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Die Kritik an der modernen Industriegesellschaft | APuZ 27/1970 | bpb.de

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APuZ 27/1970 Die Kritik an der modernen Industriegesellschaft

Die Kritik an der modernen Industriegesellschaft

Paul Kevenhörster

/ 79 Minuten zu lesen

Unbehagen an der „Gesellschaft im Überfluß" ist zu einer weitverbreiteten Erscheinung in modernen Industriegesellschaften geworden — Malaise des Spätkapitalismus für die einen, „Morgenröte einer postindustriellen Gesellschaft" für die anderen. Kritik an den Erscheinungsformen der Konsumgesellschaft ist ebenso selbstverständlich geworden wie Zweifel an der Funktionsfähigkeit und an den Über-lebenschancen marktwirtschaftlicher Wirtschaftssysteme. Genährt wird diese Skepsis von der Dynamik, der Leistungsorientierung und den Selektionsprinzipien der Industriegesellschaft mit ihren Entwicklungssymptomen: dem Wohlstandsgefälle in der größten Industrienation der Welt, den „Gettos der Armut" auch in anderen Gesellschaften, der Labilität und Störanfälligkeit moderner Wirtschaftssysteme, der Zusammenarbeit zwischen Staat und Privatindustrie, der Globalsteuerung der Wirtschaft durch staatliche Instanzen, den wachsenden Anforderungen an die Leistungsfähigkeit des Wirtschaftssystems, dem „Konsumterror" und dem „repressiven Herrschaftssystem", der Forderung nach Mitbestimmung und der Hoffnung auf eine große Synthese kapitalistischer und sozialistischer Wirtschaftssysteme.

So gleichförmig diese Entwicklungsperspektiven auch sein mögen, so kontrovers sind nach wie vor Diagnose und Therapie von Industrie-gesellschaften, auch wenn sich der ökonomische Horizont wirtschaftlicher Erwartungen mehr und mehr auszuweiten beginnt: Produktivitätswachstum, Rationalisierung, Automation und technischer Fortschritt signalisieren die Entwicklung zur nachindustriellen Gesellschaft, deren Pro-Kopf-Einkommen am Ende dieses Jahrhunderts doppelt so hoch sein kann wie in der Gegenwart Kennzeichen dieser Gesellschaft sind eine rapide Ausweitung des Dienstleistungssektors, das zunehmende Gewicht intellektueller Institutionen für eine expandierende Gesellschaft, aber auch eine wachsende Tendenz zu stärkerer Macht-zentralisation in der Gesellschaft, leistungsfähigeren Kommunikationstechniken und effizienten Kommando-und Kontrollsystemen Wird diese Entwicklung zum Absterben alter Ideologien führen und — wie Daniel Bell voraussagt — eine Metamorphose sozialisti-scher Philosophie in liberale Technokratie einleiten, deren Ziele Produktivität und wirtschaftliches Wachstum sind? Ist dieser technokratische Trend unvermeidlich? Von welchen Faktoren wird die politische Szene geprägt, die in den kommenden Jahrzehnten das Bild moderner Industriegesellschaften kennzeichnet? Schon jetzt zeichnet sich ein Trend ab, dessen bestimmende Merkmale eine immer weiter um sich greifende Forderung nach wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Planung und ein zunehmender Verlust humaner Zielkriterien sind. Neue Modellkonstruktionen futurologischer Planung entbehren jeden demokratischen Gehalts. Dennoch kann dieser technokratische Trend an seine Grenzen stoßen.

Der amerikanische Futurologe Hermann Kahn nennt folgende Charakteristika der zukünftigen Entwicklung in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft: Bewegung gegen den Nationalismus und seine militärischen und zivilen Symbole, eine allgemeine Reaktion gegen Wissenschaft und Technologie, gegen ökonomisches und administratives Leistungsdenken, eine Krise des Liberalismus, des Individualismus und des Rationalismus, Rebellion gegen die Apotheose wirtschaftlichen Wachstums, zugleich die Ablehnung jeglicher Autorität, die sich nur charismatisch oder traditional, nicht aber rational legitimieren kann, anarchische Tendenzen in der Reaktion auf bürokratische Entscheidungsstrukturen, die Entwicklung eines neuen Verhaltenskodexes und eines neuen Lebensstils, dessen charakteristische Merkmale eine an hohem Konsum orientierte bürgerliche Mentalität sowie unterschiedliche Formen des Neo-Zynismus, des Neo-Epikuräertums und des Neo-Stoizismus sein können.

Diese Prophetie ist widersprüchlich, zumal sich anarchische und revolutionäre Bewegungen nicht gerade wohlstandssteigernd auswirken. Ob sich mit dieser Entwicklung das Ende aller Ideologie ankündigt, scheint fraglich. Wahrscheinlich wird sich jedoch das Spektrum der politischen und sozialwissenschaftlichen Diskussion verlagern, die „zentrale politische Gegensatz-Achse" wird ihre Gewichte neu verteilen, das traditionelle Links-Rechts-Schema seine bisherige Bedeutung einbüßen. In den Mittel-und Oberschichten moderner Industrie-gesellschaften werden nach Ansicht von Kahn zwei Wertorientierungen vorherrschen, die man als „humanistische Linke" und „Verantwortliche Mitte" umschreiben kann

Während sich die meisten demokratischen Regierungen aus der „Verantwortlichen Mitte" rekrutieren, wird die entschiedenste Opposition in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft von der „Humanistischen Linken" bestimmt, aber auch von einer radikalen Variante des

Konservativismus. Diese Positionen setzen den Hebel an verschiedenen Stellen der Industriegesellschaft an — mit unterschiedlichen Zielrichtungen und unterschiedlichen Methoden: Will die humanistisch-radikale Linke ein Ende der Industriegesellschaft durch Revolution, sieht sich die „Verantwortliche Mitte" auf dem Wege zu einer technologisch und humanistisch orientierten Wohlstandsgesellschaft. Erstrebt die „Humanistische Linke" eine Zerstörung des Systems durch die Verwendung radikaler Konfrontationstaktik, so befürwortet die „Verantwortliche Mitte" eine Erneuerung des Systems ohne Interessenpolarisation. Revolution und Evolution kennzeichnen den normativen Bezugsrahmen dieser Strömungen, die trotz aller Unterschiede gemeinsam gegen bürokratische, militaristische und hierarchische Wertvorstellungen und Entscheidungsstrukturen Front machen.

Dieses Schema ist sicherlich stark vereinfacht; denn es kann das Spektrum unterschiedlich motivierter Pläne und Ideologien nicht erfassen, den Gehalt dieser Vorstellungen nicht ausschöpfen, nicht alle ökonomischen, politischen und sozialen Zielvorstellungen unter diese beiden Kategorien subsumieren. Ob die beiden Strömungen die wissenschaftliche und politische Diskussion der kommenden Dekaden ausschließlich bestimmen werden, mag fraglich sein. Wahrscheinlich ist jedenfalls, daß sie diese Kontroversen maßgeblich beeinflussen werden. Im Mittelpunkt dieser Diskussion stehen schon jetzt Legitimität und Funkt-tionsfähigkeit des Wirtschaftssystems in modernen Industriegesellschaften

Die Orientierungslinien zukünftiger Kritik am Wirtschafts-und Gesellschaftssystem hochindustrialisierter Staaten sind bereits vorgezeichnet, die theoretischen Ausgangspositionen liegen offen, die Bewertungsmaßstäbe, an denen Industriegesellschaften gemessen werden, ordnen sich verschiedenen Polen zu: „Humanistische Linke" und „Verantwortliche Mitte" werden daher nicht nur zu einem Agens des politischen Handelns, sondern bilden auch —• zumindest in Umrissen — Bewertungsrelationen von Wirtschaftssystemen. Aus wirtschaftswissenschaftlicher, soziologischer und philosophischer Sicht stellen sich die Entwicklungstendenzen, Zukunftsperspekti-ven, Steuerungs-und Stabilitätsprobleme hochindustrialisierter Wirtschaftssysteme unterschiedlich dar. Anhaltende Diskussionen um Reformen in der modernen Industriegesellschaft haben vor allem zwei Interpreten moderner ökonomischer Systeme hervorgerufen, deren Diagnose sich in manchen Punkten ähnelt, deren Therapie jedoch unterschiedliche Alternativen der Veränderung aufgezeigt hat: John Kenneth Galbraith und Herbert Marcuse. Verantwortliche Mitte und Humanistische Linke finden als Denkrichtungen bereits heute ihren Niederschlag in der Kritik von Galbraith und Marcuse an westlichen Industrie-gesellschaften. Dabei stehen drei Thesen im Vordergrund der Kritik:

1. die These der Konzentration wirtschaftlicher Macht, 2. die These der Manipulation des Konsum-verhaltens und 3. die These zwangsläufiger ökonomischer Entwicklungstendenzen im „Spätkapitalismus".

I. Entwicklungstendenzen der Wirtschaftssysteme

INHALT I. Entwicklungstendenzen der Wirtschaftssysteme 1. Ausschaltung des Wettbewerbs 2. Technologischer Determinismus II. Regulierung der Gesamtnachfrage — die Stabilisierungsfunktion der Regierung 1. Die Rolle des Staates in der Industriegesellschaft 2. Regulierungsmechanismen III. Das Verhalten der Wirtschaftssubjekte 1. Konsumentenmanipulation — das „Gesetz der umgekehrten Reihenfolge" 2. Motivation des Konsumentenverhaltens

IV. Zukunftsperspektiven der

1. Ökonomische Entwicklungsgesetze 2. Rad匸ٙ?

Die tiefgreifenden Änderungen der Wirtschaftsstruktur der Industriegesellschaften sind der Ausgangspunkt der von Galbraith und Marcuse entwickelten Thesen über den Wirtschaftsprozeß und die wirtschaftliche Entwicklung. Dabei werden die dominierenden Entwicklungslinien von folgenden Faktoren bestimmt

— der Notwendigkeit hoher Investitionen;

— der Trennung von Eigentum und Verfügungsmacht in den größeren Unternehmen; — -intensiver Planung der technischen Entwicklung, der Produktentwicklung und Grundlagenforschung;

— der Organisationsform industrieller Großunternehmen;

— der Oligopolbildung auf den Märkten;

— der engen Verzahnung von Staat und Wirtschaft.

Vor dem Hintergrund dieser Faktoren verzeichnet Galbraith eine starke Expansion derjenigen Wirtschaftszweige, die sich eine starke Beeinflussung des Konsumverhaltens zum Ziel gesetzt haben, einen Rückgang der Mitgliederzahlen der Gewerkschaften und vor allem eine wachsende Bedeutung hochentwikkelter Technologien. Den von großen Kapitalgesellschaften beeinflußten Teil der Wirtschaft nennt er das „Industriesystem"

Dieser Begriff scheint jedoch ebenso wie der Terminus „Industriegesellschaft" durch die Dynamik der Wirtschaftsstruktur überholt. Empirische Untersuchungen haben gezeigt, daß sich der Anteil der Dienstleistungen am Sozialprodukt seit dem 19. Jahrhundert ständig erhöht hat und daß der tertiäre Sektor auch in Zukunft gegenüber dem industriellen Sek-tor weiter vordringen wird Da die Produktivitätsfortschritte im Dienstleistungssektor wegen der geringeren Rationalisierungsmöglichkeiten weit hinter denen von Industrie-

und Landwirtschaft zurückbleiben, verschiebt sich die Beschäftigung zum tertiären Sektor hin, dessen Leistungen infolge des steigenden Lebensstandards verstärkt nachgefragt werden.

Gegenüber der vorindustriellen Epoche werden sich daher die Verhältnisse umkehren:

Nach dem Ergebnis einer Extrapolation werden im Jahre 2000 etwa 80 °/o der Beschäftigten im Dienstleistungssektor tätig sein Die Gesellschaft der Zukunft ist weniger „industriell"

als „tertiär" Die Theorie der industriellen Gesellschaft weist darauf hin, daß die Wirtschaftsgesellschaft der Gegenwart keineswegs so eindeutig ist, wie Galbraith meint.

Vor allem bleibt die Frage offen, ob der Industrialisierungsprozeß nur ein Verlaufs-muster kennt, aus dem sich wie aus einer nomologischen Theorie alle Entwicklungsstufen automatisch ableiten lassen Unbestritten scheint jedoch, daß gegenwärtig „das industrielle System zum Bestimmungs-und Bezugs-rahmen des Menschen schlechthin geworden ist"

Innerhalb der Unternehmen erfordern Spezialisierung und Technologie Gruppenentscheidungen kooperierender Spezialisten. Einzelne Unternehmer und Manager sind nicht mehr in der Lage, den Informationsfluß zu verarbeiten. Die Spezialistengruppen üben wirtschaftliche Macht aus und werden zum Partner des Staatsapparates, der sich nach ähnlichen Prinzipien organisiert. Vorrangige Ziele des Industrie-systems sind für Galbraith Selbsterhaltung und Sicherung der Autonomie, technologische Fortschritte und die Maximierung von Umsatz oder Produktion.

Aus diesen strukturellen Prämissen leitet Galbraith Thesen über ökonomische Prozesse ab: Technostruktur und Industriesystem kontrollieren im Interesse einer umfassenden Planung Preise und Mengen, schalten dadurch den Wettbewerb aus und manipulieren die Konsumnachfrage durch massive Werbung. Der Staat kontrolliert Preise und Löhne und reguliert die Gesamtnachfrage. Zwischen Industriesystem und Staat besteht ein Verhältnis wechselseitiger Abhängigkeit. 1. Ausschaltung des Wettbewerbs Mit zunehmendem Kapitaleinsatz wächst zugleich das Risiko, daß die Produktion den Verbraucherwünschen nicht gerecht wird. Die Planung der Produktion erfordert daher auf Seiten der Unternehmer zugleich eine Planung der Nachfrage. Unsicherheitsfaktoren auf den Beschaffungsund Absatzmärkten erschweren diese Planung „Wenn der Markt mit fortschreitender Technologie und der damit verbundenen Spezialisierung immer unsicherer wird, dann wird auch die industrielle Planung immer schwieriger, es sei denn, auch der Markt wird in den Bereich der Planung einbezogen. Ein guter Teil dessen, was die Firmen als Planung betrachten, besteht einfach darin, den Einfluß des Marktes zu verringern oder ganz auszuschalten." Auch das marktwirtschaftliche Wirtschaftssystem sei daher „im wesentlichen eine Planwirtschaft" geworden. Die Ausschaltung des Wettbewerbs beruhe auf folgenden Ursachen:

1. Unsicherheit auf den Beschaffungsmärkten werden durch vertikale Integration umgangen.

Großunternehmen gliedern sich ihre bisherigen Bezugsquellen ein. An die Stelle von Verhandlungen mit anderen Unternehmen treten nur begrenzt kontrollierbare interne Beschlüsse, da nur noch ein Transfer innerhalb einer Planungseinheit erforderlich ist.

2. Zwar wird die Funktion des Marktes nach außen aufrechterhalten. Aber das Marktgeschehen wird einer weitgehenden Kontrolle seitens der Großunternehmen unterworfen. Die Intensität dieser Kontrolle ist eine Funktion der Unternehmensgröße. Aufgrund des Größenwachstums der Unternehmen und der Tendenz horizontaler und vertikaler Integration verstärkt sich diese Kontrolle in zunehmendem Umfang: „So führen Firmengröße und geringe Anzahl der Konkurrenten zur Regulierung des Marktes."

3. Durch Abkommen zwischen Käufern und Verkäufern werden Preise und Mengen auf den Beschaffungsmärkten festgelegt, der Wettbewerb ausgeschaltet.

Diese Maßnahmen sind für Galbraith „vertraute Erscheinungsformen des Industriesystems" Die von der modernen Technologie gestellten Aufgaben kann der Kleinbetrieb nicht mehr lösen — wenn er jemals dazu in der Lage war. Technologie und Planung erzwingen nicht nur ein absolutes, sondern auch ein relatives Unternehmenswachstum, das heißt einen wachsenden Anteil eines Unternehmens am Produktionsvolumen der gesamten Branche. Nicht die Ideologie des Sozialismus, sondern die moderne Technologie ist der eigentliche Feind des Marktes.

Die Ausschaltung des Wettbewerbs gilt auch für den Kapitalmarkt. Hohe Rücklagen machen die Unternehmen auch in Zeiten allgemeiner Kapitalknappheit von den Kapitalgebern weitgehend unabhängig. Da der Kapitalbedarf bei anhaltendem technischen Fortschritt und raschem Unternehmenswachstum groß ist, Engpässe in der Kapitalbeschaffung aber leicht auftreten können, finanzieren sich die Großunternehmen über den Preis und legen sich entsprechende Rücklagenpolster zu: „Die Planung darüber, wieviel gespart werden soll, fällt hauptsächlich innerhalb weniger hundert großer Kapitalgesellschaften."

In den letzten Jahrzehnten ist die wirtschaftliche Macht immer mehr von den Kapitaleignern auf die Manager übergegangen. Hierin kommt eine Machtverschiebung innerhalb der Gesellschaft zum Ausdruck: Die Verlagerung wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Macht vom Kapital auf organisierte Intelligenz als denjenigen Produktionsfaktor, dessen Angebot am wenigsten elastisch ist. Oligopole sind in der Markstruktur des Industriesystems die Regel Politikern und Wirtschaftswissenschaftlern macht Galbraith zum Vorwurf, das Oligopolproblem zu ignorieren: „Der Konflikt zwischen der gesetzlichen Verdammung des Monopols und seine De-facto-Anerkennung in der leicht geschwächten Form des Oligopols ist sehr kraß."

Der Preismechanismus kann daher seine Lenkungsfunktion nicht mehr ausüben, sondern dient den Zielen des Industriesystems. Industrielle Planung beruht auf einer Kontrolle der Preise; diese kann den „Zufälligkeiten eines unkontrollierten Marktes" nicht ausgesetzt werden.

Im übrigen sind die Unternehmen an Preis-kämpfen desinteressiert, Preisstabilität (nach unten) ist eine Grundvoraussetzung industrieller Planung.

Wird die Kritik an der Wirtschaftsverfassung der Industriegesellschaft von Galbraith aus strukturellen Prämissen und mikro-wie makroökonomischen Entwicklungsverläufen abgeleitet, so ist Herbert Marcuses Kritik an marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystemen in eine totale Gesellschafts-und Kulturkritik eingebettet Die Reichweite gesellschaftlicher Herrschaft ist für Marcuse größer als jemals zuvor Auf der Grundlage eines Kulturpessimismus und Antitechnizismus — hier unterscheidet sich Marcuse bereits in der theoretischen Ausgangsposition deutlich von Galbraith — wird die globale Kritik an Industrie-gesellschaften zu einer Theorie der Gewalt in den Metropolen. Da sich die institutionalisierte Gewalt „in der monopolistischen Industriegesellschaft in noch nie dagewesenem Maße in der Herrschaft konzentriert, die das Ganze der Gesellschaft durchdringt" ist dieser Gewalt die „Gewalt der Befreiung" entgegenzusetzen, die sich als Motor der geschichtlichen Freiheit versteht. Das Widerstandsrecht unterdrückter Minderheiten schließt für Marcuse auch das Recht zur Anwendung außergesetzlicher Mittel ein. Dem entspricht der Grundsatz „parteiischer Toleranz": „Befreiende Toleranz" bedeutet „Intoleranz gegenüber Bewegungen von rechts und Duldung von Bewegungen von links." Die Verwirklichung dieser Toleranz erfordert Intoleranz gegenüber den herrschenden politischen Meinungen und Praktiken „Dazu würde gehören, daß Gruppen und Bewegungen die Rede-und Versammlungsfreiheit entzogen wird, die eine aggressive Politik, Aufrüstung, Chauvinismus und Diskriminierung aus rassischen und religiösen Gründen befürworten oder sich der Ausweitung öffentlicher Dienste, sozialer Sicherheit, medizinischer Fürsorge usw. widersetzen." Die liberale Funktion der Toleranz ist vor allem von denjenigen Änderungen in Industriegesellschaften beeinträchtigt worden, die den ökonomischen und politischen Liberalismus untergraben haben. Der Pluralismus als ökonomisches und soziales Organisationsprinzip bleibt eine Farce, Konflikte zwischen Kapital und Arbeit werden nicht ausgetragen Der Konsensus der Mehrheit mit den politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Mechanismen der Konfliktregelung beruht auf einem „falschen" Bewußtsein. Unterschiede zwischen privaten und gesellschaftlichen Bedürfnissen werden eingeebnet, der Produktionsapparat selbst wird totalitär.

Technologische Rationalität, Produktivitätsfortschritte und wirtschaftliches Wachstum werden zu politischer Rationalität: „Die Technik dient dazu, neue, wirksamere und angenehmere Formen sozialer Kontrolle und sozialen Zusammenhalts einzuführen. Die totalitäre Tendenz dieser Kontrollen scheint sich noch in einem anderen Sinne durchzusetzen — dadurch, daß sie sich auf die weniger entwikkelten, selbst vorindustriellen Gebiete der Welt ausbreitet, und dadurch, daß die Ähnlich-keiten in der Entwicklung von Kapitalismus und Kommunismus hervorbringt." Für Marcuse ist es daher gleichgültig, ob die Bedürfnisbefriedigung der Konsumenten in marktwirtschaftlichen Systemen oder in Zentralverwaltungswirtschaften erfolgt. Es bestehe kein Grund, die Verteilung von Gütern und Dienstleistungen dem Markt zu überlassen. Durch die wirtschaftliche Aktivität des Staates werde ohnehin der Wettbewerb zwischen den Industrieunternehmen beseitigt, die Großunternehmen selbst förderten diese Entwicklung durch ihr eigenes Verhalten Auch das ökonomische Verhalten sei Ausdruck eines falschen Bewußtseins, das den herrschenden technischen Apparat verkörpere.

