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Die Sowjetkommunisten und die Konvergenztheorie | APuZ 5/1970 | bpb.de

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APuZ 5/1970 Die Sowjetkommunisten und die Konvergenztheorie Der Kommunismus in Asien

Die Sowjetkommunisten und die Konvergenztheorie

Konstantin Pritzel

/ 39 Minuten zu lesen

In der jüngeren Vergangenheit, etwa seit Ende 1967, haben einzelne Parteien des sowjet-kommunistischen Lagers, insbesondere die SED, die Auseinandersetzung mit der soge-nannten Konvergenztheorie zu einem der zentralen Themen ihrer ideologischen und politischen Arbeit gemacht. In der folgenden Untersuchung soll versucht werden zu klären, warum man sich gerade auf diese Theorie konzentrierte und sie — im Gegensatz zu ihrer tatsächlichen Bedeutung im politisch-geistigen Leben der westlichen Welt — zu einem der wichtigsten und gefährlichsten Instrumente eines aggressiven Imperialismus deutete, welches die entscheidenden, von kommunistischer Seite gegen die Lehre von der Konvergenz ins Feld geführten theoretischen, ideologischen und politischen Argumente sind und warum schließlich die Hauptoffensive gegen diese Theorie gerade um die Jahreswende 1967/68 eröffnet wurde.

Vorher aber erscheint es erforderlich, den wesentlichen Inhalt der Konvergenztheorie darzustellen und das Für und Wider in der Wirtschafts-und Politikwissenschaft auf westlicher Seite zu erörtern.

I. Die Lehre von der Konvergenz der Systeme

Oskar Der Kommunismus S. Weggel: in Asien.................... 19

Zum Begriff der Konvergenz und zur Entstehung der Konvergenztheorie Der Begriff Konvergenz fand zunächst nur im mathematisch-naturwissenschaftlichen Bereich Verwendung. In der Mathematik bezeichnet man als konvergierend solche Reihen, deren Teilsumme sich einem endlichen Wert nähert, ohne ihn zu erreichen (so nähert sich die konvergierende Reihe 1/2 + 1/4 + 1/8 + 1/16 • • • dem Wert 1). In der Physik wird das Zusammenlaufen der Strahlen eines Strahlenbündels als Konvergenz bezeichnet und in der Biologie das Ähnlicherwerden von Gestalten oder Organen unter gleichartigen äußeren Bedingungen, das heißt also die Annäherung unter Umwelteinflüssen im Zuge des biologischen Entwicklungsprozesses. Später wurde dann der Begriff Konvergenz auf den gesellschaftswissenschaftlichen und politischen Bereich übertragen. Man bezeichnet damit das Ähnlicherwerden unterschiedlicher gesellschaftlicher Ordnungssysteme, insbesondere des sowjetisch-kommunistischen und des westlich-demokratischen, einen Prozeß, den die Anhänger dieser Auffassung mit der Konvergenztheorie zu begründen versuchen.

Als einer der geistigen Väter der Konvergenz-theorie kann der amerikanische Nationalökonom Walter S. Buckingham gelten. In seinem 1958 veröffentlichten Buch „Theoretische ökonomische Systeme — Eine vergleichende Analyse" schrieb er, „daß die realen, die funktionierenden ökonomischen Systeme einander immer ähnlicher werden, anstatt voneinander abzuweichen", und gelangte zu der Schlußfolgerung: „. . . Drei von vier Eckpfeilern des Kapitalismus . .. werden wahrscheinlich aus dem reinen Kapitalismus in das neu entstehende Wirtschaft oystem übernommen werden. Erstens das Prix ateigentum an den Invest-bauten und Ausrüstungen .. . Zweitens die ökonomischen Stimuli und das Motiv des Profits . . . Drittens wird sich überall das Markt-system als Hauptmechanismus für die Kontrolle über die Verteilung der Waren und Dienstleistungen behaupten."

Erwähnt zu werden verdient auch, daß sich die heutigen Konvergenztheoretiker auf einen Vorläufer aus der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts berufen können, den französischen Historiker und Politiker Alexis C.de Tocqueville (1805 bis 1859). Dieser sprach in seinem 1835 erschienenen Buch „Die Demokratie in Amerika" bereits von der zu erwartenden Rivalität zwischen Amerika und Ruß-land und von einer — wie wir heute sagen würden — soziologischen Annäherung der beiden Staaten. Die modernen Konvergenztheoretiker und ihre Lehre Als namhafteste Vertreter der Konvergenz-theorie sind außer dem schon erwähnten amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler Buckingham der niederländische Nationalökonom Jan Tinbergen, der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler John Kenneth Galbraith, der französische Soziologe Raymond Aron und der Soziologe Pitirim A. Sorokin zu nennen. Sorokin emigrierte vor 20 Jahren aus der Sowjetunion in die USA und ist heute amerikanischer Staatsbürger.

Wie bereits erwähnt, geht die Konvergenz-theorie von der Annahme aus, daß im Laufe der Zeit eine Annäherung zwischen dem westlich-demokratischen bzw. kapitalistischen’ und dem sozialistischen bzw. sowjetkommunistischen System staatfindet, ja stattfinden muß. Dieser Annahme liegt der Gedanke der Struktur einer „einheitlichen Industriegesellschaft" zugrunde. Nach der Konvergenztheorie ist diese gekennzeichnet von einem verhältnismäßig hohen Massenkonsum, vom „Machtantritt der Manager", von der „Herrschaft der Technokraten" und von einer zunehmenden Entideologisierung der Massen. Mit Entideologisierung der Massen ist gemeint, daß weite Kreise in der industriellen Massengesellschaft den Glauben und die Einsatzbereitschaft für irgendwelche ideologischen Werte verloren haben und sich im wesentlichen für die individuelle Konsumption, ihre privaten Belange interessieren. Unter diesen Voraussetzungen kommt es dann allmählich zu einer weitgehenden Angleichung — Konvergenz — der heute noch verschiedenen Systeme des Sozialismus und des Kapitalismus.

Die wirtschaftspolitischen Hintergründe dieses Annäherungsprozesses hat Tinbergen von der Rotterdamer Wirtschaftshochschule darzustellen versucht. Der klassisch-liberale Kapitalismus würde seiner Meinung nach durch den Einbau staatlicher Planelemente sozialistischer, während andererseits der marxistische Sozialismus durch die Übernahme marktwirtschaftlicher Elemente sich dem Kapitalismus nähere. Im Jahre 1965 schrieb Tinbergen in der Belgrader Zeitschrift: „Internationale Politik" (5. Juni 1965): „Wichtig ist es, daß sich beide Systeme im Entwicklungsprozeß befinden und daß viele von diesen Veränderungen eine Tendenz zur Annäherung zeigen. Es liegen sogar Beweise dafür vor, daß sich beide Systeme in Richtung auf ein bestimmtes Optimum, in Richtung auf ein System bewegen, das besser ist als der reine Kapitalismus und der reine Sozialismus früherer Auffassung."

Die ökonomische Variante In der Konvergenztheorie lassen sich zwei Varianten unterscheiden, und zwar eine ökonomische und eine soziologische. Der ökonomischen Variante nach wirken vor allem zwei Faktoren in Richtung einer Konvergenz der Systeme. Einmal ist es der technische Fortschritt, der allenthalben zum bestimmenden Faktor der Entwicklung geworden ist und zwangsläufig zu einer Annäherung der Systeme führt. Dieser Faktor wird vor allem auch von Galbraith betont, wenn er schreibt:

„Es gibt in der Gegenwart kaum eine interessantere Erscheinung, als daß die einstmals kapitalistische und die einstmals kommunistische Firma einander . . . immer ähnlicher werden. Die Ideologie übt in dieser Hinsicht keinen entscheidenen Einfluß mehr aus ... So ergeben sich an allen wichtigen Stellen Berührungspunkte zwischen den beiden scheinbar so verschiedenartigen Industriesystemen." 2) An anderer Stelle weist Galbraith auf die Ähnlichkeit von Industrieländern gleicher Entwicklungsstufe hin: „Die moderne Industrietechnik ordnet sich einem bestimmten Imperativ unter, der über die Ideologie hinausgeht. Eben dieser Imperativ, nicht aber der Wille der Politiker bestimmt — und zwar in sehr starkem Maße — in unserer Zeit die Tätigkeit der ökonomischen und damit auch der politischen Institutionen. Es ist nicht verwunderlich, daß er auch nachdrücklich ähnliche Forderungen stellt. In der Welt von heute besteht ein großer Unterschied zwischen industrialisierten und nicht-industrialisierten Gesellschaften und Ländern. Die Unterschiede zwischen den Ländern, die auf der höchsten Stufe der Industrialisierung stehen . . ., verringern sich jedoch mehr und mehr unter dem Einfluß der Bedürfnisse der Industrietechnik und der mit ihr zusammenhängenden Produktionsorganisation."

Die soziologische Variante Nach der soziologischen Variante erstreckt sich das Prinzip der Konvergenz nicht nur auf die ökonomische, sondern darüber hinaus auch auf die politisch-gesellschaftliche Ebene. Diese Auffassung wird beispielsweise von Raymond Aron und Pitirim Sorokin vertreten. Die Hauptthesen Sorokins lassen sich in drei Punkten zusammenfassen: 1. In seiner reinen oder extremen Form sind {sowohl der Kapitalismus als auch der Kommunismus mangelhaft und können kein gutes und schöpferisches Leben in der Zukunft gewährleisten.

2. Im Unterschied zu dem Marxschen Gesetz I lung der gesellschaftlichen Beziehungen einem neuen „Gesetz" sozialer Veränderungen unterworfen, das letztlich zu einer Hybridgesellschaft führt.

3. Die einzige Alternative zur Verhütung eines thermonuklearen Krieges ist die Schaffung einer einheitlichen Welt, eines integralen Gesellschaftstyps.

1 genz der USA und der UdSSR zum gemischten soziokulturellen Typ", untersucht Sorokin den Prozeß der Konvergenz in den folgenden Bereichen: 1. Naturwissenschaft und Technik, 2. Gesellschaftswissenschaften, 3. Philosophie, 4. Ethik und Strafrecht, Bildungswesen, 6. Sport und Erholung, 7. Bildende Kunst, 8. Religion, 9. Ehe und Familie, 10. ökonomisches System, 11. Soziale Verhältnisse, 12. Politisches System.

