom Staat übernommen werden.

In der Branchenstruktur der Forschung spiegelt. sich neben der Größenordnung auch die Forschungsintensität der einzelnen Industriezweige. Ein guter Maßstab dafür läßt sich aus den nach Angaben des Stifterverbandes für die deutsche Wissenschaft errechneten „Forschungskoeffizienten" für die einzelnen Wirtschaftsgruppen entnehmen. Der Forschungskoeffizient ergibt sich dabei aus der Relation der Forschungs-und Entwicklungsausgaben zum Nettoproduktionswert, der seinerseits dem Bruttoproduktionswert abzüglich Material-verbrauch und anderen „Vorleistungen" entspricht. Danach ergibt sich, daß die Chemische Industrie (einschl. Mineralölverarbeitung) mit 4, 2 und die Elektrotechnische Industrie (einschl.der zugeordneten Wirtschaftsgruppen) mit 3, 4 weit über dem Durchschnitt (1, 7) liegende Koeffizienten und damit auch überdurchschnittliche Forschungsintensität ausweisen (vgl. Tabelle 7).

Zwei weitere Gesichtspunkte müssen im Zusammenhang mit den vorstehend erörterten Merkmalen beachtet werden. Einmal ist hervorzuheben, daß die auf die einzelnen Industriebranchen entfallenden Forschungsausgaben keinesfalls gleichmäßig allen Produkten der betreffenden Industriezweige zugute kommen, sondern häufig mit Schwergewicht auf bestimmte Produkte oder Produktionsverfahren entfallen. Eine statistische Aufhellung dieser Zusammenhänge ist allerdings bisher nur in Ansätzen in den USA und Kanada versucht worden. Für die Bundesrepublik Deutschland sei als Beispiel hier auf die Kernforschung und die kerntechnische Entwicklung verwiesen, die im Rahmen des Deutschen Atomprogramms auch mit Mitteln des Bundes gefördert wird. Dabei wird als wichtigstes Ziel der Kerntechnik die Entwicklung von Leistungsreaktoren für eine langfristige und preisgünstige Energieversorgung sowie einer auch auf dem Weltmarkt konkurrenzfähigen kerntechnischen Industrie angesehen. Ferner kann hier beispielhaft noch die militärische Forschung erwähnt werden, in deren Rahmen das Bundesministerium für Verteidigung nach Angaben im Forschungsbericht der Bundesregierung mit zahlreichen Instituten und mit etwa 60 Industriefirmen zusammenarbeitet.

Zum anderen treten noch differenziertere Zusammenhänge in Erscheinung, wenn man die Vielfalt der Forschungsdisziplinen (Fachgebiete) ins Auge faßt, die innerhalb der einzelnen Industriegruppen betrieben werden. Auch hier fehlen bisher vollständige statistische Angaben für die meisten Länder; für Kanada ergeben sich allerdings auf Grund der vom Dominion Bureau of Statistics für 1963 durchgeführten Erhebung interessante Hinweise. Daraus wird z. B.deutlich, daß die Forschungsaufwendungen in der Fahrzeugindustrie vor allem den Bereich der aeronautischen Forschung berühren, während die Forschungsausgaben in der Chemischen Industrie sich auf eine Vielzahl von Forschungsdisziplinen (wie z. B. Chemie, Chemotechnik, Mechanik, Medizin, Physik oder Elektrotechnik usw.) aufgliedern.

Aufschlußreich ist auch die Betrachtung der industriellen Forschungsausgaben nach Unternehmensgrößenklassen (vgl. Übersicht 8). Als Beispiel sei dazu genannt, daß in der Bundesrepublik Deutschland nahezu die Hälfte (rd. 47 °/o) der im Rahmen der Registrierungsaktion des Stifterverbandes erfaßten Unternehmen auf Betriebe mit weniger als 500 Beschäftigten entfallen, die aber nur rd. 4 °/o der unternehmenseigenen Forschungs-und Entwicklungsausgaben tätigen.

Die Unternehmen zwischen 500 und 2000 Beschäftigten stellen rd. ein Drittel aller erfaßten Unternehmen dar, beanspruchen aber nur rd. 8" /o der industriellen Forschungsausgaben. Von den Unternehmen über 2000 Beschäftigten (rd. 20 °/o der erfaßten Unternehmen) werden aber rd. 87 °/o des industriellen Forschungsund Entw icklungsaufwands ausgegeben.

