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Die Wandlung des deutschen Kommunismus Die Stalinisierung der KPD in der Weimarer Republik | APuZ 2/1969 | bpb.de

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APuZ 2/1969 Die Wandlung des deutschen Kommunismus Die Stalinisierung der KPD in der Weimarer Republik

Die Wandlung des deutschen Kommunismus Die Stalinisierung der KPD in der Weimarer Republik

Hermann Weber

Einleitung

Vom 30. Dezember 1918 bis zum Januar 1919 tagte in Berlin der Gründungsparteitag der KPD. In Deutschland besteht also seit 50 Jahren eine kommunistische Organisation. In ihrem Werdegang hat sie drei unterschiedliche Stadien durchlaufen: sie formierte sich in den vierzehn Jahren der Weimarer Republik; in den zwölf Jahren der Hitlerdiktatur war sie blutig unterdrückt; seit über zwanzig Jahren beherrscht die SED als kommunistische Staatspartei einen Teil Deutschlands. Dieses wechselvolle Schicksal hinterließ deutliche Spuren im Wesen des deutschen Kommunismus und in der Haltung der deutschen Bevölkerung zu ihm.

Der Grundcharakter der deutschen kommunistischen Bewegung — ihre Mentalität, ihre Methoden und ihre Widersprüche — bildeten sich schon in der Weimarer Republik heraus. Die damaligen ökonomischen, sozialen und politischen Verhältnisse prägten die Kommunistische Partei Deutschlands in entscheidender Weise, wie umgekehrt die Politik und Haltung der KPD das Schicksal des Weimarer Staates mitbestimmten.

Die KPD entwickelte sich zur einzigen linksradikalen Massenpartei in Deutschland, und sie zog einen großen Teil der deutschen Industriearbeiterschaft in ihren Bann. Sie lehnte das parlamentarische Regierungssystem ab und verfocht das Räteprinzip, sie stand in striktem Gegensatz zum Staat von Weimar. Die KPD wollte die Macht durch einen revolutionären Umsturz erringen. Ihr Programm zielte auf die „Diktatur des Proletariats", auf eine verstaatlichte, geplante Wirtschaft und letztlich die klassenlose Gesellschaft. Als internationalistische Partei war sie der Idee der Weltrevolution verpflichtet. Schon früh erkannte sie die Sowjetunion als unanfechtbares Vorbild an.

Die KPD war sowohl Weltanschauungs-als auch Interessenpartei. Sie erklärte den Marxismus-Leninismus zur theoretischen Richtschnur ihres Handelns, zur alleingültigen Weltanschauung und zur verbindlichen politischen Ideologie. Sie bezeichnete sich offen als Klassenpartei; die Interessenvertretung der Arbeiterklasse stand im Mittelpunkt ihres Programms.

Mit der Situation der Weimarer Republik wandelte sich die Taktik der KPD und ihr Einfluß war recht unterschiedlich. In der ersten Phase, von 1919 bis 1923, bestand eine für sie günstige revolutionäre Situation; in dieser Zeit erlangte die KPD ein großes politisches Gewicht, sie wurde 1920 zur Massenpartei. Mehrmalige kommunistische Versuche, durch direkte Aktionen an die Macht zu kommen, scheiterten jedoch. Trotzdem bildete die KPD in den zahlreichen Krisen mit ihren politischen und einige Male auch bewaffneten Auseinandersetzungen der Nachkriegszeit einen (wenn auch oft überschätzten) wichtigen Faktor der Politik. Auch in der Zeit des Niedergangs der Weimarer Republik von 1929 bis 1933 verfügte die KPD über erheblichen Einfluß. Mit über 300 000 Mitgliedern und nahezu 6 Millionen Wählern, die sie 1932 zählte, war sie die dritt-stärkste deutsche Partei.

Im Vergleich dazu spielte die KPD in der Zeit der Stabilisierung von 1924 bis 1928 für die deutsche Politik eine geringere Rolle 1). Angesichts der wirtschaftlichen Konjunktur bestand keine Aussicht, revolutionäre Ziele zu verwirklichen. Da eine aktive Politik nach parlamentarischen Spielregeln nicht ihr eigentliches Metier war, stagnierte die Partei. Sie blieb jedoch auch in dieser Periode eine bedeutende Massenpartei. Von Interesse ist vor allem die damalige innerparteiliche Ent-Mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Verlagsanstalt in Frankfurt/Main werden in dieser Ausgabe aus dem in Kürze unter dem gleichen Titel erscheinenden Buch außer der Einleitung und dem Exkurs gekürzte Abschnitte aus dem Kapitel „Die Struktur der KPD" als Vorabdruck veröffentlicht. Das Buch enthält ferner die chronologische Darstellung der Stalinisierung, bisher unveröffentlichte Dokumente und Materialien sowie über 500 Kurzbiographien der KPD-Führer und die entsprechende Auswertung dieser Biographien. Wicklung, in der die KPD ihr Parteigefüge zu konsolidieren suchte. Die Jahre von 1924 bis 1929 waren für die KPD eine Phase der inneren Auseinandersetzung, in der die Partei zu einer einheitlichen Organisation wurde.

Dieser Prozeß kann als die Stalinisierung der KPD bezeichnet werden. Das bedeutet den Wandel von einer Partei mit einem hohen Maß innerer Demokratie, die zugleich von inneren Fraktionskämpfen zerrissen ist, in eine disziplinierte Partei mit zentralisierter Befehlsgewalt. Stalinisierung heißt Veränderung der inneren Parteistruktur, Entstehung einer monolithischen, straff disziplinierten und zentralisierten Organisation, in der die Führung mit Hilfe des hierarchisch aufgebauten Parteiapparats (d. h.der hauptamtlichen, von der Partei bezahlten Funktionäre) die Mitglieder beherrscht und die Politik im Sinne und entsprechend den Weisungen der Stalinschen KPdSU bestimmt. Wie sich bei genauer Betrachtung zeigt, änderten sich damit die Beweggründe der Politik und die Funktion der Partei. Die Stalinisierung bedeutet also eine entscheidende Wandlung des Kommunismus.

Ihren Ausgang nahm die Stalinisierung von der Sowjetunion. Unter Führung Stalins wurde dort in den zwanziger Jahren das System der Apparatdiktatur errichtet, die auch das Ende der innerparteilichen Demokratie in der Kommunistischen Partei brachte. Diese erste Metamorphose des Kommunismus vollzog sich jedoch nicht nur in der Sowjetunion, sondern fast gleichzeitig in allen Kommunistischen Parteien, wenn auch — entsprechend dem unterschiedlichen Charakter dieser Parteien — in variierter Form. Am Beispiel der KPD zwischen 1924 und 1929 ist dieser Prozeß deutlich nachzuweisen.

Die bisherige westliche Literatur zu diesem Problem ist spärlich, wie überhaupt die Geschichte der KPD in der Weimarer Republik ein nur wenig beachtetes Gebiet der Forschung ist. Immerhin gibt es verschiedene Arbeiten über die KPD zwischen 1919 und 1923 Auch die Entwicklung der Partei am Ende der Weimarer Republik wurde beschrieben Die wichtige Periode der inneren Wandlung der KPD von 1924 bis 1929 ist jedoch nicht ausführlich untersucht worden, wenn sie auch in Gesamtdarstellungen skizziert ist Zwar wurden Einzelprobleme analysiert doch die Darstellung selbst blieb subjektiv gefärbten Berichten und Erinnerungen vorbehalten Bemerkenswerterweise behandelt auch die Vielzahl der von der SED herausgegebenen Schriften diese Zeit nur am Rande Die Stalinisierung und ihre Ursachen sind nur angedeutet und zumeist pauschal abgehandelt worden. Da der Wandel der KPD zwischen 1924 und 1929 ohnehin je nach dem politischen Standort der Flistoriker entweder als Bildung einer „Partei neuen Typus" emphatisch begrüßt oder als Entartung zur totalitären Partei verurteilt wird, ist auch die Begründung für die Transformation recht unterschiedlich. Kritiker des Prozesses, vor allem auch Ruth Fischer, führen die Stalinisierung fast ausschließlich auf die Abhängigkeit der KPD von Moskau im allgemeinen und von Stalin im besonderen zurück. Von anderer Seite wird dieser Einfluß bestritten oder doch als sekundär abgetan; die Politik der KPD (also auch ihre innere Verfassung) ist danach in erster Linie auf die besondere Situation der KPD in Deutschland zurückzuführen Die SED selbst, die den Prozeß der Stalinisierung gutheißt, bedauert lediglich dessen Verspätung, führt aber die Entstehung der „Partei neuen Typus" auf die bewußte Absicht der Parteiführung zurück. Der früher überbetonte Einfluß Stalins wird heute verschwiegen. Dabei unterschätzen die Betrachter vor allem die Tendenz zur Apparatherrschaft in der sozialistischen Bewegung und die oligarchische Struktur der Parteiherrschaft in der Demokratie.

Die vorliegende Untersuchung führt zu dem Ergebnis, daß die Stalinisierung der KPD im wesentlichen vier Entstehungsbedingungen hatte:

1. die Apparatherrschaft als Zeiterscheinung; 2. die strukturellen Probleme der KPD; 3. die Abhängigkeit der KPD von Moskau; 4. die Situation der KPD in Deutschland.

Es soll dargestellt werden, daß das gleichzeitige Wirken dieser Faktoren im Zeitraum von fünf Jahren nicht nur zu einer straffen Disziplinierung und Zentralisierung, sondern eben zu einer drastischen Apparatherrschaft mit bürokratischer Entartung führte.

Die Besonderheiten der Stalinisierung (die Abhängigkeit der KPD von Moskau und die Situation der Partei im Deutschland der „relativen Stabilisierung") führen leicht zu einer Unterschätzung der auch für die KPD gültigen generellen Charakteristiken des Parteiwesens in einer Klassengesellschaft (Entwicklung zur Apparatherrschaft und Strukturänderung der Partei). Tatsächlich konnte sich aber die Stalinisierung der KPD nur so rasch und intensiv vollziehen, weil die beiden spezifischen Bedingungen mit den allgemeinen Tendenzen zusammenfielen. Die Herrschaft des Apparats über die Partei, der Bürokratie über die Organisation und Institution ist typisch für die sozial differenzierte moderne Industriegesellschaft. Hinter demokratischen Formen, oft nur hinter Fassaden, ist der hierarchische Aufbau von institutionellen Apparaten zu erkennen. Auch für die politischen Parteien des demokratischen Staatswesens ist diese Tendenz bestimmend. Ein aktionsfähiger Parteiapparat ist unumgänglich, wenn eine lebendige und erfolgreiche Partei-arbeit geleistet werden soll. Eine revolutionäre Partei bildet hier keine Ausnahme. Sie kann ihre Ziele ohne einen Apparat hauptamtlicher Funktionäre nicht erreichen. Zuviel Macht in den Händen des Apparates aber bedeutet Bürokratisierung des Parteilebens, Unterdrückung und schließlich Ausbleiben der demokratischen Impulse von unten, somit — ebenso wie der umgekehrte Fall, daß gar kein Apparat vorhanden ist — eine Schwächung der Partei, möglicherweise bis zur völligen Ohnmacht. Die innere Struktur der Parteien variiert zwischen diesen beiden Extremen: Apparatherrschaft und damit bürokratische Verknöcherung oder uferlose innere Demokratie ohne Schlagkraft. In einer Arbeiterbewegung bleibt die demokratische Tendenz immer wirksam, da ihre ganze Tradition eine anti-autoritäre, gleichheitliche und freiheitliche Gesinnung fordert, überdies ist jede Führung gezwungen, solche Tendenzen hin und wieder zu unterstützen, um die Mitglieder zur Arbeit anzuregen und die Partei nicht völlig erstarren zu lassen. Im allgemeinen aber bleibt der Trend zur einheitlichen, vom Apparat regierten Partei dominierend.

Das gilt vor allem für kommunistische Parteien. Ohne einen Apparat von hauptamtlichen „Berufsrevolutionären" wäre eine kommunistische Partei unfähig, gegenüber den bestehenden Machtorganen (Staat, Wirtschaft, andere Parteien, Kommunikationsmittel) Einfluß zu gewinnen und ihre Politik erfolgreich zu vertreten. Die radikale Opposition benötigt zur Verbreitung ihrer Ideen Aktivisten und Funktionäre, und der hauptamtliche Parteiarbeiter ist dem ehrenamtlichen in vieler Hinsicht überlegen. Das Spannungsverhältnis zwischen Bewegung und Organisation, zwischen den Interessen radikaler Arbeitermassen und den Vorstellungen des bürokratischen Apparats wird kennzeichnend für eine bestimmte Phase der Entwicklung.

Der Apparat handelt und denkt bürokratisch-organisatorisch; sein Hauptziel ist die Bewältigung der „Aufgaben". Dazu muß die „Einheit der Partei" gewahrt bleiben. Innerer „Zank" schwächt den Einfluß der Partei nach außen. So werden Diskussionen über Prinzipien, aber auch solche über Strategie und schließlich auch über die Taktik vom Apparat als Disziplin-bruch verworfen. Die Führung wird „unfehlbar". Praktisch-organisatorisches Apparatdenken (nicht selten durch ideologischen Dogmatismus übertüncht) verdrängt die theoretische Reflexion.

Die Parteispitze bedient sich des hauptamtlichen Apparats, um die Partei bis ins kleinste zu reglementieren; dabei wird die Initiative der Mitglieder erstickt. Bei politischen Entscheidungen wird die Mitgliedschaft häufig zur Komparserie degradiert. Anstelle demokratisch gewählter Leitungen bestimmen die Sekretäre; der Apparat allein führt die Regie. Der Apparat selbst ist hierarchisch aufgebaut, seine Entscheidungen werden an der Spitze gefällt; die von den übergeordneten Leitungen vielfach abhängigen Apparatfunktionäre haben wenig Entscheidungsfreiheit, denn auch sie unterstehen als Befehlsempfänger den Direktiven der Führung. Die innerparteiliche Diktatur hat die Demokratie verdrängt. Dieser Trend bestand auch in der KPD der Weimarer Republik. Eine zweite Ursache der Stalinisierung der KPD lag in der Partei selbst. Fünf Jahre nach ihrer Gründung hatte die KPD ihren eigenen ideologisch-politischen Standort zwischen Sozialdemokratie und Syndikalismus noch nicht klar definiert. Eine Abgrenzung von anderen Richtungen erforderte jedoch ein Mindestmaß an Einheitlichkeit in der Partei selbst. Der Apparat war Träger dieser Vereinheitlichung, seine Macht wurde damit vermehrt. Die ideologische Verfassung der KPD förderte diesen Prozeß. Nach jahrelangen scharfen inneren Auseinandersetzungen mit der ständigen Gefahr einer Spaltung wuchs das Bedürfnis nach „Einheit". Die Kommunisten versuchten militärisch-diszipliniert zu denken und zu handeln, um ihren revolutionären „Krieg" zu gewinnen. Beschlüsse wurden zu Befehlen; die Partei glich einer Armee; die Disziplin wurde zum Gehorsam, den die Genossen oft freiwillig leisteten, um der „Sache" zu dienen. Der Glaube an die ausschließliche Richtigkeit der eigenen Politik und die Übernahme bolschewistischer Organisationsformen verstärkten diesen Prozeß.

Ohne Zweifel ist die Abhängigkeit der KPD von der Sowjetunion, die sich seit 1919 schrittweise vergrößerte, eine wichtige und die augenfälligste Voraussetzung der Stalinisierung. Der Apparat der KPD geriet — mehr noch als die eigentliche Partei — in eine zunehmende, nicht zuletzt auch finanzielle Abhängigkeit von der Moskauer Zentrale. Da die KPD lediglich als Sektion der Komintern galt und keine selbständige Partei darstellte, war die Abhängigkeit formell sanktioniert. Die Moskauer Zentrale (das EKKI) selbst, auf den internationalen Konferenzen von den Delegierten aller Mitgliederparteien gewählt, war eigentlich nur Exekutivorgan der Komintern. Die russische Partei war jedoch allen übrigen Mitgliederparteien erdrückend überlegen, sowohl an politischer Erfahrung und geistiger Potenz als auch an handfester Macht und großen materiellen Hilfsquellen. Da sich der Stalinismus in der Sowjetunion selbst zum herrschenden politischen System entwickelte, blieb nicht aus, daß sich der autoritäre Geist des sowjetischen Staatswesens über die russischen Führer der Komintern auf deren ausländische Sektionen ausbreitete. Das bedeutete nicht nur die Unterwerfung der KPD unter die sowjetische Staatspolitik, sondern auch Übernahme aller Formen der Apparatherrschaft.

Eine vierte Voraussetzung für die Stalinisierung lag in der — für die Situation der KPD in Deutschland nach 1924 charakteristischen — Diskrepanz zwischen den revolutionären Zielsetzungen der Partei und einer nichtrevolutionären Situation. Nach dem Ende der revolutionären Auseinandersetzungen und angesichts einer zunehmenden Passivität der Mitglieder wurde der Apparat zum beinahe einzigen aktiven Element in der schwungloser werdenden Partei, seine Macht wuchs enorm. Außerdem führte die restaurative Entwicklung der Weimarer Republik der KPD nicht nur Anhänger zu, sie drängte diese linken Kräfte vielmehr förmlich in ein gesellschaftliches und politisches „Ghetto". Ihnen erschien die Sowjetunion als leuchtendes Idol. Gegen die restaurative deutsche Gesellschaft aber geriet die KPD in eine unversöhnliche Frontstellung, wobei ihre Anhänger die reaktionären Tendenzen auch noch vereinfacht und vergröbert sahen. Diesen gläubigen Mitgliedern, einem Gros der Funktionäre und einem Teil der Führung erschien jede Abweichung und vor allem jede Kritik an der Sowjetunion als „Hilfe für den Gegner" — eine Einstellung, die die Tendenz zur bürokratisch-monolithischen Partei-struktur erheblich förderte.

Die vorliegende Untersuchung zeigt, daß der Prozeß der extremen Stalinisierung der KPD durch das Zusammenwirken dieser vier scheinbar unabhängigen, tatsächlich jedoch einander — wenigstens teilweise — bedingenden und verstärkenden Faktoren erfolgte. Die Tendenz zur Zentralisierung scheint unvermeidlich, jeder der Faktoren für sich unumgänglich. War deshalb die völlige Unterordnung der Partei unter eine Instanz, ja einen Willen, also die Stalinisierung eine notwendige und unvermeidliche Entwicklung?

Für die Aktionsfähigkeit der Partei war eine Vereinheitlichung notwendig: die hierarchisehe Parteistruktur mußte durch demokratische Impulse von unten korrigiert werden, die Unterordnung unter die Gesamtleitung der Komintern konnte nur durch eine Koordinierung mit Moskau geschehen, in Deutschland löste die KPD ihre Aufgabe am besten als aktive Kampfgemeinschaft gegen die restaurativen Strömungen der Weimarer Republik. Die Stalinisierung der KPD brachte statt dessen eine bürokratische Gleichschaltung, in der die Parteiführung mit Hilfe des hauptamtlichen Apparats eine fast unumschränkte Herrschaft ausübte. Es kam zur bedingungslosen Abhängigkeit von der Stalinschen Politik; die Partei entartete zur ultralinken Hilfstruppe des Sowjetstaates. Die Stalinisierung war also weit mehr als nur die „notwendige" Schaffung einer disziplinierten Partei.

Die entscheidenden innerparteilichen Veränderungen der KPD sind kaum als notwendiger und unumgänglicher ja wohl nicht einmal als folgerichtiger Werdegang des deutschen Kom-munismus zu begreifen. Äußere Einflüsse wirkten sich weit stärker aus als immanente Entwicklungstendenzen. Schließlich änderte sich nicht nur die innere Struktur der KPD, sondern auch ihre Politik.

Der deutsche Kommunismus entstand als Fortsetzung der revolutionären deutschen Arbeiterbewegung; seine sozialistische Zielsetzung entsprach der Intention der radikalen Arbeiter und kommunistischen Intellektuellen, die klassenlose Gesellschaft zu errichten. Die Stalinisierung der KPD, die Beherrschung der Bewegung durch den Apparat und die völlige Abhängigkeit von der Stalin-Führung in Moskau ließ diese Zielsetzung zur bloßen Ideologie erstarren und veränderte die Funktion der Partei. Statt der Selbstbefreiung der Arbeiterklasse erstrebte sie nunmehr die Apparatherrschaft stalinistischer Prägung. Die Unterordnung unter die Politik Stalins und ihre Verteidigung waren ihr oberstes Gebot. Schließlich ermöglichte erst die Wandlung der KPD durch die Stalinisierung die ultralinke Politik der Partei von 1929 bis 1933, die wesentlich zum Untergang der Weimarer Republik beitragen sollte.

Die Stalinisierung der KPD ist darüber hinaus ein Beispiel für die ständige Wandlung des Kommunismus. Die jüngste Metamorphose des Kommunismus, die „Entstalinisierung", macht die aktuelle Seite dieses Problems deutlich. Die Stalinisierung kann als Beweis dafür gelten, daß der Kommunismus weniger zu begreifen ist als die Verkörperung eines ideologischen Prinzips (Marxismus, dialektischer Materialismus, totalitäre Herrschaft usw.), sondern daß er primär als soziale Bewegung verstanden werden muß. Der Kommunismus ist aus bestimmten gesellschaftlichen Widersprüchen erwachsen: Er will die Gesellschaft entsprechend einer mehr oder weniger genau fixierten Programmatik ändern. Doch erweist sich der Kommunismus als dynamisches System, das sich auf Grund seiner eigenen Politik, seiner Umwelt und der Widersprüche von Programmatik und Wirklichkeit immer wieder selbst wandelt. Auch die kommunistische Bewegung entwickelt sich nicht nach einer im voraus berechneten Politik und Strategie. Anstatt den Lauf der Ereignisse durch ihre Politik zu bestimmen, wird ihre Politik oft vom Lauf der Ereignisse bestimmt.

Die Stalinisierung der KPD ist aber auch ein paradigmatischer Fall der Stalinisierung des Kommunismus überhaupt in den zwanziger Jahren mit speziellen Zügen. In Deutschland war es der Parteiführung nicht möglich, diese Entwicklung — wie in der Sowjetunion — mit Polizeigewalt zu forcieren. Die KPD war eine Massenpartei und keine Sekte, in der das Gewicht des Apparats oftmals gröber ist. dle konnte sich außerdem mehr oder weniger frei entwickeln und legal arbeiten. Sie besaß eine beachtliche Tradition an innerparteilicher Demokratie, die ihr sowohl aus der alten deutschen Sozialdemokratie wie aus der eigenen Entstehungszeit zuwuchs. Wenn unter solchen Umständen die Stalinisierung in knapp fünf Jahren vollzogen werden konnte, so lassen sich die wesentlichen Triebkräfte der Wandlung des Kommunismus deutlicher als anderswo ablesen.

Die innerparteilichen Veränderungen werden vor allem gesehen als Wandel der Organisationsstruktur (von breiter innerer Demokratie zu hierarchischer Diktatur) und der Funktion der Partei (von der radikalen deutschen Arbeiterpartei zur außenpolitischen Hilfstruppe der Sowjetunion Stalins). Mit diesen strukturellen Veränderungen ging auch eine Wandlung des ideologischen Rahmens einher. Die verbindliche „marxistische" Ideologie wurde dogmatisiert, anstelle theoretischer Reflexionen trat die ideologische Rechtfertigung und Verschleierung.

Die ideologischen bzw. politischen Richtungskämpfe innerhalb der KPD wurden in den zwanziger Jahren von mehr oder weniger festgefügten Gruppen bzw. Fraktionen geführt. Die meisten Gruppen wandten sich gegen den Stalinismus, den sie je nach ihrem eigenen Standort von links oder von rechts kritisierten und bekämpften. Die Veränderung der ideologisch-politischen Struktur der KPD bedeutete daher: Ausschaltung der Fraktionen (und damit der Opposition), Ersetzung des politischen und ideologischen Pluralismus der frühen KPD durch die Praxis und Ideologie des Stalinismus. Die verschiedenen Richtungen in der KPD (ähnliche Schattierungen traten in fast allen Kominternparteien auf) spielten also im Prozeß der Stalinisierung eine wichtige Rolle. Auch wenn es innerhalb der Gruppen Akzentverschiebungen gab und die Bezeichnung der Fraktionen (Linke, Rechte usw.) durchaus relative Begriffe sind, scheint es doch zweckmäßig, die verschiedenen Richtungen zunächst kurz zu skizzieren.

Im März 1926 unterteilte der Kominternvorsitzende Sinowjew die innerhalb der KPD vorhandenen Strömungen in drei Gruppen, deren Einfluß er quantitativ zu schätzen versuchte. Nach Sinowjew waren 80— 85 °/o linke Arbeiter, Anhänger der „Linken", 3— 5% rechte Arbeiter, Anhänger der „Rechten", und etwa 10% „ultralinke Arbeiter aller Schattierungen" Obwohl diese Einteilung recht grob ist und die geschätzten Prozentzahlen unbewiesen sind, enthalten Sinowjews Angaben dennoch Hinweise auf die Richtungen, die zwischen 1924 und 1929 in der KPD aktiv waren: 1. Die Rechten. Die rechten Kommunisten waren diejenigen Parteiführer (Brandler, Thalheimer, Walcher) und ihre Anhänger, die bis 1923 die Politik der KPD bestimmten. Nach der Oktoberniederlage 1923 hielten sie an ihren alten Positionen fest; sie gerieten deswegen in Konflikt mit der Komintern, und durch die Radikalisierung der KPD verloren fast alle ihre Funktionen. Die Rechten versuchten in Deutschland Realpolitik zu betreiben, vor allem bejahten sie die Einheitsfront mit der SPD, um gewisse Aktionsziele und eine Verbesserung der Lage der Arbeiter zu erreichen. Sie waren für die Mitarbeit der Kommunisten in den freien Gewerkschaften, für aktive Parlamentsarbeit usw. In der Theorie bejahten sie eine Synthese von „Leninismus" und „Luxemburgismus", sie knüpften an die Tradition der Linken der Vorkriegs-Sozialdemokratie an, das Gros ihrer Führer hatte dem Spartakus-bund angehört. Die Rechten lehnten Stalins Vormachtstellung in der Komintern ab, anerkannten diese aber für Sowjetrußland; sie waren Gegner von Trotzki und Sinowjew. Ihre Anhänger in der KPD waren vor allem qualifizierte Arbeiter (kaum Intellektuelle), Gewerkschafts-und Kommunalfunktionäre usw. Im eigentlichen Parteiapparat waren sie 1924 bis 1928 nur noch schwach vertreten, dagegen dominierten sie in einigen Nebenorganisationen (Rote Hilfe). Die Rechten hatten ihre Hauptstützpunkte in Sachsen und Thüringen und in Städten wie Offenbach, Stuttgart, Solingen. 1928/29 verließen fast alle Rechten die KPD bzw. wurden ausgeschlossen. Sie gründeten die KPO, die über 4000 Mitglieder zählte. In der KPD verblieb 1929 nur ein unbedeutender Rest der Rechten, der von der stalinistischen KPD absorbiert wurde.

2. Die Versöhnler. Anfang 1924 spaltete sich die KPD-Führung. Die Mehrheit trennte sich von Brandler/Thalheimer und bildete die „Mittelgruppe", hinter der damals etwa ein Viertel der Parteimitgliedschaft stand. Nach dem Sieg der Linken ging im Sommer 1924 ein Teil der Mittelgruppe und ihrer Führer (Remmele, Schneller, Koenen) zu den Linken über, andere führten unter Ernst Meyer die Opposition gegen Ruth Fischer fort. Nach der Ablösung Ruth Fischers stand diese Fraktion 1926 bis 1928 zusammen mit der kominterntreuen Linken unter Thälmann an der Spitze der KPD. Die seit 1927 als „Versöhnler" bezeichnete Gruppe unter Führung von Meyer, Ewert, Eberlein, Eisler, Schumann war leninistisch.

Sie bejahte wie die Rechte — von der sie sich hierin nur in Nuancen unterschied — eine kommunistische Realpolitik (Einheitsfront mit der SPD, aktive Gewerkschafts-und Parlamentsarbeit). Rechte und Versöhnler trennte vor allem die Haltung gegenüber der Sowjetunion und der Partei: Die Versöhnler traten betont für die Führungsrolle der KPdSU in der Komintern ein. Sie versuchten um jeden Preis innerhalb der KPD zu wirken; eine Parteispaltung kam für sie nicht in Frage. In der KPdSU hatten sie hauptsächlich Rückhalt bei Bucharin.

Die Versöhnler waren vor allem eine „Apparatfraktion", sie nahmen 1926— 1928 wichtige Positionen in der Partei ein (Sekretariate, Redaktionen). Sie stützten sich vorwiegend auf Intellektuelle und „Berufsrevolutionäre"; Arbeiter-Anhänger hatten sie in den Bezirken Halle-Merseburg, Westsachsen und Hamburg.

Nach Ernst Meyers Tod (Anfang 1930) kapitulierte Ewert und die Führung der Versöhnler vor dem ZK, doch wirkten Reste der Versöhnler-Gruppe in der KPD illegal weiter.

3. Die Linken. 1924 bekannten sich fast drei Viertel der Mitglieder zu den linken Kommunisten. Sie hatten sich als linke Opposition gegen die Parteiführung unter Ernst Meyer (1921/22) und unter Heinrich Brandler (1922/1923) zusammengeschlossen und besaßen bereits 1923 die Mehrheit in den wichtigen Industriebezirken Berlin, Wasserkante und Mittel-rhein. Mit Ruth Fischer, Maslow, Thälmann, Scholem, Schlecht, Katz u. a. an der Spitze übernahmen die Linken 1924 die Macht in der Partei; diese steuerte nun einen schärferen Kurs. Die Linken (viele waren 1920 aus der USP gekommen) vertraten abstrakt-radikale Tendenzen, sie wollten vorrangig das Endziel propagieren, lehnten Ubergangsforderungen ab und waren gewillt, den gewaltsamen Aufstand vorzubereiten. Sie waren gegen die Einheitsfront mit der SPD, empfahlen teilweise die Gewerkschaftsspaltung und betrieben in den Parlamenten Obstruktion. Die Mehrheit der Linken bejahte formal den Leninismus und trat für die Bolschewisierung der KPD ein. In der Partei stützten sich die Linken auf die radikalisierten Arbeiter, vor allem die Arbeitslosen; sie dominierten ab Mitte 1924 in allen Bezirken. Der Widerspruch zwischen ihrer ultraradikalen Politik und der Realität stürzte die KPD in eine Krise. Nun zeigte sich, daß innerhalb der Linken verschiedene Tendenzen bestanden: Im Frühjahr 1925, als die Mehrheit der Linken die radikale Haltung etwas lokkerte und eine realistischere Taktik einschlug, trennten sich die Ultralinken (s. unten) unter Führung von Scholem, Rosenberg und Katz von ihnen. Unter dem Druck der Komintern spaltete sich im Herbst 1925 auch die eigent-liehe Linke. Die kominterntreue Richtung (Thälmann, Geschke, Dengel, Schneller) übernahm die Parteileitung. Ruth Fischer, Maslow, Schlecht und ihre Anhänger wurden ihrer Funktionen enthoben. Sie bildeten erneut eine linke Opposition, die sich mit Sinowjew in der Sowjetunion identifizierte, während die Thälmann-Führung die deutsche Stalin-Fraktion wurde. Die linke Opposition war zunächst in Berlin noch stark. 1926/27 verließen zahlreiche Linke die Partei bzw. wurden ausgeschlossen. Der Versuch, im „Leninbund" die Linken zu sammeln, mißglückte, der Leninbund blieb eine Sekte. In der kominterntreuen Linken gab es in der Folgezeit noch einige Oppositionsgruppen, z. B. 1927 die „Chemnitzer Linke", 1930 die Merker-Gruppe und 1932 die Remmele-Neumann-Opposition, doch kapitulierten diese Fraktionen rasch vor dem ZK; ihre Anhänger blieben in der Partei. 4. Die Ultralinken. Sie spalteten sich im Frühjahr 1925 von den Linken ab. Den Kern der Ultralinken bildeten einerseits Intellektuelle in Führungspositionen der KPD (die Zentrale-Mitglieder Scholem, Rosenberg und Katz, außerdem Karl Korsch, Ernst Schwarz, Theodor Neubauer), andererseits Arbeitervertreter wie Hans Weber, Arthur Vogt und Wilhelm Kötter, die eine Mehrheit in den KPD-Bezirken Pfalz, Westsachsen und in Berlin-Wedding hinter sich hatten. Die Ultralinken lehnten 1925 die Rechtswendung der Fischer-Maslow-Thälmann-Führung ab; sie verharrten auf den alten linksradikalen Positionen. In Opposition gedrängt, wandten sie sich auch gegen den Führungsanspruch der KPdSU in der Komintern; sie waren die schärfsten Kritiker Stalins. In den erwähnten drei KPD-Bezirken hatten die Ultralinken zunächst die Mehrheit, sie waren auch in den Bezirken Ruhrgebiet, Nieder-rhein, Niedersachsen und in Teilen Thüringens stark, zählten mehrere Tausend aktive Anhänger und hatten vor allem Zulauf von arbeitslosen Parteimitgliedern. 1926 brachen die Ultralinken jedoch in divergierende Gruppen auseinander; bis 1928 hatten sie jeglichen Einfluß verloren. Die Gruppe um Iwan Katz wurde Anfang 1926 als erste aus der KPD ausgeschlossen (sie trat scharf antibolschewistisch auf); ihre Absicht, einen „Spartakusbund II" ins Leben zu rufen, scheiterte. Im Frühjahr 1926 spaltete sich auch die übrige Ultralinke: Unter Schwarz und Korsch bildete sich die Gruppe „Entschiedene Linke", die dann nochmals auseinanderbrach (Schwarz ging 1927 zur linksradikalen KAP). Scholem und seine Anhänger arbeiteten wieder mit Ruth Fischer zusammen; Rosenberg wandte sich nach rechts, er stand später — wie zahlreiche Ultralinke — der SPD nahe; andere zogen sich aus der aktiven Politik zurück. Die ultralinke Arbeiter-gruppe, die sogenannte Weddinger Opposition, konnte ihre Positionen in der Pfalz, in Westsachsen und in Berlin-Wedding nur bis 1927/28 halten. Die Weddinger Opposition zerbrach ebenfalls in rivalisierende Gruppen. Es gelang dem ZK, ihre Führer aus den Funktionen zu verdrängen; einige (Weber, Kötter) wurden ausgeschlossen, andere (Vogt) sowie weitere führende Ultralinke (Neubauer, Neddermeyer, Abusch) kapitulierten vor der Thälmann-Führung. Auch ein Teil der ultralinken Arbeiter ging wieder zur KPD zurück. Da die KPD ab 1929 selbst einen ultralinken Kurs vertrat, war dieser Opposition die Basis entzogen. 5. Apparat und Fachleute. Die bisher angeführten politisch-ideologischen Richtungen umreißen nicht die ganze Skala der in der KPD 1924— 1929 vorhandenen Gruppen. Viele Funktionäre und vor allem Apparatangestellte bekannten sich immer zu der jeweils herrschenden Fraktion, ohne sich mit einer bestimmten Tendenz zu identifizieren. Die ausgesprochenen „Fachleute" im Parteiapparat bemühten sich sogar, nicht in die Fraktiohskämpfe hineingezogen zu werden • (Parlamentarier wie Torgier oder Kasper, Propagandisten wie Duncker, Agrarspezialisten wie Rau und Hoernle, Redakteure, Kommunalpolitiker usw.). Sie förderten und beschleunigten den Prozeß der Stalinisierung — und ihr Gewicht in der Partei wuchs. Das gilt besonders für jene Apparatführer, die zwar an entscheidenden Machthebeln saßen, aber mehr im Hintergrund wirkten (Ulbricht, Dahlem). Die Zusammenarbeit dieser Apparatleute mit der komintern-treuen Linken, schließlich die Verschmelzung dieser beiden Gruppen zur deutschen Stalin-Fraktion waren die wichtigste Voraussetzung der Stalinisierung. Die Apparatführer und die Fachleute waren schon auf Grund ihrer Funktion gegen Fraktionskämpfe und für eine straff disziplinierte Partei, sie vor allem bejahten die Bolschewisierung der KPD. Darunter verstanden sie nicht zuletzt einen Kampf gegen die sozialdemokratische Tradition, aus der die KPD hervorgegangen war. Auch der organisatorische Aufbau der Partei tradierte vielfach auf sozialdemokratischen Gepflogenheiten, die durch die Bolschewisierung überwunden werden sollten. Die Ausschaltung der Fraktionen und die politisch-ideologische Vereinheitlichung auf der Grundlage des Stalinismus waren neben dem Wandel von Organisation und Funktion der KPD das wichtigste Ergebnis der Stalinisierung, die hier untersucht wird.

Der Organisationsaufbau in der Praxis

Bis 1925 stand an der Spitze der KPD die vom Parteitag gewählte Zentrale, danach das Zentralkomitee (ZK); die ausführenden Organe waren: Polbüro, Orgbüro und Sekretariat. Die Zentrale zählte zwischen sieben (1919) und 21 Mitgliedern (1923). Dem Polbüro gehörten zwischen fünf und acht Personen an. Ein hauptamtlicher Apparat (vor allem eine starke Gewerkschaftsabteilung) diente der Zentrale zur Anleitung der Bezirke, Unterbezirke, Kreise und Ortsgruppen. Die Zentrale wurde vom Zentral-Ausschuß (ZA) kontrolliert. Den ZA wählte der Parteitag auf Vorschlag der einzelnen Bezirke, um damit zu gewährleisten, daß auch die oppositionellen Bezirke in der Führung vertreten waren. Der ZA setzte sich 1923 aus 37 Mitgliedern und ebenso vielen Ersatz-mitgliedern zusammen; er tagte in der Regel alle zwei bis drei Monate. Wie manche andere Organisationspraxis, beruhte auch der ZA auf sozialdemokratischem Vorbild, er entsprach dem Parteiausschuß der SPD.

Als das Statut von 1925 den ZA abschaffte, verloren die Bezirke ihr Kontrollorgan und ihr Einfluß auf die Parteispitze ging zurück. Das Zentralkomitee (ZK) erhielt größere Machtbefugnis als die frühere Zentrale, es war nunmehr alleiniges Führungsorgan. Der Territorialaufbau der KPD änderte sich in der Periode der Weimarer Republik nur unwesentlich. Die Partei zählte um die 25 Bezirke, die entsprechend in Unterbezirke, Kreise usw. unterteilt waren. Die einschneidenden Änderungen der Parteistruktur in den zwanziger Jahren wirkten sich vor allem in drei Bereichen aus: erstens in der Parteispitze, zweitens im Parteiapparat der hauptamtlichen Funktionäre und drittens in den Grundorganisationen der KPD.