Sorokin gelangt dann zu den folgenden Schlußfolgerungen: „Ich neige zu der Auffassung, daß der herrschende Typ der entstehenden Gesellschaft und Kultur — wenn die Menschheit neue Weltkriege zu vermeiden und die gegenwärtige kritische Lage zu überwinden im-Stande sein sollte — wahrscheinlich weder kapitalistisch noch kommunistisch sein, sondern einen Typ verkörpern wird, den wir als einen integralen bezeichnen können. Dieser Typ dürfte ein Zwischending zwischen der kapitalistischen und der kommunistischen Ordnung und Lebensweise sein." 5)

II. Kritik der Konvergenztheorie

Abbildung 2

1. Aus der Sicht westlicher Wissenschaftler Wie nicht anders zu erwarten, mußte die Lehre von dem zwangsläufigen Ähnlicherwerden der verschiedenen Ordnungssysteme in Ost und West bei einer ganzen Reihe von Wissenschaftlern in der westlichen Welt auf Widerspruch stoßen. So schrieb Professor Werner Bosch von der Universität Mainz bereits 1961:

man „Kann Zentralverwaltungswirtschaft und Marktwirtschaft miteinander verbinden? Man kann in ein zentralverwaltungswirtschaftliches System marktwirtschaftliche Elemente einbauen, und es gibt tatsächlich in den meisten Zentralverwaltungswirtschaften Bauernmärkte oder andere marktwirtschaftliche Rest-elemente. Aber sie sind in das zentralverwaltungswirtschaftliche System verwoben. Die Pläne der noch freien Bauern, Handwerker oder Einzelhändler stoßen an allen Seiten auf die staatlichen Pläne. Die Handlungsfreiheit, die in diesen marktwirtschaftlichen Restbereichen einer Zentralverwaltungswirtschaft gilt, ist deshalb nur Schein Denn ein System, in dem die entscheidenden wirtschaftlichen Vorhaben zentral geplant werden, kann nicht zulassen, daß der einzelne zuviel mitplant. Seine Pläne sind für die Zentrale nur dann erträglich, wenn sie so unbedeutend sind, daß sie die Funktionsfähigkeit des zentralverwaltungswirtschaftlichen Systems nicht stören.

Man kann auch nicht eine marktwirtschaftliche Ordnung durch , ein bißchen Planwirtschaft veredeln'. Man kann überhaupt keine , Mischform'zwischen marktwirtschaftlicher und zentralverwaltungswirtschaftlicher Ordnung finden. Immer muß entweder die zentralverwaltungswirtschaftliche oder die marktwirtschaftliche Ordnungsform dominieren. Welche der beiden Grundformen in Wirklichkeit in einem wirtschaftlichen System dominiert, ist nicht immer mit dem Rechenstift zu beweisen, besonders dann nicht, wenn eine Marktwirtschaft sich im Übergang zur Zentralverwaltungswirtschaft befindet oder umgekehrt. Aber es gibt genug Indizien aus der sorgfältigen Beobachtung des wirtschaftlichen Alltags, die in jeder historischen Situation eine Antwort auf diese Frage geben können. Um es zu wiederholen: In jeder historischen Situation dominiert entweder die eine oder die andere Ordnungsform." Ähnlich äußerte sich Professor Thalheim vom Osteuropa-Institut der Freien Universität Berlin. Auf einer Tagung der Deutschen Gesellschaft für Osteuropakunde im Oktober 1965 begründete er die Ablehnung der Konvergenz-theorie mit den folgenden Argumenten: „Aber bedeutet die Anwendung gleicher Planungstechniken bereits wirklich eine Annäherung der Systeme — eine so große Annäherung, daß daraus allein schon die Hoffnung auf ihr späteres Konvergieren abgeleitet werden kann? .. . Gerade weil Methoden wie Input-Output und das lineare Programmieren systemneutral sind, bedeutet ihre Anwendung im östlichen Wirtschaftssystem für die Angleichung der Systeme nicht mehr als die Anwendung der gleichen Technik zur Gewinnung von Rohstahl oder zur Herstellung von Zement oder die zweckmäßigste Anwendung künstlicher Düngung beim Anbau von Zuckerrüben. Wer aber wollte behaupten, daß die Anwendung gleicher Produktionstechniken bereits eine Annäherung der Systeme bedeutet?"

Allerdings scheint der Autor seine Ansichten über die Ablehnung der Konvergenztheorie später zugunsten einer etwas differenzierten Betrachtung modifiziert zu haben. So etwa, wenn er jetzt davon spricht, daß die Konvergenz eine Funktion der politischen Bedingungskonstellation sei und die Veränderung des politischen Klimas geradezu eine Voraussetzung ist für Wandlungen im Bereich der Wirtschaft

Zu den Kritikern der Konvergenztheorie hat man auch die amerikanischen Sowjetologen Zbigniew Brzezinski und Samuel P. Huntington zu rechnen. Sie sind neben anderen die Schöpfer der sogenannten „Evolutionstheorie". Nach Auffassung der Evolutionstheoretiker wird in der Konvergenztheorie die Rolle der ökonomischen Faktoren (Entwicklung der Massenbedarfsgüterindustrie, die Folgen des materiellen Überflusses und die zunehmende internationale Verflechtung) überschätzt, und sie teilen nicht die Hoffnung der Konvergenz-theoretiker bezüglich der Auswirkungen der industriellen Entwicklung.

Die Kritik aus dieser Sicht läuft im Ergebnis auf eine andere Bewertung des Verhältnisses von Ideologie und politischer Macht innerhalb des Kommunismus hinaus. Dies wird besonders deutlich bei Brzezinski, der die Einstellung der Konvergenztheoretiker als „antisowjetischen Marxismus" bezeichnet. Er behauptet demgegenüber, Voraussetzung für die Demokratisierung der sozialistischen Gesellschaft seien positive politische Reformen, in erster Linie die Beseitigung des „ideologischen und politischen Monopols der regierenden Partei" Nach Meinung Brzezinskis kann nur eine ideologische Wandlung helfen, auch eine politische Wandlung herbeizuführen. In seinem Buch „Alternative zur Teilung" schreibt er: „Die wünschenswertere Form der Umwandlung begänne mit einer internen Liberalisierung der osteuropäischen Staaten. Erst dann wüchsen sie gemeinsam mit der Sowjetunion langsam in ein größeres Europa hinein." Die Evolutionstheoretiker sind der Auffassung, daß die Konvergenztheorie mit der Synthese beider Systeme in Wirklichkeit ein Aufgehen des Sozialismus in den Kapitalismus nachzuweisen versucht: „Die meisten Konvergenztheorien postulieren also in der Wirklichkeit nicht eine Konvergenz der Systeme, sondern den Untergang des anderen Systems." 2. Kritik der marxistisch-leninistischen Dogmatiker Auf scharfe Ablehnung mußte die Lehre von der Konvergenz der Systeme bei den Anhängern eines dogmatischen „Marxismus-Leninismus" bzw.den Verfechtern der sowjetsozialistischen Ideologie stoßen. Die von dieser Seite geltend gemachten Einwände lassen sich in den folgenden Punkten zusammenfassen:

1. Die Industrialisierung wird in der Konvergenztheorie als . ein rein technisch-ökonomischer Prozeß gewertet, der soziale Folgerungen nach sich zieht. Aber es wird davon abstrahiert, daß die Industrialisierung unter ganz bestimmten sozialen Verhältnissen stattfindet, die weitgehend ihre Formen und vor allem den sozialen Inhalt ihrer Auswirkungen bestimmen. Damit wird der marxistischen Einschätzung des Prozesses der gesellschaftlichen Entwicklung ein klassenmäßig unabhängiger Epochenbegriff entgegengesetzt.

2. Die Konvergenztheorie gelangt von der Entstellung des Charakters unserer Epoche folgerichtig zur Leugnung der führenden Rolle der Arbeiterklasse. Sie ersetzt den für den Kapitalismus bestimmenden Klassengegensatz von Bourgeoisie und Arbeiterklasse durch eine wertneutrale pluralistische Gesellschaftsauffassung. 3. Indem die Intelligenz als die im Kapitalismus führende Schicht dargestellt wird, soll von den eigentlich Herrschenden abgelenkt werden. Die Monopol-Bourgeoisie tritt in den Hintergrund, während die Herrschaft der Manager breit geschildert wird.

4. Nach Auffassung der Ideologen der einheitlichen Industriegesellschaft spielt das Eigentum an den Produktionsmitteln keine Rolle für die Machtausübung mehr. Fälschlich behauptet die Konvergenztheorie, daß das Eigentum nicht entscheidend für den Besitz der Schlüsselpositionen sei, sondern es entscheidend darauf ankäme, wer Zugang zu den Schlüsselpositionen hat und wer tatsächlich über die Verteilung der Produkte bestimmt.

5. In der Konvergenztheorie wird die von Betrieben und marktbeherrschenden Monopolen heute in steigendem Umfang praktizierte ökonomische Programmierung im volkswirtschaftlichen Maßstab (Planifikation) mit der sozialistischen Volkswirtschaftsplanung verwechselt. Erstens verfolgt die sozialistische Volkswirtschaftsplanung andere Ziele und zweitens haben die bürgerlichen Staaten die entscheidenden Hebel des Wirtschaftsmechanismus nicht in der Hand. 6. Indem die Konvergenztheorie die Gegensätze zwischen Arbeit und Kapital und zwischen Ausbeutern und Ausgebeuteten im Sinne der marxistischen Theorie leugnet und die Frage nach der Natur des Staates, das heißt also nach seinem Klassencharakter, umgeht oder bewußt verschleiert, lenkt sie den Werktätigen vom Klassenkampf und damit von der Wahrnehmung ihrer objektiven-Interessen ab und dient der Stabilisierung und dem Fortbestand der kapitalistischen Ordnung. 7. Der methodologische Grundfehler der Konvergenztheorie liegt in der voluntaristischen und idealistischen Einstellung zum wirtschaftlichen Entwicklungsprozeß. Die Anhänger der Konvergenztheorie vertreten die Ansicht, daß der moderne Kapitalismus genau wie der Sozialismus gewisse Mängel und Schwächen und gewisse Vorteile und positive Werte besitze. Nunmehr geht es darum, durch Integration oder Synthese die Mängel auf beiden Seiten auszumerzen und eine optimale ökonomische Variante zu entwickeln. In Wahrheit ist jedoch die ökonomische Entwicklung der Gesellschaft nicht eine Sache freier Willensentscheidung, sondern sie beruht auf objektiven ökonomischen Gesetzen, zu denen auch der zwangsläufige Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus gehört.