Einen anderen Beitrag zu diesem Thema liefert die OECD. Danach zeigt sich (Stand 1964), daß die jeweils 40 größten Unternehmen eines Landes in den USA rd. 70 %, in Goßbritannien rd. 58 °/o, in Frankreich rd. 63 °/o und. in Italien rd. 82 °/o der jeweiligen industriellen Forschungsaufwendungen auf sich vereinigen. Auch an diesen Zahlen wird deutlich, in wie starkem Maß die industrielle Forschung und Entwicklung — wohl mehr oder weniger — in fast allen Ländern von der Großindustrie getragen und bestimmt wird.

Wie schon eingangs bemerkt, wird ein internationaler Vergleich der Forschung, ganz besonders im industriellen Bereich, durch die mannigfaltigen traditionellen oder aus der Wirtschaftsordnung ableitbaren Besonderheiten eines jeden Landes erheblich erschwert. So zeigt sich z. B., daß die — für die technische Entwicklung auch der kleineren Unternehmen . besonders wichtige — industrielle Gemeinschaftsforschung innerhalb der Bundesrepublik Deutschland erst seit dem Zweiten Weltkrieg eine wichtigere Rolle spielt, während vergleichbare Einrichtungen in einigen anderen Ländern zum Teil schon wesentlich früher wirksam waren. 1954 wurde die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AIF) gegründet, deren Ziel es ist, den Austausch wissenschaftlicher Erfahrungen zwischen den Mitgliedern anzuregen, Forschungsaktivitäten zu koordinieren und Prioritäten auf bestimmte Wissenschaftssektoren festzulegen.

Außer den genannten industriellen Forschungseinrichtungen gibt es in der Bundesrepublik allerdings weitere Institute, Gesellschaften usw., die mit der Industrieforschung befaßt sind. Neben privaten Forschungslaboratorien, die auf vertraglicher Basis arbeiten, gibt es eine Reihe von Instituten, die von Industrie-und Handelskammern eingerichtet wurden. Außerdem verdient z. B.der „Fonds der Chemischen Industrie für die Förderung von Forschung, Wissenschaft und Lehre" (gegründet 1950) hervorgehoben zu werden. Er wird durch monatliche Beiträge der Mitgliedsfirmen im Rahmen des Verbandes der Chemischen Industrie finanziert.

In diesem Zusammenhang ist auch das 1952 gegründete Batelle-Institut zu erwähnen. Sein Hauptzweck ist es, Vertragsforschung im Interesse der Industrie durchzuführen.

Darüber hinaus stehen selbstverständlich auch die übrigen Forschungsstätten, wie z. B. die wissenschaftlichen Hochschulen, die Institute der Max-Planck-Gesellschaft oder der Fraunhofer-Gesellschaft teilweise zur Durchführung industrieller Forschungsausgaben (Vertrags-forschung) zur Verfügung. Es ist hier nicht der Platz, die strukturellen Besonderheiten in der industriellen Forschung anderer Länder ausführlich darzustellen. Es kann sich nur darum handeln, beispielhaft auf den einen oder anderen Fall hinzuweisen und damit auch die Vorbehalte in Erinnerung zu bringen, die gegenüber statistischen Vergleichen dieser Art immer angebracht erscheinen.

