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Futurologie — Brücke zwischen Ost und West? Zukunft als Heilserwartung | APuZ 37/1970 | bpb.de

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APuZ 37/1970 Futurologie — Brücke zwischen Ost und West? Zukunft als Heilserwartung Juristische Ausbildung in der modernen Gesellschaft Deutsche und amerikanische Erfahrungen

Futurologie — Brücke zwischen Ost und West? Zukunft als Heilserwartung

Ossip K. Flechtheim

/ 57 Minuten zu lesen

Die wissenschaftlich-technische Revolution unserer Tage ist weder auf ein Land beschränkt noch auf einen Weltteil — sie erfaßt alle „drei Welten" und trägt dazu bei, aus ihnen eine Welt zu machen. Zugleich gehen die Konflikte in wie zwischen diesen Welten weiter, insbesondere auch noch der Wettstreit zwischen Ost und West, der von Anbeginn an auch ein Ringen um die Welt von morgen war. Hieran hat sich sogar mit dem Aufkommen der „Dritten Welt", der Entfaltung der Polyzentrismen hüben wie drüben und dem Übergang vom „kalten Krieg" zur „friedlichen Koexistenz", d. h. zum mehr oder weniger „gewaltlosen" Wettbewerb der Systeme, prinzipiell wenig geändert. Die Methoden und Ziele der Auseinandersetzung mögen sich in der Tat erheblich wandeln — der äußerste Rahmen, innerhalb dessen die Mächte und Kräfte miteinander ringen, bleibt der gleiche: die Zukunft des Planeten und der Menschheit. Da geht es sowohl um die Planung der Wirtschaft und des Staates von morgen wie aber auch um die Gestaltung der Gesellschaft und der Kultur der nächsten Jahre und Jahrzehnte überhaupt.

Nach einer weitverbreiteten Auffassung hat nun in diesem Kampf der „totalitäre" Osten den Vorteil einer geschlossenen „Ideologie", während umgekehrt der „freiheitlich-pluralistische" Westen ideologisch zerstritten ist. Nun ist die Zukunftskonzeption des „Westens" in der Tat nicht so einheitlich wie die trotz allen Rissen immer noch relativ „monolithische" Vergangenheitsund Zukunftsvision des Ostens. Daß aber der Pluralismus im Westen ein Nachteil ist, kann man sehr wohl in Frage stellen. Wie dem aber auch sei: man wird kaum bestreiten können, daß sich einflußreiche Kreise im westlichen Lager im letzten halben Jahrhundert, zum Teil auch als Reaktion auf den „Materialismus" der Kommunisten, auf eine eher „idealistisch" -konservative Sicht der Vergangenheit wie der Zukunft konzentriert haben. Für diese ist vor allem typisch, daß die vorwärtstreibende Funktion des Widerspruchs von technisch-industriellen Potenzen und soziokulturellen Institutionen geleugnet wird. Wie wir bereits angedeutet haben, läßt dieser historische Idealismus oder Traditionalismus, der an die Hegeische These'von der Vollendung der Gegenwart erinnert, für wirklich Neues kaum Raum: Die Zukunft ist nicht viel mehr als eine — sicherlich im technischen Detail verbesserte — Fortsetzung der Vergangenheit. überraschenderweise hat sich auch im kommunistischen Lager das Schwergewicht des Interesses bei der Auseinandersetzung mit der ferneren Zukunft auf naturwissenschaftlich-technische Fragen verlagert. In den Worten von Julius Strinka „Die dialektische Theorie des sozialen Fortschritts, die die Hauptbetonung auf die Lösung der wesentlichen inneren Widersprüche der gegebenen Sozialstruktur legt, wird durch einen mechanistischen Evolutionismus ersetzt. Fortschritt wird begriffen als ein einfaches quantitatives Wachstum einiger typischer Parameter (z. B.des Produktionsvolumens, des Lebensstandards, der Anhebung des Bildungsniveaus, der Nutzung kultureller Mittel usw.) und nicht als eine qualitative Umformung der inneren Struktur der sozialistischen Gesellschaft. Insofern wird der Aufbau des Sozialismus als Ausbau der gegenwärtigen Form des Sozialismus gedeutet. Dies ist noch seltsamer, wenn wir be-Mit freundlicher Genehmigung des Verlages Wissenschaft und Politik in Köln wird aus dem in diesem Monat erscheinenden Buch von Ossip K. Flechtheim: „Futurologie — Der Kampf um die Zukunft" ein Kapitel als Vorabdruck veröffentlicht. denken, daß nach apologetischer Auffassung die zweite Phase der kommunistischen Gesellschaftsordnung im Vergleich zum Sozialismus als qualitativ neues und höheres Stadium angesehen wird."

Insbesondere seit dem 21. Parteitag der KPdSU ist der Übergang zum vollentfalteten Kommunismus in der Sowjetunion zunächst intensiver diskutiert worden, wobei sich erstaunliche Parallelen zum Optimismus der westlichen Technokraten auftun — um so erstaunlicher, als diese Diskussionen nach wie vor im Rahmen der Vorstellungen von Lenin und Marx verbleiben wollen. In der für das Ausland bestimmten, Ende 1967 erschienenen Schrift „Was ist Kommunismus" ist dann auch eine Akzentverlagerung im Vergleich zur Chruschtschow-Ära festzustellen Soziale Prognostik ist erst in den allerletzten Jahren gefördert worden, insbesondere nach dem 23. Parteikongreß, der im April 1966 stattfand

Trotz aller Wandlungen beruft man sich nach wie vor in der Sowjetunion zumindest verbal auf den Kommunismus, d. h. auf Theorie und Praxis von Lenins „dialektischem Materialismus" wie auch auf Marx'und Engels'materialistische Geschichtskonzeption. Es genügt hier festzustellen, daß im Hoch-und Spätstalinismus von der Marxschen Theorie nur noch eine irrationale Mythologie übriggeblieben war, die der Bürokratie zur Rechtfertigung ihrer Herrschaft und zur Verhinderung jeder Kritik an den Machthabern und an den von diesen geprägten Institutionen zu dienen hatte -— Institutionen, die unverändert in der Zukunft fortdauern sollten.

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß in Rußland die Entwicklung seit der Oktoberrevolution in vielem von der revolutionären Utopie zu einer neokonservativen Ideologie verlaufen ist Erinnert der stalinistische Terrorismus an Orwells Gegenutopie, so ähnelt die Entwicklung der beiden letzten Jahrzehnte eher der westlichen „entideologisierten" Ideologie der neokonservativen Konsumentendemokratie als der ursprünglichen radikalen Utopie. Damit vertieft sich aber die Kluft zwischen einem technischen Pragmatismus des Alltags und einem ideologischen Dogmatismus für den Sonntag. Die technisch-industrielle Revolution, die aus dem unterentwikkelten Zarenreich die zweite industrielle Welt-macht mit ihrer Verheißung des höheren Lebensstandards gemacht hat, fasziniert so, daß der Abbau der vorhandenen, relativ starren Herrschaftsinstitutionen in eine immer fernere Zukunft verlegt wird. Die bestehenden sozialen, politischen und wirtschaftlichen Institutionen erfahren demgemäß eine ideologische Legitimierung auch durch das Dogma, daß die technische Entwicklung sie schon eines Tages automatisch überflüssig machen wird, vorausgesetzt, daß die Führung stets in den Händen der Partei bleibt. Während der Katholizismus die Zukunft als Dimension der Humanisierung im Diesseits zu erkennen beginnt, wird im Kommunismus die fernere Zukunft so zum Objekt einer dogmatischen Heilserwartung, d. h. aber letztlich transzendent.

Die „Normalisierung", die mit dem Tode des Despoten langsam eingesetzt hatte, allerdings seit dem Sturz Chruschtschows in wesentlichen Bereichen zum Stillstand gekommen und hier und da sogar von einer Art „Neostalinismus" abgelöst worden ist, wird umschrieben mit Begriffen wie Entbolschewisierung und Entstalinisierung, Institutionalisierung und Bürokratisierung, Entdoktrinierung und Entideologisierung, Entrevolutionierung und Funktionalisierung, (Re-) Nationalisierung und Differenzierung, Liberalisierung und Lockerung, Saturierung und Parlamentarisierung, Domestizierung und Demokratisierung. Alle diese Termini deuteten eine vielschichtig-widerspruchsvolle Entwicklung an, die in der Sowjetunion andere Formen annahm als in China, in Osteuropa andere Ursachen und Wirkungen aufweist als in Westeuropa, in den Industriegesellschaften der nördlichen Hemisphäre einen anderen Stellenwert hat als in den „unterentwickelten" Kulturen des „Südens". Für unsere Zwecke ist es besonders wichtig, auf die fortschreitende Differenzierung des Weltkommunismus zu verweisen. Sehen wir hier bewußt von China und der Dritten Welt ab; aber selbst dann zerfällt dieser heute in jene Bewegungen in Westeuropa, die innerhalb von demokratisch-parlamentarischen Systemen operieren, in jene osteuropäischen Parteien, bei denen europäische Traditionen und Einflüsse von Bedeutung sind, und schließlich in den Sowjetkommunismus,

Bei einem Vergleich dieser verschiedenen Strömungen im „östlichen" Lager, insbesondere was den Übergang zum Sozialismus und das Bild der Gesellschaft von morgen angeht, wobei dieser Überblick sich eng an die Originalstellen anschließt, wird zunächst einmal der Kontrast zwischen einem noch immer recht dogmatischen Bild der Zukunft in der Sowjetunion einerseits, der revisionistischen Methodologie und Zukunftssicht einer Anzahl mehr oder weniger kritischer Kommunisten in West-und Mitteleuropa andererseits offenbar. Ferner erkennnen wir aber auch, daß — vielleicht als Antwort auf die „neostalinistische" Reaktion in der Sowjetunion — nun auch in Rußland die ersten Stimmen laut werden, die die Zukunft weniger „marxistisch-leninistisch" sehen als die offiziellen Partei-und Staatsideologen.

Ein zuerst 1960 in Moskau erschienenes, für den Nachstalinismus typisches Lehrbuch, das A. Künzli den „Talmud der kommunistischen Religion" nennt, beginnt noch pflichtgemäß mit der Glorifizierung des Marxismus-Leninismus als der „fortschrittlichsten Weltanschauung der Gegenwart", die „in einem einheitlichen harmonischen System von Anschauungen die wichtigsten Bestandteile der großen Lehre von Marx und Lenin vereinigt Das unerschütterliche Fundament des Marxismus-Leninismus ist „eine philosophische Lehre, der dialektische und historische Materialismus. . . Sie untersucht die Welt im Einklang mit den neuesten Ergebnissen der Wissenschaft und der gesellschaftlichen Praxis" Der marxistische philosophische Materialismus wie auch die marxistische materialistische Dialektik als „die tiefste, umfassendste und inhaltsreichste Lehre von der Bewegung und Entwicklung" sind angeblich das gesetzmäßige Ergebnis der gesamten jahrhundertelangen Geschichte der wissenschaftlichen Erkenntnis der Welt, die Verallgemeinerung des riesigen Materials der gesellschaftlichen Praxis Sie „sind untrennbar miteinander verbunden und durchdringen einander als zwei Seiten der einheitlichen philosophischen Lehre des Marxismus". Unkritisch wird erklärt, die großen Siege, die die Kommunistische Partei der Sowjetunion und die anderen marxistischen Parteien errungen hätten, seien vor allem darauf zurückzuführen, daß sie sich in ihrer Politik und gesamten Tätigkeit von der Methode der materialistischen Dialektik leiten ließen und sie schöpferisch weiterentwickeln. Es wird dann auf die Erklärung der Beratung von Vertretern der kommunistischen und Arbeiterparteien der sozialistischen Länder, die vom 14. bis 16. November 1957 in Moskau stattfand, Bezug genommen: „Geht eine marxistische politische Partei bei der Prüfung der verschiedenen Fragen nicht von der Dialektik und dem Materialismus aus, so führt das zu Einseitigkeit und Subjektivismus, zur Verknöcherung des Denkens, zur Loslösung von der Praxis, zum Verlust der Fähigkeit, die Dinge und Erscheinungen richtig zu analysieren, zu revisionistischen und dogmatischen Fehlern und zu Fehlern in der Politik."

Ist der „Diamat" die alleinseligmachende Lehre, so folgt logisch, daß „die einzige wissenschaftliche Soziologie der historische Materialismus ist. . Solange kein anderer Versuch vorliegt, die Wirksamkeit und Entwicklung einer Gesellschaftsformation . . . wissenschaftlich zu erklären, ein anderer Versuch, der geeignet wäre, genauso, wie es der Materialismus getan hat, in die entsprechenden Tatsachen Ordnung hineinzutragen und ein lebendiges Bild der bestimmten Formation zu entwerfen und sie dabei streng wissenschaftlich zu erklären — solange bleibt die materialistische Geschichtsauffassung das Synonym für Gesellschaftswissenschaft (Lenin, Werke, 1,133). Soweit diese Stimme aus der DDR.

Der Marxismus-Leninismus macht ein Monopol auf die Erkenntnis der Zukunft geltend. Er „gibt uns gleichsam ein Instrument in die Hand, mit dem wir in die Zukunft blicken und den künftigen Geschichtsverlauf mit seinen Umrissen wahrnehmen können. Es ist dies eine Art , Zeitteleskop', das die gewaltigen Perspek-tiven der vom Joch des Kapitals, vom Joch der letzten Ausbeuterordnung befreiten Menschheit erkennen läßt." Die bürgerlichen Gelehrten behaupten angeblich, daß man nichts voraussehen könne, und verschließen die Augen — sie haben Furcht, in die Zukunft zu blicken. Ganz anders die Marxisten. Hat doch die „Geschichte in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts unwiderleglich bewiesen, daß die Kommunisten, mit der marxistischen Theorie ausgerüstet, im allgemeinen richtige historische Voraussagen getroffen haben. Die Wahrheit der marxistisch-leninistischen Geschichtsauffassung ist durch die Praxis voll und ganz bestätigt worden." Waren also die kommunistischen Voraussagen nur „im allgemeinen" richtig, so soll doch der Marxismus-Leninismus „voll und ganz" wahr sein.

