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Ordnung und Konflikt als Grundprobleme der politischen Bildung | APuZ 1/1970 | bpb.de

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APuZ 1/1970 Ordnung und Konflikt als Grundprobleme der politischen Bildung

Ordnung und Konflikt als Grundprobleme der politischen Bildung

Erwin Schaaf

/ 46 Minuten zu lesen

I. Politik als Kampf um die rechte Ordnung — Folgerungen für die politische Bildung

Politik und Ordnung sind untrennbare Begriffe, wenn sich das Wesen der Politik in der Aufgabe zeigt, „das Gemeinwesen zu ordnen und zu sichern" Sofern Politik aber auch „Kampf um die rechte Ordnung" ist, steht sie in ebenso engem Bezug zum Konflikt. Das gilt besonders im Hinblick auf die demokratische Gesellschaftsordnung, die sich zum Prinzip des Pluralismus bekennt und folglich der Vielzahl ihrer konträren politischen Kräfte den Kampf um die rechte Ordnung gestatten muß. Der Konflikt ist damit als wesentliches Merkmal der politischen Gestaltung nicht hinwegzudenken. „Wer eine Gesellschaft ohne Konflikte herbeiführen will", sagt Dahrendorf, „muß dies mit Terror und Polizeigewalt tun; denn schon der Gedanke einer konfliktlosen Gesellschaft ist ein Gewaltakt an der menschlichen Natur." Diese Worte klingen überzeugend; dennoch stimmen sie bedenklich, wenn mit einem Blick auf die gegenwärtige Konfliktsituation in der Bundesrepublik die Frage nach der Ordnung gestellt wird.

Ist der Konflikt eine Bedingung der Ordnung oder steht er zu ihr im Widerspruch? Wieweit darf der Konflikt als fruchtbar gelten und wann schlägt er um in Destruktion? Ist nicht die Ordnung gefährdet, wenn linksradikale und rechtsextreme Kräfte die Konfliktsituation so verschärfen, daß ein Ausgleich nicht mehr möglich ist? Diese Fragen sind berechtigt und verlangen nach einer Klärung, wenn nicht die Konflikttheorie die sich in den letzten Jahren rasch verbreitet und viele Anhänger erworben hat, den Bestand und die Funktionsfähigkeit des gesellschaftlich-politischen Ordnungsgefüges gefährden soll. Deshalb ist es verständlich, daß die Begriffe Ordnung und Konflikt die augenblickliche politische Diskussion in der Bundesrepublik wesentlich mitbestimmen. Leider jedoch werden beide Begriffe mit so verschiedenen Inhalten aufgeladen, daß der ohnehin verworrene Dialog zwischen den konträren Gruppen zusätzlich erschwert wird. Doch das ist nicht einmal das Bedenklichste. Besorgniserregender ist die sich mehr und mehr abzeichnende Tendenz, die Begriffe Ordnung und Konflikt als propagandistische Schlagworte zu mißbrauchen.

Während die radikale Linke den kompromißlosen, unbegrenzten Konflikt als legitimes Mittel revolutionärer Gesellschaftserneuerung bis zum Selbstzweck verabsolutiert verkündet die extreme Rechte eine „schlichte Ord-nung" die der Staat als „Wahrer des Ganzen" garantiert, indem er die „kleinen Gemeinschaften und gesellschaftlichen Gruppen" in der „großen Gemeinschaft" verbindet, so „Geborgenheit" schafft und das „Leben des einzelnen mit Sinn und Wert" erfüllt Mit diesem Ordnungsbegriff wird die unterschwellige Sehnsucht des Menschen nach dem „kollektiven Gehege" der harmonischen Gemeinschaft angesprochen, die sicherlich das Ende des offenen Konflikts, zugleich aber auch der Freiheit bedeuten würde. Diese Ordnung sollte uns zur Genüge durch den Gleichschaltungsprozeß während des Dritten Reiches verleidet worden sein. Wir lehnen sie als Unordnung totalitärer Prägung ebenso ab, wie wir das über den extremen Konflikt angestrebte utopisch-anarchistische Gesellschaftsbild der radikalen Linken als Mißform der Ordnung verneinen. Beide Ordnungsvorstellungen widersprechen dem freiheitlich-demokratischen Ordnungsbegriff und sind als irrationale Heilslehren zu entlarven, die auf Unterdrückung des Individuums hinauslaufen.

Die Radikalisierung des Konflikts zwingt die gesellschaftstragenden Kräfte, nach den Ursachen der ordnungsgefährdenden Tendenzen zu forschen, um geeignete Gegenmaßnahmen ergreifen zu können. Das jedoch setzt eine kritische Analyse der bestehenden gesellschaftlich-politischen Verhältnisse voraus und verlangt zugleich nach Besinnung auf die wahren Werte demokratischer Ordnung. Vor allem aber kommt es darauf an, unverfälschte Ordnungsvorstellungen im Bewußtsein der Bevölkerung zu verankern. Diese Aufgabe ist mit an erster Stelle der politischen Bildung zugedacht.. Nachdem der Mißachtung demokratischer Grundsätze und dem intoleranten Absolutheitsanspruch der extremen Gruppen mit rationalen Argumenten nicht mehr zu begegnen ist, wird die Hoffnung auf den „mündigen Staatsbürger" gesetzt, der zwischen wahrer Ordnung und falschen Versprechungen zu unterscheiden vermag und den extremen Kräften die Gefolgschaft versagt. Da jene „Mündigkeit" eine Frage der Bildung ist, versteht es sich, daß seit dem Ausbruch der Unruhe unter der jungen Generation das Thema politische Bildung mehr und mehr an Aktualität gewonnen hat. Rückblickend wird Bilanz gezogen: Was hat die politische Bildung bisher geleistet? Trägt sie womöglich Schuld an der Gesellschaftskrise, weil es ihr mangels einer richtigen didaktischen Konzeption nicht gelang, echtes demokratisches Staatsbewußtsein zu fördern? Diese Rückbesinnung ist verknüpft mit der Frage, nach welchen Grundsätzen künftig die politische Bildung zu gestalten ist, um ihre Wirksamkeit im Sinne wahren Demokratieverständnisses und verantwortungsbewußter Teilnahme am politischen Geschehen zu steigern.

Diese Fragestellung bestimmte insbesondere die Bundestagsdebatte vom 15. November 1968 Die Antwort der Regierung gab der Bundesminister des Innern in seiner Erklärung über die Ursache der Unruhe unter der Jugend und die Ziele und Elemente künftiger politischer Bildungsarbeit, die darin gipfelt, die politische Bildung müsse mehr als bisher ein realistisches Demokratieverständnis vermitteln. Das in unseren Schulen bis heute allzuhäufig vermittelte Harmoniemodell gemeinschaftsideologischer Prägung sei zu ersetzen durch eine gesellschaftlich-politische Ordnungsvorstellung, die den Begriffen Interesse, Konflikt und Macht einen legitimen Platz im politischen Geschehen einräume. „Demokratie", so heißt es zusammenfassend, „ist demnach wirklichkeitsnah mit all ihren Vorzügen und Schwächen darzustellen. Dann erscheint sie als eine Ordnung, die den Menschen zwar nicht ein konfliktloses Zusammenleben ermöglicht, die jedoch den Freiheitsraum des einzelnen am besten schützt und zugleich erlaubt, die natürlichen Interessengegensätze der Bürger und gesellschaftlichen Gruppen in menschenwürdiger Form auszutragen."

Der Ordnungsbegriff steht im Mittelpunkt der von der Regierung dargelegten Konzeption politischer Bildung; und zwar ist jene Ordnung gemeint, die in der Würde des Menschen verwurzelt und zugleich dem Gesamt der Gesellschaft verpflichtet ist, die personale Entfaltung und gesellschaftlich-politische Gestaltung integriert. Es ist die Ordnung, die den Konflikt der um die'Verwirklichung ihrer je eigenen Ordnungsvorstellung ringenden Individuen und Gruppen in sich hineinnimmt, sofern die Grenzen demokratischer Grundordnung nicht überschritten werden. Ordnung und Konflikt stehen also nicht in einem gegensätzlichen Verhältnis, sondern in einem Bedingungszusammenhang. Rechtverstandene Konflikte intendieren Ordnung und wahre Ordnung bejaht Konflikte als Faktoren realer Ordnungsverwirklichung. Konflikte beseitigen hieße deshalb demokratische Ordnung aufheben.

Demnach wäre es falsch, zwischen Ordnung und Konflikt eine Dialektik zu konstruieren oder gar das Wesen des Politischen in der Dialektik Ordnung—Konflikt zu sehen Dieses Denkmodell verzerrt das Verhältnis zwischen Ordnung und Konflikt, indem es den Konflikt aus dem Ordnungsbegriff heraus-nimmt und verselbständigt. So entsteht die Gefahr, den Konflikt als Alternative zur Ordnung —-selbst bei ausdrücklicher Bejahung — letztlich doch als notwendiges Übel zu bewerten und in seiner ordnungsbedingenden Funktion zu verkennen. Diese Fehldeutung ist selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn die erwähnte Dialektik als komplementär verstanden wird. Jedes dialektische Denken sollte in bezug auf Ordnung und Konflikt vermieden werden, weil es eine Entstellung des demokratischen Ordnungsbegriffes darstellt. In diesem versteht sich der Konflikt immer nur als Mittel zum Zweck, als Kampf um die rechte Ordnung. Als solcher ist er Wesensbestandteil und Bedingung der Ordnung zugleich.

Diese Grundeinsicht, die zugleich ein Bekenntnis zur Demokratie darstellt, ist nicht zu widerlegen mit dem Hinweis auf sogenannte „negative" Konflikte, die die Grenzen der Ordnung überschreiten und sich gegen sie wenden. Hier ist nicht der Konflikt an sich das Negative, sondern die ihn entfachende destruktive Ordnungsvorstellung. Hier tritt nicht der Konflikt gegen die Ordnung auf, sondern die in ihm sichtbar werdende Unordnung. Deshalb nützt es wenig, den Konflikt zu bekämpfen, ohne gegen die ihn bewegende falsche Ordnungsvorstellung anzugehen Wo das jedoch nicht möglich ist, weil sich ideologische und utopische Dogmatik rationalen Argumenten verschließt, bleibt als letztes Mittel leider nur, mit legaler Gewalt gegen die äußeren Phänomene des Konflikts einzuschreiten. So läßt sich jedoch ein Konflikt nicht beseitigen, sondern lediglich von der Oberfläche in den Untergrund verdrängen. Solange seine Wurzeln, die andere Ordnungsvorstellung, nicht beseitigt sind, schwelt er im stillen weiter, um bei nächster Gelegenheit hervorzubrechen.

Destruktive Konflikte lassen sich schwer überwinden, wie die augenblickliche Auseinandersetzung mit den links-und rechtsradikalen Gruppen in unserer Gesellschaft zeigt. Deshalb ist'es unerläßlich, solchen Konflikten vorzubeugen. Vorbeugen aber heißt in erster Linie, eine realistische, aus dem Verständnis demokratischer Ordnung hergeleitete Vorstellung über das Verhältnis zwischen Ordnung und Konflikt gewinnen. Diese Vorstellung wird künftig auch über die didaktische Konzeption der politischen Bildung bestimmen müssen, falls diese ihrer Aufgabe als Erziehung zur Demokratie gerecht werden soll.

Es ist vor allem das Verdienst der Konflikt-theorie, die grundlegende Einsicht in das Verhältnis zwischen Ordnung und Konflikt vermittelt und dadurch das Demokratieverständnis auf eine höhere Ebene gehoben zu haben. Doch es besteht die Gefahr, die Konflikttheorie durch unkritische oder propagandistische Entstellung des Konfliktbegriffs in eine Konflikt-ideologie zu verzerren Andererseits sind die Vertreter der Konflikttheorie nicht davor geschützt, fälschlicherweise der ideologischen Bewußtseinsfälschung bezichtigt zu werden, wie der Umgang mit extremen Gruppen lehrt. Während die radikale Linke dem „Establishment" vorwirft, es bediene sich der Konflikt-theorie als einer Ideologie mit in Wahrheit repressiver Absicht gegen nonkonformistische Gruppen, und aus dieser Behauptung das Recht zum unbegrenzten revolutionären Konflikt ableitet, verketzert die extreme Rechte die Konflikttheorie als scheinbare Legitimation egoistischen Parteigezänks, dem sie durch eine höhere Ordnung ein Ende zu setzen verspricht.