In einer Reihe von analytischen Arbeiten, die in der ersten Hälfte des Jahres 1968 in Fachzeitschriften und theoretischen Parteiorganen der Sowjetunion und DDR erschienen sind, setzten sich Gesellschaftswissenschaftler und Politökonomen mit der Konvergenztheorie im Sinne der obigen sieben Punkte auseinander Die Gründe, warum diese Auseinandersetzung schwerpunktmäßig mit der Jah-reswende 1967/68 begann, um dann den Umfang einer regelrechten Kampagne anzunehmen, werden im nachfolgenden Kapitel zu erörtern sein.

III. Die Konvergenztheorie — „eine ideologische Waffe des aggressiven Imperialismus"

1. Geringe Beachtung der Konvergenztheorie bis 1967 Das Interesse, das der Konvergenztheorie im kommunistischen und besonders im sowjet-kommunistischen Lager heute entgegengebracht wird, ist erst neueren Datums. Bis Anfang 1967 läßt sich in den dortigen wissenschaftlichen und theoretischen Abhandlungen eine Reaktion auf diese Lehre kaum feststellen. Eine der wenigen Ausnahmen war ein Artikel im theoretischen Organ der KPCh „Rote Fahne", der im Oktober 1964 erschien und in dem der Widerspruch zwischen dem „revolutionären Geist" und dem „reaktionären Geist" der Konvergenztheorie herausgearbeitet wurde Die Situation änderte sich seit dem April 1967. Damals fand in Moskau ein Symposium unter Teilnahme führender Theoretiker und Ideologen über die „moderne bürgerliche Konvergenztheorie" statt. Auf diesem Symposium wurden im wesentlichen die oben dargelegten Argumente und die Hauptrichtung der Auseinandersetzung mit dieser Lehrmeinung auf der Basis der Sowjetideologie festgelegt. Kurze Zeit später, mit Beginn des Jahres 1968, rückte die Auseinandersetzung mit der Konvergenztheorie in das Zentrum der politischen und ideologischen Aktivität, insbesondere von SED und KPdSU. Der Schwerpunkt verlagerte sich von der theoretisch-wissenschaftlichen auf die propagandistisch-agitatorische Ebene, und die Auseinandersetzung mit der Konvergenz-theorie nahm nun das Ausmaß einer regelrechten Kampagne an. Die Gründe hierfür waren in der politischen, ideologischen und wirtschaftlichen Entwicklung im Sowjetblock und im internationalen Kommunismus zum damaligen Zeitpunkt zu suchen. 2. Der Reformkurs in der Tschechoslowakei als auslösendes Moment Auf dem Hintergrund des sich verschärfenden sowjetisch-chinesischen Gegensatzes sowie als Folge der unbefriedigenden und hinter den hochgesteckten Planzielen zurückbleibenden Entwicklung in der Sowjetunion und der über den rein wirtschaftlichen Bereich hinausgreifenden Auswirkungen der Wirtschaftsreform nahm der Prozeß der politischen Auflockerung des Sowjetblocks und der ideologischen Erosion etwa ab 1962 ein rascheres Tempo an.

Ihren konkreten Ausdruck fand diese Entwicklung in dem Widerstand einzelner Partner des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe (Comecon) gegen die sowjetischen Bestrebungen, den Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe zu einem supranationalen Planungsorgan auszubauen und damit die nationale Souveränität in entscheidender Weise über das schon gegebene Maß weiter zu beschränken So begründete das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Rumäniens seine Ablehnung der RGW-Politik in einer Grundsatzerklärung vom 27. April 1964 mit den folgenden Argumenten:

1. Die Schaffung eines einheitlichen Planungsorgans verstößt gegen die Souveränität der Länder. Das Comecon-Statut sichert den Teilnehmern aber ausdrücklich volle Souveränität zu.

2. Jedes Land braucht eine eigene Schwerindustrie, um den Sozialismus aufzubauen.

Gegen dieses Grundgesetz kann das Kriterium der Rentabilität nicht geltend gemacht werden.

3. Der Comecon ist nicht umfassend genug;

er sollte alle Länder aufnehmen, die sich vom Kapitalismus getrennt haben. 4. Die sozialistische Arbeitsteilung sollte nicht zu einer Isolierung von der Weltwirtschaft führen, sondern den Handel auch mit dem Westen fördern

Auf der gleichen Linie lagen die Bemühungen der Rumänen, die Kommandostruktur der War-schauer Paktorganisation in Richtung einer stärkeren Betonung des Gleichgewichts der Partner zu verändern sowie die Bemühungen verschiedener Mitgliedsländer des Comecon, sich mit der EWG zu arrangieren

Dieser Prozeß des Widerspruchs gegen die sowjetrussische Hegemonie und den ideologischen Führungsanspruch der KPdSU, der stärkeren Wahrnehmung der eigenen nationalen und nationalwirtschaftlichen Interessen und die sich daraus ergebende Auflockerung des sowjetischen Pakt-und Bündnissystems erreichte mit der Entwicklung in der Tschechoslowakei um die Jahreswende 1967/68 einen neuen Höhepunkt.

Nun gehört es bei der Verteidigung der eigenen politischen und ideologischen Machtpositionen durch die doktrinären oder neoleninistischen Führungsgruppen seit jeher zum Rezept, abweichende Vorstellungen und Gedanken, gegensätzliche politische Konzeptionen und Tendenzen und vor allem auch Rückschläge und Mißerfolge ihrer Politik als Werk innerer und äußerer Feinde, als Machenschaften des sogenannten Klassengegners hinzustellen. Unter diesem Gesichtspunkt lag es nahe, auch den gesamten Prozeß der politischen und ideologischen Erosion zum Teil als Ergebnis der Tätigkeit des Gegners und im Falle der Tschechoslowakei vor allem als „Wühltätigkeit amerikanischer und westdeutscher Imperialisten" hinzustellen. Und hier nun erlangte die bis dahin mehr oder weniger unbeachtet gebliebene Konvergenztheorie eine zentrale Bedeutung. Diese Theorie, so behauptete die sowjetkommunistische Propaganda, sei dazu bestimmt, das sozialistische Lager aulzuweichen und zu unterminieren und mit der Losung von der Annäherung der Systeme letztlich das Aufgehen des Sozialismus in den Kapitalismus zu propagieren. Interpretierte man aber die Konvergenztheorie in diesem Sinne, wies man ihr also die Rolle eines Schreckgespenstes zu, so durfte es sich bei dieser Theorie nicht nur um die private und unverbindliche Lehrmeinung einzelner westlicher Gelehrter handeln, sondern diese Theorie mußte zur ideologischen Basis des aggressiven Imperialismus, zu einem ausdrücklich im Interesse des verschärften Klassenkampfes geschaffenen Instrumentes umgedeutet und aufgewertet werden. 3. Die Rolle und Position der SED Den Anfang für die Auseinandersetzungen mit der Konvergenztheorie auf dieser Basis machte der für ideologische Fragen zuständige Sekretär im SED-Zentralkomitee, Hager, mit seinem Grundsatzreferat auf der 4. Plenartagung Ende Januar 1968. Damals führte er unter anderem aus:

„Die Theorie von der angeblichen Wandlungs-und Anpassungsfähigkeit des Kapitalismus wird verbunden mit der sogenannten Konvergenztheorie’, der These von der Annäherung der beiden Gesellschaftssysteme unter den Bedingungen der wissenschaftlich-technischen Revolution. Die Monopolbourgeoisie will damit vom notwendigen Kampf um die revolutionäre Umgestaltung der kapitalistischen Gesellschaft ablenken, die Formierung ihrer Ausbeuterherrschaft als einen progressiven und gesetzmäßigen Prozeß hinstellen und die von der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen befreite sozialistische Gesellschaft diskreditieren. ..

Auf die . Konvergenztheorie'können nur diejenigen hereinfallen, die nicht sehen, daß sie dazu dienen soll, den Kapitalismus zu erhalten. Diese Theorie ist also auch nur ein Schild, hinter dem sich die Absicht verbirgt, die Entwicklung des Sozialismus aufzuhalten.

. . . Während die EWG am 1. Juli 1968 die Zollunion und den gemeinsamen Agrarmarkt vollendet und die Zollunion durch eine Wirtschaftsunion, durch gemeinsame Wirtschaftspolitik ergänzt werden soll, wollen die Imperialisten und ihre sozialdemokratischen Gehilfen Brandt und Schiller den sozialistischen Ländern einreden, daß es für sie vorteilhaft sei, wenn sie eine Angleichung der Wirtschaftssysteme in der EWG akzeptieren würden."

Anschließend wurde das gleiche Thema in zahlreichen Aufsätzen in der Fachpresse und in theoretischen Parteiorganen in immer neuen Variationen behandelt. Auf der vom Zentralkomitee der SED veranstalteten Internationalen Wissenschaftlichen Session in Ost-Berlin vom 2. bis 4. Juni 1968 anläßlich des 150. Geburtstages von Karl Marx sprach auch das Mitglied des Politbüros des ZK der KPdSU, Arvid* J. Pelsche. In seinem Referat über „Die gegenwärtige Epoche, die Epoche des Triumphes der Ideen des Marxismus-Leninismus" wies er auf den weiter bestehenden Gegensatz der Systeme hin: „In letzter Zeit hat die in Mode gekommene bürgerliche Konzeption der . Transformation'des modernen Kapitalismus und seiner allmählichen (Annäherung 1 an den Sozialismus weite Verbreitung gefunden. Der verborgene antimarxistische Sinn dieser Theorie läuft darauf hinaus, die selbständige Rolle der Arbeiterklasse zu negieren und die Unversöhnlichkeit der Klassenwidersprüche der bürgerlichen Gesellschaft zu vertuschen, die sich ständig und anschaulich in diesem oder jenem Grade in allen kapitalistischen Ländern äußern (Ausweitung des Streikkampfes, Wachstum der Arbeitslosigkeit usw.)."