Ein technisches Paradies

Heinrich Kronstein: Juristische Ausbildung in der modernen Gesellschaft . . S. 27

Wenden wir uns nun der Vision des orthodoxen Sowjetkommunismus von der klassenlosen Gesellschaft des Kommunismus zu, so erkennen wir sofort, wie wenig nach wie vor die sowjetischen Parteitheoretiker gerade bei ihrer Grundkonzeption der Zukunft über den Geist des tradierten Leninismus hinausgelangt sind, während ihre optimistische Technologie erstaunlich der des Westens ähnelt. Trotz aller seit Jahrzehnten erlittenen Enttäuschungen stellt sich der Aufbau der kommunistischen Gesellschaft, d. h. „die unmittelbare praktische Aufgabe des Sowjetvolkes", im vom 22. Parteitag der KPdSU 1961 verabschiedeten Programm einfach als „die lichte Zukunft der Menschheit" dar: „Das allmähliche Hinüber-wachsen des Sozialismus in den Kommunismus ist eine objektive Gesetzmäßigkeit, vorbereitet durch die vorangegangene Entwicklung der sozialistischen Sowjetgesellschaft. . . Kommunismus ist eine klassenlose Gesellschaftsordnung, in der die Produktionsmittel einheitliches Volkseigentum und sämtliche Mitglieder der Gesellschaft sozial völlig gleich sein werden, in der mit der allseitigen Entwicklung der Individuen auf der Grundlage der ständig fortschreitenden Wissenschaft und Technik auch die Produktivkräfte wachsen und alle Springquellen des gesellschaftlichen Reichtums voller fließen werden und wo das große Prinzip herrschen wird: Jeder nach seinen Fähigkeiten; jedem nach seinen Bedürfnissen. Der Kommunismus ist eine hochorganisierte Gesellschaft freier, arbeitender Menschen von hohem Bewußtsein, in der gesellschaftliche Selbstverwaltung bestehen wird, in der die Arbeit zum Wohle der Gesellschaft zum ersten Lebensbedürfnis für alle, zur bewußtgewor-denen Notwendigkeit werden und jeder seine Fähigkeiten mit dem größten Nutzen für das Volk anwenden wird."

Etwas konkreter heißt es dann, bis 1970 werde „die Sowjetunion beim Aufbau der materiell-

technischen Basis des Kommunismus die USA — das mächtigste und reichste Land des Kapitalismus — in der Produktion pro Kopf der Bevölkerung überflügeln; der Wohlstand, das Kulturniveau und das technische Entwicklungsniveau der Werktätigen werden bedeutend steigen; allen wird ein gutes Auskommen gesichert; alle Kollektivwirtschaften und Staatsgüter werden sich in hochproduktive Betriebe mit hohen Einkünften verwandeln; der Bedarf der Sowjetbürger an komfortablen Wohnungen wird im wesentlichen gedeckt werden; die schwere körperliche Arbeit wird verschwinden; die UdSSR wird zum Land mit dem kürzesten Arbeitstag. Im zweiten Jahrzehnt (1971-1980) wird die materiell-technische Basis des Kommunismus errichtet, die für die gesamte Bevölkerung einen Überfluß an materiellen und kulturellen Gütern sichert; die Sowjetgesellschaft wird unmittelbar darangehen, das Prinzip der Verteilung nach den Bedürfnissen zu verwirklichen, es wird sich der allmähliche Übergang zum einheitlichen Volkseigentum vollziehen. Somit wird in der UdSSR die kommunistische Gesellschaft im wesentlichen aufgebaut sein. Vollendet wird der Aufbau der kommunistischen Gesellschaft in der nachfolgenden Periode."

Laut J. P. Franzew wird in den nächsten zwei Dekaden „die Hauptmasse der sowjetischen Menschen eine abgeschlossene Fach-oder Hochschulbildung erhalten. Alle Formen der Hochschulbildung werden der Allgemein-heit noch besser zugänglich sein als bisher. Die kulturelle Rückständigkeit des Dorfes wird überwunden; das kulturell-technische Niveau der Landbevölkerung erreicht den Stand der städtischen Bevölkerung. Zur weiteren mächtigen Entwicklung der materiellen Grundlage der Kultur ist vorgesehen, Verlags-und Druk-kereiwesen, Rundfunk und Fernsehfunk, Theater, Filmateliers, Klubs und Bibliotheken weiter auszubauen, um die kulturellen Ansprüche unserer Sowjetmenschen nach Kräften zu befriedigen. Hier handelt es sich um eine gigantische Vertiefung des Einflusses der fortschrittlichen Kultur auf breite Schichten der Werktätigen."

Folglich wird sich auch das Kräfteverhältnis in der Welt noch mehr zugunsten des Friedens und des Sozialismus ändern, wird doch die Sowjetunion „die erste Industriemacht der Welt und Volkschina ein mächtiger Industriestaat sein . . . Die internationale Arbeiterbewegung wird noch stärker und noch besser organisiert sein. . . Die Hilfe, die das sozialistische Lager den schwach entwickelten Ländern bei der Überwindung der wirtschaftlichen und kulturellen Rückständigkeit leistet, wird noch wirksamer werden."

Das letzte Kapitel des oben zitierten Lehrbuches ist der kommunistischen Gesellschaft als der „Gesellschaft des allgemeinen Wohlstandes und Überflusses" gewidmet. Zugegeben wird, daß man nicht genau voraussehen kann, wie jene nach Jahrhunderten oder -tausenden aussehen wird, da sie „sich ununterbrochen ... vervollkommnen wird". Die Frage jedoch, wie der Kommunismus aussehen wird, den die ersten Generationen, denen das Glück zuteil wird, in dieser Gesellschaft zu leben, miterleben werden, „kann schon heute völlig richtig beantwortet . werden . . . von der marxistisch-leninistischen Theorie". Dabei genügt es, „eine klare Vorstellung davon zu haben, welchen Nutzen den Menschen die Erfolge der sozialistischen Wissenschaft, Technik und Organisation der Produktion schon in der allernächsten Zukunft bringen können". Rohstoffmangel, Erschöpfung der Bodenschätze, Arbeitskräftemangel? Solche Probleme können gar nicht die Lösung der Aufgaben verhindern. War „die erste Sorge des Menschen stets die Sorge um das tägliche Brot", so wird „der Kommunismus dieses Problem vollständig für alle Zeiten lösen“. Zugleich wird die Arbeit einen neuen Charakter annehmen: „Jeder Werktätige übt sowohl der Qualifikation als auch den Tätigkeitsmerkmalen nach Funktionen aus, die in der gegenwärtigen Produktion einem Ingenieur obliegen; die Menschen sind 20 bis 25 Stunden wöchentlich (das heißt etwa 4 bis 5 Stunden pro Tag) und mit der Zeit noch weniger Stunden in der Produktion beschäftigt; jeder Mensch kann eine Tätigkeit ausüben, die seinen Neigungen und Fähigkeiten entspricht, und sie, wenn er es wünscht, wechseln; alle im Menschen schlummernden Talente und Fähigkeiten können entweder im Prozeß der Produktionstätigkeit oder in der Freizeit des Menschen voll entwickelt und angewandt werden; bei der Arbeit braucht der Mensch nicht daran zu denken, was er verdient, was er für die Arbeit erhält, denn alle Sorgen um die Befriedigung seiner Bedürfnisse hat die Gesellschaft übernommen; der Arbeit gebührt in der Gesellschaft höchste Achtung; und sie ist entscheidend für die Einschätzung des Menschen."

Der Sieg des Kommunismus bringt aber auch die Befreiung der Gesellschaft „von allen Erscheinungsformen der Unmenschlichkeit" mit sich, „von Kriegen, von dem erbitterten Kampf innerhalb der Gesellschaft und von der Ungerechtigkeit, von der Kulturlosigkeit und Unwissenheit, von Verbrechen und Lastern. Aus den Beziehungen zwischen den Menschen und zwischen den Völkern werden Gewalt und Eigensucht, Heuchelei und Egoismus, Verrat und Eitelkeit endgültig verschwinden." Oder in den Worten des Programms der SED „Erst Sozialismus und Kommunismus vermögen die uralte Sehnsucht der Menschen nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, nach Frieden, Menschlichkeit und Gerechtigkeit, nach einem kulturvollen Leben in sozialer Sicherheit, erfüllt von sinnvoller Arbeit und Lebensfreude, zu befriedigen ..."

Was nun die weiteren Perspektiven des Kommunismus anlangt, so ist „die außerordentlich rasche, praktisch unbegrenzte Entwicklung ja gerade charakteristisch für die kommunistische Gesellschaft. . . Vor allem wird die Entwicklung der gesellschaftlichen Produktion niemals Stehenbleiben." Die ständig und sehr rasch wachsenden Bedürfnisse der Menschen, das Anwachsen der Bevölkerung, das gesellschaftliche Interesse an der weiteren Verkürzung der Arbeitszeit und der Verlängerung der Freizeit werden für einen „ununterbrochenen Fortschritt bestimmend sein"

Angeblich teilen die „Sowjetmenschen" den Optimismus ihrer Führer. „Wie stellen Sie sich die Welt und Ihr eigenes Land nach zwanzig Jahren vor?" Mit dieser Frage wandte sich die sowjetische Presseagentur „Nowosti" an die Menschen vieler Länder. Hier einige Antworten auf diese Frage, die von Einwohnern Moskaus einliefen: „Das Jahr 1981 . . . Die Kinder, die 1961 geboren wurden, sind dann erwachsen. Sie studieren die Geschichte ihres Heimatlandes, das in den 64 Jahren seiner Existenz die kommunistische Gesellschaft aufgebaut hat. Von Kriegen wissen sie nur aus Büchern. Das Banner der Freiheit weht über einem stolzen Afrika. Friede und Ruhe herrschen auf Kuba. Mein Enkel oder meine Enkelin befragen mich nach der Zeit, da feindliche kapitalistische Länder uns umgaben, und wollen wissen: , Was ist eine Bombe? Wer brauchte den Krieg?"'Das schreibt der Bautechniker Fjodor Ponenko, Student der Moskauer Universität. Und hier die Antwort Jakow Sugmans, Arzt an einem Tuberkulose-Krankenhaus. Scherzhaft äußert er seine Besorgnis darüber, daß es ihm in seinem Ärzteleben noch bevorstehe, „arbeitslos" zu werden: „Wie kann von Tuberkulose bei Menschen des Jahres 1981 die Rede sein. Ich bin überzeugt, daß alle Tuberkulose-Krankenhäuser in Sport-säle umgewandelt werden." Der Komponist Wano Muradeli glaubt fest, daß in zwanzig Jahren überall ein neuer Typ von Kulturpalästen gebaut werden wird, in denen ein ganzes Opernensemble wird auftreten können. Ein großer Teil der Menschen wird zu Freunden und Kennern echter Musik werden. „Ich stelle mir ein gewöhnliches Konzert in der Philharmonie im Jahre 1981 vor. Ein junger Kybernetiker hört sich mit seiner Frau die Fünfte Sinfonie Beethovens an: . Scheint dir nicht auch, meine Liebe, daß der Dirigent im ersten Teil das Tempo etwas zu rasch genommen hat?'Die Zeit, in der der Mensch von Arbeit und häuslichen Sorgen frei ist, wird sich um das Jahr 1981 verdreifacht haben. Eine Menge Menschen wird die Möglichkeit erhalten, sich zu Kennern der Kunst zu entwickeln." Ganz ähnlich zukunftssicher klingen die Ausführungen der offiziellen Sowjetwissenschaftler. So entwarf das Akademiemitglied S. G.

Strumilin das folgende Bild eines Kommunepalastes: „In jedem Kommunepalast mit einer Wohnfläche bis zu 40 000 Quadratmetern kann man im Erdgeschoß alle Diensträume wie Aufwartung, Krankenrevier, Post, Friseur, Wäscherei unterbringen und in den übrigen Etagen alle Kommuneangehörigen. In der zweiten Etage werden z. B. in einem Flügel die Kinderzimmer untergebracht und im anderen die pflegebedürftigen Alten und das sie betreuende Personal, in der dritten die Zwei-bis Dreizimmerwohnungen für Verheiratete, in der vierten Einzelzimmer für die arbeitende Jugend, Studenten und Junggesellen." Außerdem sollten pro Wohnetage 800-1000 Quadratmeter für Speiseräume, Spielräume, Lese-säle, Musikzimmer und Sportanlagen bereitgestellt werden. Auch vom Tageslauf des im Kommunismus lebenden Menschen hatte Strumilin konkrete Vorstellungen: zehn Stunden für Schlaf und Mahlzeiten, vier Stunden Arbeit; und von der verbleibenden Freizeit: vier Stunden geistige Tätigkeit je nach Interessengebiet, vier Stunden für sportliche und künstlerische Betätigung sowie zwei Stunden für Entspannung vor dem Fernsehen, bei Musik oder im Theater.

Die grandiose Zukunftsvision des sowjetischen Wissenschaftlers W. A. Obrutschew liest sich wie folgt: „Erforderlich ist, das Leben der Menschen im Durchschnitt bis auf 150 bis 200 Jahre zu verlängern." (Der Wissenschaftler Wladimir Engelgardt sagte in der „Prawda" voraus, der Mensch der Zukunft werde 300 Jahre alt und nur eine Stunde Schlaf brauchen.) „Infektionskrankheiten auszumerzen, nichtinfektiöse Krankheiten auf ein Minimum zu reduzieren, Alter und Ermüdung zu besiegen und zu lernen, dem Menschen bei frühzeitigem oder zufälligem Tod das Leben wiederzugeben; alle Kräfte der Natur, die Energie der Sonne und des Windes, die Wärme des Erdinneren dem Menschen dienstbar zu machen, die Atomenergie in der Industrie, im Verkehrswesen, im Bauwesen anzuwenden und zu lernen, einen Vorrat an Energie aufzuspeichern und diese ohne Leitungen an einen beliebigen Ort zu befördern; Naturkatastrophen wie Über-schwemmungen, Wirbelstürme, Vulkanausbrüche und Erdbeben vorauszusagen und abzuwenden; alle auf der Erde bekannten Stoffe bis zu den kompliziertesten — den Eiweißen — sowie auch in der Natur unbekannte Stoffe industriell zu erzeugen, Stoffe, die härter sind als Diamant, hitzebeständiger als Schamotte, Stoffe mit höherem Schmelzpunkt als Wolfram und Osmium, schmiegsamer als Seide, elastischer als Gummi; neue Tierrassen und Pflanzensorten zu züchten, die schneller wachsen, mehr Fleisch, Milch, Wolle, Getreide, Obst, Fasern, Holz für den Bedarf der Volkswirtschaft liefern; ungünstige Gebiete wie Sümpfe, Berge, Wüsten, die Taiga, die Tundra zurückzudrängen, für das Leben geeignet zu machen, vielleicht auch den Meeresgrund zu erschließen; zu lernen, das Wetter zu beherrschen, den Wind und die Wärme so zu regulieren, wie heute Flüsse reguliert werden, Wolken zu vertreiben und nach Belieben Regen und Schönwetter, Schnee und Hitze hervorzurufen."