Aufbau und Funktion der KPD-Spitzenführung entsprachen den Anweisungen des EKKI in Moskau. Eine Organisationsberatung des EKKI hatte 1925 gefordert, das ZK müsse aus 25 oder mehr Mitgliedern und einigen Kandidaten bestehen, außerdem wurden ein Pol-und Orgbüro sowie ein Sekretariat aus zwei bis drei Mitgliedern vorgeschrieben Die 2. Orgkonferenz des Exekutivkomitees der Kommunistischen Internationale (EKKI) 1926 präzisierte «ie Anweisungen. So sollte z. B. das Plenum des ZK einmal im Monat tagen, Pol-büro, Orgbüro und Sekretariat sowie die Ab-teilungsleiter des Apparates sollten vom ZK gewählt werden n).

Das deutsche ZK zählte bis zum XI. Parteitag 1927 zwar weniger Mitglieder als vorgesehen, aber sonst hielt sich die KPD exakt an die Anweisungen der Komintern. Die zentrale Parteiführung bestand aus beschließenden Körperschaften (ZK, Polbüro und Orgbüro) und Arbeitsorganen (Sekretariat, Abteilungen bzw.

Ressorts beim ZK).

Nominell höchstes Organ zwischen den Parteitagen war das ZK, das sich aus 19 Mitgliedern und neun Kandidaten (1925— 1927) bzw. 35 Mitgliedern und 18 Kandidaten (1927— 1929) zusammensetzte Außer den entscheidenden Parteiführern gehörten dem ZK auch Bezirksfunktionäre und ab 1927 Betriebsarbeiter an. Da das ZK immer seltener zusammentrat, verlor es an Bedeutung, außerdem wurde die Wahl des ZK auf dem Parteitag immer offensichtlicher vom Apparat gegängelt. 1924 entsprach die vom Parteitag gewählte Zentrale dem fraktionellen Kräfteverhältnis in der Partei und damit dem Willen der aktiven Mitglieder. Anhänger verschiedener Richtungen wurden auch 1927 noch ins ZK gewählt. Der Parteitag von 1929 bestimmte ein einheitliches ZK, ein Akklamationsorgan, das den Wünschen und Vorstellungen der Führung entsprach. In den Beschlußkörperschaften verlagerte sich die Befehlsgewalt auf das Polbüro. Die sieben Mitglieder und vier Kandidaten des Polbüros (1927) mußten mindestens einmal wöchentlich zusammenkommen; sie hatten alle politischen Fragen zu entscheiden. Das vom ZK gewählte Orgbüro, das ebenfalls wöchentlich beriet, hatte „die Verteilung der aktiven Partei-kräfte" zu bestimmen und sich mit allen Organisationsfragen zu befassen. 1926 wurde das Orgbüro aufgelöst; seine Aufgaben hatten sich oftmals mit denen des Sekretariats (Politsekretariat) überschnitten. Damit stiegen die Befugnisse des Sekretariats, der eigentlichen Macht-zentrale der KPD. Das zahlenmäßig kleine Sekretariat (es setzte sich aus drei bis vier Mitgliedern zusammen) mußte den Apparat des ZK, d. h. die verschiedenen Abteilungen, anleiten. Durch die Koordinierung der Arbeit aller Abteilungen una die Verbindung mit den ezirken sollte das Sekretariat die Beschlüsse s Polbüros (und bis 1926 des Orgbüros) in ie Praxis umsetzen. Tatsächlich dirigierte das ekretariat weitgehend die Politik der Partei, lit der Ausdehnung des Parteiapparats in den ahren nach 1924 waren Einfluß und Bedeuing des Sekretariats rasch angewachsen. Die esamte Korrespondenz mit den Bezirken, d. h. iktisch die Anleitung der Partei, konnte nur ber das Sekretariat erfolgen, das damit eine chlüsselposition in der Parteihierarchie einahm. Da in der Regel alle Sekretäre auch dem olitbüro angehörten, waren die Sekretäre die igentlichen Führer der Partei.

Jach den Vorschriften der Komintern mußte eim ZK ein Ressort-Apparat mit mindestens olgenden Abteilungen eingerichtet weren: Organisation, Gewerkschaften, Agitprop, hauen, Land sowie eine Geschäftsabteilung mit Buchhaltung und Kasse). In den einzelnen Abteilungen gab es wiederum Unterabteilunen

An dieses Schema hielt sich die KPD. Nach lern „Offenen Brief" von 1925 wurde der zenrale Parteiapparat reorganisiert. Neben der bereits bestehenden Agitprop-Abteilung erhielt das ZK eine umfangreiche Gewerkschafts-und eine Organisationsabteilung 'Jach zuverlässigen Schätzungen arbeiteten Anfang 1926 in der Gewerkschaftsabteilung 30 and in der Organisationsabteilung 18 Funktionäre, dem Polbüro standen weitere 12 Mitarbeiter zur direkten Verfügung

Die Abteilungen waren Arbeitsstäbe des ZK-Sekretariats. Ein Sekretär war für mehrere Abteilungen zuständig. Allein der Sekretär konnte bestimmen, „in welchen beschließenden Körperschaften des ZK (d. h. Polbüro oder Orgbüro) die von den Abteilungen gestellten und vorbereiteten Fragen entschieden" werden. „Die Erörterung der von der Abteilung gestellten und vom Sekretariat geprüften Fragen und deren Entscheidungen durch die leitenden Organe des ZK" konnte nicht ohne den verantwortlichen Sekretär stattfinden . An der Spitze der Abteilungen stand ein vom ZK eingesetzter Abteilungsleiter (der zugleich Mitglied des Orgbüros war, bis dieses 1926 aufgelöst wurde). Dem Abteilungsleiter standen für die Arbeit politische und technische Mitarbeiter sowie Instrukteure und Hilfskräfte zur Verfügung. Uber die Struktur der Orgabteilung hieß es: „ . . . 2. Die laufende Arbeit der Orgabteilung wird unter den ständigen verantwortlichen Mitarbeitern verteilt. Der Leiter führt die Arbeit der Abteilung, gibt den Mitarbeitern konkrete Hinweise und Aufgaben, überwacht deren Durchführung, unterhält die Verbindung der Abteilungen mit dem Sekretariat des ZK. Die laufende Arbeit der Orgabteilung wird nach Gebieten unter den verantwortlichen Mitarbeitern verteilt, wie z. B. Reorganisation der Partei, Mitarbeit in der Presse, Verbindung mit den anderen Abteilungen des ZK u. dgl. Möglich ist auch die Zuteilung bestimmter Parteibezirke an die verantwortlichen Mitarbeiter der Orgabteilung zur ständigen Bearbeitung . . .

Aufbau und Methoden der übrigen Ressorts ähnelten denen der Orgabteilung. Folgende Arbeitsmethoden wurden angewendet: 1. Entsendung von ZK-Instrukteuren in die Bezirke, 2. Durchführung von Organisationsberatungen auf Bezirksebene, 3. Besprechungen mit den Bezirks-Orgleitern, 4. ständige schriftliche und persönliche Verbindung mit den Bezirken, 5. Rundschreiben, 6. Ausnutzung der Partei-presse, 7. Broschüren, Handbücher usw. Nach diesem Prinzip arbeiteten auch die übrigen Abteilungen. Die Gewerkschaftsabteilung hatte außerdem die kommunistischen „Fraktionen" in den Gewerkschaften und Genossenschaften anzuleiten.

Ende 1929 wurde die zentrale Organisationsarbeit verändert. Die Orgabteilung wurde als selbständiger Apparat aufgelöst; sie war nunmehr dem Sekretariat direkt unterstellt Das bedeutete einen weiteren erheblichen Machtzuwachs des Sekretariats.

Die immer straffer und bürokratischer werdende Leitung der Organisation durch die Zentrale verminderte die demokratischen Impulse von unten. Der Einfluß der gewählten Funktionäre schwand in dem Maße, in dem die Macht der besoldeten Parteiangestellten zunahm, über den Apparat selbst wird an anderer Stelle berichtet. Es kann jedoch schon hier festgestellt werden, daß der gesamte Parteiapparat in immer größere Abhängigkeit von der Zentrale geriet.

Der hierarchische Aufbau des Parteiapparats schritt rasch voran. Bereits 1924 hieß es: „Alle Parteileitungen unterliegen der Bestätigung der nächsthöheren Instanz", die Parteiangestellten im Bezirk „können von den Bezirks-organen nur im Einverständnis mit der Zentrale eingestellt oder abberufen werden" Nach dem Frankfurter Parteitag 1924 wechselten die Linken nicht nur weitgehend die Parteiangestellten aus, sie änderten auch die Führungsstruktur. Die linke Zentrale verdammte vor allem „die Ressortarbeit", denn sie habe sich „zu einem Bürokratismus" ausgewachsen. „Die Hauptarbeit der Zentrale bestand zunächst darin, den Ressortfimmel zu überwinden und eine gesunde Arbeitsteilung mit straffster Zentralisierung zu verbinden . . . Mit dieser Reorganisation war ein weitgehender Abbau im Apparat verbunden . . ."

Der Frankfurter Parteitag verpflichtete das ZK und die Bezirke, auch „eine Registratur der leitenden Parteiarbeiter zu schaffen". Vergangenheit, Dauer der Parteizugehörigkeit, bisher ausgeübte Funktionen und besondere Fähigkeiten auf dem Gebiet der Politik, Organisation, Gewerkschaften, Sprachen sollten festgehalten werden Damit begann eine zentralistisch geplante und gezielte Kaderpolitik, die es der Führung erlaubte, personelle Entscheidungen nach ihren personalpolitischen Gesichtspunkten zu fällen.

Ebenfalls 1924 begann die Vereinheitlichung der Bezirksleitungen. Die vom Bezirksparteitag gewählte Bezirksleitung (BL) bestimmte die Leiter der Ressorts (Gewerkschaft, Agitprop, Betriebsräte, Kommunales, Genossenschaft), die beratend an den Leitungssitzungen teilnahmen Struktur und Aufgaben der BL wurden 1925/26 konkretisiert. Die Bezirksleitung wählte aus ihrer Mitte eine engere Leitung (engere BL) von sieben bis zehn Mitgliedern und ein hauptamtliches Sekretariat mit drei bis vier Mitgliedern. Der Politische Leiter (Polleiter) trug die alleinige Verantwortung für die gesamte Arbeit im Bezirk: „ .. . er leitet, überwacht und verbindet die Arbeit sämtlicher Abteilungen und Organe. Bei ihm bzw. beim Orgsekretär läuft alle Post ein, die er zu erledigen an die Sekretäre bzw. Abteilungsleiter weitergibt, mit ihnen bespricht, deren Durchführung er kontrolliert. Die gesamte ausgehende Korrespondenz muß durch seine Hände gehen.“ über ihre Arbeit mußte die BL mindestens einmal im Monat genauen Bericht an das ZK erstatten

Seit 1926 leitete das ZK den Parteiapparat straffer. Es wurde unumwunden gefordert, „daß die Leitungen größere Machtbefugnisse haben müssen, als es bisher der Fall war" Die Wahl der Leitungen bzw. Sekretariate und der Abteilungs-und Ressortleiter dürfe „nicht mehr wie bisher in der Mitgliederversammlung bzw. Delegiertenkonferenz, sondern müsse durch die betreffende Gesamtleitung" erfolgen. Das war vor allem für die Bezirksleitungen einschneidend. Bis 1926 wurden der Polleiter und die Sekretäre vom Bezirksparteitag gewählt. In diesem relativ großen Gremium gelang es Apparat und Zentrale nicht immer, den von oben vorgesehenen Kandidaten durchzubringen. Nun wählte der Bezirksparteitag nur noch die Gesamt-BL, diese wiederum bestimmte die „engere BL" sowie Sekretariat und den Polleiter. Im kleinen Kreis der BL gelang es den ZK-Emissären und dem Apparat eher, ihre Kandidaten durchzusetzen; schließlich gestattete die Führung sogar der „engeren BL", die Sekretäre einzusetzen Um zu verhindern, daß andererseits der lokale oder bezirkliche Parteiapparat zu stark werde (und auch aus ideologischen Gründen), bestimmte das ZK, daß von den 7 bis 13 Personen der engeren Leitung nur ein Drittel Parteiangestellte sein durften In der Regel bestand das Sekretariat aus Polleiter, Orgleiter und Sekretär für Gewerkschaften, in größeren Bezirken kam noch ein Agitprop-Sekretär dazu. Das Sekretariat, das schrittweise zur allein bestimmenden Leitung im Bezirk wurde, traf sich zu täglichen Sitzungen Noch straffer wurden Unterbezirke und Kreise von der BL angeleitet Bereits Ende 1925 beschloß die Führung, alle Unterbezirks-Sekretäre seien nicht mehr in den Unterbezirken zu wählen, sondern als Angestellte der BL von dieser einzusetzen. In der Befehlsgewalt des hierarchisch aufgebauten Apparats erblickte die Parteiführung einen Fortschritt; ihr Ziel war es, mit Hilfe des disziplinierten Parteiapparats den Kurs der Partei allein zu bestimmen. 1927 wurde prophezeit: „Wir sind ... auf dem Wege, einen bolschewistischen Parteiapparat aufzubauen."

Die Zahl der hauptamtlichen Funktionäre blieb relativ klein dennoch bestimmte dieser Apparat weitgehend Politik und Linie der Partei und beherrschte das gesamte Parteileben. Die Opposition warf der Parteiführung Ende 1928 vor, sie mißbrauche den Parteiapparat, die Organisation und die Presse zur Irreführung der Parteigenossen; sie dulde bei den Angestellten (Sekretäre und Redakteure) nicht die Spur einer eigenen Meinung. Durch Maß-regelungen, Einschüchterungen, Korrumpierung und Beschimpfung würden „einstimmige Beschlüsse" erreicht 1928 verlangten die Versöhnler Wählbarkeit und Absetzbarkeit aller Funktionäre durch die Mitglieder. Die Parteiführung erklärte, eine solche Forderung sei falsch, nur die Parteileitungen seien zu wählen. „Welche Funktionäre die Parteiführungen für die Arbeit heranziehen, muß von ihnen selbst geprüft werden. Es ist in Widerspruch zum demokratischen Zentralismus und würde die Ausschaltung der Leitungen bedeuten, wenn alle Funktionäre durch die Mitglieder gewählt würden..." Damit bestätigte die Führung: Mitarbeiter des Apparats, Sekretäre, Redakteure usw. waren nicht von den Mitgliedern zu wählen und diesen daher auch nicht verantwortlich.

Anfang 1930 konstatierte eine andere Oppositionsgruppe: „Der von Parteiangestellten beherrschte Funktionärskörper drückt in Partei-sitzungen und Versammlungen jeden ihm in die Hand gegebenen Beschluß durch." Für den Apparat sei die Hauptsache, daß er eine einstimmige Annahme melden könne. Die Opposition verlangte, den „Zwang einer ungesunden Parteidisziplin zu brechen" Dazu war es zu spät. Die Veränderung der Leitungen hatte weitgehend den von der Führung erstrebten Erfolg gebracht: eine disziplinierte und zentralisierte Organisation geschaffen.

Allerdings war das Problem nicht restlos im Sinne der Führung gelöst worden. Ende 1929 wurden viele Funktionäre ausgewechselt, da sie die Absichten der Führung nicht realisiert hatten. „Das Versagen vieler Genossen in den Leitungen verlangt von der Partei gebieterisch, eine gründliche Reinigung von allen schwankenden Elementen. Neue Elemente, die sich in den Kämpfen des Proletariats bewährt haben, müssen in die Leitung hinein."

Die überwiegende Mehrheit der Funktionäre bestand aus ehrenamtlichen Mitarbeitern; deshalb genügte es nicht, den hauptamtlichen Parteiapparat zu reglementieren. Eine monolithische Partei war nur zu schaffen, wenn alle Funktionäre, ja sogar alle aktiven Parteimitglieder der Parteiführung ohne Widerspruch folgten. Beinahe ein Drittel der Mitgliedschaft war 1930 in rund 8000 Parteileitungen als Funktionäre aktiv Die meisten betätigten sich in den 6000 Grundorganisationen, denen die Führung seit Mitte der zwanziger Jahre erhöhte Aufmerksamkeit schenkte.

Das Problem der Grundorganisation war vor allem: soll die KPD — nach dem Vorbild der KPdSU — auf der Basis der Betriebszellen aufgebaut sein oder sollen — nach sozialdemokratischer Tradition — die Wohnbezirke die untersten Parteieinheiten bilden? 1919 hatte die KPD zunächst versucht, eine „Verbindung von Wohnbezirks-und Betriebsorganisation" herzustellen, doch setzte sich Anfang der zwanziger Jahre die Wohnbezirksorganisation durch. Im Mai 1923 nahm die Parteiführung nach einer entsprechenden Begründung durch Ulbricht eine Resolution an, in der die Schaffung von Betriebszellen gefordert wurde

Die Betriebsarbeit wurde als Schwerpunkt angesehen: „ . . . unsere Kraft liegt nicht in öffentlichen Versammlungen allein. Diese sind nur ein Mittel, und nicht das wichtigste. Viel, viel, viel wichtiger ist, daß wir in den Betrieben und Gewerkschaften erfolgreich arbeiten." Während der Illegalität der KPD, Anfang 1924, beschloß die Parteiführung, Grundeinheit der Partei sollten die in Fünfer-gruppen gegliederten Betriebszellen sein Es wurde sogar erklärt: „Die entscheidende Vorbereitung der Kommunistischen Partei für den siegreichen Kampf ist der Aufbau der Betriebszellen." Mit der „Bolschewisierung" der Partei 1924/25 beabsichtigte die Führung, die Betriebsorganisationen endgültig zur Basis der KPD zu machen. Nunmehr bestimmte das EKKI: Mitglieder der Partei „müssen in Betriebszellen zusammengefaßt werden und sich in diesen aktiv betätigen" Doch trotz aller Anstrengungen und obwohl das Statut von 1925 Betriebszellen vorschrieb, gelang die Umstellung in der Praxis nur teilweise 1927 waren 15% der Parteimitglieder in Betriebszellen organisiert, 1928 sogar nur noch 12 % Trotz aller Anstrengungen stieg der Anteil auch 1929 und 1930 nicht nennenswert. Auch der XII. Parteitag 1929 mußte die Organisation und Mitglieder erneut „kategorisch auf die Bedeutung der kommunistischen Arbeit im Betriebe" hinweisen, noch immer mußte die Führung „restlose Umstellung der Partei auf Betriebszellen" fordern 1930 war es nur im Bezirk Ruhr gelungen, ein Drittel der Mitglieder in den Betriebszellen zu erfassen. In allen anderen Bezirken stagnierte die Überführung (Halle-Merseburg = 13 %, Thüringen = 10 %, Ostpreußen = 9 %, Hessen = 4 % usw.). Die Zahl der Betriebszellen ging sogar zurück: 1926 = 2243, 1927 = 2135, 1928 = 1556, 1929 = 1411, 1930 = 1524

Das war zum Teil auf eine schwache Verankerung der Kommunisten in den Betrieben zurückzuführen. Bei der Reichskontrolle im Januar 1927 hatte sich herausgestellt, daß überhaupt nur 53 % (der damals 143 172 Mitglieder) in Betrieben beschäftigt waren Mit Beginn der Wirtschaftskrise ging der Anteil der Betriebsarbeiter in der KPD stetig zurück. Die Umstellung der Partei auf Betriebszellen sollte nach der offiziellen These den Einfluß der KPD in den Betrieben verstärken. Das war aber auch vor der Krise nicht erreicht worden. 70 % der kommunistischen Betriebsarbeiter waren in Betrieben mit weniger als 500 Beschäftigten tätig, nur 7 % arbeiteten in Großbetrieben mit mehr als 3000 Beschäftigten. Nur in der Hälfte aller Großbetriebe (mit über 5000 Beschäftigten) hatte die KPD Betriebsgruppen, und auch diese waren schwach. Bei Krupp in Essen (21 000 Arbeiter) zählte die KPD-Zelle beispielsweise 1930 nur 90 Mitglieder Die Umstrukturierung der Partei hatte ihr politisches und organisatorisches Ziel nicht erreicht.

Die Zerschlagung der alten Orts-Parteiorganisation und ihre Ersetzung durch Betriebs-und Straßenzellen hatte aber auch einen innerparteilichen Aspekt. In den Wohnorganisationen waren die Funktionärversammlungen ein wichtiges politisches Gremium. Die Zusammenfassung aller Funktionäre zu regelmäßigen Besprechungen förderte das politische Leben der Partei vor allem in den großen Städten. Die innerparteilichen Auseinandersetzungen wurden auf diesen Veranstaltungen am heftigsten ausgetragen. Mit dem Umbau auf Zellenorganisationen sollten die Funktionärsversammlungen abgeschafft und gleichzeitig durch Delegiertenversammlungen ersetzt werden. Das schien im Sinne der innerparteilichen Demokratie zu liegen, tatsächlich wurde damit jedoch die Vormachtstellung des Apparats verstärkt. In den großen Funktionärsversammlungen entschieden politische Argumente, rhetorisches Geschick der Redner usw. die Abstimmung, in den kleineren Zellenversammlungen aber konnte der Apparat seinen Einfluß leichter geltend machen. Apparatfunktionäre konnten in jede kleine Zelle geschickt werden und im Sinne der Führung argumentieren; der Opposition fehlten dazu die Kräfte. Die Delegiertenversammlungen waren entsprechend linientreu zusammengesetzt. Neben der Verdrängung der Opposition kam es dem Apparat auch auf die Ausschaltung „überflüssiger" politischer Diskussionen in den Funktionärs-versammlungen an sowie auf die Belebung praktischer, d. h.organisatorischer Arbeit in den Zellen und Delegiertenkonferenzen.

Die Organisationsfunktionäre, die den innerparteilichen Zwist als „parteischädlich''haßten, forcierten die Umstellung auf Betriebszellen ganz besonders. Sie trieben den Umbau auf Zellen 1925 voran. Dagegen rebellierte die Opposition. Nur die Hälfte der Betriebszellen funktioniere, man sei in eine Sackgasse geraten, konstatierte Scholem vor dem X. Parteitag 1925 für die ultralinke Opposition. Er protestierte gegen die Abschaffung der Funktionärs-versammlungen, da mit dieser Maßnahme nur die Opposition getroffen werden sollte. Tatsächlich konnte die linke Opposition nicht zuletzt durch die Umstellung auf Parteizellen verdrängt werden. Anfang Oktober 1925 wandte sich eine Versammlung der Berliner Zellen-Obleute von der oppositionellen BL ab und begrüßte die Komintern-Linie. Damit begann der Zerfall der linken Opposition in Berlin.

Die Komintern bezeichnete die früher üblichen Funktionärsversammlungen als „direkte Gefahr für die Partei". Die KPD-Führung rief die Partei auf, „Gegner der Zellenorganisation aus den führenden Positionen auszuschalten". Die „Weddinger Opposition" versuchte zu beweisen, daß die Betriebszellen „nicht die richtige Organisationsform für die deutsche Partei" sei, die Zellenorganisation habe zur Inaktivität und zur Bürokratisierung geführt. Die Parteiführung wischte solche Einwände beiseite. Obwohl der Umbau auf Betriebszellen mißglückt war, wurde weiterhin am Zellensystem festgehalten.

Die KPD behauptete, durch die Veränderung ihrer Führungsspitze, die Zentralisierung des Apparats und die Umstellung auf Betriebszellen habe sie die sozialdemokratische Tradition überwunden. Im Selbstverständnis war die Partei nunmehr vom „Sozialdemokratismus“ gereinigt. Die Unterschiede zwischen einer kommunistischen und einer sozialdemokratischen Organisation stellten sich in der KPD-Sicht so dar: 1. Die SPD leistet ihre Hauptarbeit außerhalb, die KPD innerhalb der Betriebe. 2. Die SPD-Politik führt von Kampagne zu Kampagne, hauptsächlich von Wahl zu Wahl, die KPD organisiert in zäher Tagespolitik die Massen. 3. In der SPD ist die treibende Kraft die Parteispitze, die Massen der Mitglieder sind passiv, in der KPD sind gerade die Massen aktiv. 4. Die SPD hat keine feste Disziplin, die KPD verfügt über eine „eiserne Disziplin". 5. Sozialistische Parteien sind ihrer Struktur nach Föderationen verschiedenartiger Auffassungen, kommunistische Parteien „müssen aufgebaut werden als geistig absolut monolithe Organisationen"

Diesen theoretischen Postulaten entsprach die Wirklichkeit der KPD keineswegs. Auch sie leistete ihre Arbeit mehr außerhalb als innerhalb der Betriebe, wie die Schwäche ihrer Betriebszellen zeigt. Ihre Arbeit war durchaus nicht kontinuierlich, sondern ging ebenfalls von Kampagne zu Kampagne, auch wenn das nicht ausschließlich Wahlkämpfe waren, sondern Antikriegstage, RFB-Treffen, Vorbereitung der Parteitage usw.

Da die KPD weitaus weniger Mitglieder als die SPD hatte, war die Zahl der kommunistischen Aktivisten zwar prozentual größer, aber es waren durchaus nicht alle Mitglieder aktiv. Die Orgabteilung des EKKI warf der KPD z. B. im August 1925 vor: „Die Hauptschwäche der Parteiorganisation besteht darin, daß nur ein geringer Teil der Parteimitglieder Parteiarbeit leistet." Auch vier Jahre später, im August 1929, schätzte die Komintern den Anteil der „passiven Elemente" auf 30 bis 60 Prozent

Was schließlich die „eiserne Disziplin'der KPD und die „monolithe" geistige Ausrichtung der Partei angeht, so konnte eine Annäherung an diese Ideale erst nach Beendigung der Fraktionskämpfe, also ab 1929 erreicht werden. Die Wirklichkeit der KPD-Organisation war somit nicht grundsätzlich von der der SPD unterschieden, wie die Kommunisten glauben machten und selbst wünschten. Die sozialdemokratische Tradition wirkte in der KPD noch sehr lange nach.

Politische Meinungs-und Willensbildung in der KPD

Die KPD behauptete, die Willensbildung in der Partei erfolge demokratisch, Entscheidungsprozesse würden durch die Mehrheit entschieden. In der Praxis konnte die Parteiführung die Willensbildung jedoch manipulieren und alle wesentlichen Fragen selbst entscheiden oder — genauer gesagt — sie konnte die Anweisungen der Komintern ausführen bzw. konkretisieren; die Mitgliedschaft hatte kaum Einfluß auf diese Entscheidungen. Die KPD-Führung bemühte sich, eine monolithische Parteiorganisation zu schaffen. Voraussetzung dafür war die einheitliche Ausrichtung des Apparates, der Funktionäre und der Mitgliedschaft. Nur eine Minderheit der Mitgliedschaft nahm überhaupt am Parteileben teil, und diese aktiven Mitglieder beeinflußte die KPD-Führung mit Hilfe der Presse; die Funktionäre wurden überdies durch die Parteischulung indoktriniert. Die zentralistische Partei-einheit sollte aber vor allem durch Überwindung der Fraktionen und Ausschaltung oppositioneller Elemente geschaffen werden.

Die Parteipresse hatte die Aufgabe, die Kommunisten zu informieren, über die Aktivität der Kommunisten zu berichten, die Politik der KPD nach außen zu vertreten, den Einfluß der Partei zu vermehren, neue Anhänger und Mitglieder zu gewinnen und die Partei anzuleiten. Da die KPD-Presse nur über 1 Prozent aller Zeitungen in Deutschland verfügte, blieb ihre Wirkung gering. Ende 1926 zählte die KPD 133 000 Mitglieder, die KPD-Presse hatte insgesamt eine Auflage von nur 282 000 Exemplaren.

Die Resonanz der kommunistischen Zeitungen in Deutschland war schwach, um so wichtiger waren die ihr zugedachten innerparteilichen Aufgaben: sie sollte als „kollektiver Organisator" wirken und prägte damit weitgehend die politische Meinung der KPD-Mitgliedschaft.

Die Parteizeitungen waren ursprünglich von der Zentrale relativ unabhängig. Die Bezirke bestimmten die Redakteure; allerdings mußten Veröffentlichungen der Zentrale in den Bezirkszeitungen gebracht werden. Vor der Vereinigung mit der USPD besaß die KPD außer dem Zentralorgan „Die Rote Fahne" nur sechs Bezirkszeitungen, deren Auflage keine 100 000 Exemplare betrug, 1921 verfügte die KPD über 33 Tageszeitungen (davon waren elf Kopfblätter). Die meisten dieser Zeitungen waren von der USP übernommen worden und führten deren Tradition weiter fort. Auf dem Vereinigungsparteitag 1921 wurde zwar die politische und taktische Haltung der Presse der Kontrolle der Zentrale unterstellt, doch erst durch die Schaffung einer zentralen Agitprop-Abteilung im September 1923 wurde das Pressewesen zentralisiert. In der Ruth-Fischer-Ara bildete sich schließlich die Praxis heraus, Chefredakteure und politische Redakteure der Zeitungen durch die Zentrale einzusetzen und abzuberufen. Damit waren sie weitgehend von den Bezirksleitungen unabhängig und dem ZK gegenüber verantwortlich Während der Fraktionsauseinandersetzung 1925 bis 1928 zeigte sich, daß die Zentrale ihr Ziel nicht überall erreichte. Der „Volkswille" in Suhl z. B. wurde 1926/27 von Heym im linksoppositionellen Sinne redigiert. 1928 vertrat der „Klassenkampf" in Halle einige Wochen die Ansichten der Versöhnler, die in der BL die Mehrheit besaßen. Im gleichen Jahr war es dem ZK möglich, oppositionelle Chefredakteure ohne Widerstand abzulösen Da die Parteizentrale inzwischen auch die Verlage und Druckereien dirigierte, konnte sich eine Parteizeitung kaum noch gegen die Führung stellen.

Ein wichtiges Instrument zur Beherrschung der Presse schuf sich die Parteispitze mit der 1924 gegründeten PEUVAG (Papiererzeugungs-und Verwertungs Aktiengesellschaft), eine Dachgesellschaft mit lokalen Betrieben, ähnlich der fast gleichzeitig errichteten „Konzentration" der SPD. Die PEUVAG übernahm die KPD-Druckereien in den einzelnen Bezirken und stellte sie unter eine zentrale Leitung. Ende der zwanziger Jahre gehörten sämtliche KPD-Druckereien, mit Ausnahme des Hamburger Betriebs, der PEUVAG. Die Hamburger Drukkerei blieb eine selbstständige Genossenschaft, wohl nicht zuletzt, weil Thälmann dort Einfluß hatte

Auch das Verlagswesen wurde zentralisiert. Bereits 1925 rügte das EKKI die große Zer-Splitterung der Zeitungen und forderte eine Zusammenlegung In den Bezirken gab es im allgemeinen nur ein Parteiblatt. Ab 1926 wurde in den beiden Bezirken Niedersachsen und Hessen-Kassel sogar nur noch ein gemeinsames Organ verbreitet. In einigen Bezirken erschienen jedoch mehrere selbständige Zeitungen; sie waren 1920 größtenteils von der USP übernommen worden. Nach dem Zusammenschluß von Verlagen wurden 1925 auch im Bezirk Ruhr einige Zeitungen eingestellt. Ab 1926 wurde nur noch das Essener „Ruhr-Echo" mit den beiden Kopfblättern „Westfälischer Kämpfer" (Dortmund) und „Niederrheinische Arbeiterzeitung" (Duisburg) herausgegeben. Im Oktober 1927 wurden im Bezirk Niederrhein 4 Parteiblätter zusammengelegt. Die „Freiheit" wurde von einem PEUVAG-Betrieb gedruckt, und auch der Verlag war eine Filiale der Berliner Zentrale. Eine ähnliche Zentralisierung der Presse erfolgte Ende der zwanziger Jahre auch im Bezirk Thüringen.

Die Redaktionen stützten sich im wesentlichen auf die Informationen des offiziellen Partei-pressedienstes und auf die Internationale Presse-Korrespondenz (Inprekorr). Schließlich wurde ein Materndienst eingeführt, der sicherstellte, daß wichtige politische Fragen und vor allem innerparteiliche Probleme in der Gesamt-presse einheitlich behandelt wurden. Das ZK nahm außerdem durch direkte Rundschreiben an die Redaktionen und durch Besprechungen mit den Chefredakteuren Einfluß auf die Zeitungen.

Die zentrale Zeitschrift „Der Parteiarbeiter" befaßte sich hauptsächlich mit Organisationsfragen, diente aber auch der Ausrichtung der Funktionäre. Daneben existierten in verschiedenen Bezirken Funktionärorgane, die jedoch nicht regelmäßig erschienen. Die führenden Kader wurden seit Herbst 1925 von einer „Informations-Abteilung" des ZK unterrichtet. Die Abteilung lieferte an die Bezirksleitungen Material, machte die ZK-Mitglieder mit den Beschlüssen und der Arbeit der einzelnen Ressorts und des Apparats bekannt und gab Informationen über die SPD, die Außenpolitik und die Wirtschaft heraus Die systematische Zentralisierung des Informations-und Pressewesens erleichterte es der Führung, ihre politischen Vorstellungen der gesamten Partei einzuprägen.

Ein weiterer Fraktor der Meinungsbildung war die Schulung der Funktionäre, die schrittweise ausgebaut wurde. In der revolutionären Nachkriegskrise hatte es in der KPD nur sporadisch eine Parteischulung gegeben. Revolutionärer Enthusiasmus hielt Mitglieder und Funktionäre stärker zusammen als ideologische Beeinflussung. Doch versuchte die Führung bereits damals, den mittleren und höheren Funktionären ein ideologisches Rüstzeug zu vermitteln. Im Winter 1920, kurz vor der Vereinigung mit der USP, veranstaltete die KPD einen Wochenkurs für ihre hauptamtlichen Angestellten.

Im Herbst 1922 führte die Partei in Berlin eine dreimonatige Schulung durch. Alle Teilnehmer, ehemalige Betriebsarbeiter, waren zuvor zwei Monate als Volontäre in Redaktionen und Sekretariaten mit der zukünftigen Arbeit vertraut gemacht worden. Der Lehrplan war auf die Heranbildung von Redakteuren und Sekretären zugeschnitten und behandelte vor allem ökonomische und politische Probleme. Für November/Dezember 1923 war ein ähnlicher Kurs geplant, der wegen des Partei-verbots ausfiel Neben der ausgesprochenen Schulung der Spitzenfunktionäre gab es 1920/21 auch sieben Bezirksparteischulungen, die allerdings nur jeweils zwei Tage dauerten

Im Zuge der Bolschewisierung der Partei begann die KPD Anfang 1925 mit einer intensiven Mitgliederschulung. Am 21. Januar 1925 beschloß die Zentrale, „marxistisch-leninistische Zirkel" zu bilden Mitgliederkurse, Funktionärschulung und „Lenin-Zirkel“ bei den Unterbezirks-und Bezirksleitungen sollten die Partei ideologisch ausrichten. Am 1. Februar 1925 trat die 1. Reichskonferenz der marxistisch-leninistischen Zirkel zusammen; 56 Vertreter der Bezirke, fast alle unter 30 Jahre alt, berieten über die „Verbindung von Theorie und Praxis". Maslow wurde einstimmig zum Ehrenvorsitzenden gewählt. Das Hauptreferat über Leninismus und Trotzkismus hielt Schneller. Die Konferenz erklärte, die KPD benötige einen „Kader leninistisch geschulter Funktionäre" Auf der 2. Tagung der marxistisch-leninistischen Zirkel (am 31. Mai und 1. Juni 1925 in Weimar) kam es zu erheblichen Differenzen. Uber die Aufgaben einer Schulung wurde keine Einheitlichkeit erzielt. Korsch, Konrad und andere Ultralinke warfen der Parteiführung überdies ein völliges Unverständnis des Marxismus vor Tatsächlich erschöpfte sich die sogenannte Schulung in der Ruth-Fischer-Ära im wesentlichen darin, die Tagespolitik der Führung zu rechtfertigen Nach dem „Offenen Brief" 1925 hörte die Parteischulung wegen der Fraktionskämpfe zunächst fast auf, aber bereits im Frühjahr 1926 wurde wieder die „Schulung im Marxismus-Leninismus" gefordert Ein planmäßiges Schulungssystem baute die KPD allerdings erst 1927 auf. Grundlage war die Elementarschulung, in der vor allem die neuen Parteimitglieder erfaßt werden sollten. Zwei bis drei Monate lang mußten die Kandidaten Schulungsabende absolvieren. Auf einer zweiten Stufe wollte man die „Fortgeschrittenen" weiter indoktrinieren. Das Schwergewicht lag aber auf der Funktionärschulung. Neben Bezirks-Wochenendschulungen wurde eine zentrale Parteischule eingerichtet

Im Frühjahr 1927 besuchten (erstmals wieder seit 1923) 42 Teilnehmer diese Schule. Grund-fächer waren Marxismus-Leninismus und Geschichte der Arbeiterbewegung, doch wurden auch Gewerkschaftsfragen, Kommunalarbeit und andere Themen abgehandelt Die Rosa-Luxemburg-Schule wurde eine ständige Einrichtung — zunächst in Dresden, ab 1929 auf einem eigenen Grundstück in Berlin-Fichten-au In dieser Schule konnte die KPD jährlich bis zu 200 Funktionäre in Kursen von unterschiedlicher Dauer ausbilden. Zur Schulung ihrer Spitzenfunktionäre standen der Partei außerdem Plätze in den Vierjahreskursen an der Lenin-Schule in Moskau zur Verfügung Nach einem Bericht der Parteiführung wurden 1927 und 1928 in Bezirksschulen (7— 14 Tage) 575 Schüler und in Viertel-jahreskursen auf der Zentralschule 104 Funktionäre ausgebildet Die Schulung spielte bei der Meinungsbildung der Partei zwar eine große Rolle, ihre Wirkung sollte jedoch nicht überschätzt werden.

Wesentlich für die einheitliche politische Willens-und Meinungsbildung war die immer straffer gehandhabte Zentralisierung der KPD. Der Parteiideologe Lenz-Winternitz schrieb bereits 1924: „Leninismus, das ist vor allem eiserne Disziplin seitens der Mitgliedschaft, das ist militärische Zentralisation." 1925 erklärte die Führung, Bolschewisierung sei „vollkommenster zentralistischer Aufbau der Organisation" In der Praxis bedeutete das: in er KPD gingen Arbeitsanweisungen, ja sogar „Parteibefehle" von oben nach unten; die bezirklichen und lokalen Einheiten durften die von oben kommenden Pläne nicht mehr modifizieren, sondern nur noch konkretisieren Die Instrukteure des ZK in den Bezirken bzw. die der BL in den Unterbezirken und Kreisen erhielten größere Machtbefugnisse als die gewählten regionalen und lokalen Leitungen. Seit 1926 nahmen an allen BL-Sitzungen stets Vertreter des ZK teil; sie stellten die politischen Weichen. Hand in Hand mit der verstärkten Zentralisierung ging die Abkehr von der Kollektiv-Führung. Ende 1927 hieß es noch: „Das ZK wird nach wie vor an dem Prinzip einer kollektiven Führung der Partei festhalten." Schon zwei Jahre später begann der Personenkult um den „Führer" Thälmann, und die Bezirksleiter wurden als „Führer der Bezirke" herausgestellt Die erstrebte Einheitlichkeit richtete sich vor allem gegen die Fraktionen. Die Komintern forderte: „Die Kommunistischen Parteien müssen aufgebaut werden als geistig absolut monolithe Organisationen." Mit den Partei-kontrollen (Generalmusterung, wie man sie später nannte) wollte man in erster Linie Fraktionsbildungen verhindern.