Vor solchen Vorwürfen ist die Konflikttheorie schwerlich zu schützen. Wie jede gesellschaftlich-politische Theorie ist sie durch Mißbrauch gefährdet, vielleicht sogar in erhöhtem Maße, weil sie durch die Integration von Ordnung und Konflikt gegen den herkömmlichen tiefverwurzelten harmonischen Ordnungsbegriff verstößt und eine Umorientierung des Bewußtseins verlangt, die das Denken breiter Bevölkerungsschichten überfordert. Das Bekenntnis zur Konflikttheorie setzt auf jeden Fall einen langwierigen Bildungsprozeß voraus, der am ehesten bei der noch unvoreingenommenen heranwachsenden Generation auf Erfolg hoffen läßt. Es wird daher vor allem Aufgabe der politischen Bildung in den Schulen sein, die durch die Konflikttheorie vermittelten Einsichten unter Bejahung der Grundwerte der freiheitlichen Demokratie unverfälscht zu einem Fundament gesellschaftlich-politischen Ordnungsbewußtseins in den Staatsbürgern von morgen anzulegen.

Trägt die Didaktik der politischen Bildung diesen Anforderungen Rechnung? Wie steht es zur Zeit um ihre Grundlagen, ihre Inhalte und Ziele? Wird es nötig sein, die vorliegenden didaktischen Entwürfe zu korrigieren, oder bedarf es von Grund auf neuer Konzeptionen? Diese Fragen bewegen nicht nur die politisch Verantwortlichen, wie die Bundestagsdebatte vom 15. November 1968 zeigte, sondern mehr noch die Didaktiker selbst. Es sind Fragen, die nicht erst seit Ausbruch der Studentenunruhen gestellt, sondern in einer nicht abreißenden Diskussion immer wieder aufgerollt werden, seit politische Bildung in unseren Schulen gefordert wird. Das schlägt sich deutlich in der kaum zu übersehenden Fülle von Abhandlungen zur politischen Bildung nieder Ja, es ist durchaus verständlich, daß mancher, des vielen Fragens überdrüssig, mit Bedauern fest-stellt: „Politische Bildung und kein Ende." Dennoch sind diese Worte unangebracht; denn es gehört zum Wesen der politischen Bildung, in Offenheit zur Gesellschaft die Frage nach ihren Grundlagen, Inhalten und Zielen immer wieder neu zu stellen, um den je verschiedenen gesellschaftlich-politischen Herausforderungen in rechter Weise entsprechen zu können. Deshalb ist politische Bildung nicht als „ein konsolidiertes und in seinen Gegenstandsbereichen klar umrissenes Fach", sondern als „beunruhigender und beanspruchender Auftrag, in dem die Konfliktstruktur unserer Gesellschaft besonders deutlich in Erscheinung tritt", zu verstehen Das bedeutet andererseits, daß in Zeiten gesteigerten Konfliktes die didaktische Reflexion zunehmen muß. So erklärt es sich, daß sich die Diskussion um die politische Bildung mit Ausbruch der Unruhe in unserer Gesellschaft merklich gesteigert hat Vor allem geht es um Themen grundsätzlicher Art. Besondere Beachtung wird den Grundwerten der demokratischen Gesellschaftsordnung gewidmet; denn die Gefährdung des Gemeinwesens durch extreme Kräfte macht die Besinnung auf einen verbindlichen Konsensus alles gesellschaftlich-politischen Geschehens erforderlich, um von hier die Kriterien für rechte und falsche Ordnung zu gewinnen Auf diese Kriterien kann die politische Bildung auf keinen Fall verzichten, wenn sie ihre Aufgabe ernst nimmt, den jungen Menschen zur verantwortlichen Teilnahme an der Gestaltung der gesellschaftlich-politischen Ordnung anzuleiten und anzuregen. In diesem Punkt herrscht weitgehend Übereinstimmung; die Ansichten trennen sich jedoch bei der Frage, welche konkreten didaktischen Folgerungen daraus abzuleiten sind. Sollte der Bildungsprozeß von der Realität des Politischen, etwa dem aktuellen Konfliktfall, ausgehen, so daß sich der Educandus, eingetaucht in die volle Problematik des Gegenstandes, nach und nach die erforderlichen Grunderfahrungen, Einsichten, Wertvorstellungen und die Entschlossenheit zur Wertverwirklichung aneignen könnte? Oder empfiehlt es sich, systematisch durch Herbeiführung einer Begegnung mit ausgewählten und didaktisch aufbereiteten Bildungsinhalten ein Fundament von Ordnungsvorstellungen, Verantwortungsbewußtsein und Verantwortungsbereitschaft anzulegen? Hat die Analyse des gesellschaftlich-politischen Phänomens, das als Unterrichtsgegenstand dient, „wertneutral" oder von einer vorwegbezogenen Wertposition her zu erfolgen, falls es zu einem möglichst lebendigen Wert-und Ordnungsbewußtsein und nicht zu einer starren Gesinnung kommen soll? Sind überhaupt Analyse und Reflexion, Erkennen und Werten, Rationalität und Emotionalität zu trennen, und auf welche Seite, die rationale oder emotionale, ist der Akzent zu setzen?

Diese Fragen, die nur einen Teil der didaktischen Problemkreise erfassen, sind schwerlich eindeutig, allgemeinverbindlich zu beantwor-ten. Auf keinen Fall aber sollte die Antwort, zu der sich der Didaktiker entscheidet, einseitig ausfallen. Das jedoch glaubt Hans-Günther Assel in den Denkansätzen der Didaktik der politischen Bildung nachweisen zu können

Mit seiner Kritik und seinen eigenen didaktischen Vorschlägen werden wir uns im folgenden näher auseinandersetzen. Dabei richten wir unseren Blick weiterhin vor allem auf den Problemkreis Ordnung und Konflikt.

II. Ordnung und Konflikt in der didaktischen Reflexion der politischen Bildung

1. Dialektik zwischen Ordnung und Konflikt.

Wiederherstellung des Gemeinwohls im begrenzten Konflikt

Hans-Günther Assel untersucht die didaktischen Entwürfe der politischen Bildung in der Bundesrepublik und stellt in ihren Denkansätzen eine dialektische, von einem Extrem in das andere gleitende Entwicklungstendenz fest. Nachdem die politische Bildung durch das harmonische, gemeinschaftsideologisch verbrämte Gesellschaftsmodell der fünfziger Jahre auf einen Irrweg geleitet worden ist, droht sie seines Erachtens nun unter dem Einfluß der Konflikttheorie in eine nicht minder bedenkliche Richtung getrieben zu werden. Das sucht er insbesondere über die Analyse der didaktischen Entwürfe Hermann Gieseckes und Karl Christoph Lingelbachs nachzuweisen. Beide Autoren überbewerten seines Erachtens in der Grundlegung ihrer didaktischen Konzeptionen den Konfliktbegriff unter Vernachlässigung des Ordnungsbegriffs so stark, daß er glaubt befürchten zu müssen, die „Dialektik des Politischen" werde infolge dieser Einseitigkeit schließlich „auf den Konflikt reduziert", dieser zum „A und O der politischen Bildung" erhoben und die „Frage nach der menschenwürdigen politischen Ordnung und ihren Grundbedingungen" nicht mehr gestellt

Assel sieht sich deshalb veranlaßt, einer solchen Fehlentwicklung durch den Vorschlag eines „neuen Denkansatzes" vorzubeugen.

Ausgehend von der Ansicht, die an sich wertvolle Konflikttheorie bedürfe der Ergänzung durch eine „Ordnungstheorie", weil sich das „Dialektische des Politischen" in „Ordnung und Konflikt" enthülle, dem man am besten mit einem „theoretischen Pluralismus" gerecht werde, will er das „Fundament politischer Bildung" in den „Grundkategorien Ordnung und Konflikt" angelegt wissen Besondere Beachtung muß die politische Bildung seines Erachtens künftig dem Gemeinwohlbegriff widmen; denn politische Bildung, „die den Gemeinwohlbegriff nicht zur Sprache bringt, verzichtet auf die Klärung eines Grundbegriffes politischer Ethik" In dem Bemühen um „allseitige Gerechtigkeit" und die Erweckung eines „sozialen Gewissens" sieht er Möglichkeiten gegeben, das „Gemeinwohldenken" zu fördern. Auch die „vernünftige Konflikttheorie sorgt sich", wie er betont, „um die Wiederherstellung des Gemeinwohls" und reduziert sich so auf eine Theorie des „begrenzten Konfliktes"

Schließlich sieht Assel die wichtigste Aufgabe 'der politischen Bildung darin, „im vernünftigen Dialog die konstitutiven Ordnungsnormen" zu erfassen, „die sich aus einer , komparativen'Analyse als die spezifischen Wert-qualitäten ergeben, die für eine menschenwürdige Ordnungs-und Existenzform unabdingbar sind" Er hält es für möglich, im politischen Unterricht über „Normenanalyse, Normenkritik und Normenentscheidung''den Heranwachsenden zu „einer universalverbindlichen Zielvorstellung“ zu führen. Diese jedoch, so hebt er hervor, „bedarf einer präzisen Inhaltsdefinition, damit sie nicht als „Leerformel’ diskreditiert wird. Nicht nur formale Freiheitsrechte, sondern die in der konkreten Lebensordnung verwirklichten, immer wieder umstrittenen und neu überprüften Normen erhalten jenen relativen Gültigkeitscharakter, der zur sinnvollen Ordnung beiträgt"

Diese Grundgedanken zur Didaktik der politischen Bildung, die wir ihres Zusammenhanges wegen zunächst kritiklos referiert haben, erwecken in mancher Hinsicht Bedenken. Abgesehen davon, daß der von Assel als neu angebotene Denkansatz der didaktischen Liteiatur nicht ganz unbekannt ist stimmen wir seiner Begründung auf dem dialektischen Modell Ordnung—Konflikt nicht zu. Die Einwände gegen ein dialektisches Verständnis der Begriffe Ordnung und Konflikt haben wir bereits vorgetragen. Weitere Bedenken weiden sich ergeben, wenn wir zu der von Assel geäußerten Kritik an den didaktischen Entwürfen Gie -seckes Lingelbachs näher und Stellung nehmen.. Beide Autoren messen dem Konflikt zweifellos eine große Bedeutung in der didaktischen Grundlegung der politischen Bildung bei. Die kritische Frage nach den Grenzen des Konfliktbegriffs ist deshalb durchaus angebracht Zu Recht weist Assel unter Berufung Theodor auf Litt auf die dialektische Entwicklungstendenz der didaktischen Theorie hin, sich die besonders im Bereich der politischen Bildung nachweisen läßt Ebenso läßt sich über die Geschichte der Wissenschaft beweisen, daß jede Theorie irgendwelche Schwächen besitzt Das gilt jedoch dann auch für die von Assel in Ansätzen dargebotene Theorie. Die Frage ist deshalb, ob der politischen Bildung mit dieser Theorie oder mit den von Giesecke und Lingelbach entwickelten didaktischen Gedanken besser gedient ist. Darüber hinaus ist zu untersuchen, ob nicht bereits andere didaktische Entwürfe vorliegen, die dem von Assel angeschnittenen Problemkreis Ordnung und Konflikt in ausgewogener Form gerecht werden 2. Integration von Ordnung und Konflikt Wenden wir uns zunächst den didaktischen Entwürfen Gieseckes und Lingelbachs zu. Weder der eine noch der andere, das sei im voraus festgestellt, lassen bei sachlicher Analyse befürchten, das Politische könne auf den Konflikt reduziert und dieser zum A und O der politischen Bildung erhoben werden. Unbegründet sind auch die von Assel geäußerten Bedenken, die Frage nach der menschenwürdigen politischen Ordnung könne entfallen und die normativen Begriffe wie Konsensus, Grundeinsichten, Gemeinwohl, Kooperation und Solidarität seien bedroht, abgewertet zu werden Eher trifft das Gegenteil zu. Giesecke wie auch Lingelbach messen gerade diesen Begriffen große Bedeutung bei, sehen sie jedoch nicht dialektisch zum Konflikt, sondern als Gegenstand des durch Konflikt bestimmten Ringens um ordnende Wertverwirklichung bei Anerkennung eines unabdingbaren Grundkonsensus. Darin stimmen sie durchaus mit dem Großteil der Didaktiker der politischen Bil -dung überein Wie diese, sehen sie das Wesen der politischen Bildung grundsätzlich in der Vermittlung eines wertorientierten, zur verantwortlichen politischen Beteiligung drängenden Ordnungsbewußtseins, das im Rahmen einer pluralistischen Gesellschaft notwendig den Konfliktbegriff in sich hineinnimmt. Insofern ist nicht der Konflikt Grundbegriff der politischen Bildung, sondern die Ordnung, die durch Einsichten in die Problematik des gesellschaftlich-politischen Daseins des Menschen über den Prozeß sachlicher Analyse und wertender Reflexion zu erfassen ist. Hierbei leistet der Konflikt als wesentliche Kategorie des Politischen im Zusammenhang mit einer Reihe anderer politischer Kategorien nicht zu entbehrende Hilfe. Deshalb ist der Konflikt als ein Grundbegriff neben anderen in den Denkansatz der Didaktik politischer Bildung einzubeziehen. Sein didaktischer Wert ist jedoch vor allem funktional zu begreifen, denn wie er soziologisch als konstruktive Bedingung der Ordnungsverwirklichung zu verstehen ist, dient er didaktisch der Entschlüsselung des Ordnungsbegriffs.

