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Weltpolitische Chronik. 1. Quartal 1972 | APuZ 26/1972 | bpb.de

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APuZ 26/1972 Artikel 1 Weltpolitische Chronik. 1. Quartal 1972

Weltpolitische Chronik. 1. Quartal 1972

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In einer Folge von zunächst vier Quartalsheften sollen in dieser Zeitschrift weltpolitische Übersichten vorgelegt werden. Die Redaktion wäre für Stellungnahmen und kritische Hinweise dankbar, die es ihr erleichtern, sich ein Bild davon zu machen, ob und inwieweit der hier unternommene Versuch einem Informationsbedürfnis der Leserschaft entspricht.

Internationales

INHALT Internationales ............................................. 3 Europa ............................................................. 12 Nahost ............................................................. 32 Amerika .......................................................... 36 Asien und Ozeanien ................................... 45 Afrika .............................................................. 63

In diesem Abschnitt werden zunächst die „internationalen Organisationen" (z. B. NATO) und sodann geographische Räume überschreitende Vorgänge internationalen Charakters (z. B. Abrüstung) als „Sonstiges“ behandelt, und zwar jeweils in der alphabetischen Reihenfolge des Stichwortes.

Internationale Organisationen (Anden-Pakt /Arabische Liga /Europarat /Europapläne /Europäische Gemeinschaften der Sechs /GATT /IMF /NATO /Ostblock /Sozialistische Internationale /Vereinte Nationen)

Andenpakt 14/1: Die Gesetzgebende Kommission des Andenpaktes verabschiedet ein Statut über multinationale Unternehmungen. Das sind solche, an deren Kapital mindestens 2 Andenpaktländer mit je mindestens 15% beteiligt sind, sonstiges Auslandskapital auf 40 % beschränkt ist, und deren Zwecke den Interessen des Paktes entsprechen. Sie kommen in den Genuß der gleichen Begünstigungen hinsichtlich Steuern, Neuinvestitionen, Kreditgewährung usw., wie die nationalen Gesellschaften, denen nach dem Statut mindestens 80 % des Kapitals von örtlichen Kapitalgebern zugeflossen sein muß. Schließlich werden ihnen Erleichterungen beim Kapitaltransfer eingeräumt.

Arabische Liga 21: Scheich Saoud bin Ali al-Khalili wird zum neuen Delegierten des Emirates von Oman bei der Arabischen Liga ernannt. Die Ernennung erfolgt im Zusammenhang mit einer Regierungsumbildung, bei der Sultan Said Qabus bin Said die Ministerpräsidentschaft von seinem angeblich aus Gesundheitsgründen zurücktretenden Onkel Said Tariq bin Taimur übernimmt, der als Gegner der antiemokratischen Regierungsmethoden des Sultans und Befürworter der arabischen Bewegung gilt.

12 III: Der Rat der Arabischen Liga stellt seinen Mitgliedern die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zur BRD frei (siehe unter „BRD“).

Europarat 19— 26/1: Die Beratende Versammlung des Europarates tritt in Straßburg zum Dritten Teil ihrer 23. Session zusammen. In der politischen Debatte äußert sich am 25. Januar der österreichische Außenminister Kirchschläger u. a. über Österreichs Stellung zur europäischen Integration und nennt die Unabhängigkeit Österreichs den „Prüfstein für die Wahrung des europäischen Gleichgewichts". Österreich möchte nicht wegen seiner immerwährenden Neutralität, mit der es am besten zur friedlichen Entwicklung Europas beizutragen glaube, von der Wirtschaftsentwicklung aus-geschlossen werden. Österreich bekenne sich zu jener Gesellschaftsform, die die Mitglieder des Europarates verbindet und wolle daher auch an der wirtschaftlichen Integration Europas teilnehmen. Kirchschläger begrüßt die Grundsatzentscheidung des Ministerrates der Europäischen Gemeinschaften, für die Verhandlungen mit den neutralen Staaten, und damit auch Österreich, ein Mandat auf der Grundlage einer Freihandelszonenregelung zu erteilen, wodurch auch für Österreich ein Weg für eine Teilnahme an einem europäischen Markt freigemacht wird, der mit den Verpflichtungen der immerwährenden Neutralität übereinstimmt. Der Außenminister verweist auf die Schaufensterfunktion, die ein wirtschaftlich und prosperierendes gegenüber Österreich seinen Nachbarn ausübt. — Grundlage der politischen Aussprache sind zwei Kommissionsberichte über die „Ost-WestBeziehungen und die Vorbereitung über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa" bzw. über die „Einstellung der osteuropäischen Länder zur Entwicklung der Ost-West-Beziehungen“. — Die Versammlung nimmt die Empfehlungen 651— 669 sowie die Resolutionen 504— 516 zu Detailfragen an.

Europa-Pläne 5/II: In Igls bei Innsbruck findet eine Tagung der sogenannten Kleinen Sozialistischen Internationale der Sozialistenführer Österreichs, der BRD, Italiens und der Schweiz statt. Der Gastgeber, der österreichische Bundeskanzler Kreisky, erläutert anschließend in einem Interview die Themen der Tagung. Man habe sich über die Frage der politischen Tätigkeiten der ausländischen Arbeiter in Mitteleuropa bzw. über die sozialen Probleme der Gastarbeiter unterhalten; wahrscheinlich sei nicht irgendwie extremistische Agitation unter diesen Arbeitern entscheidend, sondern ihr Erleben demokratischer Staatswirklichkeit. Man habe keinerlei Institutionalisierung sozialistischer Zusammenarbeit besprochen, sondern lege auf pragmatische Konkretisierung multinationaler Zusammenarbeit auf der Basis von Gesprächen wert. Die in diesem Gespräch entworfene Konzeption einer mitteleuropäischen regionalen Zusammenarbeit sehe die Möglichkeit einer späteren Beteiligung Jugoslawiens an dieser Zusammenarbeit vor.

9/II: US-Präsident Nixon formuliert in seiner Botschaft über die Außenpolitik der USA die Grundsätze einer amerikanisch-westeuropäischen Partnerschaft unter Berücksichtigung des Deutschlandproblems. (Einzelheiten siehe unter „Vereinigte Staaten“)

Europäische Gemeinschaften der Sechs 22/1: In Brüssel unterzeichnen die Delegationen der sechs EWG-Staaten und der vier Beitrittskandidaten, Großbritannien, Irland, Dänemark und Norwegen das Vertragswerk über den Beitritt dieser vier Staaten zu den Europäischen Gemeinschaften zum 1. Januar 1973. Für den Beitritt zur EWG und EURATOM handelt es sich um einen Vertrag von drei Artikeln. Nach Art. I werden die vier Staaten Mitglieder von EWG und EURATOM und Partner der Verträge, durch welche diese Gemeinschaften errichtet und geändert oder ergänzt wurden. Art. II sieht vor, daß die Vertragspartner den Vertrag nach ihren verfassungsmäßigen Erfordernissen ratifizieren (in Dänemark, Irland und Norwegen ist überdies eine Volksabstimmung notwendig). Die Ratifizierungsdokumente sind bis zum 31. Dezember 1972 bei der italienischen Regierung zu hinterlegen, damit die Abmachungen zum 1. Januar 1973 in Kraft treten können. Betreffend den Beitritt zur EGKS bedurfte es keines formellen Vertrages, sondern lediglich eines Beschlusses der Sechs, der im wesentlichen dem Vertragswortlaut gleicht, und seiner Anerkennung seitens der Vier durch Unterschrift.

Der Vertrag wie der Beschluß verweisen wiederholt auf eine „Akte betreffend Bedingungen des Beitritts und Anpassungen der Verträge“. Der Akte sind 11 Annexe und 30 Protokolle angefügt; das Vertragswerk — zu dem der Wortlaut sämtlicher rechtskräftig gewordenen Beschlüsse der bisherigen Gemeinschaften gehört — umfaßt insgesamt 42 Bände. Die Akte behandelt a) die grundsätzliche Stellungnahme der Euro päischen Kommission und enthält b) einen Rückblick auf die Verhandlungsgeschichte, c) werden die Grundlagen des Abkommens umrissen: insbesondere die Übergangsregelungen für Industrie und Landwirtschaft bis zur vollen Anpassung zum 1. Juni 1977.

d) Sie enthält die Vereinbarung über die Institutionen der erweiterten Gemeinschaft: die Zahl der jeweiligen Mitglieder, Abstimmungsverfahren, qualifizierte Mehrheiten usw. Das betrifft das Europäische Parlament: nach dem Beitritt 208 Mitglieder, davon je 36 aus BRD, Frankreich, Italien und Großbritannien, je 14 aus Belgien und den Niederlanden, je 10 aus Dänemark, Irland und Norwegen und 6 aus Luxemburg; den Rat, der nach dem Beitritt 10 Mitglieder (1 pro Land) haben wird, deren Stimmen wie folgt gewogen werden: die der BRD, Frankreich, Italiens und Großbritanniens je 10, Belgiens und der Niederlande je 5, Dänemark, Irlands und Norwegens je 3 und Luxemburg je 2; eine qualifizierte Mehrheit bei Beschlüssen auf Vorschlag der Kommission erfordert mindestens je 43 Stimmen, Beschlüsse ohne Vorschlag der Kommission erfordern 43 Stimmen von mindestens 6 Mitgliedern, zur einfachen Mehrheit genügen 6 von den 10 Mitgliedstaaten; die Kommission, die nach dem Beitritt 14 Mitglieder haben soll, und zwar je 2 aus Italien, Frankreich, der BRD und Großbritannien und je eines aus den übrigen 6 Ländern; sowie den Wirtschafts-und Sozialausschuß (155 Mitglieder, davon je 24 aus BRD, Frankreich, Großbritannien und Italien, je 12 aus Belgien und den Niederlanden, je 9 aus Irland, Dänemark und Norwegen und 6 aus Luxemburg); den Gerichtshof (11 Richter und 3 Generalanwälte); die europäische Investitionsbank, Sonderorgane der EGKS und der EURATOM sowie das Verfahren, das diese Organe nach Inkrafttreten der Verträge anzuwenden haben. Diese Übergangsregelung trat bereits am 10. November 1971 in Kraft.

e) Sie enthält Vorschriften über Finanzregelungen. Die vier Neumitglieder werden stufenweise bis 1. Juni 1977 folgende Beitragsanteile zum Gemeinschaftshaushalt erreichen: Großbritannien 18, 92 °/o, Dänemark 2, 408 °/o, Norwegen 1, 65 % und Irland 0, 596 °/o. Die Kapitalanteile in der Europäischen Investitionsbank: Großbritannien 450 Mill. Rechnungseinheiten, Dänemark 60 Mill. RE, Norwegen 45 Mill. RE und Irland 15 Mill. RE. Abschnitt VI behandelt Wirtschafts-und Währungsfragen und enthält insbesondere die Verpflichtung Großbritanniens, nach seinem Beitritt die Sterlingsguthaben schrittweise abzubauen; die erweiterte Gemeinschaft wird sich um eine fortschrei-tende Anpassung der internationalen Stellung und der Währungspraxis des Pfundes an die anderen Währungen der Gemeinschaft im Rahmen der fortschreitenden Entwicklung einer Wirtschafts-und Währungsunion bemühen. Weitere Abschnitte behandeln Sonderfragen betreffend die EGKS und solche betreffend EURATOM Sodann folgt ein Abschnitt mit Vereinbarungen über Commonwealth-Mitglieder außerhalb Asiens, denen die Option für eine von drei Möglichkeiten offensteht: Assoziierungsabkommen nach dem Muster des bestehenden Abkommens mit afrikanischen Staaten und Madagaskar, besondere Vereinbarungen mit gegenseitigen Rechten und Pflichten besonders im Bereich des Handels, Handelsabkommen zur Förderung des Handels zwischen der Gemeinschaft und den einzelnen Ländern. Die von Großbritannien und Norwegen abhängigen Gebiete werden gemäß Teil IV des EWG-Vertrages automatisch assoziiert, mit Ausnahme Gibraltars, Hongkongs, Spitzbergens, und den Färöern.

Ein Schlußabschnitt enthält schließlich eine Reihe von Sonderzugeständnissen, insbesondere betreffend die Commonwealth-Zucker-Ausfuhr, die Butter-und Käse-Exporte Neuseelands, Fragen betreffend das Fischerei-wesen und Sonderprobleme der norwegischen Landwirtschaft Ferner enthält dieser Abschnitt Sondervereinbarungen über das teilweise Weiterbestehen von Bestimmungen aus dem britisch-irischen Freihandelsabkommen zur Förderung der wirtschaftlichen und regionalen Entwicklung Irlands, sofern dadurch nicht wichtige Interessen anderer Gemeinschaftsmitglieder geschädigt werden.

Gemeinschaft Was die Erweiterte für ein Gewicht in der Welt haben wird, mag die unten vergleichende Tabelle stehende verdeutlichen: U/H: Der Rat der EG und die US-Regierung veröffentlichen einen Briefwechsel und eine gemeinsame Absichtserklärung zu handelspolitischen Fragen. Der EG-Brief behandelt insbesondere handelspolitische Zugeständnisse betreffend Getreide, Orangen und Pampelmusen, Tabak, sowie die Zusage der EG, den Beitrittsvertrag der vier Neumitglieder nach Ratifizierung sofort dem GATT zu notifizieren, damit eine rechtzeitige Prüfung aller das GATT angehenden Bestimmungen und entsprechende Zoll-Neuverhandlungen ermöglicht werden Die USA ihrerseits formulieren insbesondere Zusagen hinsichtlich ihrer Getreidepolitik. Beide Seiten sichern sich wohlwollende gegenseitige Interessensabwägung zu, behalten sich aber ihrer Interessenlage entsprechende Sonderschritte vor. Die Gemeinsame Absichterklärung verpflichtet beide Seiten, im Rahmen des GATT umfassende multilaterale Verhandlungen zwecks Liberalisierung des Welthandels einzuleiten und zu unterstützen und ebenso im GATT jede Gelegenheit zu nützen, um spezifische Handelsprobleme zu regeln, die derzeitigen Schwierigkeiten zu vermindern.

17/11: Das Britische Unterhaus billigt mit 309 gegen 301 Stimmen das Beitrittsgesetz zu den Europäischen Gemeinschaften (Einzelheiten siehe unter . Großbritannien'J. 22. II— 2TII: Der österreichische Bundeskanzler Kreisky besucht die Hauptstädte der EWG-Staaten (Einzelheiten siehe unter . Österreich"). 28/11: Die Außenminister der Sechs sowie die Außenminister der 4 Beitrittskandidaten vereinbaren in Brüssel, während der dritten Oktoberwoche eine erste Gipfelkonferenz der Zehn durchzuführen. Dieser Termin wurde gewählt, um es Norwegen, Dänemark und Irland zu ermöglichen, vorher ihre Volksbefragungen betreffend den Beitritt zu den EG durchzuführen. Hauptthema der Konferenz soE sein, für alle wichtigen einschließlich Gebiete dem der Institutionen erste Absprachen für die Weiterentwicklung nach dem Beitritt Großbritanniens und der übrigen drei zu den EG zu treffen. 2/III: Der Präsident der EG-Kommission Malfatti gibt seinen vorzeitigen Rücktritt bekannt. Er wird am 22. März aus dem Amt scheiden, um in die italienische Innenpolitik zurückzukehren. 20— 21/II 1: Der Rat der EG tagt auf der Ebene der Wirtschafts-und Finanzminister und auf der Ebene der Außenminister. Die Wirtschaits und Finanzminister nehmen am 20. März eine am 7. März provisorisch gebilligte Entschließung endgültig an, die Regelungen auf folgenden Gebieten enthält: I. Maßnahmen zur Verstärkung der Koordinierung der kurzfristigen Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten gemäß Entscheidung des Rates vom 22. März 1971; II. Einleitung der Maßnahmen im Regional-und Strukturbereich zur Verwirklichung der Wirtschafts-und Währungsunion; III. Schritte zur Bildung eines eigenständigen Währungsraumes im Rahmen des internationalen Systems-, IV. Vorschläge der Kommission zur Steuerharmonisierung und zum Aufbau eines europäischen Kapitalmarktes als erste Stufe der Wirtschafts-und Währungsunion. — Die Außenminister der Staaten der EG befassen sich auf ihrer Tagung am 20. und 21. März u. a. mit den Beziehungen der EG zu Algerien und zu Mauritius sowie mit der Vorbereitung der dritten Konferenz der UN über Handel und Entwicklung, die vom 13. April bis zum 19. Mai in Santiago de Chile stattfindet. — Am 22. März beschließen die Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten der EG, für die verbleibende Amtszeit Sicco Mansholt zum Präsidenten der Kommission der EG zu ernennen anstelle des vorzeitig aus dem Amt geschiedenen Franco Malfatti. An seiner Stelle wird Carlo Mugnozza zum Mitglied der Kommission und zugleich zum Vizepräsidenten ernannt 20— 24/III: Der Rat der Europäischen Gemeinschaften faßt auf der Tagung der Landwirtschaftsminister Beschlüsse über die Reform der Agrarstrukturen, die Festsetzung der Agrarpreise und über Grenzabgaben. Bezüglich der Strukturreform hat der Rat gemäß der politischen Verpflichtung, die er in seiner Entschließung vom 25. März 1971 übernommen hat, in drei Richtlinien zahlreiche Maßnahmen getroffen, die folgendes zum Ziel haben: Modernisierung der landwirtschaftlichen Betriebe; Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit und Verwendung der landwirtschaftlich genutzten Fläche für Zwecke der Agrarstrukturverbesserung; sozioökonomische Information und berufliche Qualifikation der in der Landwirtschaft tätigen Personen.

Gemäß Richtlinie A führen die Mitgliedstaaten zur Schaffung der strukturellen Verbesserung der Einkommen und der Arbeits-und Produktionsbedingungen in der Landwirtschaft eine selektive Regelung zur Förderung entwicklungsfähiger landwirtschaftlicher Betriebe ein.

In Richtlinie B wird festgelegt, daß die Mitgliedstaaten eine Regelung zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Tätigkeit und zur Verwendung der freigesetzten landwirtschaftlichen Nutzfläche für Zwecke der Strukturverbesserung einführen. Diese Regelung umfaßt die Gewährung einer jährlichen Rente an landwirtschaftliche Betriebsleiter im Alter von 55 bis 65 Jahren, die hauptberuflich eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausüben; die Rente wird auf Antrag gewährt.

Mit Richtlinie C wird angestrebt, in den Mitgliedstaaten eine Regelung einzuführen, mit der die sozioökonomische Information der Betriebsinhaber, der landwirtschaftlichen Lohn-arbeitskräfte und der mitarbeitenden Familienangehörigen verbessert werden soll. Diese Regelung umfaßt die Errichtung und den Ausbau von Informationsstellen, wozu die Ausbildung und Fortbildung sozioökonomischer Berater vorgesehen ist. Ferner führen die Mitgliedstaaten eine Regelung zur Förderung der beruflichen Weiterbildung und der beruflichen Anpassung der Betriebsinhaber, der landwirtschaftlichen Lohnarbeitskräfte und der mitarbeitenden Familienangehörigen ein, um diesen die Möglichkeit zu geben, sich neue oder bessere berufliche Kenntnisse auf dem Gebiet der Landwirtschaft anzueignen. Gegenüber dem Wirtschaftsjahr 1971/72 werden die Preise für Getreide, Reis, Zucker, Olivenöl, Olsaaten, Schweinefleisch, Wein, Tabak für das nächste Wirtschaftsjahr zwischen 3 und 8°/o erhöht. Die Subvention für Milcherzeugnisse wird um 8 % erhöht, der Interventionspreis für Butter beträgt zum 1. April 180 RE je 100 kg und zum 15. September 186 RE. Der Orientierungspreis für Großrinder wird um 4 °/o erhöht.

Bei der Diskussion über den Abbau der seit Mai 1971 bestehenden Grenzabgaben im EWG-Agrarhandel, die dazu bestimmt sind, die Bauern vor Einkommenseinbußen durch starke Agrareinfuhren zu schützen, kommt es zu einer Auseinandersetzung zwischen dem französischen Landwirtschaftsminister Cointat und seinem deutschen Kollegen Ertl, da Cointat auf einem präzisen Termin für den Abbau dieser Grenzabgaben besteht, was Ertl entschieden ablehnt. Nachdem beide Minister neue Richtlinien bei ihren Regierungen eingeholt hatten, kommt es zu einem Kompromiß: noch in diesem Jahr will sich die Bundesrepublik mit Hilfe steuerlicher Kompensationsmaßnahmen dem um 1, 85% tiefer liegenden Preisniveau der Beneluxländer anpassen, so daß die Ausgleichsbeträge nur noch gegenüber Frankreich und Italien beibehalten werden müssen. Der dann noch verbliebene Aufwertungseffekt von 2, 75 % soll durch eine Preisangleichung zwischen diesem Teil des Marktes und den beiden romanischen Ländern beseitigt werden, die in drei gleich großen Abschnitten mit je einem Jahr Abstand zu vollziehen sein wird. Ertl stellt klar, daß dies nicht durch Preissenkungen geschehen könne.

GATT 1/1: Die 5. und letzte Rate der anläßlich der Kennedy-Runde 1967 vereinbarten Zollreduk-B tionen tritt in Kraft. Die Tarifreduktionen sollten in 5 gleichen Raten jeweils am 1. Januar der Jahre 1968 bis 1972 in Kraft treten, aber einige Länder nahmen die Reduktion schon zu einem früheren Zeitpunkt ganz vor (Argentinien 1967, Island 1968, Kanada und Irland 1969, Schweiz 1970, Japan 1971). Die im Rahmen der Kennedy-Runde gewährten gegenseitigen Konzessionen betrafen einen Handels-verkehr, der 1967 auf über 40 Mrd. Dollar jährlich geschätzt wurde; sie hatten im Durch-schnitt eine Reduktion der Tarife für Industriewaren von etwa einem Drittel zur Folge.

9/11: Gemeinsame Erklärung der USA und Japans betreffend die internationalen Wirtschaftsbeziehungen (Einzelheiten siehe unter . USA“).'

IMF 1/1: Die dritte und letzte Tranche der bei der Jahrestagung der Bretton Woods-Institute 1969 beschlossenen Zuteilung von Sonderziehungsrechten (SZR) des IMF wird an die 112 Mitgliedsländer verteilt (1. Zuteilung 1. Januar 1970, 2. Zuteilung 1. Januar 1971). Die dritte Zuteilungsquote betrug 10, 6 0/0 der Quoten der einzelnen Länder, insgesamt 2951, 5 Mill. Sonderziehungsrechte, bei allen drei Trandien insgesamt 9, 4 Mrd. SZR. Es erhielten u. a. die USA 710, 2 Mill., Großbritannien 297Mill., die BRD 170 Mill., Frankreich 159 Mill., Japan 127 Mill, und Kanada 117 Mill. SZR. Ende November 1971 hatten sich die SZR-Bestände aller Industriestaaten um 8 % über die Zuteilungen hinaus erhöht, wogegen andere entwickelte Länder zu diesem Zeitpunkt nur noch über 70 ’/o und die unterentwickelten Länder nurmehr über 60 °/o ihrer Zuteilungen verfügten.

NATO 21/111: Der neue US-Botschafter bei der NATO und beim Nordatlantikrat, der frühere Finanzminister David Kennedy, trifft im NATO-Hauptquartier ein. Kennedy ist Nachfolger des Mitte 1971 zurückgetretenen Botschafters Ellsworth.

Ostblock 23/11: Die RGW-Länder mit Ausnahme Rumäniens und der Mongolei unterzeichnen in Warschau ein Abkommen über die Gründung einer internationalen Atomenergiekommission " interatominstrument". Hauptaufgabe der Organisation soll die Herstellung und der Verkauf nuklearer Einrichtungen sein, um die Erfordernisse der Teilnehmerländer an Instru-menten und Geräten hochqualitativer Kern-

echnik zu befriedigen. Rumänien trat offenbar wegen seiner Abneigung gegen supranationale Organisationen nicht bei, unterzeichnet aber am selben Tag mit Polen ein bilaterales Abkommen über die friedliche Nutzung der Kernenergie.

COMECON/RGW 18— 20/1: Die 56. Sitzung des Exekutivkomitees in Moskau billigt insbesondere Vorschläge betreffend die Zusammenarbeit zur Erweiterung der Produktion hochleistungsfähiger Ausrüstungen des und der Maschinenbaus radioelektronischen Industrie, zur Qualitätsverbesserung und zur besseren technischen Wartung der gegenseitig gelieferten Maschinen, Apparaturen und Ausrüstungen. Man vereinbarte die gemeinsame Planung bestimmter Arten spanabhebender Werkzeugmaschinen mit numerischer Programmsteuerung. Man einigte sich über Spezialisierungen bei der Produktion von Sortensaatgut und über Zusammenarbeit auf Gebieten der industriellen Produktion bestimmter Arten tierischer Erzeugnisse.

Warschauer Pakt 25— 26/1: Der Politische Beratende Ausschuß tagt auf der Ebene der Ersten Sekretäre, Ministerpräsidenten und Außenminister und in Anwesenheit des Oberkommandierenden der Streitkräfte Marschall Jakubowski und des Generalsekretärs Firjubln in Prag. Er nimmt eine „Deklaration über Frieden, Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa" und eine „Erklärung angesichts der Fortsetzung der Aggression der USA in Indochina" an.