Bei der chronologischen Darstellung konnte bereits gezeigt werden, daß die Existenz verschiedener Fraktionen in der KPD ein gravierendes Moment für die innerparteiliche Demokratie war. In der Frühzeit spielten fest organisierte Fraktionen allerdings noch keine entscheidende Rolle, denn die Partei befand sich oft in der Illegalität, vor allem war sie aber noch eine offene Partei; Auseinandersetzungen führten wiederholt zur Spaltung.

Bei den fraktionellen Differenzen 1921 (nach der Märzaktion) herrschte breiteste innerparteiliche Demokratie: Erklärungen der Opposition wurden selbstverständlich in der Parteipresse abgedruckt, ihre Redner hielten Korreferate usw. Ähnliche Möglichkeiten besaß die Opposition auch in den Jahren 1922 und 1923. Nach der Oktoberniederlage 1923 spiegelte sich die innerparteiliche Demokratie in der Fraktionsauseindersetzung wider: Rechte, Mittelgruppe und Linke traten auf allen Delegiertenkonferenzen, Bezirksparteitagen usw. mit eigenen Rednern und Plattformen auf, und die aktiven Mitglieder konnten ihrem Willen Ausdruck geben. Die Zusammensetzung und Diskussion des IX. Parteitages 1924 gab ein Bild von der Fraktionsstärke. Ziel der Linken nach 1924 war es, durch die „Bolschewisierung" die Fraktionen zu liquidieren. Das gelang ihnen nicht. Schon im Frühjahr 1925 bestand eine ultralinke Opposition und auch die gemäßigten Kräfte arbeiteten mehr oder weniger fraktionell zusammen

Nach dem Höhepunkt des Fraktionskampfes 1926 führte die Überspitzung der fraktionel-len Auseinandersetzungen schließlich dazu, daß sich innerhalb und außerhalb der KPD fast ein Dutzend Fraktionen bekämpften und die Partei zu zersplittern drohte. Das erleichterte es der Parteiführung und ihrem Apparat, bei den meisten Mitgliedern und Funktionären Abscheu vor jeder Fraktionstätigkeit zu erwecken. Darüber hinaus bewirkten die Fraktionskämpfe eine allgemeine Diskussionsmüdigkeit; Thälmann hatte auf dem VIII. Parteitag 1923 noch gesagt, eine Partei, die nicht über bestehende sachliche Differenzen diskutiere, sei „überhaupt tot" In diese Situation geriet die KPD einige Jahre später, als sich geradezu ein Horror vor jeder Diskussion bemerkbar machte. Wie die Parteizeitungen berichten, stöhnten die Mitglieder: „Schon wieder eine Diskussion." Diese Diskussionsmüdigkeit machten sich Führung und Apparat zunutze; schon 1926 forderte eine Konferenz des kommunistischen Jugendverbandes, „endlich mit der Diskussion Schluß zu machen" und „praktische Arbeit" zu leisten Erst recht wurde nun die „endgültige Vernichtung aller Fraktionen" als eine „Lebensnotwendigkeit" für die KPD angesehen und auch der „Fraktionsgeist" verurteilt Während die fraktionellen Auseinandersetzungen mit der linken Opposition sich 1926/27 noch über eine längere Zeit hinzogen, konnte die Führung den Kampf gegen die Fraktionen der Rechten und Versöhnler 1928/29 schon nach kurzer Zeit beenden. Mit der Ausschaltung der Fraktionen war die Macht des Apparates beträchtlich angewachsen und die Partei einer einheitlichen Ausrichtung merklich nähergekommen. Die Zerschlagung der Fraktionen signalisierte aber auch das Ende der innerparteilichen Demokratie in der KPD.

Die Veränderung der Organisationsstruktur der KPD von 1924 bis 1929 brachte vor allem die Zentralisierung der Partei: eine entsprechend vergrößerte Machtbefugnis der Zentrale; eine straffere Anleitung des Apparates von oben; die Zerschlagung der großen Grundorganisationen durch Umbau auf Zellen (und damit weitgehende Beeinträchtigungen des inneren Parteilebens); eine einheitliche Meinungsbildung durch Presse und Schulung; nicht zuletzt aber die Zerschlagung der Fraktionen und die Ausschaltung jeder legalen Opposition. Mit diesen einschneidenden Wandlungen der KPD-Organisation wuchs die Bedeutung des Apparats in der Partei erheblich.

Mitglieder, Funktionäre und Apparat

Die KPD verstand sich zunächst als Kaderpartei, alle Mitglieder sollten Funktionäre sein, der hauptamtliche Apparat war klein. Anfang 1920 meinte Thalheimer, die KPD sei „nicht darauf angewiesen, unbedingt viele Genossen aufzunehmen". Er verwies auf das russische Beispiel, wo eine kleine Partei enorme Arbeit leiste Nachdem die KPD Ende 1920 durch den Zusammenschluß mit der linken USPD zur Massenbewegung geworden war (über 350 000 Mitglieder), schwankte ihre organisatorische Zielvorstellung zwischen Kader-und Massenpartei. Auch der ideologische Zwiespalt der KPD reflektierte sich: die Linken und Ultralinken neigten eher zur sektiererischen Kaderpartei, die Rechten tendierten zur Massenpartei. 1924 behauptete die KPD-Führung einerseits, „mit der Überschätzung der bloßen Zahl muß aufgeräumt werden" andererseits betonte sie, es komme darauf an, breite Massen organisatorisch in der Partei zu erfassen Entsprechend wechselte die Taktik zwischen Werbekampagnen und Aufnahmesperren oder Parteisäuberungen Die formalen Partei-statuten paßten eher zu einer Kaderpartei (danach mußte jedes Mitglied „aktiv in der Partei mitarbeiten") in der Realität war die Frage seit dem Zusammenschluß mit der linken USPD zugunsten einer Massenpartei beantwortet. Zwischen 1924 und 1929 hatte die KPD allerdings ihren niedrigsten Mitglieder-stand zu verzeichnen: nämlich um die 100 000; im 2. Quartal 1924 zählte sie 95 000, am 1. April 1925 122 744, im Januar 1926 112 300, im Januar 1927 143 172 und im März 1929 105 744 Mitglieder Das war — wie schon an anderer Stelle erwähnt — nur eine winzige Minderheit der Industriearbeiterschaft (0, 6 0/0) Und doch war die KPD, „mehr als sonst eine Partei, eine ausgesprochene Klassenpartei. Als solche übte sie auf klassenbewußtes Proletariat immer eine bestimmte Anziehungskraft aus." Uber die Zusammensetzung der Partei geben zwei „Reichskontrollen" (1927 und 1929) Aufschluß, bei denen die Parteimitglieder zu konkreten Punkten befragt wurden Die KPD präsentierte sich als ausgesprochene Arbeiterpartei mit relativ jungen Mitgliedern. Die Altersstruktur der 143 000 Mitglieder zeigte 1927 folgendes Bild:

Bis 25 Jahre 12, 3% bis 30 Jahre 19, 5 % bis 40 Jahre 32, 7 % bis 50 Jahre 21, 9% über 50 Jahre 13, 6%

Während der Anteil der Jugend in der KPD (bis 25 Jahre) nur knapp über dem deutschen Durchschnitt lag, waren die Gruppen bis 30 Jahre doppelt und bis 40 Jahre in der KPD nehr als doppelt überrepräsentiert, entsprehend die über 50jährigen weit unterrepräseniert Die wichtigsten Kader der KPD waen in ihrer Jugend von Krieg und Revolution jeprägt worden (die Jahrgänge 1888— 1900 waren stark vertreten); die KPD-Mitglieder waren im Durchschnitt auch jünger als die der SPD. Als neue und radikale Bewegung hatte lie Partei in den ersten acht Jahren seit ihrem Bestehen vor allem jüngere Menschen angezogen und erfaßt.

Mach der Reichskontrolle von 1929 ergab sich, laß nur 16, 5 °/o der Parteimitglieder Frauen waren, diese also in der KPD — wie in der Arbeiterbewegung überhaupt — eine Minorität blieben (SPD = 21 °/o Frauen) 94, 6 °/o der Parteimitglieder hatten nur Volksschulbildung, 2, 4 °/o hatten die Mittelschule und 0, 9% (1400 Mitglieder) eine Hochschule absolviert

Die soziale Struktur der KPD zeigte 1927 folgendes Bild: 68 % der Mitglieder waren Industriearbeiter (davon 40 % gelernte und 28 °/o ungelernte Arbeiter), hinzu kamen 10 % handwerkliche Arbeiter und 2 % Landarbeiter, insgesamt also 80 % Arbeiter. Der Rest setzte sich zusammen aus: Bauern = 0, 1 %, „Mittelstand" (mittlere Beamte, Kleingewerbetreibende und freie Berufe) = 2, 2%, untere Beamte = 0, 7%, Handlungsgehilfen = 1, 7%, in Genossenschaften und Gewerkschaften Beschäftigte = 2, 6 %, Parteiangestellte = 1, 6 % und sonstige (Hausfrauen usw.) = 11, 1 % Eindeutig waren also die Industriearbeiter (vor allem die ungelernten Industriearbeiter) überdurchschnittlich repräsentiert. Allerdings waren von den 143 000 KPD-Mitgliedern 1927 nur 53, 2% in Betrieben beschäftigt. Davon arbeiteten wiederum 36, 3 % in Betrieben mit weniger als 50 Beschäftigten, 12% in Betrieben bis 100, 22, 3 % in Betrieben bis 500, 9 % in Betrieben bis 1000, 13, 2% in Betrieben bis 3000, 5% in Betri 22, 3 % in Betrieben bis 500, 9 % in Betrieben bis 1000, 13, 2% in Betrieben bis 3000, 5% in Betrieben bis 5000 und nur 2, 5% (d. h. weniger als 2000 Mitglieder) in Betrieben mit über 5000 Beschäftigten 98). Anfang 1929 hatte sich zwar der Prozentsatz der in Betrieben tätigen KPD-Mitglieder auf 62, 3% erhöht, aber die Relation zwischen den in Groß-und Kleinbetrieben Beschäftigten war fast konstant geblieben 99). Die Masse der KPD-Mitglieder arbeitete in kleinen und mittleren Betrieben. Das ist für den Typus des deutschen Kommunisten recht bedeutsam. Allerdings darf nicht übersehen werden, welche Gründe diese Entwicklung förderten: Sie ist auch darauf zurückzuführen, daß im Kleinbetrieb der spezialisierte Arbeiter weniger leicht zu entbehren ist als im Großbetrieb, wo außerdem eine kommunistische Agitation größere Auswirkungen haben konnte und eine kommunistische Betätigung schneller zur Entlassung führte.

Die Reichskontrolle ergab, daß die herkömmliche kommunistische Behauptung, die SPD erfasse die „Arbeiteraristokratie", die Kommunisten aber rekrutierten sich aus den unteren Schichten, für die KPD-Mitgliedschaft kaum zutraf. Nach der Leninschen These 100) und den Vorstellungen von Karl Liebknecht bildete die „besitzlose Masse der ungelernten Arbeiter" das eigentliche Proletariat, das von der KPD repräsentiert wurde Die Reichskontrolle 1927 bewies jedoch: die gewerkschaftlich organisierten KPD-Mitglieder waren zu 30% Metallarbeiter, 12% Bauarbeiter, 7% Bergarbeiter, 6 % Holzarbeiter, 4 % Textilarbeiter, während im Fabrikarbeiterverband 8 %, im Transportarbeiterverband 6 % und in den graphischen Verbänden 4 % der Kommunisten organisiert waren. Flechtheim hat bereits nachgewiesen, daß der Unterschied in der Entlohnung zwischen gelernten und ungelernten Arbeitern nicht so groß war wie der zwischen einzelnen Berufssparten, etwa zwischen Bauarbeitern und Textilarbeitern. Die KPD hatte aber in den besser bezahlten Berufszweigen ebenso erheblichen Einfluß, wie umgekehrt in schlecht bezahlten (Textilarbeiter, Landarbeiter) die SPD dominierte. Flechtheims These ist zuzustimmen: Obwohl das vorhandene Material für eindeutige Schlüsse nicht reichhaltig genug ist, kann immerhin aber hypothetisch gesagt werden:

„daß die These von der Arbeiteraristokratie als Bollwerk der SPD nicht wahrscheinlich gemacht, geschweige denn bewiesen worden ist: Vielmehr scheint es so zu sein, daß große Teile auch der unqualifizierten und schlecht bezahlten Arbeiterschaft der sozialdemokratischen Führung folgen, während nicht unerheb-liehe Elemente der qualifizierten Gruppen wenigstens zeitweise zur KPD neigen."

Während der Krise 1929— 1933 änderte sich die Lage gründlich: die KPD rekrutierte sich aus Arbeitslosen und vertrat nun tatsächlich die „unteren Schichten" der Arbeiterschaft. Allerdings war der Anteil der Erwerbslosen in der KPD immer sehr hoch gewesen. In Berlin-Brandenburg waren im September 1924 fast 25 % und im April 1925 15 % der Parteimitglieder erwerbslos, im Bezirk Mittelrhein 1925 sogar 50 % Bereits 1929/30 hatte die KPD durchschnittlich 50 % Arbeitslose in ihren Reihen

Der Einfluß und die Zusammensetzung der KPD waren regional recht unterschiedlich. Von den 27 Parteibezirken umfaßten die acht wichtigsten Bezirke (1929) zwei Drittel der Mitgliedschaft: Berlin-Brandenburg 15, 8%, Halle-Merseburg 9 %, Wasserkante 8, 9 %, Nieder-rhein 7, 8 %, Erzgebirge-Vogtland, 7, 5 %, Ruhr 6, 7 %, Westsachsen 6, 1 % und Thüringen 4, 7 % Die KPD war also vor allem in Mittel-deutschland, im Rhein-Ruhrgebiet, in Berlin und Hamburg ein Faktor der Politik. Die organisatorisch schwächsten KPD-Bezirke waren Hessen-Kassel, Mecklenburg, Schlesien, Bayern, Pommern und Niedersachsen. Regionale Stärke und Schwäche der KPD-Wählerschaft entsprach ungefähr dem Stand der Parteiorganisation. In den Bezirken Berlin, Halle-Merseburg, Niederrhein und Ruhr überrundete die KPD bei den Wahlen verschiedentlich die SPD, als Wählerpartei war sie auch in den übrigen organisatorisch stabilen Bezirken stark Von den Bezirken mit schwacher Organisation hatte Oberschlesien eine überdurchschnittlich große KPD-Wählerschaft, ähnlich auch das Saargebiet. Die KPD-Organisation in war der Fertigwaren-Industrie weit stärker als in der Schwerindustrie veran kert die Wählerschaft der Partei konzentrierte sich aber nicht zuletzt in Regionen mit Schwerindustrie.

Im Mai 1924 zählte die KPD mehr als 20 % der Wähler in den Wahlkreisen Merseburg (25, 7%), Düsseldorf-Ost (24, 9%), Westfalen-Süd (21, 9 %), Berlin (20, 6 %). Im Mai 1918: Berlin (29, 6%), Düsseldorf-Ost (28, 3%), Merseburg (24, 4%). Im November 1932: Berlin (37, 1 %), Düsseldorf-Ost (28, 3%), Merseburg (27, 1 %), Potsdam I (23, 6%), Potsdam II (23, 2 %), Westfalen-Süd (23, 2%), Düsseldorf-West (22, 6%), Hamburg (21, 94%), Chemnitz-Zwickau (21, 4 %) und Leipzig (20, 7 %).

Die Wählerhochburgen der KPD sind also dicht besiedelte Industriegebiete (Mittel-deutschland, Rhein-Ruhr, Berlin und Hamburg), in denen'auch die KPD-Organisation florierte. Die konfessionelle Gliederung der KPD-Wählerschaft war unterschiedlich: In fast rein evangelischen Gebieten finden sich ebenso KPD-Hochburgen wie in katholischen Gegenden. Allerdings hatte die KPD in den katholischen Industrierevieren im allgemeinen mehr Wähler als die SPD: Wahlkreis Oppeln: KPD = 16, 7 % — SPD = 4, 2 %; Köln-Aachen: KPD = 14, 2 — SPD = 10, 1 %; Düsseldorf-West: KPD = 18, 9% — SPD = 9, 7% (1924). Die KPD wurde auch mehr von Männern als von Frauen gewählt

Stärke und Schwäche der KPD-Organisation wurden auch von traditionellen Momenten mitbestimmt. Die acht bedeutenden KPD-Bezirke waren bis 1920 Hochburgen der USPD gewesen, aber nur in Niederrhein und Erzgebirge-Vogtland hatte auch KPD-Spartakus-bund über einflußreiche Organisationen verfügt. Allerdings dürfte die von Schorske gezeichnete tradierte Verbindung von der linken SPD der Vorkriegszeit über die USP zur KPD die Entwicklung zu sehr vereinfachen Eine solche Entwicklungslinie läßt sich z. B. für Solingen-Remscheid nachweisen, wo die KPD in der Weimarer Republik dann stärker war als die SPD; sie trifft aber bereits weniger zu für Stuttgart, wo sich eine starke SPD halten konnte, oder für Bremen, wo die KPD weit weniger Einfluß besaß. Es ist aber zu berücksichtigen, daß die USP in Solingen-Remscheid den SPD Parteiapparat und die Presse übernahm, die dann mit der linken USP zur KPD kamen, während in Bremen und Stuttgart die USPD und dann die KPD diese Möglichkeit nicht be-saßen. Die regionalen und lokalen Entwicklungslinien und die Wirkung der Tradition können hier nicht im einzelnen untersucht werden; auch die Auswirkungen der regionalen Unterschiede auf das innerparteiliche Leben der KPD kann nur pauschal registriert werden. Immerhin ist bemerkenswert, daß die innerparteilich links stehenden Bezirke (Berlin, Wasserkante, Ruhr, Mittelrhein) sich auf ehemalige starke USP-Organisationen stützen konnten, während die traditionell rechten KPD-Bezirke (Württemberg, Nordwest, z. T. auch Erzgebirge sowie Westsachsen) auf bereits relativ starke KPD-Spartakusbund-Organisationen zurückgingen.

Die lokalen und regionalen Kontraste in der innerparteilichen Auseinandersetzung sind allerdings nur schwer zu deuten, da zu verschiedenartige Komponenten eine Rolle spielten. Neben der sozialen Zusammensetzung und der ideologischen Tradition dürften auch frühere Abspaltungen mitgewirkt haben. Für die weitere Entwicklung im Bezirk Mittelrhein war es z. B. von Bedeutung, daß 1921 viele rechte Kommunisten um Paul Levi die Partei verließen, so daß in Zukunft der linke Flügel sehr stark wurde. Umgekehrt stand allerdings in Berlin die Partei immer links, obwohl 1919 die große Mehrheit der KPD zur ultralinken KAPD abgewandert war: Hier stießen mit der USP wieder neue linke Kräfte zur VKPD. Schließlich ist die Wechselwirkung zwischen Mitgliedschaft und örtlichen Parteiführern zu beachten. In Offenbach konnte der (aus der USP kommende) rechte Kommunist Heinrich Galm die Mehrheit der Ortsgruppe und der Wähler zur KPD und später zur SAP mitziehen während in Suhl der (ebenfalls aus der USP kommende) linke Kommunist Guido Heym die Mehrheit der Organisation und der Wähler zunächst zum Leninbund und später zur SPD überführte. Welche Faktoren diese lokalen und regionalen Unterschiede letztlich bestimmten, liegt noch im Dunkeln; sie zu beleuchten, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen.

Zu konstatieren ist jedoch der regional sehr unterschiedliche Einfluß (bzw. die organisatorische Stärke der KPD), der sie als Partei der Industriearbeiter ausweist, ferner die aus der Geschichte der Arbeiterbewegung tradieren-den, auch für die innerparteiliche Entwicklung sehr wesentlichen regionalen Verschiedenheiten; und schließlich die interessante Tatsache, daß im allgemeinen in den von der USPD übernommenen Organisationen die linken Kommunisten und in ehemaligen Spartakus-Hochburgen die rechten Kommunisten dominierten, während in den Bezirken, in denen die KPD besonders schwach war (Bayern, Schlesien), kaum innerparteiliche Auseinandersetzungen zu verspüren waren.

Natürlich unterlagen auch die Parteimitglieder weitgehend Umwelteinflüssen, denn viele waren keineswegs solche Kommunisten, wie sie sich die Parteiführung wünschte und die Gegner vermuteten. So waren z. B. im starken Bezirk Halle-Merseburg noch 20 °/o der KPD-Mitglieder in der Kirche, im Bezirk Ruhr sogar 22 °/o. Im letzteren Bezirk schickten 26 °/o der Parteimitglieder ihre Kinder in den Religionsunterricht; im kommunistischen Jung-Spartakus-bund waren jedoch nur die Kinder von 17 °/o der organisierten Kommunisten Dieses „unkommunistische" Verhalten vieler Kommunisten war wohl nicht zuletzt darauf zurückzuführen, daß ein Teil erst seit kurzer Zeit in der Partei organisiert war. Von den Mitgliedern gehörten im Jahre 1927 nur 28% der KPD seit 1920 an, 14 % waren 1921, 7 % waren 1922 und 13 % waren der Partei im Jahre 1923 beigetreten. Fast 40 % der Parteigenossen gehörten also der KPD weniger als drei Jahre an.

Diesen „traditionslosen" Kommunisten standen 30 % der KPD-Mitglieder gegenüber, die früher in der SPD organisiert waren, davon 11 % (15 000 Personen) länger als zehn Jahre Andererseits gehörten von den Parteimitgliedern des Jahres 1927 nur etwas über ein Viertel der KPD schon seit dem Vereinigungsparteitag von 1920 an. Das bedeutete, daß von den damaligen 360 000 Mitgliedern sieben Jahre später nur noch ein Zehntel in der Partei verblieben war. Auch von den 295 000 Mitgliedern des Jahres 1923 konnte die KPD 1927 nur noch 85 000, also ein Drittel, mustern. Hier wird deutlich, wie auffallend stark die Fluktuation der KPD-Mitgliedschaft in der Weimarer Republik war. Es ist kaum zu hoch gegriffen, wenn man annimmt, daß in der Zeitspanne von 1920 bis 1933 nach und nach insgesamt eine Million Arbeiter in der KPD organisiert waren, wovon die meisten freilich nur eine kurze Gastrolle in der Partei gaben. In Berlin-Brandenburg traten 1925 20% und 1926 21 % der Mitglieder wieder aus der Partei aus. 1927 standen in Berlin 1524 Eintritten* 2333 Austritte und 1928 6087 Eintritten 4965 Austritte gegenüber Es waren meist neue Parteimitglieder, die mit revolutionärem Enthusiasmus und in der Hoffnung auf eine gut funktionierende Parteiorganisation in die KPD kamen, ihr aber bald wieder enttäuscht den Rücken kehrten. Sie liefen weg, weil sie etwas anderes erwartet hatten, wie Pjatnizki der KPD vorwarf Selbstkritisch stellte die KPD fest, der neue Genosse fühle sich fremd, „er findet nicht jenen Geist der Kameradschaftlichkeit, der notwendig ist, um mit Freude mitwirken zu können" Aber auch langjährige Mitglieder verließen die Partei, z. B. waren in Thüringen 1927 von 12 000 Mitgliedern des Jahres 1920 nur noch 2322 erfaßt 1929 hatte die KPD etwa 50 000 Neuaufnahmen registriert, die fast alle wieder verlorengingen Riesige Ausmaße nahm die Fluktuation dann, wie schon erwähnt, 1930— 1932 an.

Im Jahre 1927 waren 19 der 27 KPD-Bezirke untergliedert in: 143 Unterbezirke, 383 Arbeitsgebiete, 1859 Ortsgruppen 1402 Betriebs-und 1255 Straßenzellen Die Gesamtzahl der Organisationen aller 27 Bezirke war entsprechend größer, so bestanden 1926 allein 2889 Ortsgruppen. Im Herbst 1930 zählte die KPD 7807 Parteileitungen, in denen über 30 °/o der Mitglieder als Funktionäre arbeiteten Auch in den Jahren 1924— 1929 dürften demnach 20 000— 30 000 Kommunisten als Funktionäre in den verschiedenen Leitungen tätig gewesen sein. Die Mehrheit der ehrenamtlichen Funktionäre rekrutierte sich aus Betriebsarbeitern und Erwerbslosen; sie bildeten das Gerippe der Partei. Die Stimmung der Parteimitglieder, das politische Klima insgesamt reflektierte sich in der Partei, deren Geschick jedoch die Minderheit der Funktionäre lenkte. Sie leisteten die organisatorische Kleinarbeit, sie setzten sich ein für die Partei und kämpften für die Ziele der kommunistischen Bewegung. Angeleitet wurden die Funktionäre durch den hauptamtlichen Apparat; die meisten vertrauten der Führung, sie waren der

Partei ergeben und wollten ihr „nicht schaden". Aus diesen und noch vielen anderen Gründen bekannte sich immer nur eine Minorität der Funktionäre zur Opposition, die gerade dadurch dezimiert und ausgeschaltet werden konnte.

Das ehrenamtliche Funktionärkorps war leicht auswechselbar, da sich immer wieder neue Parteigenossen fanden, die von der Ideologie oder den Tagesförderungen der KPD überzeugt und zur Parteiarbeit bereit waren. Dadurch konnten die Schwächen des Funktionärkorps und der ständige Verlust an Funktionären wieder ausgewogen werden. Der Verschleiß an Funktionären war groß, da der „revolutionäre Enthusiasmus" gerade in der nichtrevolutionären Situation rasch erlahmte. Viele Funktionäre hielten die ständige Anspannung nicht durch, wurden mutlos bei dauernden „Aktionen", die auf ein abstrakt-utopisches Ziel gerichtet waren und nur selten konkrete Ergebnisse zeitigten. Allerdings sahen die Arbeiterkommunisten im dogmatisierten Marxismus der KPD eine Widerspiegelung ihrer Interessen, die Reflexion der wirtschaftlichen Verhältnisse, die ihnen aus der Praxis vertraut waren. Vielen Funktionären fehlte die Ortsgebundenheit und damit auch jene Verbindung mit den Massen, die eine Stärke der SPD-Funktionäre war. Besonders unter den linken Kommunisten gab es viele Sektierer, deren Verhalten die Partei zu isolieren drohte. Der Zug zur Abkapselung des Funktionär-korps wurde indirekt verstärkt durch die Schulung: die Funktionäre wähnten sich über alle Ereignisse gut informiert, sei es die chinesische Revolution oder ein Lohnstreik in einer beliebigen Gegend Deutschlands; es entstand die Verbundenheit eines „wissenden Zirkels". Die Führung mußte diese Tendenzen durchbrechen, um eine völlige Isolierung zu vermeiden, aber auch um der Opposition im Funktionärkorps jede Chance zu nehmen. Die Folge war — wie in der Mitgliedschaft, so auch im Funktionärkörper der KPD — eine ständige Fluktuation, die dem hauptamtlichen Apparat wiederum die Lenkung erleichterte. Bei allen großen Wendungen der Parteilinie, im Kampf gegen die linken Kommunisten 1926/27 und gegen die rechten Kommunisten 1928/29 wurde jeweils auch das Funktionärkorps weitgend erneuert. Anfang 1927 forderte die Führung, die Mängel der Organisation zu beseitigen „durch breite Heranziehung neuer Funktionäre, Kader aus der Arbeiterschaft" Im März 1929 erklärte Thälmann, nun gegen die Rechten gewandt: „Wir brauchen eine Erweite-rung und Erneuerung unserer Parteikader." Prompt wurden bei der Neuwahl der BL Berlin-Brandenburg im März 1929 nur 47 Mitglieder aus der alten in die neue, 104 Mitglieder zählende Bezirksleitung gewählt Im Oktober 1929 hieß es:

„Die Ausmerzung derjenigen Elemente aus dem Funktionärkörper der Partei, die hinter der allgemeinen politischen und revolutionären Entwicklung des Proletariats zurückgeblieben und dem Tempo der revolutionären Entwicklung nicht mehr gewachsen sind, ist eine der revolutionären Voraussetzungen der Verbesserung der Parteiarbeit."

Auch 1930 erfolgte eine neue Säuberung; wieder wurden die mittleren Funktionäre durch „neue frische Kräfte ersetzt" Das wirkte sich z. B. in Berlin-Brandenburg so aus, daß im Mai 1930 die Bezirksleitung von 104 auf 95 Mitglieder verkleinert wurde, von der alten BL kamen 73 Funktionäre, also drei Viertel, nicht mehr in die neue Bezirksleitung Die Säuberungen betrafen alle Funktionen: so waren 1929 bei den Berliner Stadtverordnetenwahlen von 55 Stadtverordneten 48 Neulinge, nur sieben waren bereits zuvor Mandatsträger gewesen. Während die Stalinisierung des hauptamtlichen Apparats bis 1929 beendet war, wurde das ehrenamtliche Funktionärkorps auch in den folgenden Jahren immer wieder verändert.

Die widerspruchsvolle Situation und Entwicklung des ehrenamtlichen Funktionärkörpers der KPD wurde noch dadurch gefördert, daß viele Funktionäre hofften, in den hauptamtlichen Apparat aufrücken zu können. Die ständigen Säuberungen im Apparat und die Ausschaltung der Opposition brachten tatsächlich für eine Reihe von Funktionären diese Aufstiegschance. Eine Anzahl ehrenamtlicher Funktionäre arbeitete in Parteibetrieben oder hatte die Arbeitsstelle durch Parteibeziehungen erhalten; sie waren dadurch auch materiell abhängig von der Partei. Die Reichskontrolle 1927 ergab daß 2348 Personen direkt bei der KPD beschäftigt waren. Der eigentliche Parteiapparat, d. h. die von der Partei bezahlten politischen Funktionäre, dürfte höchstens 1000 Personen umfaßt haben, die Mehrheit der Parteiangestellten waren Arbeiter in den parteieigenen Druckereien und Verlagen, Stenotypistinnen usw.

Weitere 3736 Kommunisten arbeiteten bei Konsumgenossenschaften, Sowjetinstitutionen in Deutschland (Handelsvertretung, DERUPA, Torgprom usw.) Die meisten der über 5000 KPD-Mitglieder, die ihren Arbeitsplatz direkt oder indirekt der Partei verdankten, übten in der KPD ehrenamtliche Funktionen aus. Dadurch waren etwa 20 % des Funktionärkorps unmittelbar von der KPD abhängig auf einen Wink der Parteiführung hin konnten sie ihren Arbeitsplatz verlieren.

Die Parteiführung bestimmte auch über den Apparat der Nebenorganisationen (Roter Frontkämpferbund, Kommunistischer Jugendverband, Rote Hilfe, Roter Frauen-und Mädchenbund, Internationale Arbeiter-Hilfe, später auch Revolutionäre Gewerkschaftsopposition, Sport-und Freidenkerverbände). Die daneben existierenden illegalen Apparate (M-Apparat für die militärische Organisation, Z-Appart für die Zersetzung der Reichs-wehr, Kurierdienst usw.) waren weitgehend dem EKKI in Moskau unterstellt, aber auch sie verstärkten die Apparattendenzen in der KPD.

Die hauptamtlichen Funktionäre, die alle wichtigen Schalthebel der Partei in der Hand hielten (im ZK, in den Bezirks-und Unterbezirksleitungen), waren eigentlicher Motor und Rückhalt der Partei. Als die linke Führung 1924 die Kader weitgehend auswechselte, gelangte ein großer Teil von Betriebsarbeitern in den Apparat. Während der Säuberungen des Apparats 1926 bis 1929 gingen die oppositionellen rechten und linken Kommunisten (bzw. Ultralinken und Versöhnler) ihrer Funktionen, d. h. in diesem Falle auch des Arbeitsplatzes verlustig; die meisten wurden sogar aus der Partei ausgeschlossen. Die Führung, die die Personalpolitik lancierte, besaß in den ständigen Säuberungen ein Druckmittel, um den Apparat nach ihrem Belieben zu dirigieren. Bei der Funktionsbesetzung spielten selbstverständlich parteipolitische Gesichtspunkte ebenso eine Rolle wie die Apparatgesetze. Parteidisziplin und Treue zur KPD bzw. zu der herrschenden Fraktion waren genauso ausschlaggebend für die Einsetzung wie die tatsächliche Sachkenntnis, aber auch die „persönliche Ergebenheit“ zu entsprechenden Führern war wichtig. Das führte allerdings dazu, daß sich im Parteiapparat immer mehr die Mittelmäßigkeit durchsetzte. Die Funktionäre des Apparats paßten sich an, hauptsächlich allerdings wohl nicht wegen der finanziellen Vergütung (obwohl diese den Arbeiterlohn übertraf) sondern in erster Linie aus ideologischer Überzeugung, Ergebenheit zur Sowjetunion, aber auch aus Prestige und Machtgefühl

Der Apparat blieb dort, wo die Partei schwach war oder besonders drastisch unterdrückt wurde (vor allem in Bayern) von den Wandlungen fast unberührt. Das rege politische Leben in den großen Parteiorganisationen (Berlin, Ruhr, Hamburg) begünstigte nicht nur oppositionelle Bewegungen, sondern führte auch zu häufigem Wechsel im Apparat. Die Berufsrevolutionäre, die aus der Arbeiterschaft hervorgegangen waren, die aber nach einigen Jahren Tätigkeit bei der Kommunistischen Partei kaum noch Chancen hatten, in ihren Beruf zurückzukehren, ebneten der Bürokratisierung ebenso wie der „Einstimmigkeit" im Apparat und in der. Partei den Weg. August Thalheimer warnte 1930 vor dieser Form des kommunistischen Apparats:

„Der Berufsrevolutionär ist ein notwendiges Produkt und Werkzeug der Leitung der revolutionären Organisation, die illegal und noch keine Massenorganisation ist. In der legalen kommunistischen Massenorganisation ist kein Platz für den . Berufsrevolutionär'in diesem Sinne. Der . Berufsrevolutionär'schlägt hier nur allzu leicht mit dem Wachstum der Bewegung in den karrieremachenden, charakterlosen, ideell und materiell korrumpierten Bürokraten um, für den die revolutionäre Bewegung Quelle des Erwerbs, der Karriere, der parlamentarischen und anderer Posten ist."

Thalheimer, der damit auf einige bereits von Max Weber konstatierte typologische Merkmale des „Berufsrevolutionärs" hinwies, sah jedoch nur die negative Seite dieser Entwicklung. Auch die KPD benötigte eine Bürokratie, deren Haltung dem Prinzip des Beamten entspricht: einen Befehl, auch wenn er ihm falsch erscheint, „gewissenhaft und genau so auszuführen, als ob er seiner eigenen Überzeugung entspräche" Allerdings mußte die Führung hin und wieder gegen andere Apparatgepflogenheiten einschreiten, weil sie die revolutionäre Bewegung zu ersticken drohten. Bürokratischer Leerlauf des Apparats, Papierkrieg, starre Leitungsmethoden wurden als „Entstellung" und „sozialdemokratische Arbeitsmethoden" gerügt, andererseits war Schlamperei im Apparat verpönt (genaue Einhaltung der Arbeitszeit wurde verlangt usw.)

Der hierarchische Aufbau der Partei brachte vielfältige Abhängigkeiten mit sich. Die Führung bestimmte den hauptamtlichen Apparat, dieser leitete das ehrenamtliche Führungskorps, das auf die Mitgliedschaft einwirkte, doch umgekehrt war der hauptamtliche Apparat auch mit dem Funktionärkorps verflochten, ohne dessen loyale Mitarbeit die Parteiaufgaben nicht zu erledigen waren. Die Führung konnte ohne den funktionierenden Apparat nicht handeln, außerdem hatte sie auch noch die Entscheidungen des EKKI zu berücksichtigen. Der hauptamtliche Apparat war wohl dem meisten Druck ausgesetzt. Er mußte nicht nur die Sachzwänge beachten, um Erfolge zu erzielen, er hatte sich zu verantworten sowohl vor der Führung als auch vor dem ehrenamtlichen Funktionärkorps, das die Führung — wenn es ihr opportun erschien — als Gegengewicht dem Apparat gegenüberstellte. Da aber „die Macht in den Händen derjenigen liegt, welche kontinuierlich innerhalb des Betriebes die Arbeit leisten" konnte das Parteibeamtentum auch in der KPD weitgehend bestimmen.

Die Bürokratisierung brachte zwangsläufig auch die Spezialisierung des Parteiapparats mit sich. Rasch entwickelten sich auch in der KPD Experten für Fragen der Gewerkschaft, der Kommunalarbeit, der Organisation, der Parlamentsarbeit, Redakteure und Agitationsredner und selbst Spezialisten für Sportfragen und Kassenwesen. Gleichzeitig bedeutete die Bürokratisierung in der KPD, deren eigentlicher Parteiapparat relativ schwach besetzt war, daß die einzelnen Apparatbeamten bis an die Grenze des Möglichen beschäftigt waren, so daß ihnen „keine Zeit" für grundsätzliche Überlegungen blieb und die von der Führung verlangte Arbeit alle Kräfte beanspruchte.

Auch wenn Robert Michels'Thesen von der zwangsläufigen organischen „Bildung der Oligarchien im Schoß der mannigfaltigen Formen der Demokratien" vom „ehernen Gesetz der Oligarchien" wohl zu relativieren und modifizieren sind, treffen einige seiner Aussagen auch für die KPD von 1924 bis 1929 zu. Die KPD war im gewissen Sinne als „Prophylaxe" der sozialdemokratischen Entwicklung entstanden aber selbst rasch der Tendenz zur Bürokratisierung und Hierarchie verfallen. Uber den innerparteilichen Trend zur Oligarchie und Bürokratie (der in jüngster Zeit von Duverger bestätigt worden ist) traf Sigmund Neumann für die KPD bereits 1932 wesentliche Feststellungen. Er verwies darauf, daß die modernen Parteien „der gleichen Durchrationalisierung unterworfen (sind), die den Gang der modernen kapitalistischen Welt bestimmt". Die Angleichung zwischen bürokratisiertem Parteiapparat und den Betrieben der modernen Wirtschaft und des modernen Groß-staates bringt nicht nur die Gefahr der Bürokratisierung der Parteien, sondern „sie selbst geraten in Widerspruch zu ihrem ursprünglichen Grundcharakter" Neumann verwies auch auf die speziellen bürokratischen Tendenzen in Preußen-Deutschland. Von hier aus war auf die KPD die Tradition der alten Sozialdemokratie überkommen, die nicht zu unterschätzen ist. Kurt Eisner hatte bereits auf dem Gründungsparteitag der USPD vom Begriff der Disziplin gesagt, dieser habe gar nichts mit Demokratie und Sozialismus zu tun, aber „uns geistig und seelisch gelähmt. . ., wir haben es in unserer Organisation allmählich dahin gebracht, daß wir auch insofern eine Karikatur des preußischen Staates geworden sind, daß die Untertanen zwar über die Regierung schimpfen, daß wir aber alle Geschäfte der Regierung überlassen . .."