Die Unterscheidung zwischen didaktischer Kategorie und Kategorie des Politischen ist Voraussetzung für das Verständnis der Denkansätze Gieseckes und Lingelbachs. Während die Kategorie des Politischen Einblick in die komplexe Struktur des politischen Phänomens gewährt, steuert die didaktische Kategorie die Vorüberlegungen des auf Bildung angelegten Unterrichts Beide Arten von Kategorien sind jedoch, ebenso wie Realität und Bildung, aufeinander bezogen. Priorität allerdings beansprucht die didaktische Kategorie, die im Interesse menschenwürdiger Daseinsgestaltung nach den Bedingungen und Zielen der Bildung fragt. Insofern intendieren didaktische Kategorien immer Ordnung, ohne jedoch den Inhalt dieser Ordnung im einzelnen festzulegen. Dieser ist vielmehr für den jeweiligen Gegen-

Standsbereich mit dessen eigenen Kategorien zu bestimmen, das heißt für den Bereich des Politischen mit Hilfe der Kategorien des Politischen. Da nun aber das Politische in alle Daseinsbereiche individueller und gesellschaftlicher Existenz des Menschen hineingreift, so daß es zu vielfältigen Überschneidungen kommt, lassen sich insbesondere die Sollenswerte des Politischen nicht angemessen allein mit den Kategorien des Politischen erfassen. Das gilt vor allem für die allgemeinverbindlichen Werte geordneten Daseins, die in den Grundrechten des Menschen ihren Niederschlag finden. Sie sind als unabdingbare Ordnungsvorstellungen dem Politischen letztlich axiomatisch vorgegeben Darin herrscht weitgehend Übereinstimmung; die Frage ist nur, nach welcher didaktischen Konzeption die politische Bildung dazu beitragen kann, den heranwachsenden jungen Menschen zur unverfälschten Einsicht in das komplexe Ordnungsgefüge gesellschaftlich-politischen Daseins zu führen und zur verantwortlichen Ordnungsverwirklichung in seinem und des Ganzen Interesse zu motivieren. Giesecke und Lingelbach zeigen Wege, nach denen unseres Ermessens dieser schwierigen Aufgabe entsprochen werden kann. Das sei des näheren in Erwiderung auf die von Assel vorgetragene Kritik unter den Aspekten Ordnung und Konflikt dargestellt. a) Politische Urteilsbildung und Beteiligung durch kategoriale Analyse aktueller Konflikte

Giesecke stellt seine didaktischen Erwägungen unter den Leitgedanken: „Was muß man heute alles lernen, um sich erfolgreich politisch betätigen zu können?"

Nach Erörterung grundsätzlicher Fragen politischer Bildung stellt er fest: „Worauf es dem politischen Unterricht ankommen muß, ist das üben des politischen Urteils an Ernstfragen des öffentlichen Lebens." Als allgemeingefaßten Ziel-begriff des politischen Unterrichts nennt er die „politische Beteiligung" Um seiner Aufgabe gerecht zu werden, muß der politische Unterricht den Schüler an die volle Realität des Politischen heranführen. Diese ist nach Ansicht Gieseckes allein in der „aktuellen politischen Kontroverse", im Konflikt, greifbar; denn politisch im eigentlichen Sinn ist nur das, „was in einer Gesellschaft umstritten ist oder wird" Deshalb ist der Konflikt, verstanden als konkreter aktueller Konfliktfall, der Gegenstand des politischen Unterrichts, und Tatbestand des Konflikts wird zum Kriterium der Stoffauswahl Insofern sieht es Giesecke „von der Sache her auch gerechtfertigt, die Konflikte in den Mittelpunkt der didaktischen Reflexion zu stellen"

Das besagt nun keineswegs, wie man geneigt ist anzunehmen, das Politische werde auf den Konflikt reduziert und der Konflikt schlechthin zum Begriff der politischen Bildung erhoben. Unbegründet ist auch der Einwand, durch Konzentration der politischen Bildung auf den Konflikt werde die Frage nach der menschenwürdigen Ordnung und ihren Grundbedingungen übergangen. Gerade weil es Giesecke um menschenwürdige Ordnung im vollen demokratischen Sinn geht, setzt sein didaktisches Denken beim Konflikt an; denn hier werden die mannigfachen Bedingungen und Faktoren solcher Ordnung sichtbar, hier lassen sich normative Grundeinsichten in das Sein und Seinsollen geordneten politischen Daseins erarbeiten. Das Politische wird demnach nicht auf den Konflikt zurückgeführt, sondern im Konflikt in seiner komplexen Vielgestaltigkeit offengelegt. Wie das im Unterricht geschehen kann, zeigt Giesecke in seiner „didaktischen Konstruktion"

Zunächst skizziert er die Ebenen, auf denen sich die Begegnung zwischen dem Schüler und dem Politischen ereignen muß. Er geht aus von der Ebene des „Bildungswissens", worunter er ein Reservoir von Normen, Werten, Vorstellungsgehalten menschlicher Daseinsgestaltung im weitesten Sinn versteht, auch das die politischen Ordnungskriterien enthält. „Die Vorstellungen über die Ordnung des politischen Lebens können", wie er betont, „nicht oder jedenfalls nicht vollständig dem Politischen selbst entnommen sein" Sie sind vielmehr im vorpolitischen, allgemein menschlichen Wertbewußtsein verwurzelt, da alle politische Ordnung immer dem Menschen mit-verpflichtet ist. Deshalb sind die von der politischen Bildung intendierten Normen letztlich die Normen, um die es dem Gesamt aller Bildung geht Allerdings sind diese Normen nicht ein für allemal qualitativ festgelegt. Abgesehen von einem gewissen Konsensus, wie er in den Grundrechten gegeben ist, müssen sie in einer auf Freiheit und Pluralität errichteten Gesellschaft notwendig Gegenstand ständiger rationaler Überprüfung sein, die sich im offenen Dialog verschiedener konkreter Wertvorstellungen vollzieht. Damit sind die Normen selbst in den Konflikt hineingestellt. Hier vollzieht sich die Normenkritik. In diesem Sinne ist der Konflikt niemals als Selbstzweck, sondern als Bedingung und Modus des Normenentscheids zu verstehen. Mit der Definition des Begriffs „Bildungswissen" bekennt sich Giesecke vorweg zu diesem Grundsatz. Deshalb wäre es allein von hier aus verfehlt, ihm eine Überbewertung des Konfliktbegriffs bzw. Vernachlässigung des Ordnungsbegriffs vorzuhalten.

Die zweite Ebene der Begegnung bezeichnet Giesecke als „Orientierungswissen" Darunter versteht er einen Kenntniszusammenhang, der zur Weltdeutung, eigenen Standortbestimmung und „Durchsetzung der politischen Beteiligung" erforderlich ist. Hier sind die Voraussetzungen rationaler Überprüfung und Stellungnahme angelegt und anzulegen. Hier besonders ist auch der Ort der Normenkritik, dem Assel zu Recht eine große Bedeutung beimißt Darin geht er jedoch keineswegs über Giesecke hinaus, der seine später noch zu beschreibende Kategorie „Ideologie" speziell auf die rationale Überprüfung der Normen ansetzt.

Drittens erfolgt die Begegnung mit dem Politischen auf der Ebene der „politischen Verhaltensweisen", von Giesecke als die „subjektive Seite des objektiven politischen Orientierungswissens" interpretiert Diese Ebene untergliedert sich in die Stufen des personalen; gesellschaftlichen und politischen Umgangs, denen je nach dem Grad ihrer „emotionalen Intensität" bestimmte Verhaltensweisen zuzuordnen sind. Nach Giesecke entspricht dem personalen Umgang u. a. kameradschaftliches Vertrauen, dem gesellschaftlichen „neutrales Wohlwollen" und dem politischen „kritische Loyalität". Verhaltensweisen wie Fairneß, Takt, Kooperationsbereitschaft und Partnerschaft lehnt Giesecke keineswegs ab, betrachtet sie jedoch als nicht spezifisch für den eigentlich politischen Umgang Dennoch nimmt er sie in die politische Bildung mit hinein, weil diese in der Hinwendung zum Politischen, das immer auch personale und gesellschaftliche Momente in sich trägt, die beschriebene Dreidimensionalität des Umgangs berücksichtigen muß, um ein jeweils angemessenes Verhalten in der politischen Realität anzubahnen. Richtige Verhaltensweisen stellen sich nun nicht von selbst ein; sie sind im politischen Unterricht bewußt zu erlernen. Nur so lassen sich — und darauf kommt es vor allem an — die Voraussetzungen für eine rational regulierte Austragung des politischen Konflikts schaffen. Auch hier wird deutlich, daß nicht der Konflikt, sondern die Ordnung Grundgedanke der politischen Bildung in der didaktischen Konzeption Gieseckes ist.