Die Europa-Deklaration begrüßt in Teil I die zunehmenden Kontakte zwischen europäischen Staaten unterschiedlicher gesellschaftlicher Ordnung, insbesondere in der Form von Konsultationen. Als besonders positiv werden die französisch-sowjetischen Verhandlungen auf höchster Ebene (Breshnew-Pompidou), die Einleitung der Ratifizierung der Verträge der BRD mit der UdSSR und Polen sowie das „Vierseitige Abkommen über Westberlin" und die Vereinbarungen der BRD bzw. Berlins mit der DDR gewertet. Weitere Fortschritte in dieser Richtung einschließlich der Herstellung von Beziehungen zwischen BRD und DDR nach den Normen des Völkerrechts, der Aufnahme von BRD und DDR in die UNO und ein positiver Abschluß der Verhandlungen der BRD mit der CSSR seien wichtige Beiträge zur Sache des Friedens, der Sicherheit und der Zusammenarbeit in Europa.

Teil II konstatiert, angesichts dieser Sachlage werde kollektives Handeln der europäischen Staaten erreichbar; deshalb soll man schnellstmöglich die Gesamteuropäische Konferenz zu Fragen der Sicherheit und Zusammenarbeit durchführen, „an der alle europäischen Staaten auf gleichberechtigter Basis sowie die USA und Kanada teilnehmen".

Teil III stellt fest, daß es den Interessen der europäischen Sicherheit entsprechen würde, wenn eine Vereinbarung über die Reduzierung der Streitkräfte und der Rüstungen in Europa zustande käme, und zwar sowohl der nationalen wie der ausländischen, ohne daß den daran beteiligten Staaten daraus Nachteile erwüchsen.

Die Indochina-Erklärung verurteilt die fortgesetzten Bombenangriffe der USA gegen das Territorium Nordvietnams, sieht den Kurs des amerikanischen Imperialismus in krassem Widerspruch zu den Erklärungen Washingtons, es wolle die militärische Beteiligung im indochinesischen Konflikt einschränken und eine politische Regelung des Vietnamproblems auf dem Verhandlungsweg erreichen, und fordert die USA auf, den einzigen Weg zu einem ehrenhaften Frieden einzuschlagen: die Vorschläge Nordvietnams und der Provisorischen Revolutionsregierung der Rupblik Südvietnam anzunehmen.

9— 10/11: Das Komitee der Verteidigungsminister erörtert angesichts der militärpolitischen Lage Europas insbesondere Fragen der Logistik und des Transportwesens. In Reden politischer Führer (z. B. von Erich Honecker) wird betont, daß sich die Führung des Warschauer Paktes in der Rolle glaubt, den westlichen Imperialismus zur Einhaltung der Grundsätze friedlicher Koexistenz zwingen zu müssen. Nur deshalb unterhalte man die Verteidigungsapparatur des Warschauer Paktes.

Sozialistische Internationale 5/II: In Igls bei Innsbruck findet eine Tagung der sozialistischen Parteiführer Österreichs, der BRD, Italiens und der Schweiz betreffend eine mitteleuropäische Regionalzusammenarbeit statt (Einzelheiten siehe unter „EuropaPläne“). Vereinte Nationen 28/1— 4/II: Der Sicherheitsrat tagt in Afrika (siehe unter „Afrika“).

29/11: Die Session 1972 des Genfer Abrüstungskomitees wird mit einer Rede des UN-General-sekretärs Waldheim eröffnet. Darin bezeichnet Waldheim die Aussicht auf Fortschritte bei den Gesprächen über strategische Rüstungsbeschränkungen (SALT) als ein ermutigendes Zeichen der Abrüstungsszenerie. Es sei den Nationen der Welt aber bisher nicht gelungen, den Rüstungswettlauf einzustellen oder auch nur merklich zu verringern, vielmehr hätten sich die militärischen Ausgaben der Welt von jährlich 120 Mrd. auf über 200 Mrd. $gesteigert. Waldheim äußert die Besorgnis, daß SALT zwar einige quantitative Begrenzungen der nuklearen Waffen erreichen werde, der qualitative nukleare Rüstungswettlauf aber fortdauere. Seiner Meinung nach „ist ein unvermeidlicher Schritt zur Einstellung des qualitativen nuklearen Rüstungswettlaufs ein umfassender Versuchsverbotsvertrag". Die wissenschaftlichen und technischen Aspekte des Problems seien so eingehend untersucht worden, daß es nunmehr einer politischen Entscheidung bedürfe, um ein endgültiges Abkommen zu erreichen. Die Ungeduld und Unzufriedenheit der Nichtkernwaffenmächte über das Versagen der Kernwaffenmächte bei einer Beendigung der Kernwaffenversuche sei weit-verbreitet. Auf dem Gebiet der chemischen und biologischen Waffen sieht Waldheim im Abschluß der Konvention über das Verbot, die Entwicklung, Produktion und Lagerung bakteriologischer (biologischer) und toxischer Waffen und deren Vernichtung einen ersten ermutigenden Schritt, dessen Bedeutung noch erhöht würde, wenn es gelänge, den Vertrag durch ein Verbot der Entwicklung, Produktion und Lagerung chemischer Waffen zu ergänzen. Die letzte UNO-Vollversammlung hat sich eingehend mit der Frage der Abrüstung befaßt und zu diesem Problemkreis zahlreiche Resolutionen angenommen, die dem Abrüstungskomitee vorliegen. Waldheim weist auf die Wichtigkeit der Teilnahme Frankreichs und Chinas an den Abrüstungsverhandlungen hin und ruft dazu auf, während des Abrüstungsjahrzehnts alle bestehenden internationalen Verträge auf dem Gebiet der Abrüstung voll zu erfüllen.

28/11: Der UN-Sicherheitsrat nimmt mit 13 Stimmen bei Stimmenthaltung Großbritanniens und der USA eine Resolution betreffend Rhodesien an, in der insbesondere gefordert wird; alle Staaten sollten die Rhodesien betreffenden Beschlüsse des Sicherheitsrats voll erfüllen; jede Umgehung der Sanktionsvorsdiriften stehe den Verpflichtungen der Staaten aus der UN-Charta entgegen; es sei dringlich, die gegen Rhodesien verhängten Sanktionen voll zu erfüllen.

1— 3/III: Aus Anlaß von Besuchen bei der schweizer und der österreichischen Regierung äußert sich UN-Generalsekretär Waldheim über seine Ziele. In Bem betont Waldheim, es müsse der Vertrauenskrise begegnet werden, unter der die Weltorganisation leide. Er wolle sich bemühen, in Krisenlagen unverzüglich direkte Kontakte zu den beteiligten Regierungen herzustellen und den Sicherheitsrat rechtzeitig einzuschalten. Der Generalsekretär setzt sich für die verstärkte Mitarbeit der neutralen und die Aufnahme der geteilten Staaten in die UNO ein. In Wien betont Waldheim vor allem die Notwendigkeit, die finanzielle Situation der UNO zu verbessern. Er fordert die Mitgliedstaaten und vor allem die Großmächte auf, sich zur Beilegung ihrer Konflikte in verstärktem Maße der UNO zu bedienen. 6— 10/III: UN-Generalsekretär Waldheim besucht Südafrika (siehe unter . Afrika').

Sonstiges Abrüstung 15/XI/71— 4/II/72: Die 6. Runde der amerikanisch-sowjetischen Gespräche zur Begrenzung der Strategischen Rüstung (SALT) enden mit der Feststellung, daß man in einer Anzahl von Fragen Fortschritte erzielt habe, die Bemühungen um eine Einigung fortsetzen wolle und sich am 28. März in Helsinki zur 7. Runde wiedertreffen werde.

Erdöl 20/1: Die internationalen Erdölgesellschaften unterzeichnen in Genf ein Abkommen mit den sechs OPEC-Erdölstaaten am Persischen Golf: Abu Dhabi, Iran, Irak, Kuweit, Bahrain, Qatar und Saudiarabien, durch das diesen eine Preiserhöhung von 8, 49 °/o auf den Referenzpreis für Erdöl zur Ausgleichung der durch die Dollarabwertung entstehenden Verluste zugestanden wird; diese Zusage wird auf einen Gesamtwert von 800 Mill. Dollar jährlich geschätzt und erhöht die Gesamteinnahmen der sechs Länder aus ihrer Erdölproduktion auf 9, 2 Mrd. Dollar pro Jahr.

Welthandel 1960— 1971: Das Gatt-Sekretariat in Genf veröffentlicht eine Übersicht über die jährlichen prozentualen Wachstumsraten des Welthandels auf der Basis von US-Dollar:

Europa

EWG und EFTA • EWG-Staaten (Stand: 1. 1. 1972) EWG-Assoziierte EFTA-Assoziierte

Die Vorgänge auf diesem Kontinent, sofern sie nicht im Rahmen internationaler Organisationen stattfinden (siehe unter diesem Stichwort), werden nachfolgend nach Ländern in alphabetischer Reihenfolge und für die betreffenden Länder nach chronologischer Reihenfolge dargestellt. (Belgien /Bundesrepublik Deutschland /Bulgarien /Cypern /Dänemark /Deutsche Demokratische Republik /Finnland ! Frankreich /Griechenland /Großbritannien /Irland /Island /Italien /Jugoslawien /Luxemburg /Malta /Nordirland /Norwegen /Österreich /Polen /Rumänien /Schweden /Schweiz /Sowjetunion /Tschechoslowakei /Ungarn /Vatikan)

Belgien 6/1: Die Bank von Belgien senkt den Diskontsatz von bisher 5, 5 0/0 auf 5 °/o. 28/1: Die Abgeordnetenkammer spricht mit den Stimmen der Koalitionsparteien und bei Stimmenthaltung des einzigen deutschsprachigen Abgeordneten (wegen ungenügender Berücksichtigung der deutschsprachigen Interessen) einer neuen Koalitionsregierung unter Premierminister Eyskens das Vertrauen aus, womit eine zweimonatige Regierungskrise beendet wird. Sie begann am 7. November 1971 mit allgemeinen Wahlen für Abgeordneten-kammer, Senat und Provinzräte sowie der Räte für die neuen Gebietseinheiten des Brüsseler Bezirks, die etappenweise nach Maßgabe des sehr komplizierten belgischen Wahlsystems bis zum 3. Dezember 1971 dauerten. Während die traditionellen Parteien ihre Positionen zueinander relativ unverändert behaupten konnten, erzielten die Sprachkampfparteien verhältnismäßig große Gewinne: sie verdoppelten in der Abgeordnetenkammer (mit 211 Mandaten) ihren Anteil von 12 auf 24 und im Senat mit 178 Mitgliedern von 8 auf 19 Mandate. Dieses neue Gewicht der Sprachkampfparteien erschwerte die Koalitionsverhandlungen, die am 8. November 1971 mit dem Rücktritt des bisherigen Kabinetts Eyskens begannen, erheblich. Sie währten bis zum 20. Januar 1972, als Eyskens dem König ein Kabinett aus christlichen Flamen, christlichen Wallonen, sozialistischen Flamen, sozialistischen Wallonen und mit komplizierter neuer Kabinettsstruktur unter Berücksichtigung der flämischen bzw.französischen Sprach-gemeinschaften, Regionalwirtschaften und Sektoren vorstellen konnte. Das Kabinett wurde am 21. Januar vereidigt. Eyskens erklärte ar selben Tag in einem Interview auf die Frage warum die deutschsprachigen Belgier der Ost kantone keinen Vertreter im Kabinett hättet man sei sich der Probleme der Ostkanton durchaus bewußt und werde dafür sorgen, da sowohl beim Premier wie bei seinem Stell Vertreter ein ständiger deutschsprachiger Ver treter an der Arbeit beteiligt werde, dami echte Lösungen gefunden werden könnten man wolle insbesondere für die Schaffung de durch die letzte Verfassungsrevision vorge sehenen deutschen Kulturrates Sorge trage: und besondere Maßnahmen treffen, um jen Nachkriegsprobleme zu lösen, die durch di: Annexion dieses Gebietes entstanden seien 6/III: Durch neue Abkommen wird die Wirt schaftsunion zwischen Belgien und Luxembure auf eine neue finanzielle Grundlage gestellt Die am 6. März 1922 für die Dauer von 50 Jah ren geschlossene Wirtschaftsunion wird stillschweigend um 10 Jahre verlängert. Die jetzt ratifizierten Abkommen setzen einen neuer Verteilungsschlüssel für die gemeinsamen Einnahmen aus Verbrauchssteuern fest. 13/III: Die gemeinsame Devisenüberwachungsstelle Belgiens und Luxemburgs ordnet Maßnahmen gegen spekulative Kapitalüberweisungen an.

Bundesrepublik Deutschland Die Deutsche Bundesbank gibt den Stand de zentralen Währungsreserven zum Jahresende 1971 mit 59, 3 Mrd. DM an. Davon entfielet 14, 7 Mrd. auf Gold, 39, 6 Mrd. auf Geldanlagen im Ausland, 3, 9 Mrd. auf Ziehungsrechte in der Goldtranche des IMF, 1, 66 Mrd. auf Sonderziehungsrechte beim IMF, 2, 2 Mrd. auf Kredite an die Weltbank und der Rest auf sonstige Forderungen an das Ausland.

Die Deutsche Bundesbank veröffentlicht die folgende Tabelle über Beteiligungen des Auslands an inländischen Unternehmen in der Zeit von 1964 bis 1970: 1971: Das Statistische Bundesamt veröffentlicht Angaben über das Sozialprodukt im Vergleich zu 1968, 1969 und 1970. Nach den Preisen von 1962 entwickelte sich das Nettosozialprodukt zu Marktpreisen in Mrd. DM, veränderte sich gegenüber 1970 in °/o und erreichte in ®/o des Bruttosozialprodukts: 410, 1 = + 7, 4 = 88, 7; 443, 5 = + 8, 1 = 88, 8; 465, 9 = + 5, 1 = 88, 6; 477, 0 = + 2, 4 = 88, 1. 1) Ohne indirekte Beteiligungen.

2) Im Monatsbericht Mai 1969 veröffentlichter Stand. 3) Stand nach neueren Ermittlungen, ts) Teilweise geschätzt.

Neben den Beteiligungen des Auslandes am Nominalkapital und den Rücklagen inländischer Tochtergesellschaften spielen auch indirekte Beteiligungen ausländischer Kapitalgeber eine größere Rolle. Der Gesamtbetrag solcher indirekter Kapitalanteile des Auslandes belief sich Ende 1970 auf rund 3, 5 Mrd. DM, hiervon dürften 65 bis 70 °/o über nahezu voll in ausländischem Besitz befindliche inländische Unternehmungen gehalten werden, der Rest zum überwiegenden Teil über Firmen mit einem Auslandsanteil in Höhe von 2/3 und mehr des Nominalkapitals. Es hat den Anschein, als ob den indirekten Beteiligungen des Auslands an inländischen Unternehmen über auslandsbeherrschte Tochtergesellschaften in der Bundesrepublik in der letzten Zeit ein wachsendes Gewicht zukommt. So sind im Jahre 1971 erneut verschiedene multinationale Konzerne dazu übergegangen, in der Bundesrepublik Dachgesellschaften zu gründen, in die sie ihre direkten Beteiligungen an inländischen Gesellschaften eingebracht haben. Hierdurch, aber auch durch Kapitalerhöhungen der „Enkelgesellschaften", dürfte das mittelbare ausländische Beteiligungskapital bis Ende 1971 auf 4 bis 4, 5 Mrd. DM angewachsen sein.

Die Bevölkerungszunahme betrug in Baden-Württemberg 14, 6 °/o, Hessen 11, 8 °/o, Bayern 10, 1 °/o, Schleswig-Holstein 7, 6%, Rheinland-Pfalz 6, 7 °/o, Niedersachsen 6, 6 %, Nordrhein-Westfalen 6, 3 %, Saarland 4, 4 %, Bremen 2, 1 %. In Hamburg nahm die Bevölkerung um 2, 1% und in Berlin (West) um 3, 5% ab. Von den 60, 6 Mill. Einwohnern (1961: 56, 1 Mill.) waren 31, 8 Mill (52, 4 %) Frauen und 28, 9 Mill. (47, 6%) Männer (1961: 29, 7 Mill. = 53 % bzw. 26, 4 Mill. = 47 %).

Die BRD war somit, abgesehen von der UdSSR, der volkreichste Staat Europas, und stand an 10. Stelle in der Weltstatistik. Mit einer Bevölkerungsdichte von 244 je qkm stand die BRD nach den Niederlanden (356) und Belgien (316) an 3. Stelle in Europa. 1/1: Bei der Zuteilung der dritten und letzten Tranche von Sonderziehungsrechten des IMF erhält die BRD 170 Mill. SZR (Näheres siehe unter , IM. F‘). 4/1: CDU-Vorsitzender Dr. Rainer Barzel veröffentlicht zur Eröffnung des Ratifikationsverfahrens der Ostverträge durch die Bundesregierung im DUD einen Text „Zum Kern des Problems vorstoßen", in dem er die Verträge mit Moskau und Warschau speziell unter dem Aspekt der Deutschlandfrage kritisiert. „Die Bundesregierung legt... ein Vertragswerk zur parlamentarischen Zustimmung vor, das unvollständig ist, weil es den Kern der Probleme, die Lage der Deutschen in Deutschland, weder regelt noch löst. .., Es ist völlig aussichtslos, die Beziehungen zur Sowjetunion und anderen Staaten des Ostblocks nachhaltig und in der Substanz entspannen, normalisieren, verbessern zu wollen, während von Ostberlin aus eine Politik der Abgrenzung, des Gegensatzes, der Feindschaft betrieben wird.“ Er bemängelt vor allem unzureichende Sorgfalt in der Formulierung der sogenannten Mißbrauchsklausel, die nicht die im Rahmen der Viermächte-Abkommen vorgegebenen Möglichkeiten ausschöpfe und zudem der DDR Spielraum einräume, ihre „. Interessen'in einer Weise wahrzunehmen, die dem Grundsatz größtmöglicher Freizügigkeit widerspricht". Er fordert in Form eines Stufenplanes Verhandlungen und Vereinbarungen zwischen der BRD und DDR über schrittweise Erleichterungen für die Bevölkerung in beiden Teilen Deutschlands. „Es muß der DDR zugemutet werden, der Realität der Einheit unseres Volkes in dem Maße Rechnung zu tragen, in dem wir jener Realität ins Auge sehen, daß die staatliche Einheit Deutschlands in absehbarer Zeit nicht verwirklicht werden kann . .. Wenn es richtig ist, daß die Sowjetunion eine Phase der Entspannung in Europa ernsthaft will, so bedarf es der Klarheit und Beharrlichkeit in der eigenen Zielvorstellung und einer nervenstarken Geduld, um auch mit der DDR über einen innerdeutschen modus vivendi ins Reine zu kommen."

6/1: Der Erste Sekretär des ZK der SED, Honecker, bezeichnet in einer Rede anläßlich eines Truppenbesuchs auf Rügen die BRD als Ausland und das . Gerede'über die Einheit der Nation als Versuch einer Einmischung in die inneren Angelegenheiten der DDR. Die BRD sei ferner imperialistisches Ausland, bemüht, den USA zu Willen zu sein, und die Bundeswehr mit den gleichen Waffensystemen auszurüsten, wie sie die anderen NATO-Staaten besitzen. „Wir haben, was Bandt und die Sozialdemokratie in der BRD betrifft, keinerlei falsche Vorstellungen ... Angesichts der Rolle, wie sie die Sozialdemokratie in der BRD als staatserhaltende Partei des Monopolkapitals spielt, kann uns über ihre Funktion niemand etwas vormachen. Wir berücksichtigen aber auch besonders vom Standpunkt der Außenpolitik die positive Seite der Regierung Brandt." (Siehe auch unter „DDR".) 7/1: Der FDP-Bundesvorstand beschließt eine in vier Punkte gegliederte außenpolitische Grundsatzresolution in der es u. a. heißt: 1. Die Ostverträge sowie das Viermächteabkommen über Berlin sollten noch 1972 in Kraft treten, da insbesondere der Moskauer und der Warschauer Vertrag entscheidend für die Entspannung in Europa seien. 2. Die Berlin-Vereinbarungen zwischen BRD und DDR seien der Beginn einer Entkrampfung der innerdeutschen Beziehungen, die die früheren Bundesregierungen nicht hätten vorweisen können. 3. Es sollten im Sommer dieses Jahres Verhandlungen mit der DDR aufgenommen werden über den Entwurf eines Generalvertrages, wie die FDP ihn vor Jahren vorgeschlagen habe. 4. Der FDP-Bundesvorstand unterstütze die Bundesregierung in ihrer Absicht, bei Verhandlungen mit der DDR über einen Allgemeinen Verkehrsvertrag und einen General-vertrag dafür zu sorgen, „daß die Verkehrsverbindungen auf Schiene, Straße und Wasserwegen beträchtlich erweitert und erleichtert, die Fernmeldeverbindungen ausgebaut, weitere Grenzübergänge geöffnet und der Personen-Reiseverkehr in beiden Richtungen erleichtert“ würden. Neben einem vermehrten Austausch auf den Gebieten Sport, Kultur, Wissenschaft, Technologie und Umweltschutz wird die Ernennung von Bevollmächtigten durch beide deutsche Regierungen vorgeschlagen. 20— 21/1: Die Verhandlungen über einen Allgemeinen Verkehrsvertrag mit der DDR werden wieder aufgenommen.

24 I: Der CDU-Bundesausschuß faßt einstimmig unter Vorsitz von Dr. Barzel eine Entschließung betreffend die Ostverträge. Sie setze sich für Verständigung, Gewaltverzicht, friedlichen Ausgleich der Interessen und eine möglichst umfassende Zusammenarbeit zum Nutzen aller Beteiligten mit allen Staaten Mittel-und Ost-europas einschließlich der Sowjetunion ein. In der Auseinandersetzung der Opposition mit der Bundesregierung gehe es nicht um die Ziele einer Friedenspolitik, sondern um die Mittel und Wege. Die Opposition erachte die von der Bundesregierung vorgelegten Verträge Zugeständnisse einseitige bei entscheidenden Forderungen der anderen Seite Daher werde die CDU diese Verträge ablehnen. Sie sei dazu um so mehr verpflichtet, als die Sowjetunion sich weigere, die Europäischen Gemeinschaften, von denen die politische Zukunft Deutschlands abhänge, als unwiderrufliche Realität anzuerkennen.

24/1: Der Bundesvorstand der SPD wählt den Parlamentarischen Staatssekretär beim Bun desminister für Verkehr und Post, MdB Holger Börner, einstimmig zum neuen Bundesgeschäftsführer der Partei in der Nachfolge von Hans-Jürgen Wischnewski, der sein Amt am 18. Dezember 1971 zur Verfügung gestellt hatte, weil der Außerordentliche Parteitag der SPD seinem Antrag nicht stattgab, den Bundesgeschäftsführer künftig direkt durch den Parteitag und nicht mehr wie bisher durch den Vorstand wählen zu lassen. Nachfolger Börners als Parlamentarischer Staatssekretär wurde MdB Ernst Haar.

25/1: Das Auswärtige Amt gibt bekannt, daß Moskau Dr. Ulrich Sahm das Agrement als Botschafter in der UdSSR erteilt habe. Sahm löst am 1. April Dr. Helmut Allardt ab, der im März die Altersgrenze erreicht.

27/1: Prof. Hans Leussink, Bundesminister für Wissenschaft und Bildung, gibt . aus persönlichen Gründen* seine Demission bekannt. Kommentatoren sehen in seinem Schritt einen Protest gegen die Unfähigkeit des Regierungschefs, eine entschiedene Wissenschaftsund Bildungspolitik zu vertreten bzw.dem parteilosen Minister den notwendigen politischen Rückhalt zu gewähren. Sie sehen ferner darin einen Protest gegen eine zunehmende Radikalisierung in den Kreisen der mit der Bildungs-und Wissenschaftsreform befaßten SPD-Gremien. Zum Nachfolger Leussinks wird sein bisheriger Parlamentarischer Staatssekretär Dr. Klaus von Dohnanyi berufen.

Dohnanyi erklärt unter Hinweis auf die durchaus beachtlichen, wenn auch kaum spektakulären Erfolge Leussinks auf Einzelgebieten, er wolle im wesentlichen dessen Politik fortsetzen. 28/1: Die Regierungschefs der Länder verabschieden auf einer Tagung in Bonn unter Vorsitz von Bundeskanzler Brandt Grundsätze betreffend die Mitgliedschaft von Beamten bzw.

Beamtenbewerbern in extremen Organisationen. Sofern solche Organisationen die verfassungsmäßige Ordnung bekämpfen, werde das die Beamten früher oder später zu Loyalitätskonflikten führen; folge daraus ein Pflicht-verstoß, habe der Dienstherr über Maßnahmen im Einzelfall zu entscheiden. Falls bei einem Bewerber die Garantie nicht gegeben sei, daß er im Zweifelsfall verfassungskonform handeln werde, sei die Ablehnung der Bewerbung gerechtfertigt.

25/1— 1/II: Der Bundesvorsitzende der CDU Dr. Barzel stattet der Regierung der USA einen Besuch ab, während dessen Verlauf er u. a. auch von US-Präsident Nixon empfangen wird. Barzel betont anschließend, er habe das amerikanische Engagement gegenüber den europäischen Bündnispartnern unverändert gefunden und keinen Versuch erlebt, die rage der Entscheidung über die Ostverträge er Bundesregierung zu beeinflussen. Nach amerikanischer Sicht seien das Vier-Mächte-Abkommen über Berlin einerseits und die Verträge mit Moskau und Warschau andererseits zwei verschiedene Dinge. Im übrigen sei er der Ansicht, daß die erweiterten Europäischen Gemeinschaften der zehn Staaten ihre Beziehungen zu den USA institutionalisieren sollten. 31/1: der CSU-Vorsitzende Strauß legt einen eigenen Entwurf für einen Gewaltverzichtsvertrag mit der UdSSR vor. In einer Art Begründungserklärung stellt er fest, die deutsche Ostpolitik hätte nicht als Alleingang unternommen werden dürfen; die Regierung der SPD/FDP-Koalition habe durch einseitige Vor-leistungen den Kurs der deutschen Ostpolitik in verhängnisvoller Weise verschlechtert. Der Vertragsentwurf betont die Verpflichtung zum Gewaltverzicht, die Bereitschaft zur Zusammenarbeit und zur Öffnung aller Grenzen für einen ungehinderten Reiseverkehr; die UdSSR erklärt ihren Verzicht auf ein einseitiges Interventionsrecht gegenüber der BRD aus den Artikeln 107 und 53 der UN-Charta; die BRD erklärt, daß der Abschluß dieses Vertrages für sie keine Verpflichtung darstellt, das von ihr ausgeübte Recht, Selbstbestimmung und Einheit der deutschen Nation als Ziel ihrer Politik mit friedlichen Mitteln zu verfolgen, in Zukunft aufzugeben oder einzuschränken; beide Seiten stimmen überein, daß der Friede in Europa nur erhalten werden kann, wenn neben der Anerkennung der üblichen Grundsätze insbesondere auch das Recht auf Freizügigkeit für Menschen und Ideen überall beachtet wird; eine endgültige Regelung der deutschen Frage einschließlich der deutschen Grenzen bliebe einem Friedensvertrag mit ganz Deutschland vorbehalten.