Der Moskauer Gelehrte Igor Bestuschew antizipiert „die Errichtung einer immer größeren Anzahl von Taktstraßen, vollautomatisierten Abteilungen und Betrieben.... die auf den gleichen Produktionsflächen dutzend-mal mehr Erzeugnisse mit zehnmal weniger Beschäftigten herstellen können. Wahrscheinlich werden die soeben erst aufkommenden vollautomatisierten Viehzuchtfarmen und Feldwirtschaften größere Verbreitung finden. Neue Maschinen-und Gerätesysteme werden es wahrscheinlich ermöglichen, die Errichtung von Gebäuden, Straßen und Staudämmen usw. komplex zu automatisieren. Außerdem ist die Annahme berechtigt, daß auch automatisierte Systeme des Eisenbahn-und Luftverkehrs und vielleicht auch des Autotransports und Wasserverkehrs entstehen werden, so daß der Verkehr vollständig oder fast gänzlich durch elektronische . Dispatcher', automatische Zugführer und automatische Piloten (vielleicht sogar automatische Schiffskapitäne und automatische Kraftwagenfahrer) geregelt wird. Schließlich werden wahrscheinlich die automatisierten Systeme des Post-und Fernmeldewesens mit automatischen Systemen des Rundfunk-und Fernsehnetzes und automatischer Fernsprechverbindung zwischen den Städten und sogar Staaten (und auch Videotelefonverbindung) , von Wohnung zu Wohnung', mit automatisehen Abonnententelegrafen (Fototelegrafen) sowie auch die Komplexautomatisierung der Postoperationen usw. Verbreitung finden."

Laut I. I. Artobolewski werden gegen Ende des Jahrtausends mathematische Maschinen „die gesamte Projektierung technologischer Apparate übernehmen. Sie werden ihre Resultate nicht in Form von Zeichnungen, sondern in Form mathematischer Codes niederlegen, die wiederum unmittelbar in automatische Systeme zur Produktion der Apparate eingehen."

Nach Bestuschew ist die Landwirtschaft schon bei dem gegenwärtigen Wissensstand mittels vier-bis fünffacher Erhöhung des Hektarertrages und vier-bis fünffacher Erweiterung der Fläche der bestellten Ländereien imstande, Lebensmittel für 200 bis 300 Milliarden Menschen zu liefern. „Mit einem derartigen technisch-ökonomischen Potential wird die Menschheit gleichzeitig imstande sein, alljährlich Hunderte von neuen Städten zu gründen, Millionen Hektar Wüstenland in fruchtbare Erde zu verwandeln, Kanäle über ganze Erdteile zu ziehen und die Meeresengen mit Staudämmen abzuriegeln. Bekanntlich wurden in den letzten Jahren verschiedene Entwürfe für die Umgestaltung der Erdoberfläche bekannt; sie reichten bis zur völligen Rekonstruktion des afrikanischen und des südamerikanischen Kontinents sowie auch beträchtlicher Teile Asiens mit Systemen gigantischer Staudämme und Kanäle, um dort die Wüsten, Sümpfe und undurchdringlichen Urwälder zu beseitigen und an ihrer Stelle große Agrar-und Industriegebiete anzulegen. Unter diesen Entwürfen gibt es fast keinen einzigen, dessen Verwirklichung nicht schon heute technisch denkbar wäre und dessen Kosten höher lägen als die gegenwärtigen Rüstungsausgaben der ganzen Welt. Allein von dem Geld, das das Wettrüsten in den zwanzig . Nachkriegsjahren verschlungen hat, hätte man eine komfortable Wohnung für jede Familie auf dem Erdball errichten und Hunger, Epidemien und das Analphabetentum in allen Ländern der Welt beseitigen, die Entwicklungsländer auf das gegenwärtige Niveau der wirtschaftlich entwickelten Länder bringen können. Vermutlich werden schließlich noch vor dem Jahre 2000 Forschungsstationen auf dem Mond, auf dem Mars und eventuell auch auf der Venus errichtet werden. Es ist nicht ausgeschlossen, daß die Raumflieger in den nächsten Jahrzehnten auch in den Raum eini24) ger anderer Planeten des Sonnensystems vordringen werden. Auf diese Daten gestützt, kann man sich mit gutem Grund herrliche, hundertgeschossige Paläste des 21. Jahrhunderts vorstellen, die sich, von einem grünen Laubmeer umgeben, in den Wasserflächen der Schwimmbecken, Kanäle und Seen spiegeln werden. Man kann sich eine Wohnung jener Zeit folgendermaßen vorstellen: mit einem Schwimmbecken, mit einem wandgroßen riesigen Fernsehschirm, mit einem Bildschirm, dessen farbiges Raumbild einen Anwesenheitseffekt im Theater, im Stadion, in einem Vortragssaal oder im Freundeskreis vermittelt. Man kann sich eine reiche Auswahl billiger Pakete mit Kleidung und Kunststoffen vorstellen, die gleich einer Papierserviette nach einem einmaligen Gebrauch in den Müllschlucker geworfen werden. Man kann sich eine reiche Auswahl leckerer, billiger Gerichte vorstellen, die in automatischen Fabriken aus synthetischen Nahrungsmitteln hergestellt werden und von natürlichen Lebensmitteln nicht zu unterscheiden sind. Schließlich kann man sich eine Rakete vorstellen, die Passagiere in einer halben Stunde nach dem entgegengesetzten Teil der Erde bringt. Das Auto (oder Autoflugzeug) wird mit einem elektrischen Motor angetrieben werden, der keine Abgase erzeugt und auf einer vorgeschriebenen Strecke ohne unmittelbare Beteiligung des Menschen von einem elektronischen . Fahrer'gelenkt wird. Atomzüge und Atomwagen werden Hunderttausende von Tonnen Fracht mit einer Stundengeschwindigkeit von 200— 300 Kilometern befördern. Die grüne Sahara und Städte in der Arktis unter einer gigantischen Plastikhaube, Regen oder Sonne auf Bestellung und künstliche Inseln im Ozean, die Regelung der Vulkantätigkeit der Erde und der Beginn der planmäßigen Erschließung des Mars — all das hält sich im Prinzip im Rahmen der wissenschaftlichen Daten der sozialen Prognostik für das 21. Jahrhundert."

Nicht weniger hoffnungsvoll ist der namhafte Organiker und langjährige Präsident der Akademie der Wissenschaften, A. A. Mesneganow der antizipiert, „daß einige der Fabriken, welche in Landesteilen liegen, die reich an Kohle und Erdöl sind, alle Nahrung des Landes erzeugen. Sie würden insgesamt nur eine Fläche von einigen hundert Quadratkilometern einnehmen. Die schwere landwirtschaftliche Arbeit würde dann der Vergangenheit angehören bis vielleicht auf die Obst-und Bienenzüchtung. Auch die gesamte Industrie, welche die Landwirtschaft mit Maschinen und Düngemitteln versorgt, wäre dann nicht mehr nötig. Die Nahrungsmittelgewinnung wäre unabhängig vom Wetter, von Schädlingen und anderen Faktoren, welche sich immer wieder negativ auswirken. Vor allem aber würde die Arbeitskraft jener großen Bevölkerungsgruppe die heute in der Landwirtschaft arbeitet, für neue Aufgaben frei. Auch viele Berufe, welche sich mit der Verarbeitung von Nahrungsmitteln befassen, würden wegfallen. Besonders ideal wäre der hygienische Aspekt der Nahrung. Sie könnte so aufgebaut sein, daß sie den physiologischen Bedürfnissen des Einzel-menschen angepaßt ist und Diätkost in bislang unerreichtem Maße abstimmt. Sogar die vom ethischen Aspekt immer wieder problematische Tötung der Tiere und ihre Aufzucht in Tierfabriken könnten wegfallen."

Doch zurück zu Bestuschew Dieser zögert nicht, auch über eine noch kaum übersehbare Zukunft zu spekulieren, „eine ferne, geheimnisvolle, rätselhafte und ungewisse Zukunft.

Eine Zukunft, die die Wissenschaft nur allmählich Schritt um Schritt eröffnet. Welche Zukunft erwartet die Menschheit bei einer vollautomatischen und kybernetischen gesellschaftlichen Produktion, in einer Welt der . klugen Maschinen', die die ganze Last der körperlichen und einen Großteil der gegenwärtigen Arten der geistigen Arbeit auf sich laden können? In einer Welt kybernetischer Organismen, die imstande sind, dem Menschen zu helfen, seinen Heimatplaneten vollständig und dann vielleicht auch das ganze Sonnensystem zu erschließen? In einer Welt kybernetischer Organismen, die Milliarden Erdenjahre und Lichtjahre existieren, die die Galaxis und Metagalaxis erschließen können und die den Prozeß der Organisation der niederen Formen der Materie durch höhere fortsetzen werden?" In derselben Richtung der technischen Perfektion bewegen sich andere sowjetische Wissenschaftler, wie etwa die von M. Wassiljew und S. Guschtschew Befragten, die u. a. sogar die Besiedlung des Weltraums antizipieren. In der Zusammenfassung der „Zeit" heißt es: „Auf den Planeten unseres Sonnensystems sollen gläserne Städte entstehen, mit Sonnen-elektrizitätswerken und einer künstlichen Luftschicht. Die erste gläserne Stadt wird auf dem Mond gebaut, dessen Krater geradezu prädestiniert scheinen, riesige Gewächshäuser aufzunehmen. Anfang des kommenden Jahrhunderts werden die Menschen ihre Konsumgüter nicht mehr von der Erde zum Mond befördern, sondern es gelernt haben, sie dort zu produzieren."

Auch A. D. Sacharow erwartet in seinem in der Sowjetunion nicht publizierten „Memorandum" u. U. größte technische Fortschritte. In der Phase 1968— 2000 könne „man entscheidende Erfolge in der Entwicklung der Kernenergie sowohl auf der Basis von Uran und Thorium als wahrscheinlich auch auf der Basis von Deuterium und Lithium annehmen. Einer Reihe von Autoren erscheint die Anwendung explosiver Brüter (Vermehrung des aktiven Materials in Plutonium, Uran-233 und Tritium bei unterirdischen und Labor-versuchen) wahrscheinlich. In dem gleichen Zeitraum wird die Entwicklung der Raumforschung für viele Tausende von Menschen zu der Notwendigkeit führen, auf anderen Planeten, auf dem Mond, auf künstlichen Satelliten der Erde und auf Asteroiden, deren Bahnen durch Atomexplosionen verändert worden smd, arbeiten und ununterbrochen leben zu müssen. Man kann annehmen, daß die Zusammensetzung chemischer Stoffe mit Uberleitfähigkeit bei Zimmertemperatur das technische Bild der gesamten Elektrotechnik, der kybernetischen Technik, des Transports und der Verbindungen ganz und gar verändert. Die Fortschritte der biologischen Wissenschaften werden in dieser und in nachfolgenden Perioden die Möglichkeit geben, alle Prozesse des Lebens auf der Ebene der Biochemie, der Zelle, des Organismus, in ökologischer und sozialer Hinsicht zu kontrollieren und zu lenken, angefangen mit der Geburt und dem Altern bis zu den psychischen Prozessen und der Vererbung. Eine solche allumfassende, unzählige Vorzüge verheißende wissenschaftlich-technische Revolution ist natürlich nur möglich und gefahrlos bei größter wissenschaftlicher Voraussicht, Vorsicht und bei strengster Respektierung der allgemeinen moralischen, ethischen und persönlichen Werte."

Gefahren der Zukunft

Mit den letzten Worten deutet der sowjetische Physiker aber schon an, daß er sich der Gefahren der Zukunft bewußt ist. Schon vorher hatte auch Bestuschew auf die „bedrohlichen Seiten" der kommenden Entwicklung hingewiesen. Vor allem wachse die Gefahr eines Kernwaffenkonfliktes: „Bis heute wurde auf der Erde so viel Kernbrennstoff aufgespeichert, daß jede Stadt, jede Ortschaft nicht nur einmal, sondern mehrere Male mit Atomwaffen zerstört werden, könnte. In der amerikanischen Literatur sind Hinweise anzutreffen, daß die Explosivkraft der Kernwaffen, die gegenwärtig auf unserem Planeten vorhanden sind, ungefähr 350 Milliarden Tonnen gewöhnlichen Sprengstoffs entspricht. Also fast 100 Tonnen Sprengstoff für jeden Bewohner der Erde! Es steht fest, daß hundert Millionen Menschen bei den ersten gegenseitigen Kernwaffenangriffen umkommen würden. Viele der überlebenden würden die Toten beneiden, da sie den langsamen gualvollen Tod der Strah-lenkrankheit sterben werden. Wissenschaftler sagen unter derartigen Umständen eine körperliche und geistige Degeneration der gesamten Menschheit voraus. Somit wird das Schicksal der noch ungeborenen Generation gefährdet. Außer Kernwaffen gibt es aber auch noch tödliche chemische Waffen. Westliche Fachleute behaupten, daß 16 000 bis 17 000 moderne chemische Bomben imstande sind, alles Lebende auf der Erde auszulöschen. Hunderttausende dieser Bomben wurden schon hergestellt. Auch die bakteriologischen Waffen bilden ein ungeheuerliches Mittel der Massenvernichtung. Wissenschaftler verweisen mit Recht darauf, daß sie für die Menschheit eine nicht geringere Gefahr als die Wasserstoffbomben darstellen. Verhängnisvoll ist dabei der Umstand, daß sich die thermonuklearen, chemischen und bakteriologischen Waffen allmählich in der ganzen Welt auszubreiten drohen."