Schließlich nennt Giesecke die Ebene des „Aktionswissens" die zwar keine eigenen Inhalte enthält, auf der jedoch das Vermögen angelegt werden muß, das nötig ist, die Inhalte der vorher erwähnten Ebenen auf einen politischen Fall hin zu aktivieren und sinnvoll zu integrieren. Giesecke verlangt in der Begegnung mit dem Politischen den Einsatz des ganzen Menschen. Emotionalität, Rationalität und praktisches Verhalten sind seines Erachtens im Vollzug politischer Bildung untrennbar miteinander verknüpft, wobei die Rationalität als Regulativ jedoch Vorrang beansprucht

Der Prozeß der politischen Bildung selbst, von Giesecke verstanden als lernende Auseinandersetzung mit.der im konkreten aktuellen Konfliktfall enthaltenen Problematik des Politischen, entwickelt sich über die Stufen sachlicher Analyse und wertender Reflexion hin zu Grundeinsichten, die das politische Bewußtsein konstituieren und das politische Verhalten motivieren. Dieser Prozeß — das ist das Besondere der „didaktischen Konstruktion" Gieseckes — orientiert sich an den „Kategorien der Begegnung mit dem Politischen", die zusammen „eine Art Koordinatensystem des Nachdenkens" bilden Giesecke glaubt, mit den folgenden elf Kategorien ein solches System darstellen zu können: Konflikt, Konkretheit, Macht, Recht, Funktionszusammenhang, Interesse, Mitbestimmung, Solidarität, Ideologie, Geschichtlichkeit und Menschenwürde

Die sinnvolle Anwendung dieser Kategorien im politischen Unterricht macht Giesecke von drei Grundbedingungen abhängig: Erstens müssen alle genannten Kategorien in jedem politischen Konfliktfall enthalten sein bzw. — als Leitfragen angewandt — zu sinnvollen Antworten führen; denn „keine einzige von ihnen garantiert für sich genommen ein angemessenes Verständnis des Politischen" Die Kategorie Konflikt, das gilt zu beachten, ist also in das Gesamt der Kategorien integriert, dadurch gebunden und begrenzt. Zweitens müssen „die in diesen Kategorien beschlossenen Werteinstellungen (siehe folgenden Abschnitt) als solche eines Konsensus der ganzen Gesellschaft angesehen werden könne; denn es ist diesen Kategorien eigentümlich, daß sie die politische Wirklichkeit nicht nur analytisch befragen, um Sachverhalte zu ermitteln, sondern daß zugleich diese Sachverhalte mit einem Wertakzent versehen werden, der letztlich Grund aller Fragestellung ist" Drittens müssen sich die Kategorien in sinnvolle Leitfragen zur Durchdringung des als Unterrichtsgegenstands dienenden Konfliktfalls umwandeln lassen und bei ihrer Beantwortung zu „politischen Grundeinsichten" führen

Hervorzuheben ist die Vieldimensionalität der von Giesecke angebotenen Kategorien. Da sie empirisch aus der politischen Realität heraus-analysiert sind, besitzen sie als Kategorien des Politischen wissenschaftlichen Charakter. In ihrer Anwendung als Kategorien der Begegnung sind sie didaktisch und in ihrer Trans-position in Grundeinsichten pädagogisch bestimmt. Darüber hinaus dürfen sie nach Ansicht Gieseckes in ihrer Gesamtheit als Ausdruck eines Konsensus demokratischen Bewußtseins und im einzelnen als Maßstäbe einer die Würde und Freiheit des Menschen und das Wohl der Gesellschaft achtenden Ordnungsgestaltung gelten. Das geht, wie Giesecke nachweist, aus der den einzelnen Kategorien immanenten Wertintention hervor Konflikt will die freie Entfaltung des Menschen und offene Gestaltung seiner Um-und Mitwelt. Konkretheit verlangt ernsthaftes Bemühen um Verständnis des von anderen je augenblicklich vertretenen Standpunktes. Macht versteht sich als „das wesentliche Instrument dafür, daß menschliche Verhältnisse verbessert werden können". Recht beansprucht des öffentlichen Friedens willen Beachtung rechtlicher Festsetzungen selbst dann, „wenn sie im einzelnen ungerecht sind und auf den dafür vorgesehenen Wegen geändert werden sollten". Funktionszusammenhang nimmt „ethisch das Ganze des politischen Zusammenlebens in den Blick" und fordert ein Höchstmaß an Verantwortlichkeit für das Ganze". Interesse „konstituiert die einmalige Personalität des Menschen" durch die Bejahung individueller Wünsche und Vorstellungen. Mitbestimmung verlangt nach Herstellung echter Chancen der Interessenverwirklichung. Solidarität will Zusammenarbeit auf der „Grundlage einer sozialen Ethik". Ideologie gestattet individuelle Ordnungsvorstellungen, fordert aber zugleich deren ständige Kritik in einem rational geführten Dialog. Geschichtlichkeit verlangt rückblickende Besinnung als Voraussetzung verantwortungsvoller Entscheidung. Menschenwürde schließlich weist darauf hin, daß der Mensch letztlich Maßstab für alles politische Handeln ist und die ihm verbürgten Grundrechte unantastbar sind.

Das Gesamt der in den Kategorien enthaltenen Normvorstellungen, die sich vielfältig überschneiden, ergänzen und begrenzen, bildet nach Giesecke den ideellen Grundriß der poli-tischen Ordnung einer demokratischen Gesellschaft. Hier zeigen sich aber auch die Strukturen je zu verwirklichender realer Ordnung. Mit Hilfe seiner Kategorien glaubt Giesecke im politischen Unterricht Grundriß und Strukturen der Ordnung offenlegen und dem Heranwachsenden als Ordnungsvorstellung vermitteln zu können. Diese wird sich, da sie aus der realen Situation des Politischen, dem Konflikt, hergeleitet ist, durch Wirklichkeitsbezug auszeichnen. Damit wird einem Grundanliegen der politischen Bildung entsprochen; denn es kommt sehr darauf an, daß dem jungen Menschen bewußt wird, welche Möglichkeiten und Grenzen der Ordnungsverwirklichung gegeben sind, um übersteigertem Idealismus und Optimismus, die allzuleicht in Resignation oder gar Destruktion umschlagen, vorzubeugen. Der politische Unterricht muß • insbesondere die Einsicht herbeiführen, daß es die Ordnung an sich nicht gibt, es sei denn als abstraktes ideelles Gebilde im Vorstellungshorizont je einzelner Individuen. Im realen Raum des Politischen hingegen, das gilt es zu betonen, ist immer nur eine bestimmte Ordnung zu verwirklichen, die sich nur als vorläufig beste verstehen kann und deshalb offen sein muß für Überprüfungen und Verbesserungen. „Die reale Ordnung der Gesellschaft", so läßt sich mit Hättich feststellen, „ist etwas Lebendiges; sie enwickelt sich fort und verändert sich" Ihre Dynamik wird bestimmt durch die Vielzahl der miteinander verwobenen Bedingungen und Faktoren, die Giesecke mit seinen Kategorien zu erfassen sucht. In denselben Kategorien, darin liegt ihr besonderer Wert, sind nun aber auch die Normen enthalten, die in ihrer Gesamtheit die Ordnungsvorstellung konstituieren, die zur Steuerung der Dynamik realer Ordnung erforderlich ist. Allerdings gehört zum Wesen dieser Ordnungsvorstellung, daß sie weder Eindeutigkeit noch Endgültigkeit beansprucht, etwa im Sinne eines Gemeinwohlbegriffs mit Absolutheitscharakter; denn auch das Gemeinwohl ist nicht zu trennen von partiellen Interessen und Wertvorstellungen, es ist „nicht etwas", wie Hättich sagt, „das über den realen Bedürfnissen der Menschen schwebt, es setzt sich aus ihnen zusammen" Giesecke, der sich dieser Problematik im Rahmen der politischen Bildung durchaus bewußt ist, vertritt die gleiche Ansicht, indem er sich auf Heinrich Schneider beruft: „Das Gemeinwohl als die richtige Ordnung des Zusammenlebens verwirklicht sich in ständigem Dialog von Meinungen, Interessen und Ideen." Der Begriff Gemeinwohl ist demnach wie alle anderen Ordnungsvorstellungen nur dann sinnvoll zu gebrauchen, wenn er auf die von Giesecke skizzierte Grundstruktur politischer Ordnung herabgenommen, das heißt in das Ringen um die Verwirklichung der rechten Ordnung einbezogen wird. Auch das Gemeinwohl muß sich zum Konflikt bekennen; denn nur hier, wo der Anspruch des Individuums und des Kollektivs erfahren wird, kann sich sein Begriff mit Inhalt füllen.

Aus dieser Sicht wäre es verfehlt, das Verhältnis zwischen Konflikt und Gemeinwohl als Zielbegriff der Ordnungsgestaltung dialektisch zu verstehen. Ja, das hieße demokratisches Ordnungsbewußtsein verbiegen. Der Konflikt, das sei nochmals betont, steht nämlich nicht neben, sondern in der Ordnung. Ihr ist er verpflichtet und durch sie ist er begrenzt. Deshalb ist das Bekenntnis zum Konflikt, wie es Giesecke ablegt, nicht ein Ja zum unbeschränkten Kampf partikularer Interessen, sondern die bewußte Anerkennung der Bedingung jener menschenwürdigen Ordnung, an der die politische Bildung mitgestalten muß.

Diese Grundgedanken bilden das Fundament, auf dem Giesecke seine Didaktik der politischen Bildung aufbaut. Wir sehen darin nicht die Gefahr einer Verabsolutierung der Konflikttheorie gegeben, die Assel glaubt befürchten zu müssen. Giesecke hätte, diese Kritik ist angebracht, den Ordnungsgedanken, der die* ganze Konzeption seines didaktischen Entwurfs durchzieht, stärker betonen und deutlicher hervorheben können. Er tat es unseres Erachtens deshalb nicht, um die politische Bildung offen zu halten für die Ansprüche realer Ordnungsgestaltung in einer pluralen und freiheitlichen Gesellschaft. Diese ist letzlich Leitbild seines didaktischen Denkens; ihre unabdingbaren Voraussetzungen bilden den Grundkonsensus, dem Giesecke die politische Bildung verpflichtet sieht. b) Verantwortliche Lebensbewältigung in Gesellschaft und Staat durch existentielle Begegnung mit aktuellen Konflikten

Karl Christoph Lingelbach, dessen didaktische Konzeption politischer Bildung — wie bereits angedeutet — ebenfalls unter den Aspekten Ordnung und Konflikt zu untersuchen ist, vertritt im Grunde die gleichen Gedanken wie Giesecke, dem er viele Anregungen verdankt. Da er jedoch den Konfliktbegriff in seinem didaktischen Entwurf anders als Giesecke akzentuiert und die Vermittlung von Ordnungsvorstellungen präzisiert, halten wir es für angebracht, das Besondere seines didaktischen Denkansatzes hervorzuheben.

Im kritischen Dialog mit Giesecke will Lingelbach den Sinn und die Aufgaben der politischen Bildung in drei integrierten Problemkreisen erörtert wissen 1. Analyse der gesellschaftlich-politischen Wirklichkeit unter dem Aspekt der als „Aktivbürgerschaft vorgestellten Rolle des Educandus in dieser Wirklichkeit" 2. Feststellung möglicher und im Interesse demokratischer Fortentwicklung der Gesellschaft und personaler Vollendung des Menschen wünschenswerter Rollenverwirklichung; 3. Umformulierung dieser Rollenvorstellung zum Zielbegriff der politischen Bildung als „ein bewußter Akt der Wertung im Sinne einer Entscheidung für die demokrati-sehe Rahmenordnung, die das Grundgesetz anstrebt". Eine prinzipielle Festlegung der politischen Bildung auf „bestimmte, diese Rahmenordnung ausfüllende Wertvorstellungen" wird abgelehnt, um einer Gesinnungsbildung vorzubeugen, die den in der konkreten politischen Situation jeweils zu treffenden verantwortlichen Entscheidungen zu dogmatisch vorgreifen würde. Mit der Skizzierung dieser Problemkreise umreißt Lingelbach zugleich seine Didaktik der politischen Bildung. Diese ist durch und durch von den Grundsätzen demokratischer Ordnung bestimmt, da er sich realitätsbezogen unter Achtung individueller und gesamtgesellschaftlicher Interessen zu dem Grundkonsensus freiheitlicher Daseinsgestaltung bekennt und überdies den pluralen Kräften der Gesellschaft die Möglichkeit jeweiliger verantwortungsvoller Ordnungsverwirklichung einräumt. Dieses Ordnungsmodell setzt notwendig den Konflikt als „Schlüsselbegriff des politischen Geschehens" voraus.

Es wäre nun mehr als unsachlich, den hier entworfenen Grundriß politischer Ordnung so zu deuten, als reduziere sich das Politische darin auf den Konflikt. Aus dem Denkansatz Lingelbachs geht klar hervor, daß Anerkennung des Konflikts nicht als dessen Verabsolutierung, sondern als Bekenntnis zu einer grundlegenden Bedingung demokratischer Ordnung zu verstehen ist. Insofern ist seine Konflikttheorie, falls dieser Begriff hier überhaupt zu verwenden ist, grundsätzlich eine Ordnungstheorie. Das ist für Lingelbach, wie für Giesecke, so selbstverständlich, daß er es nicht für nötig hält, das Problem der Ordnung gesondert zur Sprache zu bringen. Wir sehen darin kein Versäumnis, denn sein didaktisches Denken stellt den Ordnungsbegriff sichtlich in den Mittelpunkt.