Wettbewerb und Marktwirtschaft seien auch dadurch hinfällig geworden, daß die freie Konsumwahl ein Vorrecht derjenigen Gruppen sei, die die Kontrolle über den Produktionsprozeß ausübten: „Ihre Kontrolle entwirft den Lebenszuschnitt des Ganzen, und die sich daraus ergebende und versklavende Notwendigkeit ist das Resultat ihrer Freiheit." Die gesellschaftlichen Institutionen dienen verstärkter Planung, und die Opposition gegen zentrale Wirtschaftsplanung wird von Marcuse verdächtigt, „repressiven Ideologien zur ideologischen Stütze" zu dienen. Selbstbestimmung der Individuen setzt wirksame soziale Kontrolle über Produktion und Verteilung voraus. Wirksame Kontrolle wiederum heißt zentralisierte Kontrolle. Das gegenwärtige ökonomische System der Industriegesellschaft tendiere zu totaler Verwaltung und totaler Abhängigkeit und festige dadurch die „prästabilisierte Harmonie" zwischen Bürokratie, Großunternehmen und Bevölkerung Ob Galbraith’s und Marcuses Thesen von der Ausschaltung des Wettbewerbs durch staatliche und betriebliche Planung in der hier vorgetragenen Form haltbar sind, ist fraglich. Gegenüber diesen globalen Thesen müssen mehrere Einwände geltend gemacht werden: 1. Es wird nicht näher erläutert, auf welchem Wege Staat und Wirtschaft ihre Pläne so verfolgen, daß die individuellen Pläne der Wirtschaftssubjekte schließlich den Intentionen der Planungsinstanzen entsprechen. Auch die Vollbeschäftigungspolitik der Regierung löst dieses Problem nicht denn die Stabilisierung der volkswirtschaftlichen Gesamtnachfrage auf einem entsprechend hohen Niveau sichert noch nicht die Erfüllung aller Einzelpläne von Unternehmern und Konsumenten. Der Unterschied zwischen partiellem und totalem Gleichgewicht wird übersehen. Die Individualpläne wären nämlich nur dann simultan zu realisieren, wenn sie von Anfang an miteinander konsistent wären. Wegen der unterschiedlichen Planungsträger ist das aber nicht ohne weiteres zu erwarten. 2. Zwischen Planung und Marktpreismechanismus besteht kein Gegensatz; beide sind keineswegs — wie insbesondere Galbraith anzunehmen scheint — unvereinbar. Entziehen sich Absatz-und Beschaffungsmärkte dem direkten Einfluß der Unternehmer, so ist eine komplexe Beschaffungs-, Produktions-, Absatz-und Finanzierungsplanung zumindest ebenso erforderlich wie unter der Voraussetzung monopolistischer oder oligopolistischer Märkte Diese Planungsinstrumente sind gerade dann geboten, wenn die Konkurrenzsituation neue unternehmerische Initiativen wie beispielsweise bei der Einführung neuer Produkte und Produktionsverfahren anregt.

Auch die Wettbewerbswirtschaft benötigt unterschiedliche Verfahren staatlicher Planung: strukturökonomische Planung, ordoökonomi-sche Planung, makroökonomische und sozialökonomische Planung. Allerdings kommen für marktwirtschaftliche Wirtschaftssysteme nur Planungsmethoden in Frage, die marktkonform sind und den Preismechanismus nicht ausschalten. Ziel der Rahmenplanung ist insbesondere die Planung des institutionellen Rahmens der Marktwirtschaft unter Beachtung quantitativer Auswirkung auf Konjunktur und Struktur Schon der Begriff der Wirtschaft beinhaltet Planung. Wirtschaftsplanung ist daher keineswegs gleichbedeutend mit totaler Planung oder Planwirtschaft. Für John E. Elliot war es daher nicht schwer nachzuweisen, „wie eine kategorische Gleichsetzung von Planung und Planwirtschaft den Begriff der Wirtschaftsplanung in eine intellektuelle Zwangsjacke stecken kann" In der Marktwirtschaft werden die Wirtschaftspläne über Preise koordiniert. Das Risiko wirtschaftlicher Planung im Unternehmen wird zwar durch Einflußnahme auf Absatz-und Beschaffungsmächte verringert, aber nicht abgeschafft, wie Galbraith annimmt. Solange die Möglichkeit der Konsumwahl besteht, sind Planungsfehler — unabhängig vom Wirtschaftssystem — nicht auszuschalten. 3 Gerade wenn die unternehmerischen Entscheidungen in den großen Kapitalgesellschaften kollektiv von mehreren Personen formuliert werden, ist eine Konsistenz dieser Entscheidungen auf dem Wettbewerbsmarkt nicht von vornherein zu erwarten, da diese Kollektiventscheidungen auch irrationale Elemente enthalten 4. Im Gegensatz zur These von der wachstums-stimulierenden Wirkung monopolistischer Unternehmen spricht vieles dafür, daß vor allem ein funktionsfähiger Wettbewerb Innovationen aller Art fördert und den technischen Fortschritt vorantreibt. Umgekehrt: Es ist wahrscheinlich, daß ein hoher Monopolisierungsgrad den technischen Fortschritt verlangsamt und das wirtschaftliche Wachstum beeinträchtigt Weitere negative Folgen hoher Monopolisierungsgrade sind relativ hohe Preise aufgrund preisdiskriminierender Maßnahmen, Fehl-und Überinvestitionen sowie eine — gerade von Galbraith und Marcuse beklagte — weitgehende Güter-und Geschmacks-standardisierung. Hinzu kommt, daß die Annahme der Kostendegression bei wachsender Betriebsgröße nicht immer zutrifft daß auf Oligopolmärkten eine ruinöse Konkurrenz (cut — throat — competition) mit ihren negativen Konsequenzen für eine optimale Versorgung der Volkswirtschaft entstehen kann und daß es die Marktstellung den Großunternehmen erlaubt, den technischen Fortschritt zu vernachlässigen und die Konsumentensouveränität einzuschränken Es ist daher sicherlich kein Zufall, daß die osteuropäischen Staaten — wie Blair betont — um so eher marktwirtschaftliche Elemente in ihr Wirtschaftssystem einführen, je rascher der technische Fortschritt voranschreitet und je differenzierter sich die Konsumentenwünsche entwickeln. Dennoch bleibt ein Widerspruch: Galbraith und Schumpeter haben zu Recht darauf hingewiesen, daß der technische und wirtschaftliche Fortschritt in jenen Branchen besonders stark gewesen ist, in denen Großunternehmen dominieren Diese Tatsache räumt freilich die sonstigen negativen Folgen hoher Monopolisierungsgrade nicht aus dem Wege 5. Das Bild von der unumschränkten Monopolstellung der Großunternehmen ist überzeichnet Es beruht auf der traditionellen Marktformenlehre und übersieht, daß auch die Monopolstellung eines Unterehmens durch Substitutionskonkurrenz gefährdet ist. Zwar hat sich der industrielle Konzentrationsgrad im Verlauf der letzten Jahrzehnte kontinuierlich erhöht. So stieg der Anteil der hundert größten amerikanischen Unternehmen am industriellen Vermögen zwischen 1909 und 1958 von 17, 7% auf 29, 8 %. In der Bundesrepublik erhöhte sich der Anteil zwischen 1954 und 1960 von 33, 6 % auf 38, 8 0/0 Aus diesen Zahlen allein kann jedoch noch nicht auf eine Zunahme der horizontalen Konzentration geschlossen werden. Vielmehr scheint es, als ob der Grad horizontaler Konzentration in den Vereinigten Staaten seit 1930 in etwa konstant geblieben ist. In einigen Branchen hat er sich erhöht, in anderen dagegen verringert

Für die Wirtschaftspolitik kommt es darauf an, einen Wettbewerbsgrad zu sichern, der wirtschaftliches Wachstum und technischen Fortschritt fördert. Daher ist eine staatliche Monopol-und Fusionskontrolle erforderlich Zu erwägen ist auch eine Förderung gegengewichtiger Machtpositionen zum Ausgleich hoher Monopolisierungsgrade auf verschiedenen Märkten Nicht zu leugnen ist jedoch, daß dieses Konzept gegengewichtiger Marktmacht bei inflationistischen und deflationistischen Nachfragebedingungen eine unterschiedliche Durchschlagskraft besitzt. Es wird bei einem relativen Angebotsüberhang (Käufermarkt) wirksamer sein können als bei einem relativen Nachfrageüberhang (Verkäufermarkt).

Galbraiths und Marcuses Behauptung, in den rasch expandierenden Sektoren der Volkswirtschaft sei der Markt ausgeschaltet, überzeichnet die Realität. Diese Behauptung kann, wie F. S. McFadzean Galbraith entgegengehalten hat, „nicht einmal Anspruch darauf erheben, ein pädagogisches Instrument zu sein" Zudem muß bezweifelt werden, ob die Einschränkung des Wettbewerbs, die ohne Zweifel vielfach beobachtet werden kann, in erster Linie auf technologische Faktoren zurückzuführen ist. In einer kritischen Auseinandersetzung mit den Galbraithschen Konzentrationsthesen und dem ihnen zugrunde liegenden technologischen Determinismus hat Walter Adams darauf hingeweisen, daß industrielle Konzentration häufig keine unvermeidbare Folge ökonomischer und technischer Faktoren, sondern das Resultat unüberlegter, diskriminierender und privilegierender Regierungsmaßnahmen ist Das gilt beispielsweise für den militärisch-industriellen Komplex, für Großforschung und Entwicklung und nicht zuletzt für die Beibehaltung der internationalen Handels-schranken.

Galbraith und Marcuse übersehen, daß auch in industriellen Leistungsgesellschaften auf die Dauer nur ein funktionsfähiger Wettbewerb Fehlproduktionen und Fehlinvestitionen verhindern und eine optimale Abstimmung der Produktion mit der Nachfrage gewährleisten kann Das politische und wissenschaftliche Interesse sollte daher vor allem der Ermittlung des maximal zulässigen Monopolisierungsgrades in unterschiedlichen Sektoren gelten.

Konzentrationstendenzen können jedenfalls nicht mit der Begründung als unausweichlich hingestellt werden, nur Großunternehmen seien in der Lage, die für das wirtschaftliche Wachstum erforderlichen Forschungs-und Entwicklungsausgaben zu finanzieren. In den bisherigen Untersuchungen konnte auf der Ertragsseite von Forschung und Entwicklung keine so eindeutige Überlegenheit der Großunternehmen nachgewiesen werden wie auf der Aufwandsseite. Die Urheberschaft an unternehmenspolitisch relevanten Erfindungen entspricht vielfach nicht den großen finanziellen Anstrengungen. In mehreren Industrie-zweigen übertreffen mittelgroße Unternehmen die Großunternehmen derselben Branche auf dem Gebiet der technischen Entwicklung sogar absolut Rasches wirtschaftliches Wachstum wird durch eine hohe Wettbewerbsintensität gefördert; denn zwischen Wettbewerbsintensität und Wirtschaftswachstum besteht nach der Theorie des „Workable Competition" ein funktionaler Zusammenhang. Wären Unternehmenszusammenschlüsse und Kartelle die Voraussetzung für raschen technischen Fortschritt und hohes wirtschaftliches Wachstum, müßten Länder mit Mißbrauchsgesetzgebung, die Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen prinzipiell zulassen, höhere Wachstumsraten aufweisen als Länder mit Verbotsgesetzgebung. Empirische Untersuchungen der Zusammenhänge zwischen Wettbewerbsgesetzgebung und Wirtschaftswachstum bestätigen aber im Gegenteil eher die wachstumsstimulierende Wirkung einer Verbotsgesetzgebung Von Ländern mit Verbotsprinzip bis zu Ländern mit Mißbrauchsprinzip besteht ein deutliches Wachstumsgefälle; die Hypothese von der wachstumshemmenden Wirkung einer Verbotsgesetzgebung ist somit unhaltbar. Eine Korrelationsanalyse von unterschiedlichen Wettbewerbsgraden und Wachstumsraten in den Industrieländern bestätigt den engen Zusammenhang zwischen wirtschaftlichem Wachstum und der Intensität des Wettbewerbs. In der Stahl-industrie der Vereinigten Staaten und der Montanunion ist diese Abhängigkeit besonders offenkundig: Je höher die Wettbewerbs-intensität, um so größer die Wachstumsraten der effektiven Produktion, der Produktionskapazität und der Produktivität 2. Technologischer Determinismus Inhaber wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Macht sind nicht mehr wie zu Beginn der Industrialisierung die Einzelunternehmer, sondern die Leiter der Unternehmensorganisationen, die Manager Da Einzelpersonen nicht mehr über die für industrielle Entscheidungsprozesse erforderliche Informationsverarbeitungskapazität verfügen, wird die wirtschaftliche Macht in zunehmendem Umfang von spezialisierten Arbeitsgruppen ausgeübt. Erforderlich ist jedoch, daß diese Gruppen verantwortlich handeln, dennoch einen autonomen Entscheidungsbereich besitzen und über qualitativ ausreichende Informationen verfügen. Hervorstechende Aufgabe der Unternehmensführung ist die „richtige" Zusammensetzung der Gruppen. Die moderne Wirtschaftsgesellschaft kann man nur als „einen im ganzen erfolgreichen Versuch verstehen, auf dem Wege der Organisation eine künstliche Gruppenpersönlichkeit zu schaffen, die für ihre Zwecke einer natürlichen Person weit überlegen ist und zudem noch den Vorzug der Unsterblichkeit genießt" Diese Gruppen bezeichnet Galbraith als „richtungweisende Intelligenz" und nennt sie „Technostruktur"

Die Kapitalgesellschaften passen sich den Erfordernissen der Technostruktur an. Zur Sicherung ihrer eigenen Existenz bedarf die Technostruktur eigener Kapitalquellen: Uber die Selbstfinanzierung durch Gewinne und Abschreibungen macht sie sich von externen Kapitalgebern unabhängig; die Kompliziertheit technologischer Entscheidungen erschwert ohnehin eine Kontrolle durch Außenstehende. Die Technostruktur wird versuchen, alle Gefahren auszuschalten, die ihrer Autonomie vom Staat, von Kreditgebern, von den Aktionären und von einem Ausbleiben der Unternehmensgewinne drohen. Staatlichen Interventionen setzt sie sich daher zur Wehr, der Einfluß der Aktionäre wird reduziert. Hohe Rücklagen erschweren es den Banken, die Entscheidungen der Technostruktur zu beeinflussen. Eine minimale Unternehmensrentabilität wird durch Planung gesichert.

Mit wachsender Unternehmensgröße und zunehmender Unübersichtlichkeit und Kompliziertheit des Produktionsprozesses festigt die Technostruktur ihre Machtposition — in marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystemen wie in Zentralverwaltungswirtschaften. In der Dominanz der Technostruktur sieht Galbraith eine entscheidende Ursache der Konvergenz der Wirtschaftssysteme. Oberstes Ziel der Technostruktur wie jeder sozialen Gruppe ist die langfristige Sicherung der eigenen Existenz Wird ein minimaler Unternehmensgewinn erzielt, kann die Technostruktur ihre Ziele bestimmen und expandieren.

Da sich der Staat bemüht, den technischen Fortschritt zu fördern und die Gesamtnachfrage zu stabilisieren, werden die Ziele der Technostruktur auch die des Staates. Innerbetrieblich führt die Herrschaft der Technostruktur über Identifizierung und Adaption der Arbeitnehmer zu einer Entschärfung sozialer Konflikte und damit zu Einflußeinbußen der Gewerkschaften. Durch eine entsprechende Sozial-und Einkommenspolitik wird diese Identifizierung verstärkt über den sozialen Wert technologischer Veränderungen besteht ein weitgehender Konsens: „Dieser Vorgang hat heutzutage ungewöhnliche Erfolge zu verzeichnen. Vieles von dem, was man für sozial wichtig hält, ist eigentlich nur die Adaption sozialer Haltungen an den Zielkomplex der Technostruktur."

Während die Dominanz der Technostruktur von Galbraith als eine unausweichliche Folgeerscheinung moderner Industriegesellschaften interpretiert und im Prinzip befürwortet wird, sieht Herbert Marcuse in der technologischen Entwicklung eine Begleiterscheinung des Spätkapitalismus als eines repressiven Gesellschaftssystems. Obgleich Marcuse und Galbraith einen starken Einfluß der technologischen Entwicklung auf die gesellschaftliche Struktur in verschiedenen Wirtschaftssystemen — gemischten Wirtschaftssystemen, Zentralverwaltungswirtschaften und Marktwirtschaften — konstatieren und insofern übereinstimmen, unterscheiden sie sich doch durch ihren unterschiedlichen normativen Bezugsrahmen: „Verantwortliche Mitte" und „Humanistisch-Radikale Linke".

Marcuses Bewertung technologischer Entwicklungsverläufe in der modernen Industriegesellschaft läßt einen auf romantizistischen Gedankengängen beruhenden Antitechnizismus erkennen. Für ihn ist die Technik „aus der Unterdrückung geboren; noch die höchsten Errungenschaften der menschlichen Existenz bezeugen ihre Herkunft in der vergewaltigten Natur und in den verstumpften Menschenwesen" Die fortgeschrittene industrielle Zivilisation habe eine „komfortable, reibungslose, vernünftige, demokratische Unfreiheit" zur Folge. Als Alternative propagiert Marcuse eine nachindustrielle Kultur, deren spezifische Merkmale jedoch der vorindustriellen Epoche entlehnt sind. Antitechnische Affekte und Zivilisationsfeindlichkeit kommen hier zum Ausdruck, lassen eine Orientierung an Leitbildern der Vergangenheit erkennen und verraten zudem einen utopischen Romantizismus, der in dieser Form nur noch bei ultrakonservativen politischen Gruppen anzutreffen ist

Während Galbraiths immanente Kritik an den technologisch bedingten Erscheinungsformen moderner Industriegesellschaften die Grundstruktur dieser Gesellschaft selbst nicht in Frage stellt, ist Marcuses Kritik transzendent; sie will den Typ der Industriegesellschaft zu einem Gesellschaftstyp „höherer" Ordnung umformen. Dennoch sind bei der Erörterung von Auswirkungen technologischer Entwicklungsverläufe in Industriegesellschaften einige Parallelen nicht zu übersehen. Auch Marcuse sieht die Reichweite gesellschaftlicher Herrschaft über das Individuum aufgrund technisch bedingter Steigerungen der industriellen Leistungsfähigkeit und des allgemeinen Lebensstandards wachsen Der technische Fortschritt schmälere die Agitationsbasis oppositioneller Gruppen und ermögliche dadurch einen allgemeinen Niedergang des Pluralismus und eine Kaschierung der zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern bestehenden Gegensätze Da die Technik neue und wirksamere Formen sozialer Kontrolle schafft, wird der Produktionsapparat totalitär — in marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystemen wie in Zentralverwaltungswirtschaften: Technologische Rationalität wird zu politischer Rationalität Ein unabhängiges individuelles Verhalten ist unmöglich, eine politische und geistige Gleichschaltung die Folge. Der Produktionsapparat bestimmt selbst die wirtschaftlichen und politischen Erfordernisse seiner Verteidigung und Expansion. Dadurch aber bewegt sich technischer und sozialer Wandel im Rahmen bestehender Institutionen. Unmittelbarer Reflex dieser Erscheinung ist die technologische Orientierung der Wissenschaft. Der instrumen-talistische Charakter wissenschaftlicher Rationalität macht diese zu einer speziellen Form sozialer Kontrolle: „Die befreiende Kraft der Technologie — die Instrumentalisierung der Dinge — verkehrt sich in eine Fessel der Befreiung, sie wird zu einer Instrumentalisierung des Menschen." Statt dessen ist ein Über-gang zu einer „höheren Stufe der Zivilisation" erforderlich Technik soll der Befreiung menschlicher Bedürfnisse dienen, die Entfaltung der menschlichen Anlagen fördern und von allen partikularen Interessen befreien; auf welchem Wege dies konkret möglich sein soll, wird allerdings nicht näher erläutert. So bleibt auch die von Marcuse beschworene „Vollendung der technologischen Rationalität" — insbesondere, was ihre konkreten institutioneilen Formen anbelangt — letztlich im dunkeln. Ob dieses Dunkel aber die bereits in der Theorie von der Gewalt in den Metropolen angelegten totalitären Implikationen der Marcuseschen Therapie überhaupt verhüllen kann, muß fraglich erscheinen. Marcuse denkt in Totalbegriffen und entzieht seine Argumentation dadurch der Diskussion konkreter Alternativen. Auf Analyse wird verzichtet. Ästhetizismus verbindet sich mit Putschismus, und der Totalitätsbegriff zeichnet nur die Fassade des bestehenden Systems nach

Unabhängig hiervon erfordert das Bild, das Galbraith und Marcuse von den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen der modernen Technostruktur entwerfen, erhebliche Korrekturen. Gerade mehrere von Galbraith selbst angeführte Beispiele — so beispielsweise der Mißerfolg des Edsel-Modells der Ford Company — demonstrieren augenfällig, daß auch die Macht der Technostruktur über die Verbraucher begrenzt ist. „Es ist wirklich irreführend von Galbraith, in seiner Erklärung der Funktionsweise der modernen Volkswirtschaft die Verbraucherneigungen zu einer so wenig entscheidenden Rolle zu degradieren." Die These von der Dominanz der Technostruktur über Produzenten-und Konsumentenverhalten beruht auf der Prämisse, daß sich die Präferenzen der Konsumenten durch die Absatzpolitik der Unternehmen — insbesondere durch manipulative Werbemethoden — steuern lassen. Mit dieser Voraussetzung steht und fällt das gesamte Aussagensystem Ist das Konsumentenverhalten nämlich nicht in einem derartigen Umfang steuerbar, kann auch die Technostruktur nicht mehr als ein zuverlässiges Instrument ökonomischer Planung gelten. Können die Konsumentenbedürfnisse aber gelenkt werden, so ist noch keine Gewähr gegeben, daß die Technostruktur gerade jene Güter produziert, die in der Präferenzskala der Konsumenten den höchsten Stellenwert einnehmen. Denn in der Motivationsstruktur des Managements nimmt die Gewinnmaximierung nicht unbedingt den ersten Platz ein. Das Sicherheitsmotiv und das Streben nach einer maximalen Wachstumsrate des Gesamtunternehmens lassen zusammen mit einer entsprechend hohen Selbstfinanzierungsrate eher erwarten, daß Umsatz oder Produktion, nicht aber der Unternehmensgewinn maximiert wird — vielfach unter der Voraussetzung einer minimalen Unternehmensrentabilität oder einer minimalen Gewinnsumme Geht man von dieser unternehmerischen Ziel-funktion aus — die auch Galbraith unterstellt —, erscheinen jedoch gerade die heftig kritisierten Folgen der Unternehmens-und Betriebskonzentration in einem anderen Licht. Ein hoher Monopolisierungsgrad hat nämlich in der Regel ein Produktionsvolumen zur Folge, das wegen eines höheren Preis-und Gewinniveaus kleiner ist als bei einem funktionsfähigen Wettbewerb Wenn aber nun das Management von Großunternehmen auf monopolistischen Märkten eine maximale Wachstumsrate einer maximalen Rentabilität vorzieht, nähert sich das Produktionsvolumen dem Produktionsumfang unter Wettbewerbs-bedingungen. Gerade diese Auswirkung der hier unterstellten unternehmerischen Zielfunktion wird von Galbraith und Marcuse nicht gesehen. Entweder Gewinnmaximierung und hoher Monopolisierungsgrad — dann ein relativ geringes Produktionsvolumen, oder Umsatz-maximierung und hoher Monopolisierungsgrad — dann aber ein Produktionsvolumen, das demjenigen bei einem funktionsfähigen Wettbewerb vergleichbar ist. Galbraith und Marcuse dagegen gehen von den Prämissen der zweiten Alternative aus und versuchen damit, die Aussage der ersten Alternative zu stützen. Damit erscheint das gesamte Aussagensystem unter Berücksichtigung der unterstellten Verhaltensmaximen empirisch nicht gesichert.