Für die weitere Entwicklung der Forschungspolitik besonders in der Bundesrepublik dürfte eine wachsende organisatorische und finanzielle Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Aufgabenträgern zu erwarten sein. Eine immer engere Partnerschaft zwischen Wissenschaft, Wirtschaft und Staat ist schon allein wegen der immensen Forschungsaufwendungen und des finanziellen Risikos unerläßlich, das mit den künftigen Forschungsund Entwicklungsaufgaben in immer größerem Maß verbunden ist. So werden z. B. an den Forschungsarbeiten im Rahmen des zweiten 5-Jahresprogramms der EURATOM die nationalen Industrien der Mitgliedstaaten durch Forschungs-und Assoziationsverträge beteiligt. Ein weiteres Beispiel bilden die drei in der Bundesrepublik errichteten Demonstrationskraftwerke mit Leichtwasserreaktoren, zu deren Forschungsund Entwicklungskosten und den Kosten der Brennstofferstausstattung die öffentliche Hand bzw. EURATOM Zuschüsse gewährt haben. In noch größerem Umfang kommen die Förderungsmaßnahmen des Deutschen Atomprogramms der Entwicklung der fortgeschrittenen Konverter-, vor allem aber der Brutreaktoren zugute. Zahlreiche weitere Beispiele dieser Art lassen sich u. a. für die Bereiche der Weltraumforschung, der Luftfahrt, der Datenverarbeitung, der Informationsübertragung u. ä. m. anführen.

In Großbritannien z. B. haben die industriellen Forschungsvereinigungen (Gemeinschaftsforschung) eine wesentlich größere Bedeutung — auch im Rahmen der staatlichen Wissenschaftspolitik — als etwa in der Bundesrepublik Deutschland. Ende 1964 bestanden 48 solcher Institutionen, die in der Regel als rechtlich selbständige Körperschaften geführt werden und in beträchtlichem Umfang aus Staats-mitteln Zuschüsse erhalten. Zum Teil erklärt sich diese Differenz aus dem bedeutend größeren Gewicht, das die militärische Forschung in der britischen Industrie besitzt. Sehr deutlich kommt diese Tatsache auch in der auffallend hohen Quote zum Ausdruck, mit der die britische Regierung an der Finanzierung der Gemeinschaftsforschung beteiligt ist. Sie stellt sich nach Angaben der OECD auf rd. 27 0/0 und liegt damit zwar hinter dem entsprechenden Anteilsatz in den USA (rd. 34°/o), aber weit über den vergleichbaren Quoten in Frankreich (rd. 16%) oder gar in der Bundesrepublik (rd. 9%).

In Frankreich wurden nach Ermittlungen der „Delegation Generale ä la Recherche Scientifique et Technique" rd. 500 Industrieunternehmen gezählt, die mit Forschung und Entwicklung befaßt sind. Auffallend ist dabei die hervorragende Rolle, die der wissenschaftlichen Weiterentwicklung im Bereich der Elektronik und der Elektrotechnik (25 % der industriellen Forschungsund Entwicklungsausgaben), aber auch der Luft-und Raumfahrt zukommt (24% der industriellen Forschungsund Entwicklungsausgaben). Demgegenüber fallen die Forschungsaufwendungen im Bereich der Chemie im Vergleich zu anderen Ländern erheblich ab.

Als wichtiges Organ der industriellen Gemeinschaftsforschung ist die „Association Nationale de la Recherche Technique" anzusehen, die 1953 gegründet wurde und der heute mehr als 350 Mitgliedsorganisationen angeschlossen sind. Im Rahmen des 5. Fünfjahresplans sieht die Regierung Frankreichs bis 1970 eine beträchtliche Steigerung der finanziellen Staats-förderung der Industrieforschung in verschiedener Form vor.

Für die industrielle Forschung in den USA ist vor allem charakteristisch, daß die US-Regierung in weitem Umfang Forschungsaufträge auf den Gebieten der Luftfahrt, der Raumforschung und der Atomenergie an die private Industrie vergibt (vgl. auch die oben genannten Zahlen). Allein rd. 60 % der Forschungs-und Entwicklungsausgaben der Luftfahrtindustrie in den USA werden — nach Angaben der OECD — aus staatlichen Mitteln finanziert!

Auch in diesem Land spielt die industrielle Gemeinschaftsforschung eine erhebliche Rolle, wobei vielfach auch auf die Forschungseinrichtungen an wissenschaftlichen Hochschulen und anderen Forschungsstätten zurückgegriffen wird.