4/II: Der planmäßige Flugverkehr zwischen der BRD und der UdSSR wird gemäß dem Luftverkehrsabkommen vom November 1971 durch die Aeroflot mit einem Flug Moskau—Frankfurt/Main und am 5/II durch einen Flug der Lufthansa Frankfurt/Main—Moskau eröffnet. Beide Gesellschaften werden zunächst pro Woche zwei Dienste fliegen.

4/II: Bundeskanzler Brandt fordert in einer Rundfunk-un Fernsehansprache die Bevölkerung dazu auf, zu begreifen, daß gegen radikale politische Gruppen der Einsatz von Polizeiknüppeln falsch sei; blindes Draufschlagen sei keine Politik, die dem Grundgesetz entspreche: . Gegen Gewalt und Haß helfen nicht Kopflosigkeit und sterile Aufgeregtheit, sondern sachliche Information, nüchterne Bewertung und angemessenes Handeln. * 5— 10, 12/11: Herbert Wehner stattet der VR Polen einen zweiten Besuch ab und interpre15 tiert im polnischen Fernsehen aktuelle Fragen (Einzelheiten siehe unter . Polen“).

9/II: Der Deutsche Bundesrat lehnt die Verträge mit der UdSSR und Polen bei der Ersten Lesung bedingt ab. (Einzelheiten siehe DAS PARLAMENT, Nr. 8/1972).

9/II: US-Präsident Nixon formuliert in seiner außenpolitischen Botschaft die Grundsätze einer Partnerschaft zwischen den USA und Westeuropa unter Berücksichtigung des Deutschland-und Berlinproblems (Einzelheiten siehe unter . Vereinigte Staaten“).

10— 11/11: Bundeskanzler Brandt weilt zu den routinemäßigen Konsultationsgesprächen in Paris. In Tischreden betonen Brandt und Präsident Pompidou die große Vielfalt der Bindungen, die zwischen beiden Ländern in den letzten 10 Jahren geschaffen worden seien. Daraus folge gebieterisch die Notwendigkeit, auch die politische Zusammenarbeit zu entwickeln. Z. B. auch im Bereich der Ostpolitik sei die BRD der ständigen und uneigennützigen Unterstützung Frankreichs sicher. Da man auf der Haager Konferenz beschlossen habe, Europa nach einer europäischen politischen Konzeption aufzubauen, die auch bei den Beitrittsverhandlungen der vier Länder zu den EG Grundlage gewesen sei, müsse man u. a.den Weg der Wirtschafts-und Währungsunion einschlagen. Die Europäer alleine könnten kein neues internationales Währungssystem errichten, hätten aber auch kein Interesse an einer Dollarkrise. Damit dieser ganze Komplex zufriedenstellend geregelt werde, sei Frankreich bereit, in den Fakten voranzugehen und überzeugt, daß ein gemeinsames Vorgehen Frankreichs und der BRD ein notwendiges Element für den Erfolg sei. So wie die USA, die UdSSR, China und Japan ihre weltpolitische Verantwortung neu definierten, müsse das auch Westeuropa tun. Die von Pompidou eingeladene Gipfelkonferenz der erweiterten Gemeinschaft (der Zehn) könne hierbei von entscheidender Bedeutung sein. Die Wirtschafts-und Finanzminister beider Länder debattierten im Sinne der Erklärungen Währungsprobleme und einigten sich im wesentlichen auf eine Verringerung der Bandbreiten der EG-Währungen, auf Intervention der EG-Zentralbanken bei zu großen Schwankungen einer europäischen Währung im Vergleich zu einer anderen, auf koordiniertes Vorgehen bei größeren Bewegungen von Spekulationskapital und schließlich auf eine Koordinierung der Wirtschaftspolitiken. — Die Außenminister unterzeichneten ein Abkommen über die Schaffung eines deutsch-französischen Abiturs. — Wirtschaftsund Finanzminister Schiller und Frankreichs Industrieminister Ortoli unterzeichneten schließlich ein Zusatzabkommen zum deutsch französischen Saarkohle-Abkommen von 1956 durch das den geänderten Wirtschaftsstrukturen Rechnung getragen werden soll.

12— 18/11: Minister Leber weilt aus Anlaß dei Eröffnung der Luftlinie Frankfurt/M—Moskai in der UdSSR. Man vereinbart die Schaffunt einer Gemeinsamen Position für Probleme del Verkehrspolitik, die zu gegenseitig vorteil haften Bedingungen zu lösen seien, und berief insbesondere Fragen betreffend eine Verlängerung der Luftlinie Frankfurt—Moskau über Sibirien nach Japan.

16/11: Die Bundesregierung beschließt eine ausführliche Gegenäußerung zur Stellung nähme des Bundesrats zu den Ostverträgen in der die vom Bundesrat vorgetragenen Argumente Punkt für Punkt zurückgewiesen werden, teils interpretativ, teils durch Erläuterung der nach Meinung der Bundesregierung anders gearteten Kompetenzen einer Bundesregierunc bzw.der Vier Mächte.

16/11: Bundesverteidigungsminister Schmid konferiert in Paris über verteidigungspoliti sehe Aspekte der Konsultationen Brandts mit Pompidou. Man einigt sich über die Serienfertigung des gemeinsamen Kampfflugzeuges Alpha-Jet und erreicht eine gewisse Überein-stimmung in Sachen Europäische Sicherheitskonferenz und die beiderseitig ausgewogener Truppenreduzierungen bei NATO und War-schauer Pakt.

20/11: Die Moskauer Prawda bestätigt die Identität des russischen mit dem deutschen Text vom deutsch-sowjetischen Vertrag.

21/11: Das Präsidium der CDU unter Vorsitz von Dr. Barzel fordert die Bundesregierung auf, die Ostpolitik mit einer zielbewußten Fernostpolitik auf eine realistische weltpolitische Grundlage zu stellen; dazu gehöre neben dem Ausbau und der Vertiefung der politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen zu Japan und Südostasien auch die Normalisierung der Beziehungen zur VR China.

22/11: Die DDR kündigt als Geste des guten Willens die Inkraftsetzung der Besucherregelung für Ostern und Pfingsten vorzeitig und temporär an (Einzelheiten siehe unter . DDR • 23/11: Der Schweizer Bundesrat Pierre Graber (Außenminister) äußert sich auf einer Pressekonferenz in London zur Frage der schweizerischen Beziehungen zur DDR (siehe unte . Schweiz'): zwar wolle die Schweiz die Beziehungen zur DDR allmählich normalisieren von einer Anerkennung „demnächst“ könne aber keine Rede sein. 23— 25/11: Der Deutsche Bundestag behandelt nach Vortrag des Berichts des Bundeskanzlers über „Die Lage der Nation 1972“ in erster Lesung die von der Bundesregierung eingebrachten Ratifizierungsgesetze zu den Verträgen der BRD mit der UdSSR vom 12. August 1970 und mit der VR Polen vom 7. Dezember 1970. Der Debatte lagen neben den Gesetzentwürfen an Materialien vor: die den Entwürfen beigefügten Vertragstexte, eine Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betreffend die Deutschland-und Außenpolitik, ein Antrag der Fraktion der CDU/CSU betreffend die Beziehungen der BRD zur VR Polen sowie die „Materialien zum Bericht zur Lage der Nation 1972", eine Arbeit unabhängiger Wissenschaftler unter der Leitung von Prof. Dr. Peter Christian Ludz, erarbeitet im Auftrag des Bundesministers für Innerdeutsche Beziehungen (als Bundestagsdrudesache VI/3080 im Umfang von 340 Druckseiten am 18. Februar vorgelegt). In diesem unter Leitung von Prof. Ludz erarbeiteten Bericht wird der Vergleich zwischen BRD und DDR gegenüber dem letztjährigen Bericht auf alle wichtigen Gebiete der Rechtsordnung (Verfassung, Staatsrecht, Zivil-, Wirtschaftsund Arbeitsrecht, Strafrecht und Rechtspflege)

sowie auf die Bedeutung elektronischer Datenverarbeitung und Kybernetik ausgedehnt (Bericht über diese Erste Lesung siehe DAS PARLAMENT, Nr. 10— 16/72). Die Erste Lesung endet mit einem Kompromiß: die CDU/CSU-Fraktion verzichtet auf eine Kampfabstimmung betreffend die Überweisung der Gesetzesentwürfe an den Innenpolitischen Ausschuß, nachdem die Koalitionsparteien ihrerseits zugestanden hatten, daß die für die Beratung vorgesehenen Ausschüsse — der Außenpolitische Ausschuß und der Rechtsausschuß — befugt seien, ihrerseits über die Heranziehung weiterer Ausschüsse zu den Beratungen zu entscheiden. 25/11: Der Zehtralbankrat führt eine weitere Diskontsatzsenkung um 1 °/o auf 3 0/o durch, da die Zinsdifferenz gegenüber dem Ausland zur Verteidigung der DM-Leitlinie reduziert werden müsse. Dieser Beschluß sei gefaßt worden, nachdem die Bundesregierung zugesagt habe, ein wirksames Bardepot auf die Auf-nähme von Auslandskrediten durchzuführen.

28/11; Prof. Heinz Haller, Staatssekretär im Wirtschafts-und Finanzministerium, kündigt in einem Schreiben an Bundesminister Schiller seinen Dienstvertrag mit der Bundesregierung ristlos auf. Als Grund für den Rücktritt des Staatssekretärs, der im April 1970 von dem amaligen Finanzminister Möller zur Vorbereitung der Großen Steuerreform in sein Amt erufen wurde, wird in Pressekommentaren genannt, der unpolitische Wissenschaftler Haller habe seine Vorstellungen von einem modernen Steuersystem (Grundsatz der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit) nicht durchsetzen können.

28— 29/11: Besuch des dänischen Premierministers (Einzelheiten siehe unter . Dänemark*). l/III: Das Bundeskabinett verabschiedet die bereits angekündigte Rechtsverordnung für Bardepotpflicht, wonach in Zukunft Gebietsansässige zunächst 40 °/o ihrer depotpflichtigen Verbindlichkeiten aus bei Gebietsfremden aufgenommenen Darlehen oder sonstigen Krediten für die Dauer eines Monats zinslos auf einem Sonderkonto der Bundesbank zu deponieren haben; anzeigepflichtig sind Auslands-verbindlichkeiten aus Darlehen oder sonstigen Krediten, die im Durchschnitt eines Kalendermonats 2 Mill. DM überschreiten.

29/11— 2/III: Die SPD-Bundestagsabgeordneten Herbert Hupka und Dr. Franz Seume treten aus der SPD aus. Beide waren am 29. Februar zusammen mit dem SPD-Bundestagsabgeordneten Bartsch wegen ihrer ablehnenden Haltung gegenüber den Ostverträgen auf Beschluß der SPD-Bundestagsfraktion aus dem Auswärtigen Ausschuß des Bundestages zurückgezogen worden. Hupka, der auch Bundesvorsitzender der Landsmannschaft Schlesien ist, nennt als Gründe für seinen Entschluß: die zur Entscheidung anstehenden Ostverträge, den besorgniserregenden inneren Zustand der SPD, die Einschränkung seiner freien Gewissens-entscheidung entgegen Art. 38 Abs. 1 des Grundgesetzes durch seinen Ausschluß aus dem Auswärtigen Ausschuß, die Unglaubwürdigkeit von Aussagen, „die heute verkündet und morgen bedenkenlos verworfen werden“. Hupka beantragt seine Aufnahme in die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die diesem Ersuchen am 3. März einstimmig stattgibt. Er wird im Auswärtigen Ausschuß den Platz des CDU-Abgeordneten Wörner einnehmen. — Der Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, Wehner, betont in einer Stellungnahme zu dem Entschluß Hupkas, es sei auf ihn niemals „auch nur der geringste Druck ausgeübt worden“. Seine Einstellung zu den Ostverträgen sei bekannt gewesen, und es sei ihm jederzeit das Recht zugestanden worden, seine Meinung zu vertreten. — Am 2. März tritt der Berliner Abgeordnete Dr. Franz Seume aus Protest gegen die Deutschland-und Ostpolitik seiner Partei aus der SPD aus.

4/III: Kommentar der Moskauer Prawda zur Ratifizierungsdebatte über die Ostverträge im Bundestag (siehe auch . UdSSR“).

5— 8/III: Bundeskanzler Brandt stattet in Begleitung der Staatssekretäre Bahr, v. Braun und Ahlers dem Iran einen offiziellen Besuch ab, in dessen Verlauf er Gespräche mit Schah Reza Pahlevi, Ministerpräsident Hoveida, Außenminister Khalatbary und Wirtschaftsminister Ansari führt. Laut gemeinsamem Kommunique sagt der Bundeskanzler die Unterstützung der Bundesregierung für die Bemühungen des Iran zur Überwindung der bestehenden Schwierigkeiten hinsichtlich der Handelsbeziehungen des Iran zur EWG zu. Zur Ausweitung der Handelsbeziehungen zwischen der BRD und dem Iran wird die Bildung einer gemeinsamen Regierungskommission beschlossen, die Maßnahmen erörtern soll, welche für die Entwicklung des Handels, der wirtschaftlichen und der technologischen Zusammenarbeit erforderlich sind. Das Kominunique hebt weiter hervor, daß eine engere Zusammenarbeit der deutschen und der iranischen Ölindustrie wünschenswert sei und unterstreicht die Bedeutung der deutschen Investitionen im Iran. In Pressekommentaren wird betont, daß eine grundsätzliche Beseitigung der zwischen beiden Ländern bestehenden politischen Spannungen durch den Besuch Brandts nicht erreicht werden konnte, da eine Lösung für das heikelste Problem, die politische Aktivität von Schah-Gegnern in der Bundesrepublik, nach Ansicht der Bundesregierung äußerst schwierig, wenn nicht gar unmöglich ist.

7/III: Das Warschauer Blatt Zycie Warszawy bezeichnet die Ratifizierung der Verträge von Warschau und Moskau als einzig mögliche Basis für eine Normalisierung der Beziehungen zwischen der BRD und den sozialistischen Staaten.

7/III: Die Arbeitsgruppe Außenpolitik der CDU/CSU-Bundestagsfraktion verurteilt den Prawda-Kommentar vom 4. März betreffend die Ratifizierungsdebatte über die Ostverträge im Bundestag als Einmischung in die inneren Angelegenheiten der BRD.

10/III: Das 24. Gespräch im Rahmen der konzertierten Aktion findet unter Vorsitz von Bundeswirtschafts-und Finanzminister Schiller und in Anwesenheit von Bundesinnenminister Hans-Dietrich Genscher statt. Es wird Einigkeit darüber erzielt, daß sich die Abwärtstendenzen seit Ende des vergangenen Jahres verlangsamt hätten. Schiller stellt fest, man habe Anlaß, „der weiteren Entwicklung mit mehr Zuversicht und Vertrauen entgegenzusehen“. Dieser Auffassung schließen sich die Gewerkschaften an, während es nach Ansicht der Unternehmer von einer Reihe binnen-und außen-wirtschaftlicher Faktoren abhängt, ob diese Zuversicht in der Konjunkturbeurteilung berechtigt ist. Schiller erläutert die am Vortag gefaßten Beschlüsse des Finanzplanungsrates und des Konjunkturrates. In der daran an schließenden Debatte über die konjunktur politischen Maßnahmen des Jahres 1972 spre eben sich Unternehmer und Gewerkschafter dafür aus, den Konjunkturzuschlag so bak wie möglich in einem Betrag zurückzuzahlen Nach Ansicht Schillers werden die Diskontsen kung und die zu erwartende Rückzahlung des Konjunkturzuschlages neue Daten für die Fi nanzpolitik der nächsten Monate ergeben, sc daß die Politik der Vorsicht und Zurückhaltung fortgesetzt werden müsse. Der Ministe erläutert außerdem die Ergebnisse der Brüsseler Ratstagung vom 6. /7. März 1972 zur stufenweisen Verwirklichung der Wirtschafts und Währungsunion. Zu den wichtigsten Er gebnissen gehöre „neben der vorgesehener Vereinigung der innergemeinschaftlicher Wechselkursbandbreiten die erstmalige Festlegung von verbindlichen Regeln für abgestimmte Interventionen der Notenbanken der Gemeinschaft auf den Devisenmärkten". In dieser Vereinbarung sieht Schiller eine deutliche Festigung der währungspolitischen Position der Gemeinschaft.

10/III: Der Erste Sekretär des ZK der SED, Erich Honecker, äußert sich auf einer Veranstaltung der Bezirksparteiorganisation Leipzig über den Niedergangsprozeß des Kapitalismus und unterstreicht die Bedeutung der Verträge von Moskau und Warschau für die friedliche Koexistenz der Völker Europas (Einzelheiten siehe unter „DDR“). 12/III: Der Rat der Arabischen Liga beschließt, den einzelnen arabischen Ländern die Wiederaufnahme der 1965 abgebrochenen diplomatischen Beziehungen zur BRD freizustellen. -Im Namen der Regierung der BRD begrüßt Außenminister Scheel diesen Beschluß, weil er die Möglichkeit einer Neuordnung des deutsch-arabischen Verhältnisses insgesamt eröffne. 14/III: Der SPD-Bundestagsabgeordnete Rainer Offergeld wird als Nachfolger des am 28. Februar zurückgetretenen Prof. Heinz Haller zum Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Finanzen ernannt.

20/III: Auf dem 15. Gewerkschaftskongreß bezeichnet der Generalsekretär des ZK der KPdSU Breshnew die Frage der Ratifizierung des deutsch-sowjetischen Vertrages durch den Deutschen Bundestag als die Wahl zwischen Friedens-und Kriegspolitik (Einzelheiten siehe unter „UdSSR“).

20— 23/III: Der Bundesaußenminister Walter Scheel weilt zu einem offiziellen Besuch inj 11'nesien. In einem gemeinsamen Kommunidue begrüßt der tunesische Außenminister Mas moudi den fortschreitenden Integrationsprozeß Westeuropas und betont die Notwendigkeit, das Assoziierungsabkommen zwischen Tunesien und der EWG auszuweiten und auch auf Bereiche zu erstrecken, die im Abkommen vom März 1969 noch nicht erfaßt sind, wofür ihm Scheel die Unterstützung der Bundesregierung zusichert. Beide Außenminister stellen mit Befriedigung fest, daß ihre Auffassungen bei der Prüfung internationaler Fragen weitgehend übereinstimmen und vereinbaren einen regelmäßigen Meinungsaustausch hierüber und zur Verstärkung der bilateralen Beziehungen. 21/III: Das jugoslawische Außenministerium rechnet in Kürze mit der Wiederaufnahme von Verhandlungen mit der BRD über die jugoslawische Forderung nach Entschädigung für die Opfer des Nationalsozialismus (Einzelheiten siehe unter „Jugoslawien“). 23— 24/III: Staatssekretär Frank vom Auswärtigen Amt weilt zu Konsultationen mit dem Stellvertretenden Außenminister Jugoslawiens, Petrie, in Belgrad. Der größte Teil der Gespräche ist europäischen Fragen gewidmet: der gegenwärtigen Lage, den Entwicklungstendenzen, dem Integrationsprozeß, der Förderung der Zusammenarbeit und der Gewährleistung der europäischen Sicherheit. Petrie bringt zum Ausdruck, daß Jugoslawien die Ostpolitik der Bundesregierung unterstütze und äußert die Hoffnung, daß die BRD auch in Zukunft einen derartigen positiven Beitrag zur Förderung der europäischen Zusammenarbeit und Erlangung der europäischen Sicherheit leisten möge. An bilateralen Fragen wird über die Lebensverhältnisse der in der BRD arbeitenden Bürger Jugoslawiens, über Maßnahmen zur Einschränkung und Verhinderung antijugoslawischer und terroristischer Aktivität der extremistischen Emigrantengruppen in der BRD sowie über die Entschädigungsfrage gesprochen. Es seien neue Bemühungen um ein für beide Seiten akzeptables Abkommen zu erwarten. Frank äußert später, die Bundesregierung sei bereit, 100 Mill. DM Wiedergutmachungsgelder und weitere 300 Mill. DM Kapitalhilfe an Belgrad zu zahlen.

27/III: Der finnische Staatspräsident Kekkonen äußert sich über die zukünftigen Beziehungen Finnlands zu den beiden deutschen Staaten (Einzelheiten siehe unter „Finnland“). 30/III: Bundesverteidigungsminister Schmidt führt den bisherigen Befehlshaber der Bundes-marine, Vizeadmiral Armin Zimmermann, als Nachfolger von General Ulrich de Maiziere in das Amt des Generalinspekteurs der Bundeswehr ein. Zimmermann wird jleichzeitig zum Admiral befördert und ist damit der erste Marineoffizier der Bundeswehr, der den Rang eines Vier-Sterne-Generals erreicht.

Bulgarien 28/11: Mit Jugoslawien wird ein Abkommen zur Regelung von Fragen des kleinen Grenzverkehrs unterzeichnet; da das auf jugoslawischer Seite inbesondere den mazedonischen Raum betrifft, sehen Kommentatoren darin ein erstes Anzeichen dafür, daß im jahrelangen Mazedonienstreit zwischen Belgrad und Sofia nunmehr eine Entspannung eingetreten ist.

Cypern 14/1: Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit der VR Taiwan bricht Beziehungen die zu Cypern ab.

Dänemark 14/1: König Frederik IX. stirbt im Alter von 72 Jahren an den Folgen einer Herzattacke.

15/1: Die Thronfolgerin Prinzessin Margarethe wird von Ministerpräsident Krag als neue Königin proklamiert; sie trägt den amtlichen Namen Margarethe II. Königin von Dänemark, da sie auf die alten zusätzlichen Titel „Königin der Wenden und Goten, Herzogin von Schleswig-Holstein, Stormarn, Dithmarschen, Lauen-burg und Oldenburg“ verzichtet hat.

22/1: In Brüssel unterzeichnen die Delegationen der sechs EWG-Mitgliedstaaten einerseits und der vier Beitrittskandidaten, Großbritannien, Irland, Dänemark und Norwegen, andererseits die Vereinbarungen über den Beitritt zum 1. Januar 1973 (Einzelheiten siehe unter „Europäische Gemeinschaften der Sechs“).

28— 29/11: Ministerpräsident Krag besucht Bonn. In Gesprächen mit Bundeskanzler Brandt geben beide ihre Freude über den baldigen Beitritt Dänemarks zu den Europäischen Gemeinschaften Ausdruck; das Ergebnis der Beitrittsverhandlungen stelle einen fairen und ausgewogenen Kompromiß dar. Die für Oktober geplante Gipfelkonferenz der Zehn werde für die Weiterentwicklung der Gemeinschaften von Bedeutung sein.

Deutsche Demokratische Republik 1/1: Zwischen der DDR und Polen werden die Grenzen für den Personenverkehr geöffnet; bei Besuchsreisen bis zu sechs Monaten brauchen die Bürger beider Länder keine Visa mehr, sondern nur noch den Personalausweis; bereits die ersten Tage der neuen Regelung ließen ein starkes Anschwellen des Besucherverkehrs verzeichnen, wobei von beiden Seiten der Kleine Grenzverkehr auch für Einkäufe benutzt wird.

4/1: In der BRD veröffentlicht CDU-Vorsitzender Dr. Barzel im DUD einen Text „Zum Kern des Problems vorstoßen“, in dem er, ausgehend von einer Kritik an den Ostverträgen, die Bundesregierung auffordert, sich intensiver um die „Lage der Deutschen in Deutschland" zu bemühen. Er schlägt einen Stufenplan für Erleichterungen im Besucher-verkehr zwischen beiden Teilen Deutschlands vor, wobei er den Abschluß eines Abkommens mit der DDR anstrebt, dessen Voraussetzung ein Programm zunehmender Freizügigkeit in beiden Richtungen sein soll (siehe auch unter . BRD“). 6/1: Der Erste Sekretär des ZK der SED, Erich Honecker, erklärt anläßlich eines Besuchs der Nationalen Volksarmee auf Rügen in einer Rede: die Politik der DDR sei darauf gerichtet, „wie mit allen anderen Staaten so auch mit der BRD normale Beziehungen herzustellen, Beziehungen, wie sie zwischen souveränen, voneinander unabhängigen Staaten üblich sind. Es ist also völlig sinnlos, daß manche Leute in der BRD immer wieder die alte Platte von irgendwelchen sogenannten innerdeutschen Beziehungen auflegen. ... Die Dinge sind einfach so: Es gibt die sozialistische DDR und die imperialistische BRD ... Zwischen der sozialistischen DDR und der imperialistischen BRD gibt es keine Einheit und kann es keine Einheit geben . .. Dauergerede über . Einheit der Nation'ändert nichts daran. Vielmehr handelt es sich um den Versuch, sich in die inneren Angelegenheiten der DDR einzumischen . .. Die BRD ist somit Ausland, und noch mehr: sie ist imperialistisches Ausland." Er bezichtigt die BRD des Militarismus, da sie im Rahmen der NATO und durch Verteidigungsminister Schmidt — „die alten und jungen Nazioffiziere der BRD nennen ihn . . . ihren . Traumminister'" — eine Verstärkung der Bewaffnung der Bundeswehr und die gleichen Waffensysteme, wie die anderen NATO-Staaten sie besitzen, fordere, und sich zudem bemühe, die US-Truppen möglichst lange und möglichst vollständig in Europa zu halten (siehe auch unter „BRD“). 9— 16/1: Außenminister Winzer besucht Indien und am 15. 1. Bangla Desh (siehe unter „Indien“ und „Bangla Desh"). 15/1: Im Besucherverkehr mit der CSSR wird dieselbe Regelung eingeführt wie mit Polen. 20— 21/1: In Ostberlin treffen die Staatssekretäre Bahr vom Bundeskanzleramt der BRD und Kohl vom Ministerrat der DDR zu einem ersten Gespräch nach der Unterzeichnung der innerdeutschen Verträge im Dezember 1971 zusammen, um die Verhandlungen über einen Allgemeinen Verkehrsvertrag fortzuführen. 2— 3/II: Eine Partei-und Regierungsdelegation unter Honecker besucht Ungarn (Einzelheiten siehe unter „Ungarn“).