Unbestritten ist jedoch, daß auch eine hohe Wachstumsrate des Unternehmens von hohen Unternehmensgewinnen abhängt, die für die Finanzierung zusätzlicher Investitionen erforderlich sind. Schon allein deshalb und auch aus Gründen der Selbstbehauptung gegenüber der Kontrolle durch die Kapitaleigner wird das Management der Großunternehmen eine bestimmte Unternehmensrentabilität zu behaupten suchen. Auch die Abwehr von, Newcomern'und von größeren Rivalen aus anderen Produktionszweigen, die in die eigene Branche eindringen wollen, legt eine derartige Unternehmenspolitik nahe. Entscheidend aber sind die Auswirkungen der beiden Hauptmotive des Managementverhaltens: Streben nach Sicherheit und Maximierung der Wachstumsrate. Auch die Unabhängigkeit der Technostruktur von externen Kapitalgebern aufgrund einer hohen Selbstfinanzierungsrate hat ihre Schattenseiten. Galbraith verschweigt die volkswirtschaftliche Problematik dieser Finanzierungsart: Da die Selbstfinanzierung den Kapitalmarkt als Quelle marktkonformer, durch den Zins selektiv regulierter Finanzierungen ausschaltet, ist eine Kapitalfehlleitung zu erwarten, die den „Keim der Kapitalverschwendung" (Röpke) in sich trägt. Die Unternehmer werden vom Marktzins unabhängig, das Investitionsverhalten wird von irrationalen Impulsen bestimmt, Investitionsrechnungen unterbleiben, Prestige-Investitionen nehmen zu. Der Kapitalmarkt trocknet aus, die Gründung neuer Unternehmen und die Einführung neuer Produktionsmethoden werden erschwert, Monopolbildungen erleichtert, die Konsumenten durch die überhöhten Preise expropriiert und zudem nicht an den durch die Selbstfinanzierung geschaffenen neuen Kapazitäten durch Eigentumsrechte beteiligt.

Aufgabe der Wettbewerbspolitik ist es daher, einen übermäßigen Selbstfinanzierungsgrad zu verhindern, die Voraussetzungen für eine arbeitsfähige Konkurrenz zu schaffen, die Monopolisierungsgrade zu begrenzen und den Markteintritt von Newcomern zu erleichtern Dadurch würden die funktionslosen Einkommen auf ein Minimum reduziert, die Produktionsfaktoren durch den Preismechanismus an die Stellen optimaler Verwendung gelenkt und der Wettbewerb könnte seine Funktionen — Beschleunigungsfunktion, Rückkoppelungsfunktion und Differenzierungsfunktion — wirkungsvoll ausüben

II. Regulierung der Gesamtnachfrage — die Stabilisierungsfunktion der Regierung

Die Rolle des Staates in der Industriegesellschaft Aufgabe des Staates im Industriesystem ist die Regulierung der Gesamtnachfrage, wenn Nachfrageschwankungen und Planungsunsicherheit vermieden werden sollen 1). Wird diese Aufgabe nicht wahrgenommen, ist der Bestand der Technostruktur gefährdet. Die Kaufkraft muß groß genug sein, um die vom Industriesystem hergestellten Güter zu den geplanten Preisen zu absorbieren. Unter der Voraussetzung, daß die Höhe der Steuereinnahmen im Vergleich zum Volkseinkommen und zum Budget groß genug ist, kann der Staat die Gesamtnachfrage mit Änderungen des Einkommensteuersatzes manipulieren. Die Regierung muß in der Lage sein, die kulturelle, strukturelle und quantitativ (d. h. durch eine unzureichende Gesamtnachfrage) bedingte, konjunkturelle Arbeitslosigkeit zu beseitigen. Der Staat hat daher im Industriesystem für eine qualifizierte Ausbildung der Arbeitskräfte Sorge zu tragen, die Gesamtnachfrage zu regeln, die Stabilität der Preise zu garantieren und Forschung und Entwicklung zu unterstützen.

Der Markt ist durch eine umfassende Planung zu ersetzen, denn „es gibt keinen natürlichen Verlaß auf den Markt" Erforderlich sei ein „Management der gezielten Nachfrage" das schon jetzt durch die Werbebranche und ein weitgespanntes Netz von Kommunikationsmitteln ermöglicht wird. Da die organisierte Wirtschaft über keinen Mechanismus zur Synchronisierung von Sparentscheidungen und Investitionsentscheidungen verfügt, kann nur der Staat die Gesamtnachfrage wirksam regulieren. Die Grenzen zwischen Staat und Wirtschaft sind für Galbraith fließend geworden: „Das Industriesystem ist tatsächlich untrennbar mit dem Staat verbunden. Der ausgereifte Betrieb stellt ganz eindeutig einen Arm des Staates dar. Und der Staat ist in vieler Hinsicht ein Instrument des Industriesystems." Diese aus der Interessenlage der Technostruktur und des Industriesystems hervorgegangene Symbiose von Politik und Wirtschaft ist auch Gegenstand radikaler Gesellschaftskritik. So beklagt Herbert Marcuse die „Industrialisierung" politischer Bedürfnisse: „Die politischen Bedürfnisse der Gesellschaft werden zu industriellen Bedürfnissen und Wünschen, ihre Befriedigung fördert das Geschäft und das Gemeinwohl, und das Ganze erscheint als die reine Verkörperung der Vernunft." überprüft man jedoch diese pauschale These der Identität wirtschaftlicher und politischer Interessen anhand empirischer Kategorien, so zeigt sich ein differenziertes Bild, das dem von Galbraith und Marcuse entworfenen nur teilweise entspricht. In der neueren Politikwissenschaft stoßen vor allem diejenigen theoretischen Ansätze auf methodische Kritik, die Regierungsinstitutionen ausschließlich als Objekte wirtschaftlicher Interessen und als Instrumente des Gruppenkonflikts interpretieren. So wird der Gruppentheorie, nach der sich erst aus dem Kampf der sozialen Gruppen ein Gleichgewicht herauskristallisiert von ihren Kritikern entgegengehalten, sie vernachlässige individuelle Ziele, technologische Trends und soziale Bewegungen und übersehe außerdem diejenigen Integrationsfaktoren, die die sozialen Gruppen auch bei der Verfolgung ihrer Interessen noch miteinander verbinden.

Auch die Stabilität eines Gruppengleichgewichts hängt von der Akzeptierung bestimmter Spielregeln ab Jede Gleichgewichtsannahme setzt voraus — das hat insbesondere die Kritik an der systemtheoretischen Betrachtung von Interessengruppen gezeigt —, daß sich die sozialen Gruppen an einen genau umrissenen Kodex politischer Konfliktregelung halten. Wenn aber die Funktionen organisierter Sozialinteressen nicht nur systemstabilisierend sind — so könnte man weiter folgern —, geht es nicht an, Regierungsfunktionen in der modernen Industriegesellschaft einseitig aus der Interessenlage der Technostruktur und des Industriesystems abzuleiten. Sozialempirische Analysen des Selbstverständnisses von Interessenverbänden haben zudem gezeigt, daß selbst zwischen Industrie-und Wirtschaftsverbänden erhebliche Unterschiede in der Rangfolge der als vorrangig bezeichneten Verbands-interessen bestehen

Bereits diese Gegenargumente machen deutlich, daß sich Generalisierungen über den Einfluß wirtschaftlicher Interessen auf die Regierung in modernen Industriegesellschaften nicht halten lassen, auch wenn die Konturen dieser Einflüsse nach wie vor „merkwürdig unscharf" bleiben.

So ist auch die Intensität unternehmerischer Einflüsse auf die Regierung kontrovers. Während eine theoretische Richtung, deren eigentlicher Motor C. Wright Mills war — der offensichtlich auch Galbraith und Marcuse nahestehen —, behauptet, in den letzten Dekaden sei in allen Industriegesellschaften, insbesondere aber in den Vereinigten Staaten, eine weitgehende Konzentration wirtschaftlicher, politischer und militärischer Macht zu beobachten gewesen wirft eine andere Richtung der ersten widersprüchliche Aussagen vor Zwar hätten die Zentralregierungen einen ab-soluten und relativen Machtzuwachs erlangen können, doch hätten sich die Zentren der wirtschaftlichen Einflußnahme auf die Regierung gegenüber dem 19. Jahrhundert vervielfacht. Das Aufkommen immer neuer Interessenverbände scheint dieser pluralistischen Richtung eher Recht zu geben als der elitären Interpretation, auch wenn ein komplexer Forschungsansatz zur Lösung dieses Problems noch nicht entwickelt worden ist

Versuche, reale Veränderungen in den Führungsgruppen moderner Industriegesellschaften im Sinne eines Zirkulationsmodells zu erklären (Technokraten, Funktionselite, Herrschaft der Manager), konnten bisher nicht überzeugen Macht ist in diesen Gesellschaften als Netzwerk organisiert. Wo Machtlosigkeit beginnt und wo legale und faktische Machtkonzentration ansetzt, ist kaum exakt abzugrenzen. Technologischer und ökonomischer Determinismus, wie er von Galbraith und Marcuse vertreten wird ist kein geeignetes Instrument zur Analyse von Macht-bildungsund Machtverlagerungsprozessen.

Daß die Vollbeschäftigungspolitik der Regierung auch den wirtschaftlichen Interessen gewinnmaximierender Unternehmer entspricht, kann nicht ernsthaft bestritten werden. Galbraith geht von der fragwürdigen Annahme aus, die gesamtwirtschaftliche Stabilisierungsfunktion der Regierung erfordere einen hohen durchschnittlichen Steuersatz. Es läßt sich jedoch zeigen, daß die zur Stabilisierung des Einkommensniveaus erforderlichen fiskalischen Maßnahmen keineswegs auf hohe Steuerquoten angewiesen sind.

Daher trifft es auch nicht zu, daß die Zunahme der Regierungsaktivität mit dem Ziel der Nachfragestabilisierung auf die Bildung der Technostruktur und die ihr zugrunde liegenden technologischen Veränderungen zurückzuführen ist. Eher sind die Vollbeschäftigungspolitik der Regierung und der hohe Stellenwert von Vollbeschäftigung und Wirtschaftswachs-tum in der ökonomischen Werthierarchie moderner Industriegesellschaften ein Reflex gewandelter politischer Machtverhältnisse: Eine an Wählererwartungen orientierte Wirtschaftspolitik demokratischer Regierungen kommt nicht umhin, den hohen Stellenwert in Rechnung zu stellen, den die Sicherung von Vollbeschäftigung und Preisstabilität bei der Beurteilung politischer Parteien durch die Wählerschaft einnimmt Diese Rückkoppelung der politischen Entscheidungsträger mit der Wählerschaft läßt das „Gesetz der antizipierten Reaktionen" wirksam werden: Die wirtschaftliche Stabilisierungsfunktion der Regierung ist eher eine unmittelbare Folge der Furcht politischer Entscheidungsträger vor Wahlniederlagen als eine Auswirkung der technologischen Entwicklung im Industriesystem. 2. Regulierungsmechanismen Funktionelles Gegenstück zur Arbeitslosigkeit ist die Lohn-Preis-Spirale Während Arbeitslosigkeit auf einen Mangel an effektiver Nachfrage zurückzuführen ist, beruht die Lohn-Preis-Spirale auf einer überhöhten Gesamtnachfrage. Sie wird dadurch in Gang gesetzt, daß Preiskontrollen im Industriesystem lediglich einen Schutz von Großunternehmen vor Preissenkungen bedeuten. Auf Preissteigerungen, die mit Lohnerhöhungen begründet werden, erstreckt sich diese Preiskontrolle dagegen nicht. Preissteigerungen werden eher hingenommen als Preissenkungen; die Preis-kontrolle der Großunternehmen kann Konzessionen ganzer Wirtschaftsbranchen gegenüber den Lohnforderungen der Gewerkschaften nicht verhindern.

Unter dieser Voraussetzung hat für Galbraith nur noch der Staat die Möglichkeit, Höchst-grenzen für Löhne und Preise festzusetzen und dadurch ein weiteres Ansteigen der Lohn-Preis-Spirale zu verhindern Als Richtschnur für die maximale Zuwachsrate der Lohn-und Gehaltstarife empfiehlt Galbraith — in Übereinstimmung mit zahlreichen Wirtschaftswissenschaftlern und Wirtschaftspolitikern — eine Orientierung an der allgemeinen Fortschrittsrate der Produktivität Diese Empfehlung beruht auf der Voraussetzung, daß die Höhe der Gesamtnachfrage Vollbeschäftigung garantiert und der Anteil des Staates am Bruttosozialprodukt hinreichend groß ist. Bei einem rapiden Nachfragewachstum treten außerhalb des Industriesystems Preissteigerungen auf und der Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte nimmt zu. Jetzt kann die Gesamtnachfrage nur noch durch eine Senkung der Staatsausgaben oder durch eine Erhöhung der Steuersätze gedrosselt werden.

Um eine langfristige Planung zu gewährleisten, ist die Einhaltung der vorgeschriebenen Preise vom Staat zu kontrollieren Das Festhalten der politischen Entscheidungsgremien an marktwirtschaftlichen Zielvorstellungen hat jedoch erhebliche Diskrepanzen zwischen wirtschaftspolitischen Leitbildern und wirtschaftspolitischer Praxis hervorgerufen und die Schaffung eines leistungsfähigen zentralen ökonomischen Kontrollsystems bisher verhindert. Daher steht von „von all den verschiedenen Adaptionen der staatlichen Politik an die Planung des Industriesystems die Kontrolle von Löhnen und Preisen auf den schwächsten Füßen"

Ein entscheidender Hebel zur gesamtwirtschaftlichen Nachfrageregulierung seitens des Staates ist für Galbraith der Verteidigungshaushalt, sofern der Anteil des Staates am Sozialprodukt erheblich ist. Diese Ausgaben-kategorie sei zugleich eine Garantie für die fortgeschrittene Technologie und für die Ermöglichung und Sicherung industrieller Planung auf Gebieten, in denen sonst technologische Fortschritte und industrielle Planung unmöglich wären. Verteidigungsausgaben seien daher auch politisch am wenigsten umstritten; Ausgabenkürzungen träfen erst an letzter Stelle — wenn überhaupt — den Verteidigungshaushalt. Mit diesen Argumenten spricht Galbraith der neomarxistischen These, nach der die Funktionsfähigkeit marktwirtschaftlicher Wirtschaftssysteme von der Höhe der Militärausgaben und ihrer stabilisierenden Wirkung auf den volkswirtschaftlichen Kreislauf abhängt, „einige Berechtigung“ zu. Das Gegenargument, das für militärische Ausgaben verwandte finanzielle Reservoir lasse sich bei Bedarf ohne weiteres auf den zivilen Bereich lenken, ist nach seiner Meinung nicht stichhaltig; denn die Verteidigungsausgaben seien stets der größte Budgetposten und für die gesamtwirtschaftlich notwendige Adaption staatlicher Ziele an die Technostruktur unbedingt erforderlich. Auch hier zeige sich, daß eine Trennung staatlicher und privatwirtschaftlicher Einflußsphären unter den heutigen Bedingungen imaginär sein müsse.

Diesen Behauptungen nicht unähnlich sind Marcuses Thesen zum politischen und wirtschaftlichen Effekt hoher Verteidigungsausgaben in der modernen Industriegesellschaft: „Die auf den fortgeschrittensten Gebieten der industriellen Zivilisation Gestalt annehmende Gesellschaft der totalen Mobilisierung verbindet in produktiver Einheit die Züge des Wohlfahrtsmit denen des Kriegsführungsstaates (Warfare State)" Charakteristische Merkmale dieser Symbiose von Wohlfahrts-und Militärstaat sind der starke Einfluß großer Konzerne, Konzentrationstendenzen in der Wirtschaft, die durch ein weltweites System militärischer Bündnisse ermöglicht werden, und die Anpassung der Wissenschaft an den Staat. Die den Industriegesellschaften immanenten Widersprüche bleiben daher un-ausgetragen. Großunternehmen sind auf das Militär angewiesen, das Militär wiederum verläßt sich auf die Konzerne: der circulus vitiosus einer Gesellschaft, die das Wachstum ihrer Bedürfnisse gleichzeitig perpetuiert, erweitert und eindämmt.

Aus dieser Kette von Argumenten verdienen zwei Thesen besondere Beachtung: die These von den zur Sicherung technologischer Fortschritte erforderlichen Lohn-und Preiskontrollen und die These von der stabilisierenden Wirkung der Verteidigungsausgaben. 1. Forderungen nach politischer Preisbildung müssen die Bedingungen und Auswirkungen staatlich fixierter Preise in Rechnung stellen Handelt es sich bei diesen Preisen um echte Taxen, die aufgrund staatlicher Festsetzung ständig über den konkurrenzwirtschaftlichen Preisen liegen, so wird bei einem normalen Verhalten von Produzenten und Konsumenten das Angebot an Gütern auf die Dauer zu groß, die Nachfrage zu klein sein. Die gegenwärtige Situation der Agrarmärkte mit staatlich garantierten Mindestpreisen ist ein anschauliches Beispiel für diesen Zusammenhang. Die so entstandene Diskrepanz zwischen Angebot und Nachfrage läßt sich in der Regel nur durch weitere Interventionen beseitigen, beispielsweise durch Investitionsverbote, Anbaubeschränkungen, Verwendungszwang für die Nachfrage etc.

Wenn der staatlich fixierte Preis dagegen ein Höchstpreis, die Taxe also niedriger als der durch den Markt festgesetzte Normalpreis ist, muß mit einem Nachfrageüberhang gerechnet werden-, das Angebot wird wegen der durch das niedrige Preisniveau bedingten Zurückhaltung der Produzenten zu klein sein. Diejenigen Hersteller dagegen, die auch weiterhin die nun der Höchstpreisfixierung unterworfenen Güter produzieren, werden die Preisminderung durch Qualitätsverschlechterung zu kompensieren suchen. Wirtschaftspolitische Konsequenzen dieses Verhaltens sind Qualitätsvorschriften für die Produktion und zusätzliche Mengenregulierungen: Subventionierung der Produktion und Angebotszwang einerseits, Rationierung der Nachfrage andererseits. Nur bei intensiven staatlichen Kontrollen, die einen entsprechenden bürokratischen Apparat erfordern und das Budget und damit auch die Steuerzahler belasten, wäre überhaupt sichergestellt, daß diese Vorschriften formal eingehalten werden. Wahrscheinlicher ist dagegen die Bildung schwarzer Märkte, die sich dem staatlichen Zugriff ganz entziehen. Als Alternative gegenüber dieser direkten politi-sehen Preisbildung kommen daher nur solche Maßnahmen der indirekten politischen Preisbildung in Betracht, die den Marktmechanismus selbst nicht antasten, gleichgewichtslose Märkte und Konstruktionsfehler des Wettbewerbs aber beseitigen. Ähnliche Bedenken gelten gegenüber staatlichen Lohnkontrollen. Zwar ist die Preisbildung auf dem Arbeitsmarkt, der die Markt-form des bilateralen Monopols aufweist, indeterminiert. Ob es aber schon deswegen zweckmäßig ist, die Lohnpreisbildung aus dem Zuständigkeitsbereich der Sozialpartner zu lösen und die Tarifautonomie einzuschränken, ist mehr als fragwürdig.

Zudem stellt sich das Problem, an welchen Maßstäben sich die staatliche Lohnpreisbildung orientieren soll. Der auch von Galbraith unterstützte Vorschlag, die Lohnsteigerungen an die Entwicklung der Arbeitsproduktivität zu koppeln, stößt auf zwei Hindernisse. Einmal ist das Zurechnungsproblem unlösbar, da das Gewicht der einzelnen Produktionsfaktoren bei der Vergrößerung der Produktivität nicht exakt zu ermitteln ist zum anderen würde eine Orientierung der Lohnpolitik am Produktivitätsfortschritt eine bereits bestehende Einkommensverteilung nicht wesentlich verändern, sondern langfristig zementieren.

