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Das sowjetische Wiedervereinigungsangebot vom 10. März 1952 Versäumte Chance oder trügerische Hoffnung? | APuZ 50/1969 | bpb.de

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APuZ 50/1969 Das sowjetische Wiedervereinigungsangebot vom 10. März 1952 Versäumte Chance oder trügerische Hoffnung? Berufsbildung und Erwachsenenbildung in beiden Teilen Deutschlands

Das sowjetische Wiedervereinigungsangebot vom 10. März 1952 Versäumte Chance oder trügerische Hoffnung?

Jürgen Weber

1. Aktualität der Frage

Wolfgang Bergsdorf: Berufsbildung und Erwachsenenbildung in beiden Teilen Deutschlands............... S. 31

Je länger die Teilung Deutschlands andauert und in je weitere Ferne die Wiedervereinigung der beiden entstandenen Staaten mit unterschiedlichen Gesellschaftsordnungen rückt, um so stärker wird der Zeitgenosse das Verlangen spüren, die Politik der Vergangenheit kritisch zu überprüfen, getrieben von dem Gefühl, daß es vielleicht doch einmal eine Wiedervereinigungschance gegeben habe. Nun sind die Teilungen von Staaten als Ergebnis und Ausdruck antagonistischer Machtinteressen und das Verlangen der getrennten Völker nach Wiedervereinigung Erscheinungsformen der internationalen Beziehungen, die sich nicht allein im zwanzigsten Jahrhundert beobachten lassen (man denke nur an die polnische Frage die allerdings erst nach 1945 in Korea, Vietnam und Deutschland ihre vorläufig charakteristischste Ausprägung erhielten.

Gerade in Deutschland, wo sich der Ost-West-Gegensatz in aller Schärfe kristallisierte, trat diese widersprüchliche Situation besonders zutage. Während sich die Siegermächte im Potsdamer Abkommen von 1945 verpflichtet hatten, Deutschland als wirtschaftliche Einheit zu behandeln und gemeinsam zu verwalten, brachen gerade über die Fragen der praktischen Ausführung dieser Bestimmungen die latent vorhandenen Gegensätze zwischen der Sowjetunion und den Westmächten hervor und bewirkten in ihrem Gefolge die Spaltung des besiegten Staates. Zugleich verkündeten aber beide Lager ihren Willen, eine Politik der Wiedervereinigung zu betreiben, dem dann die Politik der „Wiedervereinigung auf friedlicher und demokratischer Grundlage" der DDR und der „Wiedervereinigung in Frieden und Freiheit" der Bundesrepublik entsprachen. Alle erklärten die Beseitigung der deutschen Teilung zu ihrem wichtigsten Ziel, doch die Wiedervereinigung kam nicht zustande.

Als Chruschtschow 1955 zum erstenmal in aller Deutlichkeit von den beiden deutschen Staaten sprach und darlegte, die DDR werde nicht auf ihre sozialen und politischen Errungenschaften verzichten schien dies ein Beweis dafür zu sein, daß sich die sowjetische Deutschland-politik grundlegend verändert hatte und daß sie zuvor bereitwilliger gewesen war, auf die deutschen Interessen einzugehen. In desto hellerem und vielversprechenderem Licht erschien daher und erscheint auch heute manchen Beobachtern die sowjetische Märznote des Jahres 1952, in der die Sowjetregierung den Westmächten ein Angebot zur Wiedervereinigung Deutschlands unterbreitete.

Eine Untersuchung über die Bedeutung dieser Note, die ja eine der Grundfragen deutscher Außenpolitik berührt, rechtfertigt sich nicht nur aus rein historischem Interesse, das überdies erst in einigen Jahrzehnten völlige Gewißheit über alle Zusammenhänge erlangen wird, sondern vor allem aus der Überlegung heraus, daß diese Frage allzu leicht einer emotionsgeladenen Betrachtungsweise unterworfen ist. Die Aufgabe der Politikwissenschaft muß es daher sein, die ganze Problematik dieser Frage in allen ihren Aspekten aufzudecken, damit nicht später einmal die „terribles simplificateurs" aus längst Vergangenem eine politische Waffe schmieden, deren Konsistenz nicht in Fakten, sondern in Gefühlen ruht. Auch ein kritisch Urteilender, der zu einem negativen Ergebnis kommt, sollte sich davor hüten, die Vergangenheit nur im milden Glanz der Problemlosigkeit zu sehen; er sollte sich vielmehr die Mehrdeutigkeit jeder wirklich politischen Situation in Erinnerung rufen und mit in sein Urteil einbeziehen.

Nicht nur die Publizistik und Literatur beschäftigten und beschäftigen sich angelegentlich mit der Märznote, auch der deutsche Bundestag griff dieses Thema Jahre später wieder auf.

In der außenpolitischen Debatte vom 23. Januar 1958 beschworen Thomas Dehler und Gustav Heinemann jenen denkwürdigen Schritt Stalins. In seiner sehr stürmisch verlaufenden Rede warf Dehler Bundeskanzler Adenauer vor, er habe alles getan, um die Wiedervereinigung zu verhindern und er habe nie den Willen zur Einheit besessen. Bei seiner Abrechnung mit der Adenauerschen Außenpolitik seit 1949 kam er auch auf die sowjetische Märznote und ihre damalige Aufnahme durch die Regierung zu sprechen. Auf ihrer Basis sei eine „Verhandlungsmöglichkeit" gegeben gewesen. Stalin habe gesamtdeutsche freie Wahlen unter Viermächtekontrolle, Freiheit der Presse, Friedensvertrag, Abzug aller Truppen, nationale Bewaffnung, Rüstungsproduktion mit bestimmten Einschränkungen angeboten, er sei bereit gewesen, als Preis für den Verzicht auf die Europäische Verteidigungsgemeinschaft und die deutsche Zugehörigkeit zu irgendeiner Militär-allianz die Wiedervereinigung zuzugestehen. Doch Adenauer hätte es am Willen gefehlt, das Mögliche zu tun und eine Chance zu ergreifen Heinemann, der Adenauers Rücktritt forderte, erinnerte seinerseits daran, daß der Bundeskanzler beim Bekanntwerden der Note diese als belanglos bezeichnet und davon gesprochen hätte, der Westen müßte erst stärker werden, bevor man in Verhandlungen eintreten könnte. „Eine ungewöhnlich verheerende Parole, verheerend, weil sie in einer tükkischen Weise das Richtige und das Falsche miteinander vermengte", meinte Heinemann, sei die Parole gewesen: „, Zuerst freie Wahlen!'— Gewiß, freie Wahlen wollen wir alle. Aber zu sagen . zuerst'— das mußte genau den Weg zu diesen Wahlen verschließen." Die Politik der eingebildeten Stärke habe das Spiel der Sowjetunion die eigenen gespielt und Chancen verhindert; dies sei eine historische Schuld.

Auf die hier aufgeworfenen Probleme wird an anderer Stelle eingegangen werden. Es geht uns zunächst nur darum zu zeigen, daß . die Frage nach wie vor aktuell ist und nach einer leidenschaftslosen Klärung verlangt. Paul Sethe, der in starkem Maße zur Diskussion um die Sowjetnote beigetragen hat, vermittelt uns sehr plastisch die quälenden Zweifel, ob es 1952 nicht doch zu einem Wendepunkt in der deutschen Geschichte hätte werden können. Er schreibt in einem Leitartikel der „Welt" vom 6. Juni 1956 u. a. : „Noch einmal steigen wie quälende Schatten die Erinnerungen an die Jahre zwische Juni 1956 u. a. : „Noch einmal steigen wie quälende Schatten die Erinnerungen an die Jahre zwischen 1952 und 1954 herauf. Damals erklärten die Russen, daß sie um der internationalen Entspannung willen bereit seien, den Preis der Wiedervereinigung zu bezahlen.

Jahrelang nannten sie, anders als heute, als Bedingung nur die eine, daß Gesamtdeutsch-land eine militärische Stellung zwischen den Machtblöcken einnehmen müsse. Damals dachte man in peinigender Sorge immer wieder an Bismarcks Wort von dem Rauschen des Mantels, mit dem Gott durch die Geschichte schreite, und an die Aufgabe des Staatsmannes, den Zipfel des Mantels zu ergreifen. Nun ist die Gunst der Stunde vorbei. Die Russen haben die Wasserstoffbombe, sie haben die Raketen, die über die Erdteile hinwegsausen, sie haben eine glänzende internationale Stellung;

anstatt daß sie über den Bug zurückgeworfen worden wären, ist ihre Diplomatie bis zum Nil vorgedrungen. In solcher Lage wollen sie Preise nicht mehr zahlen, in die sie einstmals einzuwilligen versprachen. Die Lage ist düsterer geworden, als sie seit langem war. Aber es ist gut, daß wir es wissen. Helfende Überlegung, rettende Entschlüsse sind nur dem möglich, der seine Wünsche nicht mit der Wirklichkeit verwechselt." 5)

Auch in jüngster Zeit war wieder vpn jener Note die Rede, als Gustav Heinemann in seinem Interview mit der „Stuttgarter Zeitung" ausführte: Adenauer habe in den Jahren 1952/1954 die von sowjetischer Seite unternommenen Anläufe zu einer Regelung auf der Grundlage eines gesamtdeutschen Friedensvertrages mit einer aus freien Wahlen zu bildenden gesamtdeutschen Regierung nicht aufgegriffen 6).

Damit angesichts dieser Streitfrage ein begründetes Urteil abgegeben werden kann, soll zunächst der historische Kontext kurz skizziert werden, in dem der sowjetische Vorschlag zu sehen ist, um dann seine Probleme im einzelnen zu untersuchen.

2. Der historische Hintergrund

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. INHALT Aktualität der Frage Der historische Hintergrund Der Inhalt der Märznote und des anschließenden Notenwechsels Die Interessenlage und die seit praktizierte Politik der Sowjetunion Die Neutralisierung Deutschlands Freie Wahlen sich 1950 Die Ernsthaftigkeit des sowjetischen Angebotes Literatur a) b) c) a) b) c) d) a) b) c) d) a) b) c) d) Interesse — konstituierender Faktor der Politik Ziel des sowjetischen Angebotes Westliche Integrationspolitik und Verhandlungsbereitschaft sowjeti޸

er Notenwechsel zwischen der Sowjetunion ind den Westmächten des Jahres 1952 kann licht isoliert betrachtet und analysiert werden, r muß vielmehr in den politischen Gesamtusammenhang gestellt werden, wie er sich ; eit 1945 im Verhältnis der Siegermächte zu hren Besatzungszonen und der ehemaligen \lliierten untereinander ergeben hat. Die iermächteverwaltung Deutschlands scheiterte in den hartnäckigen Reparationsforderungen ler Sowjetunion und ihren eng damit verbunlenen Versuchen, in den westlichen Besatungszonen wirtschaftlichen und politischen influß (Zentralregierung, Viermächtekontrole des Ruhrgebietes) zu gewinnen, während sie lie eigene Zone abkapselte und in ihr strukurverändernde Maßnahmen einleitete (Bodeneform, Verstaatlichung der Industrie, Fusion ler SPD und KPD zur SED). Auch die Außenninisterkonferenzen der Jahre 1945/47, die inen Friedensvertrag für Deutschland ausirbeiten sollten, blieben erfolglos. Diese nejativen Ergebnisse alliierter Zusammenarbeit waren insgesamt Ausdruck der nicht miteinanler zu vereinbarenden Ziele der Sowjetunion jnd der Westmächte in Europa — eines Gejensatzes, der letztlich in den grundverschielenen Gesellschaftssystemen und in den unerschiedlichen Macht-und Sicherheitsinteressen verankert war.

Jnter dem Eindruck der intransigenten sowjeischen Haltung beschlossen die Westmächte, wenigstens ihre Besatzungszonen zu konsoliiieren. An die Stelle der anfangs praktizierten Politik der wirtschaftlich-politischen Niederaltung Deutschlands traten nun die Bemühunjen, um die wirtschaftlich-politische Stärkung ler westlichen Teile Deutschlands und ihre Einbeziehung in die Verteidigung Westeuropas rasch zu gewährleisten. Während der Wandel der Mächtekonstellation bereits 1946/1947 deutlich wurde (Rede des amerikanischen Außenministers Byrnes vom 6. September 1946 n Stuttgart, Truman-Doktrin vom 12. März 1947, Rede des amerikanischen Außenministers Marshall vom 5. Juni 1947, Gründung des ommunistischen Informationsbüros am 12. September 1947), war die Berlin-Blockade las für alle sichtbare Zeichen des tiefgehenlen Ost-West-Konfliktes. Westdeutschland wurde zum Vorfeld bei der Verteidigung der westeuropäischen Freiheit; auf seinen militärischen Beitrag bei einem etwaigen sowjetischen Angriff konnte nicht verzichtet werden.

Es ist umstritten, ob die sowjetischen Politiker wirklich expansionistische Absichten hatten, die über den osteuropäischen Raum hinausgriffen. Eine Tatsache ist jedoch, daß die Sowjetisierungsmaßnahmen in den osteuropäischen Staaten und die systematische Ausschaltung aller prowestlichen Kräfte in jenen Regierungen (Prager Staatsstreich vom Februar 1948) sowie die erwähnte sowjetische Deutschlandpolitik es den Westmächten geraten erscheinen ließ, sich gegen die denkbare Möglichkeit einer politisch-militärischen Offensive der Sowjetunion zu versichern. Die Frage einer westdeutschen Wiederbewaffnung wurde seit 1948/49 diskutiert und vor allem von amerikanischer Seite ernsthaft erwogen. Diese erste sowjetische Atombombenexplosion 1949, die das Ende des amerikanischen Monopols dieser Waffe bedeutete, trug neben dem Ausbruch des Koreakrieges im Sommer des folgenden Jahres dazu bei, die grundsätzlichen Bedenken gegen eine Bewaffnung Westdeutschlands auf der Seite der Westmächte weitgehend zu zerstreuen.

Es ging jetzt nur noch um die Frage, wie das Erfordernis der Sicherheit durch Westdeutschland mit der Notwendigkeit der Sicherheit vor Deutschland in Einklang gebracht werden konnte. Im Kommunique der New Yorker Außenministerkonferenz (12. bis 18. September 1950) wurde bereits ein westdeutscher Beitrag zur gemeinsamen Verteidigung Europas als „Gegenstand des Studiums und Meinungsaustausches" ausdrücklich erwähnt Am 24. Oktober 1950 schließlich entwickelte der französische Ministerpräsident Rene Pleven vor der Nationalversammlung den Plan einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft, die einerseits das deutsche Potential nutzbar machen und andererseits dem Sicherheitsverlangen vor allem Frankreichs Rechnung tragen sollte. Die deutschen Kontin bis 18. September 1950) wurde bereits ein westdeutscher Beitrag zur gemeinsamen Verteidigung Europas als „Gegenstand des Studiums und Meinungsaustausches" ausdrücklich erwähnt 8). Am 24. Oktober 1950 schließlich entwickelte der französische Ministerpräsident Rene Pleven vor der Nationalversammlung den Plan einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft, die einerseits das deutsche Potential nutzbar machen und andererseits dem Sicherheitsverlangen vor allem Frankreichs Rechnung tragen sollte. Die deutschen Kontingente sollten in eine gemeinsame Europa-Armee integriert werden 9). Es war nun die Aufgabe der deutschen Außenpolitik, für diesen Wehr-beitrag annehmbare Bedingungen auszuhandeln: politische Selbstbestimmung, eine Si-cherheitsgarantie für das Territorium der Bundesrepublik und Gleichberechtigung.

Nicht nur auf militärischem, auch auf wirtschaftlichem und politischem Gebiet bestand von Anfang an für die Bundesrepublik ein enges Junktim zwischen sich ausweitender Selbstbestimmung und stärkerer Bindung an den Westen. Das Streben der Bundesrepublik nach Souveränität und das Verlangen der Westmächte nach Partnerschaft und Kontrolle durch Integration standen in einem funktionalen Verhältnis zueinander. Dies zu betonen, ist wichtig, um die nachfolgenden Reaktionen auf die sowjetischen Angebote einordnen zu können. Die Verhandlungen über den EVG-Vertrag, eng gekoppelt mit dem Deutschland-vertrag, der an die Stelle des seit dem 21. September 1949 in Kraft getretenen und am 6. März 1951 revidierten Besatzungsstatut treten sollte, erwiesen sich als langwierig 10), waren aber schließlich erfolgreich. Im Frühjahr 1952 lagen die Verträge unterschriftsfertig vor. In diesem entscheidenden Augenblick, als die Früchte mühsamer diplomatischer Arbeit des Westens endlich zur Reife gebracht waren, ließ Stalin den Regierungen der Vereinigten Staaten, Englands und Frankreichs seine berühmte Note überreichen

3. Der Inhalt der Märznote und des sich anschließenden Notenwechsels

In ihrer Note 11) schlug die Sowjetregierung den Westmächten vor, die Frage eines Friedensvertrages mit Deutschland zu erwägen und auf einer Konferenz „unter unmittelbarer Beteiligung Deutschlands, vertreten durch eine gesamtdeutsche Regierung", auszuarbeiten.

Einen eigenen Entwurf stellte sie zur Diskussion.