Auf der umrissenen empirisch begründeten und wertintentionalen Grundkonzeption po-litischer Ordnung entwickelt Lingelbach seine Didaktik der politischen Bildung folgerichtig nach dem „Modell des mitverantwortlichen Bürgers in der politischen Konfliktsituation" Die Voraussetzungen dieser Mitverantwortlichkeit — Sachwissen, Grundeinsichten, Ordnungsvorstellungen, Entscheidungsbereitschaft, Urteilsfähigkeit, Bereitschaft und Befähigung zum Handeln — sind im politischen Unterricht zu vermitteln. Dieser wird seine schwierige Aufgabe nach Ansicht Lingelbachs dann am ehesten erfüllen können, wenn er von „aktuellen Konflikten ausgeht, in denen die übergreifenden, Gesellschaft und Staat als Ganzes betreffenden Gegensätze signifikant werden, die das Leben des Zöglings prägen und mit denen er als verantwortungsbewußter Aktivbürger später rechnen muß" Damit bekennt sich Lingelbach zum Konflikt als „didaktischem Grundbegriff" was jedoch nicht heißen kann, der Konflikt werde zum A und O der politischen Bildung; denn nicht der Konflikt an sich — diese Unterscheidung ist wesentlich —, sondern der konkrete Konfliktfall ist Gegenstand des politischen Unterrichts, und zwar allein wegen der optimalen Möglichkeit, den Schüler über die lernende Auseinandersetzung mit dem in ihm enthaltenen Gesamt der gesellschaftlich-politischen Bedingungen und Faktoren zur Mitverantwortlichkeit in Gesellschaft und Staat zu befähigen. Zwischen dem Konflikt als politischem Phänomen und dem Konflikt als Unterrichtsgegenstand steht die didaktische Reflexion, die das sachlich erschlossene Phänomen mit den ihr eigenen Kategorien in seinem Bildungswert abwägt und erst dann zum Unterrichtsgegenstand bestimmt. Kriterium des politisch bildenden Unterrichtsgegenstands ist für Lingelbach „die verantwortliche Lebensbewältigung des Educandus in Gesellschaft und Staat" Die

Auswahl erfolgt demnach unter einem betont pädagogischen Aspekt, der aus der Dimension wertintendierenden Handelns das personale Individuum in seiner Verflochtenheit mit dem Gesamt seiner gesellschaftlich-politischen Mit-und Umwelt in den Blick faßt. Diese, den einzelnen und das Gesamt integrierende Zusammenschau ist bestimmt von der grundlegenden Einsicht, daß der Mensch und das Politische immer in sich verschränkt sind, gleich ob sich der Mensch dessen bewußt oder nicht bewußt ist, ob er sich dazu bekennt oder dagegen wehrt. Das Schicksal des Menschen ereignet sich immer im Raum des Politischen, aus dem es keine Flucht gibt. Deshalb ist jeder Fluchtversuch, ob gedankenlose Gleichgültigkeit, teilnahmslose Bequemlichkeit, voreingenommene Distanz oder Resignation, letztlich immer Selbsttäuschung.

Diese Grundeinsicht wird nun auf der Ebene des didaktischen Denkens umgewandelt zum Motivations-und Zielbegriff der politischen Bildung: Im Bewußtsein unabdingbaren Betroffenseins durch das Politische erfolgt der Aufruf zur verantwortlichen Teilnahme an der Verwirklichung der politischen Ordnung, in der sich die Entfaltung des Individuums und die Gestaltung des Ganzen sinnvoll ergänzen. Das Betroffensein ist der „fruchtbare Moment" im Prozeß der politischen Bildung Die in ihm aufklaffende Spannung zwischen den Interessen und Wertvorstellungen des Individuums und der politischen Realität fordert zu der verantwortungsbewußten Aktivität heraus, ohne die das Ziel der politischen Bildung nicht zu erreichen ist. Diese Tatsache hat die Didaktik bei der Auswahl der Unterrichtsgegenstände unbedingt zu beachten. Es kommt darauf an, den Schüler mit solchen Themen zu konfrontieren, in denen die Problematik seines politischen Daseins und der politischen Ordnung insgesamt in ihrer ganzen „Fragwürdigkeit" aufleuchtet. Fragwürdigkeit bedeutet hier Ungesichertheit und Gefährdung, meint aber auch jenen Ernst des Fragens, der zur kritischen Stellungnahme, verantwortungsbewußten Wertung und entschlossenen Aktivität herausfordert. Diesen Bedingungen entspricht nach Ansicht Lingelbachs der Konfliktfall als Unterrichtsgegenstand der politischen Bildung am besten. Darin stimmt er mit Giesecke überein, geht jedoch über diesen hinaus, indem er klarstellt, daß der als Bildungsinhalt geeignete Konfliktfall eine doppelt erschließende Funktion zu erfüllen hat: er muß dem Schüler einerseits das kontroverse Spannungsfeld des Politischen und andererseits den Schüler sich selbst in seinem Betroffensein durch das Politische erschließen, weil sich nur so ein bildender Lernprozeß anbahnen kann -Hier zeigt sich deutlich — darauf ist hinzuweisen, um Fehlinterpretationen vorzubeugen , daß der Konflikt als didaktischer Begriff nur funktionale Bedeutung hat. Er dient einer Bildungskonzeption, die auf zutiefst menschenwürdige Ordnung hin angelegt ist, eine Ordnung, die nicht gegeben, sondern überantwortet ist, die in ihrer vollen Problematik in der gesellschaftlich-politischen Konfliktsituation erfaßt und als unabdingbare Aufgabe begriffen wird. So und nicht anders ist der Konflikt-begriff im didaktischen Entwurf Lingelbachs zu verstehen.

An dieser Stelle wäre der Einwand denkbar, die Ordnung des Politischen könne in der Konfliktsituation nicht angemessen erfahren werden, weil sie selbst in den Konflikt einbezogen sei und sich als strittig erweise. Deshalb müsse trotz der unverkennbaren Bildungschancen, die sich in der lernenden Begegnung mit Konflikten eröffnen, die Frage nach den Grundwerten der Ordnung letztlich auf einer Ebene über den Konflikten erörtert werden; denn das Ringen um Ordnung setze vorab klare Ordnungsvorstellungen voraus, wenn es nicht, durch Eigeninteressen verblendet, sein Ziel verfehlen wolle. Diese Gedanken, auf denen Assel seine Kritik vor allem aufbaut, verdienen näher erwogen zu werden, was allerdings Lingelbach wie auch Giesecke bereits getan haben. Nach Giesecke sind jene Grundwerte, in denen die Ordnung verankert ist, in der Ebene des überpolitischen „Bildungswissens" angelegt und bewußt zu machen. Sie sind bei jeder Auseinandersetzung mit politischen Konflikten normativ im Gesamt seiner Kategorien vorgegeben. Ähnliche Gedanken finden wir bei Lingelbach, der sich der Problematik letztverbindlicher Ordnungsvorstellungen durchaus bewußt ist. Ihre Bewältigung bildet sogar, wie aus der Analyse seines didaktischen Entwurfs hervorgeht, ein Grund-anliegen seiner Überlegungen. Das betont er selbst wiederholt durch sein Bekenntnis zu den unabdingbaren Werten der demokratischen Ordnung. „Wie bereits erwähnt", so hebt er gegen Ende seiner Abhandlung hervor, „basieren alle unsere Überlegungen auf einer bewußten Wertung, nämlich der Entscheidung für die ethischen Prinzipien, auf denen das Grundgesetz ruht." Da diese jedoch axiomatischen Charakter besitzen, nützt es seines Erachtens wenig, sie im politischen Unterricht „zur Sprache" zu bringen. Das eigentliche Problem zeigt sich darin, wie diese verbindlichen Ordnungsvorstellungen im Bewußtsein der Schüler zur lebendigen Kraft politischer Aktion werden können. Die Lösung sucht er rückblickend über eine kritische Reflexion der bereits vorliegenden didaktischen Konzeptionen der politischen Bildung, deren Schwerpunkte er je verschieden in der „Übung sozialen Handelns", „Gewissensbildung", „Urteilsbildung" und Vermittlung von „fundamentalen Einsichten" sieht All diesen Grundsätzen mißt er im Rahmen der politischen Bildung Bedeutung bei. Als besonders wichtig erachtet er die Frage nach „fundamentalen Einsichten", lehnt jedoch die Antwort ab, die Fischer-Herrmann-Mahrenholz anbieten. Diese Autoren, so findet er, wollen die in der didaktischen Reflexion modellartig vorgeprägten Einsichten lediglich von dem Schüler aus dem Bildungsinhalt „herausfinden" und zugleich als Werte übernehmen lassen. Er befürchtet, daß es auf diese Weise leicht zu einer Gesinnungsbildung kommt, die allzusehr in einem vorgefertigten Schwarz-Weiß-Modell befangen ist, und schlägt dagegen vor, den Schüler offen über eine rationale Analyse an die in den Konfliktsituationen auftretenden Wertfragen heranzuführen, um ihn sich selbst in einer wertenden Reflexion nach und nach grundsätzliche Ordnungsvorstellungen aneignen zu lassen. Nur mit der verantwortungsbewußten Wertentscheidung, die im Bewußtsein existentiellen Verflochtenseins mit dem Politischen getroffen wird, kann nach Ansicht Lingelbachs das Ja zu den Grundwerten der demokratischen Ordnung fallen. Darin drückt sich seine Überzeugung aus, daß diese Grundwerte „in der politischen Bildung des jungen Menschen nur dann überzeugend zur Geltung kommen, wenn wir sie bei der Auswahl und Anordnung der Bildungsinhalte immer schon voraussetzen und nicht selbst zum eigentlichen Gegenstand der politischen Bildung erheben. Nur insoweit es gelingt, den Aufwachsenden zu erziehen, in den gesellschaftlichen und politischen Konflikten seines Staates verantwortungsbewußt und entschieden Stellung zu beziehen, also die Prinzipien und Formen der Demokratie in seinem eigenen Lebensvollzug zu verwirklichen, können wir hoffen, daß er die politischen Voraussetzungen seiner Existenz erkennt und bereit ist, für sie einzutreten."

Wollte man diese Gedanken so deuten, als verzichte Lingelbach — wie Assel sagt — „nicht gänzlich" auf die demokratische Bewußtseinsbildung, worunter jene grundlegenden Ordnungsvorstellungen verstanden sind, dann würde man Lingelbachs Grundanliegen verkennen. Eine solche unsachgemäße Interpretation hat Lingelbach leider jedoch selbst mitverschuldet, weil er sich bei thesenartiger Zusammenfassung seiner Gedanken der leicht mißzuverstehenden Formulierung bedient, demokratische Bewußtseinsbildung sei pädagogisch nur dann zu verantworten, „wenn sie als indirekte Wirkung einer politischen Bildung" und demnach als „ein Teilaspekt der politischen Selbstfindung des Jugendlichen, die nur in Konfrontation mit der Realität politischer Konflikte gelingen" könne, angestrebt werde Der Sinn dieser Worte kann im Gesamtzusammenhang Lingelbachs Gedankengangs nur sein, letzte demokratische Bewußtseinsbildung lasse sich nicht im direkten Zugriff, sondern nur über einen schrittweisen, in das Spannungsfeld des Politischen eingetauchten Lernprozeß neben einer Fülle objektiver Erkenntnisse und subjektiver Wertvorstellungen anbahnen und festigen. Dieser Ansicht pflichten wir bei. Sie ist nicht nur folgerichtig aus dem Verständnis unserer offenen, freiheitlichen und pluralen Daseinsordnung abgeleitet, sondern entspricht auch der pädagogischen Erfahrung, daß direkte Wertvermittlung von dem jungen Menschen mehr oder weniger bewußt als Indoktrination empfunden wird und letztlich ihre Wirkung verfehlt. 3. Ordnung als politische und pädagogische Aufgabe Wenn Assel glaubt, der Konflikttheorie eine „Ordnungstheorie" hinzufügen zu müssen, um eine ausgewogene Grundlage didaktischer Konzeption der politischen Bildung zu schaffen, hätte er bei Autoren wie Wolfgang Hilligen und Friedrich Roth wertvolle Anregungen finden können. Von der Konflikttheorie beein-flußt und in vielem Giesecke und Lingelbach verwandt, heben sie jedoch mehr noch als diese den Ordnungsgedanken hervor und lassen nicht daran zweifeln, daß sie die politische Bildung als pädagogischen Beitrag zur demokratischen Ordnungsverwirklichung verstehen. Das gilt besonders für Roth, der seinen didaktischen Entwurf bewußt auf dem demokratischen Ordnungsbegriff aufbaut. Wir referieren seinen Denkansatz am Schluß dieser Untersuchung, weil wir glauben, mit der Darstellung seiner Grundgedanken die inzwischen von verschiedenen Aspekten her gestellte Frage nach dem Verhältnis zwischen Ordnung und Konflikt in abgerundeter Form beantworten zu können. Wenden wir uns zunächst Hilligen zu, dessen didaktische Konzeption wir zwar nicht in allem bejahen, doch für wert finden, im Zusammenhang mit dem Problemkreis Ordnung und Konflikt erörtert zu werden. Das nicht zuletzt auch deshalb, weil Billigens didaktisch-methodische Abhandlung zusammen mit seinem Unterrichtswerk sehr weit verbreitet ist und starken Einfluß auf die Unterrichtspraxis ausübt. a) Grundeinsichten in die komplementäre Dialektik zwischen Ordnung und Freiheit im Spannungsfeld des Konflikts