Professor Arno Winkler von der Deutschen Akademie für Staats-und Rechtswissenschaft . Walter Ulbricht'in Babelsberg faßte seine Erkenntnisse über die Konvergenztheorie folgendermaßen zusammen: „Den Theoretikern des Monopolkapitals ist von jeher die Aufgabe zugewiesen, Ideologien zu entwickeln, die das zum Untergang verurteilte kapitalistische System retten sollen. Stets bestand ihr Klassenauftrag darin, das reaktionäre Wesen des imperialistischen Systems zu verschleiern, den Sozialismus zu verleumden und die Arbeiterklasse vom Kampf gegen die Monopolherrschaft abzuhalten.

Unter zahlreichen Konzeptionen tritt seit einigen Jahren die sogenannte Konvergenztheorie hervor...

In dem Maße, wie sich die ökonomischen und politischen Widersprüche der historisch überlebten kapitalistischen Ordnung verschärfen und der Sozialismus seine allseitige Überlegenheit über den Kapitalismus immer überzeugender beweist, wächst der Bedarf der Herrschenden in den imperialistischen Ländern an Ideologien zur Verschleierung des Wesens des staatsmonopolistischen Kapitalismus und zur ideologischen Diversion gegen den Sozialismus. . . .

Die Konvergenztheorie gehört zum Instrumentarium des Klassenkampfes gegen das werktätige Volk. Sie will die wachsende Kritik am kapitalistischen System in Bahnen lenken, die für die bestehenden Macht-und Gesellschaftsverhältnisse ungefährlich sind. Deshalb wird die Verbreitung konvergenztheoretischer Thesen in der Regel mit einer Scheinkritik an einzelnen Symptomen des Kapitalismus verknüpft."

Ähnlich wie sich die Partei zum aggressivsten und lautstärksten Wortführer einer Intervention in der Tschechoslowakei machte, so betrieb sie auch die heftigste Propaganda und Polemik gegen die Konvergenztheorie. Dem Verhalten Ost-Berlins in der tschechoslowakischen Frage und in den Auseinandersetzungen mit der Konvergenztheorie liegen durchaus analoge Motive zugrunde; es sind, so könnte man auch sagen, zwei verschiedene Seiten der gleichen Medaille. Bis jetzt hat die SED mit ihrer Politik der politischen und wirtschaftlichen Ausrichtung auf die Sowjetunion und der staatlichen Zwei-bzw. Dreiteilung Deutschlands (Forderung auf Anerkennung der Westsektoren Berlins als eigenes Subjekt des Völker-rechts) in der Bevölkerung offensichtlich keine ausreichende Basis finden können. Unter diesen Umständen besteht die politische Konzeption der Ost-Berliner Parteiführung darin, das von ihr geschaffene Herrschaftssystem als Erfüllung des Ziels der sozialistischen deutschen Arbeiterbewegung zu verteidigen, es als Modell einer Wiedervereinigung anzupreisen und die Bundesrepublik und die sie tragenden Kräfte überall und mit allen Mitteln zu diffamieren. Die Partei reagiert — aus ihrer Position durchaus logisch und verständlich — mit konsequenter Ablehnung aller Versuche, den doktrinären Marxismus-Leninismus zu revidieren und den unbeschränkten Alleinherrschaftsanspruch der Partei, genauer: einer Gruppe in dieser Partei, anzutasten.

Und hier liegt die Nahtstelle zwischen der politischen Konzeption der SED und ihrem Propagandafeldzug gegen die Konvergenz-theorie. Die SED ist gegen eine Intensivierung aller Kontakte gesamtdeutschen Charakters, soweit diese nicht ihren politischen Interessen dienen; sie propagiert nicht die Konvergenz, sondern die Divergenz der Systeme.

Diese politische und ideologische Plattform der SED-Führung spiegelt sich in der gegen die Konvergenztheorie gerichteten Agitation und Propaganda wider. Es geht der Partei darum, auf wirtschaftlichem, ideologischem und kulturellem Gebiet den Gedanken der Konvergenz zurückzuweisen Dabei greift man dann auch zur Konstruktion recht willkürlicher Zusammenhänge und zu Formulierungen, die bis an die Grenze des Lächerlichen reichen. So versuchte beispielsweise Professor Dr. Trebs, Dozent für Okumenik in der Hum-boldt-Universität, „Die Unhaltbarkeit der Konvergenztheorie im Spiegel kirchlicher Stellungnahmen in der DDR" nachzuweisen. Im Organ der Ost-CDU „Neue Zeit" führte er aus:

„Wie in der , Neuen Zeit'schon dargestellt wurde, äußerte sich der Einfluß der Konvergenztheorie etwa auf der Weltkirchenkonferenz in Uppsala darin, daß die Begriffe Kapitalismus und Sozialismus so gut wie eleminiert und durch den Terminus , Industrienationen'ersetzt wurden. . . .

Neben westlichen Ökonomen und politischen Wissenschaftlern sind es vor allem die . Futurologen', die die These von der Bedeutungslosigkeit der Unterschiede der gesellschaftlichen Systeme propagieren und damit gelegentlich auch bei Theologen in der DDR zeitweiliges Gehör finden. Der Irrtum, daß die . Sachgesetze der Technologie'die Unterschiede zwischen Ost und West gegenstandslos machen würden, ist vor allem für die Verkündigung verhängnisvoll. Denn er rückt das Konkrete und Spezifische aus dem Blickfeld, das gerade das Feld christlicher Bewährung bestimmt." Auf der 13. Sitzung des „Staatsrates der DDR" ging auch der Kultusminister Gysi in seinem Referat auf die Thesen der Konvergenztheorie ein. Es gehöre, so führte er aus, zum Arsenal der Konvergenztheorie, daß bürgerliche Philosophen behaupten, die wissenschaftlich-technische Revolution und ihre Wirkung auf den Menschen sei gesellschaftlich wertfrei und stelle die Menschen zwingend vor die existenzielle Alternative, sich dem Phänomen Technik entweder anzupassen oder von ihm überwältigt zu werden. Das auf der Staatsratssitzung geforderte Herausarbeiten der vollen Divergenz in beiden Systemen bedeute, das Phänomen Technik seiner Metaphysik zu entkleiden, den Prozeß der wissenschaftlich-technischen Revolution bewußt als Menschenwerk für den Menschen zu vollziehen

Und schließlich entfaltete man eine breite Agitation gegen die angeblichen Gefahren der Konvergenztheorie in der Tagespresse. Die Schlagzeilen lassen Inhalt und Tendenz dieser Kampagne deutlich hervortreten:

„Konvergenztheorie ist mit Sozialismus unvereinbar" (Der Morgen, Mai 1968), „Für Narkose kein Bedarf" (Der Morgen 26. Juni 1968), „Konvergenztheorie — ein Instrument des modernen Antikommunismus" (Neues Deutschland, 10. August 1968), „Ein trojanisches Pferd — Konvergenztheorie eine Waffe des Antikommunismus" (Neue Zeit, 27. September 1968).

Auch die von der FDJ organisierte und geleitete Singebewegung wurde in den Dienst der Antikonvergenz-Agitation gestellt. Auf einem der Treffen der FDJ-Singeklubs trug eine Gruppe u. a.den folgenden Vers vor: „Ihr sagt, die Welt, sie strebt zur Konvergenz aus dem Rotstern wird der Stern von Daimler-Benz und vom Kampfe der Klassen sollten wir die Finger lassen, weil er, wie ihr wißt, für euch gefährlich ist!" 22) 4. Die Okkupation der Tschechoslowakei, die „Breschnew-Doktrin" und die Konvergenz-theorie

In der Art, wie in der ersten Hälfte des Jahres 1968 — also während des , Prager Frühlings'— die tschechoslowakischen Reformer und die mit ihnen sympathisierenden Kräfte in anderen Ländern und Parteien des Sowjetblocks unter der vordergründigen Auseinandersetzung mit der Konvergenztheorie angegriffen wurden, die Konvergenztheorie also zum Vorwand der politischen und ideologischen Diffamierung aller Moskau unbequemen Tendenzen benutzt wurde, so diente sie nach der Invasion in der Tschechoslowakei als willkommene Rechtfertigung dieser Gewaltaktion und zur Stützung der These bzw.des Prinzips des proletarischen und sozialistischen Internationalismus — dies um so mehr, als der gleichzeitig mit dem Einmarsch unternommene Versuch Moskaus bzw.der Warschauer Paktmächte scheiterte, die Invasion als „Beantwortung des Hilferufes führender Vertreter der Partei und des tschechoslowakischen Staates, die sich, der Sache des Sozialismus treu, an uns wandten" hinzustellen. Erst 13 Monate später, Ende September 1969, gelang es auf der Tagung des Zentralkomitees der KP, den unmittelbar nach der Invasion einberufenen 14. Außerordentlichen Parteitag für illegal zu erklären und die in der Ära Dubcek gefaßten Parteibeschlüsse, insbesondere über die Völkerrechtswidrigkeit der Invasion und des Verstoßes der Maßnahmen der Invasionsmächte gegen das Prinzip des proletarischen und sozialistischen Internationaluismus, zu annullieren Vor allem auf seifen der SED versuchte man sofort, einen logischen Zusammenhang zwischen der Entwicklung in der Tschechoslowakei, der Konvergenztheorie und dem Einmarsch der Warschauer Pakt-Truppen zu konstruieren. Auf der 9. Tagung des SED-Zentralkomitees erklärte Erich Honecker, daß die Konvergenztheorie von aggressiven imperialistischen Kreisen benutzt werde, um ihre „Politik des Brückenschlagens" zu den sozialistischen Ländern als Bestandteile der imperialistischen Globalstrategie und ihrer westdeutschen Variante, der „neuen Ostpolitik", zu begründen. Sie sei ein entscheidendes Mittel der ideologischen Diversion in den sozialistischen Ländern, um „die Entschlossenheit der Werktätigen beim sozialistischen Aufbau zu schwächen und vor allem die Arbeiterklasse davon abzuhalten, rechtzeitig in ihrem Klasseninteresse die Probleme der sozialistischen Gesellschaft und der wissenschaftlich-technischen Revolution zu meistern"

Weiter heißt es dann in einem kürzlich von der Parteihochschule „Karl-Marx" beim Zentralkomitee der SED herausgegebenen Buch „ökonomische Gesetze im gesellschaftlichen System des Sozialismus": „Von modernen Marxisten aufgegriffen, die neue Modelle des Sozialismus fabrizieren, erweist sich die Konvergenztheorie als gefährliches Instrument, die sozialistische Ordnung und die internationale Arbeiterbewegung von innen aufzuweichen. Dem muß eine Offensive des Marxismus-Leninismus in Theorie und Praxis • entgegengesetzt werden."