Bestuschew sieht aber auch deutlich die Drohung der Bevölkerungsexplosion und Verelendung in der Dritten Welt: „Von den drei-29) einhalb Milliarden Menschen auf der Erde haben heute zwei Milliarden nicht genügend zu essen. Etwa die Hälfte davon hungert stark, und mehrere hundert Millionen Menschen von diesen hungernden Menschen sterben im Grunde genommen eines qualvollen Hunger-todes. Wie seinerzeit J. F. Kennedy zugab, geht sogar in dem reichsten kapitalistischen Land, in den Vereinigten Staaten von Amerika, jeder zehnte Einwohner allabendlich hungrig zu Bett. Bei dem Weltsystem des Kapitalismus mit seinem Neokolonialismus, seinem Wettrüsten, seiner Jagd nach Über-profiten zeigen sich einstweilen keine Perspektiven für eine Verbesserung des Lebens in vielen Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas. Eher sogar das Gegenteil: Bei dem stürmischen Wachstum der Bevölkerung sinkt der auch ohnehin schon niedrige Lebensstandard der Volksmassen dort jährlich um 1-2 Prozent. So werden also im Jahre 2000 auf der Erde an Stelle von 2 Milliarden vier oder fünf Milliarden Menschen hungern? Wird also etwa an Stelle einer halben Milliarde Menschen dann eine Milliarde eines Hungertodes sterben? Ist dies etwa eine reale Gefahr für unsere Welt von morgen? Kann man von der Zukunft der Menschheit schreiben, ohne mit Sorge auf diese Gefahr zu weisen? Manch einer im Ausland sagt, daß sich das stürmische Wachstum der Bevölkerung mit Hilfe empfängnisverhütender Pillen eindämmen läßt, die imstande sind, bei der . Familienplanung'zu helfen. Tatsächlich wurden derartige Pillen und andere Mittel in den letzten Jahren entwickelt. Die Anwendung jeder Pille setzt aber ein gewisses geistiges Niveau voraus. Von welcher Hebung des geistigen Niveaus im Weltmaßstab läßt sich überhaupt sprechen, wenn die Hälfte der Bevölkerung der Welt weder lesen noch schreiben kann? Dabei ist das die Hälfte im Durchschnitt. In Asien sind aber fast zwei Drittel der Bevölkerung Analphabeten, in Afrika fast drei Viertel. Die Zahl der Analphabeten wächst proportional zum Wachstum der Bevölkerung der Welt."

Schließlich geht der Sowjetforscher auch auf das Problem einer politisch-psychologischen Manipulierung anläßlich der Verkürzung der Arbeitswoche ein: „Unter gewissen sozialen Verhältnissen kann das Millionen neuer Schüler und Studenten, neuer Pädagogen und Ärzte, neuer Wissenschaftler und Kunstschaffenden bedeuten, unter anderen Verhältnissen hingegen — Millionen neuer Arbeitsloser, Millionen menschlicher Tragödien. Wir sprachen schon von dem wandgroßen Fernsehbild-schirmmit einem farbigen Stereobild. Dieser Bildschirm kann jedem den Zutritt zu allen Schätzen der Kunst und Wissenschaft eröffnen, er kann zu einem Ratgeber und Lehrer, zu einem Führer bei einer interessanten Reise oder zu einem Fenster zum Freund werden. Aber nur unter bestimmten sozialen Verhältnissen. Unter anderen hingegen kann er wie Opium wirken, das imstande ist, tagaus, tagein stundenlang Millionen Menschen nicht schlechter als ein stark wirkendes narkotisches Mittel zu berauschen."

Noch schärfer hebt Sacharow die Gefahren der Zukunft hervor. Am ausführlichsten analysiert er dabei die „Bedrohung durch den thermonuklearen Krieg", wobei er auf die enorme Zerstörungskraft, die verhältnismäßig billige Produktion von Atomwaffen und die praktische Unmöglichkeit wirksamer Verteidigung verweist.

Kaum weniger fatal ist die „Bedrohung durch den Hunger". „Rettung aus dieser Lage wäre großzügige Anwendung von Düngemitteln, Verbesserung des Bewässerungssystems, der Agrartechnik, erweiterte Verwendung der Reserven des Meeres, allmähliche Einführung der jetzt bereits anwendbaren technischen Methoden zur Produktion synthetischer Lebensrnittel (vor allem Aminosäuren). Allerdings ist das alles gut und schön für die , Reichen'. In den rückständigen Ländern kann eine Verbesserung, wie aus der Untersuchung der jetzigen Situation und aus zu überblickenden Tendenzen hervorgeht, in nächster Zeit und bis zum Eintreten des voraussichtlichen Zeitpunkts der Katastrophe (1975— 1980) nicht erreicht werden. Wir sprechen von einer nach den bestehenden Tendenzen vorauszusehenden Verschärfung der . mittleren'Ernährungslage, bei der die lokalen, gebietsweise und zeitlich begrenzten Lebensmittelkrisen zu einem einzigen Hunger-meer zusammenfließen, zu einer Welle von unerträglichen Leiden, Verzweiflung, Vernichtung und Haß hunderter Millionen von Menschen. Diese Katastrophe bedroht die gesamte Menschheit. Eine Katastrophe von solchem Ausmaß muß in der ganzen Welt, für jeden Menschen die stärksten Folgen haben, sie wird überall Kriege hervorrufen, allge-meines Absinken des Lebensstandards nach sich ziehen, einen tragischen, zynischen und antikommunistischen Stempel auf das Leben der nachfolgenden Generationen drücken." Sacharow behandelt dann noch ausführlicher politische Probleme wie das Anwachsen des Rassismus oder indirekte Gefahren wie die Verdummung durch Massenkultur oder Zensur

Besonders originell ist seine Warnung vor der Vernachlässigung der Geohygiene: „Die industrielle und hydrotechnische Entwicklung, Abholzung, Nutzbarmachung von Neuland, Anwendung giftiger Chemikalien — all dies ändert auf elementare und unkontrollierte Weise das Gesicht der Welt, unseren Lebensbereich. Die wissenschaftliche Erforschung aller Wechselbeziehungen in der Natur sowie der Folgen unserer Einmischung bleibt hinter dem Tempo der Veränderungen zurück. Große Mengen von schädlichen Industrie-und Transport-abfällen werden in die Luft und ins Wasser geschüttet, darunter krebserzeugende Substanzen. Wird nicht die Gefahrengrenze einmal überall überschritten werden, wie es bereits an einigen Stellen geschehen ist? Kohlensäure-gas aus Kohlenverbrennung verändert die hitzereflektierenden Eigenschaften der Atmosphäre. Früher oder später wird das bedrohliche Ausmaße annehmen. Aber wir wissen nicht, wann. In der Landwirtschaft verwendete giftige Chemikalien dringen direkt und in Form von veränderten, noch gefährlicheren Stoffen in Menschen-und Tierkörper ein und verursachen große Schäden an Gehirn, Nervensystem und blutbildenden Organen, wie Leber usw. Auch hierbei kann die Sicherheitsgrenze leicht überschritten werden. Aber noch ist dieses Problem nicht erforscht, und es ist sehr schwer, alle diese Vorgänge zu überwachen. Die Verwendung von Antibiotika in der Geflügelzucht fördert die Entwicklung neuer krankheitserregender Mikroben, die gegen Antibiotika resistent sind. Ich könnte noch das Problem der Beseitigung von Reinigungsmitteln und radioaktivem Abfall, der Erosion und Versalzung des Bodens, der Wiesenüberschwemmung und der Abholzung von Wäldern auf Berghängen und Wäldern, die wasser-schützende Bedeutung haben, erwähnen, von der Vernichtung von Vögeln und solchen nützlichen Tieren wie Kröten und Fröschen sowie von vielen anderen Beispielen sinnloser Verheerungen sprechen, die durch örtliche, zeitbedingte amtliche und egoistische Interessen und manchmal sogar durch bürokratische Prestigefragen hervorgerufen werden, wie das in der traurig-berühmten Angelegenheit des Baikal-Sees der Fall war. Die Probleme der Geohygiene sind sehr schwierig und vielfältig, sie sind eng verflochten mit wirtschaftlichen und sozialen Problemen. Ihre Lösung auf nationalem oder gar lokalem Wege ist daher unmöglich. Die Rettung unseres Lebensbereiches fordert nachdrücklich, daß wir die Uneinigkeit überwinden und dem Druck zeitgebundener und lokaler Interessen widerstehen. Sonst wird die Sowjetunion mit ihren Abfällen die Vereinigten Staaten vergiften und umgekehrt. Heute ist das noch eine Übertreibung, bei dem Anwachsen der Abfälle um 10 Prozent jährlich wird aber die allgemeine Zunahme in 100 Jahren 20 000 mal größer sein."

Publikationen wie die Sacharows konnten in der Sowjetunion nicht legal erscheinen. Sie gehören zur „Untergrundliteratur", die in den letzten Jahren die Opposition eines Teiles der Intelligenz gegen bestimmte Seiten des Systems deutlich macht. Die Masse der Futurologen gehört dieser Opposition nicht an; ihre Auffassungen —-seien sie mehr humanistisch, mehr technokratisch oder gar „leninistisch" orientiert — suchen sie im Rahmen der legalen Institutionen durchzusetzen. Buchholz zufolge habe eine phantasievollere Strömung von Zukunftsentwürfen schon Ende der fünfziger Jahre eingesetzt. Die Diskussionen über den eigentlichen „Zukunftskommunismus" hätten in den letzten Jahren nachgelassen, da das Sichtbarwerden mancher Unklarheiten und Widersprüche desillusionierend gewirkt habe; dagegen habe die sogenannte soziale Prognostik einen Aufschwung erlebt. Besondere Sektionen seien an verschiedenen Instituten der Akademie der Wissenschaft wie dem Institut für Weltwirtschaft und Internationale Beziehungen, dem Institut für die Internationale Arbeiterbewegung usw. errichtet worden, ebenso wie ein Forschungskomitee für Soziale Prognostik in der Sowjetischen Soziologischen Assoziation. Mehrere Konferenzen und Symposien haben seit Dezember 1966 stattgefunden — darunter auch internationale mit sowjetischer Beteiligung wie das in Royaumont im Mai 1961 Vorlesungen für fortgeschrittene Studenten finden u. a. an der Moskauer Stadtuniversität statt. Ein Klub in Moskau diskutiert die Probleme der Gestaltung der Zukunft. Mehrere Sammelwerke und Bibliographien sind erschienen. 1966 erschien auch erstmals das Jahrbuch „Zukunft der Wissen-schäft". Wochenschriften wie „Literaturnaja Gaseta" haben ständige futurologische Kolumnen

Schließlich betont Bestushev-Lada in seinem Bericht, wie umfassend sowohl die Probleme wie die Methoden der Futurologie in der Sowjetunion behandelt werden — so unter-scheidet er zwischen der wissenschaftlich-technologischen, der geo-kosmischen, der sozioökonomischen sowie der politisch-militärischen Prognostik. Während er betont, die ökonomische sei die fortgeschrittenste, erklärt er, die politisch-militärische „bedürfe keines besonderen Kommentars".

Weltkommunismus im Wandel

Bevor wir auf die eigentlich futurologischen Unternehmen in den anderen kommunistischen Staaten und Parteien kurz eingehen, wollen wir noch einmal auf den Wandel im Weltkommunismus zurückkommen. Längst schon ist aus dem monolithischen Block eine Vielfalt unterschiedlicher und oft sogar gegensätzlicher Systeme, Bewegungen und Theorien geworden. So wurden nach all den langjährigen Mißerfolgen der kommunistischen Bewegung in den westlichen Industriestaaten im Zuge der Entstalinisierung zunächst einige Dogmen über den Weg zur proletarischen Machtergreifung und zum Sozialismus in Frage gestellt. Schon in der obenerwähnten Erklärung der kommunistischen Parteien vom November 1957 wurde konzediert, daß die nationalen Besonderheiten stärker beachtet werden müßten, daß die sozialistische Revolution auf der Grundlage der Einheitsund Volksfront möglichst mit friedlichen Mitteln durchzuführen sei und daß im Westen sogar das Parlament den Interessen der Arbeiterklasse dienstbar gemacht-werden könne. Inzwischen hat Togliatti nicht gezögert, die Existenzmöglichkeit mehrerer auch nichtsozialistischer Parteien in einem „sozialistischen Staat" zu betonen: „Wenn in Italien die Arbeiterklasse einmal die Macht übernehmen sollte, werden die demokratischen Elemente noch stärker zur Geltung kommen als in Jugoslawien." In seinem gegen den Widerstand des Kreml veröffentlichten „politischen Testament" mahnte er, jede Partei müsse verstehen, auf autonome Weise zu handeln. Anfang 1966 erklärte der 11. Parteitag der KPI unumwunden, die neue sozialistische Gesellschaft würde nicht nur so aussehen, wie die Kommunisten sie erstrebten, sondern auch so, wie jene anderen sie wollten, die mitarbeiten, ja, in gewissem Sinne würde sie auch von den Gegnern des Sozialismus mitbestimmt werden — ein sehr originelles und mutiges Bekenntnis zu einer Synthese von Altem und Neuem, die Rathenau mehr verdankt als Stalin. Sogar die französische Partei, lange eine Hochburg des Stalinismus, lehnte nun die von Stalin (und Lenin) herrührende Vorstellung von der totalen Einparteiherrschaft ab; Waldeck-Rochet, ihr Generalsekretär, meinte dazu, es liege auf der Hand, „daß die Anerkennung einer Mehrzahl demokratischer Parteien . . . ein politisches System mit weitreichenden demokratischen Freiheiten voraussetzt"

Charakteristisch für die damaligen Auffassungen waren auch Stellungnahmen auf der Regionalkonferenz im Mai 1966 in Wien. Der liberalere Standpunkt wurde von der theoretischen Monatsschrift der österreichischen Partei wie folgt zusammengefaßt: „Für die Parteien, die bei der Wiener Konferenz vertreten waren, könnte als eine der Orientierungstafeln die Formel von Maurice Thorez gelten, daß die Demokratie — bei aller Respektierung ihres Klassencharakters — als eine . kontinuierliche Schöpfung'gewertet werden muß. Der Sozialismus kann den Volksmassen dieser Länder nur als ein attraktives Ziel erscheinen, wenn er die Verheißung in sich trägt, zu den bestehenden demokratischen Errungenschaften und Freiheiten neue hinzuzufügen, die sich aus der Überwindung der kapitalistischen Schranken und Hemmnisse ergeben. Die kommunistischen Parteien dieser Länder bekennen sich zum Mehrparteiensystem auch in einer sozialistischen Lebensordnung, zur Gewissens-, Presse-und Meinungsfreiheit und — wenn auch mit gewissen Nuancen — zur Möglichkeit einer organisierten Opposition. Ein Hauptinhalt der Überzeugungsarbeit der Kommunisten in diesen Ländern ist der Nachweis, daß die kommunistischen Parteien demokratische Parteien sind, die keine demokratische Errungenschaft abschaffen wollen, sondern durch Zurückdrän-gung und Ausschaltung der Monopole, gestützt auf eine breite Massenbewegung aller demokratischen Kräfte, die Spannweite der Demokratie erweitern und verbreitern wollen. .