Billigens didaktisches Denken geht von der Frage aus: „Worauf kommt es an, wenn Menschen ihr Zusammenleben und ihre Umwelt bewältigen, wenn sie den Gefahren der Zeit begegnen, die Chancen der Zeit wahrnehmen wollen?" Diese „existentielle Fragestellung“ zwingt zur nüchternen Analyse der gesellschaftlich-politischen Realität und zur Besinnung auf die Grundwerte menschenwürdigen Daseins. Es gilt die „Herausforderungen der Zeit in ihrer vollen Problematik zu, erkennen und nach Lösungen zu suchen, ihnen im Interesse des einzelnen Menschen und des Ganzen der Gesellschaft zu begegnen. Insofern ist es Aufgabe der Didaktik der politischen Bildung, das Bedingungsgeflecht und die Grundzüge eines Lernprozesses zu ermitteln, der über die Auseinandersetzung mit gesellschaftlich-politischen Grundphänomenen der Zeit zu „fundamentalen Erkenntnissen und Einsichten" führt.

Billigen sucht diese Aufgabe nun zu meistern, indem er die herausfordernden Zeiterscheinungen herausstellt, analysiert und mit dem für uns verbindlichen Menschenbild in bezug bringt, um Folgerungen für das rechte Verhalten des Menschen in Gesellschaft und Staat abzuleiten. Dabei findet er die Spannung zwischen Freiheit und Ordnung als unaufhebbare „komplementäre Dialektik" alles politischen Daseins in einer auf Würde des Menschen angelegten Gesellschaft. Nach dieser Grundeinsicht entwirft er ein „System fundamentaler Kategorien der politischen Bildung" Ausgehend von dem Menschen als personalem und sozialem Wesen stellt er Freiheit und „Ordnung" die Bedingung der Personalität und das Grundprinzip des Ganzen, als Pole der Daseinsbewältigung gegenüber. Diese vollzieht sich zwischen jenen dialektisch verbundenen Polen in einem „Feld politischer Konflikte", dessen Fundament die aus der Würde des Menschen hergeleiteten Grundrechte bilden. Von hier erfährt der Konflikt seine Grenzen. übermäßig freiheitliche oder extrem auf Ordnung bedachte Lösungen mißachten die Grenzen des Konflikts und schaffen negative Verhältnisse, auf Willkür begründete Anarchie oder die Freiheit unterdrückende totale Ordnung. Aus diesem Denksystem leitet Billigen „fundamentale Erkenntnisse und Einsichten" ab, so zum Beispiel: „Einsicht, daß es keine perfekten Lösungen gibt; daher Notwendigkeit des politischen Kampfes auf der Grundlage von gemeinsamen Vorstellungen von der — verteidigungswerten — Würde menschlicher Person." — „Sinn für das Dritte, das die Gegensätze übergreift; Erkennen des . wohlverstandenen'Interesses." — „Notwendigkeit von Gehorsam und Widerstand, Gleichheit und Wettbewerb, Kompromiß und Kampf." Hilligen ist sich bewußt, daß sein Kategoriensystem keine perfekten Formeln für die Lösung der komplexen Sachverhalte und Wertfragen der gesellschaftlich-politischen Existenz des Menschen geben kann, hält es jedoch für möglich, mit seiner Hilfe „alle durch Politik zu entscheidenden Existenzfragen zu orten und auf wenige Entscheidungsfragen zurückzuführen"

Es ist das Verdienst Billigens, mit als erster den Konflikt als Grundgedanken in der Didaktik der politischen Bildung berücksichtigt und systematisch seinem Unterrichtswerk zugrunde gelegt zu haben. Unkonsequent ist er unseres Erachtens jedoch verfahren, als er aus der Wesensbestimmung des Menschen eine Dialektik zwischen Freiheit und „Ordnung" abgeleitet hat. Hier hätte er richtigerweise zu der sich ergänzenden Polarität Freiheit und Bindung gelangen müssen Freiheit als Bedingung personaler Entfaltung und Bindung als Voraussetzung gesellschaftlich-politischer Gestaltung, beide auf der Würde des Menschen begründet, bilden die „komplementäre Dialektik" menschlichen Daseins, das immer auch politisches Dasein ist. Die Ordnung hingegen liegt in der Mitte. Sie kommt zustande, indem sich der Mensch zwischen Freiheit und Bindung, Eigeninteresse und Gemeinwohl, Selbstbehauptung und Anpassung immer wieder von neuem „in Ordnung" bringt. Dieser Prozeß vollzieht sich im Konflikt, der begrenzt ist, weil die Freiheit und die Interessen des Menschen durch die Freiheit und die Interessen des Gesamts seiner Mitmenschen gebunden sind. Uneingeschränkte Freiheit überschreitet die berechtigten Grenzen des Konflikts und führt zur Unordnung, die sich in Individualismus, Egoismus und radikaler Selbstbehauptung äußert. Ebenso führt die übermäßige Bindung durch das Ganze, Gesellschaft und Staat, zur Unordnung. Ihr Erscheinungsbild ist bestimmt durch Kollektivismus, Totalitarismus und Dirigismus. So reißt die zur individualistischen Willkür entartete Freiheit die Ordnung in den Strudel der Anarchie, während die zum kollektivistischen Zwang übersteigerte Bindung die Ordnung im Griff der Diktatur erstickt. Anarchie und Diktatur sind die Mißbildungen der Ordnung, die als Extreme beiderseits der demokratischen Ordnung liegen.

Die Bindung als wesentliche Daseinsbestimmung des Menschen, das gilt es festzuhalten, hebt den einzelnen aus dem personalen Bereich in den gesellschaftlich-politischen Raum. Die Freiheit als Grundbedingung der Personalität hingegen fordert nach verantwortlicher Lebensbewältigung im Bewußtsein der Bindung an das Ganze. Das Ziel aller Verantwortung ist die Ordnung. Sie ist der Punkt, in dem sich die Interessen des einzelnen und des Ganzen treffen. Wie diese Ordnung jedoch in der Realität beschaffen ist, kann nicht endgültig festgelegt werden, da sie nur im Konflikt verschiedener Meinungen und Interessen zu verwirklichen ist. Übereinkunft ist nur darüber herzustellen, daß die Grundrechte des Menschen unabdingbares Kriterium wahrer Ordnung sind. Sie sind das „übergreifende Dritte", von dem Hilligen spricht Sie bilden den Konsensus, der als letztverbindliche Ordnungsvorstellung der politischen Bildung vorgegeben ist. Darin stimmt Hilligen mit Giesecke und Lingelbach überein. Trotz seines auf der Dialektik „Ordnung" — Freiheit begründeten Denkansatzes, stellt er, wie besonders aus den Erläuterungen seines Kategorien-systems hervorgeht letztlich doch den Ordnungsbegriff in den Mittelpunkt seiner didaktischen Konzeption. b) Politische Bildung als Sich-in-Ordnung-Bringen des Menschen in Gesellschaft und Staat

Kommen wir zu Friedrich Roth, in dessen „Sozialkunde" sich die Fäden verknüpfen, denen wir bisher nachgegangen sind. Auf einer breiten Basis, angelegt unter dem Aspekt „Allgemeinbildung und politische Bildung in der demokratischen Lebensordnung" entfaltet er einen didaktischen Entwurf, der die aufgeworfenen Probleme der politischen Bildung in ein ausgewogenes Verhältnis bringt. Vorweg, so findet er, ist Klarheit darüber zu schaffen, was heute grundsätzlich unter Bildung verstanden werden muß. In Anbetracht der nicht zu leugnenden, den Menschen herausfordernden Konfliktstruktur unserer Gesellschaft stellt er fest, nur der könne sich gebildet nennen, der gewillt sei, „sowohl sich selbst als und fähig auch seine Beziehungen zur Welt in Ordnung zu bringen" Wenn sich darin das Wesen der Bildung schlechthin erschließt, dann erst recht das der politischen Bildung, die in jenen Daseinsbereich einführt, in dem der Mensch die Aufgabe des In-Ordnung-Bringens am dringlichsten erfährt Solches Ordnen, darauf kommt es an, muß in menschenwürdiger Weise geschehen. Das aber setzt voraus, daß der in seinem Selbst und seinen Weltbezügen wesensmäßig erschlossene Mensch das Leitbild aller Ordnung, die ebenso Zielbegriff der Politik wie der politischen Bildung ist, konstituiert. In Artikel 1 des Grundgesetzes sieht Roth nun jene verbindliche Ordnungsvorstellung gegeben, die im Bekenntnis zur Würde des Menschen und den sich daraus ableitenden Rechten und Pflichten das Fundament wahrer Ordnungsverwirklichung darstellt Da diese Ordnungsvorstellung jedoch im Grunde nur normativen Aufforderungscharakter besitzt und sich erst in der Übertragung in die Realität mit Inhalt füllt, bleibt die Ordnung letztlich problematisch, den kontroversen Meinungen und Interessen im Felde des politischen Kampfes überantwortet. Neben der postulierten, mehr geschenkten als erworbenen Würde des Menschen, das ist nicht zu verkennen, besteht die unaufhebbare Unzulänglichkeit des Menschen, die eine perfekte Erfüllung höchster Ordnungsnormen immer vereitelt, so daß es die Ordnung nicht geben kann. Deshalb ist Ordnung nur zu verstehen als dauernder Ordnungsprozeß, der möglichste Vervollkommnung des Menschen in seinem individuellen und gesellschaftlich-politischen Dasein anstrebt. Diese beiden Aspekte sind nicht zu trennen. In ihrem „Zusammenwirken", so sagt Roth, „wird die letzte , existentielle' Grundlage der politischen Bildung sichtbar: der Mensch als Mensch in der Gesellschaft und die Gesellschaft, die sich über ihren Außenweltscharakter hinaus von innen her mit Sinn erfüllt durch die menschlichen Wesen, die sie in Kontinuität 4 schaffen und erhalten als Modus und Bedingung ihrer Selbstverwirklichung" Hier zeigt sich seines Erachtens zugleich der enge „Zusammenhang von Demokratie und Erziehung, von politischer und pädagogischer Anthropologie, von . Demokratiewissenschaft'und Erziehungswissenschaft, schließlich auch von politischer Didaktik und Didaktik der politischen Bildung" Aus diesen Grundüberlegungen leitet Roth die konkrete Aufgabe der Didaktik der politischen Bildung ab, die er darin sieht, „hier und jetzt dem jungen Menschen zu dieser Welt die Brücken zu bauen, damit er sich in ihr zurechtfindet, als Mensch besteht und vielleicht bereit und fähig ist, das, was in dieser Welt nicht in Ordnung ist, verbessern zu helfen" Uber die Frage, wie sich dieser Auftrag in der Demokratie verwirklichen lasse, entwickelt er ein didaktisches Grundmodell, das den politischen Bildungsprozeß und den Reifeprozeß des Schülers koordiniert. Das allgemeine Ziel der Bildung, „einsichtige Aktivität" als Bedingung personaler Selbstverwirklichung und gesellschaftlich-politischer Gestaltung, relativiert sich nach dem Grad des rationalen, emotionalen und pragmatischen Vermögens des Schülers. Von hier aus wird mit-entschieden, was „notwendige Stufenziele auf dem Weg zum informierten, zu selbständigem Urteil und verantwortlichem Handeln fähigen Bürger unserer demokratischen Lebensordnung sind" Diese „didaktische Reduktion" darf jedoch nun nicht zur „Reduktion des Politischen selbst" verleiten. „Sie soll im Gegenteil sicherstellen, daß die Begegnung mit dem Politischen im Leben des heranwach-senden Bürgers unverkürzt zur Wirksamkeit kommt."