Um das Wiederaufleben des deutschen Militarismus und einer deutschen Aggression zu verhindern, so wurde ausgeführt, sollte ein Friedensvertrag mit Deutschland abgeschlossen werden, der „die Entwicklung Deutschlands als eines einheitlichen, unabhängigen, demokratischen und iriedliebenden Staates in Übereinstimmung mit den Potsdamer Beschlüssen fördern" 12) würde. Die Wiederherstellung der Einheit Deutschlands sollte einhergehen mit dem Abzug aller Besatzungsstreitkräfte, und zwar spätestens ein Jahr nach Inkrafttreten des Friedensvertrages. Deutschland müsse sich verpflichten, „keinerlei Koalitionen oder Militärbündnisse einzugehen, die sich gegen irgendeinen Staat richten, der mit seinen Streitkräften am Krieg gegen Deutschland teilgenommen hat" Dagegen werde es Deutschland gestattet sein, „eigene nationale Streitkräfte (Land-, Luft-und Seestreitkräfte) zu besitzen, die für die Verteidigung des Landes notwendig sind", und eine entsprechende Rüstungsindustrie aufzubauen. In den weiteren Leitsätzen der Sowjetnote heißt es, dem deutschen Volk müßten unterschiedslos die Menschenrechte und Grundfreiheiten, einschließlich der Redefreiheit, der Pressefreiheit, des Rechts der freien Religionsausübung, der Freiheit der politischen Überzeugung und der Versammlungsfreiheit, gewährt werden. Den demokratischen Parteien und Organisationen sei freie Betätigung gestattet, jedoch dürften auf dem Territorium Deutschlands solche Organisationen nicht bestehen, „die der Demokratie und der Sache der Erhaltung des Friedens feindlich sind“ Alle ehemaligen Angehörigen der deutschen Armee, einschließlich der Offiziere und Generäle, sowie die nicht-inhaftierten Nazis sollten in den Genuß der gleichen bürgerlichen und politischen Rechte wie alle anderen Staatsbürger kommen. Schließlich geht, der Entwurf davon aus, daß die Grenzen Deutschlands bereits auf der Potsdamer Konferenz festgelegt worden seien.

Der weitere Notenaustausch kreiste um folgende Themen: Freie Wahlen, Status einer gesamtdeutschen Regierung vor einem Friedensvertrag, Handlungsfreiheit nach dem Friedensvertrag, Verfahrensfragen.

In der Note war zwar von der Bildung einer gesamtdeutschen Regierung, die den Willen des deutschen Volkes ausdrücken sollte, die Rede, freie Wahlen wurden jedoch nicht erwähnt. In ihrer Antwortnote vom 25. März 1952 stellten die Westmächte diese Frage in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen. Eine gesamtdeutsche Regierung könne nur auf der Grundlage freier Wahlen in ganz Deutschland geschaffen werden, deren Voraussetzung, nämlich individuelle und nationale Freiheit des deutschen Volkes, von einer Untersuchungskommission der Vereinten Nationen zuvor überprüft werden müsse.

Diese Frage hatte bereits zuvor die Vereinten Nationen beschäftigt. Auf Anregung der durch die Bundesregierung übermittelten Forderung des Bundestages vom 27. September 1951 hatten die drei Westmächte am 5. November 1951 dem UN-Generalsekretär folgenden Tagesordnungspunkt für die bevorstehende Sitzungsperiode der Vollversammlung unterbreitet: „Einsetzung einer unparteiischen internationalen Kommission unter Aufsicht der Vereinten Nationen zur Durchführung einer gleichzeitigen Untersuchung in der Bundesrepublik Deutschland, in Berlin und in der Sowjetzone Deutschlands, um festzustellen, ob die dort gegebenen Bedingungen die Abhaltung tatsächlich freier Wahlen in allen diesen Gebieten ermöglichen" Am 20. Dezember 1951 nahm die Vollversammlung der Vereinten Nationen mit 45 gegen 6 Stimmen bei 8 Enthaltungen eine Entschließung an, in der die Einsetzung einer UN-Kommission beschlossen wurde, die die Voraussetzungen zur Abhaltung freier Wahlen in Gesamtdeutsch-land überprüfen und diese Voraussetzungen gegebenenfalls in einer Empfehlung ausarbeiten sollte Diese Kommission vertagte sich am 31. Juli 1952 sine die, da ihrer Ansicht nach keine Aussicht auf eine Zusammenarbeit mit den deutschen Behörden in der DDR bestand und sie somit ihre Aufgabe außer in der Bundesrepublik und West-Berlin nicht erfüllen konnte

In ihrer Note wiesen die Westmächte auch darauf hin, daß eine ins einzelne gehende Diskussion über einen Friedensvertrag erst dann sinnvoll und möglich sei, wenn die genannten Voraussetzungen geschaffen und eine freie gesamtdeutsche Regierung gebildet worden sei, die an den Verhandlungen teilnehmen sollte. Die Westmächte lehnten das Koalitionsverbot für den zukünftigen deutschen Staat ab, der gesamtdeutschen Regierung sollte es freistehen, sowohl vor wie nach dem Abschluß eines Friedensvertrages „Bündnisse einzugehen, die mit den Grundsätzen und Zielen der Vereinten Nationen in Einklang stehen". Die Aufstellung von nationalen Streitkräften bezeichneten sie als „einen Schritt zurück".

In ihrer Antwort vom 9. April 1952 griff die Sowjetunion die Wahlfrage auf und bezeichnete die Erörterung der Frage der Durchführung freier gesamtdeutscher Wahlen als notwendig. Sie lehnte allerdings eine UN-Kommission ab, da dies eine gemäß Art. 107 der Charta nicht zulässige Einmischung der Vereinten Nationen in deutsche Angelegenheiten sei. Dagegen könne diese Überprüfung von einer Kommission vorgenommen werden, „die von den vier in Deutschland Besatzungsfunktionen ausübenden Mächten zu bilden wäre".

Mit Befriedigung stellten die Westmächte in ihrer Antwortnote vom 13. Mai 1952 fest, daß die Sowjetregierung nunmehr grundsätzlich mit freien Wahlen in ganz Deutschland einverstanden sei. Die erforderlichen Voraussetzungen für freie Wahlen müßten allerdings in allen Teilen Deutschlands bestehen, am Wahltage selbst, davor und danach. Eine lediglich aus Mitgliedern mit unmittelbaren Verantwortlichkeiten in Deutschland zusammengesetzte Kommission „wäre gleichzeitig Richter und Partei. Die Erfahrung während der Zeit der Vier-Mächte-Kontrolle in Deutschland läßt darauf schließen, daß eine solche Kommission nicht in der Lage wäre, zu zweckdienlichen Entscheidungen zu gelangen . . . Dies wäre ein Rückschritt, der mit der konstitutionellen Entwicklung in der Bundesrepublik nicht in Einklang stehen würde". Die Westmächte erklär-ten sich bereit, Vorschläge für eine unparteiische Untersuchungskommission (anstelle der UN-Kommission) zu prüfen, machten aber zur Bedingung, daß sie Aussicht bieten müßten, die baldige Durchführung freier Wahlen zu fördern, und daß sie selbst die Überzeugung gewinnen müßten, daß „die sowjetische Haltung die Verhandlungen nicht wieder ergebnislos machen wird". Angesichts der nach dem Krieg mit den Sowjets gemachten Erfahrungen, aber auch in Erinnerung an die Pariser Vorkonferenz (5. März bis 22. Juni 1951), die nach 74 Sitzungen ergebnislos abgebrochen werden mußte, weil sich die stellvertretenden Außenminister der Vier Mächte nicht über die Tagesordnung für eine Außenministerkonferenz einigen konnten verlangten die Westmächte diesmal deutliche Beweise dafür, daß die Sowjetregierung keine diplomatischen Scheingefechte im Sinn hatte.

Am 24. Mai 1952, also unmittelbar vor der für den 26. bzw. 27. Mai festgelegten Unterzeichnung des Deutschland-und des EVG-Vertrages, antwortete die Sowjetregierung. Sie warf den Westmächten vor, den Friedensvertrag mit Deutschland verschleppen und die Spaltung des Landes aufrechterhalten zu wollen und wiederholte ihre schon seit 1950 bekannten Thesen von dem „Komplott zwischen den revanchelüsternen herrschenden Kreisen Westdeutschlands und der nordatlantischen Staatengruppe". Dessenungeachtet schlug sie vor, unverzüglich gemeinsame Beratungen über die Fragen des Friedensvertrages, der Wiedervereinigung und der Bildung einer gesamtdeutschen Regierung zu beginnen. Sie blieb dabei, daß eine Viermächtekommission objektiv und unvoreingenommen die notwendigen vorbereitenden Prüfungen vornehmen könnte und ging auch nicht von ihrer Forderung nach nationalen Streitkräften ab. Ein Zurücktreten von der in der ersten Note erhobenen Forderung, nach der Gesamtdeutschland sich keiner gegen einen friedliebenden Staat gerichteten Koalition anschließen dürfe, schien sich aus dem Satz zu ergeben, daß „eine gesamtdeutsche Regierung, die den Friedensvertrag unterzeichnet, alle Rechte besitzen wird, über die die Regierungen anderer unabhängiger und souveräner Staaten verfügen". In Wirklichkeit behielt sich natürlich die Sowjetunion vor, die Grenzen dieser Souveränität im Friedensvertrag festzusetzen.

In ihrer dritten Note vom 10. Juli 1952 unterstrichen die Westmächte ihre Auffassung, daß eine Wiedervereinigung Deutschlands nur durch freie Wahlen zu erzielen sei und daß als wesentlicher erster Schritt dazu die für derartige freie Wahlen erforderlichen Voraussetzungen festgestellt werden müßten. Ihr Vorschlag lautete, zur Lösung dieser praktischen Frage eine Konferenz einzuberufen, die über die Zusammensetzung und Funktion einer mit jener Aufgabe betrauten Untersuchungskommission beraten sollte. Die Wiederherstellung des Viermächtekontrollsystems zu diesem Zweck wurde zurückgewiesen, da es nur „die augenblicklichen Meinungsverschiedenheiten der vier Mächte über die in der Bundesrepublik, in der sowjetischen Zone und in Berlin bestehenden Verhältnisse widerspiegeln könnte".

Darauf entgegnete die Sowjetunion am 23. August 1952 bei eindeutiger Verhärtung ihrer Position, eine internationale Kommission mache Deutschland nur zum Untersuchungsobjekt und sei folglich eine „Beleidigung der deutschen Nation", die seit über hundert Jahren Parlamentarismus mit allgemeinen Wahlen und organisierten politischen Parteien kenne. Ähnlich hatte sich auch schon der sowjetische Außenminister Wyschinski vor der UN-Vollversammlung geäußert, als er davon sprach, man könne Deutschland nicht wie eine rückständige Kolonie behandeln Der Sowjetnote zufolge wäre dagegen eine aus Vertretern der Volkskammer der DDR und des Bundestages zusammengesetzte, mit Zustimmung der vier Mächte gebildete Kommission keine Beleidigung der Deutschen. Diese Nuance bedeutete keine materielle Änderung in der sowjetischen Haltung hinsichtlich der Wahlkontrolle. Sie lehnte es auch ab, den Kreis der Fragen auf das Problem der Kommission zu beschränken und schlug ihrerseits drei Punkte in folgender Reihenfolge vor: Vorbereitung einesFriedensvertrages mit Deutschland, Schaffung einer gesamtdeutschen Regierung, Durchführung freier gesamtdeutscher Wahlen und Bildung der genannten Kommission. Nicht übersehen werden darf auch die sowjetische Anregung, Vertreter der DDR und der Bundesrepublik zu dieser Konferenz einzuladen. Hier zeichnete sich bereits das spätere Zweistaatenkonzept ab.

Am 23. September 1952 wiederholten die Westmächte, daß eine Konferenz von dem einzigen Punkt auszugehen habe, nämlich „von der Organisierung freier Wahlen". Vor der Abhaltung von Wahlen könne weder eine gesamtdeutsche Regierung gebildet noch Deutschland vereinigt werden. Darauf antwortete die Sowjetunion nicht mehr. Die sowjetische Offerte wirft mehrere wesentliche Probleme auf, die wir im folgenden näher betrachten wollen: 1. Die Interessenlage und die seit 1950 praktizierte Politik der Sowjetunion; 2. die Frage der Neutralisierung Deutschlands;

3. die Frage der freien Wahlen;

4. die Frage nach der Ernsthaftigkeit des sowjetischen Angebotes.

4. Die Interessenlage und die seit 1950 praktizierte Politik der Sowjetunion

a) Interesse — konstituierender Faktor der Politik In der Politik wird nichts verschenkt. Eine einmal errungene strategische, wirtschaftliche oder politische Position, die der subjektiven Vorstellung von Sicherheit und Überlegenheit entgegenkommt, wird nicht ohne zwingenden Grund aufgegeben, es sei denn, man errechne sich aus einem zeitweiligen Verlust einen um so größeren Gewinn für später. Dies entspricht der Aufgabe jeder Regierung, die Interessen des eigenen Staates zu vertreten. Unter Interesse ist dabei mit Arnold Bergstraesser „die der Bildung des politischen Willens zugrunde liegende Sorge um Gegenwart und Zukunft der Daseinsstruktur des außenpolitisch vertretenen Volks-und Gesellschaftskörpers" zu verstehen. Das wohlverstandene Interesse in der Außenpolitik berücksichtigt dabei durchaus auch die spezifischen Interessen der Gegenseite und zieht sie in das Kalkül der eigenen Absichten mit ein, soweit die Außenpolitik als Diplomatie des Ausgleichens und nicht als Kampf ums Dasein verstanden wird. Um mit Bergstraesser zu sprechen: „Die Formulierung des wohlverstandenen Interesses ist das Ergebnis einer kritischen Bewertung des für das eigene Volk Wünschenswerten im Licht der Möglichkeiten, die seitens der politischen Gesamtkonstellation und insbesondere hinsichtlich der dem Träger der Außenpolitik verfügbaren Machtchancen sich eröffnen." b) Ziel des sowjetischen Angebotes Bei der Beurteilung des sowjetischen Angebotes aus dem Jahre 1952 müssen diese Überlegungen beachtet werden. Die sowjetische Märznote war nicht der Ausdruck germanophiler Regungen, wie man dies bei der Lektüre der kommunistischen Presse vermuten könnte, wenn dort immer wieder die Rede vom besten Freund Josef Wissarionowitsch Stalin die Rede ist Der spektakuläre Schritt Stalins war vielmehr ein sehr geschickter Schachzug, um angesichts einer den sowjetischen Interessen zuwiderlaufenden Entwicklung in Westeuropa mit einem neue Perspektiven eröffnenden An-gebot in der Deutschlandfrage zu intervenieren und eben diese Entwicklung im eigenen Sinn zu beeinflussen.

Damit ist noch nichts über die Chance der Wiedervereinigung und der ganzen damit zusammenhängenden Problematik ausgesagt, nur die Feststellung ist getroffen, daß die März-note einen instrumentalen Charakter besaß. Mit ihr war über den eigentlichen Inhalt hinaus eine bestimmte Absicht verbunden, die der Ministerpräsident der DDR, Otto Grotewohl, in seiner Regierungserklärung vom 14. März 1952 eindeutig aussprach: „In den ersten Kommentaren der westlichen Regierungskreise wie auch der amerikahörigen Presse wird die Note und der Entwurf der Sowjetregierung als ein . Manöver'bezeichnet, das den Zweck verfolgt, die Eingliederung Westdeutschlands in die . europäische Integration', den Geheralvertrag und die Errichtung einer faschistischen Wehrmacht in Westdeutschland zu verhindern. Aber

das ist doch kein Manöver, sondern der offen und ehrlich geäußerte Wille der Sowjetregierung."

Das Bestreben, die Einbeziehung der Bundesrepublik in den Westen zu verhindern, um dadurch eine effektive Integration Westeuropas unmöglich zu machen, fügt sich nahtlos in die seit Lenin verfolgte Linie der sowjetischen Außenpolitik, jeden Zusammenschluß von Staaten in Europa, dem die Sowjetunion selbst nicht angehört, als aggressiv und gegen sie gerichtet zu betrachten Das Wort Lenins, daß die Vereinigten Staaten von Europa unter kapitalistischen Verhältnissen entweder unmöglich oder reaktionär seien galt nach wie vor als ideologische Anweisung für das politische Handeln.

Die bereits erwähnte Diskussion um einen deutschen Wehrbeitrag, die deutliche Tendenz, die Bundesrepublik enger an den Westen zu binden und der mit der Unterzeichnung des Nordatlantikpaktes (4. April 1949), der Errichtung des Europarates (4. Mai 1949) sowie der Verkündung des Schuman-Plans (9. Mai 1950) klar zutage tretende Wille der Westmächte nach enger Kooperation auf militärischem, wirtschaftlichem und politischem Gebiet veranlaßte die Sowjetunion, ihrerseits ein strategisches Konzept für ihre Außenpolitik zu formulieren, mit der Zielsetzung, die genannte Entwicklung zu unterlaufen. Das schwächste Glied in der Kette der Westmächte sah sie in der Bundesrepublik, die aufgrund ihrer exponierten Position, vor allem aber wegen der ungelösten nationalen Frage das erfolgversprechendste Betätigungsfeld für die sowjetische Politik zu sein schien. Als Hebel dazu diente die Parole der deutschen Einheit für den innerdeutschen Gebrauch und die Warnung an die Adresse der westeuropäischen Staaten vor dem „revanchelüsternen deutschen Militarismus". „Deutscher Militarismus" und „deutsche Einheit" waren diametral entgegengesetzte Begriffe des politischen Instrumentariums, mit dem die Sowjetunion ihre Ziele zu erreichen gedachte. „Remilitarisierung" bedeutete Krieg, „Friedensvertrag und Wiedervereinigung" bedeuteten Friede. In diesem Sinn äußerte sich Grotewohl am 8. Mai 1952: „Jeder Deutsche wird vor die Entscheidung gestellt, entweder Abschluß eines Friedensvertrages der vier Großmächte mit Deutschland — das ist der Friede; oder Adenauers Generalkriegsvertrag — das ist die Aufrichtung der Militärdiktatur in Westdeutschland und bedeutet erhöhte Kriegsgefahr, Bruderkrieg und einen dritten Weltkrieg." c) Westliche Integrationspolitik und sowje tische Verhandlungsbereitschaft In dem Maße, in dem die westlichen Bemü hungen um einen deutschen Verteidigungsbei trag schärfere Konturen gewannen, intensi vierte die Sowjetunion ihre (verbale) Wieder.

Vereinigungspolitik. Zwischen den Erfolger und Mißerfolgen der westlichen Integrationspolitik und der sowjetischen Verhandlungsbereitschaft bestand eine Wechselbeziehung Dies läßt sich für die Zeit vor wie nach der Märznote unschwer nachweisen.