In einer zur Zeit im Pressezentrum am Bahnhof Friedrichstraße in Ost-Berlin verbreiteten Broschüre kann man lesen: „Auf der anderen Seite zielt diese Konvergenztheorie natürlich darauf ab, den Sozialismus auf neue Art aufzuweichen und zu unterminieren. Daß dies das eigentliche Ziel all solcher Theorien des Monopolkapitalismus ist, wurde mehrfach während der Ereignisse in der ÖSSR offen ausgesprochen . . . Für einen solchen Prozeß bedarf es aber nicht des neuen Begriffs Konvergenz . Ihn nennt man in der internationalen Arbeiterbewegung deutlich und treffend Konterrevolution. Ein solches Programm der Aushöhlung und Umstürzung der Arbeitermacht ist selbstverständlich für die DDR völlig unannehmbar, wie für jeden Kommunisten auf der Welt, dem es um den Sozialismus ernst ist."

In letzter Zeit hat sich auf dem Hintergrund der Vorbereitung und Durchführung der Kommunistischen Weltkonferenz in Moskau im Juni 1969 auch die sowjetische Propaganda des Themas . Breschnew-Doktrin'und . Konvergenztheorie'angenommen. Dabei zielt die sowjetrussische Propaganda vor allem in die Richtung, die Souveränität der einzelnen sozialistischen Länder und das Prinzip des proletarischen und sozialistischen Internationalismus als eine „unzertrennliche Einheit", als frei von Widersprüchen erscheinen zu lassen und die These von der „begrenzten Souveränität sozialitischer Länder", also die sogenannte „Breschnew-Doktrin", als eine westliche Erfindung und ein westliches Störmanöver hinzustellen. Beispielhaft für diesen Versuch ist ein mehrfach verbreiteter Artikel, der Ende Juli 1969 von der Moskauer Presseagentur „Nowosti" (ANP) veröffentlicht wurde und in dem es u. a. heißt:

„Die Souveränität einer kommunistischen Partei und eines sozialistischen Landes schließt das Recht ein, die Formen und Methoden des sozialistischen Aufbaus entsprechend den nationalen Verhältnissen zu bestimmen. Zugleich erlegt die Souveränität jeder Partei und jedes sozialistischen Landes ihnen die Pflicht auf, die Macht der Arbeiterklasse und Werktätigen zu behaupten und zu schützen sowie auch alle revolutionären Errungenschaften der sozialistischen Ordnung. Die Souveränität eines sozialistischen Staates ist mit der internationalen Verantwortung gegenüber der Gemeinschaft der sozialistischen Länder und der internationalen kommunistischen und revolutionären Bewegung unzertrennlich verbunden.

Es handelt sich also um die Klasseneinstellung zur Souveränität. Die Losung der Souveränität, die nicht klassenbewußt aufgefaßt wird, stellt eine feine Waffe der rechtsopportunistischen, revisionistischen und antisozialistischen Kräfte dar, eine der krassen Offenbarungen des bürgerlichen Nationalismus. Die Schöpfer der Konvergenz, die die Formel . begrenzte Souveränität'im Umlauf setzten, versuchten offensichtlich, die internationalen Beziehungen der sozialistischen Länder einzuschränken, die sozialistische Gemeinschaft zu spalten und zu schwächen und dadurch die internationale kommunistische Bewegung zu untergraben." Diese nicht nur den Tatsachen, sondern auch den innerparteilich verkündeten ideologischen Positionen widersprechende Darstellung soll offensichtlich dazu dienen, im Westen Verwirrung zu stiften und unbequemen Auseinandersetzungen über die Breschnew-Doktrin und die Invasion in der Tschechoslowakei zu begegnen. In diesem Zusammenhang verdient dann die kürzlich vorgelegte Dokumentation von Boris Meissner besondere Beachtung, in der er das Wesen der Breschnew-

Doktrin erschöpfend erläutert. Meissner führt darin aus, daß die Breschnew-Doktrin auf eine Wiederholung der Forderung der Moskauer Zentrale auf Unterordnung der kommunistischen Parteien im Satellitenbereich hinauslaufe. Die Sowjetunion betrachtet es (nunmehr schon als „Konterrevolution" — so schreibt Meissner —, „wenn von einer regierenden kommunistischen Partei die Verwirklichung eines demokratischen Sozialismus im Sinne der reformkommunistischen Vorstellungen in einer gewaltlosen Form und unter Wahrung ihrer Bündnisverpflichtungen angestrebt wird". Unter diesem Gesichtspunkt stelle die Gewaltaktion gegen die Tschechoslowakei auch keinen Bruch innerhalb der politischen Praxis des Sowjetkommunismus dar, weil es eine echte Wandlung in den ideologischen und außenpolitischen Auffassungen Moskaus niemals gegeben habe 5. Die kommunistische Weltkonferenz als Forum der Auseinandersetzung mit der Konvergenztheorie — Zur Frage des Prinzips der friedlichen Koexistenz Bevor sich Breschnew, der Leiter der sowjetischen Delegation auf der Weltkonferenz der kommunistischen Parteien im Juni 1969 in Moskau, mit der „Wühltätigkeit Pekings" befaßte, kritisierte er die „revisionistischen und opportunistischen Tendenzen" in der internationalen Arbeiterbewegung. Mit unüberhörbarer Anspielung auf die Entwicklung in der Tschechoslowakei führte Breschnew aus, daß der Revisionismus in der Theorie einer opportunistischen Praxis den Weg bahne, die dem antiimperialistischen Kampf unmittelbar schade. Revisionismus — so meinte er weiter — bedeute Abrücken von den proletarischen Klassenpositionen, Ersetzung des Marxismus-Leninimus durch allerlei bürgerliche und kleinbürgerliche Konzeptionen alter und modernistischer Prägung. Auf den Gegensatz von Souveränität und sozialistischem Internationalismus eingehend und damit auf die Invasion in die Tschechoslowakei anspielend, führte Breschnew weiter aus:

„Selbstverständlich fällt der Kampf gegen den Opportunismus und Nationalismus in diesen oder jenen Ländern vor allem in den Kompetenzbereich der entsprechenden Bruderparteien. Aber keine von ihnen kann erfolgreich vorankommen, wenn sie nicht konsequent und entschlossen für die Reinheit der marxistischleninistischen Prinzipien kämpft. Wahr ist aber auch, daß sich, wenn man in diesem oder jenem Bestandteil unserer Bewegung aufhört, diesen Kampf zu führen, dies auf sie in ihrer Gesamtheit auswirkt."

Deutlicher und direkter äußerte sich dann Ulbricht, der die Delegation der SED leitete, in seiner Diskussionsrede. Die Ausführungen Breschnews unterstützend, meinte er: „Typisch für die neuen Methoden des Imperialismus ist die psychologische Kampfführung, der Versuch, mit Hilfe der Konvergenztheorie die Bastionen der Arbeiterklasse und des Sozialismus aufzubrechen und das sozialistische Bewußtsein zu zersetzen. Demagogisch stellen die Imperialisten die wissenschaftlich-technische Revolution dar als Weg zur Überwindung des . alten Kapitalismus'und der angeblichen Annäherung des Monopolkapitalismus und des sozialistischen Systems. In der Tat erfolgt durch die wissenschaftlich-technische Revolution und die Konzentration der Produktiv-kräfte im Kapitalismus eine weitere Vergesellschaftung der Produktion. Doch damit wird nur der Beweis erbracht, daß die Herrschaft einiger tausend Monopolherren immer anachronistischer wird, die Übernahme großer Monopole und der Kampf um den Sozialismus auf der Tagesordnung steht. ...

Der Imperialismus vermochte an jenen Abschnitten der internationalen Klassenauseinandersetzung Einbrüche zu erzielen, an denen die Kampfkraft der revolutionären Kräfte im nationalen Maßstab zeitweilig gelähmt bzw. die internationale Solidarität und Einheit der progressiven Kräfte vorübergehend geschwächt war und deshalb nicht in vollem Maße wirksam werden konnte. Die sozialistische Staatengemeinschaft und die anderen mit ihr verbündeten revolutionären Kräfte waren jedoch imstande, die Angriffe des Welt-imperialismus zurückzuschlagen und an einigen entscheidenden Brennpunkten des Klassenkampfes in der internationalen Arena dessen Anfangserfolge in Niederlagen umzuwandeln." Wenn von kommunistischer Seite die Konvergenztheorie als Angriff auf die Grundpositionen des Marxismus-Leninismus und als Instrumentarium in der politischen Strategie des Imperialismus bezeichnet wird, so lag es nahe, auch das Verhältnis der Prinzipien der Konvergenz zum Prinzip der friedlichen Koexistenz zu untersuchen und zu klären. Dabei ist zunächst festzuhalten, daß das von Lenin formulierte und später von Chruschtschow weiter entwickelte Prinzip der friedlichen Koexistenz auf der These von der Unvermeidbarkeit des Niederganges des Kapitalismus, der Überlegenheit der sozialistischen bzw. kommunistischen Gesellschaftsordnung und dem schließlichen Endsieg des Kommunismus in der Welt basiert. Die These von der friedlichen Koexistenz beider Gesellschaftssysteme ist also keineswegs der Versuch eines politischen Interessenausgleichs und eines geistigen Nebeneinanders mit dem Westen.