Auch die Diskussion um Lohn-Leitlinien in der Bundesrepublik veranschaulicht dieses Dilemma. Zwar besteht die Gefahr, daß sich die Lohnverhandlungen der Tarifpartner aufgrund der Lohn-Preis-Spirale nachteilig auf die Preisstabilität auswirken. Deshalb wurde im Jahresgutachten 1964/65 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung eine kostenniveauneutrale Lohn-politik gefordert, die die durchschnittliche Steigerung der Lohnsätze an die durchschnittliche Erhöhung der Arbeitsproduktivität binden soll Diesem Vorschlag ist entgegengehalten worden, daß zwischen der Entwicklung der Preisstruktur und der Produktivitätsentwicklung kein enger Zusammenhang bestehen muß. Eine am Produktivitätswachstum orientierte Lohn-Leitlinie kann das Preisniveau nicht stabilisieren, wenn Wirtschaftszweige mit überdurchschnittlichem Produktivitätsfortschritt die Preise nicht senken und Branchen mit nur durchschnittlicher Produktivitätszunahme die Preise erhöhen.

Lohn-Leitlinien können ohnehin nur den Maßstab für jene Wirtschaftsbereiche bilden, die sich im Gleichgewicht befinden. In Branchen mit schrumpfendem Absatz oder Arbeitskräfteeinsparungen infolge technischen Fortschritts sollen die Löhne langsamer steigen, damit Arbeitskräfte für andere Wirtschaftszweige freigesetzt werden. Anderenfalls würde ein Beschäftigungsstand aufrechterhalten, der das Wachstum der gesamtwirtschaftlichen Produktivität und damit auch der Reallöhne beeinträchtigt Die rein kostentheoretische Begründung der Lohn-Leitlinie läßt außer Acht, daß das Preisniveau nicht von der Kostenseite, sondern von der Höhe der monetären Gesamtnachfrage bestimmt wird Die Lohn-Leitlinien erfassen aber nur einen Teil der Gesamtausgaben auf der Nachfrageseite, nämlich den Konsum der Arbeitnehmer.

Da es in jeder konjunkturellen Situation bestimmte Lohnsätze gibt, zu denen Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt herrscht, ist es nicht möglich, diese Gleichgewichts-Lohnsätze langfristig zu berechnen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird der nach einer Lohn-Leitlinie festgesetzte Lohnsatz vom Gleichgewichts-Lohnsatz abweichen. Wegen der zahlreichen Faktoren, die den Gleichgewichts-Lohnsatz bestimmen, wäre es schon ein Zufall, wenn die Lohn-Leitlinie diesen Lohnsatz treffen würde.

Ist das nicht der Fall — und diese Alternative ist die wahrscheinlichere —, müssen sich der Beschäftigungsgrad oder das Preisniveau (und damit das Reallohnniveau) dem ungleichgewichtigen Lohnsatz anpassen. Auch die Lohn-politik muß im Zusammenhang aller wirtschaftspolitischen Ziele gesehen werden.

Außerdem bestehen erhebliche Zweifel, ob die Sozialpartner ihr Verhalten in einer so entscheidenden Frage an einer Lohn-Leitlinie zu orientieren bereit sind, die auf mittelfristigen Prognosen der Produktivitätsentwicklung beruht. Stehen sie diesen prognostischen Orientierungsdaten skeptisch gegenüber, bestünde immer noch die Möglichkeit, den Trend der letzten Jahre als Indikator zu wählen. Diese Formel aber wäre zu wenig flexibel und könnte zukünftige Trendänderungen nicht rechtzeitig erfassen Nur bei einem hohen Maß an Vertrauen in die Richtigkeit einer am Trend orientierten Lohn-Leitlinie wäre eine kostenniveauneutrale Lohnpolitik durchzusetzen. 2. Nicht zu bestreiten ist, daß auch die Verteidigungsausgaben die Vollbeschäftigung sichern oder auch zur Überbeschäftigung führen. Daraus ist aber noch nicht zu folgern, daß Vollbeschäftigung, Wirtschaftswachstum und technischer Fortschritt auf einen großen Verteidigungshaushalt angewiesen sind. Ebenso möglich wäre es der Regierung — und es würde ihr Nicht zu bestreiten ist, daß auch die Verteidigungsausgaben die Vollbeschäftigung sichern oder auch zur Überbeschäftigung führen. Daraus ist aber noch nicht zu folgern, daß Vollbeschäftigung, Wirtschaftswachstum und technischer Fortschritt auf einen großen Verteidigungshaushalt angewiesen sind. Ebenso möglich wäre es der Regierung — und es würde ihr mit hoher Wahrscheinlichkeit neue Wählerschichten zuführen —, die für Verteidigungslasten aufgewandten finanziellen Mittel im Sozial-oder Verkehrsetat einzusetzen. Zumindest im Verkehrssektor, sicherlich aber auch im Energiesektor, könnte die Regierung außerdem den technologischen Fortschritt fördern und durchsetzen. Kumulative Effekte für das wirtschaftliche Wachstum lassen sich bei einer sehr unterschiedlichen Struktur der öffentlichen Ausgaben erzielen. Für den volkswirtschaftlichen Kreislauf ist lediglich entscheidend, ob diese Ausgaben konsumtiv oder investiv verwendet werden 30). Der gegenwärtige militärisch-industrielle Komplex ist keine conditio sine gua non für den wirtschaftlichen und technologischen Fortschritt 31).

III. Das Verhalten der Wirtschaftssubjekte

1. Konsumentenmanipulation — das „Gesetz der umgekehrten Reihenfolge"

Im „Zeitalter des Massenkonsums" 1) ist die Konsumentensouveränität umstrittener als jemals zuvor. Steigendes Masseneinkommen und zunehmende Freizeit haben das wissen-schaftliche Interesse auch auf die Bestimmungsfaktoren des Konsumverhaltens gelenkt. In dem Umfang, wie konventionelle Leitbilder den Blick auf diese Zusammenhänge verstellen, hat sich unter Wirtschafts-und Sozialwissenschaftlern unterschiedlichster Schattierungen die Auffassung verbreitet, auch das Konsumverhalten folge der „Zwangsgesetzlichkeit der industriellen Gesellschaft" 2). Die technisch hoch entwickelte Industriegesellschaft stelle nicht nur mehr Konsumgüter zur Verfügung, sondern produziere auch „vorgenormte und durchregulierte Verhaltenswei-sen, damit auch ganze Motivlagen einschließlich der dazugehörigen Meinungen, Werturteile und Gesinnungen" Diese Auffassung kann zunächst überraschen, da die Wirtschaft im Zeitalter des Massenverbrauchs zunehmend vom Konsumenten abhängig ist. „Käufermärkte" zeigen offensichtlich eine souveräne Stellung des Verbrauchers an. Dennoch scheint die Konsumfreiheit als eines der am wenigsten umstrittenen Freiheitsrechte, das für viele eine Frage von „geradezu existentieller Bedeutung" ist, auf dem Rückzug, die Souveränität des Verbrauchers aufgehoben.

An die Stelle des von der traditionellen Wirtschaftswissenschaft unterstellten „anerkannten Ablaufs", demzufolge die Konsumenten das Marktgeschehen bestimmen, ist für Galbraith der „revidierte Ablauf" getreten: Die Industrieunternehmen bestimmen mit massiven Werbemaßnahmen die Bedürfnisse der Verbraucher und deren Marktverhalten. Diese Nachfragekontrolle dient den Zielen der „Technostruktur"; die Konsumenten sollen kaufen, was produziert wird. Werbemaßnahmen formen einen Kundenstamm und sichern den Markt gegen etwaige Schwankungen des Massenverbrauchs ab Durch ein breit gestreutes Produktionsprogramm wird diese Absatzpolitik produktionstechnisch aufgefangen; das Verlustrisiko läßt sich auf diese Weise minimieren. „Es stimmt, daß der Verbraucher vielleicht immer noch glaubt, sich entsprechend seiner Auffassung über die Befriedigung seiner Wünsche zu verhalten. Doch die Annahme ist oberflächlich und ungenau; sie ist das Ergebnis der mit dem Management seiner Bedürfnisse geschaffenen Illusionen."

Das Konsumverhalten wird vom „Management der gezielten Nachfrage" gesteuert, unterstützt von einem weitgespannten Netz von Kommunikationsmitteln, Verkaufsorganisationen und Werbeagenturen. Die Werbung bestimmt die Aufteilung der Nachfrage auf die einzelnen Produkte und sorgt gleichzeitig für eine hohe allgemeine Konsumquote. Damit übt sie eine wichtige gesellschaftliche Funktion aus: sie stabilisiert Verhaltensweisen, von denen die Funktionsfähigkeit des Industrie-systems abhängt. Mit der Werbung gelingt es der modernen Technologie, sich von den Unsicherheiten des Marktes zu befreien. Ähnlich urteilt Herbert Marcuse: Für ihn hat die wissenschaftliche Unterwerfung der Natur zur wissenschaftlichen Unterwerfung des Menschen geführt Die fortgeschrittene Industriegesellschaft unterdrückt diejenigen Bedürfnisse, „die nach Befreiung verlangen" Durch die Erziehung und den Einfluß der Massenmedien werden die individuellen ökonomischen Verhaltensweisen präformiert und die sozialen Kontrollmechanismen in zunehmendem Umfang zentralisiert. Widerspruch gegen die technologischen Kontrollen der Industriegesellschaft erscheint irrational. Massenproduktion und -distribution haben Introjektionsprozesse ausgelöst, die zu fast mechanischen Reaktionen der Individuen führen. Reklame — zunächst Instrument der Indoktrination — wird zum Lebensstil: „So entsteht ein Muster eindimensionalen Denkens und Verhaltens, worin Ideen, Bestrebungen und Ziele, die ihrem Inhalt nach das bestehende Universum von Sprache und Handeln transzendieren, entweder abgewehrt oder zu Begriffen dieses Universums herabgesetzt werden. Sie werden neubestimmt von der Rationalität des gegebenen Systems und seiner quantitativen Ausweitung."

Diese Behauptung wird zu einer gesellschaftlichen Totalitarismusthese ausgeweitet: Aufgrund der Eigendynamik der Massenkommunikation und Propaganda bestimmt das eindimensionale Denken das gesamte gesellschaftliche Verhalten bis hin zu den Ausdrucksformen der Sprache, deren Symbole als ein Reflex sozialer und ökonomischer Kontrollmechanismen verstanden werden. Leistungsfähigkeit und Produktivität, der Wirtschaft können diese Machtverhältnisse nur notdürftig kaschieren die Produktivität selbst ist „repressiv", sie dient der Befriedigung „falscher Bedürfnisse" An die Stelle dieser Manipulation soll eine qualitative Neubestimmung der Bedürfnisse treten, ermöglicht durch die Abschaffung der Massendemokratie, die einer Erziehungsdiktatur weichen soll. — Eine kritische Diskussion dieser Thesen muß zwangsläufig bei den Aussagen zur Motivation des Konsumentenverhaltens ansetzen. 2. Motivation des Konsumentenverhaltens Die gegenwärtige Diskussion des Konsumentenverhaltens in der modernen Wirtschaftsgesellschaft wird von zwei Extrempositionen aus geführt: einem resignierenden Zivilisationspessimismus und einer naiven Fortschrittsgläubigkeit Dabei geht die pessimistische, konsumkritische Richtung von David Riesmans Darstellung des „außengeleiteten Menschen" als eines extrovertierten, materialistisch gesinnten Kosumententyps aus, dessen konformistische Haltung beklagt wird. Offen für alle Suggestionen der Werbung, erscheint der außengeleitete Mensch als Objekt der verschiedensten Manipulationen, insbesondere aber der Werbung Hier werden, wie Reinhard Bendix gezeigt hat soziale Zusammenhänge personifiziert und verallgemeinert: Dem Persönlichkeitsideal des 19. Jahrhunderts folgt die massive Kritik am Persönlichkeitsmangel des in wirtschaftlichen Großorganisationen beschäftigten und von außen gelenkten Menschen.

Von den Konsumkritikern wird der info Jahrhunderts folgt die massive Kritik am Persönlichkeitsmangel des in wirtschaftlichen Großorganisationen beschäftigten und von außen gelenkten Menschen.

Von den Konsumkritikern wird der informative Charakter der Werbung in Frage gestellt, der manipulative Charakter dagegen in den Vordergrund gerückt: „Uber die Hintertreppe der Tiefenpsychologie" 17) kann die Wirtschaftswerbung diese Wirkung entfalten — Symptom einer weitgehenden Schmälerung, wenn nicht Beseitigung der Konsumfreiheit in der modernen Industriegesellschaft.

Insgesamt ist die Gruppe der Konsumkritiker sehr heterogen — eine Tatsache, die sicherlich auch darauf zurückzuführen ist, daß die Zahl kritischer Beiträge zur Konsumfreiheit stetig wächst und eine prinzipiell skeptische Haltung gegenüber der Konsumentensouveränität zu einer modischen, intellektuellen Attitüde geworden ist. Theodor Litt meint, daß sich dieses Themas „mit besonderem Eifer diejenigen bemächtigt (haben), die darauf aus sind, in der Behandlung von zeitgemäßen" Gegenständen das Licht ihres Geistes in allen Farben funkeln zu lassen . . . Snobistische Wichtigtuerei und feuilletonistische Geschwätzigkeit machen sich in seiner Erörterung in ärgerlicher Weise breit." 18) Konsumkritik wird — so Habermas — „eigens zum Konsumieren" 19) artikuliert — als Ausdruck eines generellen Unbehagens an der Leistungsgesellschaft, als Symptom eines weitverbreiteten Krisenbewußtseins und als Untersuchungsobjekt der „Enthüllungsliteratur"

So haben die Anti-Kritiker den stereotypen Charakter der Konsumkritik bemängelt und den neueren Konsumstil eher positiv bewertet In dieser Antikritik spiegelt sich ein Wandel der Leistungsund Orientierungsmaßstäbe: Die Produktionstätigkeit rückt als Maßstab in den Hintergrund, an ihre Stelle tritt der Konsum, der seinen Höhepunkt als Symbol gesellschaftlicher Bewertung erreicht Es ist daher nicht verwunderlich, daß auch die Antikritik überwiegend am ökonomisch-materiellen Maßstab ausgerichtet ist, da sie die jeweilige Wirtschaftsordnung vorwiegend an der Steigerung des Lebenstandards mißt und auf die Fähigkeit des Konsumenten vertraut, seine Souveränität gegenüber externen Einflüssen zu behaupten.

Dem entspricht, daß die Werbung in der neoklassischen Wirtschaftstheorie nur ein Schattendasein führte Bei vollständiger Konkurrenz auf allen Märkten, homogenen Gütern, hohem Informationsgrad und rationalem Verhalten der Wirtschaftssubjekte war der Einflußspielraum für Werbemaßnahmen äußerst gering. In dem Umfang, wie die Realitätsferne dieser Voraussetzungen erkannt und die Aufmerksamkeit auf die Marktprobleme heterogener Güter gelenkt wurde erwachte auch das Interesse an den volkswirtschaftlichen Problemen der Werbung und an den Argumenten der Konsumkritik.

Die Apologie des steigenden Lebensstandards versperrte jedoch manchen Antikritikern den Blick auf die Motive des Konsumverhaltens, ohne deren Beurteilung Konsumkritik und Antikritik nicht begründet werden können, und auf kreislauftheoretische Zusammenhänge: Würde eine Beseitigung oder Einschränkung der Werbung — so könnte man fragen — nicht einen Nachfrageausfall und damit Arbeitslosigkeit herbeiführen, es sei denn, der Staat kompensiere diesen Nachfrageausfall mit größerem öffentlichen Konsum oder höheren Rüstungsausgaben — eine Konsequenz, die den Konsumkritikern wohl kaum attraktiv erscheinen würde? Anhänger pauschaler Konsumkritik wie Marcuse oder Galbraith befinden sich hier offensichtlich in einem logischen Dilemma: Entweder wird die Konsumgüter-nachfrage auch bei einer drastischen Einschränkung der Werbung weiter steigen — dann aber ist die These von der Manipulation des Konsums durch die Werbung fragwürdig, oder der Nachfrageausfall seitens der Konsumenten wird vom Staat ausgeglichen — dann aber muß mit den bereits erwähnten Folgen gerechnet werden. Selbst wenn die Regierung zusätzliche Gelder investiv und nicht konsumtiv verwendet, können Prestigeinvestitionen durchgeführt werden, die nur einen sehr geringen Kapazitätseffekt für die Produktion aufweisen.

Entgegen den Aussagen der Keynesschen Konsumtheorie ist die langfristige Konsumquote bisher nicht gesunken, sondern konstant geblieben. Bei gleichmäßig steigendem Einkommen aller Wirtschaftssubjekte blieb die Sparquote unverändert. Eine Veränderung der individuellen Sparquote wird nur durch eine relative Einkommensveränderung eines Wirtschaftssubjektes in der Einkommenspyramide ausgelöst Wegen der Auswirkungen des sozialen Wettbewerbs auf das Konsumverhalten bleibt die Konsumquote bei Einkommenssteigerungen unverändert. Dieser Wettbewerb aber wird durch die Werbung angestachelt; bei wachsendem Einkommen werden neue Bedürfnisse geweckt. Eine wichtige kreislauftheore-tische Funktion der Werbung kann daher in der Verhinderung einer Stagnationskrise gesehen werden Solange die wirtschaftliche Entwicklung Innovationsimpulse auf dem Konsumgütermarkt verzeichnet, kann die Werbung das gesamtwirtschaftliche Wachstum von der Nachfrageseite aus forcieren.

Weitere Einwände ergeben sich aus der neueren Theorie des Konsumentenverhaltens, die von den Machtpositionen und Wettbewerbs-beschränkungen in marktwirtschaftlichen Wirtschaftssystemen ausgeht. Daß der Werbung eine wichtige Rolle bei der Bedarfsweckung in der modernen Wirtschaft zukommt, wird nicht bezweifelt; ob aber bereits die bloße Existenz der Werbung das Prinzip der Konsumenten-souveränität ad absurdum führt, ist zweifelhaft So ist für Rene König „die Behauptung durchaus empirisch widerlegt, daß der Mensch ein passives Opfer der Reklame sei. Im Gegenteil: der Konsument weiß sehr wohl auszuwählen .. Findet diese Auffassung eine Stütze in der empirischen Konsumforschung?

Auch Konsumentenentscheidungen sind als Wahlhandlungen zu verstehen, die sich aufgrund weitgehender Habitualisierung und Stereotypisierung unter Berücksichtigung unterschiedlicher Grade der Entscheidungsintensität in vier größere Gruppen aufteilen lassen 1, Dezentrierte Reaktionen bei denen nichts Besonderes auf dem Spiele steht und die daher gleichsam im Vorübergehen wahrgenommen werden. Dieses Verhalten ist besonders häufig bei einem hohen subjektiven Homogenitätsgrad der Güter festzustellen. Halten die Konsumenten eine Differenzierung der Güter für belanglos, stößt die Produktdifferenzierung der Produzenten auf unüberwindbare Hindernisse. 2. Überformungen, bei denen die Entscheidung von bestimmten, vorgefaßten Wertorientierungen und der eigenen Selbsteinschätzung geformt wird. Auch hier ist die Entscheidungsintensität gering, da sich der Konsument nicht immer wieder von neuem mit der eigenen Lebensauffassung kritisch auseinandersetzt und überkommene Attitüden vielfach gar nicht erst anzweifelt. Zu dieser Gruppe zählen auch viele Verhaltensnormen, die durch den sozialen Status oder die soziale Rolle bedingt sind. 3. Impulsive Regulationen, die von der jeweiligen Entscheidungssituation abhängen und sich in der Regel in affektartigen, unkontrollierten Reaktionen äußern. Diese Verhaltensweise wird vielfach als typisch für das gesamte Konsumentenverhalten angesehen. Dagegen hat George Katona in einer Reihe von Untersuchungen des Survey Research Center der Universität Michigan nachgewiesen, daß Impulsivkäufe im gesamten Konsumentenverhalten eine weit schwächere Rolle spielen, als vielfach angenommen wird 4. Echte Entscheidungen ersten Ranges, die als Grundsatzfragen durch eine hohe Entscheidungsintensität gekennzeichnet sind. Nur in wenigen Fällen dürften Konsumentscheidungen allerdings dieser Gruppe im engeren Sinne zuzurechnen sein. Ist jedoch der Kostenaufwand des zur Entscheidung anstehenden Konsumproblems beträchtlich, läßt sich auch diese Wahlhandlung als eine Entscheidung ersten Ranges interpretieren wobei die Entscheidungsintensität mit der Ausgabenhöhe verknüpft und dadurch meßbar gemacht wird.

Da nicht alle Wahlhandlungen entscheidungsintensiv sein können, bildet sich ein Routine-verhalten heraus, das der Ökonomie der Entscheidungssituation Rechnung trägt. Dieses Routineverhalten wird sich jedoch in der Regel, wenn es stabil sein soll, die Konsequenzen unterschiedlicher Handlungsalternativen vergegenwärtigen. Dadurch wird es aber tendenziell zu rationalem Verhalten und nicht zu irrationalem, wie einige Konsumkritiker meinen. Irrational ist das habituelle Verhalten nur dann, wenn es sich neuen Entscheidungsdaten nicht anpaßt.

Rationales Verhalten dagegen ist sehr stark preis-und einkommensabhängig und findet seinen Ausdruck in ökonomisch bedingten Substitutionsprozessen zwischen Gütern Das gilt auch für die beschränkte Rationalität behelfsmäßiger Entscheidungsmodelle, die die Komplexität des Entscheidungsprozesses auf ein für den Konsumenten erträgliches Maß re-duzieren. Dieses Problemlösungsverhalten ist keine naturgegebene Reaktionsweise, sondern kulturbedingt und wandelbar Selbst irrationale Entscheidungen müssen innerhalb des Raumes realer Wahlmöglichkeiten getroffen werden und die Wirklichkeit akzeptieren: Änderungen der ökonomischen Variablen erzwingen systematische Reaktionen auch dort, wo ursprünglich irrationale Verhaltensweisen zu erwarten waren. Wie Gary Becker gezeigt hat, werden auch irrationale Verhaltenstypen durch Veränderungen der Wahlmöglichkeiten gezwungen, rational zu reagieren

Der Konsumstandard ist eingebettet in den allgemeinen Lebensstandard — eine Norm, die in kleineren sozialen Gruppen, insbesondere im Familienhaushalt, gelernt und angestrebt wird und sich in der Beschäftigung, der Freizeit und der allgemeinen Einkommensverwendung niederschlägt. Diese Leitbildfunktion des Lebensstandards gilt für alle Konsumbereiche, die soziokulturellen Normen und Ansprüchen unterworfen sind; sie resultiert aus der Zugehörigkeit des Konsumenten zu einer sozialen Schicht und den schichtspezifischen Leitbildern. Konsumverhalten ist somit auch eine Funktion des Schichtbewußtseins und der vertikalen sozialen Mobilität Streben nach sozialem Aufstieg fördert eine Neuorientierung des Konsumstandards aufgrund veränderter soziokultureller Leitbilder.