Nachdem die französische Nationalversammlung am 25. Oktober 1950 den Pleven-Plan mit großer Mehrheit angenommen hatte, schlug die Sowjetregierung am 3. November vor, der Rat der Außenminister solle über die Durchführung der Entmilitarisierung Deutschlands beraten Das Kommunique der New Yorker Außenministerkonferenz (12. bis 18.

September 1950) verwies nicht nur darauf, daß die Frage eines deutschen Verteidigungsbeitrages im Rahmen einer internationalen Streitmacht untersucht werde, es unterstrich auch ausdrücklich, daß die Beschlüsse der Konferenz einen wesentlichen Schritt vorwärts zur Wiederaufnahme Deutschlands in die Gemeinschaft Westeuropas darstellten Nur vier Wochen später erhoben die Teilnehmer der Prager Ostblockkonferenz (20. bis 21. Oktober 1950) die folgenden Forderungen: Keine Remilitarisierung und Einbeziehung Deutschlands „in irgendwelche Aggressionspläne"; ungehinderte Friedenswirtschaft; Abschluß eines Friedensvertrages, Abzug der Besatzungstruppen innerhalb eines Jahres und Wiederherstellung der deutschen Einheit; Schaffung eines Gesamtdeutschen Konstituierenden Rates Auf der innerdeutschen Ebene wiederholte dann Grotewohl diese Vorschläge in seinem Schreiben an Adenauer vom 30. November 1950 Unmittelbar auf die Washingtoner Konferenz der drei Westmächte (10. bis 14. September 1951), die die endgültige Entschei-Ling traf, die Bundesrepublik als gleichbechtigten Partner in eine europäische Geeinschaft einzugliedern, und ein formelles inktim zwischen Deutschland-und EVG-Verag festlegte erfolgte ein erneuter Voroß des Ministerpräsidenten der DDR und der olkskammer am 15. September. Unter der evise „Deutsche an einen Tisch!" wurde die ildung einer Gesamtdeutschen Beratung aus ertretern Ost-und Westdeutschlands zur estlegung freier Wahlen für eine Nationalersammlung angeregt Es folgte die März-

pte mit ihrem Höchstangebot, mit dem sich ie Sowjetunion zum erstenmal selbst ein-haltete, als die Verträge im Frühjahr 1952 nterschriftsfertig waren. Wie Gerhard Wetg ausführt, war anscheinend bereits im erbst 1951 in Moskau ein spektakulärer Wieervereinigungsvorschlag erwogen worden, er vermutlich verschoben worden war, als ie EVG-Verhandlungskrise vom Winter 351/52 zunächst keine Fortschritte in der rage des deutschen Verteidigungsbeitrages rwarten ließ Mit der „positiven" Periode om März bis Juli 1953, in der die Sowjetregiemg ihre Koexistenzbereitschaft beteuerte und ach unter Beweis zu stellen versuchte (Wafmstillstand in Korea, Wiederherstellung der iplomatischen Beziehungen zwischen der dSSR und Israel sowie Jugoslawien, kleinere ugeständnisse in Österreich), korrespondierte er Beginn der Ratifizierung des EVG-Verages in den einzelnen Parlamenten.

bn August 1953 bis Juli/August 1954 blieb ie Sowjetunion in allen entscheidenden Fraen unnachgiebig. In dieser Zeit wurden Roert Schuman in Frankreich und Alcide de lasperi in Italien gestürzt; in der Bundes-publik stand die Wahl zum zweiten Bunestag bevor; die europäische Einigung schien icht voranzukommen. Im Juli und August lachte die Sowjetregierung wiederum Vorchläge zur Schaffung eines europäischen Sinerheitspaktes und zur Deutschlandfrage, als ie Ratifizierungsdebatte in der französischen lationalversammlung in ihr entscheidendes tadium trat Am Tag der Unterzeichnung er Pariser Verträge (23. Oktober 1954) erlärte sich die sowjetische Regierung bereit, en Eden-Plan zur Wiedervereinigung eutschlands auf der Grundlage freier Wahen zu erörtern, den sie noch auf der Berliner Konferenz des gleichen Jahres abgelehnt atte Während der Ratifizierungsperiode er Pariser Verträge erlebte das im Zusamenhang mit dem EVG-Vertrag geschilderte owjetische Vorgehen eine Neuauflage. So ot die Sowjetregierung am 15. Januar 1955 icht nur freie Wahlen für Deutschland an, sondern erklärte sich auch bereit, eine entsprechende internationale Aufsicht zu akzeptieren

Die Evidenz eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen der Ab-und Zunahme der sowjetischen Verhandlungsbereitschaft in der Deutschlandfrage und dem Mißerfolg und Erfolg im Prozeß der europäischen Einigung kann nicht bestritten werden. Unter diesem Aspekt erscheint dann die Märznote nicht als ein einmaliges, völlig aus der Linie sowjetischer Außenpolitik herausfallendes Ereignis, sondern vielmehr als eine besondere Spielart eben dieser Politik, eine Variante, die in Inhalt und beabsichtigter Wirkung der besonderen Situation im März 1952 entsprach.

Betrachten wir die sowjetische Deutschland-politik seit 1950, vor allem wie sie sich im Gewände der Initiativen der SED gestaltete, zusammen mit der seit Anfang des Jahres 1952 die DDR-Presse beherrschenden, groß angelegten Propagandaaktion für einen Friedensvertrag mit Deutschland so kommen wir zu der Feststellung, daß die Sowjetnote nicht plötzlich, sondern wie einen Höhepunkt setzenden, von stärker werdenden Trommelwirbeln angekündigter Paukenschlag kam.

Es wäre natürlich ein Fehlschluß, wollte man bereits aus der Tatsache des in dem hier überblickten Zeitraum konstant verfolgten Zieles der sowjetischen Außenpolitik — nämlich einen Machtzuwachs des Westens durch die Eingliederung der Bundesrepublik zu verhindern — folgern, die Märznote sei bedeutungslos und ohne echte Chance für eine Regelung der deutschen Frage gewesen. Es ist durchaus denkbar, daß bei gleichem Ziel die dafür eingesetzten Mittel bzw. die Kompromißbereitschaft in der Deutschlandfrage unterschiedlich sein konnten. Boris Meissner hebt in diesem Sinn die interne Machtverschiebung im obersten Führungskreis der Sowjetunion noch zu Stalins Zeit hervor: Vom Herbst 1951 bis Frühjahr 1952 stützte sich Stalin vor allem auf Berija und Malenkow; seit April 1952 war eine Schwächung der Stellung Berijas festzustellen, die eine unmittelbare Stärkung Chruschtschows sowie der mit ihm verbundenen Richtung zur Folge hatte und zu einer Verhärtung der sowjetischen Deutschlandpolitik führte Von einer unveränderbaren Fixierung der Beurteilung der deutschen Frage im Koordinatensystem der sowjetischen Interessen kann nicht ausgegangen werden. Allerdings ergibt sich aus der genannten Feststellung Meissners und seiner Deutung, die Verhärtung der sowjetischen Haltung in der Deutschlandfrage seit dem Frühjahr 1952 sei hauptsächlich durch die Machtverschiebungen im Kreml und nicht durch die Enttäuschung Stalins über die Unterzeichnung des Deutschland-und des EVG-Vertrages bedingt gewesen daß man keineswegs von einer einmaligen Chance sprechen kann. Der bereits einsetzende härtere Kurs hätte ihr ja den Boden entzogen. Andererseits schloß diese innenpolitisch bedingte Variabilität keineswegs einen späteren erneuten Wechsel der politischen Linie aus, wie dies dann auch in der Tat unmittelbar nach Stalins Tod geschah.

Für unsere Analyse der Märznote muß folgendes festgehalten werden: Unter Berücksichtigung der theoretischen Möglichkeit, daß Stalin zum damaligen Zeitpunkt geneigt war, die nationalen deutschen Interessen stärker zu berücksichtigen — über die damit verbundene Frage der Ernsthaftigkeit seines Angebotes wird weiter unten zu sprechen sein —, ergibt sich aus der in diesem Kapitel skizzierten Strategie der sowjetischen Außenpolitik, daß kein verantwortlicher Politiker ohne weiteres jene Offerte für bare Münze nehmen konnte und durfte, weil der instrumentale Charakter der sowjetischen Deutschlandinitiativen immer wieder deutlich hervorgetreten war. Das im Gefolge der Ost-West-Auseinandersetzung entstandene Mißtrauen (auf beiden Seiten) konnte nicht durch einen aufsehenerregenden diplomatischen Schritt beseitigt werden. Der Politiker muß sich bei einem solchen Ereignis an Indizien halten und seiner Verantwortung gemäß entscheiden und handeln, ohne absolut sichere Kenntnis von den Absichten der Gegenseite zu haben. Was der Historiker später einmal unter günstigen Umständen als unveränderbare Vergangenheit zu rekonstruieren vermag, bietet sich dem Politiker als gestaltbare, aber darum auch ungewisse und risiko-reiche Zukunft dar.

5. Die Neutralisierung Deutschlands

Der entscheidende Gedanke des sowjetischen Friedensvertragsentwurfes war die Heraus-lösung der Bundesrepublik aus jeglichem Bündniszusammenhang mit dem Westen und ihre bewaffnete Neutralität. Zwei Fragen müssen dabei geklärt werden:

1. Wie ist das Angebot nationaler Streitkräfte zu verstehen?

2. Lag eine Neutralisierung Deutschlands damals im Bereich der Möglichkeiten? a) Nationale Streitkräfte und deutsche Neutralität in kommunistischer Sicht Das Zugeständnis nationaler Streitkräfte bedeutete eine besonders auffallende Wende in der sowjetischen Konzeption, nachdem zuvor die völlige Entmilitarisierung der Bundesrepublik ständig gefordert und die DDR immer als beispielhaft im Sinne des Potsdamer Abkommens dargestellt wurde. Die plötzliche Rehabilitierung des „deutschen Soldaten" im Verein mit dem Vorschlag nach nationalen Streitkräften für Deutschland war ein Appell an den deutschen Nationalismus, auf dessen Ansprechbarkeit und Kraft Stalin baute.

Nationale Streitkräfte wurden als Attribut echter staatlicher Souveränität beschrieben und damit auch gerechtfertigt. Damit nicht zu vereinbaren schienen allerdings die mit unverminderter Intensität fortgesetzten Angriffe gegen deutsche Streitkräfte und Soldaten, die in einer Europaarmee eingegliedert wären. Die „Prawda" äußerte sich am 12. März 1952 in einem Leitartikel dazu in der Weise: „Die Erhaltung der Spaltung Deutschlands dient lediglich den Friedensfeinden, denn sie schafft eine günstige Grundlage für die Wiedergeburt des deutschen Militarismus und für neue Revanche-und Aggressionsversuche von seiner Seite. Die Tatsachen zeigen, daß in den Westzonen Deutschlands die revanchelüsternen militaristischen Kräfte erneut ihr Haupt heben. Hier betätigen sich schon wieder die kriegslüsternen Ruhrmagnaten, diese unwandelbaren Inspiratoren und Organisatoren der deutschen Aggression. Hier sind erneut die Generale der ehemaligen Hitlerarmee auf der Bildfläche aufgetaucht, die darauf rechnen, unter der Flagge einer Teilnahme Westdeutschlands an der sogenannten . Europa-armee'die deutsch-faschistischen Streitkräfte wiederherzustellen. Die Gefahr einer Wiedergeburt des deutschen Militarismus, der zweimal einen Weltkrieg entfesselt hat, ist nicht beseitigt, da die entsprechenden Bestimmungen der Potsdamer Konferenz immer noch nicht erfüllt sind. Der Friedensvertrag mit Deutschland muß gewährleisten, daß jede Möglichkeit für die Wiedergeburt des deutschen Militarismus und der deutschen Aggression beseitigt wird."

Dieser scheinbare Widerspruch findet seine Erklärung, wenn wir einige authentische Interpretationen von kommunistischer Seite heranziehen. Nach den Ausführungen des Außenministers der DDR, Georg Dertinger, bedeutete die Aufstellung einer nationalen deutschen Armee keineswegs eine Gefahr für die Nachbarn Deutschlands, sondern im Gegenteil eine zusätzliche Garantie. Ein „demokratisches" Deutschland, in dem die Wurzeln jedes „Imperialismus und Revisionismus" ausgerottet sind, lasse sich nicht mehr für kriegerische Zwecke gegen andere Mächte mißbrauchen: „Man fragt, wie eine solche Bereitschaft in Einklang zu bringen sei mit der Kritik an den westdeutschen Remilitarisierungsabsichten. Auch hier wird bewußt verschwiegen, daß die Bereitschaft für die Errichtung nationaler Streitkräfte mit der Entwicklung und Sicherung einer demokratischen und friedliebenden Ordnung korrespondiert, da die innere Verfassung dieses neuen Deutschlands alle Kräfte eines Revisionismus, Chauvinismus, Imperialismus und Neofaschismus in den Wurzeln ausgerottet haben wird. Es liegt auf der Hand, daß es ein wesentlicher Unterschied ist, ob eine Militärmacht einem friedliebendem Volke oder einer imperialistischen und faschistischen Staats-führung anvertraut ist ... Wo Demokraten sind, kann kein Unfriede herrschen, wo Militaristen und Chauvinisten am Werke sind, gibt es keine Konstruktion, die die Anwendung der Gewalt auf die Dauer verhindern könnte."

Im Prager Rundfunk gab der tschechische Kommentator Vesely folgende Erklärung: „Die Sowjetregierung schlägt . . . vor, Deutschland eine Verteidigungsarmee zu erlauben. Welcher Unterschied ist zwischen einer Verteidigungsarmee und einer Angriffsarmee? Eine Angriffsarmee ist eine Armee, die den Imperialisten dient, eine Armee, die für Eroberungszwecke aufgestellt wurde. Eine Verteidigungsarmee dagegen ist eine Armee, die dem Volke dient und die das Vaterland gegen Angreifer verteidigt. Mit anderen Worten, wie es unser Verteidigungsminister gesagt hat, Waffen in den Händen der imperialistischen Ausbeuter bedeuten einen Krieg, Tod und Verderben. Waffen in den Händen der Friedenskämpfer machen eine Kriegführung unmöglich und bedeuten die wirkliche Waffenruhe."

Getreu der Leninschen Feststellung, daß der moderne Militarismus das Resultat des Kapitalismus ist, hob auch der damalige stellvertretende Ministerpräsident der DDR, Walter Ulbricht, hervor, daß Militär nicht einfach Militär sei, sondern daß der Charakter des Staates den Charakter der Armee bestimme: „Militaristisch sind jene Kräfte, die im Dienste der Rüstungsmillionäre, Bankherren und Großagrarier für die Zwecke der Unterdrückung des eigenen Volkes und der Durchführung aggressiver Ziele gegen andere Völker organisiert werden. Die Besonderheit des Militarismus in Westdeutschland besteht darin, daß er das werktätige Volk Westdeutschlands unter die Knute der amerikanischen und englischen Okkupanten pressen will. Der westdeutsche Militarismus ist der Todfeind der nationalen Interessen des deutschen Volkes, denn er steht im Dienste der Machthaber der USA, die Westdeutschland in ihr Kriegsaufmarschgebiet verwandeln und die westdeutschen Söldner als Kanonenfutter benutzen wollen. Militär ist also nicht einfach Militär. Entscheidend ist das Wesen der Staatsmacht, ob das Volk bestimmt, oder, wie in Westdeutschland, die Rüstungsmillionäre und Wehrwirtschaftslührer Hitlers. Von großer Bedeutung ist auch, wer die bewaffneten Kräfte führt. Sind es, wie in Westdeutschland, die alten Militaristen, oder sind es in einem künftigen einigen demokratischen Deutschland die besten Söhne des werktätigen Volkes, die als Offiziere der nationalen Armee ihre Heimat schützen. Von großer Bedeutung ist es, mit wem der Staat verbunden ist. Gehört er dem großen Weltfriedenslager an oder gehört er zur Staaten-gruppe des Atlantikpaktes?"

Bei diesen Bemühungen, eine dialektische Verbindung zwischen der Werbung für nationale deutsche Streitkräfte und der Agitation gegen eine Europaarmee mit deutschen Kontingenten herzustellen, offenbart sich die diesem Vorschlag zugrunde liegende Zielvorstellung: Nationale Streitkräfte werden deshalb ungefährlich sein, weil sie fest mit dem „Weltfriedenslager" verbunden und in einem Staat aufgestellt sind, in dem das Volk und nicht die Rüstungsmillionäre entscheiden und in dem alle üblen, sich aus dem Kapitalismus ergebenden Kräfte, vom Revisionismus bis zum Neofaschismus, beseitigt sein werden. Diese Verteidigungsarmee in den Händen der „Friedenskämpfer" wird dann die Wiedergeburt des deutschen Militarismus unmöglich machen. Zum „Weltfriedenslager" gehörten aber nach sowjetischer Lesart nur die Sowjetunion und die anderen sozialistischen Staaten. „Friedenskämpfer" waren all die, die im Sinne der kommunistischen Ideologie handelten.

Die Neutralität Deutschlands sollte demnach eine prosowjetische Neutralität sein und seine innere Verfassung sollte der der DDR entsprechen, denn dort allein war die Regierung vom Vertrauen des Volkes (im Unterschied zur Bundesrepublik) getragen, wie Grotewohl an anderer Stelle ausführte Es handelt sich hier also nicht um eine Vermutung unsererseits, sondern um eine unzweideutige Aussage kommunistischer Interpreten, die das Recht der Authentizität für sich in Anspruch nehmen können.