19/11: Es wird ein Abkommen mit der Sowjetunion über die gegenseitige Anerkennung von Hochschuldiplomen abgeschlossen. Insbesondere die DDR würdigt in Kommentaren und Erklärungen die Unterstützung der Sowjetunion in Fragen der wissenschaftlichen und technischen Entwicklung, u. a. durch Gewährung von Stipendien an DDR-Studenten und Wissenschaftler für sowjetische Universitäten. 22/11: Das Politbüro des ZK der SED und der Ministerrat der DDR halten es für angebracht, „als Geste des guten Willens zeitweilig jene Regelungen in Kraft zu setzen, die nach der Ratifizierung der Verträge von Moskau und Warschau, nach Inkraftsetzung des vierseitigen Abkommens über Westberlin, des Transitabkommens zwischen den Regierungen der DDR und der BRD sowie der Vereinbarung zwischen der Regierung der DDR und dem Senat von Westberlin über den Reise-und Besucherverkehr wirksam werden." Diese „Geste des guten Willens" gilt für die Zeiträume um Ostern und Pfingsten.

23/11: Der Schweizer Bundesrat Pierre Graber erklärt auf einer Pressekonferenz in London (siehe unter „Schweiz“) zur Frage, ob die Schweiz beabsichtige, demnächst die DDR anzuerkennen, von „demnächst“ könne keine Rede sein. Allerdings versuche die Schweiz schon seit einigen Jahren, die Beziehungen zur DDR allmählich zu normalisieren. Die erste Phase solle im Rahmen der Handelsbeziehungen erfolgen.

9/III: Die Volkskammer der DDR verabschiedet ein Gesetz, das die Schwangerschaftsunterbrechung in den ersten 3 Monaten freigibt Erstmals in der Geschichte der Volkskammer erfolgt die Verabschiedung nicht einstimmig10/III: Der Erste Sekretär des ZK der SED. Erich Honecker, äußert sich auf einer Veranstaltung der Bezirksparteiorganisation Leipzig über den Niedergangsprozeß des Kapitalismus. Die USA, bisher Machtzentrum des imperialistischen Systems, hätten sich zum Zentrum der Krise der kapitalistischen Welt gewandelt. Krisenhafte Erscheinungen zeigen sich nach Honeckers Meinung im Imperialismus auf mehreren Gebieten des politischen Lebens: der Kapitalismus durchläuft ökonomis® eine Stagnationsphase; eine permanente Krise des kapitalistischen Währungssystems ist z beobachten; dem entspricht eine Krise der imperialistischen Außenpolitik, der es nicht gelinge, den Sozialismus zu durchdringen oder zu vernichten. Unter Fortsetzung der Politik der Stärke bemühe sich der US-Imperialismus, seine Monopolstrategie umzuformieren, wofür der Dialog USA—China ein beredter Ausdruck sei. Honecker weist daraufhin, daß im Pekinger Kommunique kein Wort über die Abrüstung enthalten sei. Auch innerhalb der EWG sieht er trotz Tendenzen zum gemeinsamen Vorgehen Auseinandersetzungen voraus, weil sich durch den Beitritt Großbritanniens der Kreis derer erweitert habe, die sich um die Führungsposition streiten. Demgegenüber stellt Honecker mit Genugtuung fest, daß sich die Verträge der UdSSR und der VR Polen mit der BRD günstig auf die politische Lage in Europa auswirken. Auch das vierseitige Abkommen über Westberlin, das Abkommen zwischen der DDR und der BRD sowie die Vereinbarungen der DDR mit dem Westberliner Senat würden dazu beitragen, Europa in einen Kontinent des Friedens und der Zusammenarbeit zu verwandeln. Um die Gegner des Vertragswerks zurückzudrängen, habe die DDR beschlossen, die Regelungen über den ReiseundBesucherverkehr, die nach der Ratifizierung der Verträge wirksam werden, zeitweilig anzuwenden. Honecker bedauert, daß diese Geste guten Willens nicht bei allen Parteien des Deutschen Bundestages das entsprechende Echo finde, obwohl die Ratifizierung der Verträge von Moskau und Warschau die Voraussetzung für das Inkrafttreten der Abkommen zwischen der DDR auf der einen und der BRD bzw.dem Westberliner Senat auf der -an deren Seite sei. Aber nur dadurch könne ein friedliches Nebeneinander zwischen DDR und BRD unabhängig von ihrer sozialen Ordnung entstehen. Eine solche aktive Politik der friedlichen Koexistenz verlange die Respektierung der Tatsache, „daß DDR die ein souveräner sozialistischer Staat und festes Glied der ein Gemeinschaft sozialistischer Staaten ist". Gerade weil zwischen dem Sozialismus der DDR und dem Kapitalismus der BRD unüberbrückbare Kluft bestehe, sei die Politik der friedlichen Koexistenz der einzig mögliche Weg, um kriegerische Konflikte zu vermeiden. Die Bedeutung der Politik der Koexistenz für das friedliche Leben der Völker unterstreiche die Notwendigkeit einer gesamteuropäischen Beratung über Sicherheit und Zusammenarbeit. 15/III:

Der Erste Sekretär des ZK der SED, Erich Honecker, empfängt den Politischen Ausschuß des Zentralvorstandes der LDPD. Der Vorsitzende des Zentralvorstandes, Dr. Manfred Gerlach, informiert über den 11. Parteitag der LDPD, der vom 16. bis 19. Februar in Weimar stattfand. Honecker betont, daß die Ergebnisse des 11. Parteitages der LDPD die volle Übereinstimmung mit der auf dem VIII. Parteitag der SED entwickelten Grundlinie gezeigt hätten. Die SED schätze insbesondere die Absicht der LDPD hoch ein, durch differenzierte ideologische Arbeit mit ihren Mitgliedern und den ihr Nahestehenden die Umwandlung von Betrieben mit staatlicher Beteiligung und Privatbetrieben in volks-eigene Betriebe zu fördern und die Angehörigen jener sozialen Schichten bei der weiteren Mitwirkung in der sozialistischen Gesellschaft zu unterstützen.

27/III: Der finnische Staatssekretär Kekkonen äußert sich über die zukünftigen Beziehungen Finnlands zu den beiden deutschen Staaten (Einzelheiten siehe unter „Finnland“).

Finnland 2— 3/1: Bei den Reichstagswahlen erhält die Sozialdemokratische Partei mit 25, 8 0/0 der Stimmen und 55 Sitzen gegenüber 23, 4 0/0 ünd 52 Sitzen 1970 einen entscheidenden Stimmenzuwachs, während der bisherige Koalitionspartner, die Zentrumspartei, mit 16, 5% bzw. 35 Sitzen gegenüber 17, 1 % bzw. 36 Sitzen 1970 einen Stimmenrückgang hinnehmen muß. Die vorzeitigen Neuwahlen waren aufgrund einer Regierungskrise am 29. Oktober 1971 ausgeschrieben worden, die durch den Streit zwischen den beiden Koalitionsparteien über die von der Zentrumspartei geforderten, von den Sozialdemokraten abgelehnten Agrarsubventionen ausgelöst wurde. Einen Stimmenzuwachs erhalten auch die Demokratische Union des finnischen Volkes (Kommunisten) mit. 17 %, 37 Sitzen gegenüber 16, 6% und 36 Sitzen 1970, sowie . die Christliche Union (2, 6 %, 4 Sitze gegenüber 1, 2%, Sitz); alle 1 übrigen (Nationale Parteien Versammlungspartei, Finnische Landpartei, Schwedische Volkspartei, Liberale Volkspartei, Sozialdemokratischer Bund der Arbeiter und Klein-bauern) haben Stimmverluste zwischen 1, 4 und 0, 4 % erlitten.

23/11: Es wird eine sozialdemokratische Minderheitenregierung unter Paasio ernannt, da Verhandlungen zur Bildung einer Koalitionsregierung an der Frage von Agrarsubventionen scheiterten. Das von den Sozialdemokraten vorgelegte Subventionsprogramm war insbesondere seitens des Zentrums als zu gering zurückgewiesen worden.

27/III: Staatspräsident Kekkonen betont in einer Rede, daß Finnland gute Beziehungen zu beiden Staaten Deutschlands unterhalte und sie gleichwertig behandle. Die finnische Regie-21 rung sei sich bewußt, daß das Ergebnis der Entwicklung in der deutschen Frage zwei deutsche Staaten sein werden, deren Beziehungen zur Außenwelt den allgemeinen Formen internationaler Praxis entsprechen. Die finnische Regierung werde diese Frage auf eine Weise behandeln, die dem allgemeinen Entwicklungsprozeß in Europa, den Anforderungen der finnischen Neutralität und den Prinzipien ihrer bisherigen Deutschlandpolitik entspreche.

Frankreich 11/1: Die Sozialistische Partei veröffentlicht einen Programmentwurf, der den Delegierten des bevorstehenden Parteikonvents rund 90 Optionen offenhält. So soll nach Kapitel „Die Macht den Bürgern“ eine Option zwischen einem Präsidialregime mit einem Mandat von 5 Jahren einerseits und einem parlamentarischen Regime mit einem Kontrakt der Regierungsparteien über die Gesetzgebung andererseits gewährt werden. Nach Kapitel „Neuer Internationalismus“ soll die Partei zwischen einem sofortigen Ausscheiden aus der Atlantischen Allianz oder einem Rückzug aller Streitkräfte, verknüpft mit dem Versuch, davon diplomatisch zu profitieren, wählen. Sie kann ferner zwischen der Aufrechterhaltung der force de frappe oder aber der Einstellung der Produktion von Nuklearwaffen ohne Vernichtung der vorhandenen Vorräte entscheiden. Hinsichtlich der Arbeiterselbstverwaltung werden sogar drei Optionen angeboten: Selbstverwaltung auf allen Ebenen einschließlich der Privatunternehmen, Ausbau der nationalisierten Betriebe und Ausweitung der Arbeiter-selbstverwaltung auch auf öffentliche Sektoren, eine den Vorstellungen der KP nahekommende Vergesellschaftung ohne das als Arbeiterselbstverwaltung bezeichnete und von der KP bekämpfte System.

12/1: Es werden folgende Maßnahmen zur Konjunkturförderung 1972 bekanntgegeben: teilweise Rückvergütung der Mehrwertsteuer an Unternehmen im Wert von 1, 2 Mrd.fr., Vor-ziehung von Investitionen der verstaatlichten Unternehmen von 240 Mill, fr., Vorziehung von Investitionsausgaben im Wert von 1, 5 Mrd.fr. und Erhöhung der Wohnbauanleihen um 500 Mill.fr.

17— 18/1: Außenminister Schumann weilt im Rahmen der Konsultationsvereinbarungen zu Gesprächen in Japan. Hauptthemen sind Fragen der Beziehungen Japans zu den Europäischen Gemeinschaften, von deren Qualität Japan sich zunehmende wirtschaftliche und damit politische Unabhängigkeit von den USA verspricht, und die Entwicklung bilateraler Beziehungen, die bisher nach französischer Ansicht recht einseitig sind: es gibt z. B. 150 japanische Stipendiaten in Frankreich, aber nur 7 französische in Japan; bisher hat Japan auch französischen Ersuchen nicht entsprochen, einer Verlängerung der Air France-Linie Paris-Shanghai bis Tokio zuzustimmen. Japans Außenminister Fukuda ersuchte seinerseits Schumann darum, vermittelnd zur Herstellung japanisch-chinesischer Botschaftergespräche in Paris einzugreifen. 24— 28/1: Präsident Pompidou stattet den Republiken Niger und Tschad offizielle Besuche ab. In Niger anerkennt er die schwierige Situation dieses Binnenlandes mit extremen klimatischen Verhältnissen. Frankreich werde immer gegen die für Entwicklungsländer ungerechte Tatsache der Erhöhung von Industrie-preisen bei gleichzeitigem Sinken der Rohstoffpreise kämpfen. Es werde in den Verhandlungen über eine Erneuerung des Abkommens von Yaounde für eine Verpflichtung der Europäischen Gemeinschaften (der Zehn) eintreten, den Entwicklungsländern ihre Rohstoffe angemessen zu bezahlen. Neben einer für Niger befriedigenden Regelung bilateraler Sozial-und Entwicklungshilfefragen (insbesondere auf den Sektoren Verkehrs-und Fremdenverkehrswesen) bleiben Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich eines von Niger als gerecht bezeichneten Anteils an den Gewinnen aus der nigerischen Uraniumproduktion. — In Tschad berät Pompidou insbesondere Fragen im Zusammenhang mit dem auf tschadischen Wunsch erfolgten Einsatz französischer Streitkräfte zur Unterstützung der Regierung im Kampf gegen Aufständische (es handelt sich sowohl um Probleme des Tribalismus wie um Auswirkungen der Auseinandersetzung zwischen dem arabisch-islamischen Norden und dem nicht islamischen Schwarzafrika) wie auch Grundsätze der französischen Entwicklungshilfe. Frankreich wolle niemandem etwas aufzwingen, sondern ermutige die Rückkehr zu den lebendigen Quellen der Kultur, der Tradition und nationalen Kunst. Deshalb bemühe es sich vor allem darum, seine Entwicklungshilfe als Erzieher zu verwirklichen und ermutige die Verantwortlichen französischer Gesellschaften in Entwicklungsländern, ihr Führungspersonal zunehmend aus lokalen Kräften zu rekrutieren.

27— 30/1: Staatssekretär de Lipkowski stattet Griechenland als erstes französisches Kabinettsmitglied seit dem Staatsstreich April 1967 einen offiziellen Besuch ab; Frankreich steht mit dem Volumen seiner Investitionen in Griechenland an zweiter Stelle hinter den USA und vor der DDR (Einzelheiten siehe unter „Griechenland“).

10—i i/ll: Bundeskanzler Brandt weilt im Rahmen der Konsultationsgespräche in Paris (Einxelheiten siehe unter „BRD“).

15/II: Mirage-Abkommen mit Israel (Einzelheiten siehe unter „Israel“).

16/11: Besuch des Verteidigungsministers der BRD Schmidt und Absprachen über Rüstungszusammenarbeit sowie Annäherung in Fragen der Truppenreduzierung von Ost und West in Europa (Einzelheiten siehe unter „BRD“).

21— 24/III: Der österreichische Bundespräsident Jonas weilt zu einem Staatsbesuch in Frankreich (Einzelheiten siehe unter „Österreich“).

Griechenland 27— 30/1: Frankreichs Staatssekretär im Außenhandelsministerium, de Lipkowski, stattet als erstes französisches Kabinettsmitglied seit dem Staatsstreich vom April 1967 Griechenland einen Besuch ab. Er führt Gespräche mit der griechischen Führung, insbesondere auch über die Frage der Beziehung Griechenlands zu den Europäischen Gemeinschaften. Frankreich stehe, erklärte de Lipkowski, auf dem Standpunkt, die Gemeinschaften sollten ihre weitgehend eingefrorenen Beziehungen zu Griechenland wenigstens so weit normalisieren, daß der Assoziationsvertrag voll erfüllt werde. Frankreich sei insbesondere an Investitionen auf dem Sektor der Verkehrswirtschaft in Griechenland interessiert; zu Fragen der militärischen Ausrüstung habe es lediglich festzustellen, daß es im Ernstfall zu einer Verteidigung Griechenlands und der Türkei beizutragen gewillt sei.

Großbritannien 9/1— 25/11: Ein Bergarbeiterstreik macht rund 1, 5 Mill. Menschen arbeitslos und hat erhebliche Produktionseinbußen der gesamten britischen Industrie zur Folge. Er wird dadurch ausgelöst, daß Verhandlungen über bessere Löhne, soziale Leistungen und generelle Arbeitsbedingungen für die Bergarbeiter kein sie befriedigendes Ergebnis zeitigen. Die von der Regierung eingesetzte Wilberforce-Untersuchungskommission fertigt einen Bericht an, der bestätigt, daß die Lage der britischen Bergarbeiter in jeder Beziehung unvergleichlich viel schlechter sei als die anderer britischer Arbeitnehmer. Die Vorschläge der Kommission sehen generell eine Verbesserung um das Dreifache dessen vor, was die staatliche Bergbauverwaltung bisher zuzugestehen bereit war. Die Bergarbeiter lehnen auch dieses Angebot ab. Erst eine erneute Verbesserung der Wilberforce-Vorschläge wird seitens der Bergarbeitergewerkschaft angenommen; am 25. Februar billigen die Bergarbeiter in einer Urabstimmung mit 210 039 gegen 7581 das Angebot und nehmen die Arbeit sofort wieder auf.

20/1: Das Unterhaus lehnt mit 298 gegen 277 Stimmen einen Antrag der Labour-Opposition ab, in dem die Regierung aufgefordert wurde, sie solle den Beitrittsvertrag zur EWG erst nach seiner Veröffentlichung unterzeichnen. Vier konservative Abgeordnete stimmten für den Labourantrag, 17 enthielten sich der Stimme.

22/1: In Brüssel unterzeichnen die Delegationen der sechs EWG-Mitgliedstaaten einerseits und der 4 Beitrittskandidaten, Großbritannien, Irland, Dänemark und Norwegen, andererseits die Vereinbarungen über den Beitritt per 1. Januar 1973 (Einzelheiten siehe unter „Europäische Gemeinschalten der Sechs“).

24/1: Die Labour-Opposition bringt einen Tadelsantrag gegen die Regierung ein, weil die Arbeitslosigkeit zum ersten Mal seit 1947 über 1 Million auf 1 023 582 gestiegen ist. Der TadelSantrag wurde mit 302 gegen 572 Stimmen abgelehnt.

26/1: Die Regierung unterbreitet dem Unterhaus einen Gesetzentwurf, dessen Verabschiedung die Voraussetzung für den Beitritt Großbritanniens zu den Europäischen Gemeinschaften am 1. Januar 1973 bildet. Der Gesetz-entwurf umfaßt nur 37 Seiten, wovon 18 Seiten auf die 12 Artikel des eigentlichen Beitrittsgesetzes entfallen. Der Entwurf konnte so kurz gefaßt werden, weil die Regierung darin nur jene Bestimmungen aufnahm, die eine Anpassung der derzeitigen britischen Gesetzgebung an diejenige der Gemeinschaften nötig machen, und alle Bestimmungen fortließ, die durch Verordnungen aufgrund der bestehenden britischen Gesetze erlassen werden können. Es wird festgestellt, daß das gegenwärtige und künftige Gemeinschaftsrecht in Großbritannien Gesetzeskraft erhält, ohne gesondert verabschiedet werden zu müssen.

6— 8/II: Außenminister Douglas-Home stattet seinem indischen Amtskollegen Singh einen Besuch ab, in dessen Verlauf er auch mit Ministerpräsidentin Gandhi zusammentrifft. Gegenüber Pressevertretern hebt Douglas-Home die Bedeutung Indiens als mögliche Basis für ein kollektives Sicherheitssystem in Südostasien hervor und betont, daß Großbritannien freundschaftliche Beziehungen zu allen Staaten des Subkontinents unterhalten wolle. Bezüglich der Auseinandersetzung zwischen Pakistan und seinen ehemaligen Ostprovinzen schließe sich Großbritannien der Erklärung von Scheich Mujibur Rahman an, daß Bangla Desh ein freier und souveräner Staat sei.

7/II: Die Regierung erklärt in einem Weißbuch, daß bis 1975 der Übergang zum metrischen System für Maße und Gewichte durchzuführen sei. Lediglich in einem beschränkten Umfang würden darüber hinaus auch historische Maße zulässig sein.

17/11: Das Unterhaus billigt mit 309 gegen 301 Stimmen das Beitrittsgesetz zu den Europäischen Gemeinschaften. Am 28. Oktober 1971 hatte das Unterhaus sich aufgrund eines Grundsatzantrags der Regierung mit 356 gegen 244 Stimmen für den Beitritt ausgesprochen. Gegen die Dissidenten aus der Labour-Party zugunsten des Beitritts hatte im Anschluß die Partei zum Teil harte Maßnahmen ergriffen. Bei der jüngsten Abstimmung konnten die sich für den Beitritt einsetzenden Labour-Abgeordneten jedoch der Parteidisziplin nicht entziehen, da Premierminister Heath diesmal mit der Vorlage die Vertrauensfrage gekoppelt hatte.

21— 23/11: Besuch des Schweizer Bundesrats Pierre Graber (Außenminister) in London (Einzelheiten siehe unter „Schweiz“).

13/III: Großbritannien und China erheben ihre diplomatischen Vertretungen in den Rang von Botschaften (Einzelheiten siehe unter „China"). 21/III: In seiner Budget-Rede für das am 1. April beginnende Finanzjahr vor dem Unterhaus beziffert Schatzkanzler Barber die Gesamteinnahmen auf 16, 84 Mrd. £und die Gesamtausgaben auf 16, 82 Mrd. £, so daß das Budget mit einem Aktivsaldo von 215 Mill. £abschließt, trotz Steuerermäßigungen von insgesamt 1200 Mill. £. Es müsse ein Klima geschaffen werden, das der Industrie das Vertrauen gebe, sich neu auszurüsten und zu expandieren. Den industriellen Notstandsregionen sagt Barber besondere Stützungsmaßnahmen zu und betont das Erfordernis von Investitionen und Modernisierungen der Industrie im Zusammenhang mit der bevorstehenden Mitgliedschaft bei den EG.

23/III: Die britische Regierung übernimmt die volle Verantwortung für die Verwaltung Nordirlands (Einzelheiten siehe unter „Nordirland“). Island 15/11: Das Parlament beschließt die Ausweitung der Fischereigrenzen von 12 auf 50 Seemeilen per 1. 9. 1972, da ein Land, dessen Exporte zu 90 °/o aus Fischen und Fischprodukten bestünden, eine Fischereigrenze im Bereich des gesamten Festlandsockels beanspruchen dürfe.

Italien 15/11: Österreichs Nationalrat verabschiedet ein Entschädigungsgesetz mit Italien (Einzelheiten siehe unter „Österreich").

13— 17/III: Der 13. Parteitag der KPI in Mailand endet mit der Wahl des bisherigen Stellvertretenden Parteisekretärs Enrico Berlinguer zum Parteisekretär und der Erhebung des bisherigen Parteisekretärs Luigi Longo in das neue Amt des Parteipräsidenten. Berlinguer unterstreicht in seiner Schlußrede den Willen der KPI, Regierungspartei zu werden, und betont die Notwendigkeit der Veränderung der wirtschaftlichen und sozialen Strukturen. Dabei sei die Diskussion müßig, ob das von der KPI vorgeschlagene Programm umstürzlerisch sei oder nicht. — In einem Kommentar zur Stellung der KPI hält die FAZ zwar eine Volksfrontregierung als Ergebnis der italienischen Parlamentswahlen am 7. Mai für unwahrscheinlich, räumt aber ein, daß die kommunistischen Bestrebungen keineswegs auf Träumereien beruhten, weil die Basis der Partei stark sei: 1, 5 Mill, eingeschriebene Mitglieder und maßgeblicher Anteil an vielen örtlichen Regierungen, 8, 5 Mill. = 26, 8% Wählerstimmen, 250 Abgeordnete und Senatoren. Eine besondere Stärke der KPI sieht die FAZ in ihrer Selbstempfehlung als Ordnungsfaktor. Jugoslawien 2/II: Besuch des österreichischen Außenministers (Einzelheiten siehe unter „Österreich"). 28/11: Abkommen über kleinen Grenzverkehr mit Bulgarien (Einzelheiten siehe unter „Bulgarien"). 21/III: Das jugoslawische Außenministerium rechnet in Kürze mit der Wiederaufnahme von Verhandlungen mit der Regierung der BRD über die jugoslawische Forderung nach Entschädigung der Opfer des faschistischen Terrors. Jugoslawien habe seine Forderung bereits 1962 gestellt. Wegen des Nichtbestehens von diplomatischen Beziehungen zu jener Zeit seien die Verhandlungen erst im Mai vorigen Jahres eröffnet, aber bald wieder vertagt worden. Das größte Problem sei gegenwärtig „die Klassifizierung der Opfer des faschistischen Terrors, ihre Anzahl und die Höhe der Entschädigung". Die jugoslawischen Forderungen belaufen sich auf 2 Mrd. DM als Entschädigung für 950 000 Opfer. 23— 24/111: Staatssekretär Frank vom Auswärtigen Amt weilt zu Konsultationen mit dem Stellvertretenden Außenminister Petrie in Belgrad (Einzelheiten siehe unter „BRD").