Die industriellen Forschungs-und Entwicklungsaufgaben im militärischen Bereich, ihre immer größere Spezialisierung und der damit verbundene große Kapitalbedarf haben nach den amerikanischen Erfahrungen den Konzentrationsprozeß wirtschaftlicher Macht wesent-lieh beschleunigt. Nach Angaben von Waterkamp entfielen 1961 drei Viertel des gesamten Rüstungsbudgets (21 Mrd. US-Dollar) der USA allein auf 100 Großgesellschaften, wovon 7, 6 Mrd. US-Dollar allein von zehn Konzernen vereinnahmt wurden, darunter drei Gesellschaften, die je über eine Milliarde US-Dollar erhielten

Die industrielle Forschung in der UdSSR läßt sich infolge der gesellschaftsund wirtschaftspolitischen Besonderheiten nur schwer mit anderen, vor allem westlichen Ländern vergleichen. Hinzu kommt, daß die Organisation der Industrieforschung im Verlauf der letzten Jahre einen grundlegenden Wandel erfahren hat. Vor 1957 war sie weitgehend den verschiedenen in Betracht kommenden Fachministerien nachgeordnet, ohne daß anscheinend immer eine ausreichende Koordinierung der Forschungsprojekte zwischen diesen weithin selbständigen Ressorts bestand.

Seit 1957 und vor allem durch die Reform des Jahres 1961 bemüht man sich in zunehmendem Maße um eine Abstimmung der verschiedenen Vorhaben, damit unrationelle Doppelarbeit vermieden wird. Diesem Zweck dienen vor allem die zahlreichen koordinierenden Körperschaften, die für bestimmte Projektgruppen eingerichtet wurden. Außerdem spielen die sogenannten „Leitinstitute" eine zunehmende Rolle. Sie sind für die Steuerung bestimmter Forschungsaufgaben zuständig. Mehr und mehr rückt in den letzten Jahren auch das zentrale Staatskomitee für Forschung in den Vordergrund.

Dse zentralen Körperschaften der Zentralregierung der UdSSR besaßen zu Beginn der sechziger Jahre schätzungsweise über mindestens zwei Drittel der Einrichtungen der angewandten Forschung und Entwicklung eine direkte Kontrolle, während sie auf die übri-gen Projekte dieser Art indirekten Einfluß über die Regierungen der einzelnen Unionsrepubliken und die lokalen Körperschaften nehmen konnten.

Abschließend ist noch auf zwei wichtige Zusammenhänge zu verweisen, die bei einer internationalen Betrachtung auch des industriellen Forschungspotentials (vor allem im Bereich der marktwirtschaftlich orientierten Länder) nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Einmal handelt es sich um die internationale Fluktuation wissenschaftlicher Fachkräfte („brain drain"), zum anderen um den internationalen Austausch von Forschungsergebnissen und technischen „know-how" innerhalb internationaler Konzerne oder durch Vergabe von Patenten und Lizenzen.

In beiden Vorgängen drückt sich eine zunehmende internationale Kooperation aus, auch wenn die Wanderung wissenschaftlicher Kräfte zeitweise nur einseitig verläuft oder die „Technologische Bilanz" zugunsten bestimmter Länder ausschlägt. Auf keinen Fall sollte bei der Beurteilung dieser Vorgänge von einseitig nationalen Wertmaßstäben ausgegangen werden, schon allein deshalb, weil wissenschaftliches Denken und Forschen seiner Natur nach auf die Dauer den internationalen Austausch und das internationale Zusammenspiel nicht entbehren kann. Vollständige und zuverlässige statistische Angaben über Ausmaß und Richtung der internationalen Wanderungsbewegung wissenschaftlicher Kräfte liegen nicht vor. Kaum zweifelhaft dürfte allerdings sein, daß in den letzten Jahren ein „Wanderungsgewinn" vor allem den USA zugute gekommen ist. Die in der Tabelle 9 angegebenen Zahlen orientieren über die in dieses Land eingewanderten wissenschaftlichen Kräfte; es handelt sich dabei aber nur um fragmentarische Angaben, da insbesondere nicht bekannt ist, in welchem Umfang eine Rückwanderung oder auch die Auswanderung amerikanischer Forscher (z. B. nach Großbritannien) diesen Daten gegenübergestellt werden muß. Die für Patente und Lizenzen nachgewiesenen Zahlungen umfassen nur einen Teil der Beträge, die für die Übertragung des technischen „know-how" und wissenschaftlicher Erkenntnisse zwischen verschiedenen Ländern geleistet werden. Nicht erkennbar sind z. B. die betriebsinternen Übertragungen innerhalb internationaler Konzerne usw. Trotz dieser Einschränkungen kann festgestellt werden, daß die USA auch eine positive Bilanz der Patente und Lizenzen aufweisen, während die wichtigsten westeuropäischen Länder in mehr oder weniger großem Umfang per Saldo eine passive Bilanz zeigen. Das Verhältnis der für den Ankauf von ausländischen Patenten usw. zu leistenden Ausgaben zu den Einnahmen, die aus dem Verkauf eigener Patente erzielt wurden, war sowohl für die Bundesrepublik Deutschland als auch Frankreich negativ. Beschränkt man die Betrachtung ausschließlich auf den Patentaustausch mit den USA, so stellt sich das Verhältnis für die beiden genannten Länder sogar noch ungünstiger dar.