Die KPD betrat diese Traditionslinie viel rascher als erwartet. Ein Satz des Zentralorgans der KPD aus dem Jahre 1920 klingt wie eine Vorausschau der kommenden Entwicklung: „Gewisse Dinge erwecken bei den breiten Massen der Mitglieder den Anschein, als ob der Zentralismus so etwas ähnliches sei, wie sie es früher in der alten Partei auch gekannt haben, nämlich ausschlaggebenden Einfluß der Parteibürokratie . . ."

Die Struktur der Komintern

Die KPD war ihrem Statut und ihrem Namen nach eine „Sektion der Kommunistischen Internationale". Die deutschen Kommunisten betonten immer wieder, die Komintern müsse eine straff organisierte Weltpartei sein, da „nur der straffe Zentralismus die Voraussetzung dafür ist, daß die Kommunistische Inter-nationale die Führung der Weltrevolution behält" Zum V. Weltkongreß der Komintern 1924 forderte die KPD: „Die Kommunistische Internationale muß zur Weltpartei werden, die die notwendigen einheitlichen internationalen Aktionen des Proletariats unter fester Führung leitet und sie zum Siege führt" Der V. Weltkongreß 1924 legte den Zentralismus der Komintern statuarisch fest. Offiziell war auch die Komintern nach dem Prinzip des demokratischen Zentralismus aufgebaut Höchstes Organ der Internationale war der Weltkongreß, der alle zwei Jahre zusammentreten mußte Zwischen den Weltkongressen leitete das Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale (EKKI) die gesamte Arbeit: es gab allen kommunistischen Parteien „bindende Direktiven" und übte „die Kontrolle ihrer Tätigkeit aus". Gegen Anweisungen des EKKI konnten die Sektionen beim Weltkongreß Berufung einlegen, doch hatte diese keinerlei aufschiebende Wirkung. Eindeutig wurde festgelegt, das „EKKI hat das Recht, Beschlüsse sowohl der Zentrale wie auch der Parteitage der Sektion aufzuheben bzw. abzuändern und Beschlüsse zu fassen, deren Durchführung für die Zentralorgane bindend ist" Allein diese Bestimmung zeigt, daß die Sektionen der Komintern keine eigenständigen Parteien waren; die Befehlsgewalt lag beim EKKI in Moskau. Das EKKI entwickelte sich zu einer immer umfangreicheren Körperschaft. Auf dem VI. Weltkongreß 1926 wurden bereits 59 Mitglieder und 41 Kandidaten in dieses Gremium gewählt. Da das EKKI relativ selten zusammentrat, verlagerte sich die eigentliche Macht auf sein Präsidium.

Nach den Statuten wählte das EKKI ein Präsidium, das als ständig funktionierende Körperschaft zwischen den EKKI-Tagungen die gesamte Arbeit leitete; es bestand 1926 aus 25 Personen und 1928 aus 26 Personen. Das Präsidium war ein wichtiges Machtorgan der Internationale. Ihm zur Seite stand nach den Statuten von 1924 ein Orgbüro, das alle organisatorischen und finanziellen Fragen zu erledigen hatte. Ein dem Orgbüro zugeordnetes Sekretariat mußte ebenfalls „praktische Arbeit" leisten. Orgbüro und Sekretariat wurden im Dezember 1926 aufgelöst. Ab Januar 1927 übernahm das Politische Sekretariat (Politsekretariat) deren Aufgabe In der Fassung des Statuts von 1928 hieß es: „Das Präsidium wählt das politische Sekretariat als beschließendes Organ. Dieses bereitet die Fragen zu den Sitzungen des EKKI und seines Präsidiums vor und ist deren Vollzugsorgan."

Der Aufbau des EKKI stimmte also mit dem bereits geschilderten Aufbau der KPD überein. Vergleichbare Gremien waren Weltkongreß und Parteitag, EKKI und ZK, EKKI-Präsidium und Polbüro, Politsekretariat und Sekretariat. In der KPD verlagerte sich die Macht zunehmend auf das Sekretariat, in der Komintern auf das Politsekretariat. Dieses Gremium beherrschten die Russen, obwohl die Vertreter der KPdSU nominell im Politsekretariat in der Minderheit waren Das Politbüro der KPdSU bestimmte die Haltung des Politsekretariats der Komintern, und seit „Stalins Sieg in der sowjetischen Partei, also etwa seit 1930, war er (Stalin) das die Komintern de facto leitende , Organ'"

Da dem EKKI und seinem Vollzugsorgan ein umfangreicher Apparat zur Verfügung stand, in dem wiederum zumeist KPdSU-Mitglieder die bestimmenden Funktionen innehatten, war die Vorherrschaft der russischen Partei im Komintern-Apparat eindeutig. In den zwanziger Jahren umfaßte dieser Apparat über 400 Angestellte Der Apparat war in Abteilungen gegliedert. Diese Arbeitsstäbe glichen in Funktion und Aufbau denen des ZK einer KP. 1926 gab es eine Orgabteilung, Agitpropabteilung, Informationsabteilung, Kooperativsektion und die Frauenabteilung Nach offiziellen Angaben leitete die Orgabteilung die Kommunistischen Parteien, indem sie drei Methoden anwandte: 1. schriftliche Instruktionen, 2. Entsendung von Instrukteuren, 3. Hinzuziehung von Praktikanten. Ähnlich arbeitete auch die Agitpropabteilung, während die Informationsabteilung das EKKI über die einzelnen Parteien und die Sektionen über die Arbeit des EKKI zu unterrichten hatte. 1925 wurde schließlich noch eine Verlagsabteilung geschaffen, die für die Veröffentlichungen der Komintern zuständig war.

Entsprechend den Statuten konnte das EKKI in die einzelnen Sektionen auch Bevollmächtigte entsenden. Diese mußten zu allen Versammlungen und Sitzungen zugelassen werden, und schon früh spielten die Vertreter des EKKI in den Kommunistischen Parteien eine ausschlaggebende Rolle. Es gab Bevollmächtigte, die längere Zeit in einem Land lebten und die Partei anleiteten. In Deutschland übte August Kleine-Guralski von 1921 bis 1923 diese Funktion aus 1924 wurde er von Dimitrij Manuilski abgelöst. Später übernahm der Schwede Karl Kilbom und dann der KPdSU-Führer Besso Lominadse diese Aufgabe. Die eigentlichen Verantwortlichen für eine Partei (z. B. für Deutschland bis 1923 Karl Radek, später Manuilski und Kuusinen) kamen meist nur zu wichtigen Veranstaltungen, Parteitagen o. ä. Schließlich gab es noch die mit besonderen Aufträgen betrauten Instrukteure des EKKI, die in den Sektionen die Auffassung der Komintern durchsetzten (in der KPD arbeitete jahrelang die Alt-Bolschewikin Jelena Stassowa)

Die Anleitung und die Kontrolle der Tätigkeit der Sektionen blieb die wesentliche Aufgabe der Kominternführung. Während das Sekretariat bzw. Politsekretariat auch die entscheidenden Personalfragen behandelte, sollte die 1924 geschaffene „Internationale Kontrollkommission" über die Einheit und Reinheit der Komintern wachen. Die Kontrollkommission prüfte Beschwerden gegen Abteilungen des EKKI und Beschwerden von Personen oder Organisationen, sie verhandelte über Disziplinarmaßnahmen und war für die Revision der Finanzen zuständig In der Praxis wurde die Kontrollkommission vor allem ein Organ zur Ausschaltung oppositioneller Gruppen und Personen.

Nicht weniger wichtig als die bekannten Instanzen des EKKI waren die mehr im Hintergrund wirkenden Körperschaften, besonders die Abteilung für internationale Verbindungen (OMS). Die OMS war der Orgabteilung unterstellt. Da es zu den Aufgaben der Orgabteilung gehörte, die Kommunistischen Parteien über die illegale Arbeit zu instruieren kam der OMS eine eminent wichtige Funktion zu. Durch einen geheimen Apparat sicherte sie die Verbindungen des EKKI mit ihren Beauftragten in den verschiedenen Ländern, sie übermittelte außerdem den Sektionen die Anweisungen des EKKI. Die OMS ermöglichte die direkte, unmittelbare Unterstützung der Sektionen durch das EKKI, sie transportierte nicht nur die geheimen Anweisungen, sondern auch die Geldbeträge, ließ die Zuschüsse über Vertrauenspersonen gehen, stellte falsche Pässe her usw.

Diese Seite der Kominternarbeit spielte sich im Halbdunkel ab, dagegen wurden die politischen Auseinandersetzungen in aller Öffentlichkeit ansgetragen. Die Kominternführung bestimmte die Linie und sie diffamierte andere Auffassungen als „Abweichungen". Änderungen der Parteilinie und der Zusammensetzung der Leitung in den Sektionen wurden vom EKKI erzwungen In dem Maße, in dem die russischen Führer und schließlich Stalin die Kominternführung bestimmten und schließlich beherrschten, wurden die Interessen der russischen Partei und ihrer Politik alleiniger Maßstab der Kritik.

Die „Russifizierung" der Komintern ergab sich aus dem wachsenden Einfluß der KPdSU auf die Kominternführung, der immer größer werdenden Abhängigkeit der Komintern von den Hilfsquellen des Sowjetstaates und der völligen Unterwerfung der Sektionen unter die Ideologie Moskaus. Doch ist auch die formale, durch die Statuten gerechtfertigte Vorherrschaft der KPdSU in der Komintern nicht zu übersehen. Das Gewicht der Sektionen hing von ihrer Mitgliederzahl ab: danach richtete sich die Stärke ihrer Delegationen beim Welt-kongreß, die Anzahl ihrer Vertreter im EKKI usw.

Im Jahre 1921 standen den 650 000 Mitgliedern der sowjetischen Sektionen (Rußland, Ukraine, Armenien usw.) doppelt soviele Mitglieder der anderen Parteien gegenüber (1, 3 Millionen). KPD und KP der Tschechoslowakei hatten zusammen mehr Mitglieder (720 000) als die sowjetischen Kommunisten 1923 war die Mitgliederzahl der Komintern erheblich zurückgegangen, aber noch immer hatten die sowjetischen Parteien weit weniger Mitglieder (415 000) als die übrigen Sektionen (750 000). Im Jahre 1926 dagegen hatte sich die Korrelation radikal geändert. Die KPdSU mit 880 000 Mitgliedern hatte alle übrigen Kommunistischen Parteien (mit zusammen 340 000 Mitgliedern) weit überflügelt. Und 1928 war das Verhältnis von 1921 gerade umgekehrt: die KPdSU zählte 1, 2 Millionen, alle anderen Parteien der Komintern nur noch 443 000 Mitglieder

Da die KPdSU 1928 drei Viertel der Komintern-Mitgliedschaft umfaßte, schien ihre Vorherrschaft in der Komintern durchaus logisch. Auch die Hilfe, die der Sowjetstaat den Sektionen der Komintern gewährte, mußte nun in neuem Licht erscheinen. Seit 1922 hatten alle Kommunistischen Parteien einen Teil ihrer Mitgliedsbeiträge an die Komintern abzuführen, damit das EKKI schwache Organisationen unterstützen konnte Entsprechend der Mitgliederstruktur der Komintern kamen ab 1926 die größten finanziellen Mittel von der KPdSU; die Hilfe des Sowjetstaates schien also formal nur die Unterstützung durch eine Bruderpartei, die größte Sektion der Komintern, zu sein.

Ende der zwanziger Jahre waren die abweichenden Richtungen ausgeschaltet und alle Kommunistischen Parteien der KPdSU ergeben; die monolithische Einheit der Komintern unter Führung der Sowjetunion schien gesichert. Die Gleichschaltung der Sektionen auf Moskaus Kurs war erreicht, weil sich Funktionäre und Mitglieder der Kommunistischen Parteien dem ideologisch-politischen Führungsanspruch der KPdSU indirekt oder direkt beugten, vor allem aber, weil die Parteiführungen und -apparate nunmehr bereit waren, allen Anweisungen der Kominternführung — und damit der Leitung der KPdSU oder genauer: Stalins — bedingungslos zu folgen. Das galt besonders für den Apparat und die Führung der KPD, der zweitstärksten Sektion der Komintern.

Die Abhängigkeit des deutschen Apparats

Zwischen Führung und Apparat der deutschen Sektion und dem EKKI in Moskau bestand eine enge politische, organisatorische und personelle Verflechtung. Parteiführung und -apparat gerieten — mehr als die eigentliche Partei — in eine immer stärkere, nicht zuletzt auch materiell bedingte Abhängigkeit von der Moskauer Zentrale. Da unter den Sektionen der Komintern die russische alle übrigen über-* ragte — sowohl an politischer Erfahrung und geistiger Potenz (man denke nur an Köpfe wie Lenin und Trotzki) als auch an handfester Macht und materiellen Hilfsquellen —, er-wuchs aus der Abhängigkeit der KPD von der Komintern die Unterordnung unter die KPdSU. Der wachsende Glaube von Funktionären und Mitgliedern der KPD an das sowjetische Vorbild wirkte wie eine ideologische Rechtfertigung dieses Verhältnisses. Die Auseinandersetzungen in der KPD-Führung orientierten sich — mindestens seit 1923 — an den Fraktionskämpfen der KPdSU; dadurch verwoben sich die deutsche und sowjetische Parteientwicklung noch mehr miteinander. Natürlich waren die deutschen Fraktionskämpfe nicht allein eine Widerspiegelung der russischen, aber die deutschen Führer ließen sich in die sowjetischen Streitereien hineinziehen. Das hatte Rückwirkungen: die Differenzen zwischen der KPD-Führung und der Komintern wurden letztlich nur vom sowjetischen Fraktionsgesichtspunkt aus betrachtet

Bis 1923 hatten sich bestimmte Formen der Abhängigkeit eingespielt: die KPD-Zentrale erkannte die führende Rolle der Komintern an, ohne damit jegliche Eigenständigkeit aufzugeben. 1924/25 begann in der Komintern auch der Einfluß Stalins zu wachsen. Stalin und seine Fraktion, im wesentlichen der sowjetische Parteiapparat, nahmen 1925 bis 1927 eine „rechte" Position ein. Primär ging es Stalin um die Macht in der KPdSU; er wollte seine gefährlichsten Gegner, die Linken, ausschalten (zunächst Trotzki, später Sinowjew und Kamenew). Der Kampf gegen die linke Opposition war aber auch aus der grundsätzlichen Haltung Stalins erklärbar: Seine Theorie vom „Sozialismus in einem Land" wurde von den Linken abgelehnt, während die „rechten" Kommunisten (Bucharin, Rykow, Tomski) sie bejahten. Zugleich ging es um die Innen-und Außenpolitik des Sowjetstaates. Mit Hilfe der „Rechten" trat Stalin für eine gemäßigte Politik ein. Die wirtschaftliche „Schere" zwischen Industrie und Landwirtschaft sollte durch Zugeständnisse an die Mittelbauern geschlossen werden; außen-politisch erwartete Stalin Erfolge von der Einheitsfront (in England mit den Gewerkschaften, in China mit der Kuomintang), außerdem hoffte man, eine „gemäßigte" Politik könne ausländische Kapitalhilfe bringen

1927 wurde kar, daß die außenpolitischen Hoffnungen getrogen hatten; vor allem in China hatte die Zusammenarbeit mit der Kuomintang zu einem Debakel des Kommunismus geführt. Da es Stalin andererseits gelungen war, die linke Opposition auszuschalten, konnte er 1928 den Kurs radikal ändern, eine ultralinke Linie einschlagen, um auch die letzten innerparteilichen Gegner, die rechten Kommunisten (Bucharin usw.) zu bezwingen. Eine forcierte Industrialisierung sollte die innere Struktur der UdSSR ändern; dabei wurden vielfach frühere Pläne der Linken (in überspitzter Form) übernommen.

Der Kampf um den sowjetischen Machtapparat und die sowjetische Innen-und Außenpolitik bestimmte den „rechten" Kurs 1925 bis 1927 und den ultralinken Kurs ab 1928. Allerdings ist nicht zu übersehen, daß diese sowjetische Entwicklung nach 1925 teilweise auch eine Folge der Kominternpolitik von 1923/24 war. Die schematische Übertragung der russischen Politik auf die Komintern läßt erkennen, wie weit die sowjetische Realität für die Komintern maßgebend war. Diese „rechte" bzw. „linke" Grundhaltung widerspiegelte sich nicht nur in den innerparteilichen Fraktionskämpfen der KPD, sie ist in fast allen Sektionen der Komintern abzulesen.

Im Zuge der „Bolschewisierung" der Kommunistischen Internationale 1924/25 hatte Sinowjew (noch im Bündnis mit Stalin) die Anhänger Trotzkis aus den Führungspositionen der Sektionen verdrängt Die Ausschaltung der linken Führungen der Sektionen, die Sinowjews Anhänger waren, begann im Herbst 1925 mit dem „Offenen Brief" an die KPD. 1926/27 wurden nicht nur die deutschen Linken ausgeschlossen, sondern auch die ultralinke polnische Parteiführung (Domski, Ossinskaja), die Linken in der Tschechoslowakei (Michalec, Pollac u. a.), in Belgien (Overstraaten), Holland (Sneevliet) und selbst in Japan. Die „sinowjewistische" Parteiführung Frankreichs (Treint, Girault) wurde abgesetzt und 1928 ausgeschlossen und auch die Ultralinken in Italien (um Bordiga) entmachtet

Nicht anders ging 1928/29 der Ausschluß „rechter" Kommunisten und die Absetzung von „Versöhnlern" vor sich. In der Tschecho-Slowakei wurden die Rechten um Hais, die „Versöhnler" um Neurath, Jilek u. a. ausgeschlossen. Die KP der Tschechoslowakei erhielt im November 1928 ebenfalls einen „Offenen Brief" des EKKI über die „rechte Gefahr" Die KP Schwedens spaltete sich; mit ihrem Führer Kilbom verließ die große Mehrheit der schwedischen Mitglieder die Komintern. In der KP der USA wurde der Generalsekretär Lovestone u. a. ausgeschlossen in England der frühere Parteiführer Murphy, in Italien der Parteiführer Serra (Tasca), Santini, Pasquine, in Südafrika Bunting Die Komintern erklärte später: „Die Rechten und die Versöhnler wurden zerschlagen und ihre bekanntesten Führer, die offen oder getarnt noch vor dem X. EKKI-Plenum gegen die Beschlüsse des EKKI aufgetreten waren, wurden aus der Partei ausgeschlossen oder von den leitenden Stellungen in den kommunistischen Parteien und im EKKI entfernt, nachdem ihre gegen die Beschlüsse des VI. Weltkongresses gerichteten Plattformen entlarvt worden waren (Serra — KP Italiens, Lovestone — KP der USA, Ewert — KP Deutschlands, Bucharin — KPdSU [B])." -Diese schematische Übertragung der Fraktions auseinandersetzungen war nur zum geringen Teil aus der politischen Realität der einzelnen Länder zu erklären Es war verständlich, daß die kommunistische Opposition der Komintern vorwarf, ihre Politik werde nicht vom Klassenstandpunkt bestimmt, sondern von den Fraktionskämpfen in Rußland Von solchen Praktiken wurde die KPD besonders hart betroffen.

Einer der schwerwiegendsten und folgenreichsten Eingriffe der Komintern in die Geschicke der KPD war der „Offene Brief" vom August 1925 und die darauffolgende Absetzung der Fischer-Maslow-Führung. Für die Zukunft der KPD war es eine schwere Hypothek, daß sich die Partei nicht selbst von der verfehlten ultralinken Politik zu lösen vermochte (die Fischer-Maslow-Führung war wenige Wochen vor dem „Offenen Brief" noch einstimmig vom Parteitag bestätigt worden) und daß der Komintern-eingriff wiederum mit russischen Fraktionsquerelen zwischen Sinowjew und Stalin ein-herging. Praktisch setzte die Komintern eine neue deutsche Parteiführung ein, sie stützte sich weiterhin hauptsächlich auf die linken Führer, d. h. diejenigen, die früher eifrig Ruth Fischers Politik mitgemacht hatten, dann aber umschwenkten und bereitwillig der Kominternlinie folgten. Das bedeutete einerseits, daß seit Ende 1925 jede deutsche Führung von der Komintern abhängig blieb, andererseits, daß die Komintern auf die Stimmung der deutschen Linken Rücksicht nahm und keine echte Selbstkritik des ultralinken Kurses von 1924/25 erfolgte, was sich 1928/29 als verhängnisvoll erwies.

Zunächst schien das Eingreifen der Komintern eine Demokratisierung der von Ruth Fischer „bolschewisierten" Partei zu ermöglichen. 1926 stritten die verschiedenen Fraktionen der KPD miteinander; es sah aus, als herrsche innerparteiliche breite Demokratie. Tatsächlich förderten diese Auseinandersetzungen jedoch Prestige und Macht der Komintern in Deutschland. Die Autorität der russischen Revolution und Sowjetrußlands war für alle Kommunisten unantastbar. In solcher Atmosphäre war es der Opposition abträglich, wenn man ihr vorwerfen konnte, sie sei „mit der Hegemonie der KPR in der Komintern unzufrieden" Wer nicht vorbehaltlos für den EKKI-Brief eintrat, wurde als „Feind der Komintern" abqualifiziert. Diesem Ansturm war die Opposition nicht gewachsen, obwohl sie in Berlin zunächst über die Mehrheit verfügte. Bald wurden die führenden linken Oppositionellen als „wildgewordene Kleinbürger" oder „deklassierte Kleinbürger" verächtlich gemacht, um auch die intellektuellenfeindliche Stimmung vieler Arbeiter gegen sie zu lenken. Sinowjew selbst versuchte, den Einfluß von Ruth Fischer und Maslow, von Koegler und Korpus in Berlin herabzusetzen: „Ich verstehe nur nicht, was sind das für Berliner Arbeiter, sind das Bolschewisten oder was sind sie? Es sind doch 20 000 oder 30 000 Mitglieder, und sie können keinen Arbeiter finden, der die Partei führen wird? So ist die Partei absolut verloren. Das ist ein schäbiges Regime."

Die Demagogie der russischen Kominternführer, unter denen sich ja auch kaum Arbeiter befanden, sollte vor allem das Prestige Thälmanns stärken. Doch Thälmann war nicht Sinowjews, sondern Stalins Gefolgsmann. Es half Sinowjew wenig, daß er seine deutschen Anhänger fallenließ: Ein Jahr nach der Absetzung Ruth Fischers und Maslows mußte er den Kominternvorsitz niederlegen. Nun wurde ihm von der Stalin-Führung vorgeworfen, er habe zur „Hetze" Ruth Fischers und Maslows geschwiegen und in seinem Namen sei die KPD von einer „gewissenlosen Clique kleinbürgerlicher Abenteurer" geführt worden

Innerhalb der Komintern war die linke Opposition bis 1927 geschlagen. Stalins Kampf gegen die Rechten (vom inzwischen routinierten Apparat sehr viel schneller beendet) griff auch auf Deutschland über. Hier hatten sich vor allem Ewert und andere Versöhnler auf Bucharin gestützt. Seinen Vertrauensmann Thälmann ließ Stalin auch in der Wittorf-Affäre nicht fallen; er ignorierte den Beschluß des deutschen ZK und setzte ihn wieder in seine Funktionen ein. Mit der Niederlage der rechten Fraktion in der KPdSU war auch das Schicksal der deutschen Rechten und Versöhnler besiegelt. Wieder war das Prestige der russischen Revolution und der Komintern zugunsten Stalins in die Waagschale geworfen worden.

Der Nimbus Sowjetrußlands und das Ansehen der KPdSU waren in der KPD ständig gewachsen. Zum 10. Jahrestag der russischen Oktoberrevolution war mit einem gewissen Recht vom „unzerstörbaren Band KPD-KPdSU" gesprochen worden Die KPD glaubte, „ihr Schicksal" hänge „in der gegenwärtigen Epoche vom Sieg des Sozialismus im einzigen Sowjetstaat", also der UdSSR, ab Die KPD hatte sich in der Streitfrage des „Aufbaus des Sozialismus in einem Land" völlig auf die Position Stalins begeben, sie „bejahte den Aufbau des Sozialismus" in der Sowjetunion

und ordnete sich den Interessen des „sozialistischen Aufbaus" unter. Die deutsche Par. teiführung erkannte nicht, daß die Partei damit — wie alle Sektionen der Komintern — ihre Funktion änderte. Die KPD konnte keine selbständige deutsche Politik machen, es war ihr sogar unmöglich, eigenständig eine Revolution vorzubereiten: Die Revolution durfte nur ausbrechen, wenn Stalin sie benötigte. Eine solche „Revolution auf Abruf" war aber undenkbar, und die Partei als außenpolitische Hilfstruppe Stalins eigentlich zur Untätigkeit verdammt

Wie von ihr erwartet, stimmte die KPD-Führung auch allen Veränderungen der sowjetischen Parteispitze zu: Das ZK der KPD — „billigte vollständig" die Beschlüsse des 14. Parteitags der KPdSU vom Dezember 1925 gegen Trotzki — erklärte im Juli 1926 sein „vorbehaltloses Einverständnis" zu Stalins Kampf gegen Sinowjew — gab Ende Juli 1926 seine „vorbehaltlose Zustimmung" zur Absetzung Sinowjews als Kominternvorsitzender — sprach sich im Juni 1927 in „völliger Einstimmigkeit" gegen Trotzki aus — billigte den Ausschluß Trotzkis und Sinowjews im November 1927 und erklärte sich mit der KPdSU-Führung „völlig solidarisch" — „begrüßte" mit der gleichen Selbstverständlichkeit im September 1929 die Absetzung Bucharins und der rechten Kommunisten

Es ist wenig erstaunlich, daß sich die Opposition jeweils umgekehrt verhielt. Je weiter die Stalinisierung voranschritt, um so mehr trieb die Logik der Ereignisse die verschiedenen Oppositionsgruppen zu einer grundsätzlichen Stellungnahme gegenüber Komintern und KPdSU. Dabei wurde in erster Linie die Abhängigkeit der KPD von der Sowjetunion attackiert. Selbstverständlich suchte die Opposition politischen Rückhalt bei der ihr nahestehenden sowjetischen oppositionellen Fraktion. Die deutsche Parteiführung bezeichnete das Streben der deutschen Oppositionsgruppen nach Unabhängigkeit der KPD von der UdSSR als verwerflich. In seiner Broschüre „Der ultralinke Menschewismus“ bezichtigte Heinz Neumann schon 1926 die gesamte linke Opposition der Sowjetfeindlichkeit:

„Konzentration aller ultralinken Angriffe von Katz, Korsch, Maslow, Ruth Fischer, Urbahns, Bordiga, Domski u. a. gegen die Union Sozialistischer Sowjetrepubliken, insbesondere gegen die Politik der KP der Sowjetunion und ihre Führerrolle in der Komintern — unter Anknüpfung an die Plattform der Opposition auf dem XIV. Parteitag der KPdSU."

Die rechte Opposition ihrerseits verdammte 1929 die „mechanische, affenmäßige" Kopierung der russischen Partei und ihrer Methoden. Gegen die schematische Übertragung der russischen Taktik auf die Komintern wandte sich Thalheimer mit folgender Überlegung: „Vielleicht ist das bloßer Laienverstand und nicht genügend Bolschewisierung, wenn ich die bescheidene Meinung äußere, daß ich mir sehr wohl denken kann, daß, wenn in Sowjetrußland eine . Rechte Gefahr'existiert, gleichzeitig in Java oder Borneo eine . Linke Gefahr'oder in einem anderen Land eine . versöhnlerische', daß in einem dritten sogar eine Richtung , die Gefahr'sein kann, die im russischen Fraktionskampf überhaupt nicht vertreten ist."

Doch die verschiedenen Oppositionsgruppen haben immer erst spät (meist zu spät) die Veränderungen in der Sowjetunion und den Charakter des Stalinismus erkannt und berücksichtigt.

Die Abhängigkeit der KPD von Moskau zeigte sich nicht nur in der Nachahmung der russischen Partei und ihrer Politik, sondern auch an der materiellen Bindung der KPD an die KPdSU (über die Komintern). Ohne die Hilfe der Komintern hätte die KPD ihren immer größer werdenden Parteiapparat, die Partei-presse usw. in diesem Umfang schwerlich aufrechterhalten können. Uber die Situation von 1923 berichtete der damalige Parteivorsitzende Brandler später: „Die Komintern finanzierte die KPD so, daß sie 27 Zeitungen und 200 Funktionäre bezahlen konnte. Auch wenn wir (d. h. die rechte 191

Opposition bei einer evtl. Parteispaltung 1923 H. W.), wie unsere Anhänger erklärten, die größere Hälfte der Mitglieder bekämen, wir konnten aus eigener Kraft keine vier Zeitungen und kein Dutzend Funktionäre bezahlen."

In der KPD wurde über die Geldunterstützungen aus Sowjetrußland nicht öffentlich gesprochen; die sowjetische Unterstützung war in der Partei ein Tabu. Lediglich auf dem II. Parteitag 1919 gab Hugo Eberlein (über ihn und über Wilhelm Pieck liefen die Zuwendungen der Komintern lange Zeit) zu:, „Die Kassenverwaltung ist ein besonderes Schmerzenskind der Partei. Die vielen Millionen, die wir von der russischen Regierung erhalten haben sollen, spuken selbst in den Köpfen unserer Parteigenossen. Es muß immer wieder gesagt werden, daß die Mittel, die uns zur Verfügung stehen, im Verhältnis zu dem, was gebraucht wird, gering sind. Wir werden in der gesamten Presse als die Söldlinge der russischen Regierung verschrien, völlig zu Unrecht. Wir machen keinen Hehl daraus, daß uns zwar nicht die russische Regierung, wohl aber die russische Kommunistische Partei Geldmittel zur Verfügung gestellt hat, die wir zur Agitation verwenden; wenn darüber auch die Regierungssozialisten ein Geschrei erheben, so ist das nichts als elende Heuchelei, denn wir waren früher in der alten Partei stolz darauf, daß es uns auf Grund unserer finanziellen Lage möglich war, unsere ausländischen Genossen zu unterstützen."

Später wurde dieses Kapitel in der Partei offiziell nicht mehr berührt, aber die Unterstützung durch die Komintern, faktisch eine Finanzhilfe von der Sowjetunion war ein offenes Geheimnis. Ungewiß blieb aber stets die Höhe der finanziellen Hilfe.

Auf der Tagung der deutschen Polizei-Nachrichtenleiter im Mai 1927 wurde folgender Bericht über die Finanzlage der KPD gegeben Die Partei hatte nach dem Kassenbericht des XI. Parteitags im März 1927

4, 5 Millionen Mark Mitgliederbeiträge eingenommen (offenbar in dem Zeitraum vom X. zum XI. Parteitag, also vom August 1925 bis Februar 1927), hinzu kamen 1 Million Gewinne aus Grundstücken der PEUVAG. DieseEigenmittel bedeuteten pro Monat 300 000 Mark Einnahmen. Angeblich hatte nun die KPD bei der Komintern ein Budget von 1, 2 Millionen Goldrubel, von denen 300 000 Rubel an den Roten Frontkämpferbund weitergeleitet werden mußten. Da ein Goldrubel ungefähr zwei Mark entsprach bezog die KPD nach dieser Aufstellung einen monatlichen Komintern-Zuschuß von etwa 150 000 Mark. Außerdem erhielt die KPD für bestimmte Aktionen Sonderzuwendungen, so 1926 für die Frauenarbeit 60 000 Mark, für den Volksentscheid zur Fürstenenteignung 120 000 Mark, für den „Kongreß der Werktätigen" 100 000 Mark usw.

Nach den offiziellen Unterlagen der Komintern dürfte die Hilfe allerdings nicht ganz so hoch gewesen sein. Die Komintern überwies 1927 als Unterstützung an die Sektionen 690 000 Dollar, also 2, 8 Millionen Mark. Selbst wenn man annimmt, daß die KPD als wichtigste Sektion den größten Anteil bekam, wäre nach dieser Version die oben angegebene Unterstützung wohl um die Hälfte zu hoch gegriffen. Nun ist zu vermuten, daß die offiziellen Abrechnungen der Komintern kaschiert waren, damit das ganze Ausmaß der Unterstützung verborgen blieb. Der Kassenbericht von 1928 weist sogar (bei Einnahmen und Ausgaben von 762 000 Dollar) als „Subventionen für Parteizeitungen, Verlage und Kultur-und Bildungsarbeit" nur 364 781 Dollar, also etwa 1, 5 Millionen Mark aus (1929 = 1, 8 Millionen, 1931 = 3 Millionen Mark

Da nach einer genauen Aufschlüsselung selbst ein kleiner Bezirk wie Württemberg im Juli 1927 allein fixe Ausgaben (Gehälter, Telefon usw.) von über 3000 Mark hatte dürften die Kosten der Gesamtpartei (Zentrale, 27 Bezirke, Unterbezirke, Presse, Massenorganisationen usw.) sich durchaus im oben geschilderten Rahmen bewegt haben; die Zuschüsse der Komintern müssen also entsprechend hoch gewesen sein.

Wenn auch das Ausmaß der Finanzhilfe der Komintern ohne die exakten Unterlagen des EKKI nicht genau festzustellen ist, so lassen die angeführten Zahlen doch zwei Schlüsse zu: Erstens, die finanzielle Unterstützung an die KPD war beachtlich; sie betrug vermutlich zwischen einem Drittel und der Hälfte der KPD-Einnahmen überhaupt. Nur dank dieser Hilfe konnte die KPD einen umfangreichen und schlagkräftigen Apparat unterhalten. Zweitens aber wurde in der Öffentlichkeit der „rollende Rubel" überbewertet. Die Vorstellung, die KPD habe nur von der russischen Unterstützung existiert, und diese sei mehr als reichlich geflossen, ist sicherlich falsch. Auf der bereits erwähnten Sitzung der Nachrichtenoffiziere wurde mit Recht auf die dauernde Finanznot der KPD hingewiesen. Behauptungen, wie sie der ehemalige KPD-Landtagsabgeordnete Dörr nach seinem Ausschluß aus der Partei verbreitete, die KPD erhalte von der Komintern monatlich 200 000 Dollar, also 880 000 Mark, wurden von der Presse zwar begierig aufgegriffen, sie waren aber falsch. Das bestätigte übrigens auch schon damals der Reichskommissar zur Überwachung der öffentlichen Ordnung in einem internen Schreiben Mit Beginn des russischen Aufbaus 1928/29 ging die Finanzhilfe durch Moskau zunächst stark zurück. Die Klagen der Partei über Geldknappheit gerade in dieser Periode sind durchaus stichhaltig

Immerhin erkannten viele Kommunisten, daß die Unterwerfung unter die Komintern in ursächlichem Zusammenhang mit der finanziellen Abhängigkeit von Moskau stand. Besonders die Opposition verlangte kategorisch finanzielle Unabhängigkeit der Partei Die Opposition war durch das Finanzgebaren der Komintern von vornherein benachteiligt. Da ihr die materielle Hilfe fehlte, konnte sie ihre Organisationen nie so stark ausbauen wie die kominterntreue Parteiführung. Die Berliner Parteileitung hatte im März 1924 beschlossen, der Bezirk Berlin-Brandenburg solle wieder — wie vor dem Oktober 1923 — von der Zentrale (und damit von der Komintern) finan-ziell unabhängig werden und sich auf die Mitgliederbeiträge stützen Mit solchen Forderungen konnten die auf größere Unabhängigkeit zielenden Kräfte aber nicht durchdringen

Andererseits schadeten aufgebauschte Berichte über die finanzielle Bindung an Moskau einer nüchternen Einschätzung, so etwa, wenn die Katz-Opposition 1926 behauptete:

„Die KPD, finanziell und damit auch ideologisch völlig vom russischen Staat abhängig, mußte die Wandlungen des russischen Staates willenlos mitmachen. ... Wer am dreistesten heuchelt, wird Führer, verächtliche Burschen raufen um Futterkrippen, Gesinnung gilt nichts, Gesinnungslosigkeit alles"

Solche Überspitzungen verfehlten die Realität, hatten allerdings einen wahren Kern: Die Geheimapparate der KPD (Militärapparat, Kurierdienst, Zersetzungs-Apparat usw.) existierten nur von Kominternfinanzen. Sie waren daher auch von der deutschen Partei nicht zu kontrollieren; das EKKI konnte mit ihnen schalten und walten, wie es wollte. Diese Geheimapparate hatten aber auch Parteiaufgaben wahrzunehmen (Kurierdienste, Informationen über gegnerische Organisationen, Paßfälschungen, Beschaffung von Quartieren, von Druckereien für illegale Schriften usw.), und hier wirkte ihre totale Abhängigkeit wieder auf die Partei selbst zurück.

Schließlich beschränkte sich die materielle Hilfe auch nicht nur auf direkte Finanzierung. Die Komintern sandte gut ausgebildete Funktionäre und Spezialisten, ausländische Parteiführer konnten in Rußland Erholung oder bei Krankheit Genesung finden, politisch Verfolgte erhielten Asyl, kurzum, die Hilfe war recht verschiedenartig, wie eben auch die Abhängigkeit von der Komintern recht vielfältig war.

Die Anleitung durch das EKKI geschah nicht nur über die politischen Führungen. Die Abteilungen des ZK der KPD (einer Partei, die ja ohne Genehmigung des EKKI nicht einmal ihren Parteitag durchführen konnte) und selbst die Ressorts der Bezirksleitungen wurden von den entsprechenden Abteilungen des EKKI direkt instruiert — und gerade dadurch vertiefte sich der russische Einfluß War auch die finanzielle und organisatorische Verflechtung von großer Bedeutung, so ist andererseits die ideologische Bindung für die Abhängigkeit der KPD von der Komintern nicht weniger wichtig.