Luxemburg 6/III: Neue Abkommen über die Wirtschaftsunion mit Belgien (Einzelheiten siehe unter , Belgien“).

13/111: Die gemeinsame Devisenüberwachungsstelle Luxemburgs und Belgiens ordnet Maßnahmen gegen spekulative Kapitalüberweisungen an.

Malta 31/1: Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur VR China (Einzelheiten siehe unter . China“).

Nordirland 7— 28/1: Es kommt nahezu täglich zu Schießereien mit Todesopfern sowohl auf beiden Seiten der nordirischen Bevölkerung wie auch in den Reihen der britischen Streitkräfte. Vertreter Nordirlands wiederholen immer häufiger Forderungen nach einer totalen Schließung der Grenzen zur Republik Irland, um einer Unterstützung der nordirischen Katholiken entgegenzuwirken. Die Republik Irland ihrerseits greift immer häufiger zu Maßnahmen gegen die IRA, um einer Verschärfung der Spannungen entgegenzuwirken.

30/1: Im Zusammenhang mit verbotenen Demonstrationen in (London) Derry kommt es zu Schießereien, in deren Verlauf 13 Zivilisten getötet und 17 verwundet werden. Die britische Seite erklärt, britische Fallschirmjäger hätten nach zahlreichen Schüssen aus den Reihen der Demonstranten, die aufzulösen sie Befehl hatten, zurückgeschossen; nordirische Augenzeugen hingegen — insbesondere aus katholischen Kreisen — behaupten, die britischen Fallschirmjäger hätten ohne Provokation seitens der bereits fliehenden Demonstranten das Feuer eröffnet.

31/1: Die Republik Irland beruft ihren Botschafter aus London zu Konsultationen zurück und protestiert ferner durch ihren Geschäftsträger bei der britischen Regierung gegen das Vorgehen der britischen Truppen.

I II: Im britischen Unterhaus kommt es zu einer Notstandsdebatte, in deren Verlauf die Einsetzung einer Untersuchungskommission unter Lord Chief Justice Lord Widgrey bekanntgegeben wird.

2/In Dublin brandschatzt eine Menge von Ca 25 000 Menschen die britische Botschaft aus Protest gegen den Blutsonntag von (London) -

Derry. Die britische Regierung protestiert auf das Schärfste bei der irischen Regierung in Dublin gegen die Unfähigkeit der irischen Sicherheitsorgane, die Botschaft zu schützen. Dublin nimmt den Protest entgegen und übernimmt die volle Verantwortung für die Vorgänge, für die das tiefste Bedauern ausgesprochen wird.

24/III: Die Unruhen in Nordirland dauern während des Berichtszeitraumes unvermindert an. Bei Attentaten, Bombenexplosionen und Feuergefechten werden zahlreiche Menschen getötet und verletzt. Die Zahl der Todesopfer durch die Unruhen in Nordirland in den letzten 21/2 Jahren ist auf 268, davon 62 allein im Jahre 1972, angewachsen. — Die Explosion in der Offiziersmesse der 16. Fallschirmjägerbrigade in Aldershot (England) am 22. Februar, wofür die IRA die Verantwortung übernommen hat, bezeichnet die Führerin der militanten Katholiken in Nordirland, die Unterhausabgeordnete Bernadette Devlin, als einen taktischen Fehler, da sie die britische Arbeiterklasse der militanten irischen Bewegung entfremde. — Der Premierminister der Republik Irland, Lynch, macht am 19. Februar einen Friedensvorschlag für Nordirland. Demnach sollten Regierung und Parlament von Nordirland durch eine neue, spezifisch irische Institution ersetzt werden, um eine Zusammenarbeit von Nationalisten und Unionisten (Katholiken und Protestanten) in Nordirland herbeizuführen. Die Funktionen der neuen In-stitution sollten in Verhandlungen zwischen London, Dublin und gewählten Vertretern der beiden nordirischen Volksgruppen festgelegt werden. Bis dahin solle das nordirische Parlament durch eine Sonderkommission für Nordirland ersetzt werden, welche die katholische Volksgruppe stärker repräsentiert als das Parlament. — Der Premierminister von Nordirland, Faulker, geht auf diesen Vorschlag nicht ein, sondern betont am 21. Februar die Position Ulsters im Vereinigten Königreich. Das britische Parlament verabschiedet am 23. Februar ein Gesetz, das den Streitkräften die Vollmacht gibt, Versammlungen aufzulösen, Personen und Fahrzeuge zu untersuchen etc. Diese Maßnahme war notwendig geworden, nachdem das Hohe Gericht in Nordirland die Tätigkeit der Armee für ungesetzlich erklärt hatte.

Am 23. März gibt der britische Premierminister Heath im Unterhaus ein Dreipunkteprogramm für Nordirland bekannt: „ 1. haben wir in der Hoffnung, die Grenzfrage aus der Tagespolitik herauszunehmen und als eine Zusicherung, daß keine Änderung der Grenze ohne Zustimmung der Mehrheit der Bevölkerung Nordirlands erfolgen werde, periodische Volksabstimmungen über diese Frage vorgeschlagen; 2. haben wir vorgeschlagen, daß ein Start mit einer schrittweisen Beendigung der Internierungen gemacht werden sollte; 3. waren wir über die gegenwärtige Teilung der Verantwortung für Recht und Ordnung zwischen Belfast und London besorgt, wodurch die Kontrolle in hohem Maße bei der Regierung von Nordirland verbleibt, während die Verantwortlichkeit für die Operationen hauptsächlich bei der britischen Armee und damit bei der britischen Regierung ruht". Die britische Regierung sei der Auffassung, daß die Übertragung der Verantwortung für Recht und Ordnung in Nordirland nach Westminister „eine unvermeidliche Bedingung für einen Fortschritt bei der Herbeiführung einer Lösung in Nordirland" darstelle. Da der nord-irische Ministerpräsident Faulkner für den Fall der Verwirklichung dieses Vorschlages mit seinem und dem Rücktritt seines Kabinetts gedroht habe, bleibe der britischen Regierung keine andere Wahl, „als die volle und direkte Verantwortung für die Verwaltung Nord-irlands zu übernehmen". Die neue Bestimmung gelte vorerst für ein Jahr. Während dieser Zeit werde das Parlament von Nordirland sich vertagen, aber nicht aufgelöst werden.

Norwegen 15/1: Es kommt eine Einigung mit dem Ministerrat der EG in der Fischereifrage zustande, womit das letzte Hindernis eines norwegischen Beitritts zu den EG beseitigt ist. Den norwegischen Fischern wird zugestanden, bis 1983 allein in einem Küstenstreifen von 12 Seemeilen zu fischen; danach wollen die Gemeinschaften mit Wohlwollen die Wahrung der norwegischen Fischereiinteressen prüfen; eine verbindliche Anerkennung der norwegischen Interessen entsprechend der Regeln bis 1983 über 1983 hinaus erklärten die Gemeinschaften für unmöglich. Die norwegische Fischerei brachte 1971 Fänge im Wert von 740 Mill. DM ein, wovon für 360 Mill. DM exportiert wurden; etwa 1 °/o der norwegischen Bevölkerung ist hauptberuflich in der Fischerei beschäftigt. 19/1: Fischereiminister Hoem erklärt seine Demission, da er die Übereinkunft zwischen EWG und Norwegen über Fischereiproblem in der gegenwärtigen Form nicht akzeptieren könne; die norwegischen Interessen seien über das Jahr 1983 hinaus nicht juristisch verbindlich gesichert. Auch der Landwirtschaftsverband und der Fischereiverband Norwegens lehnen die Vereinbarung ab.

21/1: Der Vorsitzende des Fischereiausschusses im Storfing, Magnus Anderson, wird neuer Fischereiminister. Er erklärt, nach seiner Ansicht seien die von der EWG gegebenen Zusicherungen für die Zeit nach 1983 durchaus akzeptabel.

22/1: In Brüssel unterzeichnen die Delegationen der 6 EWG-Mitgliedstaaten einerseits und der 4 Beitrittskandidaten andererseits die Vereinbarungen über den Beitritt per 1. Januar 1973 (Einzelheiten siehe unter „Europäische Gemeinschaften der Sechs"). Österreich 27— 29/1: Außenminister Kirchschläger berät bei einem Besuch in der Schweiz Probleme im Zusammenhang mit dem Neutralitätsstatus. Da Österreich wegen seiner geographischen Lage und der aus der Geschichte gewachsenen zahlreichen Beziehungen seiner Menschen zu Osteuropa in einem besonderen Verhältnis zu den Ostblockstaaten stehe, sei es in Sachen einer Europäischen Sicherheitskonferenz engagierter. Das Prinzip des Gewaltverzichts sei nur dann sinnvoll, wenn es auch materielle Folgen zeitige.

2/II: Außenminister Kirchschläger trifft in Zagreb den jugoslawischen Außenminister Mirko Tepavac. Behandelt werden insbesondere Fragen der slowenischen und kroatischen Minderheiten in Österreich. In Fragen betreffend eine Europäische Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit konstatieren beide eine Annäherung der Standpunkte. Tepavac begrüßt Anregungen des österreichischen Bundeskanzlers Kreisky über eine „konkretisierte Nachbarschaftspolitik", die er nicht als Idee der Schaffung einer neuen Gemeinschaft akzeptiert, sondern als Möglichkeit, auf der Basis bestehender Realitäten und natürlicher Gegebenheiten die Zusammenarbeit auf materiellem, politischem und kulturellem Gebiet zum Nutzen aller zu verstärken.

15/11: Der Nationalrat verabschiedet mit den Stimmen der SPÖ und der ÖVP einen Vertrag zur Regelung finanzieller und vermögensrechtlicher Fragen im Zusammenhang mit Enteignungen in Italien aufgrund des Hitler-Mussolini-Abkommens über Südtirol. — Die FPÖ verweigert ihre Zustimmung wegen des zu geringen Entschädigungssatzes seitens Italiens und der Weigerung der österreichischen Regierung, aus ihren Mitteln die Differenzen auszugleichen.

22/11— 2/III: Bundeskanzler Kreisky unternimmt eine Goodwill-Tour durch die Haupt-städte der EWG-Staaten und nach London. Bei seinen Gesprächen mit den leitenden Staatsmännern geht es um die Frage, wie auch jenen EFTA-Mitgliedern, die der EWG nicht beitreten können oder wollen, eine Verbindung zur EWG ermöglicht werden könne. Kreisky legt den österreichischen Standpunkt in der Integrationsfrage dar und weist mit Nachdruck darauf hin, daß die Agrarfrage für Österreich wirtschaftlich und politisch eminent wichtig sei. Er warnt davor, die durch die EFTA entstandenen Handelsströme durch ein Abkommen mit der EWG wieder versiegen zu lassen. Ähnliches gelte auch für den Osthandel.

21— 24/III: Bundespräsident Jonas weilt zu einem Staatsbesuch in Frankreich, in dessen Verlauf er mit dem französischen Staatspräsidenten Pompidou und mit, Ministerpräsident Chaban-Delmas zusammentrifft. Gleichzeitig finden Gespräche zwischen den Außenministern Kirchschläger und Schumann sowie zwischen Handelsminister Staribacher und Finanz-und Wirtschaftsminister Giscard d'Estaing statt, wobei Probleme im Zusammenhang mit den Integrationswünschen Österreichs sowie bilaterale Fragen, insbesondere zur Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen, auf der Tagesordnung stehen. Vor seinem Rückflug gibt Jonas eine Erklärung ab, in der er hervorhebt, daß Frankreich in vollem Umfang die europäische Aufgabe anerkenne, die der österreichischen Neutralität und der österreichischen Unabhängigkeit, aber auch der österreichischen'wirtschaftlichen Prosperität für für den Frieden, die Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa zukomme. Die französische Entschlossenheit, den Abschluß eines beide Seiten befriedigenden Vertrages mit den EG zu einem Zeitpunkt zu verwirklichen, daß er bis 1. Januar 1973 in Kraft treten könne, sei deutlich zum Ausdruck gekommen.

Polen 1/1: Öffnung der Grenzen für den Besucher-verkehr mit der DDR.

9/II: Die Verträge mit der UdSSR und Polen werden bei der ersten Lesung im Deutschen Bundesrat bedingt abgelehnt (Einzelheiten siehe DAS PARLAMENT Nr. 8/1972). 5— 10/11; Der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, Herbert Wehner, stattet Polen einen zweiten Besuch ab. Es kommt diesmal auch zu einem Gespräch mit dem polnischen Parteichef Gierek. Polen beklagt, daß die Wirtschaft der BRD längst nicht so aktiv in die von Polen gewünschte Zusammenarbeit einsteige, wie es z. B. die Wirtschaften Frankreichs und Italiens täten. Die polnische Führung beklagt ferner erneut die Tätigkeit von Radio Freies Europa von deutschem Boden aus, da dieser Sender sich in innere Angelegenheiten einmische. Gierek äußert den Wunsch nach einem Gespräch mit Brandt. Wehner trägt die deutschen Wünsche und Besorgnisse im Zusammenhang mit der sogenannten Familienzusammenführung vor.

12/11: Das polnische Fernsehen sendet ein Interview mit Wehner, in dem dieser zunächst moralische Aspekte des deutsch-polnischen Vertrages behandelt, sodann seiner Überzeugung Ausdruck gibt, die Ostverträge würden trotz des für osteuropäische Beobachter enttäuschenden Gangs des Ratifizierungsprozesses eine ausreichende Mehrheit im Bundestag finden, und schließlich sagt, daß er für die vom Osten so dringend gewünschte Konferenz über die europäische Sicherheit und Zusammenarbeit sei und nicht verstehen könne, warum die Vorverhandlungen nach Maßgabe der finnischen Initiative noch nicht begonnen hätten.

23— 25/11: Die Erste Lesung der Ostverträge im Deutschen Bundestag (Einzelheiten siehe unter „BRD“). 6— 8/III: Offizieller Besuch des schwedischen Außenministers Wickman in Polen (Einzelheiten siehe unter „Schweden"). 7/III: Das Warschauer Blatt Zycie Warszawy bezeichnet die Ratifizierung der Verträge von Warschau und Moskau als einzig mögliche Basis für eine Normalisierung der Beziehungen zwischen der BRD und den sozialistischen Staaten. Rumänien 22/11: Bilaterales Abkommen über friedliche Nutzung der Kernenergie mit Polen; kein Beitritt zu „Interatominstrument" (Einzelheiten siehe unter „Ostblock“).

24— 26/11: Besuch einer ungarischen Partei-und Regierungsdelegation zur Unterzeichnung eines neuen Vertrages über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand und Formulierung der gegenseitigen Grundsatzpositionen (Einzelheiten siehe unter „Ungarn“). 17/III: Die SR Rumänien und die Republik Botswana beschließen die Aufnahme diplomatischer Beziehungen auf Botschafterebene.

Schweden 8— 11/II: Außenminister Wickman stattet der UdSSR einen offiziellen Besuch ab. In den Gesprächen mit der sowjetischen Führung betont diese die Bedeutung der schwedischen Neutralität für Frieden und Sicherheit in Europa. Man begrüßt den Beginn des Ratifizierungsprozesses der Verträge zwischen BRD und UdSSR bzw. Polen und hofft auf deren positive Wirkung sowie die des Viermächte-Berlinabkommens und die Aufnahme beider deutscher Staaten in die UN. Beide Seiten wollen entscheidende Schritte für die Vorbereitung der Europäischen Sicherheitskonferenz unternehmen, an der auch die USA und Kanada teilnehmen sollen. Ähnlich wolle man für eine vollständige Abrüstung unter internationaler Kontrolle sowie für Teilabkommen auf diesem Gebiet eintreten. Beide unterstützten die Jarring-Mission im Nahen Osten. Man trat für die Zusammenarbeit aller Staaten bei der Regelung von Umweltproblemen ein und für intensive Gespräche der Ostseeanrainer, um die Verunreinigung der Ostsee zu verhindern und ihren Fischreichtum zu erhalten.

6— 8/III: Außenminister Wickman stattet der VR Polen einen offiziellen Besuch ab, bei dem er vor allem Gespräche mit dem polnischen Außenminister Olzowski führt. In einem gemeinsamen Kommunique äußern sich beide Minister befriedigt über die positive Entwicklung der Beziehungen zwischen den Staaten Europas, die durch die Verträge von Moskau und Warschau und das Viermächteabkommen vom 3. September 1971 gekennzeichnet sei. Beide Seiten sprechen sich für die Einberufung einer europäischen Sicherheitskonferenz, den Rüstungsabbau, die Stärkung der UN und die baldige Aufnahme der beiden deutschen Staaten in die Weltorganisation aus. In einer Pressekonferenz fügt Wickman hinzu, Schweden werde die DDR diplomatisch anerkennen, sobald sie Mitglied der UN sei. Hinsichtlich der von Schweden initiierten Umweltschutz-konferenz würde der schwedische Außenminister es begrüßen, wenn alle betroffenen Länder, einschließlich der DDR, daran teilnehmen könnten.

Schweiz 17— 29/1: Besuch des österreichischen Außenministers (Einzelheiten siehe unter „Österreich“). 28/1: Die Kommission für Konjunkturfragen schätzt, daß das Bruttosozialprodukt 1971 erstmalig mit 100, 6 Mrd. sFR die 100-Mrd. -Grenze überschritten hat, nachdem es 1970 rund 89 Mrd. sFR erreichte. Das bedeutet pro Kopf der Bevölkerung für 1971 rund 15 900 sFR Bruttosozialprodukt oder einen Realzuwachs gegenüber 1970 von etwa 3, 6 °/o.

21— 23/11: Bundesrat Pierre Graber, der Vorsteher des politischen Departements (Außenminister), weilt anläßlich der Eröffnung eines neuen Schweizer Botschaftsgebäudes zu einem offiziellen Besuch in London. Er erörtert mit seinem britischen Amtskollegen Sir Alec Douglas-Home die künftige Entwicklung Westeuropas nach der Erweiterung der Europäischen Gemeinschaften. Weitere Gesprächsthemen waren die Aussichten auf eine Europäische Sicherheitskonferenz, internationale Fragen, das Verhältnis der Schweiz zur EWG sowie eine mögliche europäische Wirtschaftsund Währungsunion. Graber erklärt am 23. Februar, daß er eine weitgehende Übereinstimmung der Ansichten im Hinblick auf die Zukunft Europas festgestellt habe. Großbritannien habe Verständnis für die schweizerische Position bei den Verhandlungen in Brüssel, und er sei überzeugt, daß die fruchtbare Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Großbritannien in der EFTA sich auch in der EWG fortsetzen werde. Beide Staaten wünschten, daß der in der EFTA erzielte Freihandel voll in die neue Gemeinschaft übernommen werde. Bei dieser Pressekonferenz antwortete er auf die Frage, ob die Schweiz beabsichtige, demnächst die DDR anzuerkennen, von „demnächst" könne keine Rede sein. Allerdings versuche die Schweiz schon seit einigen Jahren, die Beziehungen zur DDR allmählich in Phasen zu normalisieren. Die erste Phase solle im Rahmen der Handelsbeziehungen erfolgen.

8— 16/III: Der Nationalrat nimmt am 8. März das Bundesgesetz über Kriegsmaterial an. In der Debatte kommt der Nationalrat zu dem Ergebnis, daß ein Waffenexport unerläßlich ist, wenn die Rüstungsindustrie erhalten bleiben soll, denn nur so könne sie rationell produzieren, was von Anhängern eines absoluten Waffenausfuhrverbots bestritten wird. Die im Gesetzentwurf vorgesehene Kontrolle sei ausreichend. — Der Nationalrat genehmigt am 16. März zwei Bundesbeschlüsse über die Mitwirkung der Schweiz an der Europäischen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der wissenschaftlichen und technischen Forschung. Vereinbarungen mit anderen europäischen Ländern und den EG können abgeschlossen und finanzielle Verpflichtungen bis zur Höhe der hierfür bewilligten Kredite eingegangen werden. — Der Ständerat genehmigt am 16. März eine Vorlage zur Weiterführung der technischen Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern, die für den Zeitraum vom 1. Juli 1972 bis zum 31. Dezember 1974 einen neuen Rahmenkredit von 275 Mill. Fr. vorsieht. — Der Ständerat nimmt zustimmend vom 2. Bericht des Bundesrates über das Verhältnis der Schweiz zur UN Kenntnis, der zu dem Schluß kommt, daß ein Beitritt der Schweiz in absehbarer Zeit erfolgen sollte. Die Nichtmitgliedschaft der Schweiz berge die Gefahr einer Isolierung in sich und sei auch mit dem Grundsatz der Universalität der Außenpolitik der Schweiz nicht mehr in Einklang zu bringen.

l/III: UN-Generalsekretär Waldheim stattet der Schweiz einen Besuch ab (Einzelheiten siehe unter „UNO").

2/III: Das Eidgenössische Statistische Amt gibt bekannt, daß die Schweiz am 1. Dezember 1970 6 270 000 Einwohner zählte, davon 5 190 000 Schweizer und 1 080 000 Ausländer.

Sowjetunion 17/1: Die Moskauer Prawda verurteilt Absichten der USA, von Zeit zu Zeit ihre Kriegsschiffe im Indischen Ozean operieren zu lassen, als Versuch, die aggressive Politik des US-Imperialismus zu verwirklichen und sich in die inneren und äußeren Angelegenheiten jener Staaten einzumischen, deren Politik den Interessen der USA zuwiderlaufe. Die amerikanische Marinepräsenz in dieser neuen Zone der strategischen Rivalität solle den groben Druck auf jene Staaten Südasiens verstärken, die an einer neutralen Haltung festhielten und nicht die Absicht hätten, ihre nationale Unabhängigkeit den selbstsüchtigen Interessen der amerikanischen Aggressoren zu opfern. Die amerikanische Machtdemonstration richte sich aber auch gegen die Länder des Nahen Ostens, die über reichhaltige Erdölvorkommen verfügten. 23— 28/1: Außenminister Gromyko weilt zu einem Konsultativtreffen in Japan. Es wird erstmalig nach dem 2. Weltkrieg beiderseits der ausdrückliche Wunsch ausgesprochen, endlich Gespräche über die Frage des Abschlusses eines Friedensvertrages aufzunehmen. Die japanische Seite erklärt, es werde kein Friedensvertrag unterzeichnet, wenn nicht zuvor die UdSSR die von ihr besetzten Kurilen-Inseln zurückgegeben habe. Beide Seiten sprechen sich für eine Intensivierung der Beziehungen auf allen Gebieten aus, wollen Verhandlungen über ein Abkommen betreffend wissenschaftliche und technische Zusammenarbeit aufnehmen und verweisen auf die Wichtigkeit von Vereinbarungen über Fischereifragen. Man ist sich darüber einig, die Bedeutung der UNO zu steigern, für die allgemeine und vollständige Abrüstung auf allen Seiten einzutreten, und zwar unter wirksamer internationaler Kontrolle, und bestätigt die Absicht, mindestens einmal jährlich Konsultationstreffen auf Außenministerebene zu veranstalten.

31/1: die CSU legt einen eigenen Entwurf zu einem Gewaltverzichtsvertrag vor (Einzelheiten siehe unter „BRD").

4— 5/II: Eröffnung der Fluglinie Moskau— Frankfurt/Main durch die Aeroflot bzw. Frankfurt/Main—Moskau durch die Lufthansa gemäß Verkehrsabkommen vom November 1971. 8— 11/II: Besuch des schwedischen Außenministers (Einzelheiten siehe unter „Schweden"). 9/II: Die Verträge mit der UdSSR und Polen werden bei der ersten Lesung im Deutschen Bundesrat bedingt abgelehnt (Einzelheiten siehe DAS PARLAMENT Nr. 8/1972).

9/II: US-Präsident Nixon formuliert in seiner außenpolitischen Botschaft an den US-Kongreß die Grundsätze seiner Politik gegenüber Europa im Verhältnis der USA zur UdSSR (Einzelheiten siehe unter „Vereinigte Staaten“).

10— 17/11: Besuch einer irakischen Partei-und Regierungsdelegation (Einzelheiten siehe unter „Irak“).

11/11: Die Sowjetregierung lehnt in einer Erklärung den 8-Punkte-Plan des amerikanischen Präsidenten Nixon zur Lösung des Indochina-problems vom 25. Januar (siehe unter „Vereinigte Staaten“) ab und erklärt: „Eine Annahme des , 8-Punkte-Plans’ würde in Wirklichkeit bedeuten, daß die patriotischen Kräfte Vietnams die Waffen strecken und völlig kapitulieren müßten." Der Friede könne nur durch die Annahme des 7-Punkte-Plans der Provisorischen Revolutionsregierung Südvietnams und des nordvietnamesischen 9-Punkte-Plans durch die USA gesichert werden.

12— 18/11: Besuch von BRD-Verkehrsminister Leber zur Beratung von Luftverkehrsfragen (Einzelheiten siehe unter „BRD“). 19/II: Abkommen mit der DDR über gegenseitige Anerkennung von Hochschuldiplomen (Einzelheiten siehe unter „DDR“).

18— 21/11: Verteidigungsminister Gretschko besucht die AR Ägypten, wo er insbesondere nach entsprechenden Inspektionen seine Zufriedenheit über den Stand der militärischen Ausbildung zum Ausdruck bringt. Man tauschte Meinungen über die weitere Stärkung und Ausweitung der militärischen Zusammenarbeit zur Erhöhung der ägyptischen Militärkapazität aus.

20/11: Die Moskauer Prawda veröffentlicht einen offiziösen Kommentar zum deutsch-sowjetischen Vertrag, in dem erklärt wird, Diskussionen in der BRD über die Textübereinstimmung des sowjetischen und des deutschen Textes des deutsch-sowjetischen Vertrages seien unsinnig, da beide Texte in allen Punkten absolut identisch seien.