Auch daran wird die Vorrangstellung der USA auf diesem Gebiet gegenüber den westeuropäischen Ländern deutlich, zugleich aber auch die Abhängigkeit der industriellen Fertigung von der angewandten Forschung und Entwicklung in den USA. Auch eine Aufgliederung dieser für Patente usw. geleisteten Zahlungen nach Industriebranchen bestätigt manche der früher bereits ermittelten Sachverhalte. Während z. B.der Saldo zwischen Einnahmen und Ausgaben für die Bundesrepublik gegenüber den USA für den Bereich der Chemischen Industrie bei nunmehr 43, 8 Mill. DM liegt, beträgt er lür die Elektrotechnische Industrie sogar nunmehr 104, 5 Mill. DM und läßt so für diese Branche eine noch stärkere „Abhängigkeit" von der Übernahme ausländischer wissenschaftlicher und technischer Erfahrungen erkennen als im Bereich der Chemischen Industrie. Ähnliche Rückschlüsse lassen sich aus den statistischen Daten über die Zahl der angemeldeten Patente in den einzelnen Ländern ziehen. Allerdings muß man dabei beachten, daß der kommerzielle Wert und die wissenschaftliche Bedeutung des einzelnen Patents ganz unterschiedlich sein kann.

Ein Vergleich patentstatistischer Angaben für die UdSSR läßt sich wegen der unterschiedlichen rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in diesem Land kaum durchführen. Die Sowjetunion besitzt ein eigenes, ausgebautes Patentwesen, obwohl die große Mehrheit der Erfinder sich mit „Urheberzertifikaten" anstelle von Patenten begnügt, womit eine bestimmte finanzielle Zuwendung verbunden ist. Es ist bekannt, daß die UdSSR in größerem Umfang technisches Wissen in den westeuropäischen Staaten eingekauft hat, vor allem auf dem Gebiet der Chemischen Industrie.

Genaue Angaben darüber stehen aber nicht zur Verfügung, da diese Übertragungen Teil des Kaufs und der Einrichtungen ganzer Fabrikeinrichtungen darstellen. Seit kurzem besteht in der Sowjetunion auch eine neue Verwaltung, die sich mit der Lizenzgebung bzw. mit dem Verkauf bestimmter technischer Verfahren im Ausland sowie mit dem Austausch von Patenten und Lizenzen mit dem Ausland befaßt. Eine ganze Reihe von Verfahren auf dem Gebiet des medizinischen Apparatebaus, der Elektronik und auf anderen Gebieten waren Gegenstand von Lizenzabkommen in den UdSSR und den USA oder westeuropäischen Ländern. Aber auch hierfür liegen keine brauchbaren Schätzungen über den Wert der ausgetauschten Beträge vor. Selbst wenn man unterstellt, daß die UdSSR mehr an Lizenzen eingekauft hat, als sie umgekehrt verkauft hat, lassen sich daraus keine weitreichenden Schlußfolgerungen ziehen, da die Zahl der erfaßbaren Transaktionen zu gering ist.