Ideologischer Terror: Das Vorbild Sowjetunion

Die Unterordnung des deutschen Kommunismus unter die Interessen der sowjetischen Führung war bis zur Mitte der zwanziger Jahre weit weniger spürbar als in der Periode, in der Stalin die Macht hatte. Die russischen Kommunisten unter Lenin hatten niemals gefordert, daß Rußland die Führung der internationalen Arbeiterbewegung übernehmen oder die bolschewistische Partei in der Internationale eine bevorrechtete Partei sein solle. Auf dem VIII. Parteitag der KP Rußlands 1921 erklärte Lenin:

„Es wäre lächerlich, unsere Revolution als irgendein Ideal für alle anderen Länder hinzustellen und sich einzubilden, sie hätte eine Reihe genialer Entdeckungen gemacht und eine Unmenge sozialistischer Neuerungen eingeführt. Ich habe das von niemand gehört und behaupte, daß wir es von niemand hören werden."

Entgegen der Ansicht Lenins tauchten solche Vorstellungen wenige Jahre später in der Internationale auf. Die in der KPD früh zu be-bachtende Rußlandgläubigkeit überstieg chon Mitte der zwanziger Jahre jedes er-tägliche Maß. Clara Zetkin erntete 1923 den türmischen Beifall der Parteitagsdelegierten, ls sie Sowjetrußland mit pathetischen Worten lorifizierte:

Es ist keiner von uns gewesen, der nicht Sovjetrußlands revolutionäres Leben, die Hinabe und Begeisterung seines Proletariats ennengelernt hat, ohne von dem Eindruck berwältigt zu werden: Ziehe Deine Schuhe us! Der Boden, da Du stehest, ist heiliger Bolen. Ist geheiligter Boden durch den revoluionären Kampf, die revolutionären Opfer des ussischen Proletariats."

Nährend der Bolschewisierung der KPD durch ie Ruth-Fischer-Führung wurde Sowjetrußand als unfehlbares „Vorbild aller Pareien der Kommunistischen Internationale", ils „Land der 3. Internationale" beschworen. Communisten hatten nunmehr nur noch „ein Vaterland und eine Heimat, das ist Sowjetrußand" Bald galt die Sowjetunion nicht nur ils die „wichtigste Hochburg der internatiotalen Revolution", die UdSSR „zu unterstüt; en" wurde jetzt auch zur „Hauptaufgabe der omintern" erklärt Entsprechend dieser Haltung sah es der Parteiideologe Lenz-Winernitz 1927 bereits als selbstverständlich an, , daß die russischen Genossen, die Vertretung ier bolschewistischen Partei, in der Exekuive und auf dem Weltkongreß, obwohl sie zahlenmäßig eine kleine Minderheit darstelen, den größten Einfluß haben"

Zwei Jahre später stellte Bela Kun ein für alle Kommunisten verbindliches Axiom auf: „Die Stellung zur KPdSU ist kraft der objekiven Gegebenheit der historischen Epoche für jeden Kommunisten gleichbedeutend mit der Stellung zum Kommunismus überhaupt."

Das bedingungslose Bekenntnis zum Vorbild Sowjetunion war fortan erste Pflicht jedes treuen Kommunisten. Die Haltung zur Sowjetunion wurde zur Glaubensangelegenheit. „Den Glauben an Rußland verlieren, heißt Rußland aufgeben", sagte ein Funktionär auf einer Tagung. Folgerichtig schloß er, die Hauptaufgabe der Komintern sei es, „mit Argusaugen" zu wachen, damit kein „Zahn aus dem Räderwerk" der Sowjetunion herausgebrochen werde

Die KPD-Führung brachte ihre Ergebenheit gegenüber der Komintern, der KPdSU und Stalin immer lautstarker zum Ausdruck. Auch auf dem nominell höchsten Gremium, dem Parteitag, durften diese Treuebekenntnisse nicht fehlen. Der XL KPD-Parteitag 1927 wählte Stalin (allerdings auch Bucharin, Rykow und Tomski) in ein „Ehrenpräsidium"! dem Vertreter des EKKI, Jansen (Kuusinen), brachte der Parteitag eine Ovation: stehend wurde die Internationale gesungen Der XII. Parteitag 1929 sandte dem „Generalstab der Weltrevolution", dem EKKI, „brüderliche Grüße" und verkündete: „Es lebe die UdSSR, das Vaterland des Proletariats."

Die Sowjetunion und ihre Politik waren für die KPD unfehlbar geworden Ja noch mehr: jede Kritik an der Sowjetunion, der KPdSU, ihrer Politik oder ihrer Führung galt als antikommunistisch, als konterrevolutionär. Eine Methode war nunmehr vervollkommnet, die am treffendsten mit dem Terminus „ideologischer Terror" umschrieben werden kann. Für die geistige Ausrichtung der KPD — die sich schon früh zur Devise: „Die Partei hat immer recht" bekannte — spielte dieses Verfahren eine wichtige Rolle. August Thalheimer sah das Problem Ende der zwanziger Jahre so:

„Eine der abstoßendsten Blüten der bürokratischen Umkehrung der kommunistischen Organisationsprinzipien ist das, was man die . ideelle Einschüchterung'nennen kann. Diese Methode besteht bekanntlich darin, jeder kritischen und selbständigen Äußerung von unten sofort den Stempel des , Menschewismus', . Sozialdemokratismus', . Liquidatorentums', , Antibolschewismus'usw. aufzuprägen.

Diesen ideologischen Terror verurteilte der italienische Kommunist Bordiga bereits 1926. Er stellte fest, jede Opposition werde vom gerade amtierenden Zentralkomitee als „par-teifeindlich" und „gegenrevolutionär” abgestempelt Der organisatorische Terror basierte auf dem ideologischen Terror: Verunglimpfte man die Oppositionellen als „Renegaten", „Antikommunisten" oder „Agenten Chamberlains", so war Mitgliedern und Funktionären klar: mit jeder Zustimmung zur Opposition stellten sie sich außerhalb der Partei. Viele Kommunisten wagten nicht, offen für ihre Meinung einzutreten, aus Angst, dann den Zusammenhalt mit der kommunistischen Bewegung zu verlieren.

Seit 1926 bediente sich die KPD-Führung in zunehmendem Maße dieses „ideologischen Terrors", um die Opposition zu dezimieren. Im Mai 1926 beschuldigte Manuilski die Korsch-Gruppe, ihre Ansichten führten geradewegs zum „Sozialfaschismus". Maslow und Korsch wurde vorgehalten, ihre „jetzigen hohen Protektoren" seien Chamberlain, Pilsudski und Miljukow

Nachdem jede Opposition gar als „antisowjetisch" diskreditiert wurde, wirkte sich der ideologische Terror besonders drastisch aus. Jede Kritik an der Komintern oder der KPdSU wurde kurzerhand mit dem Stigma des Antisowjetismus belegt, und das war bald die schwerste Anschuldigung gegen oppositionelle Kommunisten. Der Opposition wurde entgegengehalten, es gelte unbedingt, das „höchste Gut" jedes Kommunisten zu wahren: die Sowjetunion Thälmann verkündete, jede Kritik an der Sowjetunion sei nicht nur „ein Vorstoß gegen die russische Kommunistische Partei, sondern auch ein Vorstoß gegen die Komintern und . . . gegen die westeuropäische Revolution" Schließlich gipfelte die Verketzerung der Opposition in der Behauptung, mit ihrer Losung „Gegen Moskau" treffe sie sich „mit den Kriegsplänen der Imperialisten"

Damit war die wichtigste Waffe im Arsenal des ideologischen Terrors gefunden. Nach Ansicht der KPD-Führung und ihrer Anhänger war es die höchste Pflicht der Kommunisten, das „Vaterland des Proletariats" vor einem kriegerischen Überfall zu schützen. Seit 1927 behauptete die KPD aber immer lautstarker, ein Krieg gegen die Sowjetunion stehe unmittelbar bevor. Angesichts solcher vermeintlichen Gefahr schien es fast allen Kommunisten unumgänglich, geschlossen zusammenzustehen, um die Sowjetunion verteidigen zu können. Jede Opposition, jede Schwächung der Organisation wurde als indirekte Hilfe einer angeblich geplanten Aggression gegen die Sowjetunion angeprangert. Die Vorstellung, die KPD müsse eine monolithische Organisation sein, erhielt durch den vermuteten drohenden Überfall auf die Sowjetunion mächtigen Auftrieb. Die angenommene Gefahr eines Überfalls auf die Sowjetunion wurde ein wirksames politisches und organisatorisches Druckmittel in der Hand der rußland-gläubigen KPD-Führung sowohl gegen die Parteimitglieder als auch gegen die Opposition. Entsprechend stellte die Agitation der KPD die „drohende Kriegsgefahr" groß heraus.

Vor dem Parteitag 1927 behauptete die KPD, Chamberlain wolle die Sowjetunion mit Krieg überziehen; in dieser „ernsten Stunde" müsse man für den Arbeiterstaat eintreten 1928 verkündete die Komintern, „die Unterschätzung der Kriegsgefahr bedeute für die Kommunisten die größte Gefahr" In geradezu hysterischem Ton beschwor die KPD das Gespenst eines unmittelbar drohenden Krieges gegen die Sowjetunion besonders nach dem 1. Mai 1929. Das ZK behauptete am 2. Mai 1929:

„Zörgiebels Blut-Mai, das ist ein Stück Vorbereitung des imperialistischen Krieges."

Nun wurde nicht nur gesagt, der „deutsche Imperialismus" rüste zum „Raubkrieg gegen die Sowjetunion", jetzt hieß es auch, die SPD treibe die Kriegsvorbereitungen voran Mit dem Hinweis auf die Kriegsgefahr wurde nachdrücklich zur Einheit der Partei, zur Vernichtung der Opposition und zur Aktivität der KPD aufgerufen Das unkritische Bekenntnis zur Sowjetunion entwickelte sich zusehends zu einer Unterordnung unter Stalin. Wie in der gesamten Komintern, so war auch im frühen deutschen Kommunismus Stalin noch kaum bekannt. Immerhin bezeichnete ihn „Die Rote Fahne" schon im Oktober 1923 (fälschlicherweise) als den „Vorsitzenden der Kommunistischen Partei Rußlands" Ruth Fischer unterwies ihre Anhänger 1924, sich „diesen Namen, den Namen Stalin" gut zu merken Tatsächlich wurde Stalin während der Fischer-Ara auch in der KPD ein Begriff Im Februar 1925, als Stalin erstmals in die Probleme der KPD eingriff, stellte die Ruth-Fischer-Führung seine „ 12 Bedingungen" für die Bolschewisierung der KPD groß heraus. Die KPD lobte Stalin als einen Führer der alten Garde des Bolschewismus und einen „der bedeutendsten Führer der Komintern". Alle Funktionäre wurden aufgefordert, seine 12 Bedingungen nicht nur zu lesen, sondern zu studieren In seinen Bedingungen verlangte Stalin von der KPD, sie solle sich der Theorie „bemächtigen", Theorie und Praxis verbinden, Losungen und Direktiven nicht nur aufgrund eingelernter Formeln, sondern als Ergebnis einer sorgfältigen Analyse der konkreten Gegebenheiten erarbeiten. Neben der Überwindung sozialdemokratischer Tradition gelte es, die revolutionäre Einstellung mit einem „Maximum an Elastizität und Manövrierfähigkeit (nicht zu verwechseln mit Anpassungspolitik) zu verbinden". Stalin erklärte ferner, die Partei dürfe ihre Fehler nicht verhüllen und die Kritik nicht fürchten. Die KPD müsse sich von „zersetzenden, opportunistischen Elementen" reinigen und eine „eiserne proletarische Disziplin entwickeln"

Die Stalinschen Vorstellungen hielten sich im damals üblichen Rahmen. In einem Brief an Maslow wandte sich Stalin kurze Zeit später „entschieden gegen die Politik des Hinausjagens aller andersdenkenden Genossen", gegen ein „Regime der Einschüchterung, ein Regime des Furchteinflößens"; er schrieb, es sei „nicht gut, wenn man die Führer der Partei fürchtet, sie aber nicht achtet"

Stalins „ 12 Bedingungen" und sein Brief an Maslow waren in der deutschen Partei durchaus mit Sympathie ausgenommen worden. Stalin blieb sachlich-nüchtern, sein bürokratischer Stil war den Parteifunktionären verständlich, schließlich scheute er Extreme, und so fanden seine Worte Resonanz. Daraus erklärt sich, daß auch in Deutschland viele Kommunisten in den folgenden Auseinandersetzungen dahin tendierten, wie es ein Kominternfunktionär empfand: „Wenn es zu wählen gilt zwischen Stalin, dem rauhen Bürokraten, Kämpfer und Revolutionär, und Sinowjew, dem großsprecherischen und tyrannischen Bürokraten, der 1917 versagte, wird jeder Kommunist Stalin wählen."

Den Mitte der zwanziger Jahre begonnenen Personenkult um Stalin machte die KPD in jeder Phase mit. Für die Führung war Stalin bereits 1926 sakrosankt. Thälmann nannte Urbahns Kritik an Stalin eine „Kühnheit"; er habe nicht das Recht, „über Genosse Stalin so zu reden, wie er es tat" In der KPD-Presse wurden Stalins Artikel groß herausgestellt An seinem 50. Geburtstage 1929 feierten ihn die kommunistischen Zeitungen als „Führer des Weltbolschewismus" und treuen Schüler Lenins. Anfang 1930 verbreitete die KPD eine erste Broschüre mit Stalins Lebenslauf und Lobeshymnen auf den Sowjetführer. Ein Vorwort von Heinz Neu-mann zeigt: die KPD war inzwischen nicht nur eine stalinistische Organisation, sie war auch auf die Person Stalins eingeschworen. Neu-mann lobte Stalin als den großen Nachfolger Lenins: „Als viele große Namen rühmlos verblaßten, als nacheinander so weltbekannte Führer wie Trotzki, Radek, Sinowjew, Bucharin den Beweis erbrachten, daß sie keine Führer sind, steuerte Stalin die Komintern unbeirrbar durch alle Klippen und Stürme ... Unzählige Male half Stalin unserer deutschen Partei in schweren Stunden, beriet sie, kritisierte sie, verteidigte sie, rüstete sie theoretisch und praktisch für die bolschewistische Revolution. . ..

Wir holen in Deutschland zum entscheidenden Schlag, zum größten Vorstoß gegen den konterrevolutionären Sozialfaschismus aus. In unseren Reihen führen wir mit wachsendem Erfolge den Zweifrontenkampf für den Leninismus.

In dieser historischen Situation sollen alle Kommunisten, alle revolutionären Arbeiter, soll besonders die proletarische Jugend von Stalin lernen, fest zu sein wie Felsen, hart wie Stahl, kühn und siegesgewiß wie der Bolschewismus."

Die KPD-Führung glaubte, ihre Partei müsse vor allem die „bolschewistische Disziplin" übernehmen. Doch die stalinistische KPD ließ die Bedingungen vermissen, die Lenin für eine disziplinierte Partei voraussetzte: neben Ausdauer und Opferbereitschaft der Parteimitglieder (die in der KPD gegeben waren), eine enge Verbindung zu den Massen (die die KPD nur teilweise erreichte), vor allem „die Richtigkeit ihrer politischen Strategie und Taktik, unter der Voraussetzung, daß die breitesten Massen sich von deren Richtigkeit durch eigene Erfahrung überzeugen"

Diese Voraussetzung fehlte der KPD, und so bewahrheitete sich Lenins Prophezeihung: „Der Versuch, Disziplin zu schaffen", wurde „unvermeidlich zu einer Fiktion, einer Phrase, einer Groteske". Unter dem Deckmantel aer Disziplin ertönte der Ruf: „Schluß mit der negativen Kritik!" in der Disziplin erblickte die Führung vor allem das Recht, „jeden Parteigenossen an den Platz zu stellen", den sie für richtig erachtete

Was die KPD unter bolschewistischer Disziplin verstand, war in Wirklichkeit „weit fortgeschrittene bürokratische Entartung" (Trotz-ki) Gegen diese Form des Bolschewismus wandte sich vor allem die ultralinke Opposition, die auch als erste eine Revolution gegen den Stalinismus in Rußland (den sie als „Kulakenherrschaft" mißverstand) proklamierte Die rechte Opposition kritisierte Stalin später weitaus behutsamer; sie wandte sich besonders gegen seinen Einfluß auf die deutsche Partei Die Auseinandersetzungen in der KPD, die vor Stalins Machtantritt noch von politischen Meinungsverschiedenheiten bestimmt wurden, spiegelten bald nur noch die russischen Fraktionskämpfe wider. Es war typisch, wenn sich in einer KPD-Versammlung 1928 in Frankfurt/Oder Mehrheit und Opposition mit den Rufen „Heil Moskau!" und „Heil Trotzki!" gegenüberstanden

Nach der Beendigung der Stalinisierung war die KPD nicht nur formal, sondern auch faktisch keine selbständige Partei mehr; sie war eine Sektion der Komintern oder •— genauer gesagt — der KPdSU. Die Opposition konnte konstatieren: „Die Auslese der führenden Elemente in der Komintern erfolgte nicht unter dem Gesichtspunkt ihrer Treue den Ideen des Marxismus-Leninismus gegenüber, sondern unter dem Gesichtspunkt der Bereitwilligkeit, der jeweils herrschenden Apparatgruppierung in der WKP (KPdSU) zu dienen." Für die stalinistische Führung stellte sich das Problem anders. In der Retrospektive schrieb Kuusinen zehn Jahre nach dem Abschluß der Stalinisierung: „Entsprechend den Weisungen des Genossen Stalin stellten sich die Kommunistischen Parteien der kapitalistischen Länder die Aufgabe, die Periode der relativen Ruhe für die Verstärkung ihrer Reihen, für die Bolschewisierung auszunutzen. . . . Mit Schimpf und Schande wurde aus der Kommunistischen Internationale eine Reihe rechter und , linker'Fraktionshäuptlinge verjagt, die in die kommunistische Bewegung Deutschlands, Frankreichs, Italiens, Polens, der Tschechoslowakei, Schwedens, Norwegens und anderer Länder die Zersetzung zu tragen suchten."

Revolutionäre Politik in einer nichtrevolutionären Zeit

Das Verbot der KPD wurde im März 1924 wieder aufgehoben. Die Zeit des latenten Bürgerkrieges und einer möglichen kommunistischen Revolution in Deutschland war vorbei. Die KPD erkannte zunächst nicht, daß eine Periode der relativen Stabilisierung begonnen hatte; aber 1925 mußte schließlich selbst die linke Führung einsehen, daß die veränderte Situation in Deutschland eine neue Politik notwendig machte. Mit dem Ende der revolutionären Möglichkeiten wandelte sich auch die Funktion der KPD, sie sah ihre Aufgabenstellung nun nicht mehr in der direkten Vorbereitung des revolutionären Umsturzes, sondern in der organisatorischen Sammlung und theoretischen Schulung der Kommunisten, die das „revolutionäre Bewußtsein" wachhalten sollte. In der Realität waren die Möglichkeiten der KPD trivialer, sie konnte bestenfalls Sprachrohr oppositioneller Arbeiter sein, d. h. eine oppositionelle, marxistische Arbeiterpartei in einer bürgerlich demokratischen Republik. Die erste Schwierigkeit dabei war jedoch, daß diesen Platz in Deutschland 1924 bis 1928 bereits mehr oder weniger die SPD einnahm. Das zwang die KPD als konkurrierende Arbeiterpartei, radikaler aufzutreten, als es eigentlich der Situation entsprach. Die Mehrheit der Kommunisten wollte außerdem auch gar nicht von der Position einer revolutionären Partei abrücken, sie erstrebte nach wie vor den Umsturz der bestehenden Verhältnisse. Eine revolutionäre Massenpartei „im Wartestand" war aber ein Widerspruch in sich selbst. Sigmund Neumann schrieb dazu 1932: „Sie (die KPD) will einmal die . Organisation der Revolution'sein und erlebt als solche in revolutionären Epochen ihren Aufschwung. Aber da eine Institutionalisierung der Revolution ein Widersinn ist — wenigstens für eine Massenorganisation —, muß sie fernerhin vor allem in Notzeiten reale Aufgaben erfüllen, d. h. praktische Tagespolitik treiben."

Selbst wenn der von Neumann konstatierte Widerspruch nicht unter allen Umständen gültig zu sein braucht, sondern möglicherweise auch eine revolutionäre Massenpartei reformistische Tagespolitik leisten kann, ohne ihren Charakter aufzugeben, treffen Neumanns Aussagen doch für die KPD 1924— 1929 voll zu. Die Partei stand vor einem Dilemma: Trieb sie erfolgreiche Realpolitik und erreichte Reformen, so schwand vermutlich die revolu-* tionäre Massenstimmung, die sie zu konservieren suchte; verharrte die Partei umgekehrt auf abstrakt-radikalen Positionen, so mußte sie um den Verlust ihrer Massenbasis bangen und zu einer Sekte werden, die nur in der Hoffnung auf einen neuen revolutionären Aufschwung existierte, dessen zeitlicher Eintritt nicht absehbar war. Die KPD schwankte zwischen beiden Extremen. 1924/25 erstarrte sie fast zur Sekte, dagegen schien sie 1926/27 einige Male nur Anhängsel der SPD zu sein. Diese generelle Unsicherheit drohte die Partei zu demoralisieren. Der Glaube an einen baldigen Sieg in der revolutionären Situation hatte bis 1923 nicht nur Zulauf gebracht, sondern auch die Opferbereitschaft in der Partei gesteigert — nun griff Kleinmut und Apathie um sich. In der schwungloser werdenden Partei stiegen Macht und Einfluß des Apparats zwangsläufig an.

Eine wirklich eindeutige Stellung bezog die KPD gegenüber der Sowjetunion: sie verteidigte alle Maßnahmen der bolschewistischen Politik. Doch damit geriet die Partei in ein zweites Dilemma: Als Massenpartei linksradikaler deutscher Arbeiter mußte sie deren Interessen in Deutschland vertreten, als Mitgliedspartei der unter sowjetische Hegemonie geratenen Komintern war es ihre Pflicht, der sowjetischen Außenpolitik zu dienen. Auch in dieser Frage dirigierte der Apparat, wie schon erwähnt, die Partei. Die KPD-Politik war doppelt zwiespältig: als Revolutionspartei mußte sie reformistische Tagespolitik treiben und als deutsche Arbeiterpartei sowjetische Interessen vertreten; dadurch geriet sie in eine bedenkliche Lage. Die Schwankungen ihrer Taktik waren nicht zuletzt auf diesen Interessenkonflikt zurückzuführen, der erst 1929 endete: In der Krise schien gemäßigte Reformpolitik fehl am Platze, und durch die Stalinisierung war die Partei vollständig auf die sowjetische Zielvorstellung ausgerichtet. Trotz der funktionalen Schwierigkeiten konnte die KPD von 1924 bis 1929 ihren Mitglieder-und Wählerbestand nicht nur halten, sondern teilweise sogar vergrößern. Die Festigung der Organisation im Zuge der Stalinisierung spielte dabei ebenso eine Rolle wie die politische Agitation der Partei, die als kompromißlose Opposition von links gegen die Schwächen der Weimarer Republik auftrat. Das gegenseitige Verhältnis zwischen Weimarer Staat und Kommunisten war bereits in der Zeit von 1919 bis 1923 fixiert worden. Es gelang auch in der Phase der Stabilisierung von 1924 bis 1928 nicht, die kommunistischen Arbeiter in die Republik zu integrieren. 1924/25 verfolgte die deutsche Justiz zahlreiche Kommunisten wegen der Ereignisse in der revolutionären Situation bis 1923. Das führte zu einer Verfestigung und Solidarisierung innerhalb der KPD sowie zwischen der Partei und ihren Anhängern. Von Januar 1924 bis April 1925 wurden 7 000 Kommunisten (also über 5 °/o aller Mitglieder) angeklagt und 5768 zu über 4000 Jahren Zuchthaus und Gefängnis verurteilt Innerhalb des deutschen Staatsapparats und vor allem bei den Staatsschutzorganen war auch nach 1923 die Meinung weit verbreitet, ein hartes Durchgreifen vermindere die „kommunistische Gefahr". In Bayern blieb die KPD bis März 1925 verboten, und viele stimmten der These zu: „Bayern beweist, daß das scharfe Vorgehen gegen die KPD das beste ist."

hatte die In Wirklichkeit KPD in Bayern trotz ihres Verbots zwischen Mai und Dezember 1924 weniger Wähler verloren als etwa in Schlesien oder Nordwestdeutschland Die rechtsgerichtete Bayerische Regierung sah auch 1925 die Bekämpfung der KPD als vordringlicher an als die der NSDAP, da sich nach ihrer Meinung nur die KPD „gegen den Bestand von Staat und Gesellschaft" wandte

Der Staatsapparat der Weimarer Republik bekämpfte die KPD auch in der Periode der Stabilisierung von 1924 bis 1928 vor allem mit Polizeimaßnahmen und mit den Mitteln der Justiz; dadurch bewahrten sich die Kommunisten ihr Zusammengehörigkeitsgefühl gegen den Staat und das „Ghettobewußtsein" blieb auch in dieser Zeit erhalten. Unter solchen Umständen konnte der Apparat auf die Notwendigkeit eiserner Disziplin im scharfen Klassenkampf hinweisen; seine Argumentation schien glaubwürdig, selbst wenn er Abweichungen und Opposition als „Hilfe für den Gegner" denunzierte. Der äußere Druck konsolidierte die inneren Verhältnisse der KPD, der innere Zusammenhalt wurde gefestigt, die Chancen der Opposition schwanden. Die polizeilichen Maßnahmen wirkten also zugunsten der Stalinisierung.

Das wurde damals nur selten eingesehen. Reichskanzler Marx äußerte allerdings in einer Kabinettssitzung im Juli 1927 die Befürchtung, „daß vielleicht durch die Durchführung eines Strafverfahrens (gegen KPD-Abgeordnete) die verschiedenen Richtungen in der kommunistischen Partei wieder einander nähergebracht werden könnten" Solche Erkenntnisse blieben vereinzelt. Die undifferenzierte Haltung der Polizei und die oft primitiven Argumente gegen die KPD arbeiteten nicht selten den Indoktrinationsversuchen des Apparats in die Hände. Staatsführung und Parteiapparat deklarierten gleichermaßen die KPD als konsequent marxistische Partei, als folgerichtige Weiterführung der Theorie und Praxis von Marx und Engels. Das bayerische Staatsministerium des Äußeren begründete Verhaftungen führender KPD-Funktionäre 1926 u. a. damit, „daß die Kommunistische Partei seit dem Erscheinen des Kommunistischen Manifests 1848 stets zugegeben hat, daß sie den Umsturz der bürgerlichen Staats-und Gesellschaftsordnung anstrebt und daß sie dieses Ziel nur auf dem Weg des gewaltsamen Vorgehens erreichen könne und wolle" Es gehörte zur „Praxis des Reichsgerichts, daß praktisch in der Zugehörigkeit zum Funktionärkörper der KPD allein ein strafwürdiger Tatbestand erblickt" wurde Durch solche staatlichen Bedrohungen wurde das Funktionär-korps automatisch zusammengeschweißt, waren doch der einzelne Funktionär und seine Angehörigen während des Prozesses oder der Haft von der Solidarität der KPD bzw.der Roten Hilfe abhängig.

Die in der KPD immer wieder gehegte Angst, der Staat könne ein Parteiverbot ausspre-chen gab den Warnungen des Apparats größeres Gewicht, der wegen der „Vorbereitung auf die Illegalität" mehr Einheit und Disziplin forderte. In einem Referentenmaterial hieß es unmißverständlich: „Eine illegale Partei ist unmöglich mit Leuten, die diese Partei zersetzen und deren Kanäle z. T. zu unseren Gegnern laufen." Auch die Besorgnis vor Polizeiagenten in der KPD nutzte der Apparat aus, um unter der Devise der „Wachsamkeit" die Opposition zu verdächtigen und zu diffamieren.

Die zentralistischen Tendenzen und die Hegemonie des Apparats waren bereits durch das Verbot der Partei 1923/24 verstärkt worden. Unter Berufung auf die Auseinandersetzung Staat die KPD auch mit dem führte nach der revolutionären Periode die illegalen Apparate weiter. Diese arbeiteten mit Verschwörermethoden, die ebenfalls die Einheitlichkeit der Partei und die Vorherrschaft der Bürokratie forcierten. Die Geheimapparate der KPD schreckten selbst vor Terrorakten nicht zurück, um die tiefe Kluft zwischen Partei und Gesellschaft zu demonstrieren

Der Radikalismus in der KPD blieb trotz der nichtrevolutionären Situation erhalten; er war „Ausfluß der Ungeduld der Massen" und „Reaktion auf das ständig in immer wechselnden Formen sich erneuernde Kompromiß, das sich aus dem Zusammenstoß zwischen Individuum und Milieu ergibt" Der kommunistische Radikalismus überschätzte seine Kräfte und die Kräfte der Massen gegenüber den bewaffneten Mächten im besonderen Maße, da er weitgehend von Emotionen bestimmt war. Auch diese Haltung wurde vom Apparat in die gewünschten Bahnen gelenkt. Mehr noch als die Partei selbst entwickelten sich die illegalen Organisationen und der Rote Frontkämpferbund zu elitären verschworenen Kampfgemeinschaften, in denen kameradschaftliches Zusammengehörigkeitsgefühl gemischt mit naiver Führergläubigkeit jede Opposition ausschloß. Typisch für diese Art emotionaler Bindung war der „Fahneneid" des RFB: „Wir schwören:

Uns einigt Klassenkampf und Klassenliebel Durch freien Willen bindet uns ein Schwur. Wir glauben an den Sieg der Roten Fahne! Wir kämpfen für die proletarische Diktatur!"

Der gefühlsmäßige Radikalismus der Partei, der vom Apparat gerade in den Jahren der relativen Stabilisierung mit einem extremen Bürokratismus vermischt wurde, führte zu paradoxen Maßnahmen. Genaue Unterlagen über alle Mitglieder anzufertigen und in Kartotheken zu erfassen, diese jedoch illegal aufzubewahren — so lautete 1926 eine Anordnung der Orgabteilung Berlin-Brandenburg. Der Gegensatz zwischen bürokratischer Arbeitsweise und illegaler Tätigkeit sollte durch bürokratische Illegalität „überwunden" werden

Wie jede Partei, mußte sich auch die KPD vor allem mit der Bewegung, mit der sie im Konkurrenzkampf um Anhänger und Wähler stand, auseinandersetzen und sich von ihr abgrenzen. Die KPD warf der konkurrierenden SPD nicht nur Verrat an den Zielen des Marxismus vor, sie bemühte sich besonders, als kämpferische Partei von der lauen reformistischen Organisation der SPD abzustechen. In einem Mahnruf an Intellektuelle hatte Arthur Rosen-berg zu den Wahlen im Dezember 1924 zynisch geschrieben: „Wer aber weder Raffke noch Hegel sein will, sondern die Schlafmütze allen anderen irdischen Erscheinungen vorzieht, der wähle am 7. Dezember weder bürgerlich noch kommunistisch, sondern sozialdemokratisch."

Durch die Arbeitslosigkeit, die auch in der Stabilisierungsphase der Weimarer Republik hoch war (1924 = 11, 4%, 1925 = 8, 3%, 1926 = 17, 9 %, 1927 = 8, 8 %, 1928 = 9, 7 %) besaß die KPD ein großes Reservoir, aus dem sie eher als die SPD Anhänger gewinnen konnte. Die Auseinandersetzungen zwischen KPD und SPD wurden nicht nur um Wählerschichten ausgetragen, sie gingen vor allem um den Einfluß in den Arbeiterorganisationen, in erster Linie den Gewerkschaften. Trotz einzelner Er-folge konnte die KPD die SPD-Vorherrschaft in den Arbeiterorganisationen 1924 bis 1928 nicht ernsthaft gefährden. Die Spaltungen nach 1929 (RGO usw.) waren daher auch ein Verzweiflungschritt.

Die Sozialdemokratie ihrerseits irrte sich in der Beurteilung der KPD, hoffte sie doch auf eine „Selbstvernichtung" der Partei in der Periode der Stabilisierung Gleichermaßen wie die KPD grenzte sich auch die SPD bei den wenigen Beispielen der Zusammenarbeit (Volksentscheid gegen die Fürstenabfindung) deutlich von der kommunistischen Konkurrenz ab und betonte den „scharfen sachlichen Gegensatz zwischen der Sozialdemokratie und der KPD" Die KPD übersteigerte diesen Gegensatz, wohl nicht zuletzt, weil sie ständig gegen ihre eigene sozialdemokratische Vergangenheit zu kämpfen hatte. Positive wie negative Seiten dieser Tradition, die Bindung an die Arbeiterschaft ebenso wie die Disziplin und Führergläubigkeit, wirkten trotz der Bolschewisierung in der Partei. „Der Hauptmangel unserer Vergangenheit besteht in unserer sozialdemokratischen Tradition", schrieb Heinz Neumann 1925

Die innerparteilichen Meinungsverschiedenheiten reflektierten den Kampf mit dem sozialdemokratischen Erbe. Dabei war die Partei oftmals „mit ihren inneren Auseinandersetzungen so stark befaßt, daß sie an Aktionen irgendwelcher Art nicht denken" konnte

Schon deswegen mußten Führung und Apparat bestrebt sein, den inneren Zwist einzudämmen und zu beenden. Bereits die Ruth-Fischer-Führung verschärfte die Methoden des internen Streits; es wurde üblich, „daß die Opposition angegriffen wurde, aber sich nicht verteidigen durfte"

Bei der Ausschaltung der linken Opposition bediente sich der Apparat neuer Kunstgriffe: ganze Ortsgruppen wurden aufgelöst, Funktionäre in oppositionellen Hochburgen zunächst ein Jahr ihrer Funktionen enthoben und dann, wenn sie isoliert waren, ausgeschlossen Im Kampf gegen die Rechten wurden diese Methoden perfektioniert. Aber der Apparat griff auch zu drastischen Mitteln: Gegen Oppositionelle wurden Vorwürfe wegen Korruption oder Unterschlagungen erhoben, die nicht immer durchschaubar waren. Oppositionelle Veranstaltungen wurden gewaltsam gesprengt, die Opposition von Parteispitzeln überwacht und oppositionelle Führer materiell und ideell korrumpiert. Schließlich spielte der „ideologische Terror", über den bereits berichtet wurde, eine entscheidende Rolle. Der Ausspruch eines Chefredakteurs: „Gegen Rechte sind alle Mittel recht" war Leitmotiv des Apparats gegen jede Opposition.

Die KPD bemühte sich, ihren Charakter als Revolutionspartei auch in der nichtrevolutionären Periode vor allem dadurch zu wahren, daß sie eine unverfälschte Arbeiterpartei blieb. Nach dem ideologischen Postulat hatten die Produktionsarbeiter in der Partei den Ton anzugeben. Der Parteiideologe Lenz-Winternitz schrieb 1927:

„Der ausschlaggebende Einfluß der im Produktionsprozeß stehenden Proletarier wird auf doppelte Weise gesichert. Erstens durch den Beschluß, daß in jeder leitenden Körperschaft die Mehrheit aus Arbeitern, die noch im Betriebe stehen, gebildet wird; zweitens durch den Aufbau der Partei auf Betriebszellen." In der Realität vermehrte sich dadurch der Einfluß des Apparats. Gerade auf den Parteitagen und Konferenzen, auf denen hauptamt-liehe Funktionäre gegenüber den Betriebsarbeitern nur eine Minderheit bildeten hatte die Führung wenig Schwierigkeiten, ihre Linie durchzusetzen. Hier zeigte sich eine prinzipielle Problematik der repräsentativen Demokratie innerhalb der Partei: Eine Majorität aus abhängigen Apparatfunktionären sichert die Vorherrschaft der Führung auf Parteitagen usw. ebenso ab, wie eine Mehrheit aus Betriebsarbeitern, die zu wenig Sachkenntnis hat und so von der Führung und den Spezialisten leicht manipuliert werden kann Die Arbeiterfrage war für den Apparat und die Führung aber zugleich ein Mittel der innerparteilichen Auseinandersetzung. Der in der Arbeiterbewegung traditionelle Gegensatz zwischen Intellektuellen und Arbeitern wurde geschickt ausgenutzt, um die Opposition zu dezimieren. Wenn sich Arbeiter gegen den offiziellen Kurs der Partei stemmten, hieß es:

„Der Arbeiter, auch wenn er ganz schwarze Hände hat, ist nicht immer im Recht" Im allgemeinen aber wurde das Mißtrauen des Arbeiters gegen den Akademiker mobilisiert, um die Opposition zu treffen. Vor allem die Intellektuellen der Parteilinken waren Zielscheibe ständiger Angriffe. Auf dem Parteitag 1923 wies Maslow den Vorwurf als lächerlich zurück, er oder Urbahns hätten die „Arbeiter in Berlin und Hamburg verführt"; gleiche Argumente habe Scheidemann 1913 gegen Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht benutzt

Besonders scharf betrieben wurde die Intellektuellenhetze 1925/26 von seifen der russischen Kominternführer, die fast alle selbst Akademiker waren. Sinowjew sprach vom „unverschämten und frechen Intellektuellen-Bonzentum" der EKKI-Vertreter in Berlin warnte die Arbeiter vor den Intellektuel-len, die sie in „den Abgrund" führen würden. Er gab den Rat: „Macht es so, wie die Russen es gemacht haben, stellt Arbeiter an die Spitze der Partei, die einfach und schlicht bleiben." Obwohl auch in deutschen Partei-kreisen bekannt war, daß an der Spitze der KPdSU keineswegs Arbeiter standen, wirkte solche Demagogie.

Auch der Antisemitismus wurde benutzt, um die innerparteilichen Gegner zu schlagen. In der KPD spielte der Antisemitismus bereits 1923 eine Rolle Scholem wies später darauf hin, daß fast nur Juden als Intellektuelle angegriffen, die anderen Akademiker geflissentlich übersehen wurden Aber gerade die linken intellektuellen Führer (Maslow, Ruth Fischer, Scholem) hatten die innerparteiliche Demokratie während ihrer Herrschaft zurückgedrängt und dem Apparat mehr Macht zugestanden. Nach ihrer Entfernung aus der Partei ging dieser Prozeß rasch weiter. In der Stabilisierungsphase wurde offenbar, daß die Partei einen starken Apparat benötigte, weil ihr nun der revolutionäre Schwung fehlte, und daß dieser Apparat aus dem gleichen Grund übermächtig wurde. Nunmehr zeigte sich, wie weit die KPD bereits von den Vorstellungen ihrer Gründer entfernt war. Karl Liebknecht hatte 1916 geschrieben, die bürokratischen Gefahren müßten „ausgetilgt" werden. Er sah in der „Berufs-Bürokratie der Arbeiterbewegung" eine der revolutionären Partei feindliche Schicht. „Die Organisation ist ihnen Selbstzweck, nicht Mittel zum revolutionären Zweck. Der Kampf der Organisation, d. h. ihrer Existenzquelle, ist der Zweck, zu dem sie — um der Organisation Zulauf zu verschaffen — überhaupt nur für Kämpfe zu haben sind. . . . Das ist der ver-hängnisvolle Zirkel, in dem sich die großen zentralisierten, mit fest besoldeten und von ihrem bisherigen Klassenniveau aus gut besoldeten Funktionären versehenen Organisationen bewegen, daß sie in dieser Berufsbureaukratie eine den revolutionären Interessen des Proletariats geradewegs feindliche Schicht nicht nur erzeugen, sondern zu ihrem bevollmächtigten Führer und gar leicht Tyrannen machen, die ein energisches Interesse gegen revolutionäre Politik des Proletariats haben, während die geistige und moralische Selbständigkeit, der Wille, die Initiative, die Eigenaktion der Massen zurückgedrängt oder ganz ausgeschaltet wird."