23— 25/11: Erste Lesung der Ostverträge im Deutschen Bundestag (Einzelheiten siehe unter „BRD“).

28/11: Der Oberste Sowjet veröffentlicht einen Erlaß zur Modifizierung der Dienstanweisungen für Grenztruppen. Danach dürfen nunmehr Personen, die ohne besonderen Ausweis das Grenzgebiet betreten, von den Grenzbehörden bis zu 10 Tagen in Haft genommen werden; ferner sind die Behörden jetzt Verpflichtet, Grenzverletzer den zuständigen Organen zu übergeben. Bisher war weder eine so lange Inhaftierung zulässig noch wurde eine so vage Formel wie „zuständige Behörden" verwendet; die Grenzbehörden hatten verdächtige Personen sofort der Polizei zu übergeben.

4/III: In einem Kommentar zum bisherigen Verlauf der Ratifizierungsdebatte zu den Ost-verträgen im Deutschen Bundestag warnt die Moskauer Prawda die CDU/CSU vor nicht wiedergutzumachendem Schaden, wenn die Außenpolitik der BRD von den Ideen des Nationalismus, der Revanche und des Kalten Krieges beherrscht würde. Die Einstellung zu den Ostverträgen sei der Prüfstein für die Ziele und Absichten der politischen Parteien in der BRD bezüglich der vordringlichen Probleme der Zukunft Europas.

20/III: Auf dem 15. Gewerkschaftskongreß äußert sich der Generalsekretär des ZK der KPdSU Breshnew über den deutsch-sowjetischen Vertrag. Er betont, daß die Ratifizierung des Vertrages „zu einem qualitativ neuen, wesentlich fruchtbareren Stadium in der Entwicklung der sowjetisch-westdeutschen Beziehungen auf den verschiedensten Gebieten führen" werde. Den Vertragsgegnern, denen die Verträge zwischen Moskau und Bonn bzw. zwischen Warschau und Bonn nicht gefielen, weil in ihnen die Unverletzlichkeit der Grenzen in Europa fixiert werde, macht er deutlich, „daß für Verhandlungen über eine Revision der Grenzen die Vertragsgegner keine Gesprächspartner haben, noch haben werden". Die Grenzen der sozialistischen Länder seien unerschütterlich, und die Verträge spiegelten ledig-die bestehende Realität. Das Bestreben, die Souveränität der DDR schwächen zu wollen, bezeichnet Breshnew als Rückkehr zum gestrigen Tag Er hebt hervor, daß die BRD vor einer verantwortungsvollen Wahl stehe, der „Wahl zwischen der Politik des Friedens und der Politik des Krieges". Die UdSSR ihrerseits gehe aufrichtig an die Verbesserung der Beziehungen zur BRD trotz der Schrecknisse und Leiden des letzten Krieges, die kein unüberwindliches Hindernis für die Entwicklung der Beziehungen zu Westdeutschland sein dürften. Die Sowjetunion berücksichtige „auch die Tatsache, daß die Mehrzahl der westeuropäischen Bevölkerung für eine Verbesserung der Beziehungen mit der Sowjetunion und den anderen sozialistischen Ländern" sei. Die Sowjetunion beabsichtigte mit ihrem Vorschlag einer europäischen Sicherheitskonferenz keine Schwächung der EWG. Sie ignoriere nicht „die Realität der in Westeuropa entstandenen Lage, darunter auch die Existenz einer solchen wirtschaftlichen Gruppierung der kapitalistischen Länder wie der Gemeinsame Markt". Die Beziehungen der UdSSR zu den Mitgliedstaaten der EWG werde davon abhängen, inwieweit sie ihrerseits die im sozialistischen Teil Europas entstandenen Realitäten anerkennen. — Zum Besuch Nixons in China meint Breshnew, die Aufnahme von Kontakten zwischen Staaten und die Normalisierung der Beziehungen zwischen ihnen Sei eine natürliche Erscheinung. Mit abschließenden Bewertungen wolle man sich nicht beeilen, weil die Tatsachen das entscheidende Wort über die Bedeutung der Pekinger Verhandlungen und die nachfolgenden Handlungen der USA und der VR China sprechen würden. Dem bevorstehenden Besuch von US-Präsident Nixon in Moskau räumt Breshnew einen wichtigen Platz ein im Rahmen der Kontakte, die die Sowjetunion zur Entwicklung nützlicher Beziehungen auch mit Staaten des entgegengesetzten Gesellschaftssystems unternehme. Man sei sich der Bedeutung der Beziehungen zwischen der UdSSR und den USA, deren Verbesserung möglich und wünschenswert sei, für die internationale Situation bewußt.

Tschechoslowakei 15/1: Im Reiseverkehr mit der DDR entfallen Paß-und Visapflicht; es genügt der Personalausweis. 17— 18/11: Das ZK der KPC behandelt Wirtschafts-und Kaderfragen. Generalsekretär Dr.

Husak stellt zu Wirtschaftsfragen den Rechenschaftsbericht des ZK insbesondere auf die Förderung der Effektivität ab und nähert sich in seiner Argumentation nach Ansicht von Beobachtern erheblich den wirtschaftspolitischen Grundüberlegungen der Reformpolitiker in der Dubcek-Ära. Besonders bedeutsam erscheint seine Forderung, zur Lösung der neuen Probleme Angehörige der Intelligenz in größerem Ausmaße heranzuziehen; zwar hätten sich ein Teil ihrer Vertreter des Rechtsopportunismus schuldig gemacht, doch dürfe der Kampf gegen die Überreste dieses Rechtsopportunismus nicht zu einer Unterschätzung der Rolle derIntelligenz und zu einer sektiererischen Einstellung ihr gegenüber führen. Es wäre eine bloße Phrase, von wissenschaftlicher und technischer Entwicklung zu sprechen, ohne gleichzeitig mit der breiten Mehrheit der wissenschaftlichen und technischen Intelligenz zusammenzuarbeiten. — Gleichzeitig veröffentlicht das Politbüro der KP Frankreichs ein Kommunique KPF-Delegation über einer mit Husak; darin habe dieser erklärt, in der SSR gäbe es im Zusammenhang mit den Ereignissen von 1968 weder politische noch Schauprozesse; stattfindende Prozesse beträfen ausschließlich die Verteidigung des Sozialismus und richteten sich gegen Verletzungen der tschechoslowakischen Gesetze.

2/III: Der tschechoslowakische Ministerrat verabschiedet einen Regierungsbeschluß, durch den festgelegt wird, was im politischen, militärischen und wirtschaftlichen Bereich als Staatsgeheimnis zu gelten hat. Es dürfen danach in Zukunft u. a. nicht mehr publizistisch behandelt werden: innenpolitische Konferenzen, internationale Verhandlungen und Verträge, wenn deren Geheimhaltung von den Partnern beschlossen wurde, Maßnahmen, die mit der Landesverteidigung in Zusammenhang stehen, Wirtschaftspläne, Staatshaushalt.

Ungarn 2— 3/II: Eine Partei-und Regierungsdelegation der DDR bzw.der SED unter Erich Honecker weilt zu einem Freundschaftsbesuch in Budapest. Man will den Warenaustausch in den nächsten 5 Jahren verdoppeln und begrüßt die Zusammenarbeit auf den Gebieten Maschinenbau und Elektronik. Man vereinbart eine langfristige wissenschaftliche und kulturelle Zusammenarbeit und die Entwicklung des gegenseitigen Besuchsverkehrs, auch der Bevölkerung. In politischer Hinsicht ist man sich in allen europäischen Fragen einig, fordert völkerrechtliche Beziehungen zwischen DDR und BRD, die gleichzeitige und gleichberechtigte Aufnahme von BRD und DDR in die UN und befürwortet die „gerechten Förderungen" der SSR in deren Normalisierungsverhandlungen mit der BRD, insbesondere was die Anerkennung der Ungültigkeit des Münchener Abkommens von Anfang an durch die BRD betrifft.

24— 26/11: Eine Partei-und Regierungsdelegation unter Janos Kadar stattet Rumänien einen Besuch ab; bei dieser Gelegenheit wird ein neuer Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand unterzeichnet, der in seinen außenpolitischen Formulierungen weitgehend den Vorstellungen Rumäniens zu entsprechen scheint. Damit hat Rumänien nunmehr mit allen Staaten des War-schauer Paktes mit Ausnahme der DDR solche Verträge abgeschlossen. In den aus Anlaß dieser Unterzeichnung gewechselten Reden betont die rumänische Seite insbesondere ihre Forderung nach Beachtung der Individualität sowie nationalen Unabhängigkeit und Souveränität eines jeden Volkes, während die ungarische Seite insbesondere zur Intensivierung der Zusammenarbeit auf allen Ebenen innerhalb des sozialistischen Lagers auffordert und indirekt kritisiert, daß Rumänien offensichtlich stärkeres Interesse an Beziehungen mit kapitalistischen Ländern als mit sozialistischen habe.

Vatikan 6/III: Der Vatikan gibt die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Algerien auf Botschafterebene bekannt.

22/III: Der Vatikan und Tunesien beschließen die Aufnahme von diplomatischen Beziehungen auf Botschafterebene.

29/III: Das Statistische Zentralamt der Kirche beim päpstlichen Staatssekretariat veröffentlicht die Ergebnisse der von ihm in den letzten Jahren durchgeführten Erhebungen. Danach gab es am 31. Dezember 1969 insgesamt 633 Mill, getaufte Katholiken = ca. 18% der Weltbevölkerung; ca. 1, 5 Mill. Menschen waren in der Seelsorge beschäftigt. Von 1964 bis 1969 sind 13 440 Priester aus ihrem Beruf ausgeschieden.

Nahost

Thema Bevölkerung Brutto-Nationalprodukt Import Export Getreideproduktion Fleisch (1969) Milchprodukte (1969) Energie Stahl Fahrzeuge Eisenbahn Schiffahrt (1970) Maßeinheit 1 000 1 000 Mill. $Welt in •/• Welt in •/1 000 t 0 1968-70 1 000 t 1 000 t Gigawatt/h 1 000 t 1 000 Passagier/km in Mill.

1 000 BRT sechs 189 787 485, 2 30, 3 31, 8 69 161 11 669 75 834 580 393 109 191 8 029 120 711 28 656 zehn 257 242 637, 4 41, 0 41, 2 91 187 16216 98 924 909 165 138 943 9 670 155 748 77 317 USA 205 395 939, 3 13, A

Unter Nahost werden hier alle Vorgänge im geographischen Bereich östlich des Mittelmeers und westlich Ostpakistans verstanden sowie jene Vorgänge in den nordafrikanischen arabischen Staaten, die unmittelbar mit dem Nahost-Konflikt tu tun haben. Im übrigen gilt die unter „Europa" genannte alphabetische Reihenfolge (Ägypten /Bahrain /Irak /Iran /Israel /Jordanien /Oman /Oatar /Türkei I Yemen-DVR).

Arabische Liga (siehe unter „Internationale Organisationen") Ägypten 13/1: In einer Rundfunk-und Fernsehansprache erklärt der ägyptische Präsident Sadat, daß nur der indisch-pakistanische Krieg Ende 1971 den Ausbruch eines neuen Nahost-Krieges verhindert habe. Die internationalen Auswirkungen und die Ablenkung der Weltöffentlichkeit durch den indisch-pakistanischen Krieg seien die Ursachen gewesen, daß er in letzter Minute den Befehl zum Beginn des Kampfes mit Israel wieder rückgängig gemacht habe.

17 I: Die seit einigen Tagen laufende Regierungsumbildung in Ägypten ist abgeschlossen. Wichtigste Änderungen im Kabinett sind die Ablösung Von Ministerpräsident Fausi durch den bisherigen Industrieminister Sidki und des früheren Außenministers Riad durch Ghaleb, der bisher Staatsminister im Außenministerium war.

20 1: Der vorläufige Verzicht Sadats auf eine militärische Konfrontation mit Israel führt zu Protesten und ersten Unruhen der Kairoer Studenten, die eine militärische Lösung als einziges Mittel zur Befreiung der von Israel besetzten Gebiete bezeichnen.

21/1: Die Proteste der Kairoer Studenten werden radikaler. Die Universität wird von mehreren Tausend Studenten besetzt gehalten, die ein Gespräch mit Staatschef Sadat fordern.

25/1: Nach anfanglicher Weigerung erklärt sich Sadat bereit, mit Vertretern der Studenten zu sprechen. Während ägyptische Polizei immer noch in Straßenschlachten mit den Studenten verwickelt ist, hat Sadat Professoren und Studenten, Richter, Gewerkschaftler sowie zahlreiche Vertreter des öffentlichen Lebens in den Abdin-Palast in Kairo zu einer Konferenz geladen, um seinen Gästen ein Bild über die innenpolitische Situation Ägyptens zu geben und Fragen zu beantworten. Sadat betont erneut, daß die Entscheidung für einen Krieg mit Israel bereits gefallen sei, nur der Termin stehe noch nicht fest.

2— 4 II: Präsident Sadat stattet der UdSSR einen offiziellen Besuch ab, in dessen Verlauf er mit der sowjetischen Führung Probleme der bilateralen Beziehungen und des Nahostkonflikts behandelt. Die von den USA unterstützte imperialistisch-zionistische Politik Israels ziele auf den Sturz der fortschrittlichen arabischen Regierungen hin; es sei nötig, daß die Jarring-Mission wiederaufgegriffen und zu einem erfolgreichen Abschluß geführt werde; man vereinbart Hilfen an Ägypten u. a. zur Stärkung des ägyptischen Militärpotentials. Al-Ahram weist in einem Kommentar darauf hin, daß Ägypten sich in der Frage des unausweichlichen Krieges mit Israel von der UdSSR im Stich gelassen fühle. Nach Presseberichten aus London soll Sadat sowjetische Wünsche nach Überlassung von 2 Marinestützpunkten abschlägig beantwortet haben, weshalb die UdSSR ihrerseits wesentliche Teile der ägyptischen Wünsche betreffend Waffenlieferungen nicht erfüllt habe.

18— 21/11: Besuch des sowjetischen Verteidigungsministers (Einzelheiten siehe unter „Sowjetunion"). 13. /III: Das Parlament der Föderation Arabischer Republiken (Ägypten, Syrien und Libyen) tritt in Kairo zu seiner ersten Sitzung zusammen. Die Präsidenten der zusammengeschlossenen Länder legen ihren Amtseid als Mitglieder des Präsidentschaftsrates ab. 14/111: Ägypten will in Kürze mit der Aufnahme von Kontakten zur Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen mit der BRD beginnen. Diesem Beschluß gingen zweitägige Beratungen der Arabischen Liga am 11. und 12. März in Kairo voraus, die jedem arabischen Land die Gestaltung seiner Beziehungen zu Bonn freistellten.

27/III: Gespräche von Mahmud Riad in der VR China (siehe unter „VR China").

Bahrain 6/1: Aus einer Erklärung des US-Außenministeriums geht hervor, daß das am 23. Dezember 1971 zwischen den Bahrain und den USA abgeschlossene Regierungsabkommen über die Errichtung einer US-Marinebasis auf den Bahrain keinerlei direkte oder indirekte militärische Verpflichtungen der USA gegenüber den Bahrain oder anderen Ländern der Region enthält.

Irak 26/XII/71— 3/1/72: Der Irak weist über 600 000 zum Teil seit Jahrzehnten in den Städten Baghdad, Basra, Khanaquin und Karbala lebende Iraner unter Zurücklassung ihres Eigentums aus. Diese Maßnahme steht im Zusammenhang mit den seit Ende November 1971 andauernden Auseinandersetzungen zwischen dem Iran und dem Irak, die durch die Besetzung der Inseln Abu Mussa, Greater Tumb und Lesser Tumb in der Straße von Hormuz im Persischen Golf (die nach Ablauf der Protektoratsverträge mit Großbritannien zum Herrschaftsbereich der Emirate am Persischen Golf gehören sollten) durch iranische Truppen ausgelöst wurden und im Dezember 1971 zum Abbruch der diplomatischen Beziehungen zum Iran durch den Irak führten. 10— 17/11: Delegationen der Baath-Partei und der Regierung besuchten die UdSSR zu Gesprächen mit der militärischen und politischen Spitze. Beide Seiten informieren sich über die Grundsätze ihrer Innen-und Außenpolitik. Der Irak betont'insbesondere seine Absicht zu einer „friedlichen und demokratischen Lösung des Kurdenproblems", zur Beibehaltung seiner antiimperialistischen Außenpolitik und nationalen Erdölpolitik; die UdSSR bekräftigt dafür ihre Unterstützung. In allen übrigen außen-politischen Fragen, insbesondere in der Nahostfrage, konstatiert man Übereinstimmung.

Iran 26/XII— 3/1: über 600 000 zum Teil seit Jahrzehnten im Irak lebende Iraner werden unter Zurücklassung ihres Eigentums aus dem Irak ausgewiesen (Näheres siehe unter „Irak").

15/1: Der Schah warnt die Weltmächte vor Versuchen, das nach dem Abzug Großbritanniens vom Persischen Golf dort entstehende scheinbare Machtvakuum zum Aufbau militärischer Präsenzen zu nutzen. Man wolle weder Großbritannien noch die USA noch die Sowjetunion noch China am Golf sehen. Insbesondere die USA müßten erkennen, daß sie die Rolle des Weltpolizisten nicht länger spielen könnten. Sie sollten lernen, die Verteidigung der jeweiligen Region den Ländern zu überlassen, die dazu imstande sind. Der Iran habe keine imperialistischen Gelüste, könne aber in seiner Region durchaus eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung von Sicherheit und Stabilität spielen und anderen Ländern einiges an technischer Hilfe leisten. Die arabischen Staaten sollten nicht versuchen, sich am Persischen Golf für die „Frustrationen" ihrer Auseinandersetzung mit Israel zu entschädigen.

5— 8/III: Offizieller Besuch des deutschen Bundeskanzlers Brandt im Iran (Einzelheiten siehe unter „BRD").

Israel 15/11: Mil Frankreich wird ein Abkommen über den Rückkauf von 50 Mirage-Düsenjagdbombern durch Frankreich abgeschlossen, die Israel bereits bezahlt hatte, deren Auslieferung aber der ehemalige Präsident de Gaulle wegen des Nahostkrieges Juni 1967 untersagt hatte. Israels Zustimmung zum Rückkauf basiert auf der Tatsache, daß Israel heute dank der Spionageaffäre Frauenknecht, Schweiz, imstande ist, die Mirage selbst herzustellen.

Jordanien 15/III: König Hussein gibt in Amman vor rund 500 hohen Beamten seiner Regierung, Vertretern des von Israel besetzten Westjordaniens und der internationalen Presse folgenden 12 Punkte umfassenden Plan zur Schaffung eines Vereinigten Arabischen Königreiches bekannt:

„ 1. Das haschemitische Königreich von Jordanien wird in ein Vereinigtes Arabisches Königreich umgewandelt und so benannt werden. 2. Das Vereinigte Arabische Königreich wird aus 2 Regionen bestehen: A. Der Region von Palästina bestehend aus dem Westufer des Jordan und anderen zu befreienden palästinensischen Gebieten, deren Bevölkerung sich dem Königreich anschließen möchte. B. Der Region von Jordanien mit dem Ostufer des Jordan. 3. Amman wird die zentrale Hauptstadt des Königreiches und gleichzeitig die Hauptstadt der Region Jordanien. 4. Jerusalem wird die Hauptstadt der Region Palästina. 5. Der König wird Staatsoberhaupt sein und — unterstützt durch einen zentralen Ministerrat — die zentrale exekutive Autorität besitzen. Die zentrale legislative Autorität wird beim König und bei der Nationalversammlung liegen, deren Mitglieder in direkter und geheimer Wahl ermittelt werden. Sie wird aus einer gleichen Anzahl von Mitgliedern aus beiden Regionen bestehen. 6. Die zentrale Justizgewalt wird bei einem . Obersten Zentralen Gerichtshof liegen. 7. Das Königreich wird eine einzige Armee haben und Oberbefehlshaber wird der König sein. 8. Die Verantwortlichen der Zentralen Exekutivgewalt werden beschränkt sein auf Angelegenheiten betreffend das Königreich als ein souveränes internationales Wesen, auf den Schutz der Sicherheit der Union, ihrer Stabilität und Entwicklung. 9. Die Exekutivgewalt in jeder Region wird bei einem Generalgouverneur der Region und bei einem Regionalen Ministerrat liegen. 10. Die Legislativgewalt in jeder Region wird bei einem Volksrat’ liegen, welcher durch direkte geheime Wahl ermittelt wird. Dieser Rat wird den Generalgouverneur wählen. 11. Die Judikative in jeder Region wird bei den Gerichtshöfen der Region liegen, und niemand wird über irgendwelche Macht über sie verfügen. 12. Die Exekutivgewalt in jeder Region wird für alle ihre Angelegenheiten verantwortlich sein, ausgenommen solche Angelegenheiten, die verfassungsgemäß in den Verantwortungsbereich der Zentralen Exekutivgewalt fallen."

Dieser Plan wurde von Israel am 16. März, von den Organisationen der Palästinenser am 17. März und vom Präsidentschaftsrat der Föderation Arabischer Republiken abgelehnt; Ägypten brach am 6. April die diplomatischen Beziehungen zu Jordanien ab.

Oman 2/1: Der Sultan von Oman, Said Qabus bin Said, übernimmt von seinem angeblich aus Gesundheitsgründen zurücktretenden Onkel Said Tariq bin Taimur das Amt des Ministerpräsidenten. Said Tariq war für die Einführung einer parlamentarischen Demokratie eingetreten, die die Rechte des Sultans eingeschränkt hätte, und machte keinen Hehl aus seiner Ablehnung der Regierungsmethoden seines Neffen, des derzeitigen Sultans. Er galt zudem als Befürworter der arabischen Bewegung und als Gegner des Einflusses britischer Ratgeber auf die Angelegenheiten des Landes. Da Sultan Said Qabus am 2. Januar die Ressorts Justiz und Inneres (Sultan Ben Hammoud) sowie die Posten der Delegierten bei der Arabischen Liga (Scheich Saoud bin Ali al-Khalili) und bei der UN (Abdallah al-Tai) neu besetzte, scheint dem Emirat Oman erneut eine antidemokratische, dynastische Regierung bevorzustehen, die sich weniger der Gemeinschaft der Arabischen Liga als des Schutzes der ehemaligen Kolonialmächte zur Sicherung ihrer Macht bedient.

Qatar 22/11: Kronprinz und Ministerpräsident Scheich Khalifa ben Hamad ath-Thani setzt seinen Vetter Emir Scheich Ahmed ben Ali ath-Thani, der sich zur Jagd im Iran aufhielt, ab und übernimmt selbst die Regierung. Der neue Herrscher erklärt, er habe die Macht im Interesse des Landes und mit Zustimmung der regierenden Familie ath-Thani übernommen. Er ordnet an: 1. Erhöhung des Soldes aller Offiziere und Soldaten um 20 %; 2. die Erlassung der Restschulden von Staatskrediten für den Erwerb von Sozialwohnungen; 3. Erhöhung der Gehälter von Funktionären und Staatsangestellten um 20 %. Am 24. Februar gibt Scheich Khalifa ben Hamad die Absetzung des britischen Kommandanten von Polizei und Armee mit der Begründung bekannt, diese Organisationen würden arabisiert.

Türkei 19— 22/11: Premier Erim stattet seinen ersten offiziellen Auslandsbesuch Frankreich ab. In seinen Gesprächen mit Präsident Pompidou, Premier Chaban-Dalmas, Außenminister Schumann und Verteidigungsminister Debre werden die Erweiterung der Europäischen Gemeinschaften, die insbesondere von der Sowjetunion gewünschte Europäische Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit und Probleme der bilateralen Beziehungen behandelt. Hierbei geht es einmal um Möglichkeiten einer Lösung der Zypern-Krise und zum anderen um eine intensivere Beteiligung der französischen Industrie an türkischen Entwicklungsprojekten, insbesondere auf dem Verkehrssektor. Man will den Austausch von Wissenschaftlern und den Tourimus intensivieren. Es wird ein Abkommen über die Sozialversicherung für türkische Gastarbeiter in Frankreich unterzeichnet. In Frankreich lebende Kurden und Armenier demonstrieren für die Gewährung der Gruppenautonomie in der Türkei. 18— 22/111: Während einer USA-Reise trifft Ministerpräsident Erim am 20. in New York mit UN-Generalsekretär Waldheim zusammen und wird am 21. von US-Präsident Nixon zu einem Gespräch empfangen. In einem gemeinsamen Kommunique über dieses Gespräch heißt es, die USA hätten sich zum Prinzip der Nichteinmischung, direkt oder indirekt, in die inneren Angelegenheiten der Türkei bekannt. Nixon habe die Hilfe der USA für eine Modernisierung der türkischen Streitkräfte und die Verteidigungsbemühungen zugesagt. Einen breiten Raum hätten die Gespräche über die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Türkei eingenommen. Die USA seien weiterhin bereit, die Türkei finanziell zu unterstützen, um das erklärte Ziel eines entsprechenden wirtschaftlichen Wachstums zu erreichen (nach UPI wurde das Hilfsprogramm der USA für die Türkei von Präsident Nixon auf insgesamt 115 Mill. $erhöht. Davon entfallen 60 Mill. $auf die Militärhilfe und 55 Mill. $auf die Wirtschaftshilfe). Beide Seiten hätten sich für eine gerechte Lösung des Zypern-Problems ausgesprochen, die nur durch Verhandlungen erreicht werden könne.