Damit wird der Blick auf die Inhalte der politischen Bildung gelenkt. Hier kommt Roth zu dem gleichen Ergebnis wie die oben erörterten Autoren: Im Bildungsinhalt muß die volle Problematik des Politischen enthalten sein, die in ihrer Fragwürdigkeit den Schüler sein Betroffensein bewußt werden läßt, zur rationalen Auseinandersetzung, wertenden Entscheidung und verantwortungsbewußten Aktivität auffordert. Eine solche „originäre" Begegnung verspricht am ehesten der aktuelle und konkrete politische Konfliktfall

So kommt Roth, ausgehend von der Frage nach dem grundsätzlichen Zusammenhang zwischen Demokratie und Erziehung, zu einer didaktischen Konzeption der politischen Bildung, die pädagogisch eindeutig den Grundwerten menschenwürdiger Ordnungsverwirklichung verpflichtet ist und deshalb den Konflikt als didaktischen Grundbegriff wertet. Darin unterscheidet sich Roth weder von Giesecke, Lingelbach noch Hilligen. Seine Didaktik zeichnet sich jedoch dadurch aus, daß sie in ihrer Grundlegung das Verhältnis zwischen Ordnung und Konflikt unmißverständlich darstellt.

III. Ordnung und Konflikt in der Praxis der politischen Bildung

Die vorausgegangene Analye didaktischer Konzeptionen der politischen Bildung macht deutlich, daß eine Überbetonung des Konflikts von der Theorie her nicht gegeben ist, es sei denn, daß diese auf dem Weg zur Praxis durch Fehlinterpretation verzerrt wird. Das allerdings ist nicht auszuschließen, wie sich zeigt, wenn wir die augenblicklichen Gegebenheiten des politischen Unterrichts in den Blick fassen.

Die Übertragung der Theorie politischer Bildung in die Schulpraxis stößt vorweg auf Schwierigkeiten seitens der Sozialkundelehrer.

Diese, von Erich Weniger emphatisch als „echte Repräsentanten der politischen Verantwortung und der politischen Lebensform der Demokratie" bezeichnet, zählen nach wie vor größtenteils zur „unpolitischen Mehrheit der Bevölkerung" Für die schwierige Aufgabe der politischen Bildung sind die wenigsten von ihnen fachlich vorgebildet oder zumindest engagiert Als Allround-Lehrer in der Hauptschule fehlt es ihnen überdies an Zeit, durch private Studien den Anschluß an die Theorie der politischen Bildung herzustellen und zu wahren. So kommt es, dß sie allgemein durch die komplexe vorpädagogische Sachanalyse und die didaktische Reflexion, wie sie die politische Bildung verlangt, überfordert sind. Da ihnen außerdem weitgehend die realistische Einstellung zu der Problematik des Politischen fehlt, besitzen sie weder ein angemessenes Verständnis der politischen Ordnung noch des politischen Konflikts. Ordnung bedeutet für sie stabiler, harmonischer Zustand der Gesellschaft, gemessen mit den Maßstäben apolitischer Gesinnungsethik. Konflikte hingegen gelten als Krankheitserscheinungen der Gesellschaft, die es zu beseitigen gilt. Dementsprechend wird der politische Unterricht mehr oder weniger routinemäßig immer noch nach dem Modell der harmonischen Gemeinschaft erteilt. In absehbarer Zeit ist deshalb nicht zu befürchten, daß der Konflikt in der Praxis der politischen Bildung überbetont wird. Um einer solchen Gefahr jedoch rechtzeitig vorzubeugen, sollte der Kontakt zwischen Theorie und Praxis mehr als bisher gepflegt werden. Wenn das Dilemma der politischen Bildung höheren Orts vor allem in den „noch unzureichend geklärten didaktischen und methodischen Problemen" dieses Unterrichtsbereichs gesehen wird ist das eine Verkennung der tatsächlichen Gegebenheiten. Es fehlt weniger an didaktischen Erkenntnissen über die Bedingungen, Faktoren und Aufgaben der politischen Bildung als an ihrer Transposition in die Schulpraxis. Hier müßte zuallererst Abhilfe geschaffen werden, und zwar durch gezieltes Kontaktstudium und planmäßige Weiterbildung der bereits im Dienst stehenden Sozialkundelehrer.

Schwierigkeiten bereitet auch das Schulsystem selbst der rechten Einführung des heranwachsenden Menschen in den Problemkreis Ordnung und Konflikt. Besonders die innere Organisation der Schulen wirkt sich nachteilig aus.

Angepaßt an sich selbst versäumt es die Schule, den Anforderungen einer offenen, dynamischen Gesellschaftsentwicklung aufgeschlossen zu begegnen. Während außerhalb der Schule im Konflikt pluraler Kräfte unablässig um ordnende Gestaltung des öffentlichen Lebens gerungen wird, herrscht im Inneren der Schule starre Ordnung, die nach überliefertem Harmoniemodell autoritär oder'patriarchalisch festgelegt ist. Der Schüler hat sich ihr anzupassen; nur in den seltensten Fällen ist er befugt, aktiv an ihr mitzugestalten. So begibt sich die Schule der Chance, politische Bildung nicht nur zu lehren, sondern auch zu erproben. Gerade darauf aber kommt es an; denn es nützt wenig, über Ordnung und Konflikte zu reden, wenn dem Schüler nicht die Möglichkeit geboten wird, im Schulleben selbst entsprechende Grunderfahrungen zu sammeln. Ordnende Lebensbewältigung in Freiheit und Verantwortung als Grundvoraussetzung demokratischer Existenz muß in dem heranwachsenden jungen Menschen durch Mitgestaltung und Mitverantwortung des Schullebens angebahnt werden. Andernfalls erschöpft sich die politische Bildung im sterilen Raum abstrakter Theorie. Wenn die Demokratie nicht nur eine Staatsform, sondern darüber hinaus eine Lebensform ist muß die Schule diese Lebensform verkörpern. Das aber kann sie nur dann, wenn sie ihre innere Organisation der Struktur der offenen, pluralen demokratischen Gesellschaft angleicht und den Konflikt als Prinzip dynamischer Ordnungsverwirklichung nicht scheut Nur so vermag sie ein fruchtbares Feld politischer Bildung zu werden.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Hartwich-Horn-Grosser-Scheffler, Politik im 20. Jahrhundert, Braunschweig 1964, S. 62.

  2. Otto Heinrich von der Gablentz, Einführung in die politische Wissenschaft, Köln-Opladen 1965, S. 14. über das Problem der politischen Ordnung siehe besonders Manfred Hättich, Lehrbuch der Politikwissenschaft, 2. Bd.: Theorie der politischen Ordnung, Mainz 1969. Dieses jüngst erschienene Werk konnte leider für die vorliegende Untersuchung nicht mehr ausgewertet werden.

  3. Ralf Dahrendorf, Gesellschaft und Freiheit, München 1961, S. 128.

  4. Hierüber siehe vor allem Ralf Dahrendorf, a. a. O., S. 112— 131, 197— 235; derselbe, Gesellschaft und Demokratie in Deutschland, München 1965; vgl. Lewis A. Coser, Theorie sozialer Konflikte, Neuwied-Berlin 1965.

  5. Siehe Giselher Schmidt, Die Weltanschauung der Neuen Linken, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 32/68, S. 15— 18; Gerhard A. Ritter, Der Antiparlamentarismus und Antipluralismus der Rechts-und Linksradikalen, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 34/69, S. 9 ff.

  6. Adolf von Thadden in NPD-Kurier III/1969, S. 1.

  7. Programm der NPD. Grundlagen nationaldemokratischer Politik. Abgedruckt in Hans Maier _ Hermann Bott, Die NPD — Struktur und Ideologie einer „nationalen Rechtspartei", München 1968, S. 66.

  8. Siehe insbesondere Institut für Sozialforschung Frankfurt a. M. (Hrsg.), Zur Wirksamkeit politischer Bildung, Teil I: Eine Analyse des Sozialkundeunterrichts an Volks-, Mittel-und Berufsschulen, Frankfurt a. M. 1966; Sebastian Herkommer, Situation und Wirksamkeit politischen Unterrichts an Volksschulen (Dissertation), Stuttgart 1966; Manfred Teschner, Politik und Gesellschaft im Unterricht. Eine soziologische Analyse der politischen Bildung an hessischen Gymnasien, Frankfurt a. M. 1968.

  9. Unter dem Thema „Ziele und Schwerpunkte politischer Bildung" in Grundzügen wiedergegeben in Das Parlament, 18. Jg. (1968), Nr. 48; vgl. dazu Walter Jacobsen, Gedanken zur Bundestagsdebatte über politische Bildung am 15. November 1968, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 4/69, S. 25— 31.

  10. Das Parlament, 18. Jg. (1968), Nr. 48, S. 2.

  11. So Hans-Günther Assel, Kritische Gedanken zu den Denkansätzen der politischen Bildung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 31/69, S. 21.

  12. Vgl. Ralf Dahrendorf, Gesellschaft und Freiheit, München 1961, S. 225 f.

  13. Vgl. Giselher Schmidt, Die Weltanschauung der Neuen Linken, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 32/68, S. 11— 18; Jürgen Habermas (Hrsg.), Antworten auf Herbert Marcuse, Frankfurt a. M. 1968, S. 13 ff.

  14. Einige kritische Abhandlungen aus den letzten Jahren seien hervorgehoben: Carter Kniffler/Hanna Schlette, Politische Bildung in der Bundesrepublik. Analysen-Reflexionen-Versuche, Neuwied-Berlin 1967; Rudolf Engelhardt, Urteilsbildung im politischen Unterricht, Essen 1968; Hermann Giesecke, Politische Bildung - Rechenschaft und Ausblick; in: Gesellschaft - Staat - Erziehung, 13. Jg. (1968), S. 277- 286; Felix Messerschmid, Zum gegenwärtigen Stand der Diskussion um die Wirksamkeit der Politischen Bildung, ebenda 13. Jg. (1968), S. 209- 221; Wolfgang W. Mickel, Zur Theorie der politischen Bildung, ebenda 14. Jg. (1969), S. 14 bis 35; Walter Jacobsen, Zur Diskussion um die politische Bildungsarbeit, in: Aus Politik und Zeit-geschichte, B 4/68; Manfred Hättich, Das Wesen der politischen Unterweisung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 4/69.

  15. Siehe Erich Kosthorst, Politische Bildung und kein Ende? Von der Notwendigkeit der Entmythologisierung der demokratischen Bildung; in: Pädagogische Rundschau, 19. Jg. (1964), S. 504— 513. Kosthorst verlangt endlich Klarheit „um des richtigen Ansatzes der Didaktik willen" (S. 506).

  16. Friedrich Roth, Sozialkunde, Düsseldorf 1968, S. 19.

  17. Siehe vor allem die Beiträge in Gesellschaft Staat — Erziehung, Jg. 13 f.

  18. Siehe Anm. 14; außerdem Klaus Hornung, Zum Ideologieproblem in der politischen Erziehung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 35— 36/67; Heinrich Bußhoff, Politikwissenschaft und Pädagogik, Berlin 1968; Pedro Graf, Erziehung zum Nationalbewußtsein — eine Aufgabe der politischen Bildung?, in: Gesellschaft — Staat — Erziehung, 13. Jg. (1968), S. 145— 158; Hans-Günther Assel, a. a. O.