Zehn Jahre später mußten solche Vorstellungen, obwohl sie gerade für die KPD einen wahren Kern enthielten, den deutschen Kommunisten als utopische Verketzerung des notwendigen Apparats erscheinen. Die Partei wurde am Ende der Stabilisierungsperiode von der Bürokratie beherrscht, nachdem die innerparteilichen Kämpfe die KPD erschöpft hatten. Rist konstatiert 1932 in der KPD zwei stets wirksame Tendenzen: zunächst den „ewigen Zug nach links", in die völlige Isolierung, die direkte Parteiaktion, den offenen Syndikalismus, diese Entwicklung wird dann korrigiert durch den rechten Kurs, der die Niederlage der ultralinken Politik wettmachen soll.

Der ultralinke Kurs wurde durch den Einfluß radikalisierter Arbeiterschichten hervorgerufen, der rechte Kurs stützte sich auf das Eigengewicht des Parteiapparats, der Parlamentarier usw.

Neben diesem dauernden Wechsel zwischen rechter und ultralinker Politik sind für die Stalinisierungsphase der KPD weitere Kennzeichen der inneren Auseinandersetzung: die Überwindung der eigenen Tradition, der Trend zur Arbeiterpartei, der Versuch, revolutionäre Politik in einer nichtrevolutionären Situation zu betreiben, und der Disput um die Form der Kooperation mit der Sowjetunion. Die Gegensätze führten nicht nur zu einem großen Aderlaß der Partei, sondern auch zu ständigen Schwankungen zwischen Syndikalismus und Sozialdemokratie. „Der vielgerühmte , eiserne', in Wirklichkeit aber nur bürokratische Zentralismus ist gegen diese Entwicklung völlig machtlos. Er wurde, solange es politisches Führermaterial in den einzelnen Strömungen gab — und das war bis 1929 bis zum Hinauswurf der letzten älteren, politisch geschulten Funktionäre der Fall —, regelmäßig von den organisierten , rechten'oder . linken'Fraktionen überrannt und, war die nächste ans Ruder gelangt, durch einen neuen Zentralismus abgelöst."

Zwischen SPD und Syndikalismus: Die KPD und der Parlamentarismus

In die neugegründete KPD stießen zahlreiche Elemente mit durchaus syndikalistischen Ansichten. 1919 wandte sich die Parteiführung gegen den Syndikalismus und die anarchokommunistischen Auffassungen breiter KPD-Kreise, und es kam zum Bruch mit den abstrakt-radikalen Kräften, die im April 1920 die Kommunistische Arbeiterpartei Deutschlands (KAPD) gründeten. Damit war jedoch der syndikalistische Einfluß in der KPD keineswegs überwunden. Die KPD mußte zwischen Sozialdemokratie und Syndikalismus ihren eigenen politisch-ideologischen Standort finden. Dabei schwankte sie immer wieder zwischen diesen beiden Strömungen. Die KPD erklärte sich nicht nur in den Zielen mit dem Syndikalismus einig, selbst in der Kernfrage des Gegensatzes, der Haltung zum Staat, versuchte sie, Kompromisse zu finden. Ein KPD-Sprecher erklärte, die Partei trete zwar im Gegensatz zu den Syndikalisten auch nach dem Sturz des Kapitalismus für einen Staat ein, doch der „ganze Staatsapparat, den wir wünschen", werde nicht über, „sondern nur durch die Arbeiterklasse herrschen". Die Gefahr der Arbeiterunterdrückung sei nicht gegeben, denn die Arbeiter seien bewaffnet. „Ein Heer bewaffneter Arbeiter wird sich niemals die Unterdrückung gefallen lassen." * Am deutlichsten ist das Schwanken der KPD zwischen Sozialdemokratie und Syndikalismus an ihrer Haltung zum Parlamentarismus abzulesen. Die KPD verstand sich als antiparlamentarische Partei; sie vertrat das Räteprinzip. Viele Kommunisten waren jedoch auch in dieser Frage der Tradition der SPD verhaftet. Die SPD hatte ihre Parlamentsarbeit im Kaiserreich in den Dienst einer Agitation gestellt, „die weniger an das Parlament als an die organisierte Arbeiterschaft . draußen" und an die breite Öffentlichkeit gerichtet war". Das wichtigste Mittel der parlamentarischen Propaganda war die Rede im Plenum; im Mittelpunkt der parlamentarischen Taktik stand die demonstrative Abstimmung. Durch die positive Einflußnahme in den verschiedenen Stadien der Gesetzesberatung, besonders in den Ausschüssen, und eine „davon unabhängige Haltung bei der Endabstimmung konnte die Sozialdemokratie gleichzeitig Grundsatz-wie Interessenpolitik betreiben" Diese Form der Parlamentsarbeit wollten auch viele Kommunisten praktizieren.

Bereits auf dem Gründungsparteitag der KPD zeigte sich jedoch, daß auf dem radikalen Flügel der Partei syndikalistische Gedankengänge vorherrschten. Für den Syndikalismus war die Ablehnung des Parlamentarismus selbstverständlich. Die Syndikalisten verzichteten auf die Teilnahme am Wahlkampf, da sie von parlamentarischer Politik „einen schlechten Einfluß auf die Arbeiter" erwarteten Auch die nach 1890 von der SPD abgesplitterten „Jungen" hatten „jede Teilnahme des Proletariats an diesen Institutionen" verworfen, da „auf dem politisch-parlamentarischen Wege die Arbeiterklasse niemals etwas erreichen" könne

Diese Vorstellungen wurden bei der Gründung der KPD wiederbelebt. Auf dem Gründungsparteitag der KPD referierte Paul Levi am 30. Dezember 1918 über die Haltung der Partei bei den Nationalversammlungs-Wahlen. Im Namen der Zentrale befürwortete er die Wahlbeteiligung. Levi betonte, unter dem Einfluß der Agitation gegen die Nationalversammlung sei die Frage zurückgetreten, wie man sich verhalten solle, wenn der Rätekongreß für die Einberufung der Nationalversammlung sei. „Die Frage muß kühl und ruhig überlegt werden . . . Sie müssen von jeder Position im Wahlkampf Besitz nehmen." Levis Eintreten für die Wahlen zur Nationalversammlung führte zu „stürmischen Unterbrechungen" der Parteitagssitzung. Die grundsätzliche Einstellung des Spartakusbundes für die Räte wurde von der Mehrzahl der ultralinken Delegierten als Antiparlamentarismus überhaupt ausgelegt. Unter lebhaftem Beifall der Delegierten erklärte Otto Rühle, ein Beschluß für die Wahl wäre nicht nur blamabel, sondern selbstmörderisch, es gäbe nur eine Aufgabe: „Stärkung der Macht der Arbeiter-und Soldatenräte . . . laßt die Nationalversammlung nach Schilda verlegen, dann werden wir hier in Berlin eine andere Regierung haben." Rosa Luxemburg, die erklärte, „Ihr wollt Euch Euren Radikalismus ein bißchen bequem und rasch machen", und die auf die Unreife der Massen hinwies, erhielt nur schwachen Beifall. Mit 62 gegen 23 Stimmen lehnte der Parteitag eine Wahlbeteiligung ab

Die Führer der neuen KPD sahen gerade in diesem mit großer Mehrheit gefaßten Beschluß die Unreife ihrer Anhänger und den Zug zum Syndikalismus bestätigt. Nach dem Tod von Liebknecht und Luxemburg kämpfte vor allem Paul Levi gegen den ultralinken Radikalismus der Parteimehrheit in der Parlamentarismus-frage. Nachdem sich Konferenzen der KPD im März und Juni 1919 allgemein gegen den Syndikalismus ausgesprochen hatten, nahm eine Reichskonferenz im August nochmals zum Parlamentarismus Stellung. Die Meinungen prallten wieder aufeinander, Beschlüsse wurden noch nicht gefaßt Auf dem II. Parteitag der KPD im Oktober 1919 konnte Levi einen ersten Erfolg erringen. Nachdem die ultralinke Opposition den Parteitag verlassen hatte, wurden mit 22 gegen eine Stimme „Leitsätze über den Parlamentarismus" angenommen. Zwar wurde grundsätzlich festgestellt, die KPD stehe dem Parlamentarismus „als einem Mittel zur Ausübung einer Klassen-herrschaft" ablehnend gegenüber, doch wurde nun die Teilnahme an Wahlen und parlamentarischen Aktionen als „rein taktische" Frage bezeichnet. „Nur die große Aktion der Massendemonstrationen, Massenstreik, Aufstand — bringen die Entscheidung. Die Teilnahme an parlamentarischer Wahl und Tätigkeit dient allein dem Ziel, jene Aktionen agitatorisch und organisatorisch vorzubereiten. Damit ist auch der ganze Unterschied der Stellung der KPD und der USPD in der Frage der Parlamente gekennzeichnet. Die Teilnahme der USP zielt auf Errungenschaften und Erfolge innerhalb des Parlaments. Der KPD sind die . positiven'Erfolge nebensächlich, ihr Ziel liegt außerhalb des Parlaments.. .. Die USP bedient sich des Parlaments zur Einwirkung auf die herrschenden Klassen, die KPD zur Einwirkung auf die Massen."

Der IV. Parteitag im April 1920 beschloß nach einem Referat von Paul Levi die Beteiligung der KPD an den Reichstagswahlen, die nunmehr einstimmig bejaht wurde Zur gleichen Zeit legte Lenin in seiner Schrift „Der Radikalismus, die Kinderkrankheit des Kommunismus" die Haltung der Kommunisten zum Parlament fest, die nun auch von der KPD übernommen wurde. Lenin wandte sich gegen die radikalen Kommunisten, die meinten, der Parlamentarismus habe sich überlebt: „Gerade deshalb, weil die rückständigen Massen der Arbeiter und in noch höherem Grade der Kleinbauern in Westeuropa viel stärker als in Rußland von bürgerlich-demokratischen und parlamentarischen Vorurteilen beherrscht werden, gerade deshalb können (und müssen) die Kommunisten nur in solchen Institutionen, wie den bürgerlichen Parlamenten, von innen heraus den langwierigen, beharrlichen, vor keinen Schwierigkeiten zurückschreckenden Kampf zur Enthüllung, Zerstreuung, Überwindung dieser Vorurteile führen."

Entsprechend Lenins Vorstellung beschloß der II. Weltkongreß der Komintern im August 1920 für alle Sektionen verbindlich, Kommunisten müßten die Parlamentstribüne für ihre Zwecke ausnutzen, Kommunistische Parteien müßten sich an Wahlen beteiligen. „Die kommunistische Partei geht in diese Institutionen nicht hinein, um dort organische Arbeit zu leisten, sondern um vom Parlament aus den Massen zu helfen, die Staatsmaschine und das Parlament selbst durch die Aktion zu sprengen."

Die Haltung der deutschen Kommunisten zum Parlamentarismus war nunmehr theoretisch fixiert: Die KPD beteiligte sich an allen Wahlen, aber sie erblickte im Parlament ein Macht-instrument der Klassenherrschaft des Bürgertums. Deshalb gab es für sie keine positive Mitarbeit; Wahlbeteiligung und Parlaments-arbeit sollten vielmehr vor allem Agitationszwecken dienen, den Einfluß der Partei vergrößern.

In der revolutionären Periode bis 1923 hatte die Parlamentsarbeit der KPD nur zweitrangige Bedeutung, denn die Partei war in den meisten deutschen Parlamenten nur schwach vertreten. Ausschlaggebend war sie nur in den Landtagen von Sachsen und Thüringen, wo sie sich im Oktober 1923 auch an der Regierung beteiligte.

Deutlicher sind die Wandlungen der Parlamentstaktik der KPD in der ausgesprochen parlamentarischen Periode der Weimarer Re-publik von 1924 bis 1928 zu erkennen. Im Mittelpunkt der Parteiarbeit standen nun nicht mehr Aufstandsvorbereitungen; der Einfluß in den Parlamenten hatte sich inzwischen er-heblich vergrößert. In der Praxis gab die KPD der Parlamentsarbeit und besonders den Wahlkämpfen bald mehr Bedeutung, als sie theoretisch eingestand. Auch die kommunistische Presse gab dem Wahlkampf und der Parlamentsberichterstattung mehr Raum, als nach den theoretischen Verlautbarungen zu er-warten war.

Nach der offiziellen These sollte der Wahlkampf nur eine Mobilisierung der Anhänger und eine Zählung der Stimmen der Anhänger, aber keine Jagd nach Mandaten sein Tatsächlich stand jedoch die Parteiarbeit selbst unter der radikalen Ruth-Fischer-Führung 1924/25 weitgehend im Zeichen der Wahlvorbereitung. Da Reichstags-und Landtagsmandate Immunität verliehen, setzte auch in der KPD das Streben nach Abgeordnetensitzen ein. Bei der Aufstellung der Kandidaten sollten „die bewährten, redegewandten und in der Bewegung bekannten Genossen" bevorzugt werden

Die Arbeitsmethoden der kommunistischen Fraktionen im Reichstag und in den Landtagen sollten „revolutionär" sein. Da aber zahlreiche kommunistische Parlamentarier aus der USP kamen, entsprachen die Fraktionsgeschäfte weitgehend der Tradition der SPD und USPD. Nach den Anweisungen der Komintern waren iie Fraktionen jedoch der jeweiligen Parteieitung unterstellt, in der Reichstagsfraktion ind den größeren Landtagsfraktionen war lurch Personalunion zwischen Parteiführung ind Parlamentariern die Vorherrschaft der Parteileitung gesichert. Da auch die Fraktion pezialisten benötigte, gab es allerdings luch unter den kommunistischen Abgeordneen Selbständigkeitsbestrebungen. Fraktionssitzungen, in denen die anstehenden Prooleme diskutiert und die Redner festgelegt wurden, fanden vor wichtigen Plenartagungen statt. Der Fraktionsvorstand tagte öfter als iie Gesamtfraktion, um die Taktik zu bestimnen. Im Fraktionsvorstand des Reichstags war ein Vertreter des Polbüros, der die Auffassung der Parteiführung übermittelte. In den Parlamentsausschüssen hatten die Mitglieder aktiv mitzuarbeiten.

Die verschiedenen Verhaltensweisen der kommunistischen Fraktionen (von der Obstruktion ind Opposition bis zur teilweisen Mitarbeit) waren nicht zuletzt Widerspiegelung der innerparteilichen Situation. Unter der Herrschaft der Linken trat die KPD in den Parlamenten radikaler auf als unter Führung der rechten Kommunisten. Die KPD-Linken bezeichneten die Demokratie als Schwindel und den Parlamentarismus als untaugliches Rettungsmittel für das Proletariat. Wenn man — entgegen der Ansicht der KAP — doch wähle, so deshalb, weil die Wahl ein Thermometer sei and Gelegenheit zur Aufklärung und Aufrüttelung biete. Ein Thermometer bringe zwar keine Heilung, es zeige aber, wie weit der Gesundungsprozeß gediehen sei. 5 Millionen kommunistische Stimmen zeigten ein Erwachen des Proletariats, erschreckten das Unternehmertum und stärkten den Kampfwillen und das Siegesbewußtsein der Arbeiter

Ein Beispiel ultralinker Taktik praktizierte die KPD 1924, als die Partei erstmals mit einer starken Fraktion (62 Abgeordnete) in den Reichstag einzog, von denen die meisten ohne parlamentarische Erfahrung waren. Sie glaubten, ihren Antiparlamentarismus durch Störungen kundtun zu müssen. Schon bei der Reichtags-Eröffnung Ende Mai 1924 zeigten über 50 KPD-Abgeordnete (neun saßen noch im Gefängnis) ein im Parlament ungewohntes Schauspiel, das beim Namensaufruf der Abgeordneten begann. Als der Name Tirpitz fiel, machten die KPD-Abgeordneten mit Sirenen und Trillerpfeifen Lärm. Remmele rief: „Da ist ein schöner Stall beisammen!"; Scholem sprach von der „Regierung dieser Schieberrepublik''; Koenen sagte: „Der Reichstag fängt ja gut an. So sieht die Schieberrepublik aus." Ruth Fischer begann ihr Parlamentsdebüt mit der Anrede: „Hochverehrtes Affentheater!"; Thälmann ließ drei Hochrufe auf die politischen Gefangenen ausbringen. Auch die KPD-Presse erschien unter der Schlagzeile „Reichstag der Schieberrepublik!"

Die Kommunisten störten die ersten Reichstagssitzungen durch Lärm mit Trillerpfeifen, Kindertrompeten und Zwischenrufen. Damit versuchten die Parteiführer, ihre eigene Anweisung zu praktizieren: „Wir leisten im Parlament keine . Arbeit', sondern benutzen es lediglich zur Agitation und Desorganisation des bürgerlichen Staates." Diese Methode wurde auch in den Landtagen und bis hinunter zu den Gemeindeparlamenten angewandt. Es kam vor (z. B. in Guben), daß die kommunistischen Stadtverordneten bei ihrer Verpflichtung den Eid nicht auf die Verfassung leisteten, sondern einen „Schwur auf rücksichtslosen Klassenkampf" ablegten Eine Direktive der Zentrale wies die kommunistischen Parlamentarier an, zu den Sitzungen der Gemeinderäte und Kreistage in roten Handschuhen zu erscheinen und auch bei der Vereidigung, beim Handschlag, rote Handschuhe zu tragen

Bereits in der Ruth-Fischer-Ara wurden die schlimmsten Auswüchse dieser Parlamentstaktik wieder abgestellt. In der Periode des gemäßigten Kurses von 1926 bis 1928 war die KPD durchaus zu parlamentarischer Mitarbeit bereit. Am 2. Dezember 1925 schlug Thälmann der SPD „einheitliche Schritte zur Herbeiführung einer Volksabstimmung für die entschädigungslose Enteignung der Fürstenhäuser" vor Es gelang der Partei, die SPD für den gemeinsamen Volksentscheid zu gewinnen. Obwohl der Volksentscheid im Juni 1926 ohne Erfolg blieb, zeigte er doch, welche Möglichkeiten das Zusammenwirken beider Arbeiterparteien bot: statt der 11 Millionen Stimmen, die beide Parteien bei den letzten Wahlen erzielten, brachte der Volksentscheid 14, 5 Millionen Stimmen.

Einen Schritt weiter schien die KPD nach den Bürgerschaftswahlen im Oktober 1927 in Hamburg zu gehen. In der neuen Bürgerschaft hatten SPD und KPD die Mehrheit. Die BL Wasserkante erklärte sich bereit, „einer sozialdemokratischen Regierung in Hamburg die Möglichkeit des Bestehens zu geben" Thälmann schlug der SPD ein Minimal-Programm vor, das bei drei Enthaltungen von einer KPD-Funktionärkonferenz angenommen wurde. Am 25. Oktober 1927 fanden im Hamburger Gewerkschaftshaus Verhandlungen zwischen Vertretern der SPD, der KPD und der Gewerkschaften statt. Die Gewerkschaften empfahlen, einen Senat aus 9 Sozialdemokraten und 6 Kommunisten zu bilden; die Kommunisten sollten sogar den Justizsenator stellen.

Darauf wollten sich die Kommunisten allerdings nicht einlassen. Sie verkündeten, die KPD könne nur in eine „Rätediktatur" eintreten Immerhin wurde mit den Stimmen von KPD und SPD der Kommunist Gundelach zum Vizepräsidenten der Bürgerschaft gewählt

Die zeitweise Tolerierung der Sozialdemokratie und die aktive Mitarbeit in einigen Parlamenten endete mit der ultralinken Politik nach 1928. Für die kommunistische Reichstagsfraktion nannte Stoecker im Juni 1929 den Etat der sozialdemokratisch geführten Regierung Hermann Müller eine „Fortsetzung der arbeiter-feindlichen Klassenpolitik der Bourgeoisie"; die SPD-Regierung übertreffe an Arbeiter-feindlichkeit in „unerhörter Weise" noch den letzten Bürgerblock

Angebote der SPD, in den Gemeinden für eine Arbeitermehrheit einzutreten, wurden von den Kommunisten nunmehr wieder als „Kuhhandelsmanöver" zurückgewiesen. Für die KPD kam „ein Bündnis mit den Sozialfaschisten, sei es welcher Art auch immer", nicht in Frage Die Tätigkeit der Kommunisten in der Kommunalverwaltung sollte „ein Bestandteil der allgemeinen Zersetzungsarbeit des kapitalistischen Systems" sein Selbst in den Parlaments-Ausschüssen stellten die kommunistischen Abgeordneten nur Propaganda-Anträge, die keinerlei Aussicht auf Annahme hatten Im Februar 1932 stimmte die KPD im Finanzausschuß des Hessischen Landtags sogar einem nationalsozialistischen Antrag zu, das Gehalt des sozialdemokratischen Ministers Leuschner zu streichen

Wie oft die politische Linie sich auch änderte, gegenüber der Sowjetunion blieb die Haltung der KPD-Abgeordneten gleich: sie verteidigten alle Maßnahmen des Sowjetstaates. Ruth Fischer sagte im August 1924 im Reichstag: „Nur das Bündnis mit Rußland, nur die gemeinsame Arbeit mit dem russischen Arbeiter-und Bauernstaat ist der außenpolitische Weg ins Freie. Die Ostlösung, die Fragestellung: Moskau oder London? gibt den Rahmen, um dem Londoner Plan den Rettungsplan der Kommunisten entgegenzusetzen." Die KPD ging zeitweilig sogar so weit, ein außenpolitisches und militärisches Bündnis zwischen Deutschland und der Sowjetunion zu befürworten. Von der Parlamentstribüne aus machte man der Regierung indirekte Angebote. Am 27. November 1925 sagte Clara Zetkin im Reichstag: „Deshalb sage ich, wer den Frieden will, der muß das Bündnis mit der Sowjetunion suchen, als der ersten und stärksten Friedensmacht der Welt. Ich glaube sogar, im Gegensatz zu dem Herrn Abgeordneten Wels, daß es nicht so aussichtslos ist, wie er sich das vorstellt, daß u. U. ein Zusammenwirken zwischen der Reichswehr und den Rotarmisten erfolgt... Deutschlands Zukunft beruht auf einer engsten Interessengemeinschaft in wirtschaftlicher, politischer und, wenn es sein muß, auch in militärischer Hinsicht mit der Sowjetunion."

Auch im Auswärtigen Ausschuß des Reichstags traten die kommunistischen Abgeordneten vor allem für die sowjetischen Interessen ein. Ihre Polemik gegen den Völkerbund fand zwar Unterstützung bei den Deutschnationalen und Völkischen mit ihrem Eintreten für die Sowjetunion aber blieben sie isoliert. Wie Reichskanzler Hermann Müller 1928 feststellte, waren sich alle Parteien im Auswärtigen Ausschuß nur darin einig, daß die Revision des Versailler Vertrags zu fördern sei.

Die Haltung der Kommunisten zum Parlamentarismus war nicht nur entsprechend dem jeweiligen Parteikurs verschieden. Die KPD trieb auch — wie die meisten Parteien — in den öffentlichen Sitzungen Agitation, sie redete „zum Fenster hinaus", während sich in den nichtöffentlichen Ausschüssen meist eine aktive Mitarbeit der KPD-Vertreter feststellen läßt. Schon Stichproben zeigen, daß die Kommunisten in den Parlamentsausschüssen relativ rege und konstruktiv mitwirkten. Selbst in Bayern, wo die KPD den größten Repressalien ausgesetzt und bis März 1925 verboten war, ist diese Mitarbeit von 1924 bis 1928 festzustellen; sie dürfte daher in anderen Landtagen, z. B. in Sachsen oder Thüringen (die nicht überprüft werden konnten), kaum geringer gewesen sein. Im November 1924 arbeiteten Kommunisten aktiv in allen bayerischen Landtags-ausschüssen; der KPD-Abgeordnete Büchs war Berichterstatter, der Abgeordnete Mager Mit-berichterstatter im Haushaltsausschuß. Ver-schiedene Gesetzentwürfe wurden mit den Stimmen der kommunistischen Ausschußmitglieder angenommen Durch ihre intensive Arbeit in den Parlamentsausschüssen gelang es den Kommunisten, auch einige Anträge im Parlament durchzubringen

Die Kommunisten traten oft im Plenum ganz anders auf als in den geheimen Ausschüssen. Der Abgeordnete Büchs, der als Berichterstatter im Beschwerdeausschuß sogar Eingaben der Staatsregierung zur Annahme empfahl, fiel im Landtag durch besonders lautstarke Reden auf. Büchs erwiderte auf Vorhaltungen des Präsidenten, er sei mit einem solchen lauten Organ auf die Welt gekommen, dafür könne er nicht. „Ich bin eben gewöhnt, die Poletariersprache zu sprechen, und Sie müssen schon entschuldigen, wenn ich mir diese bürgerlichen Manieren nicht angewöhnt habe, die Sie an den Tag legen." Im gleichen Stil stellte auch der KPD-Führer Schlaffer seine proletarische Herkunft betont heraus: „Wenn ein bayerischer, ein echter kerniger bayerischer Arbeiter das Wort ergreift, dann stopfen sie sich die Ohren zu, das können sie nicht vertragen."

Gegenüber solchen propagandistischen Reden war die Mitarbeit in den Ausschüssen sehr sachlich. Im Januar 1926 machte der Abgeordnete Mager im Haushaltsausschuß des bayerischen Landtags umfassende Vorschläge zu einer Änderung des Schulsystems. Er trat für eine republikanische Schule ein, vor allem sollten die Schulbücher mit dem Geist der Verfassung in Übereinstimmung gebracht werden. Der SPD-Abgeordnete Hoegner unterstützte Magers Anträge, die jedoch von der rechten Mehrheit abgelehnt wurden. Mager selbst betonte:

„Dadurch, daß die Kommunisten an der Republik, wie sie jetzt sei, ungeheuer viel Kritik geübt hätten, hätten sie nicht zum Ausdruck bringen wollen, daß sie gegen die Republik überhaupt seien."

Im Januar 1927 machte der Kommunist Büchs im Verfassungsausschuß des bayerischen Landtags folgende bemerkenswerten Ausführungen:

„Gerade die letzten Jahre hätten bewiesen, daß die Kommunisten, denen man vor drei Jahren noch den Vorhalt gemacht habe, sie würden im Parlament keine praktische Arbeit mitmachen und nur Obstruktionspolitik treiben, sich ebenfalls auf die gegebenen Verhältnisse eingestellt haben, obwohl ihr Endziel ein anderes sei. Sie hätten Anträge der Sozialdemokratischen Partei zugestimmt, die Reformen enthielten, sie hätten sogar Anträge von bürgerlichen Parteien zugestimmt, wenn sie es für notwendig gehalten haben, um dadurch die Notlage der Arbeiterschaft etwas zu erleichtern."

Uber die Parlamentsarbeit der KPD in der Praxis läßt sich zusammenfassend sagen: In den Ausschüssen arbeiteten die Kommunisten oftmals aktiv mit, um bei der Vorb der Gesetze, der Haushaltsberatung die nach ihrer Meinung beste Lösung , kleinere Übel auszuhandeln. Die Par tribüne hingegen war für sie ein Ag forum, um die radikalen Arbeiter a chen. Die Aktivität im Parlament wa hem Maße eine Personenfrage: el USPD-Parlamentarier neigten eher z liehen Arbeit als jüngere radikale K Dabei spielte auch die fachliche Qual des Abgeordneten im Ausschuß eine Rolle. Schließlich war ausschlaggebenc KPD einen radikalen oder einen gen Kurs steuerte, denn in den Parlamente entsprechend Obstruktions-oder aber politik betrieben. Der antiparlamentari: war auch dort am klarsten erkennbar, Partei ohnehin keine realen Chance (z. B. Reichspräsidentenwahlen), wäh Parlamenten und vor allem in Kommi tretungen mit starken KPD-Fraktionei Mitarbeit durchaus üblich war.

Die KPD und die Weimarer Republik

Die KPD stand in der Weimarer Republik in einem aufreibenden Kampf gegen die Staatsgewalt, gegen die konkurrierende Arbeiterpartei, die SPD, und später auch gegen die NSDAP. Die KPD bemühte sich mit aller Kraft, die Revolution in Deutschland vorzubereiten, zugleich aber war sie in zunehmendem Maße der russischen Außenpolitik und Stalin verpflichtet. Die daraus resultierenden ständigen taktischen Wendungen und innerparteilichen Aueinandersetzungen brachten die Partei vor allem in der Stabilisierungsphase der Weimarer Republik in Schwierigkeiten.

Gegenüber dem Staat, der Gesellschaft und teilweise auch gegenüber den andern politischen Parteien schienen sich die deutschen Kommunisten in einer Art politischem Ghetto zu befinden.

Im Gegensatz zu England, Frankreich oder Skandinavien gelang keine Integration der Kommunisten in die Gesellschaft. Die gung der KPD durch den Weimarer S parat dürfte dabei eine nicht unwes Rolle gespielt haben. Nach Rosenberg von irgendeiner planmäßigen revolut Politik der KPD keine Rede mehr sein mann und seine engeren Freunde vei eine scharfe Kritik vom Standpunkt d sehen Arbeiterschaft. Aber wenn die liehe Justiz sie später als Hoch-und Verräter verfolgte, tat sie ihnen das sc Unrecht."

Der innere Zwist brachte die KPD n einmal an den Rand des Abgrunds — j Splitterung war ein Aderlaß. Die Part einen beispiellosen Verlust an erb Funktionären zu registrieren. Rist ern daß die eben gegründete KPD durch di Abspaltung 1920 fast 60 Prozent ihrer 1 der verlor und daß die inzwischen di Vereinigung mit der linken USP zur I partei gewordene VKPD 1921 nach de ise über 50 Prozent und im Verlaufe der linan und rechten Absplitterungen von 1925 bis 129 jeweils mindestens 10 bis 12 Prozent ihres esamten Mitgliederbestandes einbüßte ber auch der politische Charakter und die ihrungspotenz wurde durch die Stalinisieing und die Wirkung des „Pendelschlags"

egativ beeinflußt. Schon ein Blick auf die eihe der einander ablösenden Führergarnitum der KPD zeigt das Bild eines fortschreiten-an Niedergangs: Die Begründer Rosa Luxemarg und Karl Liebknecht werden im Urteil er Geschichte als große Persönlichkeiten beehen können, Paul Levi und Ernst Meyer aren kluge politische Führer, Heinrich BrandT und August Thalheimer ehrbare Handwerer der politischen Organisation, die auf sie lgenden Ruth Fischer und Arkadij Maslow aren effektvolle Agitationsredner, Ernst hälmann muß bei allem Respekt für seine tandhaftigkeit in Hitlers Kerkern nachgesagt erden, daß er nur ein Provinzpolitiker mit emagogischem Talent gewesen ist, die mit im zur Führung gelangten Philipp Dengel, rnst Schneller oder Heinz Neumann können ur als prinzipienlose Werkzeuge Stalins beeichnet Dieser Abstieg ist nicht nur ymptomatisch für die wachsende Moskaulörigkeit der KPD, er ist auch eine Folge der raktionskämpfe, die teilweise wie eine „neative Führungsauslese" wirkten. m Bild der Öffentlichkeit und im Selbstvertändnis der jeweiligen Partei war die SPD och immer die reformistische und die KPD ie revolutionäre marxistische Partei. In den Augen der Massen erschien die KPD in all den Jahren als die revolutionäre Partei, die sie am Anfang tatsächlich war.

Eine revolutionäre Partei ist eine Bewegung, die „für das Morgen existiert" Auch das vergrößerte die Anhängerzahl des Kommunismus in Zeiten, in denen das Heute für viele eine einzige Misere war. Opponierende Jugendliche und kämpferische Geister, die nicht resignieren wollten, glaubten, in der KPD ihre politische Heimstätte zu finden. Selbstbewußte Arbeiter, die nicht nur eine materielle Besser-stellung, sondern mehr noch gesellschaftliche Gleichberechtigung und Anerkennung ihrer Menschenwürde forderten, wurden durch das klassenkämpferische Auftreten und die programmatischen Ziele der Partei angezogen. Daß die KPD — zumindest in gewissen Zeiten — auch nicht wenig lumpenproletarische Elemente in ihren Bann zog, ist ebenfalls nicht zu übersehen.

Die KPD war in der Tradition der deutschen Arbeiterbewegung verwurzelt, wenngleich sie sich ihr durch die Bolschewisierung mehr und mehr entfremdete. Natürlich wurde die Partei von der Sowjetunion unterstützt — ideell und auch materiell —, aber ihre Stärke beruhte vor allem auf der Tatsache, daß sie Einfluß auf mehr oder weniger große Teile der deutschen Arbeiterschaft ausüben konnte, daß sie ein Teil der deutschen Arbeiterbewegung war. Die Macht des deutschen Kommunismus war somit Folge der wirtschaftlichen Gegensätze und der politischen Zerrissenheit, also der Misere der Weimarer Republik.

Exkurs: Die SED-Geschichtsschreibung und die Veränderung der innerparteilichen Struktur der KPD 1924— 1929

ie Geschichtswissenschaft der DDR dient noch mmer weitgehend der Untermauerung politicher Anliegen, jedoch ist ein gewisser Wan-Lei zu einer sachlicheren und teilweise auch objektiveren Betrachtungweise festzustellen, n des Stalin-Ara hatte sich die SED nur wenig im die Traditionspflege gekümmert und im wesentlichen die Geschichte der KPdSU in den Mittelpunkt ihrer historischen Betrachtung und Schulung gestellt. Erst 1952 griff die SED das Thema „Deutschland und die deutsche Arbeierbewegung" auf und gab in einem Lehrbuch iie Einschätzung der KPD. Dabei wurde vor illem die Rolle und Bedeutung Stalins für die Entwicklung der KPD zur „Partei neuen Typus" hervorgehoben. Die Periode der Stalinisierung der KPD erschien in dieser Sicht eine notwendige und begrüßenswerte Reinigung der Partei von „Agenten" und Parteifeinden, und damit die Voraussetzung zu einer „Partei neuen Typus".

Die Merkmale der stalinistischen Historiographie, die in den folgenden Jahren die SED-Geschichtsschreibung bestimmten, waren deutlich abzulesen: 1. Die SED-Geschichtsschreibung war „parteilich". Diese Parteilichkeit sollte die Vergangenheit der KPD-SED durch einseitige Aus-331) wähl und voreingenommene Bewertung der Fakten glorifizieren.

2. Die Historiker verschwiegen nicht nur der Partei unbequeme und sie kompromittierende Materialien, sie fälschten auch Dokumente, wichtige Passagen wurden unterschlagen, Faksimiles durch Ätzungen verändert, Bilder retuschiert usw.

3. Besonders auffallend war die Eliminierung von Namen. Die SED erklärte z. B. alle KPD-Führer, die mit der Partei in Konflikt geraten waren, zu „Parteifeinden" und „Agenten", sie wurden „Unperson", ihre wirkliche Rolle aus der Geschichte getilgt.

Vor allem die Darstellung der innerparteilichen Entwicklung entsprach nicht der historischen Realität, sondern den Wunschvorstellungen der SED. Dabei wurden die innerparteilichen Probleme ohnehin jahrelang nur am Rande behandelt; die Periode der Stalinisierung 1924— 1929 blieb fast unbearbeitet.

Erst als die SED dazu überging, eine Gesamt-darstellung der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung zu schreiben, behandelte sie auch Einzelheiten der Stalinisierungsperiode der KPD. Im Juli 1962 billigte das ZK der SED den Entwurf eines „Grundrisses der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung"; nach einer Diskussion beschloß das ZK im April 1963 die endgültige Fassung dieses „Grundrisses" Das Geschichtswerk war eine im Geist Stalins angelegte Arbeit, deren zahlreiche Fälschungen, Legenden und Halbwahrheiten mehrfach enthüllt wurden Kapitel VIII des „Grundrisses" beschrieb die Zeit von 1924 bis 1929. Die innerparteilichen Auseinandersetzungen der KPD wurden vergröbert und umgedeutet. Uber die Parteiführungen der KPD in der Weimarer Republik wurden falsche Vorstellungen verbreitet, der Parteitag von 1924 z. B. wie folgt kommentiert: „Die parteifeindliche Gruppe Brandler-Thalheimer wurde aus der Parteiführung entfernt. Zugleich mit den Vertretern einer leninistisehen Politik kam unter Ausnutzung der berechtigten Empörung der Parteimitglieder über den Verrat der Brandler und Thalheimer eine ultralinke Gruppe in die Führung der Partei. Diese parteifeindliche Fischer-Maslow-Clique untergrub die innerparteiliche Demokratie ..."

Zum darauffolgenden Parteitag erklärte der „Grundriß": „Auf dem X. Parteitag im Juli 1925 entwickelte Ernst Thälmann in der Auseinandersetzung mit den Ultralinken die Aufgaben der Massenarbeit der Partei.“

Durch diese Manipulationen im „Grundriß" sollte verschleiert werden, daß bis September 1925 die Parteiführung (im stalinistischen Sprachgebrauch also „die Partei") Ruth Fischer, Maslow, Thälmann usw. eine ultralinke Politik betrieb. Eine fehlerhafte Politik Thälmanns darf es nach der SED-Version ebenso-wenig gegeben haben wie die fraktionelle Zusammenarbeit Thälmanns mit den „Parteifeinden" Fischer und Maslow.

Im „Grundriß" behauptete die SED, 1925 sei ein „leninistisches ZK" gebildet worden. Das ist ein Ausspruch Stalins Da Stalin aber nicht mehr zeitgemäß erschien, wurde der Autor unterschlagen. Ebenso verschwiegen die SED-Historiker, wer diesem „leninstischen ZK" angehörte: nicht nur Eberlein und Remmele (beide wurden in den Stalinschen Säuberungen liquidiert), sondern auch die Abweichler und „Parteifeinde" Ewert, Urbahns, Schlecht, Schwan u. a. Diese Namen suchte man im „Grundriß" ebenso vergebens wie die von Dutzenden anderer Parteiführer, die als „Feinde" zu gelten hatten. Wichtige Episoden der Parteigeschichte, etwa die Wittorf-Affäre, wurden nicht erwähnt. Die innerparteilichen Folgen der Stalinisierung, der große „Kaderverschleiß" der KPD und der häufige Wechsel der Führungen wurden von den SED-Historikern vertuscht.