Zahlreiche Konsumgüter werden nicht nur wegen ihres instrumentalen Nutzens geschätzt, sondern vor allem wegen des durch sie vermittelten Prestiges und des sozialen Status, den sie symbolisieren. Jede soziale Schicht orientiert sich bei der Auswahl derjenigen Güter, die sie in ihr Konsumschema aufnehmen will, an der nächsthöheren sozialen Schicht Gewohnheitsbindung und soziale Umwelt formen den Konsum, insbesondere wird der sozial bedingte Geschmack des Konsumenten durch den Wunsch nach auffälligem Konsum bestimmt. Daher ist das Bestreben eines Verbrauchers, seine Konsumausgaben zu erhöhen, um so stärker, je größer der gewogene Durchschnitt der Ausgaben anderer Wirtschaftssubjekte, mit denen er in Berührung kommt, im Vergleich zu den eigenen Ausgaben ist. Dabei werden die Gewichte von der Art und der Intensität der sozialen Kontakte bestimmt. Langfristig ist die mikroökonomische Sparneigung eine Funktion der Position, die der Konsument in der Einkommenspyramide einnimmt Interpersonell wird das Konsumverhalten durch Demonstrationseffekte gesteuert: Der subjektiv als höherwertig empfundene Konsum der sozialen Umwelt wird zum eigenen Konsum-anreiz. Konsumverhalten ergibt sich somit nicht aus einer bestimmten Konsumentenrolle, sondern aus der Zugehörigkeit des Verbrauchers zu verschiedenen sozialen Gruppen. Konsumgüter werden zu Statussymbolen und diese wiederum von den meinungsbildenden Gruppen (opinion leaders) der höheren sozialen Schichten bestimmt. Ob diese mit Techno-Struktur und Werbeagenturen identisch sind, ist allerdings mehr als zweifelhaft.

Aber selbst wenn dem so wäre, müßte der Informationsprozeß zwischen Unternehmern und Konsumenten eingleisig sein, um die These der Konsumentenmanipulation zu stützen. Das Informationsfeld des Haushalts ist jedoch vielschichtig. Nicht nur die Auskünfte der Produzenten, auch Presseberichte, Testberichte von Prüfinstituten und Gerüchte, „Mundpropaganda", Meinungen und Erfahrungen von Freunden und Bekannten bestimmen das Informationsfeld des Konsumenten Die Werbung steht mit ihrer meinungsformenden Funktion also nicht allein. Bei der Meinungsbildung über Konsumstandards und Konsumgüter spielen die Kommunikationsnetze der Primärgruppen eine entscheidende Rolle Nur dann, wenn die Meinungsführer die Aussagen der Werbung ungeprüft übernehmen — eine weithin unrealistische Annahme —, ist eine massive Beeinflussung des Konsumverhaltens durch die Werbung überhaupt möglich.

Ebenso paßt sich der Produzent den Konsumentenwünschen an, wenn er Umsatzrisiken meiden und potentielle Kunden an sein Unternehmen binden will. Zwischen Anpassung und Beeinflussung besteht auf Seiten der Produzenten ebensowenig ein Widerspruch wie auf selten der Konsumenten. Industrieunternehmen sind — wie McFadzean treffend bemerkt — auf ihre Marktforschungsabteilung ebenso angewiesen wie auf ihre Werbeabteilung.

Nicht zu leugnen ist jedoch, daß eine bessere Kenntnis der Konsumentenwünsche auch die Chancen einer wirksamen Beeinflussung der Verbraucher erhöht; denn Werbemaßnahmen werden vor allem auf jene Elemente des Konsumentenverhaltens zielen, die beeinflußbar sind. Daher kann die Werbung nur bereits bestehende Tendenzen intensivieren und lediglich für Konsumgüter werben, die der Verbraucher aufgrund seines Lebensstandards und seiner sozialen Umwelt wünscht So kann man auch im Marketing-Verhalten der Unternehmen eine Reaktion auf latente Attitüden und manifestes Verhalten der Konsumenten sehen. Aus der Absatzorientierung der Unternehmenspolitik kann somit noch keine Bedrohung der Konsumfreiheit schlüssig abgeleitet werden. Die Konsumentenwünsche sind nur in Grenzen variierbar.

Nicht nur die Motivation des Konsumentenverhaltens, auch die zunehmende Intensität des Werbungswettbewerbs läßt die Manipulationsthese fragwürdig erscheinen. Steigende Werbeausgaben signalisieren eine Intensivierung des Werbungswettbewerbs Die Unternehmen stehen vor der Notwendigkeit, mit ihren Produkten ständig auf dem Markt präsent zu sein. Produktdifferenzierung und Diversifikation zwingen die Unternehmer zu ständig wachsenden Aufwendungen, um einen einmal erreichten Präsenzgrad zu halten. In dieser Situation ist die Werbung „ein funktionales Äquivalent für die persönlichen Kontakte zwischen Verkäufern und Käufern" Auch wenn der Grundsatz der Wahrheit in der Werbung eher deklamatorischer Natur ist, da Werbung vor allem ein Instrument der Absatz-politik ist, wären die Märkte ohne Werbung „blind"

Hierbei tritt ein Kompensationseffekt mit weitreichenden Auswirkungen ein: Die Unternehmer bemühen sich, den Werbevorsprung ihrer Konkurrenten wieder wettzumachen. Dieser Wettbewerb aber führt auf die Dauer zu einer wechselseitigen Kompensierung der Werbe-maßnahmen, zu einer mit Recht kritisierten Übersteigerung des Werbeaufwands und auch zu einer gewissen Immunisierung der Konsumenten gegenüber Werbeappellen.

Die Auswirkungen der Werbung auf das Verbraucherverhalten sind daher zugleich stabilisierender und destabilisierender Natur: Einerseits fühlt sich der Konsument durch die Werbung für ein Gut, das er bisher bevorzugt hat, bestätigt, andererseits sucht ihn das Konkurrenzunternehmen davon zu überzeugen, daß seine Wahl falsch war. Der Werbungswettbewerb besteht wesentlich in der wechselseitigen Kompensation solcher Erhaltungs-und Konversionseffekte.

Generelle Aussagen über die Auswirkungen der Werbungskonkurrenz auf Markt-und Machtverhältnisse sind daher noch nicht möglich. Ob die Absatzverhältnisse bei verstärkter Werbung stabiler werden, ist äußerst umstritten Wahrscheinlich ist, daß sich stärkere Fluktuationstendenzen im Verbraucher-verhalten bemerkbar machen. Der Erfolg der „Suggestionswerbung" selbst ist in vielen Fällen nicht nachweisbar, Werbeerfolgskontrollen haben auch im wissenschaftlichen Raum heftige Kontroversen ausgelöst.

Auf jeden Fall aber entzieht sich die makro-wie mikroökonomische Konsumquote dem direkten Zugriff der Werbung. Diese Schlußfolgerung legen zumindest einige neuere Theorien der Konsumfunktion nahe Während sich Konsum und Normaleinkommen nach der Proportionalitätshypothese für jedes Wirtschaftssubjekt proportional entwickeln, wird die Konsumeignung nach der Wachstumsraten-hypothese durch Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur und im realen Pro-Kopf-Einkommen bestimmt. Empirische Tests haben gezeigt, daß gerade die Wachstumsratenhypothese zur Erklärung der langfristigen Konsum-funktion gut geeignet ist

Beurteilt man die Werbung vor diesem Hintergrund, so wird die bisherige Gegenüberstellung der Funktionen der Werbung (Informationsfunktion einerseits, Appell an das Irrationale andererseits) fragwürdig, da diese Unterscheidung den Ergebnissen der Entscheidungstheorie des Konsumenten nicht mehr gerecht wird. In einer positiven Wertung der Informationsfunktion und einer ausschließlich negativen Beurteilung des Appells an irrationale Attitüden spiegelt sich ein Rationalitätswerturteil, das ideengeschichtlich in der englischen Moralphilosophie des 18. Jahrhundert verwurzelt ist und deutlich sozialkonservative Züge trägt. Unter der unausgesprochenen Wertprämisse traditionalistisch definierten Rational-verhaltens verbergen sich oft nur die Status-sorgen einer Oberschicht, die es nicht hinnehmen will, daß die Werbung auch in den unteren sozialen Schichten steigende Erwartungen weckt

Da die meisten Einzelbedürfnisse ohnehin im sozialen Prozeß geprägt und verändert werden, versuchen die Unternehmer, durch die Werbung Einfluß auf diesen Prozeß zu nehmen. Ohnehin kann die Werbung nur solche Entwicklungstendenzen verstärken oder abschwächen, die bereits im Verbraucherverhalten vorgezeichnet sind.

In der antimanipulatorischen Ideologie Marcuses erweist sich der Manipulationsbegriff selbst als „semantische Leerformel" die aufgrund ihrer inhaltlichen Unbestimmtheit auf nahezu jede ökonomische und soziale Aktivität bezogen werden kann. Mit einem inhaltlich vagen, aber affektiv hoch besetzten Begriffsapparat wird die Kritik an der Leistungsgesellschaft auf dem Boden eines ethischen Rigorismus entwickelt, der vor der Konsequenz der Gewaltanwendung nicht zurückschreckt. Ob die Mehrheit die ihr von der Industriegesellschaft angebotenen Güter und Dienstleistungen positiv oder negativ bewertet, ist offenbar unerheblich.

So stellt sich die Frage, ob das Zerrbild der Wirtschaftswerbung nicht selbst manipulative Funktionen hat. Dies um so mehr, als Anfälligkeit für Machtdemonstrationen und suggestive Werbung vielfach auf anhaltende sozioökonomische Frustrationen zurückgeführt werden kann. Nicht der Analyse, sondern der Agitation dient dieser Manipulationsbegriff: Mit der Bezeichnung soll bereits über die Bewertung eines zudem umstrittenen und nicht klar ersichtlichen Sachverhalts entschieden werden. Nicht gesellschaftskritische Analyse mit methodisch abgesicherten Schlußfolgerungen für konkrete gesellschaftspolitische Reformen, sondern Moralisierung analytisch nicht bewältigter sozialer Zusammenhänge und die Scheingewißheit vermeintlicher Totalerklärungen sind die Folgen Diese moralisierende Kritik überspringt den empirischen Test mit Kategorien der politischen Ökonomie und flüchtet in eine idealistisch-freudianische Anthropologie; ihr Inhalt ähnelt den Thesen konservativer Kulturkritiker

Andererseits wird sich der Begriff der Konsumentensouveränität als „ökonomische Variante der demokratischen Ideologie" einige ideologiekritische Einwände gefallen lassen müssen, die auf die apologetische Funktion dieses Begriffes und die Diskrepanz von Modell und Wirklichkeit hinweisen. Da die Konsumenten mit der Marktentnahme von Verbrauchsgütern lediglich die Realisierung eines bestimmten Konsumstandards bezwecken, ist Konsumentensouveränität im engeren Sinne nicht einmal erforderlich, wohl aber Konsum-freiheit, damit die Verbraucher ihre Präferenzen authentisch zum Ausdruck bringen können

IV. Zukunftsperspektiven der Industriegesellschaft

Mutmaßungen über Zukunftsperspektiven der Industriegesellschaft zählen seit langem zu den beliebtesten Objekten sozialwissenschaftlicher Spekulation. Bereits die Begriffsbildung — Spätkapitalismus versus Industriegesellschaft — läßt eine Verhärtung der Fronten erkennen: Dem aufgrund der neueren Entwicklung der Wirtschaftsstruktur problematisch erscheinenden Begriff „Industriegesellschaft" wird von marxistischen Theoretikern der Terminus „Spätkapitalismus" entgegengesetzt, der bereits ein bestimmtes Entwicklungsgesetz andeuten soll. ökonomische Entwicklungsgesetze sind von der Neuen Linken wiederholt unter Berufung auf Marcuse, Baran, Sweezy, Mandel und Gorz verkündet worden. „Spätkapitalismus" ist für sie „die heutige Gestalt des Kapitalismus in den entwickelten westlichen Industrie-ländern" und „eine Gesellschaftsordnung im Verfall" Diese Aussage impliziert einen bestimmten Entwicklungsverlauf; denn von einer „Spät" -Phase zu sprechen kann nur dann sinnvoll sein, wenn es für alle Industriegesellschaften typische Verlaufsformen gibt, insbesondere aber ein Früh-, Hoch-und Spätstadium

Dieses Deutungsschema ist nicht neu; bei der Beschreibung von Dreistadiengesetzen, ökonomischen Entwicklungstheorien und „goldenen Zeitaltern" hat es eine wichtige Rolle gespielt. In der ökonomischen Theorie hat es die Aussagen sehr unterschiedlicher Schulen (Historische Schule, Kathedersozialisten, Wissenschaftlicher Sozialismus) nachhaltig beeinflußt. Aber auch die an Marcuse orientierte Neue Linke kann ihre dialektisch-materialistische Geschichtsauffassung und ihre ökonomischen Entwicklungsthesen einem empirischen Test nicht entziehen Denn für jede rationale soziale Praxis ist die Kenntnis realer, ökonomischer und sozialer Zusammenhänge unabdingbar. Erklärung und Aufklärung schließen sich auch hier nicht aus, sondern sind eng miteinander verbunden 1. ökonomische Entwicklungsgesetze Mit Marcuse, Baran und Sweezy geht die Neue Linke davon aus, daß die „Tendenz des Monopolkapitalismus, mehr Surplus zu erzeugen, als er zu absorbieren vermag", durch „Hauptstimulantien" (Militarismus, Imperialismus, Staatsausgaben, Werbung) „neutralisiert oder sogar vereitelt werden" könne. Entfielen diese Stimulantien, zeige sich jedoch unmittelbar, daß der Kapitalismus nicht in der Lage sei, „die Grundlagen für eine Gesellschaft zu schaffen, die für die gesunde und glückliche Entwicklung ihrer Mitglieder sorgt" und daß ein Großteil der Produktion, „gemessen an wirklichen menschlichen Bedürfnissen, nutzlos, verschwendet oder absolut destruktiv ist"

Immer noch stehe das Institut des Privateigentums an Produktionsmitteln „in unversöhnlichem Widerspruch . . . zum wirtschaftlichen und sozialen Aufstieg des Menschen in den unterentwickelten Ländern" Auch die Formel des „Volkskapitalismus" könne nicht darüber hinwegtäuschen, daß ein anhaltendes wirtschaftliches Wachstum mit den strukturellen Voraussetzungen kapitalistischer Systeme unvereinbar sei — eine Aussage freilich, die in direktem Gegensatz zu den modernen Wachstumstheorien steht, nach denen ein störungsfreier Verlauf wirtschaftlichen Wachstums, ein „dynamisches Gleichgewicht" durchaus möglich ist.

Gegenüber der Zeit von Karl Marx geht die Neue Linke jedoch von veränderten wirtschaftlichen Grundbedingungen aus. So bedauert Agnoli, das „Programm des sozialen Friedens" zur Überwindung sozialer Konflikte in westlichen Industriegesellschaften habe die kapitalistischen Systeme „stabilisiert und gesichert" da sich die Arbeitnehmer „mit der Idee der wirtschaftlichen Konsumfreiheit und der gesellschaftlichen Partnerschaft zufrieden geben"

Nach wie vor bestehe aber ein Widerspruch zwischen dem „individuell-privilegierten Herrschaftsanspruch von Eigentum, Verfügungsgewalt und Wissen" und der „Kollektivproduktion" „unterprivilegierter Mehrheiten" Da die Klassenbasis des gesellschaftlichen Konflikts ins Wanken geriet, müsse der Marxismus jedoch neu interpretiert werden denn die Dogmen des Marxismus gehörten „einer überholten Entwicklungsstufe der Produktiv-kräfte" an.

Bereits die Ausgangsbasis dieser Argumentation — die Hypothese vom politischen und sozialen Stabilisierungseffekt wirtschaftlichen Wachstums — ist fragwürdig: Der zunehmende Massenwohlstand in Industriegesellschaften hat eine „Revolution steigender Erwartungen" ausgelöst, die politische Führungsgrup-pen in wachsendem Umfang von wirtschaftlichen und sozialen Wählererwartungen abhängig macht und dadurch zu erhöhter politischer Instabilität führen kann, wie etwa die Entwicklung des Parteiensystems der Bundesrepublik in den Jahren 1966 und 1967 anschaulich gezeigt hat.

Unter dem Einfluß von Marcuse ist sich die Neue Linke durchaus bewußt, daß die Arbeiterschaft aufgrund des wachsenden Wohlstandes als „revolutionäre Klasse" ausscheidet. Gesellschaftliche Umwälzungen können nur noch von Außenseitern herbeigeführt werden, denen das Recht auf Gewalt zugebilligt wird Vor allem in den Entwicklungsländern ergeben sich vielfältige Ansatzpunkte für soziale und politische Revolutionen der Spätkapitalismus selbst ist nach den Worten Marcuses nur durch eine „Konfluenz umwandelnder Kräfte in den Zentren des Spätkapitalismus mit der Dritten Welt" als System zu stürzen.

Die gegenwärtige Situation der in der Bundesrepublik und in den anderen westlichen Demokratien bestehenden Wirtschaftsordnungen wird als Phase des „Spätkapitalismus" gekennzeichnet, dessen repressiver Zwangscharakter eine „qualitative Änderung", mit anderen Worten: die Abschaffung des spätkapitalistischen Wirtschaftssystems erfordere Dieses Wirtschaftsund Gesellschaftssystem befinde sich in einer „kulturrevolutionären Übergangsphase"; in der Bundesrepublik Deutschland sei das Ende der „ökonomischen Rekonstruktionsperiode" bereits abzusehen

Sofern die Neue Linke die reale soziale Lage der Arbeitnehmer in der Bundesrepublik überhaupt zur Kenntnis nimmt, versucht sie, die soziale und politische Integration der Arbeitnehmerschaft als sozialpsychologische Illusion zu disqualifizieren Für Steinhaus und Deppe ist „die Verfügung über produzierten Mehrwert durch die Klasse der Produktionsmittel-besitzer" Ursache des „objektiven Interessen-antagonismus . . . zwischen Bourgeoisie und Proletariat" Nach Elmar Altvater dient das demokratische System der Bundesrepublik „monopolkapitalistischen Interessen, da die ökonomische Basis der Gesellschaft das Monopolkapital ist." Das gelte selbst dann, wenn sich der demokratische Staat gegen die „Gruppeninteressen" des „Monopolkapitals" wende (!). Diese Behauptung Altvaters, die eher einem Vulgärmarxismus orthodoxer Prägung als dem theoretisch anspruchsvolleren Konzept der Neuen Linken entspricht, würde jedoch nur dann zutreffen, wenn die Politik einseitig und ausschließlich von der Wirtschaft abhinge und keine Interdependenz zwischen beiden Bereichen bestände. Zudem verzichtet Altvater auf eine exakte Definition des Begriffs „Monopolkapital" — vermutlich deswegen, weil sie eine empirische Prüfung des gesamten Aussagensystems und eine differenzierte Betrachtung erzwungen hätte.

Im Gegensatz zum Marxismus-Leninismus orthodoxer Prägung geht die Neue Linke jedoch mit Marcuse und Gortz davon aus, daß die Arbeitnehmerschaft bereits in fast allen hoch-entwickelten Industriegesellschaften weitgehend sozial integriert ist und daher kein Subjekt revolutionärer Bewegungen sein kann denn „dem Spätkapitalismus (ist) die Eingliederung der Arbeiter in sein Wirtschaftssystem gelungen" und dadurch hat „in den hoch-entwickelten kapitalistischen Ländern ... die Ablehnung der Gesellschaftsordnung ihre natürliche Grundlage verloren" Dennoch sei aber auch „die bundesrepublikanische Gesellschaft immer noch Klassengesellschaft" da die Klassengegensätze durch die soziale Integration der Arbeitnehmerschaft lediglich „verhüllt", nicht aber aufgehoben worden seien. Die Massenproduktion als Folge des enormen Wachstums der Arbeitsproduktivität habe auch die „Massenmanipulation" unvermeidlich gemacht „Durch die Integration (der Arbeitnehmer, d. Vers.) ist der objektive Antagonismus nicht verschwunden. Nur seine Manifestation im Kampf ist neutralisiert."

