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Bürokratie jenseits von Parkinson. Bemerkungen zu einer Verwaltung im Regelkreis | APuZ 20/1970 | bpb.de

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APuZ 20/1970 Bürokratie jenseits von Parkinson. Bemerkungen zu einer Verwaltung im Regelkreis

Bürokratie jenseits von Parkinson. Bemerkungen zu einer Verwaltung im Regelkreis

Hermann Glaser

/ 57 Minuten zu lesen

Die nachfolgenden. Ausführungen könnten mißverstanden werden. Als Vorbemerkung ist es deshalb notwendig zu betonen, daß es sich um eine System-und nicht um eine personenbezogene Kritik handelt, daß der Beitrag, um Reform zu initiieren, mehr die Schwächen als die Stärken des konventionellen Systems aufzeigt. Er kann dabei freilich nur einige Impressionen und Anregungen vermitteln, die selbstverständlich einem „Regelkreis" von Diskussion und Kritik einzufügen wären. Es geht nicht um lokale Probleme oder um Ressortprobleme, wohl eher um eine Topographie der bürokratischen Struktur mit dem Ziel ihrer Veränderung — damit Verwaltung größere ökonomische und demokratische, rationale und futurologische (d. h. zukunftsorientierte) Effizienz erreicht.

Abbildung 3

V erwaltungsreform Unter den vielen anstehenden Reformen, die den Anschluß der Institutionen an das fortgeschrittene Bewußtsein und die gesellschaftliche Lage bewirken sollen, ist die Reform der Verwaltung von besonderer Bedeutung. Verwaltungsreform in diesem Sinne bedeutet nicht nur Verwaltungsvereinfachung, das heißt Rationalisierung in Teilsektoren, sondern den Versuch, durch Strukturveränderungen die Mängel der vorherrschenden Verwaltung abzubauen und sie der Zielvorstellung der demokratischen Gesellschaft mehr als bisher anzunähern. Schon Max Weber hat vom unaufhaltsamen Vormarsch der Bürokratisierung gesprochen und gefragt, ob angesichts dieser Übermacht der Bürokratisierung irgendwelche Reste einer in irgendeinem Sinne individualistischen Bewegungsfreiheit zu retten seien: „Wie wird Demokratie auch nur in diesem beschränkten Sinne überhaupt möglich sein?" Seitdem ist die (häufig sehr humanistisch-pathetische) Kritik an der Bürokratie nicht mehr verstummt; mit der Ausbildung der elektronischen Datenverarbeitung ist nun eine wichtige technische Grundlage für einen Strukturwandel gegeben — Basis für eine systemübergreisende Veränderung.

Abbildung 4

Black box Das Wissen über die Bürokratie ist verhältnismäßig wenig ausgebildet. Es gibt zwar eine Verwaltungswissenschaft, und auch die Soziologie behandelt, allerdings nur am Rande, bürokratische Probleme. Insgesamt kann man jedoch feststellen, daß weder diejenigen, die in der Verwaltung arbeiten, noch diejenigen, die mit Verwaltung zu tun haben und dabei häufig sich ihr ausgeliefert fühlen, wirkliche Vorstellungen vom System der Verwaltung haben. Sie empfinden Bürokratie als ein Labyrinth von Instanzen, Apparaturen und Mechanismen — mit Wattewänden, an die man in seiner Orientierungslosigkeit ständig anstößt. Vieles von dem, was die Gegenwartsund Zukunftsangst des Zeitgenossen, zumindest in seinem Unterbewußtsein, ausmacht, wird hervorgerufen durch die Konfrontation des Menschen mit der Maschinerie der Bürokratie, die undurchsichtig und anonym bleibt.

In der Terminologie der Kybernetik handelt es sich bei der Verwaltung um ein System: um ein Aggregat von Einzelteilen, das aber nicht eine bloße Zusammensetzung von verschiedenen Elementen, sondern ein Netz von Beziehungen und dynamischen Wechselwirkungen darstellt. Nach welchen Gesetzen und Prinzipien dieses System funktioniert, bleibt weitgehend unklar: Bürokratie ist eine „black-box“ bei der man nur weiß, was hineingegeben wird und was herauskommt (weil man beides empirisch feststellen kann); die Weise der Umsetzung von Input in Output entzieht sich jedoch der rationalen Erhellung. Ehe man die Struktur der Bürokratie zu verändern sucht, muß man ihr System analysieren; erst die Transparenz des bürokratischen Systems eröffnet den Weg zur Strukturveränderung.

Büroparalyse Eine Systemanalyse wird zunächst von den ostentativen Mängeln der Bürokratie auszugehen haben; einige seien nachfolgend impressionistisch festgehalten. Da ist zunächst das dominierende Mißtrauen aller gegen alle, einer Instanz gegen die andere, einer Abteilung gegenüber der anderen. Parkinson spricht von einer Büroparalyse und meint, daß die Bürokraten nur munter würden, wenn sie gegeneinander intrigierten und die Stuhlbeine des Nachbars ansägten, so daß die jüngsten Mitarbeiter entweder zynisch oder enttäuscht seien. Es handle sich um eine Krankheit, die idiopathisch sei, das heißt, die Patienten hätten sie sich selbst beigebracht, von Anfang an ihre Fortschritte begünstigt, ihre Ursachen gefördert und jedes Symptom der Krankheit freudig begrüßt; es sei die Krankheit der induzierten Minderwertigkeit: eine Unlust, die aus dem System entsteht.

Das bürokratische Mißtrauen stellt eine Art Frustrationsaggressivität dar: Die ständige Erfahrung, nicht wirklich aktiv mitwirken, verantwortlich tätig sein zu können, läßt die Teil-instanzen verkümmern, die nun ihre Enttäuschung und Daseinsverfehlung in Aggressivität ummünzen. Es handelt sich dabei nicht um direkte Brutalität, sondern um milde Intrige — um „Verfahren von hinten herum". Bürokratische Intrige ist, jenseits gelegentlicher und zusätzlicher persönlicher Probleme, Teil des institutionellen und institutionalisierten Mißtrauens und damit systemimmanent. Man würde diese Frustrationsaggressivität, die aus dem Gefühl der „Vereitelung" stammende „Feindseligkeit", verkennen, wollte man sie personalisieren, das heißt mit dem Verhalten autoritärer Individuen einseitig in Verbindung bringen. Sie fällt als Ausdruck und Ausfluß des Systems notwendigerweise jeden an, der auf längere Zeit ganzheitlicher Arbeit entfremdet wird. Das Entfremdungsphänomen der Bürokratie ist somit von größter sozialpsychologischer Bedeutung. Der jeweilige „Vorgang" trägt gewissermaßen die Wunden und Narben des Identitätsverlustes mit sich: Die beteiligten Instanzen haben in ihn all das hineinprojiziert und mit ihm das „rationalisiert", was an Unmut und Vereitelung sich angehäuft hat. „Rationalisieren" heißt dabei im Sinne Freuds: triebdynamische bzw. emotionale Haltungen mit Vernunftsgründen absichern, kaschieren wollen.

Solche büropathologische Mentalität ist habi-

tualisierte Versagung. Die durch das bürokratische System auferlegte, den eigentlichen menschlichen Intentionen zuwiderlaufende Notwendigkeit, nicht selbständig wirken zu können, nicht Verantwortung tragen zu dürfen, somit auch nicht wirkliche Erfolge erzielen und auch nicht Fehler machen zu können, bewirkt auf die Dauer, aufgrund von Gewöhnung und hierarchischem Druck, daß die Versagung zur zweiten Natur wird. Die bürokratische Habi-

tualisierung verläuft ständig gegen den Strich der personalen Entwicklungslinie und bewirkt im Unterbewußten einen Verdrängungsstau.

Der Amtsschimmel, das Simile (immer das gleiche zu tun und tun zu müssen), ruft psychosomatische Unruhe hervor, die sich freilich meist eine dicke Haut zulegt. „Die großen bürokratischen Apparate gleichen allmählich Dinosauriern mit kleinem Gehirn, aber mit viel Muskeln und sehr dicker Haut, die immer unbeweglicher und schwerfälliger werden. Dabei verlieren sie die Fähigkeit zu Überblick, Orientierung, zum Entwickeln von Strategien. Die Routine reduziert das Denkvermögen. Systemwissen entsteht nicht. Die jetzige, immer noch viel zu starre hierarchische Befehls-gliederung in der staatlichen Verwaltung hat sich vor vielen hundert Jahren aus der Kommandostruktur der Heeresgliederung entwik-kelt. Sie ist heute an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit angelangt." Derjenige bzw. diejenige Institution oder Instanz, die dieses Simile zu durchbrechen sucht, wird somit notwendigerweise zum Fixierungsobjekt für die Unmut-und Unlustgefühle all derjenigen, für die die Entfremdung bereits habituell geworden ist. Man bekämpft im progressiven, das „übliche" überschreitenden Vorgang das, was man selbst hat verdrängen müssen.

Informationsverschmutzung Die Emotionalität der Bürokratie ist im System begründet. Die Fülle des Informationsmaterials, mit dem sich die Verwaltung auseinan-derzusetzen hat, bewirkt, daß man — gezwungenerweise — in Teilaspekte sich flüchtet und diese verabsolutiert, emotionalisiert, ideologisiert. Man spricht bereits von „Informationsverschmutzung" und meint damit die. Vermischung von peripheren und wesentlichen Daten, die in ihrer Gewichtigkeit und Priorität nicht genügend erkannt werden können, da die Trennschärfe für solche Unterscheidungen nicht entwickelt ist. Die Orientierungslosigkeit inmitten der Datenflucht bewirkt Unsicherheit, Bedrückung, Unmut und als Verdrängungskompensation den Umschlag in eine falsche Sicherheit: Es wird ein Aspekt herausgegriffen — vor allem dann, wenn er einigermaßen überschaubar und dem „gesunden Menschenverstand" entspricht; er wird zum eigentlichen Faktor „aufgepumpt", wobei er den anderen Gesichtspunkten, die es an sich objektiv zu klären und zu überprüfen gälte, die Luft weg-nimmt. Die Emotion ist Fluchtort vor zu viel Information, ist also insofern systemimmanent, als die Verarbeitung und Gliederung der Information, ihre Subsumierung, unter klare Zielvorstellungen beim augenblicklichen Stand der Verwaltung nicht wirklich gelingen kann.

Pendel-oder Spiralbewegung Der Aktenvorgang ist häufig — zumindest in der „ersten Runde" (ehe die Wirklichkeit so stark wird, daß sie die bürokratische Mentalität „überrennt") —• Pendel-oder Spiralbewegung, ein meist reichlich fruchtloses Hin-und Herschieben, da die konzentrische Orientierung, der Bezug auf gemeinsame Axiome, fehlt. Der Mangel an Kommunikation und Information, wobei z. B. die Addition von Vermerken Informationsfluß vortäuscht, bewirkt, daß die Notwendigkeit der Zuordnung nicht erkannt wird. Die Sache wird nicht „weitergebracht"; dafür rotiert der „Vorgang". Statt die im Aktenvorgang anzugehenden Gegebenheiten, Forderungen, Pläne, Vorstellungen zu reflektieren, dominiert der Reflex, nämlich die Abwehr gegen all das, was neuartig und nicht von den gängigen Voraussetzungen aus beurteilt werden kann.

Beim Pendelvorgang zirkuliert eine Angelegenheit ständig zwischen zwei Instanzen, wobei die Argumente sich kaum ändern, lediglich immer wieder neu formuliert werden. Bei der Spiralbewegung erfolgt ebenfalls keine wesentliche argumentative Erweiterung, aber es werden neue Ebenen erreicht, wodurch die Übersicht schwindet und die Hartnäckigkeit des jeweiligen Widerspruchs erlahmt. Das Weiterschieben ist eine Wahnvorstellung, eine Hysterie des Mißtrauens, aber institutionalisiert und somit als Hysterie kaum erkennbar. Die Zwanghaftigkeit des Systems bewirkt, daß immer der nächste (die nächste Stelle, die nächste Instanz) herangezogen wird, also nicht die Eigenständigkeit zur Geltung kommen kann. Der „Werkstückcharakter" fehlt; die Zerstückelung bedeutet Entfremdung.

Die gegenseitige Kontrolle, Element richtig-verstandener Demokratie, wird von der Bürokratie in einem Maß praktiziert, daß die Initiative, die durch einen dialektischen Prozeß entwickelt werden kann, erstickt. Im Rahmen dieses circulus vitiosus hat der am meisten Erfolg, der seine Projekte geschickt zu kaschieren, „konservativ" zu maskieren vermag. Progressive („ungewöhnliche", die traditionelle Axiomatik verlassende) Vorschläge und Pläne können sogar verhältnismäßig rasch Erfolg haben, wenn sie so verpackt sind, daß die beteiligten Instanzen den Eindruck haben, daß es sich hier um etwas „Normales" („wie gehabt") handelt, also das Prinzip des Simile nicht verletzt wird.

Circulus vitiosus Nach Parkinson bestimmen zwei kurze Lehrsätze, die fast wie Axiome wirken, die Bürokratie: 1. Jeder Beamte oder Angestellte wünscht die Zahl seiner Untergebenen, nicht aber die Zahl seiner Rivalen zu vergrößern. 2. Beamte oder Angestellte schaffen sich gegenseitig Arbeit.

Der ernste Kern dieser feuilletonistischen Formulierung besteht darin, daß der jeweilige Amtsleiter zu wenig der Erfolgskontrolle unterworfen und nach Qualität beurteilt wird; seine Einstufung ist viel mehr abhängig von der Quantität der Mitarbeiter. Somit ist es verständlich, daß eine Erhöhung der Zahl der Mitarbeiter angestrebt wird, da sie das eigene Avancement fördert.