Zu dem gleichen Ergebnis kam auch der damalige jugoslawische Außenminister Kardelj auf dem VI. Parteikongreß der jugoslawischen KP im November 1952: „Die zweitwichtigste Quelle der heutigen Spannung ist die Deutschland-frage. Auch hier tritt die Sowjetpolitik in einer heuchlerischen Rolle auf, wobei sie die westliche Welt gerade mit den Losungen in Furcht versetzt, deren Verwirklichung sie selbst am wenigsten zu gestatten bereit wäre. Die Sowjetpolitik tritt mit Losungen von einer Einigung Deutschlands auf. Die Form jedoch, die sie für eine Einigung Deutschlands vorschlägt, zeigt deutlich, daß diese Einigung entweder ganz Deutschland unter den Einfluß der Sowjetregierung bringen soll, oder daß die Teilung endgültig bleibt. Da die sowjetischen Machthaber immerhin so klug sind, einzusehen, daß sie in der heutigen Phase nicht erwarten können, sich ganz Deutschland einstecken zu dürfen, geht ihre ganze Politik darauf aus, die endgültige Teilung Deutschlands festzulegen. Dies ist natürlich innerhalb Deutschlands und auch im Ausland unpopulär. Daher schreit die Sowjetunion der ganzen Welt die Ohren voll von der Notwendigkeit einer Einigung Deutschlands und tut praktisch alles nur Mögliche, damit es nicht zu dieser Einigung kommt.

. . . Ihre zweite Parole ist ein neutrales, unbewaffnetes Deutschland. Vor allem muß betont werden, daß ein neutrales Deutschland ein praktisch undurchführbarer Gedanke ist. Der grundsätzliche Gegensatz in der heutigen Welt duldet im Herzen Europas, also in Deutschland, kein Vakuum, kein Niemandsland. . . . Außerdem ist Deutschland keine Schweiz. Es ist ein großes Volk im Herzen Europas mit einem ungeheuren Wirtschaftspotential, das nicht umhin kann, in der internationalen politischen Arena eine selbständige Rolle zu spielen. Ein solches Deutschland aber stünde den sowjetischen hegemonialen Absichten als Hindernis im Wege, das weiß man in Moskau sehr gut, doch ebensowenig denkt man dort daran, ein demokratisches, neutrales Deutschland auf dem Wege der tatsächlichen demokratischen Wiedervereinigung zu schaffen. — Zwar spricht man von einem solchen Deutschland, doch geschieht dies, weil man in Moskau weiß, daß die westeuropäischen Länder diese Lösung aus dem einfachen Grunde nicht akzeptieren, weil sie kein Vertrauen in eine solche . Neutralität'haben." b) Charakter eines neutralen Deutschland in kommunistischer Sicht Die Formel von einem zu schaffenden einheitlichen Deutschland als einem „unabhängigen, demokratischen, friedliebenden Staat" fügt sich genau in die erwähnte Zielvorstellung der Sowjetregierung ein. Mit dieser Terminologie wurden und werden im kommunistischen Machtbereich nur Staaten mit sozialistischer Gesellschaftsordnung sowjetischer Prägung bezeichnet. In einem Leitartikel der „Prawda" vom 29. Mai 1952 ist in diesem Sinn die Rede von der DDR, die sich zu einem „einheitlichen, unabhängigen, demokratischen und friedliebenden Staat" entwickele.

Der genannte tschechoslowakische Kommentator bemerkte, die Sowjetunion habe Interesse an der Demokratisierung Deutschlands, was sie durch ihre Politik in Ostdeutschland bewiesen habe An einer anderen Stelle verdeutlichte er diesen Gedanken und damit den spezifischen Inhalt der oben zitierten Formel: „Die Situation würde ganz anders aussehen, wenn in ganz Deutschland ein antifaschistisches und antiimperialistisches Regime wäre, wie es in der DDR der Fall ist. . . . Die Erfahrungen mit dem Unterschiede in der Entwicklung in Westdeutschland und Ostdeutschland seit 1945 zeigen, daß der deutsche Faschist und der deutsche Monopolist für uns Feinde sind, wohingegen der deutsche Arbeiter, der deutsche Friedenskämpfer unser Freund ist. Damit auch in Westdeutschland dem Arbeiter es ermöglicht wird, mit dem deutschen Faschisten und Monopolisten abzurechnen, um die Sache des Friedens in die eigene Hand nehmen zu können, ist es erforderlich, daß die Amerikaner Westdeutschland verlassen, die hier die reaktionären Elemente künstlich an der Macht halten. Das wäre eine unumgängliche Folge des Friedensvertrages gemäß des Vorschlages der Sowjetunion, demzufolge nach der Vereinigung Deutschland die Möglichkeit hat, sich als unabhängiger, demokratischer und friedliebender Staat zu entwickeln."

Walter Ulbricht machte in anderem Zusammenhang detaillierte Angaben darüber, wie die politische Infrastruktur eines zukünftigen Gesamtdeutschland auszusehen habe. Seine Äußerungen datieren zwar vom 17. September 1953, aber es besteht kein Grund für die Annahme, daß die hier vorgetragenen, die Vorstellungen der SED sehr präzise und unzweideutig wiedergebenden Ausführungen im Jahre 1952 noch keine Gültigkeit gehabt hätten: „Deutschland muß ein einheitlicher, friedliebender, demokratischer, unabhängiger Staat sein. Im Interesse der Erhaltung des Friedens ist es notwendig, die amerikanischen Stützpunkte in Westdeutschland zu liquidieren und das Land an die Bauern zurückzugeben. Im Interesse der Sicherung der friedlichen Entwicklung werden die Bergwerke, die Hütten-werke und großen Chemiebetriebe, die im Besitze der Kriegstreiber sind, entschädigungslos in die Hände des Volkes übernommen. Im Interesse der Arbeiterschaft muß das reaktionäre Betriebsverfassungsgesetz außer Kraft gesetzt werden. Die Gewerkschaften sollen volle Freiheit ihrer Betätigung erhalten. Den Arbeitern, Angestellten und Beamten wird das volle Mitbestimmungsrecht in den Betrieben und auf allen Gebieten der Wirtschaft garantiert. Das Recht auf Arbeit wird verwirklicht. Durch den Abschluß von Außen-handelsverträgen wird die Produktion für den friedlichen Bedarf erhöht und die Arbeitslosigkeit beseitigt. .. . Die Steuergesetzgebung wird nach sozialen Gesichtspunkten geändert. Im Interesse der Bauern ist in den Dörfern Westdeutschlands die demokratische Entwicklung zu sichern. Eine gerechte Bodenreform ist durchzuführen. Der Boden der Großagrarier und Gutsbesitzer über 100 Hektar ist den Umsiedlern sowie den Klein-und Mittelbauern kostenlos zu übergeben. Die Lebensbedingungen der Landarbeiter sind entsprechend den Bestimmungen des Landarbeiterschutzgesetzes in der DDR zu verbessern. Für die Kleinbauern sind die Steuern und die Pachtzinsen herabzu-setzen. Aus dem Staatsapparat sind die Kriegsverbrecher und Kriegstreiber und früheren Mitglieder der SS zu entfernen. Die Gleichberechtigung der Frau im Familienrecht, im staatlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben wird gesetzlich garantiert. Frauen erhalten für gleiche Arbeit gleichen Lohn wie die Männer. Zur großzügigen Förderung der Jugend im Beruf, beim Studium, in der Ferien-und Freizeitgestaltung und im Sport wird ein Gesetz zur Förderung der Jugend geschaffen werden, das der gesamten deutschen Jugend die vollen demokratischen Rechte garantiert. Wir schlagen vor, daß in der Arbeiterschaft in Westdeutschland und in den Gewerkschaften diese Vorschläge für die Wiedervereinigung zur Aussprache gestellt werden."

Die Sowjetunion hätte nur einer deutschen Neutralität zugestimmt, die einer Ausdehnung ihres Einflußbereiches gleichgekommen und folglich keine Neutralität im objektiven Wortsinn gewesen wäre. Die immer wieder beschworene „völlige Harmonie" der Interessen des deutschen und sowjetischen Volkes und die Versicherung der „unverbrüchlichen Freundschaft mit der Sowjetunion" können diese Schlußfolgerungen nur noch unterstreichen. Auch der Hinweis auf den Rapallo-Vertrag, dessen Unterzeichnung sich am 16. April 1952 zum dreißigsten Male jährte, sollte beweisen, daß gleichlaufende Interessen beider Staaten schon eine Tradition hatten. Die Feststellung, damals habe die Vertretung Sowjetrußlands mit den Vertretern des besiegten Deutschland auf dem Boden der Gleichberechtigung und im Geiste der Achtung der gegenseitigen Interessen verhandelt suggerierte die Möglichkeit eines ähnlichen Übereinkommens auch für 1952, während doch in Wirklichkeit Stellung und Gewicht der Sowjetunion nicht mehr mit dem jungen, geschwächten Staat des Jahres 1922 zu vergleichen waren und das Verhältnis der Bundesrupublik zu den Westmächten sich grundlegend von dem der Weimarer Republik zu den anderen Versailler Vertragsmächten unterschied. Ungeachtet dieser Tatsache meinte der Staats-präsident der DDR, Wilhelm Pieck: „Die Lehre der Vergangenheit, die Lehre von Rapallo besteht für uns heute darin, daß nur derjenige der Einheit Deutschlands dienen kann, der für die friedliche Lösung des deutschen Problems auf der Grundlage der Vorschläge der Sowjetunion kämpft. Nur derjenige dient der friedlichen Zukunft der deutschen Nation, der für die unverbrüchliche und dauernde Freundschaft mit der Sowjetunion eintritt, die dem deutschen Volke in schwerster Zeit mit dem Abschluß des Rapallovertrages den geschichtlichen Beweis für ihre konsequente Friedenspolitik und uneigennützige Freundschaft gegeben hat.“ c) Die Brückenfunktion Deutschlands und die politischen Realitäten Die vorangehenden Erörterungen über die kommunistische Konzeption eines neutralen Deutschland heben den unterschiedlichen Frequenzbereich politischer Argumentation zwischen Ost und West hervor. Formal gleiche Schlüsselbegriffe divergieren grundlegend in ihrem konkreten Inhalt, je nachdem im Dienste welchen Menschenbildes und welcher Gesellschaftsordnung sie stehen. Aber abgesehen von diesen nachweisbaren Unterschieden in der Bedeutung der politischen Terminologie, die Verwirrung stiftet (und stiften soll) und daher zwangsläufig eine philologische Inhaltsbestimmung zum Gegenstand politischer Verhandlungen macht, stellt sich auch die Frage, ob die Neutralisierung Deutschlands eine reale Möglichkeit für einen Ausgleich zwischen den Großmächten war. Herbert V. Borch schrieb 1952, Deutschland müsse sich des Gewichts der im Mai unterzeichneten Verträge bedienen, um Ost und West zu einem Ausgleich zu bewegen. Nachdem sie ihre revolutionierende Wirkung für das mit der Invasion Südkoreas aufs tiefste gestörte Weltgleichgewicht geleistet hätten, sollten sie in ihrer bedeutendsten Funktion fortwirken, nämlich einen Friedensschluß langsam heranreifen zu lassen und die Aushandlung der deutschen Einheit unter der zerfallenen Siegerkoalition zu sichern. Die Bundesrepublik sollte durch politische Imagination das Zustandekommen und den Erfolg von Viermächtebesprechungen fördern Noch schärfer wurde dieser Gedanke von Paul Sethe formuliert, der die Hauptaufgabe einer unabhängigen Politik Gesamtdeutschlands in der Vermittlung zwischen der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten sah. Auf dieses Ziel hätte seiner Meinung nach die Bundesrepublik im Hinblick auf die Märznote hinarbeiten sollen, um eine Stellung zwischen den Militärblöcken zu erringen und auf jeden Fall von einseitiger Bindung frei zu sein

Die Auffassung von der möglichen Vermittlerrolle eines neutralen Deutschlands zum damaligen Zeitpunkt geht an den Realitäten vorbei. Zwischen Regierung und Opposition bestand eine weitgehende Übereinstimmung darüber, daß die Neutralisierung Deutschlands keine Lösung der anstehenden Probleme bringen konnte. Kurt Schumacher bezeichnete in einer Presseerklärung vom 14. Februar 1951 die übliche Diskussion über eine deutsche Neutralisierung als einen nicht unwichtigen Bestandteil der politischen und psychologischen Taktik der Sowjetunion mit dem Ziel der Schwächung und Lähmung der demokratischen Kräfte in Westdeutschland. Denn für die Neutralisierung eines geeinten Deutschlands fehlten die tatsächlichen Voraussetzungen. Jeder dahin zielende Versuch sei praktisch dem Mißbrauch durch den Kommunismus ausgesetzt. Die politische Neutralisierung eines geeinten Deutschlands, die auf eine von den Angelsachsen und den Sowjetrussen in ihrem eigenen Interesse gewollten Übereinkunft beruhe, sei ein Faktor, den zu schaffen oder den zu verhüten nicht in der Macht der Deutschen stehe. Eine solche Neutralisierung würde für das deutsche Volk den stärksten Zwang zur höchsten Wachsamkeit und Anpassung seiner demokratischen Kräfte bedeuten

Unter dem Eindruck der zweiten Sowjetnote modifizierte Schumacher seine Haltung in der Weise, als er Adenauer aufforderte, seinen Einfluß bei den Westmächten geltend zu machen, damit diese Frage auf einer Viermächtekonferenz untersucht würde Daß er damit die Neutralisierungsvorstellungen der Sowjetunion billigte, hieße seinen Brief falsch zu verstehen; er schob diesen Punkt zunächst einmal in den Hintergrund, weil ihm die Wahlen als Primärziel weit wichtiger erschienen.

Der zur damaligen Zeit nicht selten anzutreffende Neutralismus vieler Deutscher entsprang nicht nur dem verständlichen Wunsch, von den Stürmen der politischen Auseinandersetzungen in der Welt verschont zu bleiben, er hatte auch einen Aspekt, den man als die Negativform eines imperialistischen Nationalismus bezeichnen könnte. Diese „Allesoder-Nichts-Haltung" führte zu der Alternative: wenn Deutschland über die anderen Völker nicht herrschen kann, dann solle es sich ganz auf sich selbst zurückziehen. Die Ablehnung politischer Partnerschaft und der Bereitschaft, mit den anderen Mächten in ein Verhältnis wechselseitiger Abhängigkeit zu treten, wurde dann mit der vagen Hoffnung auf Wiedervereinigung erklärt und gerechtfertigt. Das Interesse der Westmächte Neben diesem innenpolitischen Aspekt muß jedoch vor allem der größere Zusammenhang der Macht-und Sicherheitsinteressen der beiden Großmächte bedacht werden. Wie wir bereits gezeigt haben, kam für die Sowjetunion keine Lösung in Frage, die einem zukünftigen Gesamtdeutschland freie Disposition über seine politische Orientierung gelassen hätte. Neutralität war als spezifische, sich dem sowjetischen Einfluß öffnende Neutralität zu verstehen.

Aber auch die Westmächte waren nicht bereit, das Risiko eines neutralen Deutschland einzugehen, das nach Abzug aller Besatzungstruppen leicht dem sowjetischen Einfluß erlegen wäre und damit das Mächtegleichgewicht wiederum zuungunsten des Westens verändert hätte. Andererseits hätte eine eigene nationale Streitmacht der Deutschen vor allem in Frankreich starke Befürchtungen hervorgerufen. Gerade dort war der „Rapallo-Komplex" keineswegs völlig überwunden. Es stand für alle französischen Parteien fest, daß Deutschland keine nationalen Streitkräfte mehr bekommen dürfe. Unmittelbar nach Bekanntwerden der Märznote äußerte sich der ständige Vertreter Frankreichs bei der NATO zu diesem Problem: „Ein demokratisches Deutsch-land würde in dem Augenblick zu bestehen aufhören, in dem es wieder von einer nationalen Armee beherrscht wird. Deshalb waren wir durch die letzten sowjetischen Vorschläge so außerordentlich überrascht, weil diese im Endergebnis zum Wiedererstehen einer deutschen Nationalarmee und zur Rehabilitierung der Nazigenerale und damit zur Wiedergeburt des alten Militarismus führen müßten.“ Der französische Außenminister Robert Schuman erklärte unzweideutig, daß Frankreich keine deutsche Armee wolle, besonders dann nicht, wenn Deutschland von den Besatzungstruppen geräumt werden müsse. Wenn Deutschland kein Bündnis eingehen dürfe, brauche es eine noch stärkere Armee. Dann habe man ein neutrales, aber stark bewaffnetes Deutschland. Wolle man für die Aufrüstung Deutschlands Begrenzungen festlegen, dann erhebe sich die Frage, welche Sanktionen bei einer Vertragsverletzung ergriffen werden sollten. Frankreich habe mit Sanktionen seine Erfahrungen nach dem Ersten Weltkrieg gemacht und ein solches System als eine gefährliche Illusion aufgeben müssen. Es habe stets den Grundsatz verfolgt, Deutschland nicht sich selbst zu überlassen, denn wenn es das Recht erhalte, Bündnisse einzugehen und seine Verbündeten auszusuchen, würde es zum Gebieter Europas werden

Es wäre nicht realistisch gewesen, den Westmächten nahezulegen, in Verhandlungen mit der Sowjetunion eine bindungslose Unabhängigkeit, „das Arkanum unserer klassischen Politik und Verheißung für unsere Wirtschaft" anzustreben, denn sie hätten es abgelehnt, ihre eigenen Interessen zu übergehen. Raymond Aron hat es damals so ausgedrückt: „In der Welt, wie sie existiert, würde man den deutschen Demokraten das Recht, Selbstmord zu begehen oder aber, um eine zynischere Formel zu wählen, das Recht, das Lager zu wechseln, nicht zuerkennen."

Dem immer wieder erhobenen Vorwurf gegen den blassen Realismus, der sich keine Mühe mache, über das Bestehende hinaus zu gelangen, der keine mit undogmatischem Handeln versehene Phantasie einsetze, um das Unmögliche weniger unerreichbar zu machen, muß entgegengehalten werden, daß Politik nicht nur der Leidenschaft, sondern auch des Augenmaßes im Sinne Max Webers bedarf. Beide Postulate müssen in einem sinnvollen Verhältnis zueinander stehen. In der damaligen Situation war es angebracht, sehr viel Augenmaß zu haben — und hierin trafen sich wieder alle verantwortlichen Politiker in Regierung und Opposition, trotz ihrer unterschiedlichen Reaktion auf die Märznote —, denn die Ungewißheit des möglichen Gewinnes war allen wohl bewußt.