Schlußfolgerungen

Belgien Bundesrepublik Deutschland Frankreich Großbritannien Niederlande USA 69 66 51 67 56 67 10 3 38 25 3 18 1 11 • 1 21 3 20 20 11 7 20 12 Land 4. Ausgaben für Forschung und Entwicklung nach verbrauchenden Sektoren (1964) in Prozent Gewerbliche Wirtschaft Quelle: Internationales Statistisches Jahr der OECD. Staat Organisationen 1 ohne Erwerbs-charakter Hochschulen

Welche Schlußfolgerungen für die zukünftigen politischen Aufgaben lassen sich nun aus den vorstehend skizzierten Zusammenhängen, insbesondere auch für die Bundesrepublik Deutschland ziehen? Auch in diesem Zusammenhang wird man die industrielle Forschung nicht isoliert betrachten können, sondern mit den übrigen Forschungsbereichen in Beziehung bringen müssen. Die Förderung und künftige Gestaltung der industriellen Forschung und Entwicklung ist in vielfältiger Weise mit der Wissenschaftsförderung in den Hochschulen, den staatlichen und privaten wissenschaftlichen Institutionen verknüpft.

Drei Forderungen lassen sich ganz allgemein geltend machen:

1. Verbesserteinformation, 2. verbesserte Organisation und 3. zukunftsorientierte Entscheidungen.

Verbesserte Information über die Bildung und Forschung, deren Umfang, Struktur, die damit verknüpften sozioökonomischen Zusammenhänge und ihre künftige Entwicklung erfordert zunächst den weiteren Auf-und Ausbau des analytischen, besonders des statistischen Instrumentariums. Die gewonnenen Informationen müssen allerdings in geeigneter Form allen Interessierten und Beteiligten zugänglich gemacht werden. Beispielsweise blieb das Interesse an der Forschung, gerade bei der Vielzahl der kleinen Industriebetriebe, bisher in der Bundesrepublik und anderwärts noch sehr gering. Durch eine systematische Verbreitung der Informationen allein in diesem Bereich könnte aber wesentlich dazu beigetragen werden, sich an gemeinschaftlichen Forschungsaufgaben zu beteiligen und so die technischen Fortschritte auch in den kleineren Unternehmen stärker als bisher anzuwenden.

Weiter läßt sich auf die Notwendigkeit verweisen, die aus verbesserter Information gewonnenen Erkenntnisse von den zuständigen parlamentarischen Gremien und der Wissenschaftsverwaltung zur Kenntnis zu nehmen und in politische Entscheidungen umzusetzen. Richtungweisende Thesen dazu wurden von der zweiten parlamentarischen und wissenschaftlichen Konferenz, die vom Europarat und der OECD in Wien 1965 abgehalten wurde, aufgestellt: Koordinierung der Wissenschaftspolitik in allen ihren Aspekten zu betreiben. b) Eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlern und Parlamentariern sollte als eine Angelegenheit von äußerster Dringlichkeit auf jede nur mögliche Weise gefördert werden. c) Wissenschaft und Parlament sollten in engeren Kontakt gebracht werden. d) Die internationale Zusammenarbeit im Bereich der Wissenschaft sollte unterstützt werden, müßte aber vor allem auf solche Gebiete gelenkt werden, wo gerade durch die internationale Zusammenarbeit bessere Ergebnisse zu erwarten sind als durch nationale Bemühungen. e) Im Hinblick auf die Bedeutung der Wissenschaftspolitik auf internationaler Ebene sollten Maßnahmen eingeleitet werden, um eine bessere Information auch der internationalen parlamentarischen Gremien zu erreichen.

Als zweite Voraussetzung einer wirksamen Wissenschaftspolitik war bereits oben die Schaffung einer verbesserten Organisation der für die bildungsund wissenschaftspolitischen Entscheidungen zuständigen Gremien bezeichnet worden. In der Bundesrepublik kompliziert sich die Situation allein schon dadurch, daß die Kompetenzen für Bildung und Forschung in mannigfaltiger Weise auf Bund, Länder und Gemeinden verteilt sind. Auf der einen Seite braucht das — wie ausländische Beispiele zeigen — nicht unbedingt einen Nachteil für eine wirksame Kulturpolitik zu bedeuten. Mit Recht wird bezweifelt, ob z. B. eine zentrale Kompetenz angesichts der komplexen Materie eine erstrebenswerte Lösung darstellen würde. Allerdings drängt sich die Frage auf, inwieweit eine gewisse Konzentrierung des für die Wissenschaft zuständigen Kabinettsausschusses der Bundesregierung eine Intensivierung der wissenschaftspolitischen Aufgaben gestatten würde. Hierzu gehört auch die seit längerem diskutierte Frage, ob man die beim Bund liegenden Aufgaben im Bereich der Bildung (im wesentlichen Studienförderung) und der Wissenschaft in einer Hand, und zwar beim Ministerium für wissenschaftliche Forschung, vereinigen sollte.