Der Feststellung, daß Beamte sich gegenseitig Arbeit machten, liegt die (Teil-) Wahrheit zugrunde, daß bei Erweiterung von Zuständigkeiten der Vorgang entsprechend länger rotiert, immer mehr Teilmeinungen dazugegeben werden (müssen), so daß schließlich aufgrund solcher „Parzellierung" der Entscheidungsprozeß sich ungemein verzögert. Die jeweilige Stelle gibt ihren Kommentar (Vermerk) als Stelle und nicht aus einer besonderen sachli5 chen Zuständigkeit heraus. Die Relevanz der einzelnen Stellungnahmen ist somit sehr unterschiedlich, zu einem großen Teil gar nicht gegeben; die Fülle der beteiligten Instanzen fördert die Vernebelung des Vorgangs. Auf die ihm eigene kabarettistische Weise (aber mit zutreffender Einsicht in die bürokratische Maschinerie) meint Parkinson: „Sieben Beamte tun jetzt, was zuvor einer allein tat. Und hier beginnt die zweite Trieb-kraft wirksam zu werden. Denn diese sieben Beamten schaffen sich gegenseitig soviel Arbeit, daß jeder von ihnen alle Hände voll zu tun hat und A selber härter als je arbeitet. Jedes eingehende Aktenstück muß alle sieben Schreibtische passieren. Beamter E erhält es zuerst und entscheidet, daß der Fall von Kollege F bearbeitet werden muß, der das Schreiben liest und einen Antwortbrief entwirft, den er an seinen Vorgesetzten C weiterleitet. C nimmt erhebliche Veränderungen an dem Entwurf vor, ehe er sich mit D in Verbindung setzt, der die Angelegenheit von seinem Gehilfen G bearbeiten läßt. Doch G steht gerade im Begriff, seinen Urlaub anzutreten und übergibt den Faszikel deswegen H, der zu dem Entwurf ein kurzes Expose schreibt, es von D abzeichnen läßt, worauf er das ganze Bündel an C zurückgehen läßt, der den von ihm bereits verbesserten ersten Entwurf nochmals revidiert und die endgültige Fassung A vorlegt. Was macht A? . .. Er liest den Entwurf des Antwortschreibens sorgfältig durch, streicht die Zusätze der beiden Umstandskrämer C und H und reduziert das Schreiben auf jenen Entwurf, den der begabte (wenn auch streitsüchtige) F gleich zu Beginn geliefert hatte. Er feilt noch ein wenig an der Sprache des Schreibens herum — keiner dieser jungen Leute hat heute mehr eine Ahnung, was Grammatik ist! Und das Endergebnis seiner Tätigkeit bildet ein Brief, den er genau in dieser Form selber geschrieben haben würde, wenn die Beamten C und H nie geboren worden wären."

Tranquillizer Nach Max Weber ist die spezifische Funktionsstellung des modernen Beamtentums durch folgende Merkmale gekennzeichnet: 1. Es bestehe das Prinzip der festen, durch Regeln, Gesetze oder Verwaltungsreglements generell geordneten behördlichen Kompetenzen, was die regelmäßige Ausübung amtlicher Pflichten einschließt. Die für die Erfüllung dieser Pflichten erforderlichen Befehlsgewalten sind ebenfalls fest verteilt auf der Basis der festen Anstellung von Personen mit entsprechender Qualifikation.

2. Es besteht das Prinzip der Amtshierarchie und des Instanzenzuges, das heißt ein festgeordnetes System von über-und Unterordnung.

3. Die moderne Amtsführung beruhe auf Schriftstücken, Akten, welche in Urschrift oder Konzept aufbewahrt werden, und auf einem Stab von Subalternbeamten und Schreibern aller Art. Die Gesamtheit der bei einer Behörde tätigen Beamten mit einem entsprechenden Sachgüter-und Aktenapparat bilde ein Büro. Diese Funktionsmerkmale, die Max Weber dann durch sehr stark ethische Komponenten ergänzt — etwa, daß dem Beamten sein Amt Beruf sei, er eine spezifisch gehobene „ständische" Schätzung genieße, absolute Sachlichkeit sein Tun bestimme —, sind angesichts der heutigen Aufgaben der Verwaltung fragwürdig. Gerade die feste Kompetenzverteilung und die damit verknüpften partialen Zuständigkeiten bringen es mit sich, daß komplexe Gebilde, die verwaltet werden müßten bzw. durch Verwaltung zu bewältigen wären, nicht genügend in den Griff der Verwaltung genommen werden können; das Instrumentarium ist eben für diese Komplexität nicht geeignet. Zudem ist in einer monokratischen Struktur mit einer Weisungs„linie" von oben nach unten das alternative Denken nicht genügend zu entwickeln, da ja der Instanzenweg vortäuscht, daß objektive Sachentscheidungen getroffen würden (Alternativen somit sinnlos wären).

Doch das Charisma des Aktenvorgangs besteht vornehmlich in einer zeitlichen Phasenverschiebung. Man geht davon aus, daß etwas, das lange braucht, um bearbeitet zu werden bzw. lange bearbeitet wird, objektiv und stichhaltig sei. Daß etwas „geprüft" werde, ist ein Tranquillizer für die Öffentlichkeit, die allerdings von Fall zu Fall ungeduldig wird und dann meist aus falschem Anlaß aufgespeicherten Unmut aggressiv abreagiert. Der Ausdruck „Tranquillizer" als Beruhigungsmittel für individuelle wie kollektive „Nervosität" (Neurosen) ist auch deshalb gerechtfertigt, da bürokratische Verlautbarung häufig in Dosen erfolgt, wobei die einzelne Dosis häufig durch verzögernde Unentschiedenheit gekennzeichnet ist. „Prüfung" bedeutet im Aktenvorgang, daß ein Projekt von Instanz zu Instanz wandert; die Frage ist, ob die Quantität der Äußerungen in Qualität umschlägt. Man kann statistisch feststellen (dies zeigen die Fallanalysen), daß manche, keineswegs übermäßig wichtige Projekte zwanzig-, dreißig-, vierzig-mal und noch öfter bei verschiedenen Stellen, Instanzen und Gremien diskutiert und behandelt werden, ohne daß jeweils neue Gesichtspunkte dazukommen. Die Argumente sind nur verschieden emotional eingefärbt — sozusagen saisonbedingt. Wenn beim x-ten Mal die Angelegenheit gelöst wird, so kann dies auch vom Psycho-oder Soziogramm der Anwesenden bedingt sein (also von der seelischen Konstellation bzw. „Zusammenarbeitsbereitschaft" der Anwesenden bzw. zufälliger Abwesenheit von sonst Anwesenden).

Die wachsenden Kultur-und Zivilisationsansprüche haben notwendigerweise eine wesentliche Erweiterung der Bürokratie mit sich gebracht, da die Bürokratie ja weitgehend die Aufgabe hat, Konsumansprüche (im weitesten Sinn des Wortes, vor allem im Hinblick auf Daseinsfürsorge und -vorsorge) verwirklichen zu helfen. Die Erwartungshaltung der Gesellschaft dem Staat (und seiner Verwaltung) gegenüber schließt ein, daß der Bürger das, was er in die Bürokratie hineinprojiziert — nämlich seinen Mangel an Bereitschaft zur eigenen Initiative —, an ihr, und zwar an einem Peripherphänomen (nämlich an ihrem Umfang), bekämpft. An der Verwaltung das Fehlen von Präzision, Schnelligkeit, Eindeutigkeit, Einheitlichkeit, Straffheit zu beanstanden — Eigenschaften übrigens, die Max Weber gerade der Bürokratie glaubte im besonderen Maße zuordnen zu können —, mag berechtigt sein; es sind jedoch genau die Eigenschaften, die der Bürger als Individuum oder Gruppe vermissen läßt und die er auf die Bürokratie als Erwartung „verschiebt": Kompensation im Sinne einer Projizierungsverdrängung — man verdrängt dadurch, daß man das zu Verdrängende dem anderen aufbürdet.

Sine ira Die Bürokratie in ihrer Vollentwicklung, so meint Max Weber, stünde unter dem Prinzip des „sine ira ac Studio". Ihre spezifische, dem Kapitalismus willkommene Eigenart, entwickle sie um so vollkommener, je mehr sie sich „entmenschlicht", „je vollkommener, heißt das hier, ihr die spezifische Eigenschaft, welche ihr als Tugend nachgerühmt wird, die Ausschaltung von Liebe, Haß und allen rein persönlichen, überhaupt aller irrationalen, dem Kalkül sich entziehenden, Empfindungselementen aus der Erledigung der Amtsgeschäfte gelingt" Statt des durch persönliche Anteilnahme, Gunst, Gnade, Dankbarkeit bewegten Menschen der älteren Ordnungen verlange eben die moderne Kultur — je komplizierter und spezialisierter sie werde — für den äußeren Apparat, der sie stützt, den menschlich unbeteiligten, daher streng „sachlichen" Fachmann. Diese idealtypische Form von Bürokratie glaubte Weber in einem System entdecken zu können, dem aufgrund seiner hoheitlichen, hierarchischen und parzellierten Struktur die für eine Sine-ira-ac-studio-Haltung notwendige systemimmanente Kontrolle weitgehend fehlt. Im kontrollarmen System entwickeln sich leicht und gerne persönliche Irrationalismen und Emotionen. Der größte emotionale Sperrriegel ist das Simile: die Orientierung an den (zumeist noch personalisierten) Amtserfahrungen aus der Vergangenheit, was futurologischen Agnostizismus einschließt. Die „Konditionierung" von Bürokraten auf voraussetzungsloses Denken ist somit eine besonders wichtige Aufgabe, wenn Verwaltung sich als Instrument für die Bewältigung von Zukunftsaufgaben bewähren soll.

Gesellschaftshandeln Die Bürokratisierung — so Max Weber — sei das spezifische Mittel, „Gemeinschaftshandeln" in rational geordnetes „Gesellschaftshandeln" zu überführen. „Als Instrument der , Vergesellschaftung'der Herrschaftsbeziehungen war und ist sie daher ein Machtmittel allerersten Ranges für den, der über den bürokratischen Apparat verfügt. Denn unter sonst gleichen Chancen ist planvoll geordnetes, geleitetes Gesellschaftshandeln’ jedem widerstrebenden Massen-oder auch Gemeinschaftshandeln überlegen." Wo die Bürokratisierung der Verwaltung restlos durchgeführt sei, da werde eine praktisch so gut wie unzerbrechliche Form der Herrschaftsbeziehungen geschaffen. Die Gebundenheit des materiellen Schicksals der Masse an das stetige korrekte Funktionieren der zunehmenden bürokratisch geordneten* privatkapitalistischen Organisationen nehme stetig zu und der Gedanke an die Möglichkeit ihrer Ausschaltung werde dadurch immer utopischer. Die „Akten" einerseits und andererseits die Beamtendisziplin, das heißt die Eingestelltheit der Beamten auf präzisen Gehorsam innerhalb ihrer gewohnten Tätigkeit, würden damit im öffentlichen wie privaten Betrieb zunehmend Grundlagen aller Ordnung. Vor allem sei ausschlaggebend die Disziplin. Bakunins naiver Gedanke, durch Vernichtung der Akten zugleich die Basis der „erworbenen Rechte" und der „Herrschaft" vernichten zu können, vergesse, daß unabhängig von den Akten die Eingestelltheit des Menschen auf die Innehaltung der gewohnten Normen und Reglements fortbestehe. — Solche Feststellungen sind zutreffend, wenn man eine bestimmte Form von Herrschaft und Gesellschaft im Auge hat. Dann ist in der Tat die tradierte Bürokratie ein besonders brauchbares Herrschaftsinstrument. In dem Augenblick jedoch, in dem ideell wie materiell die Gesellschaft sich zunehmend auf eine Demokratisierung hin entwickelt, nicht nur das Bewußtsein eine stärkere Teilhabe und Kontrolle verlangt, sondern auch systemimmanente Kritik von wirtschaftlicher Effizienz sich erweist, ist solche Verwaltungsform antiquiert.

Das Grundmuster der konventionellen Bürokratie: nämlich ihre Statik, die Reproduktion des Gehabten, ihre unflexiblen Kommunikations-und Informationsformen, widerspricht den futurologischen Notwendigkeiten. Erst wenn die Bürokratie zu einem System geworden ist, das Sich nicht selbst reproduziert, sondern aus sich selbst heraus neue Formen zu produzieren vermag, also als ein lernfähiges System sich begreift, ist Verwaltung „gesellschaftshandelnd" .

Transparenz Der Reflex der Bürokratie auf die Kritik der Öffentlichkeit ist Abschirmung. Wenn man Kenntnisse und Absichten geheimhalte (so meint man), gewinne man notwendigerweise eine gewisse Überlegenheit denjenigen gegenüber, die nicht für diese Vorgänge selbst „zuständig" sind. Die Bürokratie, die sich auf diese Weise nach außen abkapselt und ihre Entscheidungsprozesse der Einsicht verschließt, mit den entsprechenden Leerformeln bürokratischer Camouflage („es sei nichts bekannt", „es sei noch nichts bekannt", „man müsse erst prüfen", „im Augenblick lasse sich nichts sagen", „alles sei sehr kompliziert"), verfällt einem sozialpsychologischen Irrtum. Man sichert nicht seine Position, indem man der Kritik sich entzieht. Die Abkapselung schafft erst die konfrontatorische Situation.

In dem Augenblick, in dem Bürokratie sich selbst offenlegt, sich damit selbst nur als einen Teil des gesamten Meinungs-und Entscheidungsprozesses begreift, wird sie Teil eines Integrationsmodells, das ein Freund-Feind-Schema nicht mehr zuläßt. Was individualpsychologisch gilt, gilt auch fürs Kollektiv. Dem Sentiment und Ressentiment des Bittstellers, der vor dem Amt ansteht und auf einen ihm undurchsichtigen Bescheid wartet, ihn erhofft, sich vor ihm fürchtet, entspricht das Bewußtsein der Gesellschaft insgesamt, die in der Verwaltung den Dämon oder die Gottheit erblickt, die bald bestraft, bald belohnt; Bürokratie gilt als das „andere", nicht als das „Eigene".

Da in einer pluralistischen Gesellschaft Dialektik (Widersprüchlichkeit, Antinomie, Kontroverse) gelebt werden muß, man aber diese Dialektik nur leben kann, wenn man zu gegenseitigen Lernprozessen bereit und in der Lage ist (sozusagen unter den Motti: Die Wahrheit beginnt zu zweien! Freude am anderen!), müssen die in einer pluralistischen Gesellschaft angewandten Herrschaftsformen rationalen Charakters sein. Die Ratio ist das Tertium, auf das sich die Plurale als gemeinsamen Nenner beziehen könnten und sollten. Traditionelle und charismatische Formen müssen dialogisch und dialektisch aufgebrochen werden. Damit ist nichts gegen Tradition und Charisma gesagt; sie werden jedoch innerhalb der gesellschaftlich-bürokratischen Beziehungen auszuschalten sein.

Transparenz und Kompetenz Wichtig ist das Wechselverhältnis von Transparenz und Kompetenz. Entscheidungen können nur dann durchsichtig und verständlich gemacht werden — und zwar für denjenigen, der sie trifft bzw. weitergibt (also vom Bürokraten), wie für denjenigen, dem sie zugedacht sind (dem „Kunden") —, wenn sie nicht aus einem emotional oder irrational abgesicherten Charisma abgeleitet werden, nicht auf dem (fast metaphysisch interpretierten) Simile beruhen oder der „Mystik" einer „Weisung von oben" verfallen; sie müssen rational zu beurteilender Sachlichkeit verpflichtet sein.