Nach dem Erscheinen des „Grundrisses" beschäftigten sich die SED-Historiker in verstärktem Maße mit der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, vorrangig mit der Geschichte des deutschen Kommunismus. Auch eine Reihe von Dissertationen behandelte diese Thematik; darunter befanden sich materialreiche Darstellungen, die auf Teilgebieten neue Einsichten ermöglichten. Die meisten Arbeiten gingen jedoch auf die Periode von 1924 bis 1929 nicht n Die wenigen Untersuchungen wieder-n, die sich mit diesem Zeitraum beschäftign, beschrieben die innerparteilichen Proeme der KPD überhaupt nicht oder behanilten sie nur am Rande So wurden in nem beachtlichen Werk von Dagmar Schwab er den Verband der ausgeschlossenen Baubeiter die Auseinandersetzungen um werkschaftsfragen zwischen linken und chten Kommunisten nur gestreift. Einzelhein über die innere Entwicklung der KPD verfentlichte erstmals Norbert Madloch 1964 in ner Dissertation über den Kampf der KPD gen den Locarno-Parkt Madloch hatte s erster Sitzungsprotokolle der KPD-Fühngsgremien ausgewertet und brachte intersante Details. Er bewies, daß — entgegen iiheren Behauptungen der SED — auf der Parteikonferenz 1925 kein neues ZK gewählt urde Madloch veröffentlichte auch unbemnte Einzelheiten über die Auseinandersetingen in der KPD-Führung im Jahre 1925. sgesamt aber war seine Arbeit, soweit innerirteiliche Probleme der KPD Berücksichtigung nden, von der SED-„Parteilichkeit" geägt ie gleiche Tendenz zeigen Dissertationen, in ren Mittelpunkt die KPD in der Periode von 924 bis 1929 steht. Es handelt sich dabei aushließlich um philosophische Untersuchungen (die innerparteiliche Problematik wird nur unter philosophischem Aspekt gesehen). Am meisten wird die interne Parteipolitik noch in einer Arbeit von Ingeborg Hildebrandt berücksichtigt. Sie setzt sich weitgehend mit der philosophischen Haltung Karl Korschs auseinander und versucht, der Politik Thälmanns nachträglich eine philosophische Untermauerung zu geben. Auch Hildebrandt definiert die Linken von 1924 als Ultralinke, sie ist dabei allerdings konsequent: „Den Ultralinken gelang es durch ihren angeblichen Kampf gegen den Opportunismus, die berechtigte Empörung und die revolutionäre Ungeduld in der Partei für die Verbreitung ihrer Ideologie und Politik auszunutzen... Es gelang ihnen, beachtliche Teile der Mitgliedschaft zu beeinflussen und gestützt auf die größten Arbeiterbezirke, Berlin-Brandenburg, Wasserkante, Rheinland-Pfalz, an die Spitze der Partei zu kommen und maßgeblich die politische Linie der Partei in den Jahren 1924/25 zu prägen."

Damit wird erstmals in einer SED-Veröffentlichung bestätigt, daß auch Führer wie Thälmann (Wasserkante) oder Dengel (Rheinland) gemeinsam mit Fischer und Maslow zur „ultralinken Führung" gehörten und 1924 die ultralinken Fehler von allen gemeinsam gemacht wurden. Die Autorin versucht das später zwar abzuschwächen, denn sie erwähnt namentlich nur Ruth Fischer, Maslow, Korsch, Katz, Rosen-berg und Scholem und nicht auch Thälmann oder Dengel, aber ihr Eingeständnis ist doch bemerkenswert.

Einige SED-Historiker bemühten sich auch in Zeitschriften-Aufsätzen, differenziertere Ergebnisse als der „Grundriß" zu vermitteln. Ein Artikel von W. Ersil und E. Laboor über die Parteidiskussion im September/Oktober* 1925 gab einen informativen Überblick über die innerparteiliche Situation, auch wenn die Bewertung in den bekannten Bahnen blieb und unbequeme Fakten manipuliert wurden. Immerhin unterschieden die Verfasser zwischen „extremen Ultralinken", also den Ultralinken Scholem, Katz, Rosenberg, und den „Ultralinken" Ruth Fischer und Maslow

Das 1966 erschienene Standardwerk der SED-Geschichtsschreibung, die achtbändige „Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung" enthält in Band 4 die offizielle Version der SED zur Stalinisierung der KPD. Auch dieses umfangreiche Werk ist nach den Prinzipien der Parteilichkeit erarbeitet. Die SED-Historiker verzichten jedoch auf plumpe Fälschungen und im allgemeinen auch auf die Eliminierung von Namen. Diese stalinistischen Methoden gehören wohl endgültig der Vergangenheit an. Das Ende der direkten Fälschungen, der Respekt vor Fakten bedeuten eine Wende der SED-Geschichtsschreibung, die gesehen und anerkannt werden muß. Diese bemerkenswerte Abkehr vom Stalinismus bedeutet aber keineswegs, daß die Rolle aller Parteiführer objektiv dargestellt wird, auch werden kaum Dokumente wiedergegeben, die der Glorifizierung der Partei abträglich sein könnten. Nach wie vor werden historische Gegebenheiten durch eine ideologische Brille und damit verzerrt gesehen, noch immer dient die Geschichtswissenschaft weitgehend der Untermauerung politischer Anliegen: sie soll vorgefaßte politische Meinungen bestätigen.

Am deutlichsten tritt das noch immer bei der Beschreibung der innerparteilichen Situation hervor und besonders bei der Darstellung der Stalinisierung der KPD. Die erste Phase, der Kampf gegen die Linken und Ultralinken 1925/26, wird ausführlicher behandelt als die zweite Phase, die Auseinandersetzung mit den Rechten und Versöhnlern.

Personelle Probleme manipulieren die SED-Historiker nach wie vor besonders drastisch. Parteiführer, die in der offiziellen SED-Ahnen-galerie einen Ehrenplatz einnehmen, werden für das Jahr 1924 kurzerhand als „revolutionäre Kräfte in der Partei" zusammengefaßt, obwohl sie entweder zu den „Rechten" (Clara Zetkin), zur Mittelgruppe (Heckert, Koenen, Stoecker und Ulbricht) oder den „Linken" (Florin, Thälmann) zählten. Das Ziel ist eindeutig: Alle Führer der KPD, die die SED noch heute „anerkennt", haben angeblich immer auf der richtigen Seite gestanden und die Parteilinie vertreten, dagegen müssen alle, die heute als „Parteifeinde" zu gelten haben, immer „Abweichler" gewesen sein. In einem einseitig präformierten und dogmatisch entstellten Geschichtsbild muß die Historie zur zurückprojezierten Gegenwart werden, oder genauer gesagt, zu einer Gegenwart, wie sie nach den Vorstellungen der SED-Führung sein sollte.

Als Fazit ist festzuhalten, daß die SED-Geschichtsschreibung über die innerparteiliche Entwicklung der KPD 1924— 1929 sehr einseitig ist. Die Stalinisierung wird als Herausbildung einer „Partei neuen Typus" begrüßt, entscheidende Tatsachen jedoch verschwiegen (die Einwirkung der Komintern und Stalins, die Probleme der Apparatherrschaft, der Bürokratisierung, der innerparteilichen Demokratie). Die Stalinisierung wird nur personalisiert gesehen und die personellen Angelegenheiten werden manipuliert. Die SED-Historiker wollen die Parole „die Partei hat immer Recht" auch historisch untermauern. Dabei ist es offensichtlich ihr Hauptbestreben, die Veränderungen des Kommunismus zu verschleiern. Aus politisch-ideologischen Gründen können und wollen die SED-Historiker nicht zugeben, daß der Kommunismus — wie alle historischen Bewegungen — wandelbar ist. Solange sie an dieser Einstellung festhalten, können sie über die Stalinisierung der KPD — die bisher einschneidendste Wandlung des deutschen Kommunismus — nicht objektiv berichten.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Zur parlamentarischen Situation und zur Rolle der übrigen Parteien in diesem Zeitraum vgl. Michael Stürmer, Koalition und Opposition in der Weimarer Republik 1924— 1928, Düsseldorf 1967.

  2. Werner T. Angress, Stillborn Revolution. The Communist bid for Power in Germany 1921— 1923, Princeton N. Y. 1963; Richard Lowenthal, The Bolshevisation of the Spartacus League, in: International Communism, ed. by. D. Footman, London 1960; Otto Wenzel, Die Kommunistische Partei Deutschlands 1923, phil. Diss., Berlin (West) 1955; Eric Waldman, Spartakus. Der Aufstand von 1919 und die Krise der deutschen sozialistischen Bewegung, Boppard 1967.

  3. Siegfried Bahne, Die Kommunistische Partei Deutschland, in: Erich Matthias und Rudolf Morsey (Hrsg.), Das Ende der Parteien, Düsseldorf 1960.

  4. Die einzige Gesamtdarstellung der KPD in der Weimarer Republik ist noch immer: Ossip K. Flechtheim, Die KPD in der Weimarer Republik, Offenbach 1948, Neuauflage Frankfurt/M. 1969. Eine Bibliographie gibt Enzo Collotti, Die Kommunistische Partei Deutschlands 1918- 1933. Mailand 1961. Vgl. ferner: Ossip K. Flechtheim, Die Rolle der KPD, in: Der Weg in die Diktatur, 1918- 1933, München 1962; Hermann Weber, Von Rosa Luxemburg zu Walter Ulbricht, Hannover 1961; ders. Der deutsche Kommunismus. Dokumente, Köln-Berlin 1963; ders., Völker hört die Signale. Der deutsche Kommunismus 1916- 1966, München 1967; Hilmar Toppe, Der Kommunismus in Deutschland, München 1961.

  5. Siegfried Bahne, Zwischen „Luxemburgismus" und „Stalinismus". Die „ultralinke" Opposition in der KPD, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 9. Jg. 1961, S. 359- 383. - Probleme der kommunistischen Opposition werden auch behandelt in den umfangreichen Darstellungen von Splittergruppen: Karl Hermann Tjaden, Struktur und Funktion der „KPD-Opposition" (KPO), Meisenheim am Glan 1964; Hanno Drechsler, Die Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands, Meisenheim am Glan 1965.

  6. Ruth Fischer, Stalin und der deutsche Kommunismus, Frankfurt/M. o. J., Erich Wollenberg, Der Apparat. Stalins 5. Kolonne, Bonn o. J.; Margarete Buber-Neumann, Von Potsdam nach Moskau. Stationen eines Irrwegs, Stuttgart 1957; dies., Kriegs-schauplätze der Weltrevolution. Ein Bericht aus der Praxis der Komintern 1919- 1943, Stuttgart 1967.

  7. Vgl. dazu den Exkurs.

  8. Vgl. Collotti, a. a. O. (Anm. 4), S. 7 ff.

  9. Protokoll. Erweiterte Exekutive der Kommunistischen Internationale. Moskau, 17. Februar— 15. März 1926, Hamburg-Berlin 1926, S. 508.

  10. Der organisatorische Aufbau der Kommunistischen Parteien. Organisationsberatung der Erweiterten Exekutive (März—April 1925), Hamburg o. J. (1925), S. 121. — HStA Düsseldorf 16927.

  11. Die 2. Organisationskonferenz. Beschlüsse und Resolutionen, Hamburg-Berlin 1926, S. 105. — Inprekorr, Nr. 65 vom 29. April 1926, S. 980 f.

  12. Vgl. dazu: Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung — Chronik, Teil II, Berlin (Ost) 1966, S. 181 und 206.

  13. HStA Düsseldorf 19 927. In der Agitprop-Abteilung gab es 1925 folgende Unterabteilungen: Agitation, Propaganda, Presse und Pressedienst, Verlagswesen, Literaturvertrieb, Kultur und Sport, Film (Der Parteiarbeiter, Heft 2, Februar 1925).

  14. Der Agitprop-Abteilung waren 1924/25 u. a. folgende Aufgaben gestellt: Die Unterabteilung Propaganda mußte einen Elementarkurs für Mitgliederschulung in den Bezirken organisieren, die Funktionärschulung anleiten und die „marxistischlenistischen Zirkel" ins Leben rufen. Die Unterabteilung Agitation war vor allem im Wahlkampf (Dezember 1924) aktiv gewesen; sie hatte zentrale Wahlmaterialien hergestellt, die in einer Auflage von fast 33 Millionen Exemplaren versandt wurden (darunter 61 Plakate, 76 Flugblätter, 65 Referenten-materialien, 37 Rundschreiben, 24 Flugschriften, außerdem Klebezettel). Bericht 10. Parteitag, Berlin 1926, S. 3 und 14 f.

  15. Tätigkeitsbericht des EKKI 1925— 1926, Flamburg 1926, S. 18.

  16. Nach einem Bericht des Polizeipräsidiums Stuttgart (StA Bremen IV 27, B. 5). Das ZK der KPD beschäftigte nach dem Essener Parteitag 1927 laut einer Mitteilung der SPD allein 24 Dezernenten oder Abteilungsleiter (Sozialdemokratische Partei-korrespondenz für die Jahre 1923 bis 1928, [Ergänzungsband], Berlin o. J. [1930], S. 387).

  17. Die 2. Organisationskonferenz ... a. a. O. (Anm. 11), S. 208

  18. Inprekorr, Nr. 65 vom 23. April 1926, S. 984.

  19. A. a. O„ S. 983.

  20. A. Creutzburg, Die Organisationsarbeit der KPD, Hamburg-Berlin 1931, S. 8.

  21. Organisationsbeschlüsse für die Umgestaltung der Parteiorganisation (Beschlossen von der Zentrale der KPD). Mai 1924. Hrsg. Zentrale der KPD — Orbüro, Berlin o. J. (Organisatorische Flugschriften der KPD, Nr. 2), S. 5 f.

  22. Bericht über die Verhandlungen des 10. Parteitags der KPD, Berlin 1926, S. 55.

  23. Der Parteiarbeiter, Nr. 8, 1924, S. 135.

  24. Kampferfahrungen und Organisationsaufgaben (Referentenmaterial). Hrsg. Zentrale der KPD — Orbüro, Berlin o. J. (1924). (Organisatorische Flugschriften der KPD, Nr. 4), S. 16.

  25. Der Parteiarbeiter, Heft 2, 1925, Sonderbeilage: Zum Aufbau der Leitungen, S. 1.

  26. Inprekorr, Nr. 65 vom 29. April 1926, S. 982 f.

  27. Wests. Kämpfer vom 30. März 1926.

  28. Der Parteiarbeiter, Heft 5, Mai 1926.

  29. Die 2. Organisationskonferenz. Beschlüsse und Resolutionen, Berlin—Hamburg 1926, S. 104 f.

  30. StA Münster, IP 542.

  31. HStA Düsseldorf 16 914.

  32. Der Parteiarbeiter, Heft 1, Januar 1927.

  33. Die meisten Angestellten waren beim ZK beschäftigt. Ein kleinerer Bezirk wie beispielsweise Niedersachsen hatte 1928 überhaupt nur sieben hauptamtliche Angestellte des Parteiapparats: drei Bezirkssekretäre, zwei Unterbezirkssekretäre, einen Kassierer und eine Stenotypistin. Dazu kämen noch der Chefredakteur und drei bis vier Redakteure der Zeitung (StA Bremen, II A, 12 a Bd. 21).

  34. Gegen den Strom vom 17. November 1928.

  35. Die Rote Fahne (RF) vom 2. November 1928.

  36. Vorwärts vom 28. Februar 1930 (Kritik der Berliner „Opposition der 60").

  37. StA Düsseldorf 90 657 (Ruhr-Echo vom 27. November 1929).

  38. Creutzburg, a. a. O. (Anm. 20), S. 18. Danach gab es 7807 Parteileitungen, 31, 9% der Mitglieder übten Funktionen aus.

  39. RF vom 17. Mai 1923.

  40. Der Parteiarbeiter, Heft 6, 1. August 1923, S. 77.

  41. Der Parteiarbeiter vom 15. Januar 1924.

  42. Der Kämpfer (Chemnitz) vom 8. März 1924.

  43. Inprekorr, Nr. 65 vom 29. April 1926, S. 980 f.

  44. 1927 waren z. B. im wichtigen Bezirk Erzgebirge-Vogtland von 5119 überprüften Mitgliedern nur 992 in Betriebszellen erfaßt (Pjatnizki, in: Die Kommunistische Internationale, Heft 18, 1927, S. 881). Seit 1926 ging die Zahl der Betriebszellen sogar zurück.

  45. Protokoll. Plenum des EKKI. Hamburg-Berlin o. J. (1929), S. 246. Creutzburg, a. a. O. (Anm. 20), gibt etwas andere Zahlen: 1927 — 15, 6 °/o, 1928 — 18, 9%, 1929 — 14, 7%.

  46. Waffen für den Klassenkampf. Beschlüsse des XII. Parteitages der KPD, Berlin o. J. (1929), S. 83 ff.

  47. Creutzburg, a. a. O. (Anm. 20), S. 56 f. Im wichtigen und industriellen Bezirk Niederrhein hatten 1929 von 138 Ortsgruppen 63 überhaupt keine Zellen, in den übrigen 75 gab es nur 111 Betriebszellen, aber 231 Straßenzellen. Die Betriebszellen erfaßten nur 14% der Mitgliedschaft, obwohl 59% der Mitglieder Betriebsarbeiter waren. (Der Revolutionär. Diskussions-und Mitteilungsblatt der KPD Niederrhein-Düsseldorf, April 1929).

  48. Kaasch, in: Kommunistische Internationale, Jg. 1927, S. 1051 und 1055.

  49. Creutzburg, a. a. O. (Anm. 20), S. 56 f.

  50. Die Kommunistische Internationale vor dem 6. Weltkongreß, Hamburg 1928, S. 13.

  51. Die SPD zählte Ende 1923 1 261 072 und Ende 1929 1 021 777 Mitglieder, die KPD im April 1924 121 394 und Ende 1929 135 160 Mitglieder. (Osterroth-Schuster, Chronik der deutschen Sozialdemokratie, Hannover 1963, S. 296 und 340. — Die Kommunistische Internationale vor dem 6. Weltkongreß, a. a. O. [Anm. 50], S. 122. — Creutzburg, a. a. O. [Anm. 20], S. 53.)

  52. Der neue Kurs, Berlin 1925, S. 76.

  53. Protokoll. 10. Plenum, a. a. O. [Anm. 45], S. 262 (Pjatnizki).

  54. StA Bremen, II A 12 b, Bd 6, und IV 31, Bd. 2.

  55. Die Chefredakteure der Hamburger Volks-zeitung, der Bergischen Arbeiterstimme, des Ruhr-Echos, des Chemnitzer Kämpfers und der Sächsischen Arbeiter-Zeitung wurden als Rechte oder Versöhnler abgelöst.

  56. Die KPD-Druckereien waren vorher meist so-genannte Arbeitergenossenschaften, in denen Kommunisten Anteile gezeichnet hatten.

  57. Die PEUVAG hatte u a. Betriebe in Berlin, Bremen, Breslau, Chemnitz, Dresden, Düsseldorf, Essen, Frankfurt, Gotha, Hannover, Jena, Köln, Königsberg, Leipzig, Magdeburg und Mannheim. Nähere Einzelheiten über die PEUVAG finden sich bei Herbert Giradet, Der wirtschaftliche Aufbau der kommunistischen Tagespresse in Deutschland von 1918 bis 1933, Essen 1938, S. 36 ff. und 54 ff.

  58. Ein Jahr Arbeit und Kampf — Tätigkeitsbericht des EKKI 1925— 26, Hamburg 1926, S. 52.

  59. Tätigkeitsbericht, a. a. O. (Anm. 58), S. 54.

  60. Inprekorr, Nr. 37 vom 15. September 1923, S. 878.

  61. Bericht über die Verhandlungen des III. (8.) Parteitags der KPD, Berlin 1923, S. 90.

  62. RF vom 10. Februar 1925.

  63. Soz. Republik vom 10. Februar; Freiheit vom 13. Februar 1925; Geh. StA München 1943— 1248.

  64. Protokoll der 2. Reichstagung der marxistischleninistischen Zirkel, o. O. und o. J. (1925), S. 33, 42. Korsch sagte: „Der deutschen Partei ist von der Marxschen Theorie sehr wenig bekannt."

  65. Am 6. Februar 1925 gab die Zentrale in einem Rundschreiben Anweisungen für die Funktionär-schulung. Gegen Genossen, die unentschuldigt fehlten, sollte „mit Parteimitteln", also Parteistrafen, vorgegangen werden. In 5 Abendkursen sollte über „die KPD als einzige Arbeiterpartei", über Sowjetrußland als „Zentrum" der Komintern usw. unterrichtet werden. Stalins „Lenin und der Leninismus" galt als Pflichtliteratur (Geh. StA München, 1943— 1249).

  66. Der Parteiarbeiter, Heft 3, März 1926.

  67. Inprekorr, Nr. 4 vom 13. Januar 1928, S. 85. Die Komintern... a. a. O. (Anm. 50), S. 117.

  68. Die Kommunistische Internationale, Heft 40 vom 5. Oktober 1927, S. 1974 ff. Unter den Schülern waren 13 Parteiangestellte (StA Bremen, II A, 12 a, Bd. 20).

  69. A. a. O. Vgl. auch StA Oldenburg, VI-86-13a.

  70. Im August 1927 hatte das ZK allerdings beschlossen, für den am 19. September beginnenden Kurs keine deutschen Schüler zu entsenden, da man keine qualifizierten Kräfte entbehren wollte (StA Bremen, II A, 12 a, Bd. 20).

  71. Zwei Jahre Arbeit und Kampf, Berlin 1929, S. 267 f.

  72. Der Funke, Nr. 15 vom 28. August 1924. Ende 1928 drückte sich Lenz-Winternitz ähnlich aus:

  73. Geh. StA München, 1943- 1249.

  74. Bereits 1924 gaben die Leitungen „Parteibefehle" heraus (Freiheit vom 5. Juni 1924), bei Partei-kampagnen wurden verbindliche „Anweisungen" erlassen (Anweisungen. Kampfwoche 27. Juli bis 4. August 1924. Zentrale der KPD. An alle Bezirke, Unterbezirke und Ortsgruppen. Berlin, 20. Juni 1924. Nur als Manuskript gedruckt. Vgl. auch: Kampferfahrungen und Organisationsaufgabe [Referentenmaterial)). Organisatorische Flugschriften der KPD, Nr. 4. Hrsg. Zentrale der KPD, Orbüro. Berlin o. J. (1924).

  75. Die Internationale, Heft 20 vom 15. Oktober 1927 (Ernst Meyer).

  76. „Heute spricht unser Führer" kündigte „Die Rote Fahne" am 12. September 1930 eine Rede Thälmanns an. Der Personenkult um Thälmann ähnelte immer stärker dem Stalin-Kult und dem Hitler-Kult.

  77. Die Komintern, a. a. O. (Anm. 50), S. 13.

  78. „Generalmusterung unserer Partei" hieß ein Artikel Walter Ulbrichts (RF vom 3. Januar 1930), in dem er eine Überprüfung der KPD ankündigte. Die Oppositionspresse schrieb über diese Methode spöttisch: „KPD-Feldwebel Ulbricht, der neueste den Berlinern aufoktroyierte Feldwebel, hat zur Behebung der Mängel in der KPD Berlin-Brandenburg eine . Generalmusterung'angeordnet. . . Getreu dem alten Feldwebelgehirne sagt sich auch Ulbricht: wir haben einen großen Kaiser (Stalin), haben eine geniale Regierung (ZK), haben glänzende Generale (Merker, Dahlem, Ulbricht), doch wir haben bei den Mannschaften eine Sauschlamperei." (Gegen den Strom vom 14. Januar 1930).

  79. Bericht 8. Parteitag, a. a. O. (Anm. 61), S. 357.

  80. Wests. Kämpfer vom 12. August 1926.

  81. Neue Arbeiter-Zeitung, Hannover, vom 19. März 1927.

  82. Wests. Kämpfer vom 1. September 1926 und 25. Januar 1927.

  83. Schon im Herbst 1926 warf die Opposition der KPD-Führung vor, sie dominiere bei den Abstimmungen vor allem, weil viele hauptamtliche Funktionäre die Versammlungen beherrschten. Im September 1926 behaupteten die Ultralinken, eine Berliner Parteiarbeiter-Konferenz sei „zusammengeschoben", es seien allein 200 Parteiangestellte in der Versammlung gewesen. Nach einem Antrag der Opposition, festzustellen, wie viele Parteiangestellte anwesend seien, erhoben immerhin 78 Funktionäre die Hand! (Entschiedene Linke vom 15. September 1926).

  84. Bericht über den 3. Parteitag der KPD, o. O. u. J. (1920), S. 47.

  85. Der kommunistische Funktionär, Hrsg. Bezirks-komitee der KPD Ruhrgebiet, Nr. 7 vom 5. März 1924.

  86. „ 5000 neue Parteimitglieder sind mehr wert als 100 000 Wählerstimmen und 5000 neue Abonnenten wiegen 50 000 Wählerstimmen auf." (Der Revolutionär. Diskussions-und Mitteilungsblatt des Bezirks Niederrhein, Nr. 7 vom 16. Juni 1924).

  87. So wurde Ende 1924 ein „Zuchthausaufgebot", 1927 ein „Herbstaufgebot" für Mitgliederwerbung durchgeführt (Hammer und Sichel. Parteiarbeiterschrift für den Bezirk Mittelrhein. Sondernummer September 1927).

  88. 1924 wurde darüber diskutiert, ob man „Parteikandidaten" als Vorstufe für die Mitgliedschaft einführen solle (Der kommunistische Funktionär vom 5. März 1924). Ab März 1924 konnten wieder Aufnahmen in die KPD erfolgen, aber nur bei Bürgschaft von zwei Genossen (RF vom 25. März 1924).

  89. Die Organisation der Kommunistischen Welt-partei, Berlin 1924, S. 3.

  90. Kommunistische Politik. Diskussionsblatt der Entschiedenen Linken in der KPD, Nr. 4— 5, Mai 1926. — Die Kommunistische Internationale, Heft 17, 1927, S. 2138 und Heft 19, 1928, S. 1051. — StA Bremen, II A 12 a Bd. 16, Bl. 102. — August Creutzburg, Die Organisationsarbeit der KPD, Hamburg-Berlin 1931, S. 53 f.

  91. Wienand Kaasch, Die soziale Struktur der KPD, in: Die Kommunistische Internationale, Heft 19, 1928, S. 1066.

  92. Sigmund Neumann, Die deutschen Parteien. Wesen und Wandel nach dem Kriege, Berlin 1932, S. 96.

  93. Kaasch, a. a. O. — Zwei Jahre Arbeit und Kampf. Bericht des ZK der KPD an den 12. Parteitag, Berlin 1929, S. 252 ff.

  94. Kaasch, a. a. O., S. 1051 — Wl. Woytinsky, Zehn Jahre neues Deutschland. Ein Überblick in Zahlen, Berlin 1929, S. 17.

  95. Zwei Jahre Arbeit.. ., a. a. O., S. 253 — Protokoll. Sozialdemokratischer Parteitag Magdeburg 1929, Berlin 1929, S. 44.

  96. Kaasch, a. a. O., S. 1052.

  97. Kaasch, a. a. O., S. 1052 f.

  98. Lenin vertrat die Meinung, die Sozialdemokratie habe sich zur Interessenvertretung der „Arbeiteraristokratie" entwickelt, daher seien die Kommunisten Vertreter des eigentlichen Proletariats, Vgl. vor allem „Der Imperialismus und die Spaltung des Sozialismus", 1916, in: Lenin, Ausgewählte Schriften, hrsg. u. eingeleitet von H. Weber, München 1963, S. 546 ff.

  99. Kommunistische Arbeiter-Zeitung Nr. 3 vom 12. Januar 1928.

  100. Ossip K. Flechtheim, Die KPD in der Weimarer Republik, Offenbach 1948, S. 208.

  101. Sozialistische Republik vom 15. Juni 1925 — Bericht der Bezirksleitung Berlin-Brandenburg der KPD September 1924. — April 1925, Berlin o. J.

  102. Creutzburg, a. a. O. (Anm. 20), S. 10.

  103. Records of the Reich Leader of the SS and Chief of the German Police (National Archives of the United States), T— 175, Roll No. 312, p. 811 759. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl waren in einigen Städten organisierte Kommunisten: Leipzig 0, 7 %, Essen 0, 36 %, Frankfurt-M. 0, 24%, Dortmund 0, 19%. (Kaasch, a. a. O., Anm. 91, S. 1066).

  104. Zwischen 1924 und 1932 erhielt die KPD bei den Reichstagswahlen in Berlin-Brandenburg zwischen 15 und 25 0/0, in Halle-Merseburg zwischen 22 und 27 %, in Wasserkante zwischen 9 und 17 %, in Niederrhein zwischen 16 und 25 %, in Erzgebirge-Vogt-land zwischen 14 und 21 %, Ruhr zwischen 13 und 24%, Westsachsen zwischen 12 und 20%, und Thüringen zwischen 13 und 19%. Dagegen im Reichsdurchschnitt zwischen 9 und 16 %.

  105. Kaasch, a. a. O. (Anm. 91), S. 1056.

  106. Zu den Wahlergebnissen vgl. Alfred Milatz: Wähler und Wahlen in der Weimarer Republik, Heft 72 der Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1965, S. 108 ff.

  107. Carl E. Schorske, German Social Democracy 1905— 1917, Cambridge/Mass. 1955.

  108. Im Januar 1930 gewann die KPO unter Führung Galms bei den Gemeindewahlen fünf Sitze, sie war nun mit elf Abgeordneten gegenüber drei der KPD vertreten. Im benachbarten Neu-Isenburg hatten die Linken Kommunisten unter Führung Ebners vier Mandate errungen, die KPD keines. (StA Bremen, IV " 9, Bd. 5).

  109. Kaasch, a. a. O., S. 1065.

  110. A. a. O., S. 1063. 31 °/o der KPD-Mitglieder hatten auch der USP angehört, die meisten davon allerdings vorher auch der SPD. 9 °/o waren 1919 oder 1920 der KPD-Spartakusbund beigetreten.

  111. Gegen den Strom vom 8. Dezember 1928 — Gegen den Strom vom 24. Juli 1929.

  112. In: Creutzburg, a. a. O. (Anm. 20), S. 55.

  113. Der Parteiarbeiter, Heft 8, August 1930, S. 306.

  114. StA Koblenz, 403/16767 — Haasch, a. a. O. (Anm. 91), S. 1064.

  115. Creutzburg, a. a. O. (Anm. 20), S. 10.

  116. Der Bezirk Niederrhein hatte Anfang 1929 138 Ortsgruppen in folgender Größenordnung: 81 Orts-gruppen bis 25 Mitglieder, 20 mit 26— 50 Mitglieder, 14 mit 51— 100 Mitglieder, 13 mit 101— 250 Mitglieder, 7 mit 251— 500 Mitglieder und 3 Orts-gruppen mit mehr als 500 Mitglieder (Der Revolutionär. Diskussions-und Mitteilungsblatt des Bezirks Niederrhein, April 1929).

  117. Kaasch, a. a. O. (Anm. 91), S. 1057.

  118. Creutzburg, a. a. O. (Anm. 90), S. 18.

  119. RF vom 28. Januar 1927.

  120. RF vom 19. März 1929.

  121. StA Oldenburg, VI— 86— 13a.

  122. RF vom 29. Oktober 1929.

  123. A. Bewer, ABC der Orgarbeit, o. O. u. J. (1930), S. 23.

  124. StA Oldenburg, 86— 13a, Bd. II.

  125. Kaasch, a. a. O. (Anm. 91), S. 1052 (1, 64 °/o der 143 172 Mitglieder).

  126. Bereits 1922 waren bei der sowjetischen Handelsvertretung 142 Deutsche beschäftigt, die fast alle KPD-Mitglieder waren (Bayr. HStA M. Inn. 71 708, Bd. 6). Die Petroleumgesellschaft Derupa hatte in verschiedenen Städten (u. a. in Berlin, Hamburg, Ludwigshafen) Niederlassungen, ebenso auch die Transportgesellschaft Derutra. Nach der vermutlich zutreffenden Darstellung der „Kommunistischen Politik" (Nr. 5, Ende Mai 1926) waren damals etwa 1000 deutsche Kommunisten bei den Sowjetinstitutionen in Deutschland angestellt.

  127. In Berlin war dieser Anteil höher. Eine Oppositionszeitung schätzte 1927, daß 1300 Kommunisten in Parteibetrieben usw. beschäftigt waren; bei 13 000 Mitgliedern waren das 10% aller Mitglieder und ein Drittel aller Funktionäre (Schacht und Hütte Zeitung der klassenbewußten Hand-und Kopfarbeiter des Ruhrgebiets, Nr. 7 vom 2. Dezember 1927). Die „Kommunistische Politik" hatte 1925 ähnliche Zahlen errechnet. In der Berliner BL waren 1928 von 104 Mitgliedern 47 Parteiangestellte und 1929 31 Parteiangestellte (StA Oldenburg, VI— 86— 13a). In der BL Pfalz galt 1929 nur der Polleiter als Parteiangestellter. Von den übrigen 32 Mitgliedern der BL arbeiteten aber weitere 11 in parteieigenen Betrieben! (Records of the Reich Leader of the SS an Chief of the German Police. National Archives of the United States, T 175, Roll 312).

  128. Der Militärapparat war nach 1923 erheblich eingeschränkt worden. 1928/29 unter Führung Kippenbergers wieder ausgebaut, hieß er nun AM-Apparat (Antimilitaristischer Apparat).

  129. Parteiangestellte erhielten 350, — RM Monatsgehalt, Parteisekretäre 400, — RM, diese Gehälter wurden 1927 auf 550, — RM erhöht. Polbüromitglieder bekamen 600, — RM, außerdem konnten sie etwa 150, — RM an Abgeordneten-Diäten behalten. Der Durchschnittslohn für gelernte Arbeiter lag 1927 bei 200, — RM, für ungelernte Arbeiter bei 150, — RM. (Wl. Woytinsky, Zehn Jahre neues Deutschland, Berlin 1929, S. 130 — StA Bremen, IIA 12a, Bd. 15, Bl. 67 — Mitt. von Rosa Meyer-Levine an den Vers. — Kommunistische Arbeiter-zeitung Nr. 27, April 1927).

  130. „Selbst in den formell bescheidenen Stellungen vermag den Berufspolitiker das Bewußtsein von Einfluß auf Menschen, von Teilnahme an der Macht über sie, vor allem aber: das Gefühl, einen Nervenstrang historisch wichtigen Geschehens mit in Händen zu halten, über den Alltag hinausheben." (Max Weber, Politik als Beruf, 4. Ausl. Berlin West 1964, S. 50 f.).

  131. Während in andern Bezirken vor allem 1924 bis 1926 die Polleiter ständig wechselten, war im Bezirk Nordbayern von 1924 bis 1930 ununterbrochen Johann Meyer Polleiter und von 1924— 1933 qleichzeitig MdR.

  132. August Thalheimer, Lenin oder Luxemburg?, Gegen den Strom Nr. 2 vom 11. Januar 1930.

  133. Max Weber, a. a. O. (Anm. 132), S. 63 f.

  134. A. a. O., S. 28.

  135. Bewer, a. a. O. (Anm. 125), S. 17.

  136. Max Weber, a. a. O. (Anm. 132), S. 36 f.

  137. Robert Michels, Zur Soziologie des Partei-wesens. Untersuchungen über die oligarchischen Tendenzen des Gruppenleberrs, 2. verm. Ausl. Leipzig 1925, S. 504.

  138. Michels verstand so den Anarchismus, vgl. a. a. O., S. 453 ff.

  139. Maurice Duverger, Die politischen Parteien, Tübingen 1959, S. 149 ff.

  140. Neumann, a. a. O. (Anm. 92), S. 102.

  141. Protokoll über die Verhandlungen des Gründungsparteitags der USP vom 6. — 8. 4. 1917 in Gotha, Berlin 1921, S. iOG.

  142. RF vom 4. Februar 1920.

  143. Protokoll der Erweiterten Exekutive der Kommunistischen Internationale, Moskau 12. — 23. Juni 1923, Hamburg 1923, S. 56 (Paul Böttcher).

  144. RF vom 17. Juli 1924.

  145. Einen umfassenderen Überblick über die Struktur und Arbeitsweise der Komintern, als hier gegeben werden kann, vermittelt Günther Nollau, Die Internationale. Wurzeln und Erscheinungsformen des proletarischen Internationalismus, Köln 1959, S. 104— 150. Auf ihn sei hier verwiesen.

  146. Statut der Kommunistischen Internationale, in: Die Organisation der Kommunistischen Weltpartei. Organisatorische Flugschrift der KPD, Nr. 5, hrsg. von der Zentrale der KPD, Orbüro, Berlin o. J. (1924), S. 8f.

  147. A. a. O., S. 10.

  148. Die Komintern vor dem 6. Weltkongreß, Hamburg-Berlin 1928, S. 10.

  149. Programm der Kommunistischen Internationale, Anhang: Statuten der Kommunistischen Internationale, Hamburg-Berlin 1928, S. 97.

  150. Das erste Politsekretariat wurde auf der EKKI-Tagung Ende 1926 bestimmt; es setzte sich zusammen aus neun Mitgliedern (Bucharin, Kuusinen, Manuilski, Pjatnizki für die KPdSU, Cremet — Frankreich, Remmele — Deutschland, Roy — Indien, Smeral — Tschechoslowakei und Ercoli-Togliatti — Italien) sowie vier Kandiaten (Molotow und Losowski — KPdSU, Murphy — England und Humbert-Droz — Schweiz) (Inprekorr, Nr. 157 vom 23. Dezember 1926, S. 2847).

  151. Nollau, a. a. O., S. 106.

  152. Mitt. von Jules Humbert-Droz an den Vers. — Gegen den Strom, Nr. 4 vom Februar 1931.

  153. Inprekorr, Nr. 143 vom 23. November 1926, S. 2515. — Die Komintern vor dem 6. Weltkongreß, a. a. O. (Anm. 150), S. 11, 40, 55, 72 und 81.

  154. Uber die Tätigkeit von Kleine-Guralski vgl. die Dokumentation: Zu den Beziehungen zwischen der KPD und der Kommunistischen Internationale, Vierteljahrsheft für Zeitgeschichte, 16. Jg., 2. Heft, April 1968, S. 177 ff.

  155. Nollau, a. a. O. (Anm. 147), S. 129. Im September—Oktober 1924 war auch Walter Ulbricht ein solcher Komintern-Instrukteur in Österreich. Vgl. dazu H. Weber, Ulbricht fälscht Geschichte, Köln 1964, S. 132 ff.