In jedem Fall aber wird eine bessere Koordinierung der Bildungsplanung und der Forschungsförderung des Bundes und der Länder von entscheidender Bedeutung werden. Dabei wäre anzustreben, daß dem Wissenschaftsrat und dem Bildungsrat weiterreichende Kompetenzen als bisher eingeräumt würden.

Schließlich soll auf einige Gesichtspunkte hingewiesen werden, die für zukunftsorientierte bildungsund wissenschaftspolitische Entscheidungen maßgebend sein könnten. Dabei darf unterstellt werden, daß ein naives Vertrauen in die Kräfte zur Selbstregulierung der Volkswirtschaft fehl am Platze wäre, gleich welche Zielsetzung auch angestrebt würde. Nur eine weitgesteckte Planung kann eine tragfähige Grundlage für eine erfolgreiche Wissenschaftspolitik schaffen. Die Konsequenzen nahezu aller bildungs-und forschungspolitischen Entscheidungen greifen — oft auf Jahrzehnte hin — in die Zukunft hinein.

Die bisherige Erfahrung hat bereits mit hinreichender Deutlichkeit gezeigt, daß das freie Spiel der Marktkräfte ein vorausschauendes und konkret ausgearbeitetes Konzept vom künftigen Status unserer Gesellschaft und Wirtschaft nicht ersetzen kann. Erst eine zeitlich weiter ausgreifende, vorausschauend planende politische Konzeption vermag sich über eine von den Tagesbedürfnissen diktierte Bildungs-und Wissenschaftspolitik zu erheben.

Nur eine in die Zukunft gerichtete, also sich selbst reflektierende wissenschaftspolitische „Programmierung" wird auch dazu beitragen können, daß jene von über Hundert repräsentativen Forschern aus dem Kreis der American Association for the Advancement of Science gefaßte Entschließung vom März 1958 keine leere Deklaration bleibt: „ . . . die besonderen Kenntnisse des Naturwissenschaftlers sind sicherlich notwendig, aber dieses Wissen wäre machtlos oder sogar gefährlich, wenn es nicht alle Gebiete der Wissenschaft einschlösse und mit den Beiträgen der Humanisten, der Staatsmänner und Philosophen vereinigt würde. Obwohl die Naturforschung eine Menge praktischer und nützlicher Ergebnisse zeitigt, und obwohl wir nicht die geringste Absicht haben, die Bedeutung dieser praktischen Resultate zu verkleinern, wollen wir betonen, daß die Wissenschaft im Grunde und in Wirklichkeit ein Ausdruck der geistigen Neugier des Menschen ist, mit der er auf die Ordnung und Schönheit des Universums, in dem er sich befindet, reagieren will . .

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. E. Denison, Measuring the Contribution of Education to Economic Growth, S. 13 f.

  2. Bei der Zusammenstellung der Tabellen und sonstigen Zahlenangaben hat mich Herr Regierungsamtmann Rohloff in dankenswerter Weise unterstützt.

  3. Vgl. dazu Echterhoff-Severitt, Wissenschaftsausgaben der Wirtschaft.

  4. Rainer Waterkamp, Wirtschaftsplanung, Forschung und Rüstungsindustrie, in: Gewerkschaftliche Monatshefte, Januar 1966.

  5. In jedem Land sollte ein Minister beauftragt werden, allein oder zusammen mit anderen Verantwortlichen, die Förderung und

Weitere Inhalte

Elmar Freund, Dr. rer. pol., Dipl. -Volkswirt, Hauptreferent (Oberregierungsrat) im Statistischen Bundesamt. Veröffentlichungen: Forschung der dritte Faktor, Mainz 1967; zahlreiche Veröffentlichungen über Fragen der öffentlichen Finanzwirtschaft und der Forschungsfinanzierung.