Solche Versachlichung ist nur möglich, wenn autoritäre Herrschaftsansprüche abgebaut werden und an ihre Stelle eine sich argumentativ aufbauende Macht von unten tritt. Damit wird nicht die Bedeutung von Führungsinstanzen geleugnet oder abgeschwächt; diese werden jedoch in einen dialektischen Bezug zu den Teilbereichen (Instanzen) gebracht, die die Gemeinsamkeit der Verwaltung darzustellen haben. Transparenz ist ein prozessualer Vorgang innerhalb von Kompetenzen: Schon während des Entstehens von Macht und Kompetenz müssen diese ständig der dialektischen Kontrolle und damit der „Einsicht" (im doppelten Wortsinne) unterliegen. Das bürokratische Ordnungsgefüge wäre als Kompetenzgefälle und Kompetenzdialektik zu beschreiben. Die eingelagerten Spielräume garantieren selbstständige Entfaltung, Qualifizierung und Leistungskontrolle. Nur wenn Initiativen (Gegenmeinungen, Gegenpositionen) ungegängelt sich entfalten können — eben im Spielraum —, kann die Erstarrung in fragloser Autorität vermieden bzw. Autorität in Kompetenz, also befragte Autorität, verwandelt werden. Das „Hineinsehen" in Zusammenhänge schafft Einsicht; Transparenz erst ermöglicht Kritik und damit Dialog, Lernprozeß und damit Demokratie.

Eine auf Kompetenz gegründete Bürokratie wird das für jeden Kommunikationsprozeß als Vorgabe notwendige Vertrauen und Zutrauen nicht autoritär mißbrauchen. Da die Kompetenz ständig geprüft werden kann, also ständig ihre Zuständigkeit nachzuweisen und die ihr zugrunde liegenden Voraussetzungen sowie die aus diesen Voraussetzungen sich entwickelnden Folgerungen transparant zu machen hat, ermöglicht sie repressionsfreie Arbeit und Zusammenarbeit (Teamwork).

Teamarbeit Beim Team (bei der Projektgruppe) werden zwar auch von einzelnen nur Teile bearbeitet, aber „wechselnde Teile", je nach Funktionsnotwendigkeit, arbeitsrationaler Entscheidung und Kompetenzzuständigkeit. Der Blick aller ist, da im Team die Kommunikation gelingt, auf den gemeinsamen Mittelpunkt der Arbeit gerichtet. Das Team wird durch eine zentripetale Bewegung zusammengehalten; die Bürokratie alter Struktur durch eine zentrifugale Bewegung auseinandergedrängt. Kompetenz-gefälle ist mit der autoritativen und autoritären Hierarchie nicht zu vergleichen, da ihm Reflexion und Kritik integriert sind.

Innerhalb des Kompetenzgefüges bzw. Kompetenzgefälles, des Ineinanders von Bereichen mit größerer Kompetenz und solchen mit mittelgroßer und kleinerer Kompetenz, müssen Bereiche eingefügt sein, die das kritische Gespräch über die jeweilige Kompetenz zulassen und darüber hinaus fördern. Diese kritischen Instanzen sollten so zusammengesetzt und ausgestattet sein, daß sie auch die jeweils vom System her stärkeren Positionen von Kompetenzträgern sachlich in Frage zu stellen, zu überprüfen und zu kritisieren in der Lage sind, um auf diese Weise die Beweglichkeit des Kompetenzgefüges und -gefälles zu garantieren.

Delegation von Verantwortung Die Forderungen, die sich daraus ergeben, stehen konträr zu den Mängeln, wie sie die Systemanalyse zeigt. Das aus der früheren hoheitlichen Verwaltung entstandene hierarchische, von oben nach unten sich gliedernde Ordnungsprinzip müßte durch Delegation von Verantwortung an mittlere und untere Instanzen wesentlich aufgebrochen werden. Die Weitergabe von Verantwortung würde Flexibilität und „Voraussetzungslosigkeit" (im Sinne von Ideologiefreiheit) als Tugenden fördern helfen, ohne die die Bürokratie in einer modernen demokratischen Industriegesellschaft nicht erfolgreich sein kann. So sehr man natürlich ständig Erfahrungen speichern und beim Handeln berücksichtigen muß, so wichtig ist es auch, unbelastet zu sein gegenüber dem „Vorhandenen", das eben schon dadurch, daß es als Vorhandenes leicht zuhanden ist, Bewußtsein für Zukünftiges (das „in einer Industriegesellschaft häufig „bindungslos" vom Vergangenen ist) beeinträchtigt.

So wie man Freiheit nur in Freiheit lernt, kann man Verantwortung und die damit verknüpften Eigenschaften nur wirklich lernen, wenn dieser Verantwortung ein „Spielraum" zugebilligt wird (der selbstverständlich zu definieren ist). An die Stelle einer hierarchischen Dienstaufsicht tritt dann die Erfolgskontrolle, die wiederum die Talententfaltung „anreizt". Das Unbehagen in der Bürokratie würde einem Behagen in der Bürokratie weichen, da die Bürokraten dann ihre Entfremdung über-9 winden und zur eigentlichen Identitätsfindung gelangen könnten. Es gibt ein kluges Wort von Kierkegaard, das man auch auf die Bürokratie beziehen kann: „Daß man in Menge ist, entbindet entweder von Reue und Verantwortung oder schwächt doch die Verantwortung des einzelnen ab, weil sie diesem an der Verantwortung nur einen Bruchteil zukommen läßt." Die Förderung von Ganzheitserlebnis und Verantwortungsgefühl, die im Sinne kommunizierender Röhren in Wechselbeziehung stehen, ist eine der wichtigsten sozialtherapeutischen Maßnahmen, mit denen man das System der Bürokratie wesentlich und positiv verändern könnte.

Ultrastabilität, Idealtypus und Aleatorik Wer beherrscht eigentlich die bestehenden bürokratischen Apparate? Die Verwaltung hat sich jedenfalls selbst nicht in der Hand. Ein Hauptteil der Eigenkraft dient dazu, systemberunruhigende Störfaktoren zu stabilisieren. Die Homöostase, nämlich die Eigenschaft, bestimmte Größen konstant bzw. in gewissen zulässigen Grenzen zu halten, funktioniert zwar; doch erfolgt die Konstanthaltung nicht dadurch, daß sprunghaft aus der eigenen Struktur in mehrere andere mögliche Systeme und Größen übergegangen werden kann. Man versucht, innerhalb der gegebenen (vorgegebenen), in der Erfahrung bewährten Axiomatik stabil zu bleiben, statt in Neuerungen überzutreten. Dagegen bedeutet axiomatische Flexibilität Ultrastabilität. Man kann eben homöostatisch den Mangel der bestehenden Bürokratie innerhalb des gegenwärtigen Systems zu bewältigen suchen oder (etwa als Regelkreisform) das System ersetzen wollen

Die nach idealtypischen Vorstellungen von Bürokratie ausgerichteten Strukturen ähneln einem Festwertregelkreis da die Führungsgröße (eben der Idealtypus) einen konstanten Wert zeigt und die Daten in Orientierung an den Idealtypus gesammelt und kombiniert werden. Das idealtypische Verfahren schließt somit echte Simulation und Alternativmodelle aus. Es ist wertrational, aber nicht zweckrational; interne Neuerungen, Innovationen, Initiativen werden weitgehend ausgeschaltet. Die hierarchische Verwaltungsstruktur ist in diesem Sinne zumeist idealtypisch, wobei freilich die idealtypischen Vorstellungen weitgehend sich abgeschliffen haben und kaum mehr erkennbar sind.

Idealtypisches Verfahren birgt die Gefahr, daß mögliche und notwendige Alternativen übersehen werden, da sie nicht zum Idealtypus passen. Zumindest müßte das idealtypische Verfahren ständig aleatorisch (= „vom Zufall abhängig") aufgelockert werden, um durch die bewußte Herbeiführung von Störung (Provokation) den Übergang zu neuen Idealtypen zu ermöglichen. Das aleatorische Verfahren ist Teil der Spieltheorie. Der dazugehörende aleatorische Spielraum ist der Treffpunkt der verschiedensten, unvoraussehbaren Informationen, die in kommunikative Muster, die den jeweiligen Informationen adäquat sind, umgesetzt werden müssen. Das Fassungsvermögen starrer Kommunikationsformen ist sowohl quantitativ wie qualitativ beschränkt, das heißt: „Neuheiten" werden nicht erfaßt. Die „normale" Bürokratie kann z. B. Computerwissen nicht wirksam genug verarbeiten. Da ein abrupter Systemwechsel nicht möglich ist, müssen innerhalb des bestehenden Systems Möglichkeiten für die Entwicklung von neuen Kommunikationsmustern geschaffen werden. Solches Zusammenspiel kreiert und etabliert Spielregeln. Spielregeln sind notwendig, da sonst Kommunikation (Wechselspiel) nicht stattfinden kann. Doch müssen auch die Spielregeln stets in Frage gestellt bzw. in neue Spielregeln umgewandelt werden.

Experiment Das Experiment ist der Versuch der Verifikation oder Falsifikation von Theorie. Die Theorie versucht, einen unbekannten Bereich überschaubar zu machen. Das Experiment oder Modell ist in Industriegesellschaften von besonderer Bedeutung, da hier (im Gegensatz zu agrarstaatlichen Verhältnissen) die gesellschaftliche Veränderung es erfordert, daß Zukunft bereits in der Gegenwart erfahrbar gemacht und „aufgeklärt" wird. Das Experiment stellt einen konkreten Vorgriff der Vernunft in die Zukunft dar. Es hat — nach Karl W. Deutsch — vier verschiedene Funktionen: eine organisatorische Funktion, eine heuristi-sehe Funktion, eine Funktion der Voraussage und eine Funktion der Messung. Die organisatorische Funktion des Modells besteht darin, daß Fakten neu geordnet und neu zueinander in Beziehung gesetzt und dabei Ähnlichkeiten oder Zusammenhänge aufgezeigt werden, die vorher nicht sichtbar waren. Im Modell ergibt sich ein neues sinnvolles Muster von einzelnen Informationssteinchen; es findet die Übertragung erlernter Gewohnheiten äus einer bekannten in eine unbekannte Umwelt statt. Durch die organisatorische Funktion des Modells wird empirisch bewiesen, daß andere, nicht-traditionelle und nicht-konventionelle Kombinationen nicht nur möglich, sondern unter Umständen wesentlich besser als die vorhandenen sind. Das Wagnis der Voraussetzungslosigkeit und alternativen Denkens soll durch die organisatorischen Funktionen des Modells erprobt werden. Versagt das Experiment, so wird das Axiom des Experimentellen nicht desavouiert; die experimentelle Simulation muß weiterlaufen, das heißt, durch immer neue Versuche der Erfolg von Neukombinationen getestet werden.

Die heuristische Funktion des Experiments ist mit der organisatorischen eng verknüpft. Dann nämlich, wenn die Organisation zu neuen Formen geführt hat, ist das Heureka (Ich hab’s gefunden!) angebracht: die theoretische Erkenntnis hat sich in der Tat (Praxis) bewährt.

Die Funktion der Voraussage eines Modells, also die prognostische Funktion, besteht darin, daß das, was im Experiment möglich wird, grundsätzlich (generell) möglich ist und dann, wenn es eine Verbesserung gegenüber dem Ist-Zustand darstellt, auch eines Tages über das Experiment hinaus global verwirklicht werden sollte. In dem Augenblick, in dem z. B. ein Mensch experimentell zum erstenmal sich einige Meter über den Erdboden erhob, war prognostisch klar, daß die Eroberung der Luft begonnen hatte.

Die Funktion der Messung dient dazu, den Vergleich zwischen den Ergebnissen des Experiments und denen des jeweiligen Ist-Zustandes zu objektivieren. Die beste Theorie, die eine Progression anzeigt, nützt nichts, wenn nicht durch die Umsetzung ins Experiment Quantifizierung und damit die Messung von Ergebnissen ermöglicht wird. Messung ist das Tertium comparationis für den Vergleich zwischen Vorhandenem und Neuentwickeltem. Ein solcher Vergleich bedarf der Setzung von Priorität in den Meßwerten. Man kann Effizienz beurteilen nach dem evolutionären oder revolutionären, nach dem ökonomischen oder prospektiven Aspekt. Es kann einmal sinnvoll sein, daß ein Modell noch möglichst weit der vorhandenen Wirklichkeit gleicht, so daß eine schrittweise Veränderung besonders gefördert wird; ein andermal kann es sinnvoll sein, daß die Ablösung des Ist-Zustandes abrupt (sprunghaft, revolutionär) erfolgt. Nachvollziehbarkeit eines Modells setzt voraus, daß der zum Nachvollzug Aufgeforderte oder Beauftragte entsprechend um-und neudenken kann, daß er sich den vorgegebenen Denk-und Sachzwängen entzieht; dies ist durch „Spielhaltung" bzw. im „Spielraum" möglich.

Spielraum als Verschränkungsraum „Spielraum" sei verstanden als Treff-bzw. Verschränkungsraum an sich widersprüchlicher Elemente, die in einen Zusammenhang gebracht werden. Der Spielraum als Verschränkungsraum verbindet Stofflichkeit und Formalität, Reflex und Ratio, Reflexion und Aktion, Simulation und Ernstfall. Er ist im wesentlichen Freiheitstraum, in dem sich die individuellen wie gesellschaftlichen Strebungen arrangieren können, wobei die Spielregeln dynamisch zu handhaben und dem jeweiligen Inhalt anzupassen sind. Der Spielraum ist Vorraum für Aktion. Was im Spielraum simuliert wird, entbindet nicht von der Entscheidung in der Wirklichkeit. Allerdings wird der sonst der Entscheidung als Erfahrung nachfolgende Lernprozeß zum Teil durch die Simulation vorweggenommen, so daß das spätere Handeln die in der Simulation gewonnenen Erkenntnisse einzubeziehen vermag.

Spielräume bedeuten die Gegenwärtigkeit von Freiheit, wenn sie in die jeweiligen System-zwänge und Institutionen eingelagert sind und nicht eine Art pädagogische Provinz oder ein der gesellschaftlichen Wirklichkeit entfremdetes Refugium darstellen. Spielraum macht Freiheit im Systemzwang möglich. Erst in der Freiheit kann sich Freiheit, erst in der Rationalität kann sich Rationalität entwickeln. Im Spielraum kann freiheitliches Verhalten ein-geübt werden. Selbstverständlich schließt Spielraum immer Risiko ein, da im Spielraum zwar über die Spielregeln Übereinkunft besteht, aber die Inhalte und Ergebnisse, um die es geht, nicht vorweg bestimmt werden können, sondern erst in der Freiheit (des Spielraums) sich ergeben.

Zudem ist Spielraum selbst als ein dynamischer Prozeß zu begreifen. Es gibt keine feste, gleichbleibende Umgrenzung. Spielräume sollten sich immer weiter in die entsprechenden Systeme, Apparaturen, Maschinerien ausdehnen. Damit diese expandierende Beweglichkeit möglich wird, sind Provokationen notwendig, die Grenzerweiterung und Systemüberschreitung bewirken. Spielräume können aus antagonistischer Situation, der Konfrontation von Expansion und Sanktion (als Oberbegriff für Zwanghaftigkeit) hervorgehen. Die Vernunft löst den Antagonismus, indem sie die Real-Synthese anstrebt. Die Wirklichkeit — die „normative Kraft der Tatsachen" — zeigt, inwieweit Bestehendes aufgegeben werden kann und muß und inwieweit Neues realisierbar ist. So ermöglicht Spielraum, daß inmitten der Sachzwänge Konflikte „ausgespielt" werden und zur Lösung gelangen, wobei neue dialektische Initiativen sich entfalten, die dann wiederum durch Spielraum in ihrer polaren Struktur aufzuheben sind. Bei einer dialektisch ausgeprägten Situation wirkt der Spielraum harmonisierend; bei einer dialektisch „unterentwickelten" Situation stimulierend, weil er durch die Gewährung des Freiheitsraumes Freiheit fördert.