Yemen (DVR)

8/II: Zum 3. Jahrestag des sowjetisch-yemenitischen Wirtschaftsabkommens wird in Aden bekanntgegeben, daß die jährliche Wirtschaftshilfe der UdSSR 25 Mill. Rubel erreiche, wovon 65 % auf langfristige Kredite, 32 °/o auf Schenkungen und der Rest auf Sondervereinbarungen entfallen.

Amerika

Das Europa der Zehn

Für die Reihenfolge gilt, was unter „Europa“ gesagt wurde (Argentinien/Chile/Ekuador/Jamaika/Kanada/Mexiko/Nikaragua/Uruguay/Vereinigte Staaten). Bei den USA wurden ausnahmsweise wegen der Wichtigkeit der Vorgänge Untertitel gewählt: für den „Vietnamkrieg" und für die „China-Reise“.

Argentinien 19/11: Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur VR China (Einzelheiten siehe unter „China“). 8/III: Im Zuge einer Kabinettsumbildung werden die Wirtschaftsressorts durch Präsident Lanusse umbesetzt. Die personellen Veränderungen können als Indiz dafür verstanden werden, daß sich Lanusses Wirtschaftspolitik von der wilden Entwicklungspolitik und dem Wirtschaftsnationalismus seines Vorgängers zu entfernen beginnt.

Kanada 28/1: Premierminister Trudeau führt eine Kabinettsumbildung durch, bei der praktisch lediglich die Portefeuilles anders verteilt werden als bisher (nur Staatsminister ohne Portefeuille Mahoney wird neu ins Kabinett berufen); Trudeau begründet das mit Notwendigkeiten im Hinblick auf die 1973 stattfindenden allgemeinen Wahlen.

2/II: Kanada tritt der Organisation der Amerikanischen Staaten als Beobachter bei (wohl insbesondere wegen des zunehmenden Des-engagements Großbritanniens gegenüber den Commonwealth-Mitgliedern im Zuge der geplanten Integration in die Europäischen Gemeinschaften). Chile 2/1: Die seit August 1971 von der Radikalen Partei gespaltene Radikale Linkspartei (PIR) schließt sich der die Regierung bildenden Vereinigten Linken, Unidad Populär, an und bringt damit der Regierungskoalition die Unterstützung von weiteren 5 Senatoren, 7 Abgeordneten und über 100 Stadträten. Bereits im November 1971 hatte sich die aus abgesprungenen Mitgliedern der Christlich-Demokratischen Partei sowie der Bewegung für Vereinigte Volksaktion (MAPU) gebildete Bewegung der Christlichen Linken (MIC) mit 2 Senatoren und 9 Abgeordneten der Koalition angeschlossen, die nunmehr 8 Parteien umfaßt. Präsident Salvadore Allende Gossens, der bei seinem Amtsantritt im November 1971 nur über eine knappe parlamentarische Mehrheit verfügte, erhält durch diese Beitritte zur Volksfrontregierung nunmehr freie Hand zur Durchführung seines marxistisch-sozialistischen Regierungsprogramms. 28/1: Es findet eine weitreichende Kabinettsumbildung statt, die wegen Auseinandersetzungen um den bisherigen Innenminister Jose Toha Gonzales nötig geworden war. Toha wurde von seinem Amt suspendiert, nachdem die Abgeordnetenkammer einem Antrag der Opposition mit 80 : 59 Stimmen zustimmte, die dem Minister vorwarf, Verfassungsbruch begangen zu haben durch Duldung bewaffneter Linksgruppen, Unterdrückung der freien Meinungsäußerung, Einschränkung des Rechts auf Demonstrationen und Zulassung einer von der Verfassung nicht vorgesehenen Sicherheitsgruppe für den Präsidenten. Daraufhin hatte Präsident Allende am 7. Januar Toha mit dem Verteidigungsministerium betraut und das Innenministerium dem bisherigen Verteidigungsminister Alejandro Rios Valdivia übertragen. Da die Auseinandersetzungen um das Verhalten Tohas andauerten, trat die Regierung am 20. Januar geschlossen zurück, um dem Präsidenten freie Hand zur Regelung der Angelegenheit zu geben. Am 22. Januar bekräftigte der Senat nach dem Auszug der 23 Senatoren der Regierungskoalition mit 26 gegen 0 Stimmen den Vorwurf des Verfassungsbruchs durch Toha. Erst als am 27. Januar der zuständige Gerichtshof feststellte, die — sachlich möglicherweise gerechtfertigten — Vorwürfe gegen Toha seien strafrechtlich nicht relevant, konnte Präsident Allende zur Neu-bildung eines Kabinetts schreiten, in dem Toha weiterhin Minister blieb. 19/11: Das Parlament nimmt ein verfassungsänderndes Gesetz an, das der Regierung untersagt, Verstaatlichungen von Privateigentum außerhalb eines speziellen Bereiches ohne Zustimmung des Parlamentes anzuordnen. Der der Regierung unmittelbar vorbehaltene Bereich betrifft in Form der Übernahme oder Kontrolle: große Kupfer-minen, Versicherungen, Eisenbahnen, PTT, Wasserversorgung, Kraftwerke, Erdgas und Erdöl sowie ihre Raffinierung und Verteilung, Kohlenvorkommen, Rüstungsproduktion, Stahl-und Zementerzeugung, große Chemiebetriebe. 14/III: Als Sammelbecken für die gesamte chilenische Opposition wird die Gründung einer neuen Rechtspartei bekanntgegeben. Die „Union del Pueblo libro" („Union des freien Volkes") bezeichnet sich als antimarxistisch und will für Freiheit und die chilenische Nationalität eintreten.

Ekuador 16/11: Eine Militärjunta, angeführt vom Ober-befehlshaber des Heeres, Rodriguez Lara, stürzt den Präsidenten Velasco Ibarra. Die Junta wirft dem Gestürzten „Ausbeutung des Volkes und Verrat" vor. Sie erklärt sich als revolutionäre Regierung mit eindeutiger nationalistischer Konzeption und verspricht, den Lebensstandard der Bevölkerung zu heben. Der Ausnahmezustand wird verhängt. Velasco Ibarra, zunächst unter Hausarrest gestellt und später nach Panama ausgeflogen, war abgesehen von Paraguays General Stroessner der letzte der Caudillos Lateinamerikas; er war möglicherweise der integerste und in seinen Gedanken der den Gegebenheiten und den Möglichkeiten seines Volkes wahrhafteste unter den sogenannten progressiven Volksführern Lateinamerikas, mit Sicherheit aber der glückloseste: fünfmal errang er aufgrund der Zustimmung der Bevölkerungsmehrheit das Amt des Präsidenten und fünfmal wurde er durch Putsche in der Durchführung seiner Pläne gehindert. Die Putsche gingen jeweils von der Armeeführung aus.

Jameika 2/III: Der Führer der People’s National Party (PNP), Gewerkschaftsführer Michael N. Manley, wird vom britischen Generalgouverneur als neuer Premierminister vereidigt, nachdem die Parlamentswahlen am 29. Februar seiner Partei den Sieg über die bisher regierende Jamaika Labour Party (JLP) gebracht hatten.

Mexiko 14/11: Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur VR China (Einzelheiten siehe unter „China“).

Nikaragua 6/II: Bei den Wahlen für eine Gesetzgebende Versammlung erhält die Partei des Präsidenten Somoza 534 171 Stimmen, die Konservative Partei 174 897 Stimmen. Die Verteilung der 100 Mandate war zwischen den Parteiführun37 gen bereits vorher mit 60 zu 40 vereinbart worden. Grund für die Einberufung einer Gesetzgebenden Versammlung ist, daß die derzeit geltende Verfassung es Somoza nicht erlaubt, eine weitere Präsidentschaftsperiode zu amtieren. Ab 1. Mai soll deshalb eine aus 2 Liberalen und 1 Konservativem bestehende Junta die Regierungsgeschäfte für 30 Monate wahrnehmen; in dieser Zeit soll die Gesetzgebende Versammlung eine neue Verfassung zugunsten Somozas ausarbeiten. Der Familie Somoza gehören u. a. die größte Zeitung, 3 Fernseh-und Rundfunkstationen, eine Flug-linie, eine Handelsflotte, die einzige Außenhandelsgesellschaft des Landes, die wichtigste Versicherungsgesellschaft und über 30 der größten Agrarbetriebe.

Uruguay 28/XI/71: Wahlen für die Präsidentschaft, den Senat, das Abgeordnetenhaus und die Provinzverwaltungen führen zu einer solchen Kette von Wahlanfechtungen, daß erst am 15. 2. 1972 ein amtliches Ergebnis bekanntgegeben werden kann. Danach hat die bürgerlich liberale Regierungspartei der Colorados knapp gegenüber der nationalistischen Partei der Blancos gesiegt, die ihrerseits mit der Frente Amplio (aus den Christdemokraten, Kommunisten, Sozialisten und Splitterparteien gebildet) die Mehrheit gegenüber den Colorados hätte, wenn dem nicht einerseits die Regierungspraxis Uruguays und andererseits das Unvermögen der beiden Oppositionsgruppen, zu koalieren, entgegenstünde. Neuer Präsident ab 1. 3. 1972 wurde der Kandidat der Colorados, Juan Maria Bordaberry. — Gleichzeitig wurde ein Referendum über zwei Verfassungsänderungen durchgeführt: das erste sollte eine Wiederwahl des neuen Präsidenten ermöglichen, das zweite einen Präsidenten zum Rücktritt zwingen, wenn einem seiner Minister eine rechtswidrige Handlung nachgewiesen wird. Beide Anträge wurden verworfen.

1— 10/III: Am 1. März wird der neue Präsident Juan Maria Bordaberry vereidigt. Am 2. März beschließt die Regierung die Abwertung des Peso von bisher 248/250 P je US-$auf 495/500 P je US-$für Warentransaktionen. In einer Rundfunkansprache erklärt Präsident Bordaberry die Steigerung des Pro-Kopf-Einkommens, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und die Vermehrung der Währungsreserven zum wirtschaftspolitischen Hauptziel seiner Regierung. Das Stabilitätsziel müsse unter allen Umständen erreicht werden. Am 10. März wird der im Juni 1969 verhängte Ausnahmezustand auf Antrag der oppositionellen Blanco-Partei vom Parlament aufgehoben.

Vereinigte Staaten von Amerika 5/1: Präsident Nixon gibt in San Clemente die Konstruktion eines wiederverwendbaren Weltraumtransporters (space shuttle) für Weltraumflüge bekannt, der die Kosten der Weltraumfahrt erheblich senken und den Weltraum praktisch nutzbar machen soll. Der space shuttle soll ab 1978 zur Verfügung stehen. 6/1: Ein Sprecher des Außenministeriums erklärt, daß das am 23. Dezember 1971 mit den Bahrain abgeschlossene Regierungsabkommen über die Errichtung einer US-Marinebasis auf den Bahrain keinerlei direkte oder indirekte militärische Verpflichtungen der USA gegenüber den Bahrain oder anderen Ländern der Region enthalte.

6/1: Das Verteidigungsministerium gibt bekannt, durch den Abbau des Engagements in Vietnam werde die VII. US-Flotte so entlastet, daß nunmehr auch Einheiten für Manöver und Patrouillenfahrten im strategisch so wichtigen Indischen Ozean zur Verfügung stünden. Es gebe keine Pläne für eine ständige Stationierung amerikanischer Flotteneinheiten in diesem Gebiet und auch keine feste Zeitplanung für Manöver; es bestehe aber die Absicht, entsprechende Unternehmen von Zeit zu Zeit abzuhalten.

19/1: Präsident Nixon legt in einer Grundsatzerklärung die Haltung der USA gegenüber der Beeinträchtigung amerikanischer Kapitalinteressen durch ausländische Regierungen (primärer Anlaß das Vorgehen der chilenischen Regierung) dar. Amerikanische Schritte, die in Fällen unbefriedigender Entschädigung ergriffen würden, richteten sich wesentlich nach der internationalen Gesetzgebung, berücksichtigten aber auch im Einzelfall die amerikanische Gesetzgebung. Die USA erwarteten, daß in jedem Fall einer Enteignung Entschädigungen auf nichtdiskriminierender Basis stattfänden. Falls das nicht geschähe, reagierten die USA entsprechend.

20/1: Präsident Nixon verliest vor beiden Häusern des Kongresses seine Botschaft über die Lage der Nation. Er stellt einleitend fest: „Unsere Städte werden heute nicht mehr von Unruhen überschwemmt. Unsere Colleges und Universitäten sind nicht mehr Schlachtfeld, sondern wieder Stätten der Bildung. Ein Anfang ist gemacht worden, um Unsere Umwelt zu erhalten und zu schützen. Die Zunahme der Kriminalität hat sich verlangsamt — und hier in Washington, der einzigen Stadt, in der die Bundesregierung die direkte Rechtsprechung hat, konnte die Zahl der Verbrechen 1971 um 13 °/o verringert werden ... Wir können heute sagen, daß das Jahr 1972 zu dem Jahr werden kann, in dem Amerika vielleicht den größten Fortschritt im Verlauf von 25 Jahren in Richtung auf das Ziel machen könnte, mit allen Nationen auf der Welt in Frieden zu leben. Wenn nun unser Engagement im Vietnamkrieg zu seinem Ende kommt, müssen war darangehen, eine Generation des Friedens aufzubauen ... Nichts wäre verfehlter, als eine Anordnung der Prioritäten, die durch eine Schwächung Amerikas andere in Versuchung führen und dadurch den Weltfrieden gefährden würde ... Wir werden eine ausreichende nukleare Abschrekkung aufrechterhalten, um jeder Bedrohung der Sicherheit der Vereinigten Staaten oder unserer Verbündeten zu begegnen. Wir werden anderen Nationen helfen, das Potential für ihre eigene Verteidigung aufzubauen. Wir werden getreulich alle unsere vertraglichen Verpflichtungen erfüllen. Wir werden handeln, um unsere Interessen zu verteidigen, wann und wo immer diese irgendwo auf der Welt bedroht sind. Wo jedoch unsere Interessen oder unsere vertraglichen Verpflichtungen nicht betroffen sind, wird unsere Rolle begrenzter Natur sein. Wir werden militärisch nicht intervenieren ..., sobald ein Krieg vorüber ist werden wir unseren Teil dazu beitragen, um die Wunden jener heilen zu helfen, die daran beteiligt waren." In der heutigen Zeit rascher technologischer Fortschritte bestehe die Lösung des neuen Wettbewerbs-problems nicht darin, daß man eine Mauer um Amerika baue, sondern darin, wettbewerbsfähig zu bleiben. Dazu gehörten auch all jene grundlegenden Reformen, die er teilweise bereits vor Jahren vorgeschlagen habe:

der Regierungsstruktur, des kostspieligen und veralteten Sozialsystems, der durchgreifenden Reorganisation der Exekutive der Bundesregierung, damit sie wirksamer und verständnisvoller arbeiten könne. Diese Vorschläge zur Sozialreform, für den Finanzausgleich, für die Reorganisation der Regierung, für die Gesundheitsfürsorge und die Verbesserung der Umwelt sollten, nachdem man sie seit Jahren geprüft und beraten habe, in diesem Jahr nun realisiert werden. Besonders wichtig sei eine Reform des Finanzierungssystems der öffent-

ichen Schulen. Hauptfinanzquelle sei bisher die kommunale Vermögenssteuer gewesen, die dementsprechend von Jahr zu Jahr immer stärker gestiegen sei, wodurch insbesondere die finanziell schwachen Schichten der Bevöl-

Kerung betroffen würden. Außerdem lägen inzwischen vier Gerichtsentscheidungen vor, daß die herkömmliche Methode der Schulfinanzierung diskriminierend und daher verfassungswidrig sei. Zwei Kommissionen untersuchten derzeitig diesen Komplex. Noch in diesem Jahre wolle er Reformvorschläge unterbreiten, die folgende Themen beträfen: Finanzierung der Schulen und der damit zusammenhängende Fragen der grundlegenden Beziehungen zwischen Bund, Einzelstaaten und Gemeinden betreffend Steuerfragen und Steuerreformen.

21/1: Die Ministerien für Handel und für Arbeit geben bekannt, daß das Bruttonationalprodukt im letzten Quartal 1971 um 6, 1 0/gestiegen sei, im ganzen Jahr 1971 aber nur um 2, 8°/0. Die Lebenskosten seien 1971 um 3, 40/0 gestiegen (1970 um 5, 8%), im Dezember 1971 aber nur um 0, 4 %. Im Monat Dezember hätten sich die wirtschaftlichen Kontrollmaßnahmen aufgrund der Beschlüsse des Präsidenten Nixon vom 15. August 1971 erstmals voll aus-gewirkt. Das Bruttonationalprodukt habe 1046, 8 Mrd. Dollar betragen.

24/1: Präsident Nixon unterbreitet dem Kongreß die Haushaltsbotschaft für das am 1. Juli beginnende Finanzjahr 1972/73, die bei Einnahmen von 222, 8 Mrd. Dollar und Ausgaben von 246, 3 Mrd. Dollar ein Defizit von rund 23, 5 Mrd. Dollar aufweist. Die Botschaft sieht erstmalig seit vielen Jahren für die nationale Verteidigung weniger Mittel als für soziale Fragen vor: für nationale Verteidigung 78, 3 Mrd. Dollar gegenüber 80, 3 im vorhergehenden Finanzjahr (und 49, 6 im Finanzjahr 1964/65); für die Entwicklung bzw. Betreuung der menschlichen Hilfskräfte 110, 8 Mrd. Dollar gegenüber 72, 7 (35, 4); für die natürlichen Hilfsquellen u. a.der Landwirtschaft, der Umwelt, für Handel und Verkehr, Städteentwicklung und Wohnungsbau 25, 7 gegenüber 21, 0 (14, 55) Mrd. Dollar; der Zinsendienst steigt von 18, 3 auf 21, 2 (10, 4) Mrd. Dollar; für die Weltraumforschung werden nunmehr 3, 2 gegenüber 3, 7 (5, 1) Mrd. Dollar angesetzt; dafür steigen die allgemeinen Verwaltungskosten von 3, 4 auf 5, 6 (2, 2) Mrd. Dollar.

27/1: Präsident Nixon leitet dem Kongreß seinen Wirtschaftsbericht zu. Einleitend betont er, die US-Wirtschaft beginne die Auswirkungen der am 15. August 1971 angelaufenen neuen Wirtschaftsmaßnahmen zu spüren. Diese neue Politik sei eingeschlagen worden, weil er erkannt habe, daß nicht genug getan worden sei, um die ehrgeizigen Ziele der amerikanischen Wirtschaft zu erreichen. Es gehe darum, dem Land einen höheren Beschäftigungsstand, größere Preisstabilität und eine stärkere internationale Handelsposition zu verschaffen. 25/1: Das Schatzamt gibt bekannt, die Währungsreserven hätten Ende 1971 12, 2 Mrd. Dollar betragen, 2, 3 Mrd. Dollar weniger als Ende 1970. Bei Gold betrug der Verlust im Jahre 1971 866 Mill. Dollar, bei konvertiblen ausländischen Devisen 77 Mill. Dollar, bei der Reserveposition der USA beim IMF 765 Mill. Dollar; dafür stiegen die Sonderziehungsrechte um 249 Mill. Dollar auf 1, 5 Mrd. Dollar. Gleichzeitig gibt das Handelsministerium bekannt, daß die Handelsbilanz 1971 zum ersten Mal seit 1893 mit einem Fehlbetrag von 2046, 8 Mill. Dollar abgeschlossen habe; 1970 war noch ein Überschuß von 2707, 7 Mill Dollar zu verzeichnen. Vietnatnkrieg 25/1: Präsident Nixon berichtet in einer Rundfunk-und Fernsehansprache über den Stand der Bemühungen um die Vietnamisierung des Indochinakonfliktes und um eine Friedensregelung. Als er sein Amt angetreten habe, hätten 550 000 Amerikaner in Vietnam gestanden, die Zahl der Gefallenen habe wöchentlich 300 betragen, Pläne über eine Rückführung der US-Truppen habe es nicht gegeben. Bei den Vietnamgesprächen in Paris habe man sich bis dahin lediglich übet die Fotin des Konferenztisches einigen können. Bis Zum 1. Mai 1972 werde die Zahl der US-Soldaten auf 69 000 reduziert sein, die Zahl der Gefallenen im Wochendurchschnitt sei auf 10 zurückgegangen, der Weg der Vietnamisierung sei also erfolgreich gewesen. Was die Pariser Gespräche angehe, hätten die USA zahlreiche öffentliche Vorschläge unterbreitet, wie der Konflikt friedlich beigelegt werden könne — ohne Ergebnis. Deshalb Sei et bereits zu Beginn seiner Amtszeit zu der Überzeugung gekommen, man müsse die Möglichkeit geheimer Gespräche ausnutzen, Um so eventuell den toten Punkt in den öffentlichen Gesprächen zu überwinden. In voller Übereinstimmung mit dem südvietnamesischen Präsidenten Thieu habe Dr. Kissinger bisher insgesamt zwölf Geheimgespräche mit der nordvietnamesischen Seite in Paris geführt; die Möglichkeit hierfür habe dankenswerterweise Frankreichs Staatspräsident Pompidou geschaffen. Leider sei bei alldem bisher nichts herausgekommen, obwohl die USA immer wieder großzügige Angebote unterbreitet hätten. Deshalb unterrichte er nunmehr die Öffentlichkeit über diesen Stand der Dinge und zugleich über einen gemeinsamen amerikanisch-südvietnamesischen Vorschlag für eine Regelung durch Verhandlungen.

Dieser 8-Punkte-Vorschlag sieht im wesentlichen vor: 1. Völliger Abzug aller nicht-vietnamesischen Streitkräfte binnen 6 Monaten nach einem Abkommen; 2. die Freilassung aller (Soldaten und Zivilisten) Gefangenen parallel zum Truppenabzug; 3. binnen 6 Monaten nach Abschluß eines Abkommens die Durchführung freier und demokratischer Präsidentschaftswahlen in Südvietnam unter Aufsicht und Organisation eines Gremiums aller politischen Kräfte in Südvietnam, die sich an der Wahl beteiligen und Kandidaten aufstellen können; die Wahl wird international überwacht; die USA verpflichten sich, sich bei der Wahl völlig neutral zu verhalten, das Ergebnis der Wahl und alle daraus folgenden politischen Neuordnungen in Südvietnam zu respektieren und ihre Beziehungen auf wirtschaftlicher und militärischer Ebene mit der so neuzubildenden Regierung Südvietnams neu zu formulieren; über die Wiedervereinigung Vietnams solle durch Gespräche und Abkommen zwischen Nord-und Südvietnam ohne jeden Zwang, ohne eine Annexion durch eine der Parteien und ohne Einmischung von außen entschieden werden; 4. entsprechend den Abkommen von 1954 und 1962 werde es in Indochina keine ausländischen Einmischungen mehr geben; 5. die zwischen den indochinesischen Ländern bestehenden Probleme einschließlich der Notwendigkeit, daß ihre jeweiligen nationalen Streitkräfte unbedingt innerhalb der nationalen Grenzen zu verbleiben haben, sind von den indochinesischen Partnern unter gegenseitiger Achtung der Unabhängigkeit, der Souveränität, der territorialen Integrität und der Nichteinmischung in die Angelegenheiten des andern zu regeln-, 6. mit Unterzeichnung eines Abkommens soll in ganz Indochina ein Waffenstillstand eintreten einschließlich der Einstellung der Infiltration fremder Truppen In irgendein Land Indochinas; 7. alle militärischen Aspekte dieses Abkommens seien internationaler Überwachung unterstellt; 8. es werde eine internationale Garantie der fundamentalen Rechte des indochinesischen Volkes, des Status aller indochinesischen Länder und des dauerhaften Friedens in diesem Raum geben; beide Seiten verpflichten sich, für alle im Rahmen dieses Vorschlags angestrebten Ziele an einer internationalen Konferenz teilzunehmen.

27/1: Die Leiter der Delegationen Nordvietnams Und der Provisorischen Revolutionsregierung der Republik Südvietnam bei den Pariser Vietnamgesprächen erklären auf der Vietnamkonferenz, dieser sogenannte 8-Punkte-Plan sei von Nixon zur Täuschung der Weltöffentlichkeit bestimmt und von Erwägungen seines Wahlkampfes diktiert. Dieser Propagandaplan könne nicht zum Frieden in Vietnam führen. Der einzig richtige Standpunkt sei der, den die Regierung der Demo kratischen Republik Vietnam immer wieder vorgetragen habe: Um das vietnamesische Problem friedlich zu regeln, müßten die USA ihre Aggression einstellen und bedingungslos die grundlegenden nationalen Rechte des vietnamesischen Volkes respektieren, wie sie in dem 7-Punkte-Programm der Provisorischen Revolutionsregierung der Republik Südvietnam definiert seien. Wie wenig Glaubwürdigkeit die Erklärungen Nixons besäßen, könne man daraus ersehen, daß er der Öffentlichkeit diese vertraulichen Verhandlungen Nordvietnams mit seinem Berater Kissinger bekannt-gegeben habe, obwohl dieser seinerzeit selbst darauf bestanden hätte, diese Gespräche geheimzuhalten. Schließlich aber würden Nixons heuchlerische Vorschläge auch die amerikanischen Handlungen auf dem Kriegsschauplatz Lügen gestraft.

25/1—l/II: Der Vorsitzende der CDU, Dr. Barzel, berät bei einem Besuch in Washington mit der amerikanischen Führungsspitze Fragen betreffend die deutschen Ostpolitik, die Berlin-Vereinbarung und die Beziehungen der USA zu den erweiterten Europäischen Gemeinschaften (Einzelheiten siehe unter „BRD"). 29/1: Pekings Nachrichtenagentur Hsinhua bezeichnet Nixons 8-Punkte-Plan als neuen Betrug und plumpen Trick, mit dem gegenüber der Bevölkerung die Verlängerung des Aggressionskrieges gegen Vietnam und Indochina kaschiert werde.