  19. Diesen Denkansatz finden wir besonders bei Hermann Giesecke, Didaktik der politischen Bildung, München 1965 (3. Ausl. 1968), und bei Karl Christoph Lingelbach, Der Konflikt als Grundbegriff politischer Bildung; in: Pädagogische Rundschau, 21. Jg. (1967), S. 48- 55, 125- 138.

  20. Siehe Fischer-Herrmann-Mahrenholz, Der politische Unterricht, Bad Homburg v. d. Höhe 19652.

  21. Vgl. Karl Christoph Lingelbach, a. a. O., S. 51.

  22. Siehe hierzu besonders Hermann Giesecke, Didaktik der politischen Bildung, München 1968, S. 217 ff.

  23. Hans-Günther Assel, a. a. O„ S. 9— 17. Assel sieht vor allem den Konfliktbegriff unter Vernachlässigung des Ordnungsbegriffs überbewertet.

  24. Hans-Günther Assel, a. a. O., S. 11 ff.

  25. Ebenda, S. 13— 17.

  26. Ebenda, S. 16.

  27. Ebenda, S. 21/23.

  28. Ebenda, S. 19.

  29. Ebenda, S. 20/23.

  30. Ebenda, S. 7.

  31. Ebenda, S. 7/17 f.

  32. Vgl. Wolfgang Billigen, Didaktische und methodische Handreichungen zur politischen Bildung unc Sozialkunde, Frankfurt a. M. 1969; Friedrich Roth,

  33. Sie ist in Rezensionen zu Gieseckes Didaktik wiederholt vorgetragen worden. Siehe „ okumen tation der Kritik", Anhang zu Giesecke, Didaktik der politischen Bildung, München 1968,

  34. Assel, a. a. O., S. 21.

  35. Ebenda. Hier zitiert Assel Hans Albert, Traktat über kritische Vernunft, Tübingen 1968, S. 49.

  36. Das ist unseres Erachtens der Fall bei Friedrich Roth, a. a. O.

  37. Assel, a. a . O., S. 16 f.

  38. Siehe die bereits zitierten Werke von Engelhardt, Hilligen, Roth, Bußhoff; vgl. auch Paul Düring, Politische Bildung in Grundschule und Hauptschule, München 1968; Wolfgang Mickel, Methodik des politischen Unterrichts, Frankfurt a. M. 1967; Konrad Schön, Die Praxis des Unterrichts in politischer Bildung, Ratingen 1967.

  39. Siehe Wolfgang Klafki, Studien zur Bildungstheorie und Didaktik, Weinheim 1967; Josef Derbolav, Prinzipien einer kategorialen Didaktik; in: 2. Beiheft der Zeitschrift für Pädagogik, Weinheim 1960, S. 17— 45; Hugo Möller, Was ist Didaktik? Bochum o. J.

  40. Vgl. Heinrich Bußhoff, Grundlagen der politischen Bildung, in: Pädagogische Rundschau, 21. Jg. (1967), S. 662 ff.

  41. Hermann Giesecke, Didaktik der politischen Bildung, München 1968, S. 13.

  42. Ebenda, S. 63.

  43. Ebenda, S. 65. Dieser Zielbegriff ist ebenso wie der vorhin erwähnte allgemeine Leitgedanke auf Kritik gestoßen. Siehe dazu „Dokumentation der Kritik" und „Kritik der Kritik" im Anhang zu Giesecke, a. a. O., S. 199— 231.

  44. Ebenda, S. 100.

  45. Ebenda, S. 70, 100.

  46. Ebenda, Anhang S. 213. Hier rechtfertigt sich Giesecke seinen Kritikern gegenüber, indem er betont, in seiner Didaktik seien die Konflikte nicht „ontologisch hypostasiert", sondern „geschichtlich im Sinne des Demokratisierungsprozesses verstanden".

  47. Ebenda, S. 77- 135.

  48. Ebenda, S. 79. Giesecke stimmt hier mit Manfred Hättich, a. a. O., S. 23, überein, der feststellt: „Es gibt keine genuin politischen letzten Werte bzw. braucht es sie nicht zu geben. Wo sie produziert werden, haben wir es stets mit der Indienststellung des Menschen unter die Politik zu tun."

  49. Diesen Zusammenhang entwickelt Giesecke ausführlich in seinem Aufsatz „Allgemeinbildung, Berufsbildung, politische Bildung - ihre Einheit und ihr Zusammenhang"; in: Neue Sammlung, 1968, Heft 3, S. 210- 221.

  50. Giesecke, Didaktik .... S. 86 ff.

  51. Assel, a. a. O., S. 7, 18; vgl. Hättich a. a. O., S. 20 f.

  52. Giesecke, Didaktik ..., S. 92 ff.

  53. Ebenda, S. 97.

  54. Ebenda, S. 99.

  55. Ebenda, Anhang S. 217 ff.

  56. Ebenda, S. 99 ff.

  57. Ebenda, S. 102— 114.

  58. Ebenda, S. 118.

  59. Ebenda, S. 115.

  60. Ebenda, S. 116, 120.

  61. Ebenda, S. 115f.

  62. Ebenda, S. 105.

  63. Hättich, a. a. O., S. 20.

  64. Ebenda, S. 22; vgl. Helmut Große, Gemeinwohl und Macht — Ziel und Mittel politischer Gestaltung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 39/67, S. 3— 13.

  65. Giesecke, Didaktik ..., S. 106.

  66. Lingelbach, a. a. O., S. 50 f.

  67. Lingelbach hält Gieseckes Zielbegriff „politische Teilnahme" für zu niedrig angesetzt und richtet sein didaktisches Denken auf den mitverantwortlichen Aktivbürger aus.

  68. Ebenda, S. 52. Lingelbach betrachtet wie Giesecke den Konflikt als ein wesentliches Kriterium der Demokratie. Auch das Gemeinwohl sieht er in den 'Konflikt einbezogen (S. 53, 54, 127).

  69. Ebenda, S. 54.

  70. Diesen Begriffen mißt Lingelbach im Rahmen der politischen Bildung eine große Bedeutung bei (S. 54, 55, 129— 134).

  71. Ebenda, S. 130.

  72. Ebenda, S. 129.

  73. Ebenda, S. 1. 30.

  74. Ebenda, S. 127, 131. Vgl. Martin Wagenschein, Zur Klärung des Unterrichtsprinzips des exemplarischen Lehrens; in: Berthold Gerner (Hrsg.), Das Exemplarische Prinzip, Darmstadt 1966, S. 1— 18. Darin definiert dieser das Betroffensein als das „Ergriffene Ergreifen", die „typische Erschütterung, die von den in diesem Fach geschehenen Begegnungen ausgehen" (S. 3, 6).

  75. Hier entspricht Lingelbach dem Prinzip der „kategorialen Bildung", für das besonders Klafki eintritt. Bildung ist für diesen „kategoriale Bildung in dem Doppelsinne, daß sich dem Menschen seine Wirklichkeit kategorial erschlossen hat und daß eben damit er selbst dank der selbst vollzogenen kategorialen Einsichten, Erfahrungen, Erlebnisse für diese Wirklichkeit erschlossen worden ist" (Das pädagogische Problem des Elementaren und die Theorie der kategorialen Bildung, Weinheim 1963, S. 298).

  76. Lingelbach, a. a. O., S. 132.

  77. Ebenda, S. 125— 129.

  78. Siehe Fischer-Herrmann-Mahrenholz, a. a. O., S. 29— 94.

  79. Lingelbach, a. a. O., S. 132.

  80. Assel, a. a. O„ S. 16.

  81. Lingelbach, a. a. O., S. 133.

  82. Billigen, Didaktische und methodische Handreichungen zur politischen Bildung und Sozial-kunde, Frankfurt a. M. 1968, 4. durchgesehene Auflage; derselbe, Sehen — Beurteilen — Handeln. Lese-und Arbeitsbuch zur Politischen Bildung und Sozialkunde, Frankfurt a. M. 19601 (überarbeitete Neuauflagen beider Werke sind kürzlich erschienen).

  83. Billigen, Didaktische ..., S. 9.

  84. Ebenda, S. 17.

  85. Billigen setzt Ordnung ohne nähere Erläuterung in Anführungsstriche.

  86. Ebenda, S. 19.

  87. Ebenda.

  88. Vgl. Konrad Schön, a. a. O., S. 15: „Ordnung beinhaltet die ständige Spannung zwischen Freiheit und Bindung.“

  89. Hilligen, Didaktische ..., S. 16, 18.

  90. Ebenda, S. 17— 20.

  91. Roth, a. a. O, S. 18— 24.

  92. Ebenda, S. 21. Roth zitiert hier Theodor Litt, Naturwissenschaft und Menschenbildung, Heidelberg 1968, 5. Ausl., S. 11.

  93. Roth beruft sich hier auf F. Messerschmid, der die „Politik als jene Tätigkeit bezeichnet, welche den Menschen sinnvoll ordnet" (Politische und Musische Bildung; in: Zeitschrift für Pädagogik, 3. Beiheft, Weinheim 1963, S. 9). Das Verhältnis zwischen Politik und Ordnung ist eine der Grundfragen, die F. Messerschmid in seinen zahlreichen Beiträgen zur politischen Bildung immer wieder aufgreift. Für ihn sind Politik und Ordnung wesens-mäßig aufeinander bezogen. Politik versteht sich immer als Ringen um Ordnung. Darin stimmt er u. a. mit Th. Litt überein, der feststellt, „daß ein Kampf erst dadurch zum . politischen'Kampf wird, daß er die Herstellung von Ordnung zum Ziel oder wenigstens zum Erfolg hat" (Die politische Selbst-erziehung des deutschen Volkes, Heft 1 der Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1963, S. 74).

  94. Roth, a. a. O., S. 23.

  95. Ebenda, S. 24 (Zitat aus E. Voegelin, Die neue Wissenschaft von der Politik, München 1959).

  96. Ebenda. Vgl. Th. Litt, a. a. O., S. 79: „Ohne Übertreibung kann behauptet werden, daß es keine Staatsform gibt, deren Lebensprinzip mit dem Gedanken der Erziehung durch eine so enge, so notwendige Solidarität verbunden wäre, wie sie zwischen Demokratie und Erziehung obwaltet."

  97. Roth, a. a. O„ S. 70.

  98. Ebenda, S. 32.

  99. Ebenda.

  100. Ebenda, S. 64 f., 124, 127.

  101. Erich Weniger, Die Forderungen der Pädagogik an die politische Bildung; in: Politische Bildung und Erziehung im Rahmen der Volksschule und der Volksschullehrerbildung, hrsg. von der Bundeszentrale für Heimatdienst, Bonn 19583, S. 53.

  102. Felix Messerschmid, Zum gegenwärtigen Stand der Diskussion um die Wirksamkeit der Politischen Bildung; in: Gesellschaft — Staat — Erziehung, 13. Jg. (1968), S. 215.

  103. Vgl. Carter Kniffler/Hanna Schlette, a. a. O„ S. 12 f.

  104. Regierungserklärung vom 15. November 1968; in: Das Parlament, 18. Jg. (1968) Nr. 48, S. 2.

  105. Siehe Hartmut von Hentig, Die Schule im Regelkreis, Stuttgart 1965, S. 36.

  106. Siehe Weniger, a. a. O„ S. 53 ff.; Litt, a. a. O., S. 64.

  107. Vgl. Hartmut von Hentig, Systemzwang und Selbstbestimmung, Stuttgart 1968, S. 13.

Weitere Inhalte

Erwin Schaaf, Dr. phil., geb. 1933 in Tawern bei Trier, 1. und 2. Lehrerprüfung, Studium der Geschichte, Politikwissenschaft und Philosophie in Mainz und Saarbrücken, Lehrbeauftragter für Politische Bildung und Didaktik der Sozialkunde an der Erziehungswissenschaftlichen Hochschule Rheinland-Pfalz, Abteilung Koblenz. Veröffentlichungen: Die niedere Schule im Raum Trier—Saarbrücken von der späten Aufklärung bis zur Restauration. 1780— 1825, Trier 1966. Eine Reihe gesellschaftspolitischer und bildungspolitischer Aufsätze in verschiedenen Publikationsorganen.