Spielattitüden Bei dem Versuch, die spielerische Haltung in einzelspielerische Attitüden aufzufächern und diese zu definieren, ist die Kategoriallehre des Spiels von Roger Caillois hilfreich. Da ist zunächst das Element der Simulation. Die Zustände der Wirklichkeit werden unter dem Vorzeichen des „Als-ob" verfremdet, entmaterialisiert. Der fiktive Charakter des Spiels ermöglicht es dem Bewußtsein, Wirklichkeit ins Unwirkliche zu transponieren und dadurch — im Vergleich von Wirklichkeit und Simulation — die Wirklichkeit sowohl zu relativieren als auch zu korrigieren, sowohl distanzierter als auch engagierter anzugehen.

Die Simulation ermöglicht Distanz von der Aktion. Die Aktion, die der Simulation erst nachfolgt, trägt dann bereits Ergebnisse des Lernprozesses in sich — Erfahrung a priori, was von Blindheit befreit. Die Simulierung ermöglicht eine konkrete, der Aktion vorausgehende Reflexion. Sie ist zudem Absicherung experimentellen Handelns, da sie dem Experiment die Ergebnismöglichkeit im voraus aufhellt. Eine weitere wichtige Spielattitüde sehen wir in dem, was Caillois . Mimikry'nennt: die zeitweilige Annahme von Illusion (wobei das

Wort Illusion nichts anderes als „Eintritt ins Spiel", in-lusio, bedeutet). Der Mensch wird dadurch in die Lage versetzt, bestimmte Tatsächlichkeiten, Gegebenheiten zu vergessen und sich bestimmter Verhaltensweisen zu entäußern. In diesem Sinne ist Mimikry eng mit Simulation verknüpft. Erst die habitualisierte Fähigkeit, Dinge voraussetzungslos und facet-tenhaft anzugehen, zu Rollenspiel und Rollen-wechsel fähig zu sein, ermöglicht das Durchspielen alternativer Modelle.

Der Begriff der Mimikry darf nicht verwechselt werden mit Standort-oder Standpunktlo-sigkeit. Er hat ferner nichts zu tun mit Anpassung, die ja immer ein einlinearer bzw. eindimensionaler Vorgang ist. Mimikry ist unaufhörliche Erfindung, unaufhörliche Veränderung (nicht zuletzt des Bewußtseins).

Die Spielattitüde des Agonalen verweist auf Wettkampf, Gleichheit der Chancen, auf Bedingungen, die ein Miteinander-messen-Können ermöglichen; sie bedeutet Realität, Schnelligkeit, Ausdauer, Kraft, Gedächtnis, Geschicklichkeit, Einfallsreichtum, gespannte Aufmerksamkeit, entsprechendes Training, Ausdauer und Anstrengung, Wille zum Erfolg, Beharrlichkeit. Das Agonale ist notwendig, damit in der Gesellschaft Konflikte ausgetragen und nicht verdrängt werden, die Lethargie und Stereotypie des Konformismus aufgebrochen werden können. Die Team-Struktur etwa ist ohne das agonale Prinzip nicht möglich. Das Team darf keine formlose Gruppe sein; es muß durch ein sehr differenziertes und in sich spannungsreiches Muster der Zusammenarbeit bestimmt sein.

Schließlich sei auf die Ilinx-Attitüde (griech. Wasserstrudel) zu verweisen: das Begehren nach Auflösung von Stabilität und die Fähigkeit zu spontanem, kreativem, sensitivem Verhalten. Die Ilinx-Attitüde bewirkt Turbulenz, die als strukturelle Auflockerung die Schaffung von Spielräumen erleichtert.

Regelkreis Das Schema des Regelkreises wird bestimmt durch den Regler als der regelnden Einrichtung und dem zu regelnden Objekt (der Regelstrecke). Die Aufgabe des Reglers ist es, unter Bezug auf eine vorgegebene Funktion (Führungsgröße, Zielvorstellung) den für dieses Ziel notwendigen Vorgang mit Hilfe der Stellgröße so zu steuern, daß das Ziel unter Überwindung von Störfaktoren optimal er-B reicht werden kann. Dabei ist es notwendig, die Abweichungen vom Sollwert ständig festzustellen und aufgrund von Soll-Ist-Verglei-chen entsprechende Maßnahmen einzuleiten, die die Regelstrecke solange beeinflussen, bis sie den vorgeschriebenen Wert (Regelgröße) erreicht.

Wenn die in solcher steten Rückkoppelung erreichte Korrektur auf eine konstante Führungsgröße (Zielvorstellung) sich bezieht, dann handelt es sich um eine Festwertregelung. Bei der Programmregelung verändert sich die Führungsgröße mit der Zeit (Zeitplan-regelung) oder in Abhängigkeit von einer anderen Größe (Folgeregelung).

Mit Hilfe des Regelkreismodells können komplizierte Prozesse und Systeme funktional durchsichtig und so gestaltet werden, daß sie nicht mehr als , black-box'zwischen Input und Output wirken. Ein zweckmäßiges und zielstrebiges Verhalten wird durch Kontrolle und Korrektur geschaffen und erhalten.

Bei dem Versuch, die Regelkreisstruktur auf die Verwaltung zu übertragen, ist es notwendig, zunächst die Soll-Vorstellungen zu entwickeln und zu den Einzelteilen des Regelkreissystems Analogien in der Verwaltungsstruktur zu schaffen bzw. eine Struktur der Verwaltung zu entwickeln, die regelkreisfähig ist. Wenn etwa das Stellglied im Regelkreis derjenige Teil ist, mit dessen Hilfe zum Zweck der aufgabenmäßigen Beeinflussung einer Größe unmittelbar in einen Massenfluß oder Energiestrom eingegriffen wird, so muß im Verwaltungssystem das entsprechende Stellglied analog dazu strukturell wie institutionell wirksam sein

Datenaufnahme Das Netzwerk der Datenaufnahme muß so gegliedert sein, daß keine Prioritäten entstehen, sondern eine gleichmäßige Sensibilität dem möglichen Datenmaterial gegenüber gegeben ist, da sonst die Datenverarbeitung bereits präformiert wäre. Auf der anderen Seite müssen bei dem Weiterfluß bzw.der Abrufung von Daten jeweils klare Prioritäten gesetzt werden, so daß die Verknüpfung von Daten zur Information nach einem Codex von Werten geregelt wird. Dieser Codex darf freilich nicht emotionale Präferenzen setzen; er muß zudem durch andere Codizes (mit Simulation) relativiert werden. Die „Betriebsregeln", die die Weitergabe der Information festlegen und damit die Entscheidung mit vorbereiten, müssen von Zeit zu Zeit selbst in die kritische Betrachtung, also in den Rückkoppelungsprozeß, einbezogen werden, damit ihre Effizienz stets an der Erfahrung mit ihnen gemessen wird. Primäre Nachrichten sind solche Nachrichten, die im System in Folge einer Wechselwirkung mit der Außenwelt umlaufen; sekundäre Nachrichten sind solche, die über Zustände und Zustandsveränderungen in einzelnen Teilen des Systems berichten. Wenn z. B.der Sekundär-bereich stereotyp reagiert, so kann dies bedeuten, daß bestimmte Führungs-und Entscheidungsgremien aufgrund der automatischen Siebung über ganz bestimmte Bereiche nicht genügend erfahren. Erst wenn die sekundären Nachrichten durch Rückkopplung ins Gesamtnetz stets eingefügt werden, damit die Art der „Zeichnung" von Nachrichten dem System bewußt bleibt, bewußt gemacht wird (also methodische jeweils zusammen mit den materialen Problemen evident bleiben), wird Objektivität als Prozeß ermöglicht.

Norbert Wiener hat die Bedeutung der Kybernetik für die Sozialwissenschaft und damit auch für sozialwissenschaftlich zu strukturierende Systeme wie folgt charakterisiert: „Die Existenzberechtigung der Sozialwissenschaft liegt in ihrer Fähigkeit, soziale Gruppen nicht einfach als strukturlose Haufen, sondern als Organisationen zu verstehen. Kommunikation ist der Kitt, der Organisationen zusammenhält. Kommunikation allein befähigt eine Gruppe zusammen zu denken, zusammen zu sehen und zusammen zu handeln." Bei diesem Zusammendenken, Zusammensehen und Zusammenhandeln ist der Begriff des „Zusammen" selbstverständlich nicht als konformistische Befehlserfüllung, sondern als regelkreisinstallierte Dialektik zu verstehen. Analog zum kybernetischen System geht es darum, daß die Verwaltung Vorrichtungen (Sinnesorgane) besitzt, die — möglichst trennscharf — höchste Aufnahmesensibilität haben; die Reiz-wirkungen müssen ideologiefrei interpretiert werden.

Eine breite Erinnerungsbasis ist vonnöten, damit Entscheidungen zwischen sich widerstreitenden Alternativen fundiert werden können. Die aufgenommenen Informationen müssen durch geeignete Symbole abstrahiert bzw. verschlüsselt bzw.codiert werden, damit sie auf eine vielfältige Weise für Kombinatorik zur Verfügung stehen. Sowohl die Codierung wie die umfangreiche Speicherung ist heute mit Hilfe der Datenverarbeitungsmaschine kein Problem mehr. Je nach Zielvorstellung muß aus diesen Informationen dann ein Teil abgespalten und zu Handlungsmustern bzw. -mo-dellen zusammengefügt werden.

Willensbildung Der Wille (die Willensbildung) innerhalb des Verwaltungssystems als eines komplexen Netzwerkes ist abhängig von den internen Kennzeichnungen, mit denen Informationskanäle zu einem Verbund zusammengeschlossen werden. Der Wille kann also verstanden werden als die Menge von intern gekennzeichneten Entscheidungen und voraussichtlichen Resultaten, die in einem System durch Auswertung vorhandener Daten bei Abschirmung damit unvereinbarer neuer oder zukünftiger Impulse oder Daten entstehen (Karl W. Deutsch). Damit ist zugleich die Problematik der jeweiligen Willensbildung angesprochen. Die Abschirmung vor neuen oder zukünftigen Impulsen oder Daten darf nur eine Abschirmung auf Zeit sein, da sonst der Anschluß an eine dynamische Weiterentwicklung verloren geht. „Wille" in einem sich selbststeuernden Netzwerk bedeutet also, daß der Zeitpunkt, da sich der Wille formt (die Absicht verfestigt, die Entscheidung fällt), lediglich verstanden wird als „Redaktionsschluß", als eine intern kenntlich gemachte Bevorzugung von Nachrichten, die vor einer Entscheidung eintreffen, zu Lasten solcher, die erst danach eintreffen. Ein Netzplan von Willensentscheidungen muß somit jeweils die Punkte markieren, an denen erneut Veränderungen von Willensentscheidungen möglich und sinnvoll sind.

Das aleatorische Prinzip verhilft zur spontanen Durchbrechung und Unterbrechung von Willensprozessen, erleichtert immer neuen „Redaktionsschluß". Zielgerichtete Effektuie-rung muß also mit aleatorischer Auflockerung verbunden sein. Zu den Störfaktoren gehören die Konflikte, die meßbar und damit objektivierbar, das heißt vergleichbar sein müssen (also zu entemotionalisieren sind), damit Polarität zu Dialog und Synthese bzw. Integration führen kann. Realisation von Konflikten schließt Simulation ein — Entwicklung von Alternativmodellen aufgrund verschiedener Axiomatik. Die dialektische Entscheidung ist dann identisch mit der Auswahl (Optimierung)

von Modellen.

Feed-back\ 1 Das Strukturprinzip der Rückkopplung (feed-back) haben Rosenblueth-Wiener-Bigelow wie folgt charakterisiert: „Allgemein kann man das Funktionieren einer Rückkopplung so umschreiben, daß eine Vorrichtung oder Maschine einen Teil Energieausgabe sich selbst als Eingabe wieder zuführt. . . . Wenn das Verhalten eines Gegenstands vom Ausmaß der Abweichung gesteuert wird, die jeweils zwischen dem Gegenstand und einem relativ spezifischen Ziel besteht, dann ist die Rückkopplung negativ, d. h. es werden die vom Ziel ausgehenden Signalzeichen dazu benützt, um die Ausgaben, die andernfalls über das Ziel hin-ausführen würden, wieder einzuschränken. Unter Ausgabe (Output) wird jede Veränderung verstanden, die der Gegenstand in seiner Umgebung bewirkt. Umgekehrt wird unter Eingabe (input) jedes Ereignis verstanden, das von außen her irgendeine Veränderung des Gegenstandes bewirkt." Rückkopplung bezeichnet somit ein Kommunikationsnetzwerk, das auf eine Informationseingabe mit einer Tätigkeit reagiert, deren Ergebnis als Teil einer neuen Information auf das weitere Verhalten des Systems selbst zurückwirkt. So notwendig es ist, Ziele zu fixieren, so notwendig ist es auf der anderen Seite, Ziele dynamisch zu halten, das heißt die Veränderungen von Zielvorstellungen zu fördern. Ein Regelkreis bzw. Rückkopplungsprozeß ist gleichzeitig Lernprozeß, wobei psychologisch — nach Dollard — Antrieb (drive), Anstoß (cue), Reaktion (response) und Belohnung (re-ward) große Bedeutung haben.

Im System der Verwaltung müssen diese für den Lernprozeß entscheidenden psychologischen Momente mehr berücksichtigt werden. Antrieb ist z. B. ein transparentes (objektiviertes) Beförderungssystem, da erst diese Durchsichtigkeit zielgerichtete Motivation in Bewegung setzen kann. Neben den finanziellen und ökonomischen Voraussetzungen ist „libidinöse Arbeit", also eine Arbeit ohne Entfremdung, als , drive'wichtig. Anstöße werden sich einstellen, wenn die Sperriegel, die die Sensibilität gegenüber Neuerungen hindern, weggeräumt und so ein Höchstmaß von Spontaneität und Kreativität gewährleistet ist. Die Reaktionen müssen so institutionalisiert werden, daß die in der Reaktion mit eingeschlossene Kritik honoriert wird, das heißt Belohnung (reward oder Gratifikation) den Denk-und Lernprozeß fördert. Folgeregelung In Form von Festwertregelung hat Verwaltung als Exekutive die Aufgabe, bestimmte, von der Legislative festgelegte Sollwerte zu erreichen. Doch muß Verwaltung sich stets auch in einer systemimmanenten Dynamisierung befinden. Sie hat nicht nur Information zu speichern und zu instrumentalisieren, um ein gegebenes Soll möglichst optimal zu erreichen, sie muß im Sinne einer internen Selbstüberwachung und Reflexion (eines flexiblen Verwaltungsbewußtseins) durch alternative Kombination von Daten und dialektische Kommunikation eine eigene Willensbildung ermöglichen, lernfähig sein und im Sinne der Folgeregelung an gesellschaftlichen Situationen (dem gesellschaftlichen Bewußtsein) sich orientieren — also nicht nur exekutiv, sondern auch initiativ sein.