Der Neuen Linken erscheint daher die Wiederbelebung des revolutionären Potentials durch die Schaffung neuartiger sozialer Bedürfnis-strukturen erforderlich, die sich in der Negation geltender Bedürfnisse und Werte äußern soll: Negation des Leistungsprinzips, der Konkurrenz, der Produktivität, der vitalen Bedürfnisse, des Bedürfnisses nach Konformität etc. Nur so sei eine Basis für revolutionäre Entwicklungen herzustellen

Gegen diese Entwicklungsperspektiven sind mehrere kritische Einwände vorzubringen 1. Historische, soziologische und ökonomische Untersuchungen zeigen, daß die von der Neuen Linken apostrophierten wirtschaftlichen Entwicklungsgesetze die bisherige Entwicklung nicht hinreichend erklären und die zukünftige Entwicklung nicht exakt prognostizieren können. 2. Daher werden neue Phasen in das Entwicklungsschema einbezogen und die kapitalistischen Entwicklungsphasen in verschiedene Zwischenstufen aufgeteilt. So werden Widersprüche zur tatsächlichen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung durch Ad-hoc-Hypothe-sen „hinwegerklärt", das gesamte Aussagen-system inhaltlich entleert und damit seines empirisch-wissenschaftlichen Charakters entkleidet. Zur Fundierung einer rationalen Politik ist dieses Entwicklungsschema daher ungeeignet 3. Gerade deshalb ist es aber ideologisch zur Steuerung politischen und sozialen Verhaltens verwendbar. Denn seine Inhaltslosigkeit macht es unterschiedlichen politischen Gruppen möglich, sich auf dieses Entwicklungsschema zu berufen: Sowohl die orthodoxen kommunistischen Regime als auch die südamerikanischen Revolutionäre können auf marxistische Entwicklungsschemata verweisen. Damit beruht die motivschaffende Wirkung dieser Geschichtsphilosophie letztlich auf der konsequenten inhaltlichen Entleerung eines Aussagensystems, das zur „Erklärung" konträrer Situationen von unterschiedlichen ideologischen Gruppen herangezogen werden kann. 4. Die ahistorische und unkritische Übertragung marxistischer und leninistischer Begriffe auf soziale und politische Probleme in der Bundesrepublik führt zu einer verzerrten Perspektive. Mit wertgeladenen, aber realitätsentleerten Begriffen wie „Monopolkapitalismus" und „Klassengesellschaft" läßt sich die Gesellschaft der Bundesrepublik nicht analysieren. Das starre Festhalten an einer dogmatisierten Klassentheorie und an einer mit pseudowissenschaftlichen Mitteln konstruierten Ideologie hat daher lediglich die Funktion, „die fehlenden materiellen Ursachen des Klassenkampfes durch ideologische Beschwörungen zu ersetzen" 5. Da der Wandel der politischen und sozialen Funktionen des modernen Staates geleugnet wird, können alle sozialökonomischen Entwicklungen sowie alle Erscheinungsformen der parlamentarischen Demokratie zum bloßen Oberflächenwandel degradiert werden. Nach wie vor bestehe eine „Diktatur des Monopol-kapitals". übersehen wird, daß es methodisch fragwürdig ist, die Funktionen des Staates aus der Eigentumsordnung abzuleiten, wie Karl A. Wittfogel in einer größeren vergleichenden Untersuchung nachgewiesen hat 6. In der Kapitalismus-Analyse der Neuen Linken werden die neuen Mittelschichten übersehen oder in ihrer Bedeutung für den politischen und sozialen Wandel falsch eingeschätzt. Auch hier haben sich historische Prophetien des Marxismus als unrealistisch erwiesen. Während kommunistische Herrschaftssysteme alle jene Erscheinungsformen hervorbringen, die früher am Kapitalismus diagnostiziert wurden, machen die westlichen Industriegesellschaften der Gegenwart Wandlungen durch, die marxistische Analysen von einst obsolet werden lassen 7. Die Aussagen von Herbert Marcuse und Andre Gorz weisen eine Reihe logischer Widersprüche auf: So ist nicht einzusehen, wie sich die Forderung nach einer neuen sozialen Bedürfnisstruktur mit der Auffassung verträgt, die Produktion der Bedürfnisstruktur der Bevölkerung anzupassen. Herbert Marcuse gibt diesen Widerspruch offen zu, ohne eine mögliche Lösung dieser logischen Unvereinbarkeit der Ziele aufzuzeigen Dieses Eingeständnis bedeutet zugleich, daß die von der Neuen Linken vertretenen wirtschaftspolitischen Entwicklungsperspektiven zur Fundierung einer rationalen Wirtschaftspolitik ungeeignet sind. 8. Die empirischen Belege, mit denen Marcuse, Baran, Sweezy und Mandel ihre Wirt-schaftsund Gesellschaftstheorie untermauern, sind unzureichend. Ihre Ausbreitung steht, wie Kurt P. Tudyka kritisch bemerkt, „im umgekehrten Verhältnis zu einer Explikation politischer Zusammenhänge"; die Gesamtanalyse ist „undifferenziert, zusammengeschrumpft und statisch" — kurz: ein „Erbe marxistischer Sozialwissenschaft"

Stufentheorien jedweder Art können nicht mehr für ein fruchtbares Instrument sozial-und wirtschaftswissenschaftlicher Analyse gehalten werden. Der Wandel ökonomischer Institutionen und der soziale Fortschritt lassen sich nicht mit allmächtigen Entwicklungsgesetzen erklären, wohl aber mit dem Aufzeigen sozialstruktureller und politischer Bedingungen, die den Fortschritt fördern oder hemmen. Daß die marxistische Theorie wichtige Beiträge zur Konjunktur-, Konkurrenz-und Verteilungstheorie geliefert hat, steht außer Frage. Aber auch diese Theorie ist wie viele andere im Zuge des wissenschaftlichen Fortschritts aussagefähigeren Theorien gewichen Diese Entwicklung wurde sicherlich auch dadurch begünstigt, daß volkswirtschaftliche Detail-analysen von der Neuen Linken zugunsten grober Ideologisierungen verschmäht werden: „Keiner der . Marxisten'unserer Zeit hat wieder das ausgenommen, was ein Marx tat und was ihn erst groß gemacht hat: niemand mehr hält es für nötig, die ökonomischen Verhältnisse seiner Zeit zu studieren . . . Die Kritik an den Unvollkommenheiten . . . gerät ohne dieses Rüstzeug ernsthafter ökonomischer Detail-Analyse in die gefährliche Nähe einer Querele." An die Stelle solcher Analyse tritt eine überwiegend ideologisch-ästhetische Betrachtungsweise, die „vulgärökonomische Folklore einer romantisierenden Kapitalismus-kritik" und „ein im Grunde romantisch-reaktionärer Protest gegen die wissenschaftlich-industrielle Revolution" 2. Radikaler Utopismus Mit Marcuse erhebt die Neue Linke drei Einwände gegenüber marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnungen : 1. Die Marktwirtschaft sei irrational, 2. führe zwangsläufig zu faschistischen Herrschaftsformen und 3.sei kurzfristig nur durch künstliche Bedarfsweckung zu stabilisieren.

Irrational sei das System der Marktwirtschaft, weil ökonomische Automatismen, insbesondere die Steuerung der Produktion nach Rentabilitätskriterien, an die Stelle politischer Wertentscheidungen getreten seien. Hierbei wird jedoch übersehen, daß die großen Produktivitätssteigerungen und die hohe Effizienz marktwirtschaftlicher Systeme ohne dieses Regulativ undenkbar wären und daß sich ein weiter Bereich des Wirtschaftsprozesses — die öffentlichen Investitionen — primär an politischen Wertentscheidungen und nicht an Rentabilitätskriterien orientiert.

Berücksichtigt man ferner, daß die Wirtschaftsordnungen der westlichen Demokratien eben keine „rein" marktwirtschaftliche, sondern wegen des hohen staatlichen Anteils am Bruttosozialprodukt gemischtwirtschaftliche Wirtschaftssysteme darstellen, so wird besonders deutlich, daß die Neue Linke ein Wirtschaftssystem angreift, das in der von ihr apostrophierten Form faktisch nicht mehr existiert.

Um den ihr genehmen Wirtschafts-und Gesellschaftstyp zu etablieren, will die Neue Linke zunächst die durch den Massenkonsum ermöglichte soziale Befriedung breiter Bevölkerungsschichten beseitigen. An die Stelle marktwirtschaftlicher Wirtschaftsordnungen will Herbert

Marcuse ein Wirtschafts-und Gesellschaftssystem setzen, das durch folgende Elemente gekennzeichnet ist a) Zentrale Steuerung des gesamten Produktions-und Verteilungsprozesses, b) Verwirklichung einer „erzieherischen Diktatur" in den Entwicklungsländern, c) Überwindung der jetzigen Konsumstruktur durch eine „Neubestimmung der Bedürfnisse" (wobei zu fragen ist, wie diese Forderung in den Industriestaaten ohne eine Erziehungsdiktatur durchgeführt werden soll).

Daß diese Forderung die freie Konsumwahl einschränken und eine staatliche Kontrolle aller Berufe erzwingen würde, liegt auf der Hand. Dieser Kontrollapparat würde Korruption, Cliquenwirtschaft und neue vielfältige Abhängigkeitsverhältnisse zur Folge haben. Wie die sich aus zentraler Planung ergebenden neuen sozialen Abhängigkeiten mit der „wahrhaften Selbstbestimmung der Individuen" in Einklang gebracht werden können, ist zweifelhaft, zumal die vorgeschlagenen Mechanismen der Willensbildung und Entscheidungsfindung (Räte-Systeme) wohl kaum in der Lage sind, die neuen Zentren politischer, sozialer und wirtschaftlicher Macht wirksam zu kontrollieren

Auch die zweite Forderung nach einer „erzieherischen Diktatur" für Entwicklungsländer legt ein antiliberales und antidemokratisches Wertsystem offen. Wie gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und politischer Fortschritt unter den Bedingungen einer Erziehungsdiktatur institutionell möglich sein soll, vermag auch Marcuse nicht nachzuweisen. So bleibt es wahrscheinlich, daß eine Erziehungsdiktatur in Entwicklungsländern soziale Verbesserungen nicht garantiert, sondern eher noch verhindert.

Wirtschaftspolitischer Utopismus konkretisiert sich vor allem in der Forderung nach einer „Neubestimmung der Bedürfnisse" die unter anderem eine Abschaffung jeglicher Werbung, Reklame und Unterhaltungsmedien voraussetzt Auf längere Sicht ist es nach Andre Gorz durchaus möglich, „gleichzeitig den Konsum der Arbeitnehmer und die gesellschaftlich nützlichen Investitionen zu erhöhen, wenn man nur die innere, gualitative Struktur des Konsums und der Investitionen verändert, den aufwendigen Luxuskonsum und die entsprechenden Investitionen einschränkt" Da die „kollektiven Bedürfnisse" im Widerspruch zur „Logik des Kapitalismus" stünden, müßten die kapitalistischen Systeme radikal in Frage gestellt werden

Dieses Postulat verbindet sich mit den noch weiter gehenden Forderungen nach Beseitigung der Arbeitsteilung und Abschaffung des Leistungsprinzips in Wirtschaft und Gesellschaft.

Leider werden die wirtschaftlichen Konseguenzen solcher Forderungen aber nicht mit der wünschenswerten Klarheit dargelegt: totalitäre Umverteilung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage, völlige Abschaffung der Konsum-freiheit, hohe Kosten einer, staatlichen Bürokratie für die „Neubestimmung der Bedürfnisse", Produktionsschrumpfung in der Konsumgüterindustrie, Rückgang der Investitionsneigung der Unternehmer, Einkommensausfälle, allgemeiner wirtschaftlicher Schrumpfungsprozeß. Politische und gesellschaftliche Folgen einer solchen Entwicklung wären wahrscheinlich die Verfolgung aller Gegner und eine Massenarmut. Nur unter der Voraussetzung einer totalitären Diktatur und eines niedrigeren individuellen Konsums könnte die „Neubestimmung der Bedürfnisse", durchgeführt werden — Bedingungen, die den antidemokratischen Kern dieser wirtschaftspolitischen Utopie enthüllen. Eine „Befreiung von der Überflußgesellschaft" ist auf diesem Wege nicht möglich.

Marcuses Analyse des Spätkapitalismus ist nicht nur „unorthodox" (Habermas) sie ist auch inkonseguent. Obgleich primär als philosophische Kritik der Gesellschaft konzipiert wird sie gerade durch eine kritische Diskussion mit ökonomischen Kategorien erschüttert. So schwindet auch die wissenschaftliche Legitimation für die unbestimmte Negation der bestehenden Ordnung. Dieser Spätkapitalismusanalyse und den ihr zugrunde liegenden ökonomischen Entwicklungsthesen kann man nur folgen, wenn man bereit ist, die „revolutionäre Theorie" erfahrungswissenschaftlich zu immunisieren Wird diese Theorie jedoch einem erfahrungswissenschaftlichen Test ausgesetzt, treten die Folgen dieses sozialwissenschaftlichen Dogmatismus’ offen zutage: Radikalisierung und Realitätsverlust

V. Alternativen im Industriesystem

Ausgangssituation Planung und Organisation, Massenproduktion, hoher Kapitalbedarf, hochentwickelte Technologie, komplizierte Organisationsformen, Planung, Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage durch die Regierung, Osmose zwischen Industriesystem und Staat, Autonomie der „Technostruktur", Steuerung der öffentlichen Meinung durch das Industriesystem — so stellt Galbraith die typischen Entwicklungsmerkmale moderner Industriegesellschaften dar, ohne diesen Trend für unausweichlich zu halten. Immerhin zeigt aber auch die neueste Diskussion um ökonomische Entwicklungsgesetze und Reformen der Wirtschaftsverfassung, daß die gegenwärtigen ökonomischen und sozialen Systeme nicht als irreparabel angesehen werden. Offensichtlich ist Galbraith zu pessimistisch, wenn er unterstellt, es sei dem Industriesystem gelungen, „in aller Stille die Vorstellung abzuschaffen, daß es sich hier um ein vorübergehendes und deshalb in irgendeiner Hinsicht unvollkommenes Phänomen handeln könnte" 1).

Dennoch ist seine Analyse der Industriegesellschaft realistischer als die der Neomarxisten. Daß die Maßstäbe traditioneller Klassen-interessen fragwürdig geworden sind und die überkommene Unterscheidung zwischen „Ausbeutern" und „Ausgebeuteten" nicht mehr der Bezugspunkt gesamtgesellschaftlicher Analysen sein kann, wenn es darum geht, ökonomische und soziale Entscheidungsmechanismen wirksam zu kontrollieren, wird von ihm klar gesehen. Wenn schon die gegenwärtigen Entwicklungstrends moderner Industriegesellschaften nicht unvermeidlich sind, so stellt sich um so mehr die Frage nach alternativen Organisationsformen, die in der Lage sind, die neuen Zentren wirtschaftlicher und sozialer Macht zu durchleuchten und zu kontrollieren. Alternative Organisationsformen In der hochindustrialisierten Gesellschaft wird das soziale Kräftespiel in zunehmendem Umfang von neuen Machtfaktoren bestimmt, deren Einflußspielraum sich ständig erweitert:

Technik und Wissenschaft. Gibt es Kontrollzentren, die den Einfluß der „Technostruktur" eindämmen können? Galbraith sieht in der Wissenschaft eine solche Kontrollinstanz. Auch die „Technostruktur" sei von der Wissenschaft abhängig, der freilich das Bewußtsein der eigenen Identität immer noch fehle 2). Nur Wissenschaft und Bildung ermöglichten eine Emanzipation innerhalb des Industriesystems. Die Zukunft moderner Gesellschaft hänge davon ab, wieweit Wissenschaftler politische Führungsfunktionen übernähmen. Besonders die Sterilität der bestehenden politischen Institutionen erfordere eine aktive Rolle dieser Gruppe

Es scheint, als ob Galbraith die Unabhängigkeit, die Gestaltungsmöglichkeiten und die Innovationsbereitschaft der Wissenschaft überschätzt und die technokratischen Gefahren einer solchen Lösung übersieht. Sicherlich ist ein stärkeres politisches Engagement der Wissenschaftler in Parteien erforderlich; und von wissenschaftlicher Politikberatung kann zumal in der Bundesrepublik nur in bescheidenen Ansätzen die Rede sein. Um so mehr gilt es daher, Kooperationsformen zu entwickeln, die den wissenschaftlichen Fortschritt für politische Entscheidungen nutzbar machen, zugleich aber die Verantwortlichkeit der politischen Entscheidungsträger nicht durch technokratische Sachzwangsideologien verwischen Es ist nicht damit getan, die Wissenschaft stärker als bisher in ökonomische, politische und soziale Entscheidungsprozesse zu integrieren. Auch die Kontrollinstanzen müssen zu wissenschaftlich leistungsfähigen Gegengewichten im Entscheidungsprozeß ausgebaut werden. Die vielfach beklagte Ineffizienz und mangelnde Tranzparenz der parlamentarischen Körperschaften ist Anlaß genug, die Voraussetzungen für wissenschaftliche Politikberatung zu schaffen. Ebenso kommt es darauf an, den Pluralismus innerhalb der wissenschaftlichen Forschung und Lehre als Chancengleichheit für die Durchsetzung theoretischer Alternativen zu sichern und die ideologische Monopolisierung universitärer und außeruniversitärer Forschungseinrichtungen zu unterbinden.

Wie im wissenschaftlichen Bereich kann das Wettbewerbsprinzip auch in der Wirtschaft als Steuerungssystem zu einer optimalen Verteilung der Ressourcen führen In den modernen industriellen Systemen sind die Input-Output-Beziehungen so komplex geworden, daß ein funktionsfähiger Wettbewerb vordringlicher ist denn je Industrielle Planung benötigt einen Preismechanismus, an dessen Signalwirkung sich Produzenten und Konsumenten orientieren. Auch der Staat bedarf eines Signalpreissystems. Cost-Benefit-Analysen staatlicher Behörden bei größeren Investitionsprojekten machen dies deutlich. Aufgabe der Wettbewerbspolitik ist es daher, die Funktionsfähigkeit der Konkurrenz so zu sichern, daß sich die Produktion den Wünschen der Abnehmer anpaßt, funktionslose Einkommen auf ein Minimum reduziert werden, der freie Marktzutritt neuer Wettbewerber gewährleistet ist und den Konsumenten Wahlmöglichkeiten zwischen mehreren Unternehmen verbleiben.

Die Flexibilität des Marktpreismechanismus wird jedoch durch Preisbindungen aller Art beeinträchtigt. Durch ein Verbot der vertikalen Markenartikelpreisbindung könnte der Preiswettbewerb gerade auf den oligopolistischen Märkten mit weitgehender Produktdifferenzierung intensiviert werden. Von einer wirksameren Wahrnehmung der Auswahl-und Beratungsfunktion durch den Handel würden dann auch die Verbraucher profitieren

Da das Modell der vollständigen Konkurrenz wegen seines statischen Charakters als Orientierungsmaßstab der Wettbewerbspolitik immer mehr in Zweifel gezogen wird, kann die Wirtschaftspolitik nicht auf eine Gewichtung der statischen und dynamischen Funktionen des Wettbewerbs verzichten, ohne die eine Ermittlung der optimalen Wettbewerbsintensität unmöglich wäre

Zur institutionellen Sicherung der Konsumfreiheit reicht das Instrumentarium der Wettbewerbspolitik allein nicht mehr aus. Hierauf erneut aufmerksam gemacht zu haben, ist zweifellos das Verdienst der Konsumkritiker Wenn eine staatlich verordnete Reduzierung der Werbung problematisch ist, da sich die Informationsfunktion der Reklame nicht von deren suggestivem Charakter trennen läßt, ist es vor allem Aufgabe der Konsumpolitik, den Informationsgrad der Verbraucher zu verbessern und den Wettbewerb von der Nachfrageseite her zu fördern. Ziel der Verbraucherpolitik ist es nicht, die bestehende Präferenzordnung der Konsumenten zu verändern, sondern diesen die Verwirklichung gegebener Wertvorstellungen zu erleichtern 10). Im Bereich des Güterangebots zählen hierzu die Maßnahmen der indirekten Konsumentenschutzpolitik (hygienische Vorschriften, amtliche Kontrolle von Maßen und Gewichten, Normgrößen, Typisierung von Produkten etc.).

Auf der Nachfrageseite zielt die Konsumentenschutzpolitik auf eine Erhöhung des Informationsgrades der Verbraucher und auf eine Verbesserung ihrer rechtlichen Position auf dem Markt. Durch die Informationsvermittlung (Deklarationsvorschriften, Gebrauchsanweisungen, Vorschriften über Preispublizität und Handelsklasseneinteilung etc.) wird die Markt-transparenz erhöht und der Wettbewerb intensiviert. Solange vergleichende Werbung verboten ist, sollte die staatliche Verbraucherberatung zum Schutz der Konsumenten weiter ausgebaut werden. Auf diese Weise entstünde ein wirksames Korrektiv zur Wirtschaftswerbung, das zugleich den Informationsgrad der Verbraucher verbessert.

Skitovskys Vorschlag, die Mehrheit der Konsumenten am Vorbild einer sachkundigen Minderheit zu erziehen ist dagegen als anti-demokratisch zurückzuweisen. Die dieser Forderung zugrunde liegende elitär-rationalistische Wertprämisse übersieht, daß sich Sachkenntnis nur auf den instrumentalen Nutzen, nicht aber auf den subjektiven Zusatznutzen eines Gutes bezieht. Den politischen Entscheidungsgremien verbleibt jedoch die wichtige Aufgabe, die Grenze zwischen Markt-und Kollektivgütern so zu ziehen, daß die Wahlfreiheit der Konsumenten erhalten bleibt, zugleich aber die Bereitstellung von Kollektivgütern und -dienstleistungen sichergestellt ist. Da die moderne Industriegesellschaft noch kein Verfahren entwickelt hat, mit dem die Öffentlichkeit ihre Präferenzen bei der Wahl zwischen Markt-und Kollektivgütern authentisch zum Ausdruck bringen kann, müssen Bewertungsmaßstäbe entwickelt werden, mit denen die durch die Versorgung mit Markt-und Kollektivgütern ausgelösten Wohlfahrtseffekte gemessen werden können. Leitgedanke einer am Lebensstandard der Verbraucher orientierten Wirtschaftspolitik, die die Konsumfreiheit gegen Machtpositionen aller Art schützen und die Bereitstellung von Kollektivgütern sichern will, sollte ein „soziales Gleichgewicht" zwischen dem Aktionsspielraum der Wirtschafts-Subjekte auf dem Markt und der Versorgung mit kollektiven Gütern und Dienstleistungen durch den Staat sein In dieser Situation kommt es auf die geistige Offenheit der Entscheidungsgremien ebenso an wie auf eine personell und fachlich ausreichende Kontrolle der Verfahren wirtschaftsund gesellschaftspolitischer Planung.