Selbst die äußerst heikle Frage der Demokratisierung des sogenannten „sozialistischen Lagers" wird vorsichtig angeschnitten: „Größere Durchbrüche sozialistischen Wollens sind weitgehend verknüpft mit Erfolgen in der Entfaltung der sozialistischen Demokratie in den sozialistischen Staaten, wodurch auch eine gewisse Empfindlichkeit gegenüber allen Erscheinungen verständlich ist, die dem elementaren demokratischen Empfinden widersprechen und deren Notwendigkeit nicht immer einleuchtend ist."

Und schließlich findet sich hier ein erstes Bekenntnis zu einem wissenschaftlichen Pluralismus: „Die prinzipiellen Diskussionen, die Kommunisten und Nichtkommunisten immer häufiger* zusammenführen, Mitglieder auch kleiner kommunistischer Parteien zu gesuchten Diskussionspartnern machen und einem wachsenden Interesse einer gewissen Elite der intellektuellen Jugend für den Marxismus entgegenkommen, sind um so erfolgreicher, je deutlicher sich die Kommunisten zum Prinzip der Diskussion bekennen, die Überreste jenes kommunistischen Hochmuts abstreifen, der in Nichtkommunisten nur Ignoranten sieht."

Selbst die KPD hat aus der Tatsache, daß seit 1918 alle Versuche, die bestehende Ordnung gewaltsam zu stürzen, immer wieder gescheitert sind, endlich die Schlußfolgerung gezogen, daß man „den friedlichen und demokratischen Weg der sozialistischen Umgestaltung anstreben" müsse Wie ernst es ihr damit ist, soll hier nicht entschieden werden. Die Billigung der Invasion der CSSR seitens der KPD hat sicher dieses Bekenntnis entwertet. Man wird nun mit Recht fragen, ob eine Partei, die die Entwicklung zu einem sozialistischen Parlamentarismus und Mehrparteiensystem in einem Nachbarland als gefährlichste „Konterrevolution" betrachtet, gegen die nur der Einmarsch fremder Truppen helfen könne, ein echtes Verhältnis zur sozialistischen Demokratie in der Welt und im eigenen Lande haben kann, ob sie nicht vielmehr als blinder Befehlsempfänger autokratischer Mächte zur dogmatischen Sterilität verurteilt bleibt.

Zugleich schien allerdings die einhellige Verurteilung der Invasion und die damit verbundene Distanzierung vom Kreml seitens so gut wie aller anderen west-und mitteleuropäischen Parteien von deren Hinwendung zur sozialistischen Demokratie nicht als leerer Floskel und ideologischer Verhüllung, sondern als echter Zielvorstellung und Richtschnur praktischer Aktion zu zeugen. Mit der weiteren Verschärfung des neostalinistischen Kurses in der Sowjetunion geraten allerdings die westlichen Parteien in das, was Arnold Künzli „eine schizophrene Situation" genannt hat. Im Augenblick sieht es so aus, als ob zumindest in der französichen Partei dies nicht zu einer humanistisch-libertären Renaissance des Sozialismus, sondern eher zu einer Anpassung an autoritär-technokratische Trends führen könnte — so würden die kommunistischen Apparate auch in den hochindustriellen Ländern in Richtung auf eine weitere Konvergenz dieser mit den „sozialistischen" Ländern wirken, freilich auf die Dauer kaum tiefgehende Krisen und Spaltungen verhindern können.

Die originellsten Köpfe schrecken nicht mehr davor zurück, die Grundvoraussetzungen und Methoden des Marxismus-Leninismus neu zu durchdenken und sogar hier und da in Frage zu stellen. Als einer der ersten begann Ernst Fischer, damals noch Mitglied des ZK der KPO, den Kampf gegen jeden ideologischen Dogmatismus. „Er nannte die Verantwortungslosigkeit das schlimmste Laster unseres Zeitalters und meinte, sowohl für die kapitalistischen wie für die sozialistischen Staaten gelte das Prinzip: . Erziehung zur Verantwortung, Freundlichkeit, Humanität'." Heute postu-liert Fischer: „Kehren wir zu den einfachen Kategorien , richtig'und . falsch'zurück, denn es gibt keine (bürgerlichen'oder proletarisehen', kapitalistischen’ oder . sozialistischen', sondern nur richtige und falsche (oder halbrichtige, zweifelhafte usw.) Ergebnisse der Wissenschaft." Richtig unterscheidet Fischer zwischen Wissenschaft und Gerechtigkeit; der „Klassenstandpunkt" könne helfend oder hemmend sein, aber „Wissenschaft ist Erkenntnis — also nicht Ideologie": „Die Erde dreht sich, wer immer auf ihr herrscht, und kein Klassenstandpunkt hält sie auf oder beschleunigt ihre Bewegung. Eine , unparteiische, über den Klassen stehende Sozialwissenschaft'gibt's in der Regel nicht; dennoch sind ihre Ergebnisse richtig oder falsch, und zwar von jedem Standpunkt aus. Gewiß ist die Wahrheitsfindung in den Gesellschaftswissenschaften schwieriger als in den Naturwissenschaften, nicht nur, weil es in jenen weder experimentelle noch mathematische Wahrheitsbeweise gibt, sondern weil Interessen aller Art den die Wahrheit Suchenden beeinflussen. Häufig stören, mitunter fördern solche Einflüsse die Annäherung an die Wahrheit, dennoch hört jede Untersuchung gesellschaftlicher Vorgänge auf, Wissenschaft zu sein, wenn sie nicht nach Wahrheit strebt, sondern nach dem Stoff, aus dem man Propaganda macht."

In derselben Richtung wie E. Fischer bewegt sich der italienische Kommunist Professor Lucio Lombardo Radice. Er bietet uns einen sehr beachtlichen Versuch einer Synthese von revolutionär-demokratischer politischer Praxis einerseits, pluralistisch-dialogischer Theorie andererseits an. Lombardo Radice zögert nicht, eine reinliche Trennung des Staates und der kommunistischen Partei von der Weltanschauung und Philosophie des marxistischen Materialismus zu fordern: „Der . . . wissenschaftliche Sozialismus ist eine Jaizistische Lehre'. . ., die keine allgemeine Philosophie verlangt, sondern mit mehreren Weltanschauungen vereinbar ist." „Der Marxismus als Revolutionslehre, als wissenschaftlicher Sozialismus ist für die revolutionäre Partei unentbehrlich", aber doch nicht als „starres System, sondern als lebendige und sich stetig verändernde Wissenschaft. In diesem Sinn ist der Marxismus die Lehre, die alle Revolutionäre, die Atheisten und die Gläubigen nötig haben." So will Lombardo Radice „nicht nur keine Staatsphilosophie, sondern auch keine Parteiphilosophie. Die revolutionäre Partei ist keine philosophische Schule." In diesem Sinne verstehe er „auch das Programm der KPI, in dem es heißt, , Mitglied der revolutionären Partei . . . kann jeder Arbeiter, jeder Bürger sein, der das Parteiprogramm annimmt, unabhängig von seinem Glauben, von seiner Weltanschauung'". Schließlich betont Lombardo Radice sogar die Bedeutung der Beiträge von Mounier, Einstein und Gandhi für die Revolutionslehre obwohl diese lange als gefährliche Gegenrevolutionäre und Feinde des Kommunismus galten.

Was nun den prinzipiellen Dialog über den Marxismus anlangt, so hält der italienische Kommunist zunächst „eine fruchtbare Konfrontation und Zusammenarbeit" zwischen christlichem und marxistischem Humanismus für möglich und unumgänglich. Das Streben nach Sozialismus sei nämlich nicht unvereinbar mit jeder Religion: „Daß eine Religion (eine Theologie) Opium des Volkes sein kann, wird heute von mehreren Theologen in einem historischen Sinn anerkannt. (Ich erinnere nur an das außerordentlich wichtige Buch von Pater Girardi:

Marxismo e Christianismo', mit einer Einleitung von Kardinal König.) Die Marxisten müssen ihrerseits anerkennen, daß die Religion auch heute, in der modernen Gesellschaft, nicht notwendigerweise Opium des Volkes sein muß." Das Miteinander von Kommunismus und Katholizismus ist aber für Lombardo Radice nur ein Sonderfall dessen, was er „dialogischen und dialektischen Pluralismus" nennt: „Das Problem des Pluralismus stellt sich für den Marxismus als das allgemeine Problem der . Pluralität der nicht antagonistischen Werte'im Sozialismus." Diese Voraussetzung schalte auch den Glauben oder die Furcht aus, „daß die Kommunisten der katholischen Kirche, besonders in Italien, einen , ruchlosen Pakt’ anbieten: das Zusammenleben zweier Diktaturen, einer politischen und einer religiösen, zum Schaden der Freiheit aller".

Gehe es beim Pluralismus in der sozialistischen Gesellschaft zunächst einmal nur um eine „Pluralität der positiven Werte", „um die Konfrontation des Marxismus mit solchen Organisationen und Ideen, die dem Sozialismus nicht antagonistisch gegenüberstehen", so schließe das aber auch „ein Gespräch über die Methode nicht aus, wie über die Positivität oder Negativität der Ideen zu befinden sei". Diese Methode müsse „die der freien Konfrontation sein", selbst dann, wenn es sich um negative, eng an die entmachteten Klassen oder an eine gestorbene Vergangenheit gebundene Anschauungen handele. Es gäbe nämlich viele partielle Werte und partielle Wahrheiten. „. . . das absolut Negative ist ebenso unwahrscheinlich wie das absolut Positive." Erst als Ergebnis der freien Konfrontation stirbt die negative Idee im Bewußtsein ab: „Nur an diesem Punkt hat auch ein gesetzliches Verbot, die negative Idee zu propagieren, Sinn und Wert, für die neuen Generationen nämlich. So kann etwa die rassistische Propaganda nur dort auf wirksame Weise zum Verbrechen erklärt werden, wo im Bewußtsein der großen Mehrheit der Bürger der Rassismus als ein Verbrechen empfunden wird, vor dem man sich schützen muß wie vor dem Mord. Ausgenommen einige solche Grenzfälle wie der Rassismus ist es jedoch notwendig, der Methode der freien Konfrontation der Ideen zu folgen." Hier wird also in einer ausgesprochen liberalen Haltung der Einsatz dr politischen Macht auch gegen negative Werte abgelehnt und statt dessen an die wissenschaftliche Methode appelliert: „Es ist nicht verboten, und kein Wissenschaftler hat es jemals verbieten wollen, zu behaupten, daß die Erde das Zentrum des Universums ist — im Gegenteil: vor drei Jahrhunderten versuchte man die entgegengesetzte Behauptung zu verbieten —, und doch sagt heute niemand mehr, die Erde sei Zentrum des Universums. Die Wissenschaft zeigt, daß das Negative, der Irrtum, endgültig zum Verschwinden gebracht werden kann durch die Methode der Konfrontation, durch die . sanfte Gewalt'der Vernunft. Die Konfrontation der Ideen, der . Werte'von Organisationen, die verschiedene Standpunkte und Interessen ausdrücken, kann . Koexistenz'genannt werden, aber man sollte dem Wort das Adjektiv . dynamisch'hinzufügen."

Richtig erklärt G. Hirschauer in seinem Kommentar zu diesem Beitrag zum Salzburger Gespräch, daß dieser neue Standpunkt zwar keinen Rückschritt zu jenem Pluralismus der bürgerlichen Gesellschaft bedeute, den Lombardo Radice als das bloße Nebeneinanderleben antagonistischer Klassen, die Verewigung der starren Trennung der Gesellschaft in „Kapitalisten" und „Proletarier", in Besitzende und Besitzlose, Herrschende und Beherrschte beschreibe, aber doch viel dem Liberalismus verdanke: Trotz allen möglichen und richtigen Einwänden gegen den bloß formalen Pluralismus der westlichen Welt habe sich die Theorie des Pluralismus gerade in den kommunistischen Parteien der westlichen Länder Italiens und Frankreichs entwickeln können, da sie in einer „garantierten formal-pluralistischen Verfassung" existieren: „Der dritte Partner des Gesprächs, der in Salzburg nicht anwesend war, der aber das Gespräch zwischen Christentum und Marxismus erst vor sein Problem gebracht hat, ist der auf beiden Seiten vielverschriene Liberalismus."

Futurologie im Ostblock

Im Ostblock waren auch schon seit geraumer Zeit Bestrebungen im Gange, um den Status quo futurologisch zu überwinden — vor allem auch in der CSSR. Heute versucht die Sowjetunion alles, um die Liberalisierung und Demokratisierung in der Tschechoslowakei einzudämmen und zurückzuschrauben. Auch bei ihren Verbündeten (der DDR, Polen, Bulgarien und bis zu einem gewissen Grade auch wohl Ungarn) ist der Druck der dogmatisch-autoritären Bürokratie stärker spürbar. In der DDR und in Polen mag sich dieser Druck in der Tat dahin auswirken, daß die Futurologie stärker technokratisch getönt ist; aber selbst hier dürfte das humanistisch-demokratische Moment zwar zurückgedrängt, aber doch wohl nicht total vernichtet werden.