Verwaltungsstrategien müssen operational und produktiv sein. Denn auf der einen Seite müssen die durch klare Führungsgrößen bewirkten Operationen mit Hilfe des dafür bereitgestellten oder geschaffenen Instrumentariums zielgerichtet zum Einsatz kommen; auf der anderen Seite muß experimentelle Verunsicherung die Überprüfung (Weiterentwicklung) der a priori gesetzten Ziele ermöglichen. Der Regler ist ausgerichtet auf die Tatsächlichkeit der Situation, in der man sich im jeweiligen Zeitpunkt befindet, und auf den daraus resultierenden Ist-Soll-Vergleich, der sowohl zu einer Veränderung der Soll-Vorstellung wie zu einer Angleichung an sie durch Gegensteuerung der Ist-Verhältnisse (an die Soll-Vorstellung) führen kann.

Verwaltung im Regelkreis ist somit wiederum eingebunden in den großen Regelkreis von Legislative und sozio-kultureller Umwelt (worunter all die Kräfte und Mächte verstanden werden, die außerhalb der repräsentativen Demokratie direkt oder indirekt auf das Verwaltungsgeschehen einwirken).

Simulation Individuelle wie kollektive Denkvorgänge müssen bestimmt sein durch intentionales Denken, das heißt, es müssen aufgrund gewisser ausgewählter Axiome klare Zielvorstellungen definiert und die zur Erreichung dieses Zieles notwendigen Strategien programmiert werden. Das kybernetische Denken figuriert (ordnet) in Regelkreisform die zur Erreichung des Zieles notwendigen Kräfte und Daten, wobei die Aufnahmebereitschaft für systemfremde Informationen, also gerade für Informationen, die unter Umständen der Verwirklichung der Ziel-Verstellung im Wege stehen, besonders wichtig ist, da nur durch rechtzeitige Integration und Überwindung bzw. Berücksichtigung von Störfaktoren eine gesicherte Effektuierung möglich ist.

Diese pluralistische Sensibilität muß sich umsetzen in die Simulation von Alternativmodellen, da auf diese Weise die ursprüngliche Zielvorstellung im Vergleich mit den aus anderen Faktoren sich entwickelnden Möglichkeiten revidiert und auch aufgegeben oder ersetzt werden kann — wenn im Optimierungsverfahren (bei dem Versuch, die beste Wirksamkeit ausfindig zu machen) das aus der Simulation entstandene Alternativmodell sinnvoller ist.

Beim Vergleich der Zielvorstellung mit den Alternativmodellen sollte die Kosten-und Ertragsanalyse eine wichtige Entscheidungshilfe darstellen, da dadurch eine Objektivierung erleichtert wird. Der „Ertrag" (benefit) ist auch nach nichtmonetären Faktoren zu prüfen, etwa hinsichtlich gesellschaftspolitischer Relevanz. Die Cost-benefit-analysis hat sich nicht nur an Preisen, sondern auch an Werten (Wertvorstellungen) zu orientieren. Die Formalisierung (d. h. die Umsetzung in Formeln) muß die auf verschiedene Axiomatik bezogenen Faktoren vergleichbar und bewertbar machen.

Strukturelle Neugliederung Die „klassische" Gliederung der Verwaltung wird demnach in Zukunft zunehmend umzustrukturieren sein. Vor allem folgende Bereiche werden wichtig sein: Speicherung, Planung und Instrumentalisierung, Simulation, Entscheidung, Effektuierung.

Die Speicherung (z. B. als elektronische Datenbank) muß die Fülle des empirischen Materials bereithalten, überschaubar zur Verfügung stellen. Diese Übersichtlichkeit hat aufgrund eines möglichst „neutralen" Rasters zu erfolgen, damit Simulation und Entscheidung nicht präjudiziert werden. Die mit der Speicherung von Daten beschäftigten Instanzen und Gremien dürfen keinesfalls hierarchisch untergeordnet sein. Sie müssen, wenn auch in Rückkopplung zu der Gesamtverwaltung, die Fülle des aufzunehmenden Materials völlig „unideologisch", statistisch-empirisch erfassen. Nur wenn die Basis des gespeicherten Materials sehr breit und tief ist, können prognostische Überlegungen angestellt werden.

Planung geht aus von klaren gesellschaftlichen, politischen, wirtschaftlichen, kulturellen Konzeptionen, die zugleich die Richtung angeben, nach denen das Datenmaterial „durchforstet" und ausgewählt wird. Erst aufgrund der jeweiligen Planungskonzeption können die Daten verfügbar gemacht, instrumentalisiert, das heißt zu einem realistischen Planungsmuster verknüpft werden. Die Planungsabteilungen müssen in sich dialektisch und pluralistisch sein, damit das zur Verfügung stehende Datenmaterial wirklich alternativ verfügbar wird — die Entscheidungsgremien später wirklich etwas zu entscheiden haben.

Entscheidung muß vorbereitet werden durch Simulation: Die Planungskonzeptionen mit den Datenmustern (Pattern) müssen „durchgespielt" werden, so daß ihre Effizienz (bei Verschieden-artigkeit der Effizienzkriterien) im Modell ablesbar wird. Ein wichtiger Teil der Simulation ist — wie gesagt — die Kosten-und Ertrags-analyse: die „Rentierlichkeit" der einzelnen Planungskonzeptionen muß klar zutage treten. Die Ergebnisse der Simulation, die sich der Datenverarbeitung bedient, sind das Material für die Entscheidungsgremien, die gleichzeitig mit ihrer Entscheidung netzplanartige Festlegungen (hinsichtlich der Ausführung von Entscheidungen) zu treffen haben.

Die Umsetzung von Entscheidungen — die Effektuierung — muß weitgehend „ungestört"

(das heißt ohne erneute Kontrolle) erfolgen. Erst das Ergebnis der Effektuierung ist wieder in den Prüfungsvorgang einzubeziehen.

Selbstverständlich sollten alle diese Bereiche der Speicherung, Planung, Simulation, Entscheidung und Effektuierung als Regelkreis in einem ständigen Rückkopplungsverhältnis stehen. So können z. B. Planungsmodelle (auch bei noch so großem dialektischem Pluralismus) nicht in unbegrenzter Vielfalt hergestellt werden; es ist deshalb notwendig, daß die Entscheidungsgremien eine Auswahl von Planungsmodellen anregen. Der Weg von der Speicherung zur Instrumentalisierung bedeutet eine zeitliche Phasenverschiebung: neue Faktoren (Daten) können aufgetaucht sein und müssen noch berücksichtigt, also in den bereits laufenden Prozeß der Instrumentalisierung bzw. Effektuierung eingegeben werden.

Die Rückkopplung zwischen den einzelnen Bereichen ermöglicht gleichzeitig eine wirksame Kompetenzkontrolle, ohne daß deshalb das

Kompetenzgefälle, das von den Entscheidungsgremien ausgeht, zerstört wird. Das für diese Rückkopplung beste Kommunikationsmuster muß ausfindig gemacht, das Instrumentarium der Bürokratie — vom Vermerk bis zur Dienstbesprechung — dementsprechend überdacht, das heißt weitgehend rationalisiert und entemotionalisiert werden. Die Grundlage dürfen nicht Meinungen, sondern müssen Fakten sein.

Gruppierungen Organisationstechnisch würde sich aus den angestellten Überlegungen folgendes bürokratische Grundschema ergeben: Der kooperativen Verwaltungsführung, einer Gruppe, die an der Spitze des Kompetenzgefälles steht (als Entscheidungsgremium fungiert), sollte eine starke und autarke Informationsgruppe (Speicherungsgruppe) zur Seite stehen, die ihrerseits direkt mit der Planungsgruppe verbunden ist. Die Aufgabe der Planungsgruppe in ihrem Wechselverhältnis zur Informationsund Entscheidungsgruppe ist bereits beschrieben worden.

Eine vierte Gruppe, die Steuerungsbzw. Sicherungsgruppe, könnte eine zusätzliche Absicherung darstellen; sie sollte möglichst „freischwebend" (dienstlich ungebunden, ohne Routinearbeit) und stark wissenschaftlich orientiert sein. Sie hat die Koordinierung bzw. die pluralistische Dialektik zwischen kooperativer Verwaltungsführung, Informations-und Planungsgruppe zu „steuern": dafür zu sorgen, daß keine hierarchischen oder autoritären Zielvorstellungen den Planungspluralismus beeinträchtigen und alternatives Denken sowie größtmögliche Flexibilität erhalten bleiben. Die Steuerungsgruppe hat ferner dafür zu sorgen, daß die vor allem im Bereich der Effektuierung tätigen Stellen genügend Spielräume für Selbstverantwortung erhalten, so daß auch Partialdialektik gewährleistet ist. Es darf nicht nur die an der Spitze des Kompetenzgefälles stehende kooperative Verwaltungsführung mit den Alternativmodellen versehen werden. Auch die einzelnen Stabsstellen im Effektuie-rungsbereich müssen auf direkte Weise Anschluß an das Informationsmaterial und die alternativen Planungsmodelle haben, damit sie bei ihrer „linearen" Arbeit die mögliche Vielfalt nicht aus dem Auge verlieren (was sie zudem zur Kompetenzkritik befähigt). Schließlich ist es die Aufgabe der Steuerungsgruppe, systemübergreifende Kritik vorzubereiten — etwa als Hearing, Kommission, Beirat etc., wodurch das Gesamtsystem der Verwaltung rückgekoppelt wird an kritische Instanzen, die außerhalb der Bürokratie stehen.

Im Bereich der Finanzen hat bislang das Rechnungsprüfungsamt die Funktion der Steuerungsgruppe inne; die strukturelle Aufgabe der Rechnungsprüfung (mit freilich revidierten Prüfungskategorien!) müßte generalisiert werden. Eine derart neu formierte Bürokratie muß zum „Gegenspieler" eine kompetente Legislative haben, die als dialektischer Partner sowohl initiierend wie kontrollierend tätig ist. Sie sollte vor allem in der Lage sein, aufgrund der von der Verwaltung erarbeiteten Alternativen Entscheidungen zu treffen. Dies geht nicht ohne Hilfsdienst, da sonst das notwendige Gleichgewicht zwischen Legislative und Exekutive nicht hergestellt werden kann.

Bürogramm Wenn man im Rahmen kybernetischer Betrachtung das vorgeschlagene Strukturmuster bzw. die davon abgeleiteten Gruppierungen in ein Bürogramm einfacher Art übersetzt, ergibt sich als „Chronologie" für die Verwandlung von Input in Output (Einlauf in Auslauf, Vorstellung in Wirklichkeit) folgendes Schema (vgl. S. 18):

Die an die Verwaltung durch Legislative und die sozio-kulturelle Umwelt bzw. aus sich selbst herangebrachten Vorstellungen, Notwendigkeiten, Ideen oder Aufträge durchlaufen die Datei (Informationsgruppe) und werden dort nach unideologischen und pluralistischen Gesichtspunkten mit den notwendigen Daten versehen. Die nachfolgenden Stellglieder (1— 3) stellen insgesamt die kooperative Verwaltungsführung mit Kompetenzanstieg dar. Sie stehen in einem internen Verbund-system; je nach zeitlicher Phase werden hier Entscheidungen über den weiteren Lauf im Regelkreis getroffen.

Bei Stellglied 1 ergeben sich z. B. folgende Entscheidungsmöglichkeiten (deren Richtung jeweils von einer mit allen Bereichen rückgekoppelten, dadurch ebenfalls kontrollierten Steuerungsgruppe überprüft wird):

Weitergabe über Stellglied 2 und 3 (endgültige Entscheidung) in die Effektuierung; Weitergabe an die Simulation zwecks Entwicklung von Alternativmodellen, die zu verschiedenen Zeitpunkten (nämlich bei Stellglied 1 und 2 oder 3) in die Entscheidung und dann in die Effektuierung einlaufen können. Ob die Entwicklung von Alternativmodellen sinnvoll ist, kann auch bei einem jeweils höheren Kompetenzniveau (Stellglied 2 und 3) noch entschieden werden.

Je nach dem Ergebnis der Beurteilung in den Entscheidungsgremien (Stellgliedern) — vorwiegend auch aufgrund der Ergebnisse von Simulationen — können zur Bearbeitung und näheren Klärung (vor allem in Hinblick auf die Cost-benefit-analysis von Alternativmodellen) Ad-hoc-Gruppen eingesetzt werden, die der kooperativen Verwaltungsführung subsidiär zur Verfügung stehen und ihre Ergebnisse in diese einbringen.

Bei den Entscheidungen der Stellglieder (der kooperativen Verwaltungsführung) werden je nach gesetzlicher Lage und Sinnhaftigkeit die legislativen Gremien eingeschaltet; sie übernehmen teilweise die Aufgabe der Entscheidung, wobei dann die bürokratischen Stellglieder die legislativen Entscheidungen vorbereiten helfen. Desgleichen sollte die sozio-kulturelle Umwelt mit Hilfe von verschiedenen Formen direkter Demokratie (Beirat, Kommission, Hearing etc.) an der Willensbildung beteiligt werden. Die weiteren internen Rückkopplungsmöglichkeiten ergeben sich aus dem hier vereinfacht wiedergegebenen Schema. So ist z. B. zu allen Phasen (der Simulation, Entscheidung und Effektuierung) die Rückkopplung zur Datei (Faktizität) notwendig — etwa um weiteres, im Laufe des Arbeitsprozesses notwendig gewordenes Material zu bekommen. Zudem sorgt solche Bewußtheit, daß die Realisierbarkeit nicht aus dem Auge verloren, also nicht ideologisch überrannt wird.

Das bereits angedeutete interne Verbundsystem muß selbstverständlich auch personell bestehen — durch ein Höchstmaß von Flexibilität bei den einzelnen Mitarbeitern, die jeweils in verschiedenen Gremien arbeiten bzw. dort als „Delegierte" mitwirken, garantiert sein. Ein Geflecht von in der Zusammensetzung wechselnden Dienstbesprechungen („Redaktionssitzungen") bedeutet mit den jeweils anwesenden Personen auch die „Anwesenheit" der jeweils systembezogenen Gesichtspunkte und Standorte. Da die Summe der Stellglieder die kooperative Verwaltungsführung abgibt und zugleich einen Kompetenzanstieg impliziert, muß bei Entscheidungen der Stellglieder 1 und 2 auch ein Vertreter der Stellglied-gruppe 3 mit anwesend sein. Umgekehrt müssen die in der Gewichtigkeit an der Spitze stehenden Entscheidungen des Stellgliedes 3 durch die vorlaufenden Entscheidungsinstanzen (Stellglieder 1 und 2) einsehbar und korrigierbar sein.