Auch der amerikanische Publizist Walter Lippmann konnte für sich dieses Augenmaß in Anspruch nehmen. Zum einen sah er die Gefahr, daß die amerikanische Politik der Atlantischen Allianz dem nationalen Interesse Deutschlands zuwiderlaufen könnte, daß die Maßnahmen für die Verteidigung Westeuropas nicht die Teilung Deutschlands überwinden, sondern gerade aus deren Andauern funktionieren würden. Zum anderen erkannte er aber auch, daß in der sowjetischen Offerte die Gefahr enthalten war, daß das weitere Schicksal der deutschen Wiedervereinigung ganz an die Sowjetregierung übertragen würde, und daß sich die deutsche Politik aus dieser Erkenntnis heraus zur Neuorientierung gezwungen sähe und es auch tun würde. Einzig ein französisch-deutsch-polnisches Einvernehmen schien ihm eine Lösung dieses Dilemmas. Nur ein solches Konzept erachtete er als geeignete Voraussetzung dafür, daß nach dem Rückzug aller Besatzungstruppen ein wiedervereinigtes Deutschland nicht das Gleichgewicht in Europa bestimmen könnte und somit für eine der beiden Großmächte zum strategischen Vorteil würde. Allerdings war sich Lippmann wohl bewußt, daß diese Bedingungen für eine echte Lösung schwer zu erreichen waren und darüber hinaus viel Zeit benötigten

Solche differenzierenden Überlegungen, die die deutsche Frage in einen gesamteuropäischen, allen Interessen Rechnung tragenden Zusammenhang brachten, setzten auf beiden Seiten die Bereitschaft voraus, ganz neue Wege einzuschlagen, für die die damalige Zeit offensichtlich noch nicht reif war. Wie oben dargelegt wurde, hatte die Sowjetunion weit kurzfristigere Ziele; auch die Westmächte räumten der Konsolidierung ihrer Positionen Prioritätsrechte ein, die wiederum die zunehmende Selbstbestimmung der Bundesrepublik ermöglichten. Der Ost-West-Gegensatz und das daraus resultierende tiefgreifende Mißtrauen überschatteten in der politischen Praxis* jener Jahre alle solchen Überlegungen, wie sie etwa Lippmann vorbrachte.

Die Westmächte bestanden auf dem Recht eines einheitlichen Deutschlands, Bündnisse einzugehen, und zwar in der Gewißheit, daß dies eine prowestliche Orientierung zur Folge hätte. Die Sowjetunion forderte den Abzug aller Besatzungstruppen und die Neutralisierung Deutschlands durch einen Friedensvertrag, der für eine zukünftige gesamtdeutsche Regierung verpflichtend gewesen wäre, wiederum in der Gewißheit, daß dies eine pro-sowjetische Orientierung einleiten würde. In Anbetracht der im damaligen internationalen System vorherrschenden Machtstruktur konnte die primäre Absicht beider Seiten, ein vereintes Deutschland in den eigenen Einflußbereich zu ziehen, von beiden Seiten wiederum erfolgreich verhindert werden: „Die Machtrealitäten erlaubten keiner der beiden Seiten über ihre Interpretation dessen hinauszugehen, was eine gerechte Lösung des deutschen Problems sei." Es war dies für Deutschland eine antinomische, wenn auch nicht unverschuldete Situation.

Das Ergebnis dieser Überlegungen bestätigt die Beurteilung von Hans Buchheim, der schreibt: „Ein Land vermag prinzipielle politische Neutralität nur dann auf die Dauer zu bewahren, wenn es entweder einen so großen Machtfaktor bildet, daß es ihm gleich sein kann, ob die anderen ihm vertrauen, oder aber wenn es das unbedingte Vertrauen der Weltöffentlichkeit besitzt, wie etwa die Schweiz. In jedem anderen Fall läuft der Versuch, prinzipiell neutral zu sein, letzten Endes doch darauf hinaus, daß man dem Einfluß einer anderen Macht erliegt. Daher wäre, ganz gleich, was die Deutschen selbst gewollt hätten, eine Neutralisierung Gesamtdeutschlands für die Westmächte unannehmbar gewesen. Denn entweder wäre dieses Deutschland ziemlich schwach geblieben, dann wäre es dem Druck der Sowjetunion ausgeliefert gewesen, zumal die sowjetische Regierung das Neutralitätsangebot bereits so formuliert hatte, daß es auf eine Einbeziehung Gesamtdeutschlands in ihren Einflußbereich hinauslaufen mußte, oder aber dieses Deutschland wäre sehr stark geworden, dann hätten sich die Alliierten fragen müssen, wozu sie eigentlich den Zweiten Weltkrieg geführt haben, wenn am Ende wieder ein starkes und tatsächlich völlig unabhängiges Deutschland gestanden hätte, dem sie nach wie vor mißtrauten, das aber erneut nationalsozialistische Machtpolitik hätte treiben können. Die gleiche Überlegung galt, soweit es um wirkliche Neutralität ging, auch für die Russen. Chruschtschow hat später einmal gesagt, die Sowjetunion werde zwar immer stark genug sein, die Einhaltung des österreichischen Staatsvertrags zu erzwingen, ein wiedervereinigtes Deutschland dagegen könne man nicht mit einem Stück Papier'binden."

6. Freie Wahlen

a) Kritik am westlichen Beharren auf freien Wahlen Die Frage der freien Wahlen in Gesamt-deutschland, die in der Märznote noch nicht ausdrücklich erwähnt wurde, stand im Mittelpunkt des sich anschließenden Notenaustausches zwischen der Sowjetunion und den Westmächten. Das Beharren des Westens auf freien Wahlen als erster Schritt zur Wiedervereinigung, der vor Beginn der Friedensvertragskonferenz hätte, sowie die Forderungen zu einem unabhängigen nach Überwachungsgremium dieser Wahlen trafen später auf harte Kritik. Gustav Heinemann erklärte in der schon erwähnten Bundestagsdebatte, daß die Parole „zuerst freie Wahlen" genau den Weg zu diesen Wahlen verschließen mußte. Paul Sethe bezeichnete diese Losung als unpolitisch, da sie völlig das Wesen jeder diplomatischen Verhandlung verkenne, die darauf hinziele, den Partner nicht bloßzustellen, sondern zu einem Einverständnis zu bewegen und zu einer Unterschrift zu bringen. Seiner Meinung nach hätte das Sicherheitsinteresse der Sowjetunion weit stärker berücksichtigt werden sollen. Aus diesem Grund hätte mit der Sowjetunion zuerst über den Preis verhandelt werden müssen, den sie für die Aufgabe ihres deutschen Herrschaftsbereiches forderte oder bekommen sollte. Nachdem man sich über diese Frage geeinigt hätte, hätte das Gespräch über freie Wahlen beginnen sollen In jüngster hat Klaus Zeit Erdmenger die Außen-und Deutschlandpolitik der Bundesrepublik in den Jahren 1949 bis 1955 einer sehr kritischen Betrachtung unterworfen. Er kommt zu dem Ergebnis, die Politik der Bundesregierung hinsichtlich der deutschen Wieder-Vereinigung und bezüglich der Sowjetunion habe ein Gefüge von Vorweg-Entscheidungen und einen Katalog moralisch-legalistischer Forderungen dargestellt. Das verbal dominierende Ziel der deutschen Politik sei von einem großen Wall von Bedingungen, maximalen Forderungen und Verfahrensmodalitäten umgeben gewesen. Sowjetische Vorstöße in der Deutschlandfrage hätten zumeist gar nicht das Zentrum der deutschen Wünsche getroffen, sondern sich im „Vorfeld" festgefahren, etwa bei der Frage der freien Wahlen

Die hier geäußerte Kritik läßt sich auf folgende Formel bringen: Das Verlangen nach freien Wahlen als Voraussetzung von Verhandlungen war die Trumpfkarte des Westens, um die Sowjetunion in die Defensive zu drängen und zur gleichen Zeit die eigenen Pläne ungestört zu vollenden. b) Einheit und Freiheit Man wird Sethe Recht geben, wenn er davon spricht, daß sich die Kunst der Diplomatie dadurch auszeichnet, sich in die Vorstellungswelt anderer Mächte hineinzuversetzen, um auf diesem Wege die eigenen Interessen um so sicherer zu realisieren. Aber dies gilt für alle Parteien. In der damaligen Situation wollte vor allem die Sowjetunion „etwas" und machte ein entsprechendes Angebot, das aber eben bei dieser für Deutschland wesentlichen Frage kein Entgegenkommen zeigte. Wäre die oft angeführte Sicherheitsangst der Sowjetregierung wirklich so groß gewesen, daß sie ernsthaft bereit gewesen wäre, auf ihren deutschen Herrschaftsbereich zu verzichten, um dadurch die westlichen Verteidigungsanstrengungen als überflüssig zu enthüllen, so hätte es an ihr gelegen, durch eine intensive diplomatische Tätigkeit hier Klarheit zu schaffen.

Es ist keineswegs einzusehen, warum ein Staat wie die Sowjetunion eine wichtige strategische Position mit der Überlegung aufgeben sollte, daß dies ihrer Sicherheit diene. Eine rein deutsche Armee konnte objektiv gesehen für die Sowjetunion nicht weniger beunruhigend sein als die in einem übernationalen Rahmen eingebundenen deutschen Kontingente, es sei denn, sie wünschte ihren Einfluß in Deutschland ständig geltend zu machen — und dies war, wie wir gezeigt haben, tatsächlich ihre Absicht.

Sethe nennt an einer anderen Stelle den 12. August 1953, den Tag der ersten russischen Wasserstoffbombenexplosion, als die Wende in der Geschichte der jüngsten Entwicklung der Wiedervereinigung. Seither sei die Sowjetunion nicht mehr bereit gewesen, den Preis für die Befriedigung ihres Sicherheitsverlangens zu zahlen, weil sich ihr Selbstbewußtsein gestärkt hätte Im Zusammenhang mit seiner Argumentation, die Frage der freien Wahlen hätte den Abschluß der Verhandlungen sein sollen, taucht hier ein Widerspruch auf. Die Entwicklung zur Wasserstoff-bombe war bereits ein Jahr zuvor weit fortgeschritten, der erfolgreiche Test war nur eine Frage der Zeit. Wäre der Westen so verfahren, wie dies von Sethe vorgeschlagen wurde, so wären im Verlauf der Verhandlungen wichtige Entscheidungen über die zukünftige Gestalt Gesamtdeutschlands getroffen worden, die Sowjets hätten die Herauslösung der Bundesrepublik aus dem Westbündnis als Voraussetzung weiterer Verhandlungen verlangt, sie hätten ihren Einfluß in einer provisorischen gesamtdeutschen Regierung gesichert und zugleich die westeuropäische Integration unterbunden. Wenn dann schließlich die Frage der freien Wahlen auf die Tagesordnung gekommen wäre, hätte das (nach Sethe) gestärkte sowjetische Selbstbewußtsein diesen Preis ver weigert. Es lag daher kaum im Interesse der Westmächte, aber auch nicht der Bundesrepublik, diese Frage zunächst in der Schwebe zu lassen.

Das Problem der freien Wahlen ist nicht im Vorfeld politischer Entscheidungen angesiedelt, wie Erdmenger meint, es ist nicht nach der jeweiligen taktischen Erfordernis auswechselbar, sondern es berührt das politische Selbstverständnis des deutschen Volkes. Wäre es nicht umgekehrt eine Zumutung gewesen, „auf eine frei gewählte, mithin auch frei abwählbare und somit politische Freiheit belassende Regierung verzichten zu sollen — es sei denn, wir hätten noch immer nicht gelernt, die politische Freiheit höher einzuschätzen als die nationalstaatliche Einheit" Die sehr einprägsamen Worte Friedrich Theodor Vischers, Abgeordneter in der Frankfurter Paulskirchenversammlung des Jahres 1848/49, konnten im zwanzigsten Jahrhundert nicht mehr gelten, das Erfahrungen vermittelt hat, die im 19. Jahrhundert unbekannt waren: „Vorerst gilt es, mit Bewußtsein auf einen Teil der Freiheit zu verzichten, um die Einheit zu erhalten; danach soll man durch einen ausdauernden geistigen Kampf die Freiheit zur Reife bringen. Der Freiheitspartei die Zu-kunft, der Einheitspartei die Gegenwart!" In dieser Situation war die deutsche Außenpolitik, um mit Ludwig Dehio zu sprechen, an einer „Wegegabel" angelangt; die Gefahr, „es könne die Einheit ein Vorfahrtsrecht beanspruchen vor der Freiheit" wird von den meisten Kritikern einfach übergangen. Ein Verzicht auf freie Wahlen wäre der Selbstentäußerung des demokratischen Gemeinwesens der Bundesrepublik gleichgekommen. Hier handelt es sich nicht um moralisch-ideologische Postulate, sondern einfach um eine Grundkategorie, die man nicht ungestraft verletzen kann. Entweder sieht man in freien Wahlen den originär politischen Entscheidungsvorgang, der alle nachfolgenden Entscheidungen legitimiert und auf den alle Entscheidungen sich letzten Endes wieder ausrichten, oder man sieht ihn eben nicht darin. c) Das demokratische Selbstverständnis der Bundesrepublik Daß man die Notwendigkeit freier Wahlen nicht von spezifischen Situationen abhängig machen konnte, darüber waren sich damals alle demokratischen Parteien einig. Der von der Regierung der DDR am 30. November 1950 vorgeschlagene „Gesamtdeutsche Rat" zur Bildung einer gesamtdeutschen provisorischen Regierung und zur Vorbereitung einer gesamtdeutschen Wahl wurde von Herbert Wehner als das Kernstück der kommunistischen Taktik jener Zeit bezeichnet. Dieser Gesamtdeutsche Rat sollte mit den Mitteln der soge-nannten Einheitsfront von unten zustande gebracht werden, um an Stelle der gewählten Volksvertretungen und der von ihnen gebildeten und kontrollierten Regierungen die Macht auszuüben Kurt Schumacher nannte ihn die „nationale Methode zur Erkämpfung der kommunistischen Diktatur in Deutschland" An anderer Stelle sagte er, der Brief sei eine Einladung an das deutsche Volk, gegen die westlichen Alliierten Front zu machen, sich nicht zu deutschen Interessen zu bekennen, sondern Bestandteil der russischen Außenpolitik zu werden. Was von der Sowjetpropaganda als deutsche Einheit verkauft werde, sei weder deutsch noch Einheit, von Freiheit ganz zu schweigen. Es sei die äußerliche Zusammenfassung des ganzen Deutschlands zu einer russischen Provinz mit deutschen Bewohnern. Eine deutsche Einheit sei nur dann möglich, wenn man die Freiheit des Westens auch dem Osten gebe

Die von Otto Grotewohl am 15. September 1951 der Bundesregierung vorgeschlagene „Gesamtdeutsche Beratung der Vertreter Ost-und Westdeutschlands" zur Durchführung freier Wahlen nannte Kurt Schumacher eine neue Variante der seit Beginn des Jahres vorgenommenen Umgruppierung der ganzen kommunistischen Strategie und Taktik. Das Ziel des erstrebten Friedensvertrages sei die Schaffung Sowjetdeutschlands, die dominierende Rolle der Sowjets bei der internationalen Kontrolle der Ruhr und die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als endgültige Friedensgrenze. Um nicht in den Verdacht zu geraten, als seien die alliierten Bestrebungen zur westeuropäischen Integration wichtiger als die deutsche Einheit, dürfe man an der neuen Situation nicht einfach vorbeigehen, sondern müsse der anderen Seite klar sagen, was man unter Freiheit für Deutschland verstehe. Das ostdeutsche Angebot sei solange ohne Bedeutung, als die Sowjetunion sich nicht bereit erklärt habe, die Freiheit der Wahlen anzuerkennen. Freie Wahlen erforderten, daß praktisch die Freiheit der politischen Parteien und der Presse schon vorher ohne Risiko gegeben sein müsse, einschließlich der absoluten Verfügungsfreiheit einer dafür eingesetzten internationalen Organisation, am besten der UNO

Bereits zuvor hatte der Bundestag am 9. März 1951 in einer Entschließung, der nur die KPD und Vertreter rechtsradikaler Splittergruppen nicht zustimmten, freie Wahlen als Ausgangspunkt einer Wiedervereinigung bezeichnet und unmißverständlich den Charakter des erstrebten Gesamtdeutschlands definiert: „Grundlage dieser Einheit ist der Aufbau des Rechtsstaates in freier Selbstbestimmung, der jedem Einwohner Deutschlands die volle persönliche staatsbürgerliche Freiheit und Gleichheit sichert. Wir wollen, daß ganz Deutschland ein Rechtsstaat ist, in dem freie Menschen ohne Furcht in Verantwortlichkeit füreinander leben, kein Zwangsstaat einer herrschenden Partei mit ihrem politischen, wirtschaftlichen und geistigen Terror." Auch im Hinblick auf die Märznote wurde von sozialdemokratischer Seite darauf hingewiesen, die Westmächte sollten in den kommenden Verhandlungen mit den Sowjets auf der Verwirklichung gesamtdeutscher freier Wahlen unter internationaler Kontrolle bestehen Nachdem die Sowjetunion in ihrer zweiten Note solche Wahlen zur Erörterung zu stellen bereit war, veränderte sich die Haltung der SPD insofern, als sie auf sofortige Verhandlungen über Einzelheiten der mit den Wahlen zusammenhängenden Fragen drängte, während Adenauer zuerst ein festes partnerschaftliches Verhältnis mit den Westmächten durch die Unterzeichnung der beiden Verträge herstellen wollte, um so der Gefahr zu entgehen, zwischen die Stühle zu geraten Es konnte allerdings kein Zweifel daran bestehen, daß die sozialdemokratische Partei ebenfalls auf freien Wahlen beharren wollte. d) Die kommunistische Auffassung von freien Wahlen In ihrer zweiten Note erachtete es die Sowjetregierung für notwendig, daß alle vier Regierungen „ohne Verzug die Frage der Durchführung freier gesamtdeutscher Wahlen erörtern". Freie gesamtdeutsche Wahlen wurden auch von den Westmächten gefordert, allerdings mit der Auflage, daß sie durch eine neutrale Beobachtergruppe der UNO gewährleistet würden, während die Sowjetregierung diese Aufgabe den vier Besatzungsmächten übertragen wollte. Ungeachtet dieser Divergenzen ergaben sich noch weitere Schwierigkeiten. Waren die Vorstellungen, die sich beide Seiten von freien Wahlen machten, identisch? Anfang März 1951 erklärte der Leiter des Informationsamtes der DDR, Gerhard Eisler, seine Regierung sei der Ansicht, daß die Volkskammerwahlen vom 15. Oktober 1950 als freie, geheime und allgemeine Wahlen vorbildlich gewesen seien Jene Wahl wurde jedoch auf der Grundlage einer Einheitsliste durchgeführt; wer die Wahlkabine benutzte, verriet sich als „Feind des Friedens". Hier wurde bereits die spezifische kommunistische Kategorie der freien Wahlen deutlich, die wiederum das westliche Insistieren auf einem unabhängigen Gremium, das von beiden Seiten jederzeit angerufen werden könnte, verständlich macht. Wenn schon eine definitorische Übereinstimmung nicht zu erzielen war, so sollte doch wenigstens eine Instanz von Fall zu Fall entscheiden können.