Was Polen anbetrifft, so herrschte hier nach 1956 zunächst ein sehr offener und kritischer Geist. So hat der Philosoph Adam Schaff sogar betont, daß uns — entgegen den in einer gewissen Periode herrschenden Illusionen — von der Gesellschaft des bereits aufgebauten Kommunismus „noch ein langer Weg trennt. Allein schon deshalb, weil die Praxis der These Stalins, derzufolge die kommunistische Gesellschaft im Rahmen eines staatlichen Systems mit einem entsprechenden Apparat der physischen Übermacht und Bürokratie aufgebaut werden kann, als unbegründete Revision des Marxismus verworfen werden muß. Als Folge dessen muß zur These von Marx zurückgekehrt werden, daß der Kommunismus nur im Weltmaßstab siegen kann, da man nur in diesem Falle — zumindest theoretisch — die Liquidierung des Staates und bewaffneter Konflikte herbeiführen und eine materielle Basis schaffen kann, die den Übergang zur Formel der Verteilung der Güter Jedem nach seinen Bedürfnissen'ermöglicht, da sonst — wie Marx sagt — die Rückkehr der . alten Schweinerei in neuer Form droht'." Ein Problem ergibt sich daraus, daß „die Formen des Übergangs zur neuen Struktur besonders in den hochentwickelten industrialisierten Ländern anders sein werden als die bisher bekannten, die Gestalt dieser künftigen Gesellschaft im Welt-maßstab wohl differenziert sein wird und gegenwärtig wenig Konkretes über dieses Thema gesagt werden kann". Dennoch glaubt Schaff, „daß theoretisch auch in der Gesellschaft dieses Typs die Entstehung von Entfremdungserscheinungen nicht ausgeschlossen werden kann. Man kann zum Beispiel von vornherein voraussehen, daß die , freie Assoziation der Erzeuger', wie sie Marx bezeichnete, große Schwierigkeiten bei der Bekämpfung der Möglichkeit der Entfremdung des Verwaltungs-, Planungsund haben wird, da dieser mit Rücksicht auf seinen internationalen Charakter unter den künftigen Bedingungen und der Notwendigkeit, hohe technische Kompetenzen seiner Beschäftigten zu besitzen, die natürliche Tendenz zur Stabilisation haben wird, was den Keim der Entfremdungsgefahr in sich birgt. . Andererseits aber werde es bessere Mittel zur Bekämpfung derartiger Situationen einschließlich des Einsatzes von entsprechend progam-mierten elektronischen Rechenmaschinen geben. Ein besonderes Problem für eine derartige Gesellschaft werde die Frage der Teilhabe ihrer Mitglieder am Leben der Allgemeinheit darstellen: „Es geht hier um die Gestaltung der Persönlichkeit der Menschen der neuen Gesellschaft, die zwischen der Skylla des anarchisierenden Individualismus und der Charybdis der Vernichtung der individuellen Persönlichkeit pendeln muß ..."

Hinsichtlich der eigentlichen Futurologie ist festzuhalten, daß die prognostische Arbeit vor allem mit dem langfristigen Plan zusammenhängt, der die Wirtschaft bis 1985 zu erfassen sucht, sowie auch mit dem langfristigen Wissenschaftsentwicklungsplan der Polnischen Akademie der Wissenschaften. Untersuchungen über die zukünftige kulturelle Entwicklung werden unter der Leitung von Professor Stefan Zoikiewski vom Forschungszentrum für Zeitgenössische Kultur bei der Polnischen Akademie der Wissenschaften, Studien über die Theorie der Prognostik vom Zentrum für Planung und Kombination der wissenschaftlichen Forschung sowie vom Zentrum für Praxiologie unter den Professoren Tadeusz Kotorbinski und Jan Zieliniewski unternommen. Zu erwähnen ist auch die Konferenz im Mai 1967 in Tarda, auf der eine Anzahl Futurologen verschiedenster Disziplinen ein Modell einer sozialistischen Kultur in den nächsten zwanzig Jahren diskutierten, sowie die Teilnahme polnischer Gelehrter an der Internationalen Futurologenkonferenz in Oslo im September 1967

Vor der Tragödie des 21. August schien Prag zu einem Zentrum eines neuen humanen, demokratischen, libertären Kommunismus werden zu wollen. Hier war man gegen dabei, -über dem antiquierten Kapitalismus und Bolschewismus eine neue Synthese herauszuarbeiten, die sich vielleicht trotz aller historischen und realpolitischen Affinität zum traditionalen „Marxismus-Leninismus" doch auch zu einer Variante eines dritten Weges entwickelt hätte. Heute sind wir um eine Hoff-nung ärmer — vielleicht wird sich aber bald herausstellen, daß diese Entwicklung nur unterbrochen ist.

Das wohl Einzigartige an der Entwicklung in der ÖSSR war die enge Zusammenarbeit von Theoretikern und Praktikern, von Futurologen und Reformern. Hier arbeitete seit Jahren ein Team von Sozial-und Naturwissenschaftlern, „die ihre Forschungsprojekte und -anstrengungen unter der Leitung des Philosophen Radovan Richta zusammengefaßt haben. Diese Wissenschaftler trugen die ersten Ergebnisse ihrer Forschungen in einem Band mit dem Titel , Die Zivilisation am Scheideweg'zusammen. Das Echo, welches die erste und zweite Auflage dieser Studie hervorrief, die weiteren detaillierten Forschungen einzelner Mitarbeiter des Teams und schließlich die Diskussionen im Team selber führten zur Ausarbeitung einer breiter angelegten und intensivierten Fassung dieses Buches. Nach Abschluß dieser Arbeit beschloß die Gruppe, die neben Philosophen und Soziologen aus Ökonomen und Vertretern anderer wissenschaftlicher Disziplinen besteht, ihre Ansichten der Diskussion einer breiteren fachkundigen Öffentlichkeit aus der Tschechoslowakei und einiger Wissenschaftler aus dem Auslande zu unterbreiten. Zu diesem Zwecke veranstaltete das Philosophische Institut der Tschechoslowakischen Akademie der Wissenschaften auf Initiative des interdisziplinären Teams und in Zusammenarbeit mit dem ökonomischen Institut und anderen Forschungsinstituten der Akademie vom 1. bis 6. April 1968 eine Internationale Konferenz in Marianske Läzne (Marienbad) zum Thema Der Mensch und die Gesellschaft in der wissenschaftlich-technischen Revolution'. Das Programm der Konferenz umfaßte folgende Themenbereiche:

1. Allgemeine Theorie der wissenschaftlich-technischen Revolution.

2. Die Zukunftsaussichten von Wissenschaft und Technologie.

3. Ökonomie und wissenschaftlich-technische Revolution.

4. Die Zukunft der menschlichen Arbeit und der Erziehung.

5. Die Situation des Menschen in der wissenschaftlich-technischen Revolution.

6. Die wissenschaftlich-technische Revolution in der gegenwärtigen Geschichte."

Wie Jiri Kosta ausführt, wurden „die Ergebnisse der Konferenz von Marianske Läzne von den meisten Teilnehmern sehr positiv bewertet. Gleichzeitig lieferte das Treffen dem Forschungsteam eine Anzahl neuer Ideen und Hypothesen für seine weitere Arbeit. Während eine Anzahl von Verlegern die Herausgabe der neuen Version von Die Zivilisation am Scheideweg'in englisch und anderen Weltsprachen vorbereitet, setzen die Mitglieder des Teams ihre theoretische Arbeit fort.“

In der ÖSSR hatte man die Gefahren einer entfremdeten bürokratisch-technokratischen Zukunft sehr wohl erkannt. So sieht R. Richta selber, daß „erst mit einer doppelten Vermittlung — mit Hilfe von Gesellschaftsformen, die eine Umwandlung der gesamten Zivilisationsbasis und damit wiederum Motive zur menschlichen Entfaltung hervorbringen — ...der Mensch die Entfremdung überwinden (kann), die Umkehrung zwischen Subjekt und Objekt, die in der Industriezivilisation enthalten ist. Erst im Gesamtkreis der Veränderungen der Gesellschaftsformen, der Umwandlungen der Zivilisationsbasis des menschlichen Lebens und des Menschen selbst kann dieser — durch Entfaltung seiner selbst als Selbstzweck — an einer bestimmten Grenzlinie der technischen Zivilisation zum wirklichen Subjekt werden, zu einer unabhängigen Verwandlung des Zivilisationsprozesses, zum maßgebenden Faktor einer Prognose der kommenden Entwicklung. Es ist klar, daß der von uns verfolgte Weg Sache eines Weltprozesses ist, zu dem notwendig revolutionäre Wandlungen in allen Aspekten des menschlichen Lebens und Schaffens gehören. Das Resultat dieser Dialektik des Menschen und seines Schaffens ist selbstverständlich nicht im vorhinein gegeben. Die Synthese, die heute auf diesem Boden möglich ist, hat nicht den Charakter eindeutiger Bilder der Zukunft. Sie liegt zwischen der humanistischen Variante der technischen Zivilisation und der Vernichtung der Zivilisation überhaupt. Sie besteht in den Alternativen, die die Entfaltung oder Erstarrung des Menschen der Entwicklung liefern wird."

Vor der Marienbader Tagung hatte schon in Prag im Februar 1967 ein Prognostisches Symposium mit Teilnehmern aus sieben europäischen „sozialistischen" Ländern und Gästen aus Jugoslawien stattgefunden. Im Sommer* 1967 trafen sich 100 Österreicher mit einem halben Dutzend tschechoslowakischer Sozialwissenschaftler in Wien, um die Planung der Zukunft zu erörtern

All diese Bemühungen gehen weiter. Insbesondere wächst auch das Interesse der jüngeren Generation an der Gestaltung ihrer Zukunft. So gründeten Studenten der Hochschule für Ökonomie symbolisch am ersten Frühlingstag des hoffnungsfrohen Jahres 1968 einen Futurologie-Klub Am 19. August wurde dieser Klub unter dem Namen Futurologische Gesellschaft als Kollektivmitglied der Sozialistischen Akademie in Prag von der Regierung genehmigt. In einer Erklärung vom September 1968 wurden die Aktivitäten der Gesellschaft wie folgt festgelegt: „ 1. The Organization of a lecture cyclus on futurology for wider public. A gradual exten-sion of the lecture activity on the University ground. 2. The Organization of heuristic discussions and seminars for F. S. members. 3. The Publishing of periodical futurological magazines and books. 4. The formation and completion of proper information centre and a futurological library. 5. The elaboration of expert reports and oponentures to long term projects of specia-lised organizations. 6. The elaboration of proper first draft and methodological studies. 7. Contact with internationally prominent Personalities of the futurological science and a mutual exchange of information, including arranged prognoses, with futurological in-stitutions in developed industrial states."

Aus den anderen sozialistischen Ländern müssen hier jedenfalls die Bemühungen der fortschrittlichen Geister in Jugoslawien genannt werden, die oft gegen den Widerstand der Bürokratie neue Wege gewiesen haben. Wir denken dabei vor allem auch an die Zagreber Zeitschrift „Praxis" mit ihren kritisch-humanistischen Beiträgen, die schon aus Raummangel nicht näher berücksichtigt werden können. Immerhin sei hier doch die besonders konzise Zusammenfassung wiedergegeben, in der A. Künzli die neue Haltung dieser Zeitschrift zusammenfaßt. Er sieht sie im wesentlichen „ 1. in der kategorischen Anwendung der Marx-sehen Forderung nach einer . rücksichtslosen Kritik alles Bestehenden'auf den bestehenden Sozialismus, wobei die Kritik gelegentlich sogar in den Rang einer ontologischen, das Sein des Menschen charakterisierenden Kategorie erhoben und das Postulat aufgestellt wird, der sogenannte . apologetische'Sozialismus, der nicht in der Lage sei, das Entfremdungsproblem unmittelbar zu lösen, und der sogar noch zusätzliche neue Entfremdungen schaffe, sei in einen . kritischen'Sozialismus umzuwandeln — 2. anerkennen diese jugoslawischen Ikonokla-sten das . Tabu Marx'nicht mehr, und wo sie es für nötig befinden, üben sie freimütig Kritik auch an Marx und den übrigen soge-nannten Klassikern, was den Weg zu einer Entmythologisierung von Marx freilegt: Danko Grlic meinte schon in der ersten Nummer der internationalen Ausgabe von , Praxis', Marx sei einer der großen Geister der Weltgeschichte, aber solle man ausgerechnet Marx allein von der Geschichte befreien, solle man erklären, er sei jemand, dessen Gedanken nicht obsolet werden könnten, nie und nimmer? — 3. lassen alle diese jugoslawischen Philosophen eine mehr oder weniger intensive heilsgeschichtliche Ernüchterung und eine pronon-cierte Tendenz zu einer radikalen Enteschatologisierung des Marxismus erkennen, der selbstverständlich auch der Marxsche Determinismus weitgehend zum Opfer fällt. Diese Entmythologisierung der Geschichte als angeblicher Heils-Institution wird von einigen so weit getrieben, daß der Endzustand des Kommunismus als ein . illusorisches Ziel'bezeichnet wird, mit dem man die Leiden in der Gegenwart nicht rechtfertigen dürfe. Das Ziel sei bis zum Absurden mythologisiert und völlig vom Weg, der zu ihm führen soll, getrennt worden. Es gelte, die Konflikthaftigkeit alles Menschlichen zu akzeptieren, wäre doch ein bedürfnis-und konfliktloser Zustand für den Menschen sehr wahrscheinlich überhaupt nicht ertragbar — 4. wird die Kampfansage an den Determinismus begleitet von einem — gelegentlich beinahe existentialistisch anmutenden — Bekenntnis zur menschlichen Freiheit, wobei die hegelisch-marxsche These von der Freiheit als erkannter Notwendigkeit verworfen wird. 5. Dieses Betonen der menschlichen Freiheit impliziert einen gewissen Subjektivismus, der sich im Denken dieser jugoslawischen Marxisten als eine Art marxistischen Personalismus manifestiert. Es geht ihnen letztlich darum, den Menschen aus der Dienerrolle zu befreien, die ihm ein deterministischer Marxismus in Gesellschaft und Geschichte zugesprochen hat, ihn wieder in seine Rechte und seine Würde als Person einzusetzen und ihm personale Verantwortung nicht nur einem geschichtlichen Auftrag und der Zukunft, sondern vor allem auch dem Nächsten hier und heute gegenüber aufzutragen. 6. Dieser personalen Verantwortung wird nach Auffassung dieser Jugoslawen der Mensch als gesellschaftliches Wesen am ehesten im Rahmen einer gesellschaftlichen Selbstverwaltung gerecht, die sowohl sozialistisch wie demokratisch ist und die den einzig möglichen Weg in eine Zukunft weist, in der Staat und Partei im Rahmen des Möglichen absterben können und die Entfremdung des Menschen, soweit sozioökonomisch und politisch bedingt, aufgehoben ist."

Fragen der Zukunft des Sozialismus und der Menschheit überhaupt sind auch immer wieder auf den internationalen Sommerseminaren der Universität Zagreb in Korcula mitdiskutiert worden. Nun widmete die Dritte Internationale Konferenz Wissenschaft und Gesellschaft ihre Tagung im Sommer 1969 in Herceg-Novi ganz dem Thema: Forecasting the Future.