Wenn z. B.der Leiter eines Ressorts, eines Dezernats, in diesem Bürogramm das Stellglied 3 darstellt, so muß er zumindest durch Assistent (Assistenten) seine Überlegungen bei Entscheidungen der Stellgliedgruppen 1 und 2 mit einbringen können. Umgekehrt wirken Vertreter der Stellglieder 1 und 2 bei Entscheidungen des Stellglieds 3 mit. Ähnlich ist bei den anderen Gruppen zu verfahren. Ein Vertreter der Datei (Informationsgruppe) ist Kontakter zu Simulation, Ad-hoc-Gruppen, Entscheidungsgremien sowie Effektuierung. Andererseits sind Vertreter der Simulation, Entscheidungs-und Effektuierungsgruppen bei der Datei vertreten, damit die „Ausstattung" des Input mit gespeichertem Datenmaterial möglichst nach den für die Arbeit der anderen Abteilungen notwendigen Gesichtspunkten umfassend, ideologiefrei, aber nicht zufällig erfolgt.

Selbstverständlich ist die Steuerungsgruppe in allen Phasen mit tätig — nicht als übergeordnete, dominierende Kontrollinstanz, sondern als Team-Teil; sie sorgt für dialektische (kontroverse, aleatorische, provokatorische) Auflockerung. Ihre „freischwebende''Funktion darf nicht verglichen werden mit einer Über-Stellung. Sie ist sowohl detachiert wie engagiert, distanziert wie integriert.

Die im Strukturmuster wie bei den Gruppierungen erwähnte „Planung" ist keine „Abteilung" für sich; sie ist Ergebnis verschiedener Konstellationen und Kombinationen. So kann z. B. eine Ad-hoc-Gruppe Planung durchführen; oder die Simulation zusammen mit einem Stellglied Planung vornehmen; oder es können mehrere Stellglieder zusammen als Planungsgruppe fungieren

Empirische Forschung Für das Procedere bei dem Versuch der Ver-waltungsreform wird ein Vorgehen in Form eines einfachen Regelkreises vorgeschlagen (vgl. Diagramm auf S. 20).

Es muß zunächst ein gesellschafts-und zukunftsorientierter bürokratischer Idealtypus axiomatisch gesetzt und in Rückkopplung an weitgespannte empirische Bestandsaufnahmen und -analysen entwickelt sowie diskutiert werden. Auf diese Weise kann bereits der Idealtypus (als Führungsgröße einer Festwertregelung) — wenn auch nur im Rahmen der gegebenen Axiomatik — moduliert werden. Da innerhalb einer pluralistischen Gesellschaft viele bürokratische Idealtypen gesetzt und entwickelt werden können — wenn die Reformansätze von verschiedener Seite her erfolgen —, also aus der Pluralität der Reformbemühungen ein Pluralismus der Idealtypen sich ergeben kann, ist Simulation gewährleistet.

Die Simulationsergebnisse (Alternativmodelle), wie sie sich aus dem pluralistischen Ansatz pluralistischer Wirklichkeit ergeben, ermöglichen die Entscheidung für ein Modell bzw. für Modelle, die zu erproben wären. Aus dieser, ebenfalls an die empirische Bestandsaufnahme stets rückgekoppelten Erprobungsphase ergibt sich dann nach einem doppelten Ist-Soll-Ver-gleich (dem Vergleich von Experiment und Idealtypus sowie von Experiment und konventioneller bürokratischer Wirklichkeit mit entsprechender Cost-benefit-analysis) die Möglichkeit der Optimierung und globalen Verwirklichung. Die Entscheidung für globale Verwirklichung stellt den „Redaktionsschluß" dar. Es muß freilich später, um das neue System dynamisch zu halten, erneut Verunsicherung erfolgen — nun allerdings (aufgrund der „Verwaltung im Regelkreis") systemimmanent.

Desiderata Vor allem im Hinblick auf mikrobürokratische Bestandsaufnahmen und partielle bürokratische Verbesserungen sollen nachfolgend einige büro-kybernetischen Aufgaben fixiert werden.

1) Die Arbeitsgruppen, die mit Verwaltungsreform in dem beschriebenen Sinne sich beschäftigen bzw. als Steuerungsgruppe den Ablauf der strukturellen Neuformung initiieren (sowohl idealtypische Vorschläge machen wie empirische Bestandsaufnahmen durchführen und diese jeweils wechselseitig rückkoppeln, also auch dafür sorgen, daß aufgrund des Feed-back von Soll und Ist sowohl der Soll-wie der Istzustand fragwürdig bleibt, damit Festwertregelung in Folgeregelung übergeführt werden kann), müssen interdisziplinär zusammengesetzt sein: neben Fachleuten aus der Verwaltung Soziologen, Sozialpsychologen, Kybernetiker, Rationalisierungsfachleute, Betriebswirte etc. umfassen.

2. Im Rahmen empirischer Bestandsaufnahme sind besonders auch die Mikroeinheiten des bürokratischen Instrumentariums zu erfassen und zu analysieren. Beispiele:

Worin liegen die Nachteile bisheriger Vermerke und Aktennotizen? Können diese Vermerke, die mehr oder weniger unsystematisch angelegt sind (bei denen es weitgehend dem einzelnen überlassen bleibt, was er wie darstellt), überführt werden in ein Rastersystem mit arbeits-und ressortbedingten Varianten? Dadurch entstünde auch etwas wie eine CheckListe (Kontrolliste, wie sie bei der Flugzeugüberwachung verwendet wird), wodurch (Selbst-) Kontrolle ermöglicht würde: z. B. ob bei der Beurteilung einer Angelegenheit möglichst umfassend vorgegangen wird, ob die verschiedensten Gesichtspunkte — auch alternativer oder kontroverser Art — beachtet werden.

überhaupt sind Check-Listen eine wesentliche Hilfe beim bürokratischen Ablauf, da sie sowohl die übersehbarkeit von Vorgängen fördern wie auch eine Hilfe für Einsicht (Transparenz) und für die Beurteilung von Entscheidungen darstellen. Vermerke in der konventionellen Form tragen häufig zur „Informationsverschmutzung" bei. Es findet „Rationalisierung" statt; Emotionen werden schein-objektiviert. Nach den gleichen Gesichtspunkten sind die Dienstbesprechungen und Konferenzen zu überprüfen — ob nämlich bei diesen Besprechungen jeweils genügend Datenmaterial zur Verfügung steht und zur Verfügung gestellt werden kann. Mit Hilfe der Datenverarbeitung wird es eines Tages möglich sein, jeweils ad hoc Informationsmaterial umfassender Art heranzuziehen. Wenn z. B. bei Haushaltsberatungen aufgrund sofortiger Rückkopplung mit der Datenverarbeitung deutlich gemacht werden kann, was eine finanzielle Entscheidung in ihrer Auswirkung wirklich bedeutet (etwa in Hinblick auf das Wechselspiel von außerordentlichem und ordentlichem Haushalt), können Alternativen rational durchdacht und entschieden werden. Im besonderen ist es natürlich notwendig, die Aktenführung bereits jetzt so zu strukturieren, daß sie schrittweise in die Datenbank übergeführt werden kann. Ehe nämlich die Programmiersprache ansetzt, muß das zu speichernde Material so „gegliedert" sein, daß nachgeprüft werden kann, ob überhaupt die zu speichernden Daten genügen. Wenn z. B. Vermerke (Akten) aus den oben erwähnten Gründen zu wenig Informationen, aber zu viel Emotionen (Pseudoobjektivierungen) enthalten, würde einer Datenbank wesentliches Material vorenthalten und die Programmierung sehr erschwert oder einseitig werden. 3. Die einzelnen Kernelemente der Regelkreistechnik müssen für bürokratische Strukturen transferabel gemacht werden. Es müssen in den bürokratischen Strukturen „Analogien" geschaffen werden, die eine Arbeit im Sinne kybernetischer Bürokratie ermöglichen. Einige Aufgabenstellungen werden nachfolgend in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt

AblaufpJanung: Reihenfolge und „Werkstatt" -Probleme bürokratischer Prozesse.

Ablaufsteuerung: z. B. als Zeitplansteuerung und Führungssteuerung (Netzplantechnik).

Algorithmische Sprache: formalisierte Sprache, die der Beschreibung von bürokratischen Aufgaben bzw. Problemen dient, ohne daß bei ihrer Konstruktion auf bestimmte konkrete Automaten oder bestimmte Klassen von Automaten (Datenverarbeitungsmaschinen) Rücksicht genommen wird. Also Entwicklung einer bürokratischen Formelsprache, die vor allem auch Vergleiche, Objektivierungen, Optimierungen erleichtert; sehr wichtig für den Versuch, Vermerke und Akten zu rastern, sowie Alternativmodelle (als Muster von Aussage-verbindungen) „durchzuspielen".

Aussagenlogik: behandelt nicht den pragmatischen Aspekt von Verwaltung, sondern die semantischen (d. h. die auf Wortbedeutung und sprachlicher Kommunikation beruhenden) Zusammenhänge: die Wahrheit oder Falschheit von bürokratischen Aussagen. Mathematische Methoden müssen helfen, die jeweilige Menge von Aussagen bzw. Informationen übersichtlich zu machen (indem sie z. B. aus einer Menge eine übersichtliche Teilmenge ausgliedern, die so beschaffen ist, daß sich alle übrigen Aussagen mit Hilfe bestimmter Schlußregeln aus den Axiomen ableiten lassen). Bedienungstheorie: Beschäftigung mit bürokratischen Situationen bzw. Prozessen, in de-nen Einheiten zwecks Bedienung (Behandlung, Abfertigung, Bearbeitung) eine oder mehrere Stationen durchlaufen müssen.

Befehlsgebung und Willensbildung: Definition des jeweiligen Adreßteils und Operationsteils (der angibt, wer was zu tun hat).

Bewußtseinsbildung: bürokratische Sensibilität für die Umwelt; Übergang von materiellen Gegebenheiten zu Bewußtseinsvorgängen (Umschlag von Quantität in Qualität) und umgekehrt von Bewußtseinstatsachen in materielle Wirkungen. Die Codierung und die Decodierung formalisieren dabei die Übergänge von Rezeption in Bewußtsein und von Bewußtsein in Effektuierung.

Black-box-Methode: als Analyse des bürokratischen Systems, die vor allem Funktion und Komplexität, Kompliziertheit und Struktur festzustellen sucht.

Blockschaltmethode: Verfahren zum Aufbau komplexer bzw. komplizierter bürokratischer Systeme, die bestimmte Funktionen erfüllen sollen, und zwar aus vorgegebenen Teilsystemen bzw. Elementen, deren Input-Output-Relation bekannt sind.

Codierung: Entwicklung eines bürokratischen Zeichenvorrats, der die Zuordnung und Darstellung bestimmter Informationen und ihre Weitergabe (Kommunikation) auf objektive Weise ermöglicht (vgl. Check-Listen, Vermerk-Raster etc.).

Entscheidungsprobleme: die Notwendigkeit, mit Hilfe eines bürokratischen Algorithmus festzustellen, ob eine innerhalb einer bestimmten Theorie formulierte Aussage in dieser Theorie gültig ist oder nicht.

Ersatztheorie: Untersuchung bürokratischer Situationen, in denen sich die Leistungsfähigkeit so verschlechtert, daß ein Ersatz notwendig ist.

Eehlererkennung und Fehlerkorrektur: bürokratische Rückkopplungsmuster, die den Empfänger Übertragungsfehler erkennen lassen.

Homöostase: vor allem in Form der Ultrastabilität

Information: durch Codierung und Informationsverarbeitung sowie Fehlerkorrektur in Steuerungsund Regelungssystemen kann optimale bürokratische Prozeßführung erfolgen.

Kausalität: Notwendigkeit, die bürokratischen Relationen zwischen Ursache und Wirkung sowie zwischen Reizen, Rezeption, Effektuierung, Reaktion transparent zu gestalten.

Kommunikationsketten: bürokratischer Informationsfluß, wobei leere Redundanz (s. u.) und Irrelevanz zu vermeiden, fördernde Redundanz und Relevanz zu installieren sind.

Kooperation: vor allem Entwicklung von Spiel-attitüden bzw. bürokratischen Teams.

Optimierung: Annäherung an die Führungsgröße als Auswahl aus Alternativen. Der bürokratische Optimalwertkreis ist ein Regelkreis, der aufgrund besonderer zusätzlicher Schaltgruppen in der Lage ist, nicht nur einen Sollwert gegenüber Störungen in der Regel-strecke aufrechtzuerhalten bzw. immer wieder zu erreichen, sondern der unter den möglichen Sollwerten den günstigsten ausfindig machen kann.

Redundanz (wörtlich „Weitschweifigkeit"): Wenn durch die Verwendung eines geeigneten bürokratischen Codes eine Kürzung der Information möglich ist, ohne daß Informationsverlust eintritt, so liegt Redundanz vor. Ein Code ist redundanzfrei, wenn Signale und > Informationen gleich viele Elemente enthalten. Bürokratische Information und Kommunikation muß leere Redundanz institutionell vermeiden; diese liegt vor, wenn „Informationen" weggelassen werden können, ohne die Information zu ändern. Anders die fördernde Redundanz: ergänzende Information, die eine in einer Information enthaltene Informationsmenge auch dann aufrechterhält, wenn andere Bestandteile dieser Information weggelassen werden.

Signalisierung: Entwicklung bürokratischer Signale (als Informationsträger); Weisen von Signalaufnahme, Signalübermittlung. Wie wird etwa dem Vorsitzenden einer Sitzung . spielregelbewußt signalisiert, daß er seine Regelungsfunktion falsch ausübt (zu lange spricht, Falsches sagt etc.)? Dies impliziert Probleme der Gruppendynamik bzw. Gruppen-psychologie. Software (immaterielle Ware): Entwicklung einer Programmierungstechnik für die bürokratischen Belange (Hardware: die technischen Einrichtungen einer Datenverarbeitungsanlage). Spieltheorie: Habitualisierung von Denkweisen, die Simulation ermöglichen, alternatives Denken und Handeln erleichtern. Abgesehen vom psychologischen und sozialpsychologischen Aspekt ist Simulation insofern Teil der Spieltheorie, als hier noch außerhalb der Realität, aber in Rückkopplung zur Realität, im Rahmen von Spielregeln, verschiedene Situationen und Möglichkeiten „durchgespielt" und optimiert werden.

Strategie: Verhaltensplan, der freilich auch aleatorisch durchbrochen, verunsichert oder durch Gegenstrategien relativiert werden muß.

Trial-and-error-Methode: Sie wäre mehr als bisher bürokratisch zu institutionalisieren: „Hat sich ein selbstorganisierendes kybernetisches System mit Umweltaspekten auseinanderzusetzen, die den Charakter einer Blackbox haben, so ist eine Adaption nur durch Anwendung des Trial-and-error-Verhaltens möglich. Durch eine Folge von diskreten Schritten oder von kontinuierlichen Änderungen eines Parameters macht das System solche Handlungen ausfindig, die es ihm schließlich gestatten, das angestrebte Ziel zu erreichen. Die Variationen des Verhaltens müssen nach einem Erfolgskriterium bewertet werden; das Verfahren darf nicht divergieren. Ein solches Erfolgs-kriterium kann in einer Zielnähefunktion gegeben oder durch die Erreichung von Zwischenzielen (Taktik) charakterisiert sein.“

Dieser kleine Katalog von wichtigen (büro-) kybernetischen Begriffen kann nur andeuten, unter welchen Aspekten Mikro-und Makro-einheiten der Verwaltung analysiert, diskutiert und reformiert werden sollten — als Vorstufen oder Teile eines neuen Systems, das dann als „Verwaltung im Regelkreis" jenseits von Parkinson stünde.