Die Doktrin von der Koexistenz im Sinne der sowjet-kommunistischen Ideologie steht vielmehr im Zusammenhang mit der atomaren Bedrohung und dem atomaren militärischen Gleichgewicht: Die Sowjetunion mußte auf den Einsatz militärischer Mittel für ihre welt-revolutionären Ziele verzichten, weil das Risiko nicht zu überblicken war, und nach anderen Wegen suchen. Diese fand sie in den beiden offensiven Komponenten der Koexistenztheorie, nämlich im ökonomischen Wettlauf mit dem Westen, den sie in der Überzeugung von der Überlegenheit der kommunistischen Planwirtschaft über die marktwirtschaftliche Wirtschaftsordnung im Westen zu gewinnen hofft, und in der These von der Verlagerung des weltpolitischen Kräfteverhältnisses zugunsten des Sozialismus/Kommunismus. Diese These schließt die Behauptung des Programms der KPdSU von 1961 ein, daß der Sozialismus/Kommunismus zur „geschichtlich bestimmenden Kraft unserer Epoche" geworden sei. Unter diesem Gesichtspunkt bildet natürlich die Lehre von der Konvergenz der Systeme einen unvereinbaren Widerspruch zu den Thesen von der friedlichen Koexistenz. Professor Arno " Winkler faßte in seinem schon erwähnten Artikel „Die Konvergenztheorie — Instrument des Antikommunismus" diese Argumentation folgendermaßen zusammen:

„Der ideologische Angriff der Konvergenz-theoretiker auf Grundpositionen des Marxismus-Leninismus geschieht hier unter zwei Gesichtspunkten:

Erstens wird die Politik der friedlichen Koexistenz ihres Klassencharakters entkleidet und aus einem Mittel des Klassenkampfes in ein Mittel der Klassenversöhnung umgefälscht.

Zum Wesen der friedlichen Koexistenz kann man aber nur dann vorstoßen, wenn man vom Charakter der Epoche und der Entfaltung des Widerspruchs zwischen Sozialismus und Imperialismus ausgeht. Die geschichtlichen Erfahrungen lehren, daß der Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus kein einmaliger Akt ist. Zwischen dem Beginn dieses weltgeschichtlichen Prozesses und seiner Vollendung liegt eine ganze historische Übergangsperiode. Das aber bedeutet, daß beide Systeme für längere Zeit nebeneinander existieren. Es entsteht also die Frage nach dem Charakter der Beziehungen zwischen entgegengesetzten Gesellschaftssystemen. Lenin hat diese Frage beantwortet, indem er das Prinzip der friedlichen Koexistenz von Staaten mit unterschiedlicher gesellschaftlicher Ordnung begründete. Der hauptsächliche Inhalt dieses Prinzips ist der Verzicht auf den Krieg als Mittel der Politik. Die marxistischleninistische Bestimmung des Inhalts der modernen Epoche enthält in sich zugleich, daß der Sozialismus im Klassenkampf ohne Krieg über den Kapitalismus siegen kann. Diese Möglichkeit kann aber nur dann zur Wirklichkeit werden, wenn alle Formen des Klassenkampfes um die Durchsetzung des Inhalts unserer Epoche bewußt, und zwar unter Führung der Partei, entwickelt und organisiert werden. Die Konvergenztheorie aber hemmt gerade die Durchsetzung des Prinzips der friedlichen Koexistenz dadurch, daß sie ihren Klassencharakter leugnet.

Friedliche Koexistenz ist ein Prinzip der Außenpolitik. Die Mittel dieser Politik sind in erster Linie die des ökonomischen Wettbewerbs zwischen Sozialismus und Kapitalismus, aber in bezug auf die politischen, ideologischen und ökonomischen Entwicklungen des gesellschaftlichen Systems des Sozialismus kann es keine Koexistenz, keine Neutralität und Überbrückung im Sinne der Koexistenz geben.

Zweitens soll die Vermengung von Koexistenz und Konvergenz von den antagonistischen Gegensätzen zwischen Sozialismus und Kapitalismus ablenken. Die friedliche Koexistenz wird als Methode der Konfliktkanalisierung zwischen gleichwertigen, versöhnbaren sozialen Systemen dargestellt. Damit schließt sich der Kreis. Ausgangs-und Endpunkt der Konvergenztheorie ist die Leugnung der objektiven Gesetze der gesellschaftlichen Entwicklung, die Verfälschung der wesensbestimmenden Merkmale des Sozialismus und des Kapitalismus."

IV. Die Wirtschaftsreform und innenpolitische Aspekte der Konvergenztheorie

übereinstimmendes Ziel aller wirtschaftlichen Reformbestrebungen in den sozialistischen Ländern ist es, daß noch aus der Stalin-Ära stammende Wirtschaftssystem zu modernisieren, leistungsfähiger zu machen und so die Voraussetzungen für den wirtschaftlichen und wissenschaftlich-technischen Wettlauf mit dem Westen zu schaffen. Als Mittel der Wirt-Schaftsreform kommen in Betracht:

a) Verbesserung der Methoden der Planung und Leitung der Wirtschaft;

b) größere Selbständigkeit und erhöhte Eigeninitiative der Betriebe;

c) Entwicklung eines Lohn-und Gehaltssystems mit Anreiz zur qualitativen und quantitativen Steigerung der Produktion und d) Neugestaltung des Preissystems unter stärkerer Berücksichtigung der Kostenfaktoren und der Marktsituation.

Sehr schnell zeigte sich nun, daß die Wirtschaftsreform von den dahinterliegenden ideologischen und gesellschaftlichen Ordnungsvorstellungen kaum zu trennen war, so daß tief-gehende Differenzen in bezug auf die einzuschlagenden Wege, das anzuwendende Instrumentarium und die weiteren Zielsetzungen der Reform zutage treten mußten.

So lassen sich heute hinsichtlich der Wirtschaftsreform zwei Gruppen von Ländern unterscheiden. Zur ersten Gruppe, der reformfreudigen, wird man außer Jugoslawien vor allem die Tschechoslowakei bis zur Okkupation im August 1968 und Ungarn zu rechnen haben. In diesen Ländern wird der Schwerpunkt der Wirtschaftsreform auf die Verselbständigung der Betriebe und die Umgestaltung des Preissystems — und wenn erreichbar auch des Währungs-und Verrechnungssystems —, also auf den Einbau marktwirtschaftlicher Elemente in das sowjetsozialistische Wirtschaftsmodell, gelegt. Ihren konsequentesten Fürsprecher fanden diese Vorstellungen in dem stellvertretenden Ministerpräsidenten der CSSR während der Ära Dubcek, Professor Ota Sik, den man gleichzeitig als Schöpfer der tschechoslowakischen Wirtschaftsreform bezeichnen kann. Für das von ihm entwickelte Modell prägte er den Begriff „Sozialistische Marktwirtschaft"

Dieser Gruppe steht nun eine andere gegenüber, zu der man außer der UdSSR und der DDR alle nicht zur ersten Gruppe gehörenden Länder des sowjetischen Herrschafts-und Kontrollbereiches rechnen muß. 1. Die Doktrinäre in Moskau und Ost-Berlin — Angriffe gegen Ota Sik Nun ist unschwer einzusehen, daß eine Wirtschaftsreform, die als entscheidenden Schritt den Einbau marktwirtschaftlicher Elemente beinhaltet und als Endziel eine „sozialistische Marktwirtschaft" ansteuert, den Gedanken einer Konvergenz mit der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ordnung im Westen tatsächlich nahelegt Auf Seiten der doktrinären Marxisten bzw. Neoleninisten mußte ein solcher wirtschaftlicher Reformversuch in dem Augenblick auf heftigsten Widerstand stoßen, als man, wie in der Tschechoslowakei, mit seiner Verwirklichung ernst zu machen begann, sich nicht mehr mit theoretischen Erörterungen begnügte und auch vor den weitergehenden gesellschaftlichen und politisch-ideologischen Voraussetzungen und Schlußfolgerungen nicht haltmachte

Es war daher nur folgerichtig, daß sich die Angriffe aus Moskau und Ost-Berlin zunächst einmal auf Ota Sik und das von ihm konzipierte Wirtschaftsmodell konzentrierten. So behauptete die sowjetische Nachrichtenagentur TASS unter dem 5. September 1968, daß das von Sik und anderen Reformern entwickelte neue ökonomische Modell darauf abziele, die CSSR wieder in den Kapitalismus zurückzuführen und die Gefahr der Arbeitslosigkeit und der ausländischen Ausbeutung in sich berge. Ein paar Tage später erneuerte das sowjetische Regierungsorgan „Iswestia" die Angriffe gegen Ota Sik mit der Behauptung, daß die Autoren des neuen ökonomi-sehen Modells in der Tschechoslowakei Grundprinzipien der sozialistischen Wirtschaftsführung wie den demokratischen Zentralismus, die staatliche Planung und den sozialistischen Wettbewerb verworfen hätten, der Marktbasis der Wirtschaft das Wort redeten und die planmäßige Leitung der Wirtschaft negierten. Dieses neue Modell hätte bereits zur Verlangsamung des wirtschaftlichen Entwicklungstempos, zu Arbeitslosigkeit und steigenden Lebenshaltungskosten geführt, und auch die Praxis in Jugoslawien hätte zu einem anarchistischen System geführt

Die SED hatte in ihrem theoretischen Organ „Einheit" bereits vorher den tschechoslowakischen Wirtschaftsreformern den Vorwurf gemacht, die Thesen der Konvergenztheorie übernommen zu haben. In einer Polemik gegen die Veröffentlichungen eines Autorenkollektivs in „Rude Prvo" vom 10., 11. und 12. Juli 1968 zum Thema „Vor der Entscheidung über das neue tschechoslowakische Modell des Sozialismus" hatte die „Einheit" geschrieben: „Im ideologischen Klassenkampf der Gegenwart spielt die von bürgerlichen Ideologen verbreitete und auch von einigen . marxistischen'Publizisten aufgegriffene Theorie der . Konvergenz', der Annäherung von Sozialismus und Kapitalismus, eine große Rolle. . . . Diese . Theorie'wird auch von . modernen'Marxisten aufgegriffen, die insbesondere die politische Macht der Arbeiterklasse, die führende Rolle der marxistisch-leninistischen Partei, die sozialistische Demokratie und die Planwirtschaft durch eine . Kontrolle der Macht auf der Grundlage der Partnerschaft . . ., der Konfrontation und der Opposition', durch einen . Selbstverwaltungsdemokratismus'sowie eine , vom Kuratel des Staates'getrennte Wirtschaft und andere dem Sozialismus system-fremde Elemente ersetzen wollen." 2. Budapest — Das ungarische KP-Organ propagiert die „sozialistische Konsumgesellschaft"