Futurologie und „Dritter Weg“

Fragen wir zum Schluß noch, wie man sich im Osten zur Futurologie stellt. Wie bereits ausgeführt, postulieren die offiziellen Sprecher des Marxismus-Leninismus und des „Diamat", daß diese die einzige wissenschaftliche Antwort auf alle Fragen der Zukunft haben. So wie dem Kommunismus die Welt von morgen gehören wird, so kann man nur auf der Basis des wissenschaftlichen Sozialismus und Kommunismus die Welt von morgen erkennen. Prognostik, Planung und Philosophie des Zukünftigen sind folglich das Monopol Moskaus und der dem Kreml folgenden Parteien und Staaten. „Die weltverändernde und seit jeher in die Zukunft weisende Dynamik des Marxismus-Leninismus läßt deutlich erkennen, daß der Marxismus-Leninismus in der Tat — wenn man so will — wissenschaftlich ausgewiesene Futurologie ist. Sie hat die Weltgeschichte seit einem Jahrhundert nachhaltiger als alle anderen futurologischen Denkweisen geprägt und wird auch in Zukunft das Geschehen bestimmen." Immerhin macht sich doch nunmehr auch im „leninistischen" oder besser „neostalinistischen" Lager eine Differenzierung bemerkbar. Grob gesprochen können wir zwei Rich-tungen unterscheiden: Die einen lehnen alle sogenannte bürgerliche Futurologie in Bausch und Bogen als konterrevolutionär, imperialistisch, kriegshetzerisch ab; die anderen unterscheiden dagegen zwischen ausgesprochen reaktionären und zumindest teilweise progressiven Strömungen innerhalb der bürgerlichen Futurologie.

Bezeichnend für die pauschale Verurteilung der Futurologie wäre etwa in der DDR ein Artikel in der „Weltbühne" in dem von „Gipfeln der Paradoxie und der Unmenschlichkeit", welche die Futurologie erklimmt, die Rede ist. „Die Futurologie ist keine Wissenschaft und kann es nie werden." Äußerungen völlig amoralischer, geradezu pervertierter Intellekte häufen sich in der wachsenden Flut „exakter Prognosen (laut Flechtheim) der Futurologie. Sie heilen sie zwar nicht von ihrer heillosen Widersprüchlichkeit und Lückenhaftigkeit, die durch das System bedingt sind, dem sie dient. Aber sie verleihen ihr einen total uniformen Zug zur Entmenschlichung des Zukunftsdenkens, der sich zusehends durchsetzt. Geht man davon aus, daß die Wissenschaft, soll sie nicht sich und die Welt verderben, der Herausbildung des Menschlichen und der Emanzipierung des Menschengeschlechtes zu dienen hat, dann kommt man nicht umhin, eine wachsende Entwissenschaftlichung der bürgerlichen Zukunftsforschung — trotz zunehmender Beschwörung der Wissenschaft! — festzustellen.''Fast ebenso negativ ist die Beurteilung Kurt Hagers der unter Bezugnahme auf die Schriften von Strauß, auf die programmatischen Erklärungen der Bonner Koalitionsparteien, auf das Berliner Programm der CDU/CSU und die „Sozialdemokratischen Perspektiven", von der „reaktionären" sozialpolitischen Funktion der imperialistischen und rechts-sozialdemokratischen „Futurologie" spricht, freilich auch „beachtenswerte Einzelerkenntnisse" mancher Futurologen einräumt.

Zugleich stößt man aber auch in der DDR auf erheblich differenziertere Analysen. Das Staatssekretariat für gesamtdeutsche Fragen (wie es damals noch hieß) läßt unter der Überschrift „Futurologie und Marxismus" erklären: „Brenner, Abendroth, Vilmar beispielsweise haben diese Gretchenfrage von ihren Standpunkten aus ebenfalls formuliert und gegen das Großkapital beantwortet. Flechtheim, Krauch und andere haben eine Antwort zugunsten einer auf breiteste Schichten gestützten Demokratie gegeben, ohne allerdings zu beantworten, welche Klasse im Interesse einer solchen Demokratie die Führung in der Gesellschaft übernehmen muß. Nicht selten wird die akzentuierte und konseguente Beschäftigung mit dieser Frage durch Wissenschaftler und politische Kräfte der DDR als Propaganda abgetan, und sie ist — beispielsweise in der Gesamtkonzeption der von Robert Jungk und Hans Josef Mundt herausgegebenen . Modelle für eine neue Weit'— ein bei den meisten Autoren fast verschwindendes Moment. Wenn es aber richtig ist, daß Planung stets auch Gesellschaftsplanung sein muß und daß Wissenschaft nicht außerhalb des Wirkens von gesellschaftlichen und Klassenkräften mit Planung verbunden sein kann, dann ist die Verbindung von Konzepten künftiger deutscher Entwicklung und Vorstellungen über

Veränderungen der heute in der Bundesrepublik vorherrschenden kapitalistischen Machtstrukturen ein entscheidender Aspekt wissenschaftlicher Diskussion über die Zukunft Deutschlands. Wer also in der Bundesrepublik wissenschaftliche Diskussion in der Futurologie sucht, dürfte in den Wissenschaftlern der DDR Partner produktiver Dispute sehen. Er sollte die Begegnung mit ihren Fragestellungen in der Diskussion suchen. Zumindest deshalb, weil beide Seiten dabei in der abgerundeten Formulierung ihrer Auffassungen nur gewinnen können. Jede echte Wissenschaftsdisziplin wird bemüht sein, in ihrer theoretischen und praktischen Arbeit alle praktische Erfahrung über ihren Gegenstand auszuschöpfen — kritisch und in der Bereitschaft zugleich, positive Anregungen zu übernehmen."

Die Wochenzeitung „Sonntag" hat sich in den letzten Jahren wiederholt relativ sachlich mit futurologischen Problemen auseinandergesetzt; so behandelte man im Jahr 1966 ausführlich den Band „ Unsere Welt 1985" — „ein bemerkenswertes Buch". Die Ostberliner „Deutsche Zeitschrift für Philosophie" fragte sehr ernsthaft, ob die Futurologie „eine vorübergehende Modeströmung oder eine ernst zu nehmende Erscheinung" sei. Ihre Antwort lautete eindeutig: „Daß die bürgerliche Zukunftsforschung nicht einfach als Mode-strömung, Phantasterei, bloße Utopie und Spekulation abgetan oder gar negiert werden kann, darauf weisen sowohl ihr Umfang als auch die Namen ihrer Vertreter hin." Die Verfasser der Schrift „Imperialismus und Weltanschauung" geben zu, daß „die Theorie des . Dritten Weges'von einer Vielzahl jener Denker vertreten wird, die sich neuerdings um die Futurologie scharen". Neben „pro-imperialistischen Perspektivkon-

zeptionen" hätten „in jüngster Zeit jene im engeren Sinne futurologischen Theorien an Bedeutung gewonnen, die prognostisches Denken unter zwei Gesichtspunkten betreiben: Bemühungen um Verhinderung eines dritten Weltkrieges und Bestreben, die Entwicklung im Imperialismus stärker demokratisch zu beeinflussen". Dieter Klein, der auch in der Zeitschrift Futurum publiziert hat spricht jetzt vom „unlösbaren Widerspruch jeder bürgerlichen Futurologie. Dieser Widerspruch führt zu einer vielschichtigen Differenziertheit innerhalb der bürgerlichen Futurologie. Sie reicht von der imperialistischen und von der offen die Erhaltung des Spätkapitalismus erstrebenden rechtssozialdemokratischen . Futurologie'(. Aktionsprogramm der CDU/CSU', Strauß: . Entwurf für Europa', . Herausforderung und Antwort — ein Programm für Europa', Brzezinski: . Alternative zur Teilung'und . Sozialdemokratische Perspektiven im Übergang zu den siebziger Jahren') über bürgerlich-liberale und kleinbürgerliche, oft sozialkritische und in Teilerkenntnissen sehr weit gehende Futurologen (Robert Jungk, Ossip K. Flechtheim, Hans Josef Mundt, Pierre Bertaux) bis zu antikapitalistischem Zukunftsdenken wie bei Fritz Vilmar und Wolfgang Abendroth, die noch bürgerliche Vorbehalte gegen den realen Sozialismus haben, jedoch eine in starkem Maße marxistisch geprägte Kritik des Kapitalismus in ihren Zukunftsentwürfen vorlegen. Diese Differenzierung ist außerordentlich wichtig, weil es ebenso schädlich wäre, Zukunftsforschung und gesellschaftlichen Fortschritt unter imperialistischen Bedingungen gleichzusetzen, wie falsch, alle in den kapitalistischen Ländern wirkenden Futurologen als gleichermaßen reaktionär anzusehen."

Auch in anderen Ostblockländern schwankt die Einschätzung der Futurologie je nach den taktisehen Bedürfnissen, aber auch gemäß der Stellung des jeweiligen Beurteilers. Ist für die bulgarische „Nowoje Wremja" (Neue Zeit) die Futurologie nur ein „neuer Stern am ideologischen Firmament des Westens", der doch „kein Leitstern" ist so glaubte gar ein sowjetischer Autor, den Verfasser gerade auch wegen seiner Futurologie als „stillen Kreuzfahrer" gegen die Sowjetunion attackieren zu müssen Dagegen räumt der Historiker D. Melnikow ein: „Gemäß der Kompromißformel besteht die Hauptaufgabe eines Fachmannes auf dem Gebiet der Prognose nach der Definition eines deutschen Futurologen in einer . Inventarisierung'all jener Faktoren, Erscheinungen und Prozesse, die eine Beziehung zum , Voraussehen, Vorausahnen und Voraussagen'haben. Unter . Inventarisierung'wird das Registrieren und Systematisieren der von den Futurologen auszuwählenden Erscheinungen verstanden. Und auf dieser Grundlage läßt sich auch ein . Verzeichnis der Wahrscheinlichkeiten'für die Politik der Zukunft aufstellen. Auf Schritt und Tritt ist der bürgerliche Prognostiker, mag er auch ein überzeugter Anhänger des kapitalistischen Systems sein, genötigt, harte Kritik an dem Konservatismus, der Voreingenommenheit und der Verantwortungslosigkeit der im Westen herrschenden politischen Doktrinen und an dem verknöcherten politischen Denken der Politiker und Staatsmänner zu üben." Melnikow gibt unumwunden zu, es sei „eine nur sehr schwer zu lösende Aufgabe, für die kapitalistische Gesellschaft passende futurologische Schemata zu konstruieren und sich dabei auf Logik und gesunden Menschenverstand zu stützen und zu versuchen, die Politik mit der Vernunft zu versöhnen. Nichtsdestoweniger stellt der durch die Verhältnisse diktierte Versuch einiger Wissenschaftler, Publizisten und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens im Westen, sich darüber klar zu werden, wohin die kapitalistische Welt geht, an sich eine positive Tatsache dar. Doch ist es unmöglich, eine Antwort auf die von der Gegenwart gestellten . verfluchten Fragen'zu erhalten, wenn man auf den Positionen der Ausbeuterklassen beharrt. Hier bedarf es einer völlig anderen Methodologie — einer Methodologie, die die marxistisch-leninistische Theorie der modernen Wissenschaft in die Hand gibt."

Vielleicht ist es auch durchaus kein Zufall, daß es gerade ein Technologe war, der so weit ging, in der Zeitschrift der Wissenschaftlich-Technischen Gesellschaften der UdSSR seinen Beitrag einfach zu überschreiben: „Futurologie — Wissenschaft des 20. Jahrhunderts"

Auch derjenige, der das Interesse für die bürgerliche Futurologie in Staaten wie der DDR oder der Sowjetunion in Anbetracht der dort z. Z. vorherrschenden neostalinistischen Denkweise nicht unkritisch beurteilen wird, wird doch nicht umhinkönnen, auch hier einen Ansatzpunkt für einen Dialog zu sehen, der doch einige vergangenheitsgeprägte dogmatische Positionen aufzulockern vermag, wobei wir natürlich auch die Widerstände drüben wie hüben nicht unterschätzen dürfen.

Wir haben bereits von der Futurologie als einer Synthese von Ideologie und Utopie, einer Art „Drittem Wege" gesprochen. Man kann sie aber auch als „Dritte Kraft" zwischen Kapitalismus und Kommunismus verstehen, die über beide hinausweist. Als ein Element eines dynamischen, demokratischen und libertären Humanismus wird sie in erster Linie den Dialog mit den liberalsten und kritischsten Köpfen des kommunistischen Lagers zu pflegen suchen. Appelliert die Futurologie zunächst an alle Menschen guten Willens und klaren Verstandes, so sollte sie doch besonderes Gehör finden bei den „Nonkonformisten" hüben und „Revisionisten" drüben wenn sie etwa betont, „die Zukunft als Hoffnung und Aufforderung wird so im Zeichen des , totalen Menschen, nicht des totalen Staates'" zu stehen haben.

Wie jetzt Arnold Künzli richtig bemerkt, ist dabei der Hauptwiderspruch nicht mehr der zwischen Ost und West. Die Front der Wahrheit und der Menschlichkeit gehe mitten durch die Lager hindurch. Der Hauptwiderspruch ist „derjenige zwischen den Mächten der Zukunft und denen der Vergangenheit innerhalb der beiden Lager".

Wird die Futurologie zu einer demokratisch-humanistischen Dritten Front werden, die guer durch alle Blöcke verläuft, so könnte sie nicht nur zur Annäherung der beiden Machtblöcke beisteuern, sondern vor allem auch zur Liberalisierung und Humanisierung der Welt von morgen. Diese Aufgabe ist um so vordringlicher, als die An-Ähnelung, die schon im Gange ist und wohl weiter Fortschritte machen wird, noch keine echte Annäherung auf einer höheren Basis garantiert „Um so wichtiger wird es", formuliert Ernst Fischer treffend, „daß über Grenzen und Mauern hinweg ein Bündnis der Denkenden, der Humanen und daher zutiefst Beunruhigten sich herausbilde, das Bündnis aller, die verstehen, daß wir nicht nur antagonistischen gesellschaftlichen Systemen angehören, sondern in einer Welt leben, und zwar in einer Welt, die durch ein paar Narren in die Luft gesprengt werden kann. Die objektive Wechselwirkung der antagonistischen Systeme ist das vielleicht entscheidende Novum unseres Zeitalters; sie in subjektive Erkenntnis zu erheben und daraus bewußt die Konseguenzen zu ziehen, wird zu der vielleicht entscheidenden Pflicht der Intellektuellen. Wir müssen lernen, unsere Mitverantwortung für die Entwicklung der . anderen', jenseits der Grenzen unseres Landes, unseres Systems anzuerkennen, gemeinsam mit Andersdenkenden die Welt von morgen zu entwerfen. Wir müssen einander unterstützen: alle Bestrebungen der Intellektuellen in der kapitalistischen Welt, gegen die Dummheit und Brutalität der Herr- sehenden anzukämpfen, alle Bemühungen der Intellektuellen in der sozialistischen Welt, mehr Freiheit und Humanität, mehr Kritik, Kontrolle, demokratische Mitbestimmung zu erreichen." So mögen sich wahrlich immer mehr kritische Geister über alle Grenzen der Länder und Lager hinweg in der Vision einer Welt zusammenfinden, „in der die am schwersten zu vereinbarenden Elemente menschlichen Handelns miteinander verbunden sind . . . Güte ohne Nachsicht, Mut ohne Fanatismus, Intelligenz ohne Verzweiflung und Hoffnung ohne Verblendung."