Gerade die mangelnde Organisierbarkeit der Verbraucherinteressen macht um so mehr eine wirksame politische Kontrolle der Einflüsse von organisierten Sozialinteressen auf den wirtschaftspolitischen Planungs-und Entscheidungsprozeß erforderlich. Eine größere Transparenz dieser Verbandseinflüsse würde die politischen Entscheidungsgremien mehr als bisher in die Lage versetzen, die Interessen der Verbraucher bei wirtschafts-und sozialpolitischen Entscheidungen stärker zu berücksichtigen. Daß sich das politische Interesse mehr als zuvor den unterschiedlichen Aspekten der Konsumpolitik und des Verbraucherschutzes zuwenden sollte, liegt auf der Hand; denn „die Produzenten sind nicht nur bestrebt, die Schwächen der Konsumenten auszusutzen, sie versuchen auch, ihre gegenseitige Entmachtung im Wettbewerb zu vermeiden und Macht durch Zusammenarbeit zu gewinnen"

VI. Schlußfolgerungen

Jene Kritik an ökonomischen und sozialen Erscheinungen moderner Industriegesellschaften, die von der These der Manipulation des Konsumverhaltens und der These zwangsläufiger ökonomischer Entwicklungstendenzen im „Spätkapitalismus" ausgeht, bietet keine tragfähige Basis für eine rationale Wirtschaftsund Gesellschaftspolitik. Die Manipulationsthese verzichtet auf eine Trennung der agitatorischen Bewertung von der Analyse eines vermeintlichen Sachverhalts, den sie empirisch nicht nachzuweisen vermag. Im Gegenteil: Die neuere empirische Konsumforschung widerlegt die Behauptung, das Konsumverhalten lasse sich von der Werbung nach Belieben steuern. Die volkswirtschaftlichen Funktionen der Werbung werden von den radikalen Konsumkritikern ebensowenig gesehen wie die sozialen Bestimmungsgründe des Verbraucher-verhaltens.

Sofern die neomarxistische Entwicklungstheorie als Stufentheorie immer neue Zwischen-phasen in das Entwicklungsschema einführt, entzieht sie sich jeder wissenschaftlichen Über-prüfung; sofern sie auf diese Immunisierungsstrategie verzichtet, kann sie als empirisch widerlegt gelten. Dieses Dilemma kennzeich-net auch die antimanipulatorische Ideologie Marcuses als Kombination von gebrauchsfertiger Umweltorientierung und pseudowissenschaftlicher Analyse. Wie das wirtschaftliche wird auch das politische Konkurrenzmodell abgelehnt; der utopische Romantizismus der Gesellschaftskritik Marcuses verleugnet, weder im wirtschaftlichen noch im politischen Bereich seine totalitären Konsequenzen.

Demgegenüber geht Galbraiths systemimmanente Analyse der Idustriegesellschaft von einem demokratischen Zielmodell aus. Die von ihm vorgetragene These der Konzentration wirtschaftlicher Macht läßt sich zwar empirisch nicht erhärten, kann aber dennoch vor dem Hintergrund der amerikanischen Wirtschaftsund Gesellschaftsstruktur zumindest in Teilbereichen einige Plausibilität für sich in Anspruch nehmen, solange ein komplexer Forschungsansatz zur Überprüfung dieser These noch nicht entwickelt ist. Damit lenkt Galbraiths Kritik das wissenschaftliche und politische Interesse auch weiterhin auf strukturelle Probleme der Wirtschaftsgesellschaft und ihre Lösungsmöglichkeiten: Kontrolle wirtschaftlicher Macht durch ein funktionsgerechtes Wettbewerbssystem sowie Monopol-und Fusionskontrollen, Verhinderung einer weiteren Vermögenskonzentration durch eine breitere Vermögensstreuung und die institutionelle Sicherung der Konsumfreiheit durch eine schrittweise Verbesserung des Instrumentariums der Verbraucherpolitik.

Fussnoten

Fußnoten

  1. J. K. Galbraith, The Affluent Society, Boston 1958; deutsch: Gesellschaft im Überfluß, München-Zürich 1959.

  2. D. Stolze -M. Jungbluth, Wettlauf der Systeme, in: Die Zeit, 5. September 1969, S. 36.

  3. Vgl. H. Kahn-A. J. Wiener, The Year 2000, A Framework for Speculation on the Next Thirty — Three Years, New York-London 1967; deutsch unter dem irreführenden Titel: Ihr werdet es erleben. Voraussagen der Wissenschaft bis zum Jahre 2000, Wien-München-Zürich 1968; D. Bell, Die nachindustrielle Gesellschaft, in: C. Grossner -H. H. Münchmeyer -A. Oetker -C. Ch. von Weizsäcker (Hrsg.), Das 198. Jahrzehnt. Eine Team-Prognose für 1970 bis 1980, Hamburg 1969, S. 351— 363.

  4. Vgl. D. Bell, a. a. O., S. 361.

  5. A. a. O„ S. 363.

  6. Vgl. H. Kahn, Modell für 1980, in: Das 198. Jahrzehnt. Eine Team-Prognose für 1970 bis 1980, S. 24 ff.

  7. H. Kahn, a. a. O., S. 32.

  8. A. a. O„ S. 33.

  9. Vgl. hierzu auch die Verhandlungen des 16. Deutschen Soziologentages: Spätkapitalismus oder Industriegesellschaft?, im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Soziologie herausgegeben von Theodor W. Adorno, Stuttgart 1969.

  10. Vgl. J. K. Galbraith, Die moderne Industriegesellschaft, München-Zürich 1968, S. 13— 23.

  11. J. K. Galbraith, a. a. O., S. 23.

  12. Vgl. C. Clark, The Conditions of Economic Progress, London 1957; J. Fourastie, Die große Hoffnung des 20. Jahrhunderts, Köln 1964.

  13. Vgl. K. Kaiser, ökonomische Entwicklungstendenzen in der Bundesrepublik Deutschland, in: Die Mitarbeit — Zeitschrift zur Gesellschaftsund Kulturpolitik, 19. Jg., März 1970, S. 45.

  14. Vgl. W. Bittorf, Das Verbraucherparadies mit Problemen, in: H. -J. Netzer (Hrsg.), Die Gesellschaft der nächsten Generation, München 1969, 2. Ausl., S. 84.

  15. Vgl. E. Gellner, Democracy and Industrialisation, in: Europäisches Archiv für Soziologie, Bd. VIII (1967), S. 47— 70.

  16. Vgl. W. -D. Narr, Theoriebegriff und System-theorie, Berlin-Köln-Mainz 1969, S. 15.

  17. W. -D. Narr, a. a. O., S. 17.

  18. J. K. Galbraith, a. a. O., S. 37.

  19. A. a. O., S. 39.

  20. A. a. O., S. 19.

  21. A. a. O„ S. 44.

  22. A. a. O. r S. 41.

  23. A. a. O., S. 37.

  24. A. a. O„ S. 209.

  25. A. a. O., S. 210.

  26. A. a. O„ S. 213.

  27. U. Hommes, Provokation der Vernunft?, Herbert Marcuse und die Neue Linke, in: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, B 44/69, 1. November 1969, S. 3— 27.

  28. H. Marcuse, Der eindimensionale Mensch, Studien zur Ideologie der fortgeschrittenen Industriegesellschaft, Neuwied und Berlin 1967, S. 12.

  29. Vgl. G. Schmidt, Die Weltanschauung der Neuen Linken, Schriften der Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 1968, S. 21.

  30. H. Marcuse, Psychoanalyse und Politik, Frank-furt/M. 1968, S. 63.

  31. H. Marcuse, Repressive Toleranz, in: R. P. Wolff -B. Moore -H. Marcuse, Kritik der reinen Toleranz, Frankfurt a. M. 1968, S. 120.

  32. H. Marcuse, a. a. O., S. 93.

  33. A. a. O„ S. 112.

  34. Vgl. H. Marcuse, Der eindimensionale Mensch, a. a. O., S. 14.

  35. A. a. O., S. 18.

  36. A. a. O., S. 159.

  37. A. a. O., S. 234.

  38. A. a. O„ S. 262.

  39. A. a. O„ S. 55.

  40. Vgl. J. E. Meade, Ist die moderne Industriegesellschaft von J. K. Galbraith unvermeidlich?, in: Hamburger Jahrbuch für Wirtschaftsund Gesellschaftspolitik, Tübingen 1969, 14. Jahr, S. 232.

  41. A. a. O„ S. 237.

  42. W. A. Jöhr -F. Kneschaurek, Die Prognose als Basis der Wirtschaftspolitik, in: G. Gäfgen (Hrsg.), Grundlagen der Wirtschaftspolitik, Köln-Berlin, S. 338- 356; H. Willgerodt, Warum Staatsplanung in der Marktwirtschaft?, in: Wirtschaftspolitische Chronik, 1965, Heft III, S. 25- 97; W. Krelle, Gesamtwirtschaftliche Prognosesysteme und ihre wirtschaftspolitische Verwendung, in: Volkswirtschaftliche Korrespondenz der Adolf-WEBER-Stiftung, Nr. 10, 1967.

  43. J. E. Elliot, Wirtschaftsplanung — neu überdacht, in: Grundlagen der. Wirtschaftspolitik, S. 377.

  44. Vgl. M. Neumann, Kapitalbildung, Wettbewerb und ökonomisches Wachstum, Berlin-Heidelberg-New York 1968, S. 9; K. J. Arrow, Social choice and individual values, New York 1951.

  45. Vgl. M. Neumann, a. a. O., S. 64.

  46. Das gilt vor allem für den Fall konstanter Durchschnittskosten bei multipler Betriebsgrößen-variation. Vgl. E. Gutenberg, Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, Bd. 1, Berlin-Heidelberg-New York 1965, 11. Ausl., S. 412 ff.; Blair und Molsberger haben darauf hingewiesen, daß Großunternehmen ihre optimale Unternehmensgröße oft infolge progressiv steigender Verwaltungskosten erheblich überschreiten und daher nicht die maximale Gewinnrate erzielen. Vgl. J. Molsberger, Zwang zur Größe?, Köln und Opladen 1968, S. 169.

  47. Vgl. H. Arndt, Unvollständiger Wettbewerb, in: Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, Bd. 10, S. 597— 599; F. A. Lutz, Bemerkungen zum Monopolproblem, in: Ordo, Band VIII, 1956.

  48. Vgl. J. A. Schumpeter, Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie, Bern 1950 2, S. 134 ff.

  49. Vgl. E. Katzenbach, Die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs, Göttingen 19672, S. 148 ff.; A. L. Reuter, Konzentration und Wirtschaftswachstum, Köln und Opladen 1967, S. 136 ff.

  50. Vgl. J. M. Blair, Galbraith's Two Hats, in: The Progressive, Chicago, August 1967, S. 36. Blair verweist auf die Wirtschaftszweige, in denen der »free market functions tolerably well".

  51. Vgl. Bericht über das Ergebnis einer Untersuchung der Konzentration in der Wirtschaft vom 29. 2. 1964, Bundestags-Drucksache 1V/2320.

  52. Vgl. M. A. Adelmann, The measurement of industrial concentration, in: Review of Economics and Statistics, vol. 33, 1951.

  53. Vgl. E. Mestmäcker, Konzentration und Wettbewerb, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14. März 1970, Nr. 62, S. 15.

  54. Vgl. J. K. Galbraith, The Concept of countervailing Power, Cambridge (Mass.) 1952; C. A. Andreae -W. Glahe, Das Gegengewichtsprinzip in der Wirtschaftsordnung, Bd. I, Wirtschaftliche Macht und Wettbewerb, Köln-Berlin-Bonn-München 1966, S. 68.

  55. F. S. McFadzean, „Hier irrt Galbraith" — Ein europäischer Manager antwortet einem amerikanischen Nationalökonomen, in: Die Zeit, 13. September 1968, S. 43.

  56. Vgl. W. Adams, The New Industrial State - The Military-Industrial Complex and the New Industrial State, in: American Economic Review, Papers and Proceedings, vol. 58, May 1968, Nr. 2, S. 653 und 644.

  57. Vgl. G. P. Adams, Competitive Economic Systems, New York 1955, S. 479 f.

  58. Vgl. A. L. Reuter, a. a. O., S. 87.

  59. Vgl. E. Görgens, Wettbewerb und Wirtschaftswadistum, Freiburg i. Br. 1969, S. 136 ff.

  60. Vgl. E. Görgens, a. a. O., S 256.

  61. Diese Entwicklung wurde bereits Anfang der dreißiger Jahre von Berle und Means konstatiert. Vgl. A. A. Berle -G. C. Means, The Modern Corporation and Private Property, New York 1933; vgl. ferner N. J. Smelser, Soziologie der Wirtschaft, München 1968, S. 129 ff.

  62. J. K. Galbraith, a. a. O., S. 77; vgl. hierzu ferner R. Presthus, Individuum und Organisation, Typologie der Anpassung, Frankfurt 1966; H. P. Bahrdt, Industriebürokratie. Versuch einer Soziologie des industrialisierten Bürobetriebes und seiner Angestellten, Stuttgart 1958.

  63. J. K. Galbraith, a. a. O„ S. 88.

  64. Insofern bedient sich Galbraith der Stabilisierungshypothese, nach der die Inhaber von Führungspositionen in allen sozialen Organisationen dazu neigen, ihre Position gegenüber den unteren Organisationsebenen zu festigen, der Kontrolle dieser Instanzen durch eine entsprechende Steuerung des Informationsprozesses zu entziehen und dadurch langfristig zu stabilisieren und zugleich den Bereich autonomer Entscheidungen erheblich auszuweiten.

  65. J. K. Galbraith, a. a. O„ S. 161 ff.

  66. A. a. O„ S. 185.

  67. H. Marcuse, Psychoanalyse und Politik, S. 17.

  68. Ders., Der eindimensionale Mensch, S. 21.

  69. Vgl. G. Schmidt, Die Weltanschauung der Neuen Linken, a. a. O., S. 21; F. Stern, Kulturpessimismus als politische Gefahr, Bern und Stuttgart 1963.

  70. H. Marcuse, Der eindimensionale Mensch, S. 12.

  71. A. a. O„ S. 14.

  72. A. a. O„ S. 19.

  73. A. a. O., S. 174.

  74. A. a. O„ S. 238.

  75. A. a. O., S. 245.

  76. Vgl. W. D. Narr, Theoriebegriffe und System-theorie, a. a. O., S. 80; vgl. ferner J. Dennert, Bemerkungen zum Revolutionsbegriff bei Marx und Marcuse, in: Hamburger Jahrbuch für Wirtschaftsund Gesellschaftspolitik, Tübingen 1969, S. 19— 31.

  77. J. Meade, a. a. O., S. 238.

  78. Vgl. hierzu auch W. Buckingham, Automation — Herausforderung an das 20. Jahrhundert, in: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochen-zeitung Das Parlament, B 41/63, 9. Oktober 1963, S. 25 ff.

  79. Vgl. hierzu die Umsatzmaximierungshypothese von W. J. Baumöl, Business Behavior, Value and Growth, New York 1959, S. 48. Allerdings betont auch Baumöl die Notwendigkeit einer minimalen Gewinnrate: „I am prepared to generalize . . . that the typical oligopolist's objectives can usefully be characterized, approximately, as sales maximazition Subject to a minimum profit constraint".

  80. Vgl. E. Gutenberg, Grundlagen der Betriebswirtschaftslehre, 2. Band, Berlin-Göttingen-Heidelberg 19624, S. 175 ff.

  81. Vgl. Th. Wessels, Uber wirtschaftspolitische Konzeptionen des Wettbewerbs, in: Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur, Festgabe für Müller-Armack, Berlin 1961.

  82. Vgl. G. Scherhorn, Der Wettbewerb in der Erfahrungswissenschaft - Ein Beitrag zur Allgemeinen Theorie des Marktes, in: Hamburger Jahrbuch für Wirtschaftsund Gesellschaftspolitik, Tübingen 1969, S. 69 ff.

  83. J. K. Galbraith, Die moderne Industriegesellschaft, a. a. O., S. 247 ff.

  84. A. a. O., S. 401.

  85. A. a. O., S. 223.

  86. A. a. O., S. 333.

  87. H. Marcuse, Der eindimensionale Mensch, S. 11.

  88. Vgl. A. F. Bentley, The Process of Government. A study of social pressures, Bloomington 1949, 2. Ausl.

  89. Vgl. K. von Beyme, Interessengruppen in der Demokratie, München 1969, S. 196 ff.

  90. Vgl. G. Schmölders, Das Selbstbild der Verbände, Berlin 1965. Diese Untersuchung hat gezeigt, daß in der Selbsteinschätzung der Verbände politische und unpolitische Zielsetzungen gleichbedeutend nebeneinander stehen.

  91. H. J. Varain, Parteien und Verbände, Köln und Opladen 1964, S. 4; vgl. auch E. Francis, Die Rolle der Interessengruppen im Prozeß der demokratischen Meinungsbildung, in: Aus Politik und Zeit-geschichte. Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, B 26/66, 29. Juni 1966, S. 12— 14.

  92. Vgl. C. W. Mills, The Power Elite, New York 1956.

  93. Vgl. R. A. Dahl, A Critigue of the Ruling Elite Model, in: American Political Science Review, vol. LII, 1958, S. 463— 469.

  94. Vgl. N. J. Smelser, a. a. O„ S. 103.

  95. Vgl. E. K. Scheuch, Abschied von den Eliten, in: Das 198. Jahrzehnt, S. 309, 314 f.

  96. Vgl. J. E. Meade, a. a. O , S. 229.

  97. Vgl. hierzu W. Kaltefleiter, Wirtschaft und Politik in Deutschland. Konjunktur als Bestimmungsfaktor des Parteiensystems, Köln und Opladen 19682, S. 122; W. Kaltefleiter mit P. Arendt, P. Kevenhörster, R. Zülch, Im Wechselspiel der Koalitionen, Eine Analyse der Bundestagswahl 1969, Köln-Berlin-Bonn-München 1970, S. 53 f.

  98. Vgl. C. J. Friedrich, Der Verfassungsstaat der Neuzeit, Berlin-Göttingen-Heidelberg 1953, S. 298— 317; ders., Man and his Government, New York 1963, S. 203 f.

  99. Vgl. J. K. Galbraith, Die moderne Industriegesellschaft, S. 287.

  100. A. a. O„ S. 293.

  101. A. a. O., S. 289.

  102. A. a. O„ S. 223

  103. A. a. O„ S. 289.

  104. A. a. O., S. 260.

  105. H. Marcuse, Der eindimensionale Mensch, S. 39.

  106. Vgl. H. Meinhold, Preispolitik, in: Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, Stuttgart-Tübingen-Göttingen 1964, Bd. 8, S. 503 ff.

  107. Machlup führt Produktivitätssteigerungen auf den technischen Fortschritt, Kosteneinsparungen bei erweiterter Produktion (economics of scale), Qualitätsverbesserung der Produktionsfaktoren und die dispositive Qualität der Unternehmensleitung zurück. Vgl. F. Machlup, Die Produktivität der naturwissenschaftlichen und technischen Forschung und Entwicklung, Köln und Opladen 1963, S. 45 f.

  108. Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 1964/65: Stabiles Geld - stetiges Wachstum, Stuttgart und Mainz 1965, S. 137. Dieser Spielraum der Lohnsteigerungen erweitert sich bei einer Verbesserung der terms of trade (relativer Erhöhung der Export-oder relativer Abnahme der Importpreise) und verringert sich bei einer stärkeren Belastung mit indirekten Steuern, einer Erhöhung der Kapitalkosten je Produkteinheit aufgrund der Substitution von Arbeit durch Kapital und einer Änderung der Beschäftigungsstruktur mit Lohnsummeneffekt. Entsprechend ist ein zusätzlicher Spielraum für Lohnerhöhungen über den durchschnittlichen Produktivitätsfortschritt hinaus gegeben, wenn sich der Anteil der Kapitalkosten an den Gesamtkosten wegen einer Zinssenkung oder wegen des kapitalsparenden technischen Fortschritts verringert.

  109. Vgl. Jahresgutachten 1964/65, a. a. O., S. 138.

  110. So könnte eine kostenniveauorientierte Lohn-Leitlinie solche Preissteigerungen nicht verhindern, die durch exogene Anreize für die konjunkturelle Entwicklung verursacht werden, nachdem die Produktionskapazitäten bereits voll ausgelastet sind. Unter dieser Voraussetzung kann die strikte Orientierung der Lohnpolitik am Produktivitätsfortschritt die inflationären Tendenzen sogar noch verstärken. Bei einer Zunahme der Investitionsquote würden außerdem die Gewinne schneller steigen als das Volkseinkommen. Die Selbstfinanzierungsmöglichkeiten würden sich erweitern, neue Investitionen angeregt und das Preisniveau weiter steigen.

  111. Vgl. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 1966/67: Expansion und Stabilität, Stuttgart und Mainz 1966, S. 180.

  112. H. Schelsky, Zukunftsaspekte der industriellen Gesellschaft, in: Hamburger Jahrbuch für Wirtschafts-und Gesellschaftspolitik, 1956, S. 38.

  113. H. Freyer, Das soziale Ganze und die Freiheit des Einzelnen unter den Bedingungen des industriellen Zeitalters, Göttingen-Berlin-Frankfurt 1957, S. 28 f.

  114. O. von Nell-Breuning, Sinnbestimmung der Wirtschaft aus letzten Gründen, in: Grundsatzfragen der Wirtschaftsordnung, Berlin 1954, S. 245.

  115. J. K. Galbraith, Die moderne Industriegesellschaft, S. 238 ff.

  116. Vgl. J. K. Galbraith, a. a. O., S. 232.

  117. A. a. O„ S. 242.

  118. A. a. O„ S. 223 ff.

  119. Vgl. H. Marcuse, Der eindimensionale Mensch, S. 16.

  120. H. Marcuse, a. a. O., S. 27.

  121. A. a. O., S. 32; vgl. auch H. Marcuse, Repressive Toleranz, a. a. O., S. 113.

  122. Vgl. H. Marcuse, Der eindimensionale Mensch, S. 103.

  123. A. a. O„ S. 252.

  124. Vgl. P. Meyer-Dohm, Bemerkungen zur Konsumkritik, in: Hamburger Jahrbuch für Wirtschaftsund Gesellschaftspolitik 1960, Bd. 5, S. 169.