Ein von der doktrinären Haltung in Moskau und Ost-Berlin deutlich abweichender Standpunkt ließ sich im Oktober 1969 dem Organ der Ungarischen Kommunistischen Partei „Nepszabadsäg" entnehmen. Zwar bekannte sich das Blatt nicht ausdrücklich zur Konvergenztheorie, wohl aber plädierte es dafür, der „kapitalistischenKonsumgesellschaft" eine „sozialistische Konsumgesellschaft" entgegenzustellen und räumte ein, daß die kapitalistische Wirtschaft in den am weitesten entwickelten westeuropäischen und überseeischen Ländern eine Stufe der Entwicklung erreicht habe, auf der sie in der Lage sei, für die große Mehrheit der Bevölkerung einen hohen Lebensstandard zu gewährleisten. Die moderne kapitalistische Wirtschaft versorge den einzelnen und die Familien heute massenweise auch mit solchen Gütern, über die früher nur eine dünne, wohlhabende Schicht verfügte. Die Läden seien voller Waren, das Sortiment werde ständig verbreitert und in vielen Ländern zählten Personenwagen nicht mehr zum Luxus.

Diese Änderungen im hochentwickelten Kapitalismus — so führt das ungarische Partei-blatt weiter aus — könnten auch für die sozialistischen Länder nicht gleichgültig sein. Auch die Bewohner sozialistischer Länder wollen jene Waren kaufen, die in kapitalistischen Ländern dazu dienen, das Leben zu erleichtern und die Mühsal des Alltags zu mildern. Auch sie wollten mehr verbrauchen und bessere Waren kaufen. Es gebe keine kapitalistischen Autos und keine sozialistischen Autos — es gebe nur Autos, die Menschen in allen Teilen der Welt gleichermaßen gern besäßen. „Nepszabadsäg" geht dann auf die heikle Frage der Konvergenztheorie ein, wobei der Unterschied gegenüber den doktrinären Auffassungen besonders in der KPdSU und SED und der ideologische Differenzierungsprozeß innerhalb des sozialistischen Lagers deutlich wird. Während kapitalistische Ideologen die Behauptung aufstellen, so heißt es, das kapitalistische Konsummodell werde sich auch in den sozialistischen Ländern — unabhängig von den Eigentumsverhältnissen — verwirklichen, hätten es die sozialistischen Propagandisten bis jetzt unterlassen, dem Modell der kapitalistischen Uberflußgesellschaft das Modell der sozialistischen Uberflußgesellschaft entgegenzustellen. Es sei offensichtlich, daß für Sozialisten nicht die kapitalistische Verbrauchergesellschaft das nachzuahmende Vorbild sei. Es sei aber genauso offensichtlich, daß auch Sozialisten kein anderes Ziel hätten, als die Bedürfnisse der Bevölkerung zu befriedigen. Es ginge zum Beispiel im Sozialismus nicht an, daß der Durchschnittsbürger durch die erbitterte Konkurrenz um den Verbraucher ständig gezwungen werde, immer neue Waren zu kaufen.

Man müsse den Umstand berücksichtigen, daß die vollkommenere Gesellschaft des Sozialismus in schwach oder mittelmäßig entwickelten Ländern entstanden sei. Es sei also verständlich, daß es noch nicht gelungen sei, die entwickelten kapitalistischen Länder im Pro-Kopf-Verbrauch einzuholen. Es müsse also ein Modell der sozialistischen Verbrauchergesellschaft entwickelt werden, das auf der Annahme basiere, daß die sozialistischen Länder in 15 bis 20 Jahren — also etwa 1985 bis 1990 — den heutigen Entwicklungsstand der entwickelten westeuropäischen erreichen werden 3. Das Memorandum Professor Sacharows Im Sommer 1968, kurz vor der Intervention und in der Phase der sich verschärfenden Auseinandersetzungen mit den tschechoslowakischen Reformern kursierte unter Wissenschaftlern und Intellektuellen in Moskau ein ohne Genehmigung der Zensurbehörden -ver öffentlichtes Manuskript, das die Überschrift trug: „Gedanken über Fortschritt, friedliche Koexistenz und Gedankenfreiheit". Verfasser dieses Manuskripts war der 47jährige Professor Andrei Dmitriewitsch Sacharow. Der Verfasser, Mitglied der Akademie der Wissenschaften der UdSSR, Kernphysiker und Inhaber des Lenin-Ordens und Stalin-Preisträger, leistete 1950—-zusammen mit Professor Tamm — einen wichtigen theoretischen Beitrag zur Verwirklichung kontrollierter thermonuklearer Reaktion. In seiner Studie befaßt sich Sacharow mit der Möglichkeit der Annäherung zwischen der Sowjetunion und den Vereinigten Staaten in den kommenden 30 bis 35 Jahren. Nur in einer solchen Annäherung der beiden Supermächte sieht er die Möglichkeit, die Gefahren abzuwenden, die der Menschheit drohen. Diese Gefahren sind für ihn ein Krieg mit Wasserstoffbomben, Überbevölkerung und Hunger in der ärmeren Hälfte der Welt, chemische Vergiftung des Lebensraumes, in dem der Mensch existiert, die Aufrichtung von Polizeistaaten nach dem Vorbild Hitlers, Stalins und Maos und die Beseitigung der Gedankenfreiheit. Der sowjetische Atomphysiker bezeichnete die Entwicklung in der Tschechoslowakei als ein bedeutsames Experiment bei der Suche nach einem dritten Weg zwischen Kapitalismus und Sozialismus und fordert die sowjetische Führung auf, die Prager Initiative politisch und finanziell zu unterstützen. In seiner Vorschau auf die mögliche Weltentwicklung in den nächsten Jahrzehnten wird China nur insofern erwähnt, als der sowjetische Autor die — wie er sagt — monströsen und in grotesker Weise tragikomischen Formen des Maoismus verurteilt und bemerkt, der Maoismus habe zahlreiche Aspekte des Stalinismus und des Hitlerismus ad absurdum geführt. Wörtlich schreibt Sacharow: „Die Entwicklung der modernen Gesellschaft sowohl in der Sowjetunion als auch in den Vereinigten Staaten ist heute auf gleiche Weise geprägt von der komplexen Struktur des industriellen Managements. In beiden Ländern sind Managergruppen entstanden, die sich in ihrem sozialen Charakter ähneln.

Wir müssen daher anerkennen, daß es keine gualitativen Unterschiede in der Gesellschaftsstruktur der beiden Länder entsprechend der Konsumverteilung gibt. . . .

Die Annäherung an die kapitalistische Welt sollte keine prinzipienlose, antipopuläre Verschwörung zwischen herrschenden Gruppen sein, wie es im extremen Fall der sowjetischnazistischen Annäherung 1939/40 der Fall war. Eine solche Annäherung muß nicht nur auf einer sozialistischen, sondern auf einer demokratischen Grundlage beruhen, unter der Kontrolle der öffentlichen Meinung, wie sie sich in Wahlen und Publikationen äußert. . . .

Die Geistesfreiheit wird den Weg zu dieser Einsicht, zu Geduld, Elastizität und Sicherheit vor Dogmatismus, Furcht und Abenteuer erleichtern und glätten. Die ganze Menschheit, einschließlich ihrer am besten organisierten und aktivsten Kräfte, der Arbeiterklasse und der Intelligenz, begehrt Freiheit und Sicherheit."

Man wird in der Annahme nicht fehlgehen, daß das Auftauchen dieses Manuskripts mit eines der Motive der sowjetischen Parteiführung für ihr Interesse an der Konvergenztheorie und für die aggressive Propaganda gegen diese Theorie bildete. Dafür sprechen die Stellungnahmen zu dem von Sacharow verfaßten Manuskript und die einleitende Bemerkung des Verfassers, daß seine Anschauungen im Milieu der wissenschaftlichen und technischen Intelligenz der Sowjetunion geprägt worden seien.

Dieser Tatbestand wurde im Oktober 1969 durch den ebenfalls bekannten sowjetischen Physiker Kapitza weitgehend bestätigt. An-läßlich einer Reise durch die USA äußerte sich Kapitza zum Thema „Die unvermeidliche Annäherung zwischen der Sowjetunion und den USA". Auf das Essay von Sacharow eingehend führte er aus, daß es sich mit der wichtigsten aller Fragen, dem Frieden zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion befasse, und er betonte, daß er Sacharows Konzept der Annäherung zwischen der UdSSR und den USA für richtig halte.

Zusammenfassung

In der jüngeren Vergangenheit ist die soge-nannte Konvergenztheorie zu einem der zentralen Themen der Propaganda und politischen Auseinandersetzungen auf sowjetkommunistischer Seite geworden. Diese Theorie besagt, daß die heute noch getrennten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ordnungssysteme in Ost und West im Zuge des fortschreitenden Industrialisierungsprozesses immer ähnlicher werden — konvergieren — und sich im Ergebnis dieses Prozesses eine einheitliche Industriegesellschaft als Hybridform herausbildet. Diese Theorie ist sowohl auf westlicher Seite als vor allem auch auf Seiten doktrinärer Marxisten auf heftigen Widerspruch gestoßen.

Aber während die Lehre von der Konvergenz der Systeme im Osten zunächst kaum beachtet wurde, änderte sich die Situation um die Jahreswende 1967/68. Der Grund hierfür lag in dem verstärkten politischen und ideologischen Erosionsprozeß innerhalb des sowjetsozialistischen Lagers, wie er im besonderen an der Entwicklung in der Tschechoslowakei sichtbar wurde. Im Zuge der Abwehr dieser Tendenzen durch Moskau und seine Verbündeten wurde die Konvergenztheorie umgedeutet zur ideologischen Basis des aggressiven Imperialismus, zum bewußt eingesetzten Mittel des Klassenkampfes gegen das sozialistische Lager sowie zum Instrumentarium der . neuen Ostpolitik'.