Fussnoten

Fußnoten

  1. J. Strinka, Verhüllter Dogmatismus und revolutionäre Dialektik (Nase Teme, Dezember 1965, zit. nach RFE Research East Europe, Czechoslovak Press Survey No. 1760, Special, 26. 2. 1966), hier zitiert nach L. Auerbach, Marxismus contra Dogmatismus, in: G. Szczesny (Hrsg), „Club Voltaire", Jahrbuch für krit. Aufklärung III, München 1967, S. 142 und 374.

  2. A. Buchholz, Die große Transformation, Stuttgart 1968, S. 101 f.

  3. I. V. Bestushev-Lada, Social Prognostics Research in the Soviet Union, in: R. Jungk und J. Galtung (Hrsg.), Mankind 2000, Oslo und London 1969, S. 303..

  4. Vgl. auch O. K. Flechtheim, Weltkommunismus im Wandel, Köln 1965, S. 167 ff.

  5. Vgl. auch ders., Bolschewismus 1917— 1967, Wien 1967, S. 217 ff.

  6. A. Künzli, Das entfremdete Paradies, Wien 1963, S. 13.

  7. Grundlagen des Marxismus-Leninismus, Berlin (Ost) 1960, S. 7.

  8. Ebenda, S. 17.

  9. Ebenda, S. 12.

  10. Ebenda, S. 100 f.

  11. G. Klaus und M. Buhr (Hrsg.), Philosophisches Wörterbuch, Leipzig 1964, Stichwort Soziologie, S. 543.

  12. Grundlagen . . ., a. a. O., S. 9 ff.

  13. Hier zitiert nach H. J. Lieber und K. -H. Ruffmann (Hrsg.), Der Sowjetkommunismus: Dokumente, Bd. 1, Köln 1963, S. 505 ff.

  14. J. P. Franzew, Kommunismus — heute und morgen, Wien 1965, S. 293.

  15. Grundlagen . . ., a. a. O., S. 803.

  16. Ebenda, S. 805 ff.

  17. Hier zitiert nach H. Weber (Hrsg.), Der deutsche Kommunismus — Dokumente, Köln 1963, S. 454.

  18. Grundlagen . . ., a. a. O., S. 824 f.

  19. Hier zitiert nach J. P. Franzew, a. a. O., S. 64 f.

  20. In: Ost-Probleme 1960, S. 651 ff., und in: Problems of Communism, Jg. 9, 1960, No. 6, S. 23, hier zitiert nach E. Oberländer, Der Kommunismus als Zielvorstellung von Marx bis zur Gegenwart, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, 7. 6. 1969, S. 38 f.

  21. Grundlagen . . ., a. a. O., S. 825 f.

  22. Hier zitiert nach der Frankfurter Rundschau vom 3. 1. 1967, S. 12.

  23. I. Bestuschew, Die Welt von morgen, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, Jg. 9, 1967, S. 904.

  24. Hier zitiert nach A. Buchholz, a. a. O., S. 86.

  25. I. Bestuschew, a. a. O., S. 905 f.

  26. Hier zitiert nach A. Buchholz, a. a. O., S. 78 f.

  27. I. Bestuschew, a. a. O., S. 908.

  28. R. Mestan, Reportage im 21. Jahrhundert, in: Die Zeit, 20. 3. 1959, S. 6.

  29. A. D. Sacharow, Verschiedene Ausgaben — hier zitiert nach: Wie ich mir die Zukunft vorstelle, Zürich 1968, S. 85 f.

  30. I. Bestuschew, a. a. O., S. 906.

  31. Ebenda, S. 907.

  32. A. D. Sacharow, a. a. O., S. 15.

  33. Ebenda, S. 29 f.

  34. Ebenda, S. 37 ff.

  35. Ebenda, S. 34 ff.

  36. A. Buchholz, a. a. O., S. 63.

  37. Quel avenir astend l'homme?, Paris 1961, S. 330.

  38. A. Buchholz, a. a. O„ S. 104.

  39. I. V. Bestushev-Lada, Social Prognostics Research . . ., a. a. O., S. 300 ff.

  40. Hier zitiert nach O. K. Flechtheim, Weltkommunismus im Wandel, Köln 1965, S. 226 f.; vgl. zum Folgenden auch W. Hofmann, Stalinismus und Antikommunismus, Frankfurt a. M. 1967, S. 115 ff., und A. Künzli, über Marx hinaus, Freiburg i. Brsg. 1969, S. 34 ff.

  41. S. hierzu O. K. Flechtheim, Einleitung zu A. Rosenberg, Geschichte des Bolschewismus, Frankfurt a. M. 1966, S. 37 f.; vgl zum Folgenden auch F. Marek, Die Wiener Konferenz, in: Weg und Ziel, Jg. 23, 1966, S. 366 f.

  42. Entwurf: Programm der KPD, in: O. K. Flechtheim (Hrsg.), Dokumente zur parteipolitischen Entwicklung in Deutschland seit 1945, Bd. 7, Berlin 1969, S. 545.

  43. A. Künzli, Prager Krise des westlichen Kommunismus I, in: Frankfurter Rundschau vom 27. 12. 1969, S. 3.

  44. A. Künzli, Geschichte und Verantwortung im Marxismus heute, in: Studia Philosophica, Bd. 25, Basel 1965, S. 123; hier auch weitere Nachweise über Lukäcs, Lobkowicz, Kosik, die „Praxis", Ernst Fischer u. a.

  45. E. Fischer, Kunst und Koexistenz, Reinbek bei Hamburg 1966, S. 55 f.

  46. Resümee eines Vortrages von L. Lombardo Radice, Eine offene sozialistische Revolution, im Europäischen Seminar in München am 1. 12. 1966, S. 2 f. (noch nicht publiziert). Bezeichnenderweise wurde Lombardo Radice sofort von der SED schaff angegriffen: „Wir widerlegen Prof. Radices ganze Theorie vom bekenntnislosen Staat mit den Erfahrungen der sozialistischen Praxis der DDR" (Max Friedrich, Das Verhör des Lombardo Radice, in: Neues Deutschland vom 24. 12. 1966, S. 5 B).

  47. L. Lombardo Radice, Bilanz des Dialogs, in: Weg und Ziel, Jg. 24, 1967, S. 14.

  48. L. Lombardo Radice, Eine offene sozialistische Revolution, a. a. O., S. 2 f.

  49. L. Lombardo Radice, Bilanz des Dialogs, a. a. O., S. 13.

  50. Pluralismus in marxistischer Sicht, in: Werk-hefte, Jg. 19, 1965, S. 252 f.; vgl. auch ders., Pluralismus in einer sozialistischen Gesellschaft, in: E. Kellner (Hrsg.), Christentum und Mara smus heute, Gespräche der Paulus-Gesellschaft, Wien 1966, S. 251 ff.

  51. G. Hirschauer, Die Salzburger Tagung über Christentum und Marxismus, in: Werkhefte, Jg. 19, 1965, S. 246.

  52. A. Schaff, Zum Problem der Entfremdung, in: Weg und Ziel, Jg. 23, 1966, S. 670 f.; vgl. auch ders., Marxismus und das menschliche Individuum, Wien 1965, insbes. S. 239 ff.; zur Kritik an Schaff vgl. jetzt auch Helmut Wagner, Die ideologischen Kapriolen des Adam Schaff, in: Osteuropa, Jg. 17, 1967, 1, S. 16 ff.

  53. W. Rolbiecki, Prognostication and Prognoseology, in: R. Jungk und J. Galtung (Hrsg.), Mankind 2000, S. 278 ff.; vgl. auch A. Sicinski, Les etudes sur l'avenir en Pologne, in: Analyse et Prevision, vol 3, mai 1967, S. 343 ff.

  54. J. Kosta, Der Mensch und die Gesellschaft in der wissenschaftlich-technischen Revolution, in: Futurum, Jg. 1, 1968, S. 167 f.

  55. Ebenda, S. 172.

  56. R. Richta, Die wissenschaftlich-technische Revolution und die Alternativen der modernen Zivilisation, in: Futurum, Jg. 1, 1968, S. 203 f.

  57. Th. Prager, Kann die Zukunft geplant werden?, in: Perspektiven, Nr. 6, 1967, S. 26 f., und Futurum, Jg. 1, 1968, S. 331 ff.

  58. Futurologie-Klub in Prag, in: Futurum, Jg. 1, 1968, S. 334.

  59. The Futurological Society — A Declaration, September 1968 (hektographiert), S. 12 f.

  60. A. Künzli, Uber Marx hinaus, Freiburg i. Brsg. 1969, S. 50; vgl. jetzt auch G. Petrovic (Hrsg.), Revolutionäre Praxis — Jugoslawischer Marxismus der Gegenwart, Freiburg i. Brsg. 1969, insbes. S. 7 ff. und S. Stojanovic, Kritik und Zukunft des Sozialismus, München 1970.

  61. Staatssekretariat für gesamtdeutsche Fragen, Wohin? Fragen, Widersprüche, Wege, Berlin (Ost) 1966, S. 340.

  62. K. Böhm, Von Politologen, Futurologen und anderen Magiern, in: Die Weltbühne, Jg. 24, 1969, S. 595 ff.

  63. Grundfragen des geistigen Lebens im Sozialismus — Referat auf der 10. Tagung des ZK der SED, Berlin (Ost) 1969, S. 18 ff.

  64. A. a. O., S. 338 f.

  65. P. Fiedler und W. Müller, Zukunftsdenken im Kampf der Ideologen — eine Kritik der „Futurologie", in: Deutsche Zeitschrift für Philosophie, Jg. 1967, S. 253 ff.

  66. Dieter Bergner, Wolfgang Eichhorn II, Walter Jopke, Dietrich Noske, Imperialismus und Weltanschauung. Zu neuen Tatsachen der bürgerlichen Philosophie und Ideologie in Westdeutschland, Berlin (Ost) 1966, S. 155 ff.; vgl. auch: Unsere Welt 1985 — Sonntag-Gespräch mit Prof. Dr. Peter Adolf Thirsson und Prof. Dr. Georg Klaus (Sonntag Nr. 1 und 3 vom 2. und 16. 1. 1966), Denken für die Welt von morgen — Sonntag-Gespräch mit P. A. Thirsson und V. Stoljarow (Sonntag vom 28. 8. 1966, S. 3 ff.) und die sehr sachliche Analyse von T Schulze, Die Prognose als Aufgabe der Gesellschaftswissenschaften, in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Humboldt-Universität, 13 Jahre DDR, Gesellschafts-und Sprachwissenschaftliche Reihe, Jg. 13, 1964, S. 845 ff.

  67. D. Klein, Die Konflikte des Spätkapitalismus und ihre Entwicklungstendenzen — Aufgaben wissenschaftlicher Gesellschaftsprognose, in: Futurum, Jg. 2, 1969, S. 33 ff.

  68. D Klein, Zur wissenschaftlichen Gesellschaftsprognose spätkapitalistischer Entwicklungen — Kritisches zur bürgerlichen Futurologie, in Forum, Jg. 23, 1969, Nr. 14, S. 5.

  69. G. Todortschew, Futurologie, Nachdruck aus der Zeitung „Otetschestwen front" (Sofia), in: Neue Zeit, Nr. 10 vom 8. 3. 1967.

  70. N. Gribatschew, Tichie Krestonoszy, in: Prawda vom 29. 9. 1967, S. 4.

  71. Deutsche Fassung publiziert als „Futurologie", in: Die Presse der Sowjetunion, Berlin (Ost), Nr. 82, 1969, S. 6.

  72. S. Wladimirow, Futurologia — Nauka XX weka, in: NTO SSSR, 1968, Nr. 7, S. 22.

  73. Ähnlich auch H. Heimann, Revisionisten, vereinigt Euch!, in: Konturen, Zeitschrift aus dem Studentendorf der FU Berlin, Jg. 4, 1963, Nr. 11, S. 4 f.

  74. Die Zukunftsvorstellungen des Marxismus, in: Tagebuch, Jg. 21, 1966, Nr. 12, S. 5.

  75. A. Künzli, Uber Marx hinaus, Freiburg i. Brsg. 1969, S. 57.

  76. G. v. Eynern, Tendenzen wirtschaftlicher und politischer Annäherung von Ost und West, in: Wissenschaft und Planung, Universitätstage 1965 der FU Berlin, Berlin 1965, S. 215.

  77. E. Fischer, Epilog zu „Kunst und Koexistenz", in: G. Szczesny (Hrsg.), Club Voltaire, Jahrbuch III, München 1967, S. 294.

  78. L. Kolakowski, Der Mensch ohne Alternative, München 1960, S. 280.

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Ossip K. Flechtheim, geb. 1909 in Nikolajew (Rußland), seit 1910 in Deutschland, 1927 bis 1931 Studium der Rechts-und Staatswissenschaften an den Universitäten Freiburg (Breisgau), Paris, Heidelberg, Berlin und Köln. Dr. iur. 1931, bis 1933 Referendar. 1933 Entlassung aus politischen und „rassischen" Gründen, 1935 Verhaftung und Emigration. 1935 bis 1939 Studium in Genf. 1939 bis 1946, 1947 bis 1951 Dozent und Professor an verschiedenen amerikanischen Hochschulen. 1946/47 Sektionschef beim US-Hauptankläger für Kriegsverbrechen in Nürnberg. 1947 Dr. phil. in Heidelberg. 1951 bis 1952 Gastprofessor an der Freien Universität Berlin. 1952 bis 1959 Professor an der Deutschen Hochschule für Politik in Berlin, 1954 bis 1955 Gastprofessor an der University of Kansas City. 1959 außerordentlicher, 1961 ordentlicher Professor für die Wissenschaft von der Politik an der Freien Universität Berlin (Otto-Suhr-Institut). 1960/61 Geschäftsführender Direktor des Otto-Suhr-Instituts an der Freien Universität Berlin. Herausgeber der Zeitschrift „Futurum".