In der Märznote finden sich in diesem Zusammenhang zwei wichtige Punkte. Einerseits sollten den demokratischen Parteien und Organisationen freie Betätigung gewährleistet sein.

Sie sollten das Recht haben, über ihre inneren Angelegenheiten frei zu entscheiden, Tagungen und Versammlungen abzuhalten, Presse-und Publikationsfreiheit zu genießen. Andererseits wurden diese Rechte durch folgenden Satz eingeschränkt: „Auf dem Territorium Deutschlands dürfen Organisationen, die der Demokratie und der Sache der Erhaltung des Friedens feindlich sind, nicht bestehen." Damit gedachte sich die Sowjetunion eine Rechtsgrundlage zu schaffen, um jederzeit in die inneren Angelegenheiten Deutschlands eingreifen zu können, wenn sie dies für nötig hielt.

An freien Wahlen konnten also nur solche Organisationen teilnehmen, die „friedliebend und demokratisch" waren. Im Wahlgesetzentwurf der Volkskammer vom 9. Januar 1952 lautete der entsprechende Punkt: „Alle demokratischen Parteien, Organisationen und Vereinigungen haben die gleiche Freiheit für ihre Betätigung. Sie haben das Recht der Aufstellung von Kandidaten für die Nationalversammlung und die volle Freiheit der Wahl-agitation." Es war also eine Interpretationsfrage, welche Organisationen den geforderten Voraussetzungen entsprechen und welche nicht.

Betrachtet man wiederum die Regierungserklärung Grotewohls vom 14. März 1952, so bekommt jener Satz ein deutliches Relief. Da Grotewohl zufolge die Bundesrepublik auf dem Wege zur Militärdiktatur war, ergab sich daraus die Notwendigkeit, gewisse Veränderungen durchzuführen, damit die freie Tätigkeit der demokratischen Parteien wirklich gewährleistet würde, so wie dies seiner Darstellung entsprechend in der DDR der Fall sei:

„Es ist doch für uns alle klar, daß der Militarismus und der Revanchegeist, der in Westdeutschland sein Haupt erhebt, sich jetzt schon wieder auf dem Wege des Angriffs auf die demokratischen Freiheiten des deutschen Volkes befindet. Die verfassungsfeindlichen Handlungen des Bonner Kanzlers Adenauer, der hinter dem Rücken des deutschen Volkes mit den Oberkommissaren Verhandlungen über den Abschluß eines versklavenden und kriegerischen Generalvertrages führt, die Verfolgungen der Anhänger des Friedens und der Demokratie in Westdeutschland zeugen von der Entwicklung zu einer offenen Militärdiktatur. Das zeigt uns aber auch, wie notwendig die Errichtung eines wirklich friedliebenden Deutsch-land ist, in dem allen deutschen Bürgern demokratische Freiheiten und die Gleichberechtigung ohne Unterschied der Rassen, des Geschlechts oder der Religion gewährleistet sind und in dem die freie Tätigkeit der demokratischen Parteien und Organisationen sowie die Presse-und Verlagsfreiheit gesichert sein muß. Von selbst versteht sich, daß ferner Maßnahmen getroffen werden müssen, die die Tätigkeit von Organisationen, die der Demokratie und der Sache der Erhaltung des Friedens feindlich sind, ausschalten."

Die Alternativmöglichkeiten sahen demnach folgendermaßen aus: Entweder gingen die Westmächte von ihrer Forderung nach einer unabhängigen Kontrollinstanz für die Wahlen nicht ab, dann bedeutete dies, daß die Sowjetregierung die angebotenen freien Wahlen nicht stattfinden lassen würde, denn sie konnte eine Desavouierung ihrer bisherigen Politik in der DDR durch deren Bürger vor den Augen der Welt nicht hinnehmen, oder die Westmächte akzeptierten eine Viermächtekontrolle, dann hätte die Sowjetregierung zumindest für ihre eigene Zone bestimmt, welche Parteien zugelassen würden und wie ihre Zusammensetzung auszusehen hätte; es hätte sich die Farce einer freien Wahl abgespielt. Die Zwischenlösungen und schillernden Übergänge, die sonst gerade das Wesen der Diplomatie ausmachen, konnten hier nicht zur Wirkung gebracht werden, da sich in der Wahlfrage die nicht überbrückbaren Gegensätze zwischen den beiden Lagern kristallisierten. Eine Lösung konnte es nur geben, wenn eine der beiden Großmächte auf die eigenen Forderungen verzichtet hätte. Wir haben gezeigt, daß dies nicht der Fall war.

Es besteht kein Grund anzunehmen, daß sich die kommunistische Vorstellung von freien Wahlen in dem hier überblickten Zeitraum verändert hätte. Die Ausführungen Grotewohls sprechen bereits eine beredte Sprache. Sollten auch angesichts dieser Erklärung noch Zweifel bestehen, dann ist ein Artikel des Kultusministers der DDR, Johannes R. Becher, vom 15. Februar 1954 geeignet, sie gänzlich zu zerstreuen. Er nannte die Wahlen in Westdeutschland „Wahlen besonderer Art", die man nicht als frei bezeichnen könne, da sich die Wahlmaschinerie, der umfangreiche, vielschichtige Propagandaapparat, im Besitz der herrschenden Klasse befinde: „Selbstredend kann unter solchen Umständen in Westdeutschland von freien Wahlen nicht die Rede sein, solange nicht alle diejenigen Kräfte von der Vorbereitung und der Durchführung der Wahlen ausgeschaltet sind, die keineswegs ein Interesse daran haben, daß die wirk liche 85a) Volksmeinung durch die Wahlen zum Ausdruck kommt, sondern nur das eine Interesse, daß durch diese Wahlen ihre Herrschaft ein scheinbar demokratisches Gepräge erhält. Der demagogische Charakter der westdeutschen Wahlen ist für jeden, der hinter die Kulissen sieht, offenbar." Becher fordert demgegenüber „wirklich" freie Wahlen, bei denen alle die genannten kapitalistischen Bestandteile fehlen oder, wie er es ausdrückt, bei denen „alle solche eine freie Volksentscheidung störenden Elemente ausgeschaltet werden". Dafür sollten die „wirklich demokratischen Organisationen" für die Wahlen verantwortlich sein. „In der Deutschen Demokratischen Republik können wir von derartigen Entstellungen der freien Meinungsäußerung anläßlich von Wahlen nicht sprechen. Durch die Enteignung des Großgrundbesitzes und die Entmachtung der Kriegsverbrecher und des Monopol-kapitals ist die Grundlage zu wirklich freien Wahlen geschaffen. Wir stehen nicht an, uns mit solchen wahrhaft freien Wahlen für Gesamtdeutschland einverstanden zu erklären. Wenn die Garantie gegeben ist, daß das deutsche Volk wirklich so wählt, wie es seinen Interessen entspricht, wenn die deutschen Menschen wahrhaft frei wählen, dann kann es keinem, der sein deutsches Vaterland von ganzem Herzen liebt, um das Wahlresultat bange sein. Diese Wahlen allerdings werden anders ausfallen, ganz anders als diejenigen, die Herr Adenauer und der deutsche Imperialismus für wünschenswert halten."

Im Lichte solcher Erläuterungen verlieren die im ersten Teil dieses Kapitels angeführten Argumente, wonach das westliche Beharren auf freien Wahlen falsch gewesen sei, viel von ihrer Wirklichkeitsbezogenheit. Freie Wahlen, so wie sie in einem demokratischen Staatswesen üblich sind, hätten zum damaligen Zeitpunkt auf jeden Fall das Ende der kommunistischen Herrschaft in der DDR bedeutet — und das auf eine besonders aufsehenerregende Weise. Auch wenn die Wahlen erst am Ende der Verhandlungen gestanden hätten, nach der Festlegung des zukünftigen Status Deutschlands, hätte sich die Sowjetunion den Prestigeverlust durch ein freies Votum nicht leisten können. Es ist vorstellbar, daß eine Großmacht aus freien Stücken auf eine bisher verteidigte Position verzichtet und sich zurückzieht, es entspricht jedoch keineswegs den Gepflogenheiten von Großmächten, sich die politische Niederlage durch Wahlzet-* tel in aller Öffentlichkeit bestätigen zu lassen. Diese Überlegungen, aber vor allem auch die zitierten authentischen Interpretationen kommunistischer Politiker unterstreichen die damals gegebene Unmöglichkeit, freie Wahlen in ganz Deutschland durchzuführen. Von freien Wahlen aber Abstand nehmen, das heißt der Verzicht auf die Freiheit um der Einheit willen, das konnte aus dem politischen Selbstverständnis der Bundesrepublik und ihrer demokratischen Parteien nicht zur Diskussion stehen.

7. Die Ernsthaftigkeit des sowjetischen Angebotes

Weder die Frage der Neutralisierung Deutschlands noch die der freien Wahlen trafen in der Bundesrepublik auf grundsätzlich konträre Beurteilung. Der eigentliche Streitpunkt zwischen den Parteien lag darin, ob Stalins Angebot nicht doch eine Wiedervereinigungschance nach den Vorstellungen der deutschen Politiker enthielt. a) Unterschiedliche Beurteilung Während Gustav Heinemann die Märznote als eine ernst zu nehmende Verhandlungsgrundlage bezeichnete und hinzufügte, er glaube in politischen Dingen gar nichts, aber er sei bereit auszuprobieren meinte Adenauer, es sei nach wie vor Ziel der deutschen Politik, daß der Westen so stark werde, um mit der Sowjetunion zu einem vernünftigen Gespräch zu kommen. „Ich bin fest davon überzeugt, und auch die letzte Note Sowjetrußlands ist wieder ein Beweis dafür, daß, wenn wir auf diesem Wege fortfahren, der Zeitpunkt nicht mehr allzu fern ist, zu dem Sowjetrußland sich zu einem vernünftigen Gespräch bereit erklärt." Vor allem der Satz: „Die Sowjetregierung schlägt vor, diesen Entwurf zu erörtern, und erklärt sich gleichzeitig bereit, auch andere eventuelle Vorschläge zu dieser Frage zu prüfen", hat Heine-mann zur Auffassung bewogen, daß direkte Verhandlungen sinnvoll wären. Dagegen sah Adenauer in der Note vor allem den Versuch, die beiden Vertragswerke zum Scheitern zu bringen, durch die er die Gleichberechtigung und Souveränität der Bundesrepublik zu erlangen gedachte. Er fürchtete, die Hilfe der Westmächte aufs Spiel zu setzen, ohne die Russen für die deutsche Einheit zu gewinnen, wenn er in jenem Augenblick die Vertragsunterzeichnung zunächst einmal aufgeschoben hätte

Diese zum damaligen Zeitpunkt von Adenauer an den Tag gelegte mangelnde Bereitschaft, die Gegenseite, ihre Interessen und Schwächen abzutasten — die zentrale Aufgabe jeder Außenpolitik —, sei, so meint Karl Dietrich Bracher, Ausdruck einer negativen Abwehr schon im Vorfeld des Notenkrieges gewesen und Beweis für eine Politik „der starken, starren Defensive" und für „das unbewegliche, juristisch und institutionell verankerte Festhalten an einer einzigen Wiedervereinigungsstrategie, die doch gerade positive Stärke, Initiative, Befreiungsversuche mit politischen Mitteln verlangt hätte" 89a).

Nachdem die Sowjetregierung in ihrer zweiten Note angeboten hatte, die Frage der Durchführung freier gesamtdeutscher Wahlen zu erörtern und die Prüfung ihrer Voraussetzungen einer Viermächtekommission zu übertragen, kam die Sozialdemokratische Partei zu der Überzeugung, daß dieses Angebot aufgegriffen und auf seine Echtheit hin überprüft werden müßte. Kurt Schumacher schrieb am 22. April 1952 an Adenauer, es dürfe nichts unversucht bleiben, um festzustellen, ob die Sowjetnote eine Möglichkeit biete, die Wiedervereinigung Deutschlands in Freiheit durchzuführen. Dazu seien Vier-Mächte-Verhandlungen notwendig. „Wenn sich dabei herausstellen sollte, daß auch nach den letzten Noten der Sowjetregierung nicht die Möglichkeit gegeben ist, durch eine Vier-Mächte-Übereinkunft die Voraussetzung für freie Wahlen in den vier Zonen und Berlin zu gewährleisten, dann wäre doch auf jeden Fall klargestellt, daß die Bundesrepublik keine Anstrengung gescheut hat, um eine sich bietende Chance zur Wiedervereinigung Deutschlands und Befriedung Europas auszunützen."

Nach Schumacher sollten die Kommunisten nicht mehr länger mit der Einheitsparole operieren können, sondern dazu gebracht werden, ihre Karten auf den Tisch zu legen. Um dies zu erreichen, schien ihm eine Viermächtekommission (bei der allerdings gewährleistet sein müßte, daß keine deutsche Partei benachteiligt oder bevorzugt werden könnte) akzeptabel. Der SPD-Vorsitzende stellte also keineswegs die Behauptung auf, daß das sowjetische Angebot eine wirkliche Wiedervereinigungschance biete, sondern er regte nur eine Prüfung an, um eindeutig feststellen zu können, was die Sowjetregierung wirklich wollte. Die Unterzeichnung der beiden Vertragswerke sollte daher solange zurückgestellt werden, bis absolute Gewißheit über die sowjetische Absicht bestünde. „Die Wahrheit wirklich mit äußerster Klarheit festzustellen'1 wie Paul Sethe damals schrieb, wurde daher als die wichtigste Aufgabe der Westmächte bezeichnet. „Man muß zugeben, daß die SPD offenbar die deutsche Mentalität gut kannte, denn die Tatsache, daß der mathematisch sichere Beweis des Desinteresses der Sowjetunion damals nicht erbracht wurde, hat dazu geführt, daß in diesem Volk, welches dazu neigt, immer gerade das Unwahrscheinliche für wahrscheinlich zu halten, nun der Mythos einer . verpaßten Gelegenheit'wuchert, der mutatis mutandis in manchen Zügen an die Dolchstoßlegende der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg erinnert."

Adenauer sprach sich zwar auch für eine Prüfung durch Verhandlungen aus, aber nicht um den Preis eines Unterzeichnungsstopps der Verträge: „Ich jedenfalls werde alles tun, was in meinen Kräften steht, um jede irgendwie vorhandene gesamtdeutsche Chance auszunutzen. Aber niemand kann von mir erwarten, daß die Bundesregierung heute auf ihre Europapolitik verzichtet, oder daß sie sich damit einverstanden erklärt, eine gesamtdeutsche Regierung vor ihrem Bestehen auf einen solchen Verzicht festzulegen." b) Problematik von Verhandlungen in der damaligen Situation Die ganze Diskussion läuft also auf die Frage hinaus, ob die Westmächte in Konsultation mit der Bundesrepublik zunächst einmal auf die Unterzeichnung der Verträge hätten verzichten sollen zugunsten von Verhandlungen mit der Sowjetunion. Dagegen muß aber sofort die nächste Frage gestellt werden, ob dies überhaupt eine politische Möglichkeit zu jener Zeit war, ob „die Wahrheit wirklich mit äußerster Klarheit festzustellen" war?

Natürlich stößt eine theoretische Überlegung auf wenig Schwierigkeiten, die davon ausgeht, daß die Vertragsunterzeichnung einige Zeit hätte aufgeschoben werden müssen, während der die wahren Absichten der Sowjetunion in Viermächteverhandlungen hätten erkundet werden können. Die sowjetischen Politiker hätten sich damit unter dem Zwang befunden, eine deutliche Sprache zu sprechen. Flätte sich ihr Angebot als Bluff oder als unbefriedigend erwiesen, dann hätte man zwar einige Zeit verloren, aber dafür die Gewißheit eingehandelt, keine Chance versäumt zu haben. Die Verträge hätten dann immer noch, und jetzt mit gutem Gewissen, unterzeichnet werden können. Dies ist natürlich eine ganz und gar unpolitische Überlegung, die die spezifische Situation, in der jene Entscheidung zu treffen war, überhaupt nicht beachtet.