Anhang

Abbildung 1

Bürogramm (Beispiel zu S. 17/18)

Zur weiteren Veranschaulichung soll das skizzierte Bürogramm in Form eines konkreten Beispiels erläutert werden. Die vorgegebenen Begriffe werden weiter aufgefächert und auf das Beispiel (die Organisation eines Schuldezernats) bezogen, wobei selbstverständlich nur das Grundmuster aufgezeigt werden kann. Das Beispiel ist soweit abstrahiert, daß es verhältnismäßig leicht auf andere Ämter übertragen werden kann.

Folgende Punkte (Überlegungen) bestimmen die Organisation nach dem Regelkreismodell:

I. Charakteristik und Definition der Abteilungen, in denen die Dezernatsaufgaben behandelt werden (materialer Bereich); es handelt sich um folgende „Einheiten": 1. Dezernat (im engeren Sinne)

2. Pädagogik 3. Personal 4. Bau 5. Finanzen 6. Datei 7. Planung 8. Effektuierung 9. Steuerung (Sicherung)

Die Bereiche 6, 7 und 8 sind lediglich als „Kerneinheiten" zu verstehen. Sie komplementieren sich aus den Bereichen 1— 5.

II. „Topographie" aller möglichen Entscheidungswege, die sowohl nach Zeiteinheiten wie Gewichtigkeit zu beschreiben sind. Aus dem Muster aller möglichen Regelkreise sind dann jeweils für die einzelnen Vorgänge die Abläufe auszuwählen, die auf schnellste, objektivste und wirksamste Weise Entscheidungsprozesse bzw. Verwirklichungen ermöglichen.

III. Kompetenzebenen im Rahmen kooperativer Führung. Die Entscheidungsgremien (Redaktionskonferenzen) sind festzulegen, das heißt, es muß klar sein, wer zu welchem Stellglied gehört und welche Entscheidungsaufgaben ihm bzw.dem Stellglied zugeordnet sind.

IV. Detailfragen: z. B. Raumanordnung für die Abteilungen und Einheiten unter Berücksichtigung der Fließstruktur; Zeitplan für die regelmäßigen Redaktionssitzungen (Stellglied-konferenzen); Einlauf-Auslauf-Abwicklung, vor allem unter Berücksichtigung der durch die Regelkreisabwicklung bewirkten Terminierungen; Formalisierung und Normierung von Vermerken; Anlage von Check-Listen, die die Sachbearbeitung und die Stellgliedentscheidungen erleichtern.

V. Arbeitsplatzbeschreibungen mit Einstufungen und entsprechenden Personalkostenberechnungen.

Zu I: Materialer Bereich 1. Dezernat. Es umfaßt die Person des Dezernenten, Sekretariat und (wissenschaftlich-pädagogisch-organisatorische) Assistenz. Diese Kerneinheit hat vor allem die Aufgabe, bei den Entscheidungen mitzuwirken, wichtige Impulse für die Datei zu geben, Planungen zu initiieren, Effektuierung zu überwachen. Als Clearing-Stelle ist das Dezernat (im engeren Sinne) in viele Regelkreise eingeschaltet. 2. Pädagogik. Diese Abteilung steht in engem Verbund mit dem Dezernat. Sie setzt sich zusammen aus drei Bereichen: Volksschulen, Gymnasien und Realschulen, Berufsbildende Schulen; personell gesehen aus drei Schuloberdirektoren mit Sekretariat und Assistenz. Die Aufgaben (in der entsprechenden Spezialisierung) sind denen des Dezernats ähnlich, vor allem wirkt die Abteilung mit bei Personal-, Bau-und Finanzfragen. 3. — 5. Personal, Bau, Finanzen. Diese Sachbereiche sind in ihrer Aufgabenstellung bereits durch ihre Bezeichnung umrissen. Funktional obliegen ihnen folgende Aufgaben:

a) Registrierende, sammelnde, sich orientierende Tätigkeit: Daten und Fakten (Vorgänge) aus dem theoretischen und praktischen, wissenschaftlichen und „bürokratischen" Bereich werden „markiert" und an die Datei weitergegeben. b) Mitwirkung (von ihrer Sektion aus) bei der Planungsabteilung durch Delegation.

c) Vertretung des materialen Sektors bei Entscheidungsprozessen (Stellgliedkonferenzen).

d) Assistenz bei der Steuerung (Sicherung), z. B. in Hinblick auf den Ablauf der Netzpläne. e) Teilnahme bei Ad-hoc-und Projektgruppen. Die Personalausstattung der Abteilungen Personal, Bau, Finanzen ist unter diesen vielfältigen Aspekten zu sehen, sowohl was die Quantität der Stellen wie ihre Qualifikation betrifft. 6. Datei. Sie ist der „Unterbau" für alle Prozesse. Der Input durchläuft als erstes die Datei, um mit den entsprechenden Fakten ausgestattet zu werden. Als Abteilung besteht die Datei aus einer Kerneinheit. Der Leiter der Datei muß besonders hoch qualifiziert sein, da er sowohl in den verschiedenen Sachbereichen als auch innerhalb der Funktionszusammenhänge eine wichtige Aufgabe zu erfüllen hat. Ferner steht die Datei in einem engen Verbund zu allen anderen Abteilungen, zu Dezernat, Pädagogik, Personal, Bau, Finanzen, Planung, Effektuierung, Sicherung, da von all diesen Einheiten aus ihr ständig Informationsmaterial bzw. Informationshinweise zufließen, die dann entsprechend gespeichert werden müssen.

Diese Dateigruppe ist an zentrale elektronische Speicher „angeschlossen". Sie hat also die Informationen und Daten zu programmieren und einzugeben bzw. als „Abzapfstelle" (terminal) für die zentral gespeicherten Informationen und Daten zu fungieren. Besonders wichtig ist, daß die Kerneinheit der Datei personell (fachlich) so ausgestattet ist, daß sie das relevante theoretische und wissenschaftliche Material durchprüft und (nicht nur auf Anregung etwa der Abteilungen Dezernat und Pädagogik) selbständig zur Speicherung auswählt. 7. Planung. Sie setzt sich ähnlich wie die Datei aus einer Kerneinheit und einer Verbund-gruppe zusammen. Die Kerneinheit wird jeweils durch die anderen Abteilungen komplementiert. Bei ihr sind zwei Aufgaben zu unterscheiden: nämlich die Planungsvorbereitung und die Planungsdurchführung. Wenn etwa ein Schulzentrum (eine Gesamtschule) geplant wird, so hat die Planungsabteilung die Aufgabe, die pädagogischen, architektonischen, personellen, finanziellen (ökonomischen) Aspekte zu koordinieren und im Simulationsverfahren Alternativen aufzuzeigen. Die Simulation und Alternativplanung schließt Kosten-Ertragsberechnungen ein.

Die Planungsabteilung muß integrierte Datenverarbeitungsprogramme aufstellen (in Auftrag geben), also Simulationsmodelle, die Daten über das Verhalten des Modells unter bestimmten Bedingungen zu liefern vermögen.

Diese Aufgabe der Planungsabteilung steht somit in bezug (oder Verbund) zum EDV-Zen-trum, in dem die Simulationsprogramme durchgespielt werden. Unabhängig von der elektronischen Simulation muß die Planungsabteilung auch auf „konventionelle Weise" alternativ denken, alternative Vorschläge unterbreiten können. Wichtig ist hierbei die De-komposition von Vorgängen (Projekten): die Zerlegung in und Bewertung von Einzelkriterien, die dann in „Komposition" einem Optimierungsverfahren (als Grundlage von Entscheidungen) unterzogen werden.

Die andere Aufgabe der Planungsabteilung besteht darin, Entscheidungen für die Effektuierung vorzubereiten, zu programmieren. Hier ist also die Phase der Simulation bzw.der Alternativentwicklung bereits abgeschlossen, der konkret gefaßte „Wille" muß umgesetzt werden. Die Planungsabteilung gibt das entsprechend programmierte Objekt (Projekt) an die Effektuierung ab. Ein Großteil dieser Effektuierung liegt (in unserem Beispiel) nicht mehr im Bereich des Schuldezernats (sondern z. B. im Baudezernat).

Die Planungsabteilung muß jedoch in steter Korrespondenz zum jeweiligen Effektuie-rungsbereich stehen und die Abwicklung der Netzpläne mit überwachen. Im besonderen hat sie die Detailkoordinierung zwischen Investitions-und Bauplanung (was wiederum als integriertes Programm elektronisch ablaufen kann) durchzuführen. 8. Effektuierung. Sie deckt sich weitgehend mit Output. Zu einem großen Teil ist die Effektuierung im Schuldezernatsbereich „formaler" Art: das heißt, das „Werkstück" (das Schulgebäude etwa) wird hier nicht selbst „gefertigt", sondern nur als Programmierung in die Effektuierung anderer Referate weitergegeben. In dieser Hinsicht ist die Effektuierung Durchlaufphase. Der Output muß diese Abteilung gewissermaßen als Prüfstand durch laufen, weshalb die Effektuierungsabteilunn eng mit der Steuer-(Sicherungs-) gruppe vei-zahnt ist. Die Effektuierungsabteilung hat lie „Unterschriftsfertigkeit" zu kontrollieren. : ihr gehören die Kräfte (einschließlich eines „Lektors", Korrektors), denen die schriftliche Ausfertigung obliegt.

Ob dabei die Schreibkräfte zentralisiert oder dezentralisiert in den einzelnen Abteilungen untergebracht werden (aber technologisch durch Ferndiktatgeräte zusammengefaßt sind), ist unwichtig. Es ist jedoch sinnvoll, wenn die Schreibkräfte nicht einseitig nur mit Schreibarbeiten beschäftigt sind, da dies eine schwere arbeitspsychologische Belastung darstellen kann; sie können als Hilfskräfte z. B. bei der Datei mitwirken bzw. andere Aufgaben (etwa Protokollführung bei den Stellgliedkonferenzen) übernehmen. 9. Steuerung (Sicherung). Diese Gruppe hat alle Vorgänge systemimmanent (vor allem auch die Sekundärmarkierungen) zu überwachen, entsprechende Korrekturen anzubringen bzw. Korrekturimpulse in die Regelkreise einzugeben. Sie ist auf der einen Seite „freischwebend", auf der anderen selbst in den kritischen Rückkopplungsprozeß einbezogen. Sie ist beauftragt, durch antithetisches (aleatorisches) Verhalten die Gesamtdialektik zu initiieren bzw. in Gang zu halten.

Der Leiter der Sicherungsgruppe kann gleichzeitig in Personalunion Leiter der Effektuierungs-abteilung sein, da dort (beim Output) alles zusammenläuft und so der kritischen Kontrolle übersichtlich sich darbietet. Im besonderen müssen die Mitglieder der Steuerungsabteilung psychologisches Einfühlungsvermögen haben, um das Bürogramm jeweils auf psychogene Schwierigkeiten „abhorchen", gruppen-dynamische Verbesserungen vornehmen zu können.

Ferner ist es die Aufgabe der Sicherung, die gesamten Regelkreisabläufe zu überprüfen („fortzuschreiben"), neue Verfahren der Abwicklung ausfindig zu machen, der Planungsabteilung bei Dekompositionsaufgaben zu helfen, Rationalisierungsvorschläge zu entwik-keln, Kriterienkataloge für Einzelfragen und Check-Listen aufzustellen bzw.deren Weiterentwicklung zu bewirken. Zudem fallen an: Gesamtüberwachung der Netzpläne, Formalisierung von Vorgängen (etwa Entwicklung von Bewertungsdiagrammen bei sich wiederholenden Aufgaben); Federführung bei Ad-hoc und Projektgruppen.

Ad-hocund Projektgruppen werden gebildet, wenn besonders wichtige oder umfangreiche Aufgaben anstehen, wobei eine Projektgruppe umfassender ist und langfristiger als eine Adhoc-Gruppe arbeitet. Es werden aus allen relevanten Abteilungen und Bereichen Personen zu einem Sonder-Team -zusammengefaßt, das sich entweder vorrangig oder nur der gestellten Aufgabe widmet. Die Steuergruppe stellt die Kontaktstelle zwischen Ad-hoc-bzw. Projektgruppen und kooperativer Verwaltungsführung dar.

Zu II: Regelkreiswege Zur Illustration für mögliche Entscheidungswege (Regelkreise) sind in Verfeinerung des Diagramms von Seite 18 die Abläufe festgehalten.

Diagramm (zu S. 26)

Hier seien einige Beispiele für Regelkreisstrek-ken (Entscheidungsabläufe) genannt: a) Von geringerer Wichtigkeit:

O-E /O-Da /O-B-Da /O-F-Da /O-Pe-Da /O-B-F-Pe-Da /O-P /O-D /O-S /O-Pl /b) Von Gewichtigkeit: O-Da-I-B-(bzw. F oder Pe oder B, F, Pe) -II-Ad (oder Pr) -III-E /O-P-D-Da-B (bzw. F, Pe oder B, F, Pe) -II-PI-III-Pr-III-E /O-I-II-Da-Pl-III-E /O-Da-P-III-E /c) Von großer Gewichtigkeit: O-Da-B -F -Pe -I-II-Pl-III-Pr -P-III-E Zu III: Stellglied-bzw. Redaktionskonferenzen im Kompetenzgefälle Ein Muster von Redaktionskonferenzen muß die Regelkreise als Stellglieder jeweils ausrichten und „zurichten." Diese Redaktionskonferenzen sind nach ihrer Zusammensetzung, nach ihrer Terminierung nur nach ihren Aufgaben (Kompetenzen) zu charakterisieren. Ausgangspunkt aller Redaktionskonferenzen ist die Input-Konferenz (O). Hier wird der gesamte Einlauf (und Posteingang) kooperativ gesichtet und die „Startposition" festgelegt. Die weiteren Wegweisungen durch die Stellgliedkonferenzen sind aus dem Regelkreis-schema erkennbar. Die Zusammensetzung der Redaktionskonferenzen im Sinne des Kompetenzgefälles (bzw. -anstiegs) kann wie folgt sein:

D-Ebene (Bezug Dezernat): D-P/D-P-Pl-E-S P-Ebene (Bezug Pädagogik): P-Da-Pe-E-S/P-Da-Pl-E-S-B-F-Pe “

Pl-Ebene (Bezug Planung): Pl-Da-E-S-/ Pl-Da-S-E-B-F-Pe S-Ebene (Bezug Sachbereiche): B-F-Pe/B-F-Pe-Da-Pl-E-S-/+ jeweils Assistenz von D, P. Zu IV: Detailfragen Der Terminplan der Redaktionskonferenzen garantiert, daß wie auf einem Förderband Vorgänge jeweils durch die einzelnen Stellglieder laufen. Der Konferenzraum muß entsprechend eingerichtet werden; in ihm sind z. B. für die hier stattfindenden Konferenzen eigene Einlauf-und Auslauf-„Behälter" — gegliedert nach Wichtigkeit (= Regelkreisablauf) und Terminzwängen — vorhanden.