Daneben spielten auch innenpolitische Gründe eine wichtige Rolle. Der seit 1963/64 in Gang gekommene Prozeß der Wirtschaftsreform legt mit dem Einbau marktwirtschaftlicher Elemente in das überkommene stalinistische Wirtschaftssystem den Gedanken einer Konvergenz der Systeme nahe. Wollte man demgegenüber die führende Rolle der Partei und die Machtposition ihrer Funktionäre behaupten, so mußte die Lehre von der Konvergenz aufs schärfste bekämpft und statt dessen eine zunehmende Divergenz der Systeme propagiert und bewiesen werden.

Für die SED spielte in diesen Auseinandersetzungen um die Konvergenztheorie noch die durch die besondere Situation im geteilten Deutschland gegenüber den übrigen Ostblockstaaten geschwächte Position der Partei eine Rolle. Das Memorandum des sowjetischen Atomwissenschaftlers Professor Sacharow zeigte, daß die Idee eines friedlichen Ausgleichs und einer konvergierenden Entwicklung auch unter sowjetischen Wissenschaftlern und Intellektuellen offenbar eine gewisse Resonanz gefunden hat.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Buckingham, Theoretical Economic Systems — A Comparative Analysis, New York 1958, S. 26 und S. 485.

  2. Galbraith, Die moderne Industriegesellschaft, München-Zürich 1968, S. 430 f.

  3. Vortrag zum Thema „Die neue Industriegesellchaft", zitiert nach Einheit, Nr. 4/5, 1968, S. 501.

  4. Aron, Dixhuit leons sur la societe industrielle, Paris 1962, und: La thorie du developpement et l'interpretation historique de l'epoque contemporaine (Le developpement social), Paris 1965.

  5. Zitiert nach sozialökonomi Bregel, Die beiden -schen Systeme und die bürgerliche Konvergenz-theorie in: Einheit, Nr. 4— 5/1968, S. 500.

  6. Bosch, Marktwirtschaft — Befehlswirtschaft, Heidelberg 1961, S. 275 f.

  7. Siehe dazu die aggressive und polemische Auseinandersetzung mit den Auffassungen von Thalheim in: Einheit, Nr. 4/1969, S. 485 ff., unter der Überschrift „Die Konvergenz-Bocksprünge eines Ost-Wirtschaftsexperten". Der Verfasser, Professor Herbert Meissner, ist Leiter der Abteilung Geschichte der politischen Ökonomie am Institut für Wirtschaftswissenschaften der Deutschen Akademie der Wissenschaften in Ost-Berlin und polemisiert in dem fraglichen Artikel gegen einen Vortrag, den Thalheim im Dezember 1968 in Zürich hielt (Neue Zürcher Zeitung vom 19. 12. 1968).

  8. Brzezinski/Huntington, Politische Macht. USA/UdSSR, Köln-Berlin 1966, S. 425 ff.

  9. Alternative zur Teilung — neue Möglichkeiten für eine gesamteuropäische Politik, 1966, S. 170.

  10. Brzezinski/Huntington, Politische Macht. USA/UdSSR,. Köln-Berlin 1966, S. 450. — Diese Auffassungen der Evolutionstheoretiker über die Konvergenztheorie werden vor allem von kommunistischer Seite aufgegriffen und — aus dem Zusammenhang gerissen und für die eigenen Bedürfnisse interpretiert — zur Behauptung des aggressiven Charakters der Konvergenztheorie benutzt. Siehe in diesem Sinne u. a. die Darstellung von Modrshinskaja, Die Evolutionstheorie — eine neue ideologische Variante des Antikommunismus, in: Internationales Leben, Moskau 1/1969 (Auszugsweiser Abdruck in: Sowjetwissenschaft. Gesellschaftswissenschaftliche Beiträge, Nr. 5/1969, S. 479 f., und Hemberger/Schwank, Ursachen und Erscheinungsformen der Aggressivität des westdeutschen Imperialismus, in: Einheit, Nr. 8/1969, S. 1005 ff.)

  11. Als die wesentlichsten Veröffentlichungen dieser Auseinandersetzung wären hier zu nennen:

  12. Wen Wen-Hsüan, The Struggle between the Revolutionary Spirit and the Reactionary Spirit on the Theoretical Front of Literature and Art Refuting Chou Ku-ch’eng’s . Theory of Convergence, in Relation to the Spirit of the Times. In: Hung-ch i (Rote Fahne), Nr. 20 vom 28. Oktober 1964. Wiedergabe im Monitordienst von Radio Free Europe, Nr. 444 von 1964.

  13. über den Auflockerungsprozeß im Sowjetblock vgl. Brzezinski, Der Sowjetblock. Einheit und Konflikt, Köln u. Berlin 1963.

  14. Erweiterte Tagung des ZK der Rumänischen Arbeiterpartei Anfang März 1963. Bericht in der Neuen Zürcher Zeitung vom 28. März 1963.

  15. Ausführlicher siehe dazu Pritzel, 20 Jahre Comecon, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, B 19/69, S. 24 ff., und: Die Kommunisten und der gemeinsame Markt, Schriftenreihe des Bildungswerkes Europäische Politik, Band 18, Köln 1968.

  16. Neues Deutschland vom 30. Januar 1968, S. 4.

  17. Vgl. Einheit, Nr. 6/1968, S. 676 ff.

  18. Die Konvergenztheorie — Instrument des Antikommunismus, in: Staat und Recht, Nr. 5/1969, S. 707 ff.

  19. Siehe dazu die Zusammenfassung von Dorothy Miller, East Germany's Concern with Convergence, in: Radio Free Europe Research vom 13. 8. 1969.

  20. Verkündung angesichts des Antagonismus — Die Unterhaltbarkeit der Konvergenztheorie im Spiegel kirchlicher Stellungnahmen in der DDR, in: . Neue Zeit vom 23. 1. 1969.

  21. Die Wirtschaft (Ost-Berlin), vom 7. 11. 1968.

  22. Neues Deutschland vom 20. 7. 1969, S. 3.

  23. Aufruf des Kommandos der Besatzungstruppen an die Bürger der CSSR über den illegalen Sender Vltatava’ am Morgen des 21. 8. 1968.

  24. Beschluß des ZK der KPC vom 25. und 26. 9. 1969, Abdruck in: Neues Deutschland vom 29. 9. 1969.

  25. Diskussionsrede auf der 9. Tagung des ZK der SED, in: Neues Deutschland vom 27. 10. 1968, S. 3.

  26. Ebert/Koch/Matho/Milke, ökonomische Gesetze im gesellschaftlichen System des Sozialismus, OstBerlin 1969, S. 143.

  27. Wie meistern Sozialisten die wissenschaftlich-technische Revolution? — Planung, Strukturpolitik und Mitbestimmung in der DDR, herausgegeben vom Staatssekretariat für westdeutsche Fragen, 1969, S. 41 f.

  28. Fjodor Breus, Begrenzte Souveränität — Eine propagandistische Schöpfung der Konvergenz, „Nowosti" Moskau, Nr. 87/603 vom 28. 7. 1969.

  29. Boris Meissner, Die Breschnew-Doktrin. Das Prinzip des „proletarisch-sozialistischen Internationalismus“ und die Theorie von den „verschiedenen Wegen zum Sozialismus", Köln 1969.

  30. Neues Deutschland vom 8. 6. 1969, S. 5.

  31. Neues Deutschland vom 10. 6. 1969, S. 3.

  32. Staat und Recht, Nr. 5/1969, S. 722 ff.

  33. Ota Sik, Plan und Markt im Sozialismus, Wien 1967, und ders., Fakten der tschechoslowakischen Wirtschaft, Wien-München-Zürich 1969.

  34. In diesem Zusammenhang verdient Erwähnung, daß z. B. die Erkenntnisse der SED über die Gefährlichkeit der Reformvorstellungen von Ota Sik erst neueren Datums sind und praktisch vom Frühjahr 1968 datieren. Noch im Jahre 1966 hatte der der SED gehörende Dietz-Verlag in Ost-Berlin Ota Siks Buch „Ökonomie — Interessen — Politik" verlegt. Das Vorwort schrieb der Direktor des Instituts für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED: „Ota Siks Buch zählt auf dem Gebiet der Ökonomie zu den ersten größeren theoretischen Arbeiten, die sich mit dieser Frage befassen und dazu einen bedeutenden Beitrag leisten. Der Vorzug besteht hierbei wie auch in den anderen Teilen des Buches darin, daß die Analyse der Interessen nicht einseitig erfolgt, sondern stets als ökonomisch-philosophisches Problem betrachtet wird. — ns ist zu wünschen, daß die vorliegende deutsche Ausgabe bei den Lesern nicht nur Interesse findet, sondern auch viele Impulse für die Forschungstätigkeit auslöst."

  35. Neues Deutschland vom 25. 9. 1968: Der Zerrspiegel Sik und anderen.

  36. Stoljarow/Rum, in: Einheit, 10/1968, S. 1247.

  37. Nepszabadsag (Sonntagsbeilage) vom 26. 10. 1969.

  38. Das Memorandum Sacharows wurde zunächst in der New York Times veröffentlicht und später in vollem Wortlaut in der Hamburger Wochenzeitschrift DIE ZEIT (Juli 1968) abgedruckt.

  39. Kapitza, der weit über die Grenzen der Sowjetunion hinaus Ansehen genießt, ist ein Schüler von Lord Rutherford in Cambridge. Der heute 75jährige verlor unter Stalin 1946 seine Stellung als Direktor des Physikalischen Instituts in Moskau und wurde erst 1955 wieder in seine alte Funktion eingesetzt.

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Konstantin Pritzel, Dr. jur., geb. 1913 in Berlin, Studium der Naturwissenschaften und der Rechtswissenschaft in Berlin und Jena, seit 1962 Mitarbeiter in der ostpolitischen Redaktion von RIAS-Berlin.