Es ist ein Irrtum, zu glauben, im politischen Bereich gäbe es eine objektive Wahrheit, wie etwa in der Mathematik, die ungeachtet, ob man sie sucht oder nicht, existiert, die es also nur zu finden gilt, um völlige Gewißheit zu erlangen. So ergibt das Produkt zweier negativen Größen eine positive, ganz gleich, ob der mit dem Problem Beschäftigte darauf kommt oder nicht. In der Politik allerdings kann man nicht davon ausgehen, daß die Lösung eines Problems bereits a priori feststeht. Sie kann bereits schemenhaft vorgegeben sein, ihre greifbare Gestalt gewinnt sie jedoch erst im Verlaufe des politischen Prozesses unter dem Einfluß von jeweils ganz unterschiedlich wirksamen Faktoren, wie Interesse, Grundüberzeugung, Verhandlungsführung.

Auf unseren konkreten Fall bezogen soll dies besagen: Die objektive Wahrheit über Stalins Absicht konnte gar nicht gefunden werden. Vielmehr hätten Verhandlungen die Aufgabe gehabt, Stalin auf eine unzweideutige Aussage festzulegen, wie er es mit freien Wahlen im westlichen Sinn halte. Niemand aber, der in Verhandlungen vorgibt, ein bestimmtes Ziel zu erreichen, welches er in Wahrheit gar nicht erstrebt, kann gezwungen werden, dies expressis verbis zu erklären. Die geforderte Aussage besteht aus einem Kern des unabänderlichen Willens und umstandsbezogener Erwägungen. Daraus ergibt sich, daß die sowjetischen Politiker auf jeden Fall versucht hätten, mit einer klaren Äußerung zu den vorgelegten Fragen möglichst lange hinter dem Berg zu halten, um ein Höchstmaß an Entgegenkommen durch den Verhandlungspartner zu erreichen. Nur so wäre ja für sie eine Konferenz sinnvoll gewesen. Die Konferenz hätte sich in die Länge gezogen, ganz nach sowjetischem Belieben; der westeuropäische Integrationsvorgang wäre in den Hintergrund des öffentlichen Interesses gerückt — er hätte Anziehungskraft und Anhänger verloren. Ein Nach-* lassen auf der Integrationsebene hätte jedoch sofort eine Schwächung auf der Wiedervereinigungsebene zur Folge gehabt, da die Sowjetunion dann schon einen Teil ihres Zieles erreicht hätte und demgemäß ihren eigenen Preis herabdrücken konnte. Die Möglichkeit, zur gleichen Zeit auf beiden Ebenen zu agieren, bestand nicht, weil die Sowjetunion ja gerade die Einbeziehung der Bundesrepublik in den Westen verhindern wollte, weil aber auch die Westmächte nicht bereit sein konnten, die Integration nur pro forma weiterzutreiben, um sie dann zur gegebenen Zeit wieder rückgängig zu machen. c) Die Dimension des Risikos Hinzu kommt noch ein weiterer Punkt. Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß das Interesse der Westmächte eindeutig auf die Konsolidierung Westeuropas gerichtet war, nachdem sich eine Lösung der Deutschland-frage in Zusammenarbeit mit der Sowjetunion als unmöglich erwiesen hatte. Wenn Adenauer versucht hätte, nach den langwierigen Verhandlungen mit den Westmächten plötzlich eine zweigleisige Politik zu treiben, so hätte dies sofort das immer noch latent Vor-hände Mißtrauen geweckt. Die Westmächte waren entschlossen, Deutschland die Freiheit zur Schaukelpolitik nicht zuzugestehen. Wenn daher von einer bundesrepublikanischen „Politik der Einbahnstraße" gesprochen wird, so wird ein wesentlicher Gesichtspunkt außer acht gelassen, den der handelnde Politiker beachten muß. Es ist dies die Dimension des Risikos. Die Chance, durch das Beharren seitens der Bundesrepublik auf direkten Verhandlungen der Westmächte mit der Sowjetunion nähere Aufschlüsse über die sowjetischen Absichten zu erhalten und dadurch einen Schritt der Einheit näherzukommen, war unendlich geringer als das Risiko, auf diese Weise das bisher erworbene, gerade während der Vertragsverhandlungen gefestigte Vertrauenskapital wieder zu verlieren. Gleichheit und Souveränität, also die Freiheit, und die deutsche Einheit befanden sich alle im gleichen Risikobereich der deutschen Außenpolitik; weder die Freiheit noch die Einheit waren selbstverständlich. Unter dieser Konstellation war eine Politik nach Bismarck, nämlich „im geschichtlichen Wechsel der Lagen das staatliche Interesse in dienender Anpassung an die Bindungen der Stunde wahrzunehmen" völlig illusorisch. Es galt 1952, die sich bietenden Chancen gegeneinander abzuwägen und auf deren Verwirklichung hinzuarbeiten, die die größtmögliche Sicherung versprach. Das sowjetische Angebot enthielt diese Sicherung nicht, wie wir anhand der Fragen der Neutralisierung und der freien Wahlen nachgewiesen haben.

Man könnte an dieser Stelle einwenden, daß die Westmächte 1959 im sogenannten Herter-Plan zwei der ehemaligen sowjetischen Forderungen aufnahmen (Einsetzung eines gemischten deutschen Ausschusses und einer Überwachungskommission entweder zusammengesetzt aus UN-Personal oder Vertretern der Vier Mächte zusätzlich deutscher Mitglieder) und von der zuvor immer vertretenen Priorität freier Wahlen Abstand nahmen Warum sollte 1952 nicht möglich gewesen sein, was 1959 erfolglos angeboten wurde? Die Antwort ergibt sich aus dem zuvor Gesagten. Die politische Situation war inzwischen völlig gewandelt. Die Souveränität und Gleichberechtigung der Bundesrepublik waren seit vier Jahren gesichert. Sie mußte bei den westlichen Staaten nicht mehr einen Wall von Mißtrauen abtragen, sie konnte von einer gefestigten Vertrauensbasis aus Politik treiben. Alle diese Faktoren waren 1952 nicht gegeben, sondern vielmehr Gegenstand mühsamer Anstrengungen seitens der Außenpolitik der Bundesrepublik. d) Sowjetische Respektierung der nationalen Interessen Deutschlands? War Stalins Angebot ernst gemeint? Boris Meissner bejaht diese Frage und sieht darin eine sowjetische Initiative, die in stärkerem Maße bereit war, nationalen deutschen Interessen Rechnung zu tragen und zu einem geregelten Verhältnis mit dem Westen zu gelangen. Für seine Auffassung macht er folgende Gründe geltend: Die Sowjetunion habe in jener Zeit die Schaffung einer neutralen Staatenzone beabsichtigt, die Ost und West trennen sollte. In seiner 1952 erschienenen Schrift „Ökonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR" habe Stalin seine Überzeugung vom Wiederaufstieg Deutschlands und Japans und von der Unvermeidbarkeit von Konflikten und Auseinandersetzungen in der kapitalistischen Welt zum Ausdruck gebracht. Die Stärkung Deutschlands und Japans werde daher als im Interesse der Sowjetunion hingestellt, da sie die Widersprüche innerhalb des kapitalistischen Lagers vergrößere. Stalin habe, wie aus seinen Äußerungen in seinem letzten Regierungsjahr hervorgehe, die Möglichkeit einer langfristigen Koexistenz gesehen. Als weiteren Beweis führt Meissner die konstruktivere Deutschlandpolitik Berijas und Malenkows in der kurzen Zeit nach Stalins Tod bis zum Sturz Berijas an, die beide auch bereits in der Zeit vom Herbst 1951 bis Frühjahr 1952 betrieben hätten

Die Behauptung von der stärkeren Berücksichtigung der nationalen deutschen Interessen durch Stalin in jener Zeit ist in mehrfacher Hinsicht anfechtbar. Zwar antwortete Stalin bei einem Interview am 31. März 1952 auf die Frage, ob er den gegenwärtigen Zeitpunkt für eine Vereinigung Deutschlands geeignet halte, daß er dieser Meinung sei Damit ging er aber keineswegs über die bisher bekannte sowjetische Haltung hinaus. Die Wiedervereinigung Deutschlands wurde seit 1950 unverändert als sofort durchführbar dargestellt, wenn die Deutschen sich nur untereinander verständigen würden. Die Herstellung der Einheit wurde nie ohne die gleichzeitige Verankerung des sowjetischen Einflusses geplant und auch angeboten. Die Vokabel „Wiedervereinigung" war nicht ohne weiteres der Anerkennung der legitimen nationalen Interessen Deutschlands gleichzusetzen, weil dazu unauflöslich das Moment der Freiheit gehört.

Die Märznote muß auch im Zusammenhang mit den der UNO vorgelegten sowjetischen Abrüstungsvorschlägen vom 19. März 1952 gesehen werden, in denen das gleichzeitige Verbot der Atomwaffen und die proportionale Herabsetzung der konventionellen Streitkräfte um ein Drittel (im Laufe eines Jahres) gefordert wurden Das Verlangen nach Abzug aller Besatzungstruppen, Wiedervereinigung und Neutralisierung Deutschlands lief unter diesem Gesichtspunkt gesehen eindeutig auf eine Schwächung der westlichen und eine Stärkung der sowjetischen Position hinaus, da die Machtstellung der Sowjetunion in Europa dann ohne Gegengewicht gewesen wäre und ihre innere Dynamik auf intensive Einflußnahme zumindest in Deutschland gedrängt hätte. Insofern könnte man annehmen, daß es der Sowjetunion mit ihrem Angebot ernst war — ernst von ihrem Standpunkt aus, den Aufbau und die Entwicklung eines Gesamtdeutschland maßgeblich zu gestalten. Daher kann wohl nicht von der Respektierung der nationalen deutschen Interessen gesprochen werden.

Die von Meissner angeführten diplomatischen Schritte der Sowjetunion gegenüber Norwegen, Italien, der Türkei, der Schweiz und Schweden waren vor allem Ausdruck der sowjetischen Bemühungen, ihre Einbeziehung in das westliche Bündnissystem zu verhindern oder auch ihre Anlehnung an den Westen abzuwenden, was sie auch im Hinblick auf die Bundesrepublik, hier aber mit viel größerem Nachdruck und Einsatz, erstrebte. Angenommen, die Sowjetregierung habe als Fernziel wirklich eine Neutralisierung aller dieser Staaten projektiert, was nicht zu beweisen ist, so muß wieder hervorgehoben werden, daß keine westliche Regierung ihre Politik auf dieser ungewissen Annahme aufbauen konnte. Der Unsicherheitsfaktor bei der Beurteilung der wirklichen sowjetischen Absichten mußte zur Vorsicht mahnen.

Wenn Stalin in seiner Schrift vom sicheren Wiederaufstieg Deutschlands sprach, so dachte er mit großer Wahrscheinlichkeit an Westdeutschland. Er schrieb: „Es fragt sich, welche Garantien es gibt, daß Deutschland und Japan nicht wieder auf die Beine kommen, daß sie nicht versuchen werden, aus der amerikanischen Knechtschaft auszubrechen und ein selbständiges Leben zu führen? Ich denke, solche Garantien gibt es nicht. Daraus folgt aber, daß die Unvermeidlichkeit von Kriegen zwischen den kapitalistischen Ländern bestehen bleibt." Mit dem Begriff „Deutschland" verband er die Vorstellung von der Bundesrepublik, die ja nach sowjetischer Version in amerikanischer Knechtschaft war; die DDR konnte logischerweise darin gar nicht eingeschlossen sein. Im Gegensatz zu Meissner und Achminow scheinen uns die Ausführungen Stalins dahin gehend interpretiert werden zu müssen, daß er die Bundesrepublik als einen Machtfaktor ansah, der bald an Bedeutung zunehmen und Gegensätze im westlichen Lager heraufbeschwören würde, die sich die Sowjetunion zu Diensten machen konnte. Gerhard Wettig ist der Auffassung, daß es kaum vorstellbar sei, daß sich Stalin von der vagen Hoffnung, eine sowjetische Verständigungsbereitschaft könne die Westmächte eines Tages wieder zu einem Krieg gegeneinander verführen, zur Aufgabe der sowjetischen Position in Deutschland veranlaßt gesehen haben sollte. Stalin habe in der Verschärfung der Spannungsmomente zwischen dem besetzten Westdeutschland und seinen Besatzungsmächten den Hebel gesucht, der die Bundesrepublik gegen den Westen aufstacheln und dann an die Seite der Sowjetunion hinüberdrängen würde

Es ist schließlich nicht einzusehen, wieso die unbestreitbar konstruktivere Deutschlandpolitik Berijas und Malenkows unmittelbar nach dem Tode Stalins — einer Phase, in der es, wie wir aus einer Rede Chruschtschows aus dem Jahre 1963 wissen wirklich eine kurzfristige Chance zur Wiederherstellung der deutschen Einheit gegeben hatte, die jedoch in starkem Maße mit der Person Berijas verbunden war — in direkten Zusammenhang mit der sowjetischen Politik im Frühjahr 1952 gebracht werden kann. Während Stalin vor allem damit beschäftigt war, die Ingetrationsbestrebungen in Westeuropa mit allen diplomatischen und propagandistischen Mitteln zu unterlaufen, mußten seine Nachfolger 1953 ihre Hauptaufgabe darin sehen, ihre internen Schwierigkeiten zu meistern, die sich aus dem Kampf um die Machtpositionen ergaben, und zugleich durch eine neue Wirtschaftspolitik sich einen gewissen Rückhalt bei den Massen zu verschaffen. Die sowjetische Führung war daher an der Verminderung der weltpolitischen Spannungen sehr interessiert und trug dazu bei, daß am 27. Juli 1953 in Korea ein Waffenstillstand geschlossen werden konnte. Auch in ihrer Deutschlandpolitik steuerte sie einen Kurs, der Entlastung zu bringen versprach; Berija befürwortete anscheinend ein radikales politisches Reformprogramm für die DDR Wenn auch die Akteure der sowjetischen Politik in beiden Fällen die gleichen waren, so waren doch ihre Hauptaufgaben und auch die Motive ihres Handelns unterschiedlich. Im Frühjahr 1953 wollte die neue sowjetische Führung ernsthafte Verhandlungen mit dem Westen; sie manifestierte daher ihren Verständigungswillen unzweideutig. Malenkow sprach in seiner Regierungserklärung nicht nur davon, daß es zur Zeit keine Streitfrage oder ungelöste Frage gäbe, die nicht auf friedlichem Wege, auf der Grundlage gegenseitiger Vereinbarung gelöst werden könnte die Sowjetführung lieferte auch Beweise ihres Verständigungswillens: sie nahm einen britisch-sowjetischen Luftzwischenfall im Luftkorridor nach Berlin zum Anlaß, in versöhnlichem Ton eine Dreimächtekonferenz über Probleme der Luftsicherheit in Deutschland vorzuschlagen der Druck auf die Türkei hörte auf die diplomatischen Beziehungen mit Jugoslawien und Israel wurden wieder hergestellt schließlich ließ die Sowjetführung ihre Einwände gegen den neuen UN-Generalsekretär Hammarskjöld fallen und trug zum Waffenstillstand in Korea bei

Diese diplomatischen Zeichen wurden von westlicher Seite sogleich verstanden. Der Präsident der Vereingten Staaten, Eisenhower, deutete an, daß er in der sowjetischen Haltung eine gewisse Lockerung zu bemerken glaubte Premierminister Churchill äußerte sich weit optimistischer. Er begrüßte die Reihe freundlicher Gesten der Sowjetunion und schlug eine alsbaldige Viererkonferenz ohne feste Tagesordnung vor, da ihm die Situation für eine allgemeine Entspannung besonders günstig erschien. Als konkreten Beitrag regte er die Schaffung eines Vertrags-systems nach dem Vorbild des Locarnopaktes an Daß auch damals keine Ergebnisse erzielt wurden, lag an dem Debakel der sowjetischen Liberalisierungsversuche, die in den Ereignissen des 17. Juni und in der Folge davon mit dem Sturz Berijas und der Entmachtung Malenkows endeten.

Wenn Klaus Erdmenger das Gefüge der Außenpolitik in der Bundesrepublik als so starr und ohne Möglichkeit der Korrektur bezeichnet, weil die Bundesregierung und Koalition einseitig auf die der Bundesrepublik förderliche westliche Integrationspolitik fixiert, die Opposition aber eindeutig nach rückwärts festgelegt gewesen sei oder wenn er an anderer Stelle vom Pragmatismus nach Westen und politischer Eschatologie nach Osten spricht so muß diese Aussage für die Situation im Frühjahr 1952, und nur die interessiert uns hier, zurückgewiesen werden. Erdmenger übersieht die Tatsache, daß die Beurteilungskriterien der damaligen Entscheidungen nicht auf moralische Kategorien reduziert wurden, sondern die legitim politisch-pragmatischen Überlegungen einbezogen wurden, wie es mit dem Verhältnis von Risiko und Chance stand, welche Anzeichen auf eine gewandelte sowjetische Auffassung von der Zukunft Deutschlands schließen ließen. Aus der vorangehenden Untersuchung ergibt sich, daß auch bei einer äußerlich veränderten sowjetischen Politik die ihr zugrunde liegenden Absichten und Zielvorstellungen keineswegs mit den Vorstellungen der demokratischen Parteien und der großen Mehrheit der Bevölkerung der Bundesrepublik in Einklang gebracht werden konnten. Angesichts der bei der Frage der Neutralisierung und der freien Wahlen aufgeführten Gründe läßt sich mit einiger Sicherheit feststellen, daß es damals für Deutschland keine Wiedervereinigungschance gegeben hat. Es wäre im Sinne einer rationalen Auseinandersetzung über die Grundfragen der deutschen Außenpolitik zu wünschen, daß Hermann Pünder nicht recht behält, wenn er schreibt, daß, ehe sich nicht die Archive der Kabinette öffnen, die Frage unter den Zeitgenossen streitig bleiben werde, ob damit nicht eine Sternstunde deutscher Nachkriegsgeschichte vertan worden sei

Wer allerdings den mathematischen Beweis im Bereich des Politischen fordert, wird auch mit unserer Argumentation nicht zufrieden sein. Ihm muß jedoch entgegengehalten werden, daß es absolut theoretische Gewißheit in einer originär politischen Situation überhaupt nicht geben kann — einer Situation, in der sich mehrere Entscheidungsmöglichkeiten anbieten, die unter dem Gesichtspunkt von Risiko und Chance gegeneinander abgewogen werden müssen. Die Folgen des nicht gewählten Weges lassen sich nicht verstandesmäßig erfassen; ihre Irrelevanz ist daher auch nicht schlüssig zu beweisen. Der Bereich des theoretisch Denkbaren ist immer größer „als der Bereich dessen, was sich praktisch als Unmöglichkeit erweisen läßt. Jemand, der in seiner Jugend durchs Examen gefallen ist, kann im Alter immer eine theoretische Kausalkette entwikkeln, wonach er Landesgerichtsdirektor geworden wäre, wenn er nur seinerzeit das Examen bestanden hätte; kein Mensch ist in der Lage, ihm diese theoretische Möglichkeit mit absoluter Gewißheit zu widerlegen. Es ist dieses . Niemandsland'zwischen theoretisch möglicher Behauptung und dem schlüssig Widerlegbaren, in dem sich politische Illusionen und historische Legenden anzusiedeln pflegen."