Selbstverständlich muß es sich nicht um tägliche Redaktionskonferenzen handeln-, wichtig ist jedoch die Regelmäßigkeit, da sonst Ablaufstauungen unausweichlich sind. Die „Durchlaufverpflichtungen" und ihre Terminierung sind durch Begleitzettel festgelegt, jeder Vorgang somit sekundär gekennzeichnet. Damit kein Formalismus dominiert, ist bei den einzelnen Stellgliedern im Feed-back jeweils zu püfen, ob eine terminliche bzw. inhaltliche Fortschreibung (Veränderung des Regelkreises) notwendig ist.

Die „Durchlaufverpflichtungen''sollten als Ablaufdiagramme festgehalten werden. Zu einem Teil können diese Ablaufdiagramme bereits als Check-Listen dafür dienen, daß jeder Vorgang richtig programmiert „auf den Weg" geschickt wird. Sondercheck-Listen sind notwendig, damit z. B. in der Datei, in der Planungsabteilung, in der Effektuierung nichts übersehen wird. Die Check-Listen sind weitgehend dekompositorischer Art: Sie müssen die Kriterien liefern, nach denen eine Aufgabe, ein Vorgang in seine Einzelelemente zu zerlegen ist, was wiederum das Optimierungsverfahren erleichtert. Ferner sind Vermerk-Raster zu entwickeln, die den internen Informations-und Kommunikationsfluß erleichtern und auf das Wesentliche hin orientieren helfen.

Zusammenfassend ist zu sagen, daß die hier an einem Beispiel aufgezeigten Ablauf-Schemata die bürokratische Arbeit exakt programmieren. Dieser „technologische" Aspekt darf jedoch nicht mißverstanden werden. Erst die Programmierung reibungsloser Abläufe mit entsprechender Koordinierung geben den in der Bürokratie Tätigen Zeit und Kraft für eigentlich kreative Aufgaben. Dazu kommt, daß das skizzierte Schema durch ständige Rückkopplungen ein Höchstmaß von Flexibilität enthält. Aufgrund des Delegationsverfahrens wird zudem keine Gruppe bzw. Abteilung in einem zu eng begrenzten Arbeitsbereich erstarren. Diese Flexibilität sowie das Ineinander-greifen der verschiedensten Funktions-und Entscheidungsbereiche erfordern wiederum von den in der Bürokratie Tätigen ein Höchstmaß an Qualifikation, die nicht nur postuliert werden muß, sondern sich eben gerade durch das Verfahren und im Verfahren entwickeln und entfalten kann.

Begriffserläuterungen

Abbildung 2

Ad-hoc-Gruppe: Eine „eigens zu diesem Zweck" gebildete Gruppe.

Aleatorisch (Aleatorik): Vom Zufall abhängig (alea: Würfel).

Attitüde: Einstellung, Haltung; Fähigkeit, auf Objekte und Situationen „entsprechend" zu reagieren, Gefühle zu „steuern"; Fähigkeit und Bereitschaft, emotionale oder rationale Rollen zu übernehmen.

Black-box: Schwarzer Kasten, d. h. ein System, dessen Struktur nicht oder nur zum Teil bekannt ist. Dunkelraum zwischen Input und Output: die Ungewißheit über die Wege und Weisen, auf denen und durch die Eingabe in Ausgabe (Eingang in Ausgang) sich verwandelt.

Charisma: Berufung eines Amtsträgers, wobei diese Berufung außerhalb rationaler Einsicht liegt.

Check-Liste: Liste, in der alle Merkmale und Kriterien aufgeführt werden, die notwendig sind, um einen Vorgang zu prüfen bzw. zu kontrollieren. Liste von Arbeitsvorgängen, die Eingang in Ausgang verändern (z. B. Check-Listen, die die Kontrolle eines Flugzeuges vor dessen Start programmieren).

Code:. Vorschrift für die Zuordnung einzelner Zeichen im Rahmen eines Zeichensystems (Zeichenvorrats) mit der Absicht, bestimmte Informationen formelhaft zu erfassen bzw. auf Zeichen hin zu abstrahieren.

Codex: Zusammenfassende Bezeichnung für die Gesetze und Regeln, nach denen die Codierung vorgenommen wird. Dekomposition: Auflösung, Zergliederung; Zerlegung eines Systems (einer Struktur, eines Modells, einer Vorstellung, eines Vorgangs) in Einzelelemente (Teilmodelle) mit dem Ziel, diese Einzelelemente für sich zu prüfen und zu bewerten.

Digitale Regelung: Regelung, bei der die Signale (Informationen) ziffernmäßig (digital) dargestellt werden.

Entfremdung: Störung des Ich-Bewußtseins oder des Gegenstandsbewußtseins (Unsicherheit, Orientierungslosigkeit, Verlust des Ganzheitserlebnisses bei der Arbeit).

Fließstruktur: Fixierung und Analyse von Wegen (Bahnen, „Kanälen"), auf denen sich Information bewegt; Muster des Informationsund Kommunikationsflusses.

Frustrationsaggressivität: Aggressivität als Folge eines als unbefriedigt empfundenen Daseins, von Benachteiligung, Zurückgesetztwerden, erlittener Ungerechtigkeit. Oft führt die Hemmung oder Entsagung eines Triebdranges zu aggressivem Verhalten; zusammenfassende Bezeichnung für eine aus der Vereitelung (Frustration: Täuschung) entstehende Angriffslust.

Futurologie: Zukunftswissenschaft; Versuch wissenschaftlich fundierter Prognose, wobei nicht nur einzelne Entwicklungsstränge in die Zukunft hinein verlängert bzw. projiziert werden, sondern vor allem auch System-und Bewußtseinsveränderungen „einkalkuliert" werden.

Gratifikation: Freiwillige Vergütung, Entschädigung, Zuwendung. Summe der Belohnungen, Belobigungen und der Förderung.

Habituell: Gewohnheitsmäßig, ständig; habitualisieren: etwas zur Gewohnheit machen, so daß es nun zum Habitus (Erscheinungsbild) ge-lört.

Homöostase: Fähigkeit, bestimmte Größen konstant bzw. in zulässigen Grenzen zu hal: en, das heißt, Störfaktoren durch Gegensteue-'ung aufzufangen und auszugleichen. dentität: Ununterschiedenheit; unbewußtes psychologisches Gleichsein des Subjektes mit nnem Objekt. nput (Eingabe): Einwirkung der Umgebung ms ein Element oder ein System bzw. Wircung der Umgebung oder anderer Elemente les Systems auf dieses eingegebene Element; lumme aller eingegebenen Elemente.

Integrierte Datenverarbeitung: Versuch, die einzelnen Datenverarbeitungsaufgaben miteinander in Beziehung zu setzen, also das Ineinandergreifen, die gegenseitige Abhängigkeit und Beeinflussung in einem komplexen Programm zu berücksichtigen; optimale Planung und Steuerung von Prozeßabläufen.

Kommunikation: Verhältnis von Ich-Du-Wir; die Wechselbeziehung der Individuen untereinander sowie zwischen Individuen und Gesellschaft, basierend auf rationalem Denkvollzug und gemeinsam anerkannten Spielregeln sowie besonderen Symbolen (dabei vor allem wichtig die sprachliche und schriftliche Verständigung).

Kompetenz: Zuständigkeit, Befugnis, die „durchsichtig" ist und ihre Berechtigung zur Entscheidung auf rational einleuchtende und überprüfbare Gründe stützt; im Gegensatz zur (charismatischen) Autorität: befragte Autorität.

Komposition: Erneute Zusammenfügung der im Rahmen der Dekomposition erstellten Beurteilungen und Wertungen nach einer die Gewichtigkeit und Relation der einzelnen Elemente (Teilmodelle) berücksichtigenden Formel.

Kybernetik: Zusammenfassende Bezeichnung für die wissenschaftliche Beschäftigung mit Steuerungs-und Regelungsvorgängen in Technik, Biologie, Soziologie etc.

Modell: Muster, Typ, Entwurf, Vor-Bild; Teil-modell: aus einer Gesamtvorstellung (Struktur) wird ein Element herausgelöst und für sich betrachtet bzw. „durchgespielt".

Monokratisches System: Leitung eines Amtes durch einen einzelnen, der mit dem entsprechenden Entscheidungsrecht ausgestattet ist.

Optimierung: Teil der Operationsforschung, der sich mit dem günstigsten Einsatz von Mitteln beschäftigt bzw. mit der Aufgabe, ökonomische oder technische Prozesse so zu organisieren, daß unter gegebenen Bedingungen die beste Wirkung erzielt wird.

Output (Ausgabe): Wirkung eines Elements, eines Systems auf andere Elemente des Systems oder auf die Umgebung. Der Output kann in einem Material, in Energie oder im Informationsfluß bestehen.

Psychogramm: Versuch der grafischen Darstellung von Fähigkeiten und Eigenschaften einer Persönlichkeit; übertragen verwendet: Seelen-bild, Mentalitätsstruktur von Individuen und gesellschaftlichen Gruppen.

Psychosomatisch: Die körperliche Rückwirkung seelischer Einflüsse betreffend.

Rationalisierung: Ersatz überkommener Verfahren durch zweckmäßigere und besser durchdachte Methoden. In der Tiefenpsychologie (S. Freud) die nachträgliche verstandesmäßige Rechtfertigung eines aus irrationalen, emotionalen oder triebhaften Motiven erwachsenen Verhaltens.

Reflex: Unwillkürliches Angesprochensein durch einen Reiz.

Reflexion: Überlegung, Nachdenken, vergleichendes und prüfendes Denken; die Gegenüberstellung von Reflex und Reflexion soll darauf hinweisen, daß das, was sich häufig als Reflexion ausgibt, in Wirklichkeit nur einen Reflex (rationalisierte Reaktion bzw. rationalisierte Abreaktion) darstellt.

Rückkopplung: Vorgänge, die nicht aus sich selbst heraus sich entwickeln, sondern unter Bezug auf andere Gegebenheiten im gegenseitigen Wechselverhältnis (Regelkreis).

Sanktion: Zwangs-und Sicherungsmaßnahmen. Simulation: Teil der Spieltechnik; eine vor dem Handeln eingeschobene Reflexionsphase, die die Wirklichkeit dadurch vorwegnimmt, daß sie diese fiktiv durchspielt. In diesem Sinne ist Simulation verifizierte oder falsifizierte Theorie; vor allem die integrierte Datenverarbeitung ermöglicht Simulation in umfassender Weise.

Soziogramm: Grafische Darstellung sozialer Verhältnisse oder Beziehungen innerhalb einer Gruppe oder zwischen Gruppen; übertragen: das Bild von Beziehungen innerhalb einer Gruppe oder zwischen Gruppen.

Spiel (Spieltheorie): Besondere Art des Lernens; Beschäftigung mit Realitätsmodellen, die der Erlangung und Einübung bestimmter Fähigkeiten dient; Vorwegnahme künftiger (Umwelt-) Situationen; Voraussicht öder Voraus-berechnung von Vorgängen.

Statik: In Ausweitung des technisch-mechanischen Begriffsinhalts wird der Ausdruck im Sinne von „statisch" (-ruhend, stagnierend), im Gegensatz zu „dynamisch", verwendet.

Stellglied: Teil einer Steuer-oder Regelstrecke, der im Sinne aufgabenmäßiger Beeinflussung in einen „Fluß" eingreift (so ist z. B. ein Ventil ein Stellglied).

Struktur: Aufbaugefüge, innere Gliederung; das dem Verhalten zugrunde liegende komplexe System von Motivationen.

System: „Im Begriffsrepertoire der Kybernetik ist ein System ein Aggregat von Einzelteilen, das aber gerade nicht als bloße Zusammensetzung von verschiedenen Elementen betrachtet wird, sondern als ein Netz von Beziehungen und dynamischen Wechselwirkungen, also als eine Struktur, und diese wiederum wird in ihrer Konnektivität (= vermittelnden Funktion) gesehen. Im kybernetischen Sinn des Wortes ist jeder Organismus, aber auch jede Maschine, ein System. Doch auch die neue Einheit, die Menschen in Zusammenarbeit mit Maschinen bilden, ist ein System." (Pierre Bertaux).

Systemimmanent: Dem System innewohnend, also nicht von außen herangetragen.

Systemplanung: Erfassung eines organisatorischen Ist-Zustandes; daran anschließend Aufgabenanalyse; Umsetzung in den Soll-Zustand (Effektuierung).

Fussnoten

Fußnoten

  1. Zu den einzelnen Fachtermini vgl. die „Begriffserläuterungen" im Anhang.

  2. C. Northcote Parkinson, Parkinsons Gesetz und andere Untersuchungen über die Verwaltung, Düsseldorf-Stuttgart 1958.

  3. Peter Menke-Glückert, Vortragsmanuskript (ohne Titel), Nürnberg 1969.

  4. Parkinson, a. a. O., S. 18 ff.

  5. Hier und für das folgende vgl. Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der verstehenden Soziologie, Tübingen 1956.

  6. M. Weber, a. a. O., S. 571.

  7. Weber, a. a. O., S. 578.

  8. Vgl. S. 12 f.

  9. Vgl. S. 13.

  10. Karl W. Deutsch, Politische Kybernetik. Modelle und Perspektiven, Freiburg 1969.

  11. Roger Caillois, Die Spiele und die Menschen, Stuttgart 1960.

  12. Vgl. S. 17 f.

  13. Zit. nach Karl W. Deutsch, a. a. O., S. 127.

  14. Zit. nach Deutsch, a. a. O., S. 141 f.

  15. Vgl. auch die Konkretisierung des „Bürogramms" anhand des im Anhang wiedergegebenen Beispieles.

  16. Vgl. Georg Klaus, Wörterbuch der Kybernetik, Frankfurt und Hamburg 1969.

  17. Vgl. S. 10.

  18. Georg Klaus, a. a. O., S. 660 f.

Weitere Inhalte

Hermann Glaser, Dr. phil., geb. 28. 8. 1928; Schul-und Kulturdezernent der Stadt Nürnberg. Neben pädagogischen Veröffentlichungen u. a. Autor von: Weltliteratur der Gegenwart, 1956 ff.; Spießer-Ideologie — Von der Zerstörung des deutschen Geistes im 19. und 20. Jahrhundert, 1964; Eros in der Politik — Eine sozialpathologische Untersuchung, 1967; Kleinstadt-Ideologie — Zwischen Sphärenflug und Furchenglück, 1969; Radikalität und Scheinradikalität. Zur Sozialpsychologie des jugendlichen Protests, 1970.