  156. Die Komintern vor dem 6. Weltkongreß, a. a. O., S. 85.

  157. Nollau, a. a. O (Anm. 147), S. 112.

  158. Die Komintern vor dem 6. Weltkongreß, a. a. O. (Anm. 150), S. 11.

  159. Vgl. dazu Christo Kabaktschieff, Die Entstehung und Entwicklung der Komintern, Hamburg-Berlin o. J. (1929), S. 165.

  160. Im Statut (Fassung 1928) hieß es über die Zusammensetzung des Weltkongresses: „Die Zahl der beschließenden Stimmenden jeder Sektion wird unter Berücksichtigung der Mitgliederzahl der Partei und der politischen Bedeutung des Landes jedesmal durch besonderen Kongreßbeschluß festgesetzt." (Statut, a. a. O., Anm. 151, S. 93). Da neben der Mitgliederzahl auch die „politische Bedeutung des Landes" berücksichtigt wurde, bekamen Sektionen der USA oder Englands immer mehr Delegierte als ihnen eigentlich zustanden. An den oben getroffenen Feststellungen änderte das nichts.

  161. Jahrbuch für Wirtschaft, Politik und Arbeiterbewegung 1922/23, Hamburg o. J. (1923), S. 66.

  162. Jahrbuch für Wirtschaft, Politik und Arbeiterbewegung 1923/24, Hamburg o. J. (1924), S. 51. Dass. 1925/26, Hamburg 1926, S. 57.

  163. Inprekorr, Nr. 38, 1921, S. 399.

  164. Das war 1920/21 noch anders. Als KPD-Parteivorsitzender verwahrte sich Paul Levi gegen die Aufnahme der KAP in die Komintern; er nannte diese von Lenin inspirierte Maßnahme „eine unhaltbare Situation" (RF vom 24. 12. 1920). Bei den Verhandlungen mit den USP-Führern (1920 in Moskau) über die Aufnahme der USP in die Komintern bestand Lenin in seinen 21 Bedingungen darauf, daß sich der Vorstand zu zwei Dritteln aus solchen Mitgliedern zusammensetzen müsse, die bereits auf dem Boden des Kommunismus standen (vgl. Bedingung 20, in: Weber, Die Kommunistische Internationale, Hannover 1966, S. 62). Die USP-Vertreter Dittman und Crispien lehnten das ab, aber auch der Vertreter der KPD, Ernst Meyer, wies Lenins Vorschlag zurück (Notizen über die Verhandlungen, Nachlaß Meyer, Privat-Archiv Rosa Meyer-Levine). Noch 1923 wandte sich der Parteivorsitzende Brandler gegen eine Glorifizierung des Kominternvorsitzenden Sinowjew: „Ist der Vorsitzende der Exekutive der Komintern ein Herrgott? ... Wir haben keine Herrgötter."

  165. Zu den Einzelheiten der Politik Stalins vgl. Daniels, Das Gewissen der Revolution, Köln 1962, S. 301 ff. — L. Schapiro, Die Geschichte der KPdSU, Frankfurt/M. 1961, S. 346 ff. — I. Deutscher, Trotzki, Bd. 2, Stuttgart 1962, S. 264 ff. — D. Bronger, Der Kampf um die sowjetische Agrarpolitik 1925— 1929, Köln 1967, S. 47 ff.

  166. In Polen wurden Warski und Walecki, in der Tschechoslowakei Smeral und Kreibich aus der Führung verdrängt, in Frankreich Souvarine ausgeschlossen. Vgl. dazu: Referentenmaterial. Berichterstattung über den V. Weltkongreß, o. O. u. o. J. (Berlin 1924), S. 8 f.

  167. Tätigkeitsbericht des EKKI 1925— 1926, Hamburg-Berlin 1926, S. 155. — Kommunistische Politik, Nr. 7/8, Ende Juni 1926, dass. Nr. 9/10, 15. Juli 1926 — Inprekorr, Nr. 8 vom 24. Januar 1928 — Fahne des Kommunismus vom 16. Mai 1930.

  168. RF vom 5. Oktober 1928. Vgl. auch Inprekorr, Nr. 131 vom 23. November 1928 — RF vom 28. April 1929 — Fahne des Kommunismus vom 21. Juni 1929.

  169. Die Kommunistische Internationale .. ., a. a. O., S. 428 ff. — Nollau, a. a. O. (Anm. 147), S. 35. — Gegen den Strom vom 13. Juli 1929.

  170. Die Kommunistische Internationale . . ., a. a. O., S. 203, 280 f., 626. — Wests. Kämpfer vom 29. Juli 1929. — In Holland erzielten bei den Wahlen im Juli 1929 die moskautreue KP 29 000 Stimmen, die oppositionellen Kommunisten unter Wiinkoop 35 000 Stimmen.

  171. Die Kommunistische Internationale..., a. a. O., S. 21.

  172. 1925— 1927 wurden in allen Sektionen die „Linken" bekämpft, und 1928/29 die „Rechten", das entsprach Stalins Frontstellung in der KPdSU.

  173. Arbeiterpolitik vom 4. Mai 1929 (Thalheimer).

  174. Die Kommunistische Internationale, Jg. 1926, S. 239.

  175. Koegler wies auf die Diskussionsmethoden hin; er nannte sie Demagogie und wurde deswegen scharf gerügt (RF vom 4. Oktober 1925).

  176. Inprekorr, Nr. 91 vom 6. Juli 1926 (Heinz Neu-mann).

  177. Der neue Kurs, Berlin 1925, S. 22.

  178. Wests. Kämpfer vom 22. Oktober 1926.

  179. Wests. Kämpfer vom 7. November 1927.

  180. Uber den 14. Parteitag der Kommunistischen Partei der Sowjetunion. Informationsmaterial, Hrsg. ZK der KPD, Berlin, Februar 1926, S. 34 ff.

  181. RF vom 8. August — Freiheit vom 11. August — Neue Zeitung, München, vom 11. August 1926.

  182. Diese Problematik geht über den Rahmen der vorliegenden Arbeit hinaus; hier sei nur darauf verwiesen, daß sich die Funktionen der Koinmunistischen Parteien erst durch die Wandlung des Weltkommunismus seit 1949 änderten (Jugoslawien, China).

  183. über den 14. Parteitag..., a. a. O. (Anm. 182), S. 40. Eine Diskussion über die russischen Fraktionskämpfe wurde als „unzweckmäßig" abgelehnt.

  184. Wests. Kämpfer vom 27. Juli — Freiheit vom 27. Juli 1926. ...

  185. v/estf. Kämpfer und Freiheit a. a. O.

  186. Neue Arbeiter-Zeitung, Hannover, vom 25. Juni 1927.

  187. RF vom 19. November 1927.

  188. Wests. Kämpfer vom 5. September 1929.

  189. Heinz Neumann, Der ultralinke Menschewismus, Berlin 1926, S. 4.

  190. August Thalheimer, Um was geht es? Zur Krise in der Kommunistischen Partei Deutschlands, Berlin 1929, S. 4

  191. Brief Brandlers vom 12. Januar 1959 an Isaac Deutscher, Kopie im Besitz des Vers.

  192. Bericht über den II. Parteitag der KPD, o. O. u. o. J. (Berlin 1919), S. 28 f.

  193. Vgl. dazu oben Anm. 163— 165.

  194. Bayr. HStA München, M. Inn. 71 490.

  195. Im offiziellen Parteitagsprotokoll ist der Finanz-bericht nicht enthalten (vgl. Bericht über den 11. Parteitag der KPD, Berlin 1927).

  196. Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich 1927, Berlin 1927, S. 176.

  197. Nach den Angaben (a. a. O., Anm. 196) erhielt die KPD außerdem für den Bergarbeiterstreik 12 000 und für Freidenkerarbeit 60 000 Mark. Von der alten Zentrale waren 125 000 Mark Schulden übernommen worden. Der Referent (Oberregierungsrat Mühleisen) bezeichnete die finanzielle Situation der KPD als schlecht.

  198. Inprekorr, Nr. 18 vom 25. Februar 1928, S. 379. — Die Kommunistische Internationale vor dem VII. Weltkongreß, Moskau-Leningrad 1935, S. 714.

  199. Inprekorr, Nr. 37 vom 24. April 1931. Die Kommunistische Internationale, a. a. O., S 714 ff.

  200. StA Bremen, II A 12 a, Bd. 19, Bl. 82.

  201. HStA Düsseldorf, 16 927.

  202. Die Geldknappheit der KPD wurde von allen Polizeistellen beobachtet (StA Bremen, IIA 12 a, Bd. 26). In einer Erinnerung berichtet auch Lilly Korpus (jetzt Lilly Becher) darüber. Eine geplante Zeitschrift „Die Arbeiterin“ konnte erst gegründet werden, nachdem russische Kommunistinnen 350 Goldmark übermittelten (Neues Deutschland, Berlin [Ost], 7. März 1959 — Beileie).

  203. Schon 1921 war die erste Forderung der Kommunistischen Arbeitsgemeinschaft Paul Levis: „Völlige materielle Unabhängigkeit von der Kommunistischen Internationale." (Unser Weg, Hrsg. Paul Levi, Heft 15, Dezember 1921, S. 415).

  204. StA Bremen, II A 12 a, Bd. 9, Bl. 77.

  205. „Wir rechneten es uns als Plus aus, daß der Bezirk Berlin-Brandenburg finanziell auf eigenen Füßen stand. Eines Tages hörte ich vage, es werde uns verübelt, daß wir keine Zuschüsse vom ZK in Anspruch nahmen. Ich hielt das für einen der üblichen parteiinternen Witze. Erst sehr viel später begriff ich allmählich, daß unsere Unabhängigkeit ein weit größerer Verstoß gegen die . Parteidisziplin war als diese oder jene politische Differenz." (Mitt. von Theodor Koegler an den Vers.)

  206. Mitteilungsblatt für den Parteiarbeiter. KPD-Opposition (Linke Kommunisten), Hannover, Nr. 33, vom 16. November 1926.

  207. Auf die Tätigkeit dieser illegalen Apparate, die noch immer weitgehend im Dunkel liegt, kann hier nicht eingegangen werden.

  208. Nach § 34 des Komintern-Statuts konnten Parteitage der Sektionen „nur mit Zustimmung des EKKI einberufen" werden (Programm, a. a. O., Anm. 151, S. 99). Hinweise für die direkte Anleitung der Abteilungen finden sich in: Der deutsche Kommunismus, Köln 1963, S. 213 f., und Weber, Die Kommunistische Internationale, Hannover 1966, S. 108 ff.

  209. W. I. Lenin, Ausgewählte Werke, Bd. 8, Moskau-Leningrad 1935, S. 381.

  210. Bericht über den III. (8.) Parteitag, Berlin 1923, S. 277.

  211. Freiheit vom 19. Mai — Soz. Republik vom 10. Dezember 1924.

  212. RF vom 28. Januar 1927.

  213. Joseph Lenz-Winternitz, Was wollen die Kommunisten?, Berlin 1927, S. 56.

  214. Die Kommunistische Internationale vom 13. März 1929, S. 538.

  215. Hamburger Volkszeitung vom 22. Mai 1926.

  216. Wests. Kämpfer vom 3. und 7. März 1927. Bericht, a. a. O. (Anm. 197), S. 11 u. 268.

  217. Protokoll des 12. Parteitags der KPD, Berlin 1929, S. 12 u. 28.

  218. Nur an Randerscheinungen der sowjetischen Politik konnte die KPD noch Kritik üben. Als die Frau Litwinows im Berliner Tageblatt einen Artikel, „Berlin, wie es der Fremde sieht", veröffentlichte, nannte die Rote Fahne das einen „Skandal", beschimpfte Frau Litwinow als „Sonntagsdämchen'und hoffte, daß die „KPdSU die richtige Antwort auf dieses Parasitentum finden wird" (RF vom 4. Juni 1924).

  219. Freiheit vom 4. Juni 1924.

  220. Thalheimer, a. a. O. (Anm. 192), S. 6.

  221. Kommunistische Politik, Nr. 5 von Ende Mai 1926.

  222. Inprekorr, Nr. 72 vom 12. Mai 1926, S. 1143 (Manuilski). — Die Kommunistische Internationale vom 25. Oktober 1926, S. 238.

  223. So der KPD-Funktionär Hans König gegen den oppositionellen Landtagsabgeordneten Jakob Ritter. König betonte: „Die Sowjetunion ist die Hüterin der Weltrevolution" (StA Bremen, IV 31, Bd. 2).

  224. Inprekorr, Nr. 54 vom 9. April 1926, S. 770.

  225. Wests. Kämpfer vom 21. August 1926.

  226. RF vom 25. Februar 1927 — Wests. Kämpfer vom 28. Februar und 1. März 1927 — vgl. auch: Die Komintern und der Krieg, Hamburg-Berlin 1928.

  227. Die Kommunistische Internationale vom 12. Septemberg 1928, S. 2283.

  228. Klassenkampf, Halle, vom 3. Mai 1929.

  229. Wests. Kämpfer vom 8. Mai 1929. Die Rote Fahne hatte schon am 27. Januar 1927 geschrieben: „Die SPD droht mit Interventionskrieg". Seit Ende 1928 warf sie der sozialdemokratisch geführten Regierung Hermann Müller Kriegsvorbereitungen gegen die Sowjetunion vor.

  230. „Schafft überall Antikriegskomitees zur Verteidigung der Sowjetunion!" forderte der Parteiarbeiter, Nr. 8, August 1929. An die KPD-Mitglieder richtete sich der Appell: „Alles in den Dienst der Partei!" (Wests. Kämpfer vom 8. Mai 1929). Auf dem XII. Parteitag wurden die Versöhnler beschuldigt, durch ihre Fraktionstätigkeit die Verteidigung der Sowjetunion vor einem Kriege zu sabotieren.

  231. RF vom 10. Oktober 1923.

  232. Mitt. von Max Rudert an den Vers.

  233. Die Rote Fahne stellte die Berichterstattung über den 14. Parteitag der KPdSU unter den Titel: „Genosse Stalin über unsere Aufgaben" (RF vom 20. Mai 1925).

  234. Freiheit vom 13. Februar 1925.

  235. J. W. Stalin, Werke, Bd. 7 (1924), Berlin (Ost) 1952, S. 34. Es handelt sich um ein Interview Stalins mit Wilhelm Herzog. In Bd. 7 der „Werke" ist es unvollständig abgedruckt, vgl. dazu „Forum" vom 2. November 1928 und Der deutsche Kommunismus, a. a. O. (Anm. 210), S. 214 ff.

  236. Maslow hatte sich bei Stalin wegen dessen Interview mit Herzog (vgl. Anm. 237) beschwert (Herzog galt als „rechter" Kommunist). Stalin antwortete Maslow am 28. Februar 1925 (dieses Schreiben ist in den Werken Bd. 7, a. a. O., S. 36 f. abgedruckt, allerdings als „Brief an Genossen Me—rt"). Der Brief war konziliant, denn Stalin versuchte damals, Maslow für seine Fraktion zu gewinnen. Der volle Wortlaut des Stalin-Briefes findet sich bei Ruth Fischer, Stalin und der deutsche Kommunismus, S. 351. In Bd. 7 der „Werke" fehlt der „heiße Wunsch" Stalins, Maslow möge bald aus dem Gefängnis befreit werden. Anscheinend wurde der Passus weggelassen, um die Identität des Adressaten zu verschleiern. Vgl. auch Spartakus, Nr. 3 vom Dezember 1926.

  237. Aus einem Diskussionsartikel von Postgate gegen Souvarine. Die Kommunistische Internationale, 1927, S. 245.

  238. Wests. Kämpfer vom 8. April 1926 — Protokoll der Sitzung des Erweiterten EKKI, März—April 1926, S. 633.

  239. Der Wests. Kämpfer vom 3. August 1927 z. B. erschien unter der riesigen Schlagzeile: „J. Stalin: Der drohende Krieg."

  240. J. W. Stalin, Hamburg-Berlin 1930, S. 8 f. (Vorwort von Heinz Neumann).

  241. Lenin, Ausgewählte Schriften, München 1963, S. 984 f.

  242. Funktionär-Organ. Monatsblatt der KPD, Bezirk Nordwest, Bremen, Nr. 2, April 1927.

  243. Wests. Kämpfer vom 19. Mai 1926.

  244. Inprekorr, Nr. 8 vom 20. Januar 1924, S. 70 f. (Trotzki, Der neue Kurs).

  245. Spartakus, Nr. 15 vom November 1927.

  246. Hans Tittel in einem Brief an das EKKI. Volks-wille vom 3. November 1928. Die Kritik der rechten Kommunisten wurde durch ihre politische Fehleinschätzung abgeschwächt: sie glaubten noch Anfang Januar 1929, es sei keine Krise in Sicht (Gegen den Strom vom 12. Januar 1929).

  247. Volkswille vom 24. August 1928.

  248. Der Kommunist (linke Opposition, trotzkistisch). Nr. 1 vom 1. April 1930.

  249. O. Kuusinen, 20 Jahre Kommunistische Internationale. Rundschau über Politik, Wirtschaft und Arbeiterbewegung, Basel, vom 16. März 1939, S. 390.

  250. Sigmund Neumann, Die deutschen Parteien. Wesen und Wandel nach dem Kriege, Berlin 1932, S. 91 f.

  251. Die Aufgaben der Roten Hilfe Deutschlands, Berlin o. J. (1925), S. 7.

  252. Sitzung der Süddeutschen Nachrichtenstellen am 26. 7. 1924, Bay. HStA München, M. Inn. 71 490.

  253. Im Wahlkreis Öberbayern-Schwaben gingen die KPD-Stimmen von 8, 6 °/o auf 6, 0 °/o zurück, in Franken von 6, 1 % auf 3, 7%, im Wahlkreis Breslau von 6, 3% auf 3, 0 %, in Liegnitz von 6, 0% auf 3, 3%, Weser-Ems von 7, 8% auf 4, 6 %, Osthannover von 7, 0 % auf 4, 5 %, Westfalen-Süd von 21, 9 % auf 12, 1 % usw. (Milatz, a. a. O., S. 108).

  254. Staatsminister Stötzel in der Ministerratssitzung vom 23. 1. 1925. Geh. StA München, 1943— 454.

  255. Justizminister Hergt verlangte in der Sitzung vom 7. Juli 1927, die Regierungsparteien müßten einen Amnestie-Antrag ablehnen und einem Antrag des Oberreichsanwalts zustimmen, die Immunität der KPD-Abgeordneten aufzuheben, die wegen der Vorgänge 1923 vor Gericht gestellt werden sollten. Außenminister Stresemann stimmte ihm zu, Reichs-kanzler Marx machte dann die erwähnten Ausführungen, er wies auch darauf hin, daß die Delikte schon längere Zeit zurücklägen, schloß sich dann aber doch „bei Würdigung aller Umstände" dem Justizminister an (BuA Koblenz, Reichskanzlei, KPD, Bd. 9. - Vgl. auch: Kabinettsprotokolle. National Archive of the United States. A Microfilm Publication. T 120, R. 1844, D. 773091- 95).

  256. Das bayerische Staatsministerium des Äußeren zu einer KPD-Interpellation im Reichstag. Geh. StA München, 103 550.

  257. M. Liepmann, Kommunistenprozesse. Ein Rechtsgutachten, München o. J. (1928), S. 10.

  258. Nach den Ereignissen des 1. Mai 1920 in Berlin wurde der RFB verboten. Der preußische Innenminister wollte damals auch die Kommunistische Partei verbieten, doch riet der Reichsinnenminister davon ab, „weil ein solches Verbot nicht durchführbar und infolgedessen ein Fehlschlag sei“ (BuA Koblenz, Reichskanzlei, KPD, Bd. 10).

  259. Referentenmaterial zum VI. Weltkongreß. StA Koblenz, 403/16 768.

  260. W. Zeutschel, Im Dienst der kommunistischen Terrororganisation, Berlin 1931.

  261. Curt Geyer, Der Radikalismus in der deutschen Arbeiterbewegung. Ein soziologischer Versuch, Jena 1923, S. 62, 107.

  262. Geyer, a. a. O., S. 45.

  263. BuA Koblenz, Reichskanzlei, KPD, Bd. 8.

  264. Rundschreiben Nr, 7 der Orgabteilung BL Berlin-Brandenburg vom 12. Januar 1926.

  265. Mahnrufe deutscher Intellektueller. 30 Autoren zur Frage des Kommunismus, Berlin o. J. (1924), S. 7.

  266. Jürgen Kuczynski, Die Geschichte der Lage der Arbeiter in Deutschland 1830 bis in die Gegenwart, Bd. I, Berlin 1947, S. 322.

  267. 1927 hatte die KPD im Bezirk Halle-Merseburg in 54 von 182 Ortsausschüssen des ADGB die Mehrheit. Von den Delegierten des Metallarbeiterverbandes erhielt die SPD 1926 159 Delegierte, 1928 224, die KPD 1926 28 und 1928 40 Delegierte. KPD-Mehrheiten im DMV gab es 1928 in Berlin, Leipzig, Solingen (4016 gegen 1188 SPD) und Remscheid, bereits 1926 in Stuttgart und Eßlingen. Der Einfluß der KPD war vor allem in den Hochburgen der rechten Kommunisten relativ groß, in ganz Deutschland aber doch insgesamt gering (Wests. Kämpfer vom 29. Juni 1926 — Die Internationale, Heft 15 vom 1. August 1927, S. 462 — Die Kommunistische Internationale, Jg. 1927, S. 2144 — Soz. Republik vom 3. Juli 1928 — Zwei Jahre Arbeit und Kampf. Bericht des ZK der KPD an den 12. Parteitag. Berlin 1929, S. 226 f. — Der rote Kurier. Mitteilungsblatt. Linke Opposition der KPD, Nr. 5, Oktober 1932).

  268. Vorwärts vom 1. Januar 1925 — Die Leipziger Volkszeitung schrieb noch am 2. März 1927: „Die übriggebliebenen Kommunisten sind gezwungen, sozialdemokratische Politik zu machen und für zwei sozialdemokratische Parteien ist historisch eine Existenz nicht vorhanden."

  269. Vorwärts Nr. 79 vom 17. Februar 1926.

  270. Heinz Neumann, Maslows Offensive gegen den Leninismus, Berlin 1925, S. 5.

  271. Lagebericht vom 17. Mai 1925. StA Münster, I P 541 — Auch im Januar 1926 meldete die IA der Berliner Polizei, die KPD sei durch die internen Schwierigkeiten sowie die „ungeheure Finanznot" nicht schlagkräftig (BuA Koblenz, Reichskanzlei, KPD, Bd. 7).

  272. Kommunistische Politik, Nr. 4, Mitte Mai 1926.

  273. 1926 wurden die Ortsgruppen Schiffbek, Münster, Hannover, Mönchen-Gladbach, Neuß, Köslin und Ickern aufgelöst bzw. durch Neuregistrierung umgebaut. Anfang 1927 gab es nur noch linke Mehrheiten in Senftenberg, Forst, Rathenow. Mitteilungsblatt (Urbahns), Nr. 1, Januar 1927.

  274. Gegen den Strom vom 5. Januar 1929.

  275. Joseph Lenz, Was wollen die Kommunisten?, Berlin 1927, S. 56.

  276. Auf dem X. Parteitag 1925, von dem die Komintern später sagte, er sei politisch tot gewesen, waren von 170 Delegierten 142 Betriebsarbeiter. Auch die I. Parteikonferenz, die wenige Wochen später praktisch gegen den Parteitag auftrat, wurde von 165 Arbeitern und nur 27 hauptamtlichen Funktionären beschickt (Bericht über den X. Parteitag der KPD, Berlin 1926, S. 770 — Die Kommunistische Internationale, Heft 2, Februar 1926, S. 125).

  277. Das erklärte wenigstens teilweise, warum die Führung auf den Parteitagen für ihre Vorstellungen immer eine Mehrheit fand. Nur nach großen Erschütterungen (1923) oder dem Eingreifen der Komintern (1925, 1928) konnten die Führungsgremien bzw.deren Beschlüsse geändert werden.

  278. Bucharin entrüstete sich mit diesen Worten gegen die Ortsgruppe Münster, die in einer Entschließung für Scholem und Rosenberg eingetreten war (Die Kommunistische Internationale, Heft 3, 1926, S. 282).

  279. Bericht über den III. (8.) Parteitag der KPD, Berlin 1923, S. 333.

  280. Der neue Kurs, Berlin 1925, S. 26.

  281. Mist, der IA Berlin, September 1925. StA Bremen, IV 13h, Bd. 1.

  282. Clara Zetkin schrieb an den IX. Parteitag 1924: „Die linke Mehrheit vereinigt brüderlich reichlich KAPisten, Antiparlamentarier . . . sogar Reformisten und neuerdings — faschistische Antisemiten . . ." (Bericht über den IX. Parteitag der KPD, Berlin 1924, S. 93). Der Vertreter der Brandlergruppe auf dem Parteitag konstatierte: „Wir haben bereits vereinzelte antisemitische Unterströmungen in der Partei" (a. a. O., S. 289).

  283. Mitt. von Prof. Ackerknecht, demgegenüber Scholem diese Äußerung machte, an den Vers. Tatsächlich wurde bei den Intellektuellen, die keine Juden waren und die Parteilinie vertraten, kaum auf ihren Akademiker-Status verwiesen (Edwin Hoernle, Dr. Hermann Duncker, Philipp Dengel, Ernst Schneller usw.), eine antisemitische Grund-stimmung war also nicht zu übersehen. Der KPD-Funktionär Eisenberger schrieb 1924 aus Moskau, „die frechen Judenbengel Ruth (Fischer), Katz und Scholem“ würden bald abwirtschaften (Gegen den Strom vom 24. Juli 1929).

  284. Karl Liebknecht, Politische Aufzeichnungen aus seinem Nachlaß. Geschrieben in den Jahren 1917 bis 1918. Unter Mitarbeit von Sophie Liebknecht, herausgegeben mit einem Vorwort und mit Anmerkungen von Franz Pfemfert, Berlin 1921, S. 27 f.

  285. Walter Rist, Die innere Krise der KPD. Neue Blätter für den Sozialismus, Heft 3, März 1932, S. 145.

  286. Rist, a. a. O., S. 145.

  287. F. Brandt, Syndikalismus und Kommunismus, Hrsg. KPD (Spartakusbund), o. O. August 1919, S. 8 f.

  288. Die Reichstagsfraktion der deutschen Sozialdemokratie 1898 bis 1914, bearbeitet von Erich Matthias und Eberhard Pikart, Erster Teil, Düsseldorf 1966, S. CXXV, CXXXIV.

  289. Max Tobler, Der revolutionäre Syndikalismus, Zürich 1919, S. 13.

  290. Hermann Teistler, Der Parlamentarismus und die Arbeiterklasse, Berlin 1892, S. 4, 47.

  291. Der Gründungsparteitag der KPD. Protokoll und Materialien, hrsg. u. eingeleitet von H. Weber, Frankfurt/Main 1969.

  292. A. a. O.

  293. A. a. O.

  294. Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Chronik, Teil II, 1917— 1945, Berlin (Ost) 1966, S, 16, 68 f., 73.

  295. Bericht über den 2. Parteitag der KPD, o. O. u. J. (1919), S. 63.

  296. Bericht über den 4. Parteitag der KPD, o. O. u. J. (1920), S. 64.

  297. Lenin, Ausgewählte Schriften, München 1963, S. 1031.

  298. Der II. Kongreß der Kommunistischen Internationale. Protokoll der Verhandlungen, Hamburg 1921, S. 470 f.

  299. „Die Wahlkampagne selbst soll nicht im Geiste der Jagd auf eine Höchstzahl von Parlamentsmandaten geführt werden, sondern im Geiste revolutionärer Mobilisierung der Massen für die Losungen der proletarischen Revolution" (Der II. Kongreß ..., a. a. O., Anm. 300, S. 81).

  300. StA Bremen. VI 79, 6.

  301. Die KAP war gegen jede Wahlbeteiligung. „Wir wählen nicht, denn Wahlagitation und Parlamentarismus hemmen und stören ... die Steigerung der proletarischen Aktivität" (Kommunistische Arbeiterzeitung, Nr. 96, 1920). „Demokratischer Parlamentarismus ist Arbeitsgemeinschaft, alle Macht den Räten ist Klassenkampf, ist Revolution!" (Nieder mit dem bürgerlichen Parlament. Alle Macht den Räten, Hrsg. KAP, 2. Ausl. o. O. u. J. (1924).

  302. Referentenmaterial. Disposition für eine Wahlrede im Reichstagswahlkampf Herbst 1924, Hrsg. Zentrale der KPD, Berlin, 29. Oktober 1924, S. 5f.

  303. Verhandlungen des Reichstags. Sten. Berichte. Bd. 381, 1. — 5. Sitzung. — Soz. Republik vom 30. Mai 1924 —• Niedersächsische Arbeiter-Zeitung vom 29. Mai 1924 — Deutscher Reichsanzeiger 126 vom 28. Mai 1924.

  304. A. a. O. — Die KPD im eigenen Spiegel, Hrsg. KAP, Berlin 1926, S. 155.

  305. Freiheit vom 23. Mai 1924.

  306. Protokoll. Erweiterte Exekutive der Kommunistischen Internationale. Februar-März 1926, Hamburg-Berlin 1926, S. 465).

  307. RF vom 4. Dezember 1925. Die wichtigste KPD-Broschüre zum Volksentscheid war: Paul Frölich, Keinen Pfennig den Fürsten!, o. O. u. J., 400. — 600. Tausend.

  308. Auch im preußischen Harburg-Wilhelmsburg hatten SPD und KPD im September 1927 die Mehrheit bekommen. Am 17. Oktober bot die KPD der SPD Unterstützung an. Es kam zu Verhandlungen zwischen KPD, SPD und Gewerkschaften, aber wie in Hamburg zerschlug sich der Plan.

  309. Hamburger Volkszeitung vom 12. Oktober 1927.

  310. Hamburger Volkszeitung vom 25. Oktober 1927 -— Die SPD behauptete, der Kommunist Stahmer habe in einer KPD-Versammlung gesagt: „Die KPD kann nicht in die Regierung gehen; wenn sie es tut, ist sie politisch erledigt. Unsere Mitglieder werden dann in Scharen zur SPD übertreten und wir könnten unseren Konkurs anmelden. Das einzige, was uns heute noch von der SPD trennt, wäre dann verschwunden und wir hätten alle Daseinsberechtigung verloren" (Sozialdemokratische Parteikorrespondenz für die Jahre 1923— 1928, Berlin 1930, S. 395).

  311. Hamburger Volkszeitung vom 3. November 1927.

  312. Handbuch der kommunistischen Reichstagsfraktion. 21 Monate sozialdemokratische Koalitionspolitik. 1928- 1930, Berlin 1930, S. 39.

  313. StA Bremen, II A 12 b 9 Bd. 1. - Bereits im November 1928 hatte das ZK bestimmt, daß auch in Kommunalvertretungen mit sozialdemokratisch-kommunistischer Mehrheit die kommunistische Fraktion nur für kommunistische Kandidaten stimmen dürfe. „Auch dort, wo es zur Stichwahl zwischen Bürgerlichen und Sozialdemokraten kommt, stimmen wir für unseren Kandidaten" (StA Bremen, 13 i, Bd. 2).

  314. StA Bremen, II A 12 b 9 Bd. 1.

  315. Im Auswärtigen Ausschuß beantragte die KPD am 2. Dezember 1930, das Verbot des RFB aufzuheben. Am 18. Dezember verlangten die Kommunisten, Deutschland solle aus dem Völkerbund austreten und alle Zahlungen, die aus dem Versailler Vertrag herrührten, einstellen. Zwar unterstützten Deutschnationale und NSDAP die letzteren Anträge, doch lehnte die Ausschußmehrheit sie ab (Geh. StA München, 103 543).

  316. Geh. StA München 104 326.

  317. Verhandlungen des Reichstags. Sten. Berichte, Bd. 381, S. 829.

  318. A a. O.. Bd. 388, S. 4637.

  319. So in den Sitzungen des Auswärtigen Ausschusses am 26 August und 7 Oktober 1926 (Geh StA München 103 542)

  320. Im Haushaltsausschuß stimmten im Juni und Juli 1925 die KPD-Vertreter (Büchs, Baumgärtner, Aschenbrenner und Mager) einer Reihe von Regierungsvorlagen zu oder enthielten sich der Stimme (Archiv des bayerischen Landtags, Nr. 1532).

  321. Im Mai 1927 nahm der Haushaltsausschuß (und auf dessen Vorschlag später der Landtag) ein von den KPD-Vertretern Büchs und Baumgärtner eingebrachten Antrag an, die Arbeitsschutzbestimmungen besser zu überwachen, ebenso brachte die KPD Anträge über bessere Bestimmungen für Erwerbslose und zu Fragen der Tarife durch (Archiv des bayerischen Landtags, Nr. 1761, Haushalt. Soziale Fürsorge 1927/28 Verhandlungen des bayerischen Landtags Stenogr Berichte, VI Bd S 995)

  322. Verhandlungen des bayerischen Landtags Sten Berichte II Bd., S. 246 ff. (44. Sitzung vom 18. Februar 1925).

  323. A a O S 251

  324. Archiv des bayerischen Landtags, Nr. 16201. Haushalt des Staatsminist. für Unterricht und Kultus 1925/26, 124. Sitzung des Haushaltsausschusses am 30. Januar 1926. In den öffentlichen Verhandlungen trat auch Mager weitaus schärfer auf, er wurde mehrmals zur Ordnung gerufen (Verhandlungen des bayerischen Landtags, IV. Bd., S. 905 ff., Sitzung vom 11. März 1926).

  325. Archiv des bayerischen Landtags, Nr. 1848 (Antrag Büchs. Sitzung des Verfassungsausschusses vom 21. Januar 1927).

  326. Das wurde im bayerischen Landtag deutlich. Mager war nicht mehr aufgestellt, Abgeordnete wie Schaper traten auch in c Schüssen scharf gegen die anderen Parte Nach den Austritten von Aschenbrenner ui aus der KPD verlor die Partei im LanFraktionsstärke, sie war dann nicht mehl Ausschüssen vertreten.

  327. Rosenberg, a. a. O., S. 450.

  328. Walter Rist, Der Weg der KPD. Neue Blätter ür den Sozialismus, Heft 2, Februar 1932, S. 83.

  329. Neumann, a. a. O., (Anm. 252), S. 89.

  330. Einheit, Berlin (Ost), Sonderheft August 1962 und Sonderheft September 1962. Vgl. auch: Grundriß der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Berlin (Ost), 4. Ausl. 1963.

  331. Vgl. dazu: E. Schrapler/N. Skrzypczak/S. Bahne/G. Kotowski, Grundriß der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Kritik einer Legende, Sonderdruck aus dem Jahrbuch für die Geschichte Mittel-und Ostdeutschlands, Berlin (West) 1964. — H. Weber, Ulbricht fälscht Geschichte. Ein Kommentar mit Dokumenten zum SED-„Grundriß der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung", Köln 1964.

  332. Einheit, a. a. O. (Anm. 332), S. 119.

  333. J. W. Stalin, Werke, Bd. 8, Berlin (Ost) 1953, S. 98.

  334. U. a. erschienen in den letzten Jahren: M. Teißbecker, Die KPD im Kampf gegen die faschiische Diktatur in Thüringen 1935, phil. Diss., na 1962. — W. Fritsch, Der Kampf des Roten ontkämpferbundes gegen Faschismus, Militarisus und Kriegsgefahr in Thüringen, phil. Diss., na 1964. — H. I. Krusch, Um die Einheitsfront id eine Arbeiterregierung 1923, phil. Diss., Berlin 164 (veröffentlicht: Berlin [Ost] 1966).

  335. Gerhild Schwendler, Die Politik der KPD gegen-per den werktätigen Bauern während der Periode sr relativen Stabilisierung des Kapitalismus — irgestellt an Ereignissen im Erzgebirge, 3 Bd., ail. Diss., Leipzig 1964. — Irma Winter, Beitrag ir Geschichte der Gesundheitspolitik der KPD in er Weimarer Republik, phil. Diss., Berlin 1965.

  336. Dagmar Die Geschichte des Verbandes ar ausgeschlossenen Bauarbeiter, phil. Diss., Leipg 1964.

  337. Norbert Madloch, Der Kampf der KPD 1925/26 egen den Pakt von Locarno und für eine friedehe und demokratische Außenpolitik in Deutschind, phil. Diss., Berlin 1964.

  338. A. a. O„ Bd. 2, S. 259.

  339. Ruth Fischer und Maslow sind für ihn Ultranke, Thälmann dagegen ein Linker. Ein Beispiel ir die Diktion Madiochs: „Erfüllt von Haß gegenber der Arbeiter-und Bauern-Macht in der Sogetunion versuchten Ruth Fischer, Maslow, Rosenerg, Katz und andere Ultralinke im Frühjahr 1925 sic! H. W.), ihre antikommunistische Politik (sic!) erstärkt zu propagieren .. ." (S. 29).

  340. H. Titzmann, Der Kampf des Thälmannschen Zentralkomitees um Anwendung die der materialistischen Dialektik bei der Analyse der Periode der relativen Stabilisierung des Kapitalismus in Deutschland — notwendiges Element zur Durchsetzung der marxistisch-leninistischen Theorie in der KPD, phil. Diss., Berlin 1965. — D. Uhlig, Marxistisch-leninistische Philosophie und relative Stabilisierung, phil. Diss., Leipzig 1965.

  341. Ingeborg Hildebrandt, Der Kampf der KPD gegen den Revisionismus der Ultralinken zu Beginn der relativen Stabilisierung des Kapitalismus in Deutschland — eine schöpferische Anwendung der marxistisch-leninistischen Philosophie, phil. Diss., Berlin 1966.

  342. A. a. O., S. 19 u. 22.

  343. Wilhelm Ersil/Ernst Laboor, Die Parteidiskussion im September—Oktober 1925 und ihre Bedeutung für die marxistisch-leninistische Entwicklung der KPD, in: Beiträge zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Berlin (Ost), 8. Jg. Heft 4, 1966, S. 595 ff. Ein dort angekündigter weiterer Artikel (a. a. O., S. 617), ist bisher nicht erschienen.

  344. A. a. O., S. 597.

  345. Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, hrsg. vom Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED, Band 1— 8, Dietz Verlag, Berlin (Ost) 1966.

Weitere Inhalte

Hermann Weber, Dr. phil., Mitglied des Instituts für Sozialwissenschaften der Universität Mannheim, geb. 23. August 1928 in Mannheim. Veröffentlichungen u. a.: Schein und Wirklichkeit in der DDR, Stuttgart 1958; Von Rosa Luxemburg zu Walter Ulbricht, Hannover 1961; Ulbricht fälscht Geschichte, Köln 1964; Konflikte im Weltkommunismus, München 1964; Die Kommunistische Internationale, Hannover 1966; Von der SBZ zur DDR 1945 bis 1968, Hannover 1968. Herausgeber von: Der deutsche Kommunismus. Dokumente, Köln—Berlin 1963; Lenin, Ausgewählte Schriften, München 1963; Lenin, Aus den Schriften 1895— 1923, München 1967; Der Gründungsparteitag der KPD. Protokoll und Materialien, Frankfurt/Main 1969.