  125. Vgl. P. Meyer-Dohm, a. a. O., S. 172.

  126. Vgl. R. Bendix, Der Einzelne und die Gesellschaft: gestern, heute, morgen; in: Th. W. Adorno, H. Albert u. a., Soziologie zwischen Theorie und Empirie. Soziologische Grundprobleme. Herausgegeben von Willy Hochkeppel, München 1970, S. 112.

  127. J. Habermas, Konsumkritik — eigens zum Konsumieren. In: Frankfurter Hefte, 12. Jg., 1957, S. 641 ff.

  128. P. Meyer-Dohm, a. a. O., S. 177.

  129. Vgl. H. Gross, „Hemmungsloser Verbrauch", in: Handelsblatt, Nr. 132, vom 10. November 1958.

  130. Vgl. D. Barley, Menschlichkeit und Leistungsgesellschaft, in: Die Mitarbeit — Zeitschrift zur Gesellschafts-und Kulturpolitik, 19. Jg., März 1970, S. 19.

  131. Vgl. G. Eisermann, Werbung und Wettbewerb, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, Bd. 117, 1961, S. 289 ff.

  132. Vgl. E. H. Chamberlin, The theory of mono-polistic competition, Cambridge (Mass.) 1933.

  133. Vgl. J. Duesenberry, Income, saving, and the theory of consumer behavior, Cambridge (Mass.) 1949; F. Modigliani, Fluctuations in the saving - income ratio. A probiern in economic forecasting, New York 1949.

  134. Vgl. F. Redlich, Reklame und Wechsellagenkreislauf, in: Schmöllers Jahrbuch, Bd. 59, 1935, S. 43; K. W. Rothschild, A note on advertising, in: Economic Journal, vol. 52, 1942, S. 112.

  135. Vgl. P. Meyer-Dohm, Sozialökonomische Aspekte der Konsumfreiheit. Untersuchungen zur Stellung des Konsumenten in der marktwirtschaftlichen Ordnung, Freiburg im Breisgau 1965, S. 65.

  136. R, König, Gestaltungsprobleme der Massengesellschaft, in: Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur. Festgabe für Alfred Müller-Armack, hrsg. von Franz Greiß und Fritz W. Meyer, Berlin 1961, S. 566.

  137. Vgl. P. Meyer-Dohm, Sozialökonomische Aspekte der Konsumfreiheit, a. a. O., S. 127 ff. Auch Erich und Monika Streissler (Konsum und Nachfrage, Köln-Berlin 1966, S. 14 f.) unterscheiden vier Typen von Konsumakten: die echten Entscheidungen, die mit dem Rationalverhalten identisch seien, das Impuls-oder Affektverhalten, das vor allem für Bagatellkäufe kennzeichnend sei und die typischen ökonomischen Variablen Preis und Einkommen nicht direkt berücksichtige, das Gewohnheitsverhalten, das von früheren Konsum-akten abhängig sei und auf überkommenen sozialen Traditionen oder dem geringen psychischen Widerstand bei Wiederholung des Verhaltens beruhe, und das sozial abhängige Verhalten, das bei Modeartikeln klar erkennbar sei.

  138. Vgl. H, Thomae, Der Mensch in der Entscheidung, München 1960, S. 80 f.

  139. Vgl. G. Katona, The Powerful Consumer, New York-Toronto-London 1960, S. 144.

  140. Vgl. P. Meyer-Dohm, a. a. O., S. 130.

  141. Vgl. E. u. M. Streissler, Konsum und Nachfrage, a. a. O., S. 17.

  142. Vgl. H. Simon, Models of man, social and rational, New York-London 1957, S. 198 ff.

  143. Vgl. hierzu auch N. J. Smelser, Soziologie der Wirtschaft, a. a. O., S. 67.

  144. Vgl. G. Becker, Irrationales Verhalten und ökonomische Theorie, in: Konsum und Nachfrage, S. 217— 228.

  145. Vgl. H. Kluth, Sozialprestige und sozialer Status, Stuttgart 1957, S. 10 ff.; N. J. Smelser, a. a. O., S. 114 ff., 162 f.; S. M. Lipset -H. L. Zetterberg, Eine Theorie der sozialen Mobilität, in: H. Hart-mann (Hrsg.), Moderne Amerikanische Soziologie — Neuere Beiträge zur soziologischen Theorie, Stuttgart 1967, S. 370.

  146. Vgl. Th. Veblen, The theory of the leisure dass, New York 1899; G. Katona, The powerful consumer: psychological studies of the American economy, New York 1960, S. 219 f.; H. Kreikebaum, G. Rinsche, Das Prestigemotiv in Konsum und Investition, Berlin-München 1961. Aufgrund dieser schichtspezifischen Orientierung der Konsumgüternachfrage gliedert Harvey Leibenstein die nichtinstrumentale Nachfrage, die auf andere Faktoren als die inhärenten Eigenschaften des Gutes selbst zurückzuführen ist, in den „MitläuferEffekt", den „Snob-Effekt" und den „VeblenEffekt". Während der „Mitläufer-Effekt" darauf beruht, daß sich der Konsument der Präferenz einer anderen Verbrauchergruppe anschließt, bringt der „Snob-Effekt" die genau entgegengesetzte Wirkung zum Ausdruck: Die individuelle Nachfrage nach einem Konsumgut nimmt infolge der Tatsache ab, daß auch andere das Gut konsumieren. Der „Veblen-Effekt" erfaßt den Fall des demonstrativen Konsums: Die Nachfrage nimmt mit steigendem Preis zu. Vgl. H. Leibenstein, Mitläufer-, Snob-und Veblen-Effekte in der Theorie der Konsumentennachfrage, in: E. u. M. Streissler (Hrsg.), Konsum und Nachfrage, S. 231— 255.

  147. Vgl. J. S. Duesenberry, Income, saving, and the theory of consumer (Mass.) behavior, Cambridge 1949; ders., Income, employment and public policy. Essays in honor of Alvin H. Hansen, New York 1948, S. 54— 81.

  148. Vgl. auch E. Katz, P. F. Lazarsfeld, Persönlicher Einfluß und Meinungsbildung, München 1962, S. 100 ff.

  149. Vgl. N. J. Smelser, a. a. O., S. 157.

  150. Vgl. F. S. McFadzean, a. a. O., S. 45.

  151. Vgl. P. Meyer-Dohm, a. a. O., S. 260; N. H. Borden, The Economic Effects of Advertising, Chicago 1947 4, S. 433.

  152. Vgl. P. W. Meyer, Die Werbeerfolgskontrolle, Düsseldorf-Wien 1963, S. 11 ff.

  153. N. J. Smelser, a. a. O., S. 156.

  154. Vgl. W. Märzen, Preiswettbewerb und Verbraucherpolitik, Saarbrücken 1964, S. 176 f.

  155. Vgl. E. Sundhoff, Uber die Beziehungen zwischen Marktform und Werbung, in: Betriebsökonomisierung. Festschrift für Rudolf Seyffert, hrsg. von Erich Kosiol und Friedrich Schlieper, Köln und Opladen 1958, S. 57 ff.

  156. Vgl. K. Oppenländer, Die moderne Wachstums-theorie, Berlin-München 1963.

  157. Vgl. M. J. Farrell, Die neuen Theorien der Konsumfunktion in: Konsum und Nachfrage, S. 338— 359.

  158. Vgl. E. u. M. Streissler, a. a. O., S. 103.

  159. O. W. Haseloff, Sozialpsychologisches zur These von der gegängelten Gesellschaft, in: Soziologie zwischen Theorie und Empirie, a. a. O., S. 179.

  160. Vgl. E. K. Scheuch, Der „Demokratisierungsprozeß" als gesamtgesellschaftliches Phänomen, Saarbrücken, Mai 1970, hektographiertes Ms., S. 2.

  161. Vgl. K. Grossner, Reform oder Weigerung? Widersprüche zweier Philosophen, in: Die Zeit, 22. Mai 1970, S. 8.

  162. H. Albert, Ökonomische Ideologie und politische Theorie. Das ökonomische Argument in der ordnungspolitischen Debatte, Göttingen 1954, S. 116.

  163. Vgl. J. Rothenberg, Wiedersehen mit der Konsumentensouveränität und Entdeckung der Vorteile der Wahlfreiheit, in: Konsum und Nachfrage, S. 470 ff.

  164. P. Weigt, Revolutions-Lexikon. Taschenbuch der außerparlamentarischen Aktion, Frankfurt 1968, S. 56.

  165. Vgl. Ch. Watrin, Spätkapitalismus?, in: E. K. Scheuch, (Hrsg.), Die Wiedertäufer der Wohlstandsgesellschaft. Eine kritische Untersuchung der „Neuen Linken" und ihrer Dogmen, Köln 1968, S. 41; vgl. auch A. R. L. Gurland, Zur Theorie der sozial-ökonomischen Entwicklung der gegenwärtigen Gesellschaft, in: Spätkapitalismus oder Industriegesellschaft? a. a. O., S. 59; R. Clapham, Die Entlarvung ideologischer Aussagen in der Entwicklungstheorie, in: Wirtschaftspolitische Chronik, Institut für Wirtschaftspolitik an der Universität zu Köln, Heft 3 1968, S. 7— 22.

  166. Vgl. B. Moore, Toleranz und wissenschaftliche Einstellung, in: R. P. Wolff -B. Moore -H. Marcuse, Kritik der reinen Toleranz, a. a. O., S. 89: „Im Gegensatz zum Koran ist kein Teil der Wissenschaft, keine Konzeption von Wissenschaft und keine ihrer Methoden, und am allerwenigsten die gegenwärtigen, ununterbrochen erhaben über eine Untersuchung, Kritik, und, falls erforderlich, grundlegende Änderung oder steht gar jenseits davon."

  167. Vgl. H. Albert, Aspekte eines modernen Kritizismus, in: Th. W. Adorno -H. Albert u. a., Soziologie zwischen Theorie und Empirie, a. a. O., S. 90.

  168. P. A. Baran -P. M. Sweezy, Monopolkapital. Ein Essay über die amerikanische Wirtschaftsund Gesellschaftsordnung, Frankfurt 1967, S. 217.

  169. P. A. Baran -P. M. Sweezy, a. a. O., S. 274.

  170. A. a. O., S. 327.

  171. P. A. Baran, Politische Ökonomie des wirtschaftlichen Wachstums, Neuwied am Rhein und Berlin 1966, S. 50.

  172. A. a. O., S. 65, 207, 383.

  173. Vgl. hierzu H. L. Moore, Synthetic Economics, New York 1929, S. 21, 92 ff.; R. F. Harrod, Dynamische Wirtschaft, 1949, S. Wien-Stuttgart 102; K. Brandt, Struktur der Wirtschaftsdynamik, Frankfurt 1952, S. 91; A. Hansen, Towards a Dynamic Theory of the Cycle, in: The American Economic Review, Papers and Proceedings, vol. 42, 1952, S. 74; G. Bombach, Zur Theorie des wirtschaftlichen Wachstums, in: Weltwirtschaftliches Archiv, Bd. 70, 1953.

  174. J. Agnoli -P. Brückner, Die Transformation der Demokratie, Berlin 1967, S. 22.

  175. A. a. O„ S. 18.

  176. A. a. O., S. 8.

  177. Vgl. K. Hermann, Die Revolte der Studenten, Hamburg 1967, S. 55.

  178. So Herbert Marcuse vor Berliner Studenten, zitiert nach K. Hermann, a. a. O., S. 58.

  179. Vgl. K. Hermann, a. a. O., S. 60 f.

  180. Vgl. P. A. Baran, Unterdrückung und Fortschritt, Frankfurt 1966, S. 66, 67, 92 ff.

  181. Zitiert nach N. J. Ryschkowsky, Die linke Linke, München-Wien 1968, S. 77.

  182. Vgl. Ch. Watrin, Spätkapitalismus?, a. a. O., S. 40.

  183. Vgl. R. Dutschke, Die Widersprüche des Spätkapitalismus, die antiautoritären Studenten und ihr Verhältnis zur Dritten Welt, in: U. Bergmann-R. Dutschke -W. Lefevre -B. Rabehl, Rebellion der Studenten oder Die neue Opposition, Hamburg 1968, S. 71, 81 f.

  184. Vgl. K. Steinhaus -F. Deppe, Entwurf zum Schulungsprogramm des SDS, in: SDS-Korrespondenz, 1966, Nr. 4, S. 2- 30; R. Ahlberg, Die politische Konzeption des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes, Bonn 1968, S. 12.

  185. Entwurf zum Schulungsprogramm des SDS, a. a. O., S. 8/9.

  186. E. Altvater, Perspektiven jenseits des Wirtschaftswunders: „Stabilisierte Wirtschaft", „Formierte Gesellschaft" II, in: Neue Kritik, 1967, Nr. 40, S. 22.

  187. Vgl. H. Marcuse, Perspektiven des Sozialismus in der entwickelten Industriegesellschaft, in: Praxis, 1965, Nr. 2/3, S. 269; A. Gorz, Zur Strategie der Arbeiterbewegung im Neokapitalismus, Frankfurt 1967, S. 7.

  188. P. Weigt, Revolutions-Lexikon, a. a. O., S. 48.

  189. A. Gorz, a. a. O., S. 7.

  190. W. Abendroth, Antagonistische Gesellschaft und politische Demokratie. Aufsätze zur politischen Soziologie, Neuwied und Berlin 1967, S. 25, 359.

  191. Vgl. H. Marcuse, Vernunft und Revolution. Hegel und die Entstehung der Gesellschaftstheorie, Neuwied und Berlin 1962, S. 373.

  192. Th. W. Adorno -U. Jaerisch, Anmerkungen zum sozialen Konflikt heute, in: H. Maus (Hrsg.), Gesellschaft, Recht und Politik, Neuwied und Berlin 1968, S. 8.

  193. Vgl. R. Dutschke, Die Widersprüche des Spätkapitalismus . . ., a. a. O., S. 39, 41, 57 und 87 f.; vgl. ferner die „ 26 Thesen zur politischen Orts-bestimmung des SDS", in: N. J. Ryschkowsky, Die linke Linke, a. a. O., S. 194 ff.

  194. Zur Kritik siehe vor allem K. Shibata, Dynamic and Dialectic Theories of World Capitalism, Kyoto 1959; H. Albert (Hrsg.), Theorie und Realität, Tübingen 1964; derselbe, Marktsoziologie und Entscheidungslogik, Neuwied 1967; K. R. Popper, Das Elend des Historizismus, Tübingen 1965; E. Topitsch, Sozialphilosophie zwischen Ideologie und Wissenschaft, Neuwied 19662, Ch. Watrin, Spätkapitalismus?, a. a. O.; R. Ahlberg, Die politische Konzeption des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes, a. a. O.; N. J. Smelser, a. a. O., S. 178.

  195. Vgl. Ch. Watrin, a. a. O., S. 45. Nach Andre Gorz (zur Strategie der Arbeiterbewegung im Neokapitalismus, a. a. O., S. 28) gibt es „nicht eine Krise der Arbeiterbewegung, sondern eine Krise ihrer Theorie". „Unmittelbare wirtschaftliche Forderungen" genügten nicht mehr, „um den radikalen Antagonismus der Arbeitnehmer als gesellschaftlicher Klasse gegenüber dem Kapitalismus auszudrücken und zu konkretisieren".

  196. R. Ahlberg, a. a. O., S. 12 f.

  197. Vgl. K. A. Wittfogel, Die orientalische Despotie. Eine vergleichende Untersuchung totaler Macht, Köln-Berlin 1962.

  198. Vgl. H. Albert, Plädoyer für kritischen Rationalismus, in: Das 198. Jahrzehnt S. 229 f.

  199. Vgl. H. Marcuse, Das Ende der Utopie, Berlin 1967, S. 40 f.

  200. Vgl. E. Mandel, Marxistische Wirtschaftstheorie, Frankfurt 1968.

  201. K. P. Tudyka, Politische Ökonomie - Ein Desiderat der Politikwissenschaft, in: Politische Vierteljahresschrift, 10. Jg., März 1969, Heft 1, S. 138 f.

  202. Vgl. Ch. Watrin, Ökonomische Entwicklungsgesetze, in; Wirtschaftspolitische Chronik des Instituts für Wirtschaftspolitik an der Universität zu Köln, Köln, 1966; Beiträge zur Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft - Festgabe für Alfred Müller-Armack, S. 67- 86; P. Urban, Ch. Watrin, Mutmaßungen über den Kapitalismus, in: Publik, Nr. 8, 20. Februar 1970, S. 9.

  203. E. Boettcher, Von der Industriegesellschaft zum Neokolonialismus?, in: Die Wiedertäufer der Wohlstandsgesellschaft, S. 70.

  204. H. Albert, Plädoyer für einen kritischen Rationalismus, a. a. O., S. 279.

  205. E. Topitsch, Sackgassen des Engagements, in: Soziologie zwischen Theorie und Empirie, a. a. O., S. 141.

  206. Vgl. H. Marcuse, Der eindimensionale Mensch, S. 61 f. und 256- 263.

  207. Diese Schlußfolgerung ergibt sich zumindest aus der sogenannten Erhaltungshypothese, nach der in allen sozialen Gebilden die Träger von Machtposititionen eine weitere Machtverfestigung anstreben: Auch eine Räteversammlung würde ihrer eigenen Ablösung starken Widerstand entgegensetzen. Eine detaillierte theoretische und empirische Überprüfung dieser Hypothese steht allerdings noch aus. Vgl. hierzu U. Bermbach, Ansätze zu einer Kritik des Rätesystems, in: Politologe, 9. Jhg., Nr. 4, Dezember 1968, S. 21- 31; G. A. Ritter, „Direkte Demokratie" und Rätewesen in Geschichte und Theorie, in: E. K. Scheuch, (Hrsg.), Die Wiedertäufer der Wohlstandsgesellschaft, S. 188- 216.

  208. H. Marcuse, Der eindimensionale Mensch, a. a. O., S. 60 f.

  209. A. a. O., S. 256.

  210. Werbung und Reklame werden zu den „Tricks" gezählt, mit denen kapitalistische Systeme „der Überproduktion Herr zu werden“ versuchen. Vgl. P. Weigt, Revolutions-Lexikon, a. a. O., S. 57.

  211. A. Gorz, Zur Strategie der Arbeiterbewegung im Neokapitalismus, a. a. O., S. 82 f.

  212. Vgl. A. Gorz, a. a. O., S. 119, 176 ff. und 220 ff.

  213. H. Marcuse, Befreiung von der Überflußgesellschaff, in: Kursbuch 16/1969, S. 186 f.

  214. J. Habermas, Zum Geleit, in: Antworten auf Herbert Marcuse, hrsg. v. Jürgen Habermas, Frankfurt 1968, S. 12.

  215. Vgl. J. Bergmann, Technologische Rationalität und spätkapitalistische Ökonomie, in: Antworten auf Herbert Marcuse, S. 89.

  216. Diese Forderung wird expressis verbis von Alfred Schmidt erhoben: Existential-Ontologie und historischer Materialismus bei Herbert Marcuse, in: Antworten auf Herbert Marcuse, S. 20.

  217. Diese Symptome kennzeichnen entgegen der Aussage W. F. Haugs (Das Ganze und das ganz Andere. Zur Kritik der reinen revolutionären Transzendenz, in: Antworten auf Herbert Marcuse, S. 70) nicht nur Marcuses Kapitalismuskritik, sondern die gesamte neomarxistische Theorie.

  218. J. K. Galbraith, Die moderne Industriegesellschaft, S. 429.

  219. A. a. O„ S. 331.

  220. A. a. O„ S. 425.

  221. Vgl. K. Lompe, Wissenschaftliche Beratung der Politik. Ein Beitrag zur Theorie anwendender Sozialwissenschaften, Göttingen 1966, S. 39 f.

  222. Vgl. Ph. Herder-Dorneich, Zur Theorie der sozialen Steuerung, Köln 1965, S. 9 ff., 45 f.

  223. Vgl. J. E. Meade, a. a. O., S. 246 f.

  224. Vgl. W. Märzen, a. a. O., S. 110 ff.

  225. Vgl. E. Kantzenbach, a. a. O., S. 129, 136.

  226. Vgl. E. Egner, Grundsätze der Verbraucherschutzpolitik, in: Konsum und Nachfrage, S. 452 ff.

  227. Vgl. T. Skitovsky, Zum Prinzip der Konsumentensouveränität, in: Konsum und Nachfrage, S. 490 f.

  228. Vgl. P. Meyer-Dohm, Sozialökonomische Aspekte der Konsumfreiheit, a. a. O., S. 352; vgl. auch R. Waterkamp, Gesellschaftspolitische Optionen einer Zukunftsplanung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 40/67, 4. Oktober 1967, S. 9 ff.

  229. H. Giersch, Allgemeine Wirtschaftspolitik, Bd. 1: Grundlagen, Wiesbaden 1960, S. 197.

Weitere Inhalte

Paul Kevenhörster, Dr. rer. pol., Dipl. -Kfm., Dipl. -Volksw., geb. am 5. Juni 1941 in Schwerte/Ruhr, Studium der Wirtschaftswissenschaften und der Politischen Wissenschaft an den Universitäten Köln, Bonn, Hamburg, Pennsylvania State University (USA) und Sophia-Universität Tokio. Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut zur Erforschung von Grundsatzfragen der Wirtschaftsund Gesellschaftsordnung in Düsseldorf. Veröffentlichungen u. a.: Das politische System Japans, Köln und Opladen 1969; Der Überdruß an der Demokratie. Neue Linke und alte Rechte — Unterschiede und Gemeinsamkeiten, Köln 1970 (Mitverf.); Im Wechselspiel der Koalitionen. Eine Analyse der Bundestagswahl 1969, Köln-Berlin-Bonn-München 1970 (Mitverf.); zahlreiche Zeitschriftenaufsätze.