Literatur

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Wettig, Gerhard: Entmilitarisierung und Wiederbewaffnung in Deutschland 1943— 1955, München 1967.

Ders.: Politik im Rampenlicht, Frankfurt 1967.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Einen guten Überblick zu diesem Problem gibt Günther Franz (Hrsg.), Teilung und Wiedervereinigung. Eine weltgeschichtliche Übersicht, Göttingen 1963.

  2. Dokumente zur Deutschlandpolitik, III. Reihe/Band 1 (5. Mai bis 31. Dezember 1955), bearbeitet von Ernst Deuerlein unter Mitwirkung von Hans-jürgen Schierbaum, Frankfurt-Berlin 1961, S. 234 f. u. S. 361.

  3. Verhandlungen des deutschen Bundestages, 3. Wahlperiode, Stenographische Berichte, Bd. 39, Bonn 1958, S. 385— 399.

  4. Ebd., S. 402.

  5. Zit. nach Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 12. März 1969, S. 10.

  6. Vgl. Gerhard Wettig, Entmilitarisierung und Niederbewaffnung in Deutschland 1943— 1955, München 1967, S. 234 ff.

  7. Archiv der Gegenwart 1950, S. 2587 C.

  8. Hervorh d. Vers.

  9. Hervorh. d. Vers.

  10. Hervorh. d. Vers.

  11. Hervorh. d. Vers.

  12. Die Bemühungen der Bundesrepublik, a. a. O., S. 43 f.

  13. Ebd., S. 59 f.

  14. Ebd., S. 61 f.

  15. Archiv der Gegenwart 1952, S. 3595 F.

  16. Archiv der Gegenwart 1951, S. 2983 E, 2995 A.

  17. Dokumente zur Deutschlandpolitik der Sowjetunion ßd. 1, Berlin 1957, S. 280— 287.

  18. Arnold Bergstraesser, Weltpolitik als Wissenschaft, Köln und Opladen 1965, S. 37.

  19. Ebd., S. 37.

  20. Vgl. z. B. die Regierungserklärung Grotewohls vom 14. März 1952, in: Tägliche Rundschau vom 15. März 1952, S. 3. Er erklärte u. a.: „Damit hat der Kampf der deutschen Patrioten um den beschleunigten Abschluß eines Friedensvertrages und die Wiederherstellung der Einheit des deutschen Staates eine so tatkräftige und wirksame Unterstützung erfahren, wie sie die kühnsten Erwartungen nicht zu erhoffen wagten. Wiederum hat sich das Sowjetvolk in historischer Stunde als der gute und treue Freund des deutschen Volkes erwiesen. Ich spreche im Namen aller deutschen Patrioten, die sich nach Frieden und Einheit für ihr Vaterland sehnen, wenn ich von dieser Stelle aus dem Sowjetvolk, der Sowjetregierung und ihrem Vorsitzenden, Generalissimus Stalin, für diese große Hilfe unseren tiefempfundenen Dank ausspreche . . . Die selbstlose Freundschaft der Sowjetunion zum deutschen Volke findet besonders in der Tatsache ihren Ausdruck, daß das deutsche Volk in der Note der Sowjetregierung und in ihrem Entwurf für einen Friedensvertrag mit Deutschland als gleichberechtigter Partner behandelt wird . . . Die in der Note und dem Entwurf der Sowjetregierung für einen Friedensvertrag mit Deutschland enthaltenen Vorschläge stellen einen in der Geschichte beispiellosen Freundschaftsbeweis für das deutsche Volk dar, wie er nur von einem sozialistischen Staate erbracht werden kann."

  21. Tägliche Rundschau vom 15. März 1952, S. 3 (Hervorh. d. Vers.).

  22. Vgl. Klaus Törnudd, Soviet attitutes towards non-military regional co-operation, Helsingfors 1961; Gerda Zellentin, Die Kommunisten und die Einigung Europas, Frankfurt—Bonn 1964.

  23. Zellentin, a. a. O., S. 13.

  24. Tägliche Rundschau vom 8. Mai 1952, S. 2.

  25. Vgl. Herman Achminow, Die sowjetische Deutschlandpolitik in den Jahren 1952/53, in: Osteuropa, 14. Jg. 1964, H. 4, S. 255.

  26. Dokumente zur Deutschlandpolitik der Sowjetunion, Bd. I, a. a. O., S. 253 f.

  27. Archiv der Gegenwart 1950, S. 2587 C.

  28. Dokumente zur Deutschlandpolitik der Sowjetunion, Bd. I, a. a. O., S. 243— 253.

  29. Die Bemühungen der Bundesrepublik, a. a. O., S. 21 f.

  30. Archiv der Gegenwart 1951, S. 3114 A.

  31. Tägliche Rundschau vom 16. September 1951, S. 1 u. 3; Die Bemühungen der Bundesrepublik, a. a. O., S. 35 ff. — Grotewohl hatte diesen Appell in großer Hast auf sowjetische Veranlassung wenige Tage vor dem 15. September ausgearbeitet; vgl. dazu: Konrad Adenauer, Erinnerungen 1953 bis 1955, Stuttgart 1966, S. 55.

  32. Wettig, a. a. O., S. 497.

  33. Achminow, a. a. O., S. 255 f.

  34. Jäckel, a. a. O„ S. 83— 86.

  35. Die Bemühungen der Bundesrepublik (Neue Folge 1955), a. a. O., S. 183— 186.

  36. Man vergleiche einmal die jeweiligen Haupt-schlagzeilen auf der Titelseite der „Täglichen Rundschau" in der Zeit vom 12. Februar bis 12. März 1952: „Gemeinsam gegen die Gewalt-politik von Bonn" (12. 2.) — „Alles für die Verständigung — alles für den Frieden" (13. 2.) — „Regierung der DDR an die vier Großmächte" (14. 2.) — „Friedensvertrag — die Forderung aller Deutschen" (15. 2.) — „Ganz Deutschland stimmt der Friedensinitiative der Regierung der DDR zu“ (16. 2.) —: „Friedensschritt der Regierung der DDR wird in ganz Deutschland unterstützt" (17. 2.) — „Das Volk fordert den Friedensvertrag" (19. 2.) — „Friedensvertrag — der Wille aller Deutschen" (20. 2.) — „Regierung der UdSSR antwortet der Regierung der DDR“ (21. 2.) — „Freudige Zustimmung zur sowjetischen Antwort" (22. 2.) — „Ein sicherer Weg zur friedlichen Entwicklung" (23. 2.) — „Ost und West einig — Friedensvertrag" (24. 2.) — „Friedensvertrag bannt Gefahren der Remilitarisierung" (25. 2.) — „Das deutsche Volk fordert einmütig Friedensvertrag" (28. 2.) — „Die Regierung der DDR dankt der Regierung der UdSSR" (29. 2.) — „Ein Ruf geht durch Deutschland: Einheit und Friedensvertrag" (1. 3.) — „Regierung der DDR fordert offene Antwort von Bonn" (4. 3.) — „Schluß mit Bonns Ausweichmanövern!" (5. 3.) — „Der Wille des deutschen Volkes ist klar!" (6. 3.) — „Das Volk ist stärker als Bonn" (7. 3.) — „Neue Manöver Adenauers" (8. 3.) — „Bonn darf sich nicht drücken" (9. 3.).

  37. Boris Meissner, Die Sowjetunion und Deutschland 1941 bis 1967, in: Europa-Archiv, 22. Jg. 1967, F. 14, S. 522 f.

  38. Ebd., S. 523.

  39. Zit. nach Tägliche Rundschau vom 13. März 1952, S. 1 (Hervorh. d. Vers.).

  40. Georg Dertinger, Demokratischer, nicht imperialistischer Frieden!, in: Tägliche Rundschau vom 9. April 1952, S. 3 (Hervorh. d. Vers.).

  41. Kommentar von V. Vesely in Radio Prag am 1. 4. 1952 um 19. 15 Uhr, zit. nach Gerhard Wettig, Politik im Rampenlicht, Frankfurt 1967, S. 177 (Hervorh. d. Vers.).

  42. Neues Deutschland vom 4. Mai 1952; vgl. auch Walter Ulbricht, Zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Bd. IV, Berlin 1958— 1960, S. 333 f.

  43. Vgl. Grotewohls Regierungserklärung vom 14. März, in: Tägliche Rundschau vom 15. März 1952, S. 3:

  44. Zit. nach Hans Hartl/Werner Marx, Fünfzig Jahre sowjetische Deutschlandpolitik, Boppard 1967, S. 305 f.

  45. Prawda vom 29. Mai 1952, S. 1, zit. nach The Current Digest of the Soviet Press, Vol. IV No. 18, 1952, S. 11.

  46. Zit. nach Wettig, Politik im Rampenlicht, a. a. O., S. 160.

  47. Ebd., S. 159 (Hervorh. d. Vers.).

  48. Archiv der Gegenwart 1953, S. 4192 B (Hervorh.

  49. Otto Grotewohl, Ewige Freundschaft mit den Völkern der Sowjetunion!, in: Tägliche Rundschau vom 8. November 1952, S. 5:

  50. Georg Dertinger, Mit unserer Politik des Friedens vertreten wir die patriotische Sache des ganzen deutschen Volkes, in: Tägliche Rundschau vom 10. Mai 1952, S. 3:

  51. Anton Ackermann, Rapallo oder Locarno?, in: Tägliche Rundschau vom 16. April 1952, S. 3.

  52. Wilhelm Pieck, Der Rapallovertrag und seine nationale Bedeutung für das deutsche Volk, in: Tägliche Rundschau vom 17. April 1952, S. 3.

  53. Außenpolitik, 3. Jg. 1952, H. 7, S. 409 ff.

  54. Paul Sethe, Zwischen Bonn und Moskau, Frankfurt 1956, S. 40— 51.

  55. Vgl. Adenauer, a. a. O., S. 82 f.

  56. Ebd., S. 84 ff.

  57. Ebd.

  58. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. März 1952, S. 1.

  59. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 15. März 1952, S. 1.

  60. Ludwig Dehio, Deutsche Politik an der Wege-gabel, in: Deutschland und die Welt. Zur Außenpolitik der Bundesrepublik 1949— 1963, hrsg. von Hans-Adolf Jacobsen und Otto Stenzl, München 1964, S. 114.

  61. Raymond Aron, Französische Gedanken über die deutsche Einheit, in: Außenpolitik, 3. Jg. 1952, H. 9, S, 577.

  62. Walter Lippmann, Amerikanische Gedanken zur deutschen Einheit, in: Außenpolitik, 3. Jg. 1952, H. 12, S. 775— 783.

  63. Wolfram F. Hanrieder: West German foreign policy 1949— 1963. International pressure and domestic response, Stanford 1967, S. 68.

  64. Hans Buchheim, Die Legende von der verpaßten Gelegenheit, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 15. April 1969, S. 18.

  65. Sethe, a. a. O, S. 62— 66.

  66. Klaus Erdmenger, Das folgenschwere Mißverständnis. Bonn und die sowjetische Deutschland-politik 1949— 1955, Freiburg 1967, S. 151.

  67. Sethe, a. a. O., S. 82.

  68. Buchheim, a. a. O., S. 19.

  69. Zit. nach Heinz J. Varain: 1949— 1919— 1949. Zur Verfassungsgeschichte Deutschlands. Informationen zur politischen Bildung, Folge 133, März/April 1969, S. 8.

  70. Dehio, a. a. O., S. 110.

  71. Vgl. Jürgen Weber, Die sowjetische Nachkriegspolitik als Ursache der westlichen Neuorientierung. Kommunistische Beeinflussungsversuche der westlichen Deutschlandpolitik 1950/51, in: Politische Studien, 20. Jg. 1969, H. 185, S. 269— 285.

  72. Verhandlungen des deutschen Bundestages, 1. Wahlperiode, Stenographische Berichte, Bd. 9, Bonn 1951, S. 6703.

  73. Ebd., Bd. 6, S. 4765.

  74. Archiv der Gegenwart 1951, S. 2785 C.

  75. Ebd., S. 3123.

  76. Die Bemühungen der Bundesrepublik, a. a. O., S. 32.

  77. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 12. März 1952, S. 1.

  78. Vgl. Adenauer, a. a. O., S. 84— 87.

  79. Europa-Archiv 1951 (1.), S. 3871; vgl. Adenauer, a. a. O., S. 28— 31.

  80. Die Bemühungen der Bundesrepublik, a. a. O., S. 63.

  81. Tägliche Rundschau vom 15. März 1952, S. 3. 85a) Hervorh. d. Vers.

  82. Wie freie Wahlen aussehen müssen, in: Tägliche Rundschau vom 15. Februar 1954, S. 1.

  83. Die Welt vom 13. März 1952, S. 1.

  84. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 17. März 1952, S. 1.

  85. Vgl. Adenauer, a. a. O., S. 86— 89.

  86. Abgedr. bei Adenauer, a. a. O., S. 84 ff.

  87. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 12. März 1952 S 1

  88. Buchheim, a. a. O., S. 19.

  89. Bulletin des Presse-und Informationsamtes der Bundesregierung vom 26. April 1952, Nr. 47, S. 488.

  90. Erdmenger, a. a. O., S. 156.

  91. Hans Herzfeld, Die moderne Welt 1789— 1945, I. Teil: Die Epoche der bürgerlichen Nationalstaaten 1789— 1890, Braunschweig 1964, S. 220.

  92. Vgl. Heinrich v. Siegler, Wiedervereinigung und Sicherheit Deutschlands. Eine dokumentarische Diskussionsgrundlage, Bonn-Wien-Zürich 19645, S. 141— 144.

  93. Meissner, a. a. O., S. 521 f.

  94. Tägliche Rundschau vom 3. April 1952, S. 1.

  95. Wilhelm Cornides, Die Westmächte und Deutschland. Geschichte der jüngsten Vergangenheit 1945— 1955, Tübingen 1957, S. 253 f.

  96. Boris Meissner, Rußland, die Westmächte und Deutschland, Hamburg, 1953, S. 289.

  97. Archiv der Gegenwart 1952, S. 3681 A.

  98. Wettig, Entmilitarisierung, a. a. O., S. 521.

  99. Chruschtschow sagte am 8. März 1963: „Bereits in den ersten Tagen nach dem Tod Stalins begann Berija Schritte zu unternehmen, die die Arbeit der Partei desorganisierten und auf die Untergrabung der freundschaftlichen Beziehungen der Sowjetunion zu den Bruderländern des sozialistischen Lagers gerichtet waren. Gemeinsam mit Malenkow schlugen sie beispielsweise provokatorisch vor, die Deutsche Demokratische Republik als sozialistischen Staat zu liquidieren und empfahlen der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, auf die Losung des Kampfes für den Aufbau des Sozialismus zu verzichten. Das Zentralkomitee der Partei hat damals empört die verräterischen Vorschläge abgelehnt und den Provokateuren eine vernichtende Abfuhr erteilt." — Laut Prawda vom 10. März 1963, zit. nach Meissner, Die Sowjetunion und Deutschland, a. a. O., S. 522 f.; vgl. auch Walter Osten, Die Deutschlandpolitik der Sowjetunion in den Jahren 1952/53, in: Osteuropa, 14. Jg. 1964, H. 1, S. 1— 13; Harald Laeuen, Berijas Deutschland-politik, ebd., H. 4, S. 257 f.

  100. Zbigniew K. Brzezinski, Der Sowjetblock. Einheit und Konflikt, Köln-Berlin 1962, S. 176— 179.

  101. Archiv der Gegenwart 1953, S. 3909 A.

  102. Ebd., S. 3932 A.

  103. Ebd., S. 4084 A.

  104. Ebd., S. 4037 E, 4084 B.

  105. Ebd., S. 3931 F.

  106. Ebd., S. 4094 A.

  107. Europa-Archiv 1953 (1.), S. 5731— 5734.

  108. Ebd., S. 5738— 5744.

  109. Erdmenger, a. a. O., S. 157.

  110. Ebd., S. 111.

  111. Hermann Pünder, Von Preußen nach Europa. Lebenserinnerungen, Stuttgart 1968, S. 489.

  112. Buchheim, a. a. O., S. 19.

Weitere Inhalte

Jürgen Weber, cand. phil., geb. am 19. September 1944, Studium der Politikwissenschaft, Romanistik und Geschichte in Mainz und Straßburg, promoviert z. Z. über den Europarat. Veröffentlichungeh: Die demokratische Alternative zum Kommunismus, in: Politische Studien, 19. Jg., H. 178, 1968; Die Bemühung der Beratenden Versammlung des Europarats um Effektivität, in: Europa-Archiv, 23. Jahr, H. 19, 1968; Sinn und Problematik der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 48/68; Ursache der westlichen Neuorientierung. Kommunistische Beeinflussungsversuche der westlichen Deutschlandpolitik 1950/51, in: Politische Studien, 20. Jg. 1969, H. 185, S. 269— 285; Utopisches Denken als Faktor der politischen Wirklichkeit, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 22/69, S. 14— 22.