31/11: Die Delegation Nortvietnäms bei den Pariser Vietnamgesprächen bedauert, daß Nixon die vereinbarte Geheimhaltung der vertraulichen Gespräche gebrochen habe und legt ihrerseits den vollständigen Text eines nordvietnamesischen 9-Punkte-Vorschlags vor, der auf der Pariser Konferenz am 26. Juni 1971 unter Ausschluß der Öffentlichkeit unterbreitet worden sei. Der Vorschlag entspricht im wesentlichen den früheren Programmpunkten Nordvietnams bzw.der Provisorischen Revolutionsregierung der Republik Südvietnam, weist in einer Reihe von Punkten in der Formulierung Übereinstimmungen mit Nixons Vorschlag auf, fordert aber in Punkt 4, daß die USA die volle Verantwortung für alle Schäden aus diesem Krieg gegen das vietnamesische Volk zu übernehmen und hierfür Wiedergutmachung zu leisten hätten.

2 II: Auch die Provisorische Revolutionsregierung der Republik Südvietnams weist auf einer Pressekonferenz in Hanoi Nixons Vorschläge zurück und präzisiert gleichzeitig die zwei grundlegenden Punkte ihres 7-Punkte-Programms vom 1. Juli 1971: Der erste Punkt betrifft den Rückzug der US-Truppen sowie die Einstellung des Luftkriegs und aller militärischen Aktivitäten der USA in Vietnam; der zweite Punkt behandelt ausführlich die Lösung des politischen Problems, fordert seitens der USA die Respektierung des Selbstbestimmungsrechts der südvietnamesischen Bevölkerung und ein Ende aller Einmischung in die inneren Angelegenheiten Südvietnams: Das Zwangsregime Thieu, Hauptinstrument der sogenannten Vietnamisierungspolitik, sei das Haupthindernis für eine politische Regelung der Vietnamfrage.

Sonstiges 9/II: Präsident Nixon übermittelt dem Kongreß seinen Bericht über die Außenpolitik der USA, der auf 236 Seiten Nixons Konzept einer Umwandlung der weltpolitischen Rolle der USA von der Funktion eines Weltpolizisten in die Position eines Partners umreißt. Er stellt an die Spitze seiner Argumentation die Notwendigkeit, im Rahmen des von ihm in seiner Antrittsrede konzipierten Übergangs von der Ära der Konfrontation in die Ära der Zusammenarbeit neben die Neugestaltung der außen-politischen Beziehungen eine Neugestaltung der Wirtschaftssituation des amerikanischen Arbeiters zu stellen, da im Rahmen, einer weltweiten Zusammenarbeit die Konkurrenzfähigkeit der amerikanischen Wirtschaft wesentlicher sei als die bisher gepflogene Fähigkeit, militärisch zu intervenieren. Allerdings dürfe dadurch die Verteidigungsfähigkeit der USA nicht geschwächt werden. Ferner bedeute der Rückzug der USA aus dem militärischen Engagement in Vietnam, daß nunnlehr die amerikanische Wirtschaft so umstrukturiert werden müsse, daß sie den Bedürfnissen einer Friedenswirtschaft gerecht werden könne. Was die Beziehungen zu Europa angehe, müsse man auf allen Gebieten zu einer Partnerschaft kommen. Diese Partnerschaft bedeute selbstverständlich auch, daß der Partner Europa entsprechende Anteile an den gemeinsamen Belastungen übernehme. Basis dieser Partnerschaft bleibe die Verteidigung des Bündnisses. Die Verteidigungskraft des Bündnisses aufrechtzuerhalten bedeute nach Maßgabe verteidigungspolitischer Einsichten, die sich ständig den Realitäten anzüpassen hätten, die Verteidigungskonzeption und damit die Verteidigungsausmaße und -belästungen zu revidieren. Bei allem sei zu bedenken, daß — trotz aller optimistischen Einschätzungen aufgrund der SALT-Gespräche — Deutschland und Berlin Schlüsselprobleme bleiben. Nur Entwicklungen unter Berücksichtigung dieser Probleme könnten wirklich zu einer Entspannung beitragen. In dieser Überzeugung habe er im Febrüar 1969 bei seinem Besuch in West-Berlin seine Vorschläge formuliert, den Spannungen um West-Berlin ein Ende zu machen. Da man sich über den Status der Stadt im Grunde nicht mit dem Gegenspieler UdSSR einigen könne, habe man den Weg gewählt, die Frage des Status auszuklammern und sich auf praktische Regelungen zu konzentrieren, die die Situation der Westberliner verbessern und spezifische Reibungspunkte beseitigen könnten. Das sei mit der „Vier-Mädite-Vereinbarung bezüglich Berlins" vom 3. September 1971 gelungen. Die Sowjetunion habe ein Recht auf ihre eigene Sicherheit. Aber ein dauerhafter Friede oder eine Ära der Zusammenarbeit in Europa könnten nicht auf Prinzipien aufgebaut werden, die den Kontinent teilen und die Souveränität sowie die Freiheit seiner Völker verletzen.

11/II: Die UdSSR lehnt Nixons 8-Punkte-Plan für Indochina ab (Einzelheiten siehe unter „Sowjetunion").

11/II: Briefwechsel mit den EG über handelspolitische Zugeständnisse (Einzelheiten siehe unter „Europäische Gemeinschaften der Sechs").

15/11: Finanzminister Connally gibt bekannt, daß im Jahre 1972 nicht mit der Wiederherstellung der im August 1971 aufgehobenen Goldkonvertibilität des Dollar zu rechnen sei.

Die China-Reise 21— 28/11: Der amerikanische Präsident Nixon stattet der VR China auf Einladung des chinesischen Ministerpräsidenten Chou En-lai einen Besuch ab. Damit knüpft er an jene China-Politik der USA an, die praktisch von der Herstellung des ersten Kontaktes an bis zum Ausbruch des Koreakrieges unverändert verfolgt worden war, dann im Zusammenhang mit dem Koreakrieg und den ideologischen Verhärtungen der Zeit des sogenannten Kalten Krieges aufgegeben schien, von Nixon aber seit seiner Wahl zum Präsidenten der USA wieder angestrebt wurde.

17/11: Nixon erklärt bei seiner Abreise aus Washington, er hege nicht die Illusion, durch eine Woche Gespräche 20 Jahre der Feindseligkeit beseitigen zu können: „Was wir tun müssen ist, einen Weg zu finden, auf dem wir Differenzen haben können, ohne Feinde im Krieg zu sein."

18/11: Pekings Nachrichtenagentur Hsinhua veröffentlicht eine Stellungnahme zum außen-politischen Bericht Nixons, in der die Vorschläge Nixons zur Regelung der Vietnam-frage vom 25. Januar als Versuch definiert werden, auch weiterhin die Herrschaft des US-Imperialismus über Indochina zu sichern; auch habe die Regierung Nixons ihrer These: „ein China, zwei Regierungen" noch nicht entsagt: „Die chinesische Regierung und das chinesische Volk waren dem amerikanischen Volk gegenüber stets freundschaftlich eingestellt. Wogegen wir vorgehen, ist die vom US-Imperialismus betriebene Politik der Aggression und des Krieges."

20/11: Nixon erklärt bei einer Zwischenlandung auf Guam, er wolle einen langfristigen Prozeß der Normalisierung einleiten; trotz der Bedeutung des Besuchs selbst werde man erst in Jahren mit konkreten Ergebnissen rechnen können.

21/11: Nixon trifft in Peking ein, wo ihn Ministerpräsident Chou En-lai begrüßt; das Diplomatische Corps wurde nicht zur Begrüßung auf dem Flugplatz geladen; obwohl seit der Großen Proletarischen Kulturrevolution bei solchen Gelegenheiten anstelle der Nationalhymne die Revolutionshymne „Der Osten ist Rot" gespielt wurde, erklingen diesmal die Nationalhymnen beider Staaten; die Ehrenformation der Streitkräfte hat Divisionsstärke statt der üblichen Kompaniestärke. Nixon wird wenige Stunden nach seiner Ankunft vom Vorsitzenden Mao Tse-tung in dessen Privatwohnung zu einem mehrstündigen Gespräch empfangen. — Chou En-lai begrüßt bei einem Festbankett in einer Tischrede den Besuch Nixons als positiven Schritt, anerkennt die bestehenden Meinungsverschiedenheiten, stellt aber fest, sie sollten die beiden Regierungen nicht daran hindern, normale staatliche Beziehungen zu schaffen, und begrüßt Nixons Vorstellung, man wolle einen Weg gehen, auf dem man Meinungsverschiedenheiten hegen könne, ohne Gegner in einem Krieg zu sein. — Nixon betont in seiner Antwort, was man jetzt gemeinsam tue, könne die Welt verändern; er wünsche, daß man gemeinsam einen „langen Marsch“ beginne, nicht mit Gleichschritt, sondern auf verschiedenen Wegen zum gleichen Ziel: einer Welt des Friedens und der Gerechtigkeit, in der jede Nation das Recht zur Selbstbestimmung habe; es gebe keinen Grund für beide Nationen, Feinde zu sein.

25/11: Zum Abschluß des Besuchs in Peking gibt Nixon seinen chinesischen Gastgebern ein Festbankett; er dankt ihnen zunächst für ihre Großzügigkeit, mit der sie eine bisher unbekannte Berichterstattung über seinen Besuch in Peking ermöglichten; er betont, daß man sich weiterhin tiefreichender Meinungsverschiedenheiten bewußt sei: „aber wir sind entschlossen, daß diese Meinungsverschiedenheiten uns nicht davon abhalten dürfen, in Frieden miteinander zu leben." — Chou En-lai erwidert u. a., zwar bestünden weiterhin große Meinungsverschiedenheiten auf beiden Seiten; durch die ernsten und offenen Gespräche hätte man aber eine klare Kenntnis der Standpunkte und der Haltung des anderen erhalten: „Es ist der gemeinsame Wunsch des chinesischen und des amerikanischen Volkes, ihre beiderseitige Verständigung und Freundschaft zu stärken und die Normalisierung der Beziehungen zwischen China und den USA zu fördern."

26/11: Nixon besucht in Begleitung Chou En-lais die berühmte alte Kaiser-und Kurstadt Hangchou.

27/11: Er besucht wiederum in Begleitung Chous Shanghai und die dortige Industrieausstellung. •— Es wird ein

Abschlußkommuniqu^ veröffentlicht, in dem’ zunächst die Formalia des Besuches festgehalten sind; sodann Grundsatzerklärungen der USA und der VR China folgen und nach erneuter Anerkennung der bestehenden Meinungsverschiedenheiten folgende Übereinstimmungen formuliert werden: a) ein Fortschritt zur Normalisierung der Beziehungen zwischen beiden Ländern liegt im Interesse aller Länder, b) beide Seiten wünschten die Gefahr eines internationalen militärischen Konfliktes zu vermindern, c) keiner von beiden strebe Hegemonie im asiatisch-pazifischen Raum an oder sei bereit, solche Bestrebungen von anderer Seite zu dulden, d) keiner von beiden sei bereit, im Namen einer dritten Partei zu verhandeln oder Absprachen miteinander zu treffen, die sich gegen andere Länder richteten; beide hielten die Aufteilung der Welt in Interessenssphären als gegen die Interessen der Völker der Welt gerichtet.

Sodann folgt die für das Schicksal der Beziehungen beider Länder sowie für Taiwan entscheidende Passage zur Taiwan-Frage, in der zunächst die chinesische Seite ihre Auffassung darlegt: „Die USA erkennen an, daß alle Chinesen auf beiden Seiten der Straße von Taiwan der Auffassung sind, daß es nur ein China gibt und daß Taiwan ein Teil Chinas ist. Die amerikanische Regierung stellt diesen Standpunkt nicht in Frage. Sie bekräftigt ihr Interesse an einer friedlichen Regelung der Taiwan-Frage durch die Chinesen selbst. Mit dieser Aussicht vor Augen versichert sie, daß das Endziel der Abzug aller amerikanischen Streitkräfte und militärischen Einrichtungen von Taiwan ist."

In der Abschlußpassage wird festgestellt, daß eide Seiten die Verständigung zwischen ihren Völkern zu vertiefen wünschten; zu diesem Zwecke hätten sie Kontakte und Austauschprogramme in den Bereichen der Wissenschaft, der Technologie, des Sports, der Kultur und des Journalismus erörtert; wirtschaftliche Beziehungen seien im Interesse beider Völker; man wolle Kontakt zueinander halten und im gegebenen Fall von Zeit zu Zeit hochgestellte Vertreter der USA nach Peking entsenden bzw. dort empfangen, um den Meinungsaustausch über Fragen von gemeinsamem Interesse fortzusetzen.

Am gleichen Tag erörtert Nixons Sicherheitsberater, Dr. Kissinger, auf der wohl ersten offiziellen Pressekonferenz der amerikanischen Regierung auf chinesischem Boden in Shanghai das Zustandekommen und den Inhalt des Kommuniques. Man habe bewußt von den üblichen Floskeln Abstand genommen und beiden Seiten Gelegenheit gegeben, ihre grundsätzlichen Positionen in einleitenden Passagen zu formulieren; die Sachpassagen seien im Zusammenwirken der Delegationen und ihrer Leiter Schritt für Schritt formuliert worden; man habe vermeiden wollen, die bestehenden Meinungsverschiedenheiten in irgendeiner Weise unehrlich zuzudecken. Zur Taiwan-Frage erklärte er: die USA würden ihren Verpflichtungen nachkommen; die Beziehungen zwischen Taiwan und China zu regeln sei nicht Aufgabe der USA; man begrüße die Aufnahme der VR China in die UN und bedauere den Austritt Taiwans (diese Formeln wurden von Kommentatoren dahin gehend interpretiert, daß die USA und die VR China übereingekommen seien, die Frage Taiwan bzw. ihre Regelung zunächst einmal bis zum Ableben von Marschall Tschiangkaischek auszusetzen, was den Anspruch Pekings nicht berühre und Washington erlaube, sich ohne „Verlust des Gesichtes" zurückzuziehen). Hinsichtlich der Frage einer Entsendung amerikanischer Beauftragter nach Peking müsse man davon ausgehen, daß in Washington eine nationalchinesische Vertretung bestehe, deren Existenz einer Entsendung Pekinger Vertreter nach Washington entgegenstehe. Man wolle eine Kontaktstelle finden nach Art der Warschauer Botschaftergespräche, mit Sicherheit nicht in den USA (am 10. März wurde bekannt, daß als Kontaktstelle die Botschaften beider Staaten in Paris bestimmt wurden), im übrigen aber im Bedarfsfälle Sonderbeauftragte nach Peking entsenden.

Die Bedeutung der Gespräche in Peking hänge im Wesentlichen davon ab, wie in Zukunft beide Seiten ihren guten Willen und die jeweils zur Diskussion stehenden Handlungen beurteilten; beide Seiten seien sich darüber klar, daß auch unter dieser Voraussetzung die Dinge nur schwierig in Gang zu bringen seien; wesentlich für einen Enderfolg sei, wie jede der beiden Seiten die Zuverlässigkeit der anderen beurteile, wenn es darum gehe, die jeweils notwendigen Dinge für den ganzen Zeitraum durchzuhalten. Der Vorsitzende Mao habe mit Nixon jeden einzelnen Punkt der anstehenden Fragen diskutiert; es habe sich also durchaus nicht um vage philosophische Erörterungen gehandelt; man habe den Eindruck, daß Mao und Chou sich über jeden einzelnen Schritt sorgfältig abstimmten. Was die erwähnten Austauschprogramme angehe, habe man den Eindruck gewonnen, daß auch die andere Seite bereit sei, ohne präzisen Zeitplan schnell und im Sinne des Kommuniques zu agieren. Beide Seiten hätten sich darüber verständigt, daß ihre gegenseitigen Beziehungen nicht abhängig sind von ihren jeweiligen Beziehungen zur Sowjetunion; es seien dies keine Beziehungen gegen jemanden, sondern: „Wir verfolgen unsere Politik gegenüber der VR China von der Grundlage aus, daß ein stabiler Friede in der Welt kaum ins Auge gefaßt werden kann, wenn 800 Mill. Menschen von einem Dialog mit der mächtigsten Nation auf der Welt ausgeschlossen sind, und wir führen unsere Gespräche mit der Volksrepublik ausschließlich aufgrund dieser Beziehungen."

Nixons Abschlußerklärung 28/11: Präsident Nixon gibt bei seiner Rückkehr auf dem Luftstützpunkt Andrews bei Washington eine Erklärung ab, der vor allem deshalb besondere Bedeutung zukommt, weil kurz danach sein Pressesprecher Ronald Ziegler bekanntgibt, daß weder offizielle oder private weitere Erklärungen über den Besuch Nixons in Peking zu erwarten seien.

Nixons Kernsätze: „Als ein Ergebnis dieser Reise haben wir mit dem langen Prozeß begonnen, diese Kluft zu überbrücken, und schon jetzt haben wir etwas, das besser als das Fehlen eines Krieges ist. ... Wir haben ein Verfahren in Gang gesetzt, wie wir in der Zukunft weitere Gespräche führen können. Wir haben gezeigt, daß Länder mit sehr großen und grundlegenden Meinungsverschiedenheiten lernen können, vernünftig und offen, ohne ihre Prinzipien aufs Spiel zu setzen, miteinander über diese Meinungsverschiedenheiten zu sprechen. .. . Wir haben Vereinbarungen getroffen über eine Ausweitung der kulturellen, pädagogischen und journalistischen Kontakte .... eine Aufnahme und Ausweitung des Handels .. ., die jetzt geschaffenen Kommunikationen zwischen unseren Regierungen zu verstärken und zu erweitern. Am wichtigsten ist jedoch, daß wir einige internationale Verhaltensnormen vereinbart haben, die das Risiko der Konfrontation und des Krieges in Asien und im Pazifik verringern werden. ... Wir haben vereinbart, daß wir keine Verhandlungen über das Schicksal anderer Länder hinter deren Rücken führen werden und haben dies in Peking auch nicht getan. Es gab keine geheimen Vereinbarungen irgendwelcher Art. Wir haben dies alles getan, ohne irgendeine von den USA gegenüber irgendeinem Land eingegangene Verpflichtung aufzugeben. ... Wir haben keinen Versuch gemacht, vorzugeben, daß zwischen unseren beiden Regierungen keine großen Meinungsverschiedenheiten bestehen, denn es gibt sie wirklich ..."

13/III: Die Botschafter der VR China und der USA in Paris treffen zu einem ersten Gespräch zusammen. Im Kommunique von Shanghai war die Fortführung der Kontakte durch die Botschafter in Frankreich vereinbart worden. 15/III: Finanzminister Connally spricht sich vor dem Council on Foreign Relations in New York für Verhandlungen über eine grundlegende Revision des internationalen Währungssystems aus. Als geeignetes Verhandlungsforum weist er auf das 20 Mitglieder umfassende Exekutivdirektorium des Internationalen Währungsfonds hin, das den Zehnerklub ablösen solle, dem nur die reichen Industrienationen angehören. Am 20. März erklärt der Finanzminister in einem Interview, daß Länder mit Zahlungsbilanzüberschüssen einen Teil ihrer überschüssigen Währungsreserven einem Spezialfonds übertragen sollten, aus dem sich Defizitländer Reserven ausleihen könnten. 21/III: Der türkische Ministerpräsident Erim wird von Präsident Nixon zu einem Gesprädi empfangen (Einzelheiten siehe unter „Türkei I Wegen der Komplexheit dieses geographischen Großraumes wurde für ihn eine spezielle Unterteilung entwickelt:

1. Volksrepublik China (Innenpolitik/Außenpolitik: a) mit den USA, b) mit Mittel-und Lateinamerika, c) mit Europa, d) mit sozialistischen Staaten, e) mit asiatischen Staaten, f) mit Afrika)

II. Ostasien (Taiwan, Japan, Korea, Mongolei, Philippinen)

111. Südostasien (Burma, Indonesien, Kambodscha, Laos, Malaysia, Singapur, Thailand, Vietnam)

IV. Südasien (Bangla Desh, Ceylon, Indien, Pakistan)

V. Ozeanien (Australien, Neuseeland)

1. Volksrepublik China

Das System der bilateralen Ostblockverträge Truppen-FZB-Verträge we---Stationierungsverträge Verträge über Freund-FZB-Verträge schäft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand ab 1965 •••••••••• FZB-Verträge mit der DDR der UdSSR ab 1943 ------------------------ohne UdSSR

überblick Die Schwerpunkte der innenpolitischen Thematik im Berichtszeitraum waren vor allem die Grundsatzfragen des Aufbaus und des Funktionierens der Parteiorganisation sowie die Bekämpfung von „Revisionismus und Pseudo-marxismus" in Literatur und Kunst. Durch den Tod des ehemaligen Außenministers Chen Yi Anfang Januar und des früheren Sicherheitsministers Hsieh Fu-chih Ende März wurde die überaltete Führung der Volksrepublik personell weiter geschwächt.

Außenpolitisch war der Besuch Präsident Nixons im Februar das beherrschende Thema, der weitreichende Folgerungen für die gesamte Außenpolitik der Volksrepublik China nach sich zieht. Besonders das Verhältnis Pekings zu Moskau und den Staaten des Sowjetblocks erfuhr als Auswirkung der chinesisch-amerikanischen Annäherung eine erhebliche Ver-schlechterung, nachdem sich seit der Beendigung der Grenzzwischenfälle im Jahre 1969 die zwischenstaatlichen Beziehungen Pekings zu diesen Staaten zusehends normalisiert hatten. Darüber hinaus war die chinesische Außenpolitik in diesem ersten Quartal des Jahres 1972 von Aktivitäten bestimmt, die auf einen weiteren Ausbau der diplomatischen Kontakte Pekings abzielen und von einer stärkeren Einflußnahme Chinas in allen Fragen der Weltpolitik motiviert sind.

1. Innenpolitik 6/1: Tod des ehemaligen Außenministers Chen Yi, der bereits seit der Kulturrevolution nicht mehr amtierte. 20/1: Erstmalige Nennung von Chi Peng-fei als Chinas neuer Außenminister. Bereits seit dem 1. April 1971 war Chi Peng-fei als „amtierender Außenminister" bezeichnet worden.

9/II: Nach einem Bericht des französischen Abgeordneten Didier Julia ist Marschall Lin Piao, der ehemalige Verteidigungsminister und de-signierter Nachfolger Mao Tse-tungs, der seit dem Herbst letzten Jahres von der politischen Bildfläche verschwunden war, aus der Führung Chinas ausgeschlossen, aber am Leben. 24/11: Der 86jährige Tung Pi-wu wird erstmals als „amtierender Vorsitzender der VR China" durch die chinesische Nachrichtenagentur Hsinhua erwähnt und damit Nachfolger Liu Shao-chis, der im Zuge der Säuberungen während der Kulturrevolution entlassen worden war. Tung Pi-wu war zusammen mit Frau Soong Ching-ling einer der beiden stellvertretenden Vorsitzenden. 29/III: Das Außenministerium Chinas gibt bekannt, daß Tagen" der 74jährige „vor einigen Hsieh Fu-chih gestorben ist. Hsieh war Sicherheitsminister und Mitglied des Politbüros der KP China. 2. Außenpolitik a) China/USA 3— 10/1: Aufenthalt einer amerikanischen Vorausdelegation zur Vorbereitung des Besuches Präsident Nixons in der Volksrepublik China. l/II: Reise einer weiteren Vorausdelegation nach Peking, die erst mit Präsident Nixon zurüdekehrt. 21— 28/11: Präsident Nixon hält sich zu einem einwöchigen Besuch, dem ersten eines Präsidenten der USA, in der VR China auf (siehe unter „Vereinigte Staaten“). 13/III: Die Botschafter der VR China und der USA in Paris treffen zu einem ersten Gespräch zusammen. Im Kommunique von Shanghai war die Fortführung der Kontakte durch die Botschafter in Frankreich vereinbart worden. b) VR China /Mittel-und Lateinamerika Argentinien 19/11: Veröffentlichung eines gemeinsamen Kommuniques über die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Argentinien und der VR China, das am 16. Februar in Bukarest unterzeichnet wurde. Das Kommunique enthält die bereits bekannten Kernpunkte mit der Anerkennung des chinesischen Anspruches auf Taiwan; neu dagegen ist die Anerkennung eines Hoheitsbereiches von 200 Seemeilen an Argentiniens Küsten durch China. Man vereinbart die Intensivierung der Handelsbeziehungen.

Chile 2/II: China gewährt nach Aussage des Außenministers Clodomiro Almeyda einen Kredit in der Höhe von ca. 70 Mill. US Dollar, von denen 14 Mill, noch 1972 zur Verfügung gestellt werden sollen.

Mexiko 15/11: Veröffentlichung eines gemeinsamen Kommuniques über die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen China und Mexiko, das am 14. Februar in New York unterzeichnet wurde. Von besonderer Bedeutung hierbei ist, daß — entgegen fast allen anderen bekannten Kommuniques — die Taiwanfrage, d. h.der chinesische Anspruch auf dieses Gebiet und die Anerkennung dieses Anspruchs durch Mexiko, nicht erwähnt wird. Dies ist um so erstaunlicher, als Mexiko vor der Anerkennung Pekings Beziehungen zu Nationalchina unterhalten hatte. Von Interesse ist weiter die chinesische Unterstützung der kernwaffenfreien Zone in Lateinamerika und die Forderung an die Atommächte, keine Kernwaffen gegen diese Zone anzuwenden.

Peru l/III: Eintreffen des ersten Botschafters Chinas in La Paz, Chiao Jo-yu, zur Übernahme seiner Amtsgeschäfte; er überreicht am 10. Februar Präsident Alvarado sein Beglaubigungsschreiben. c) China/Europa Belgien 11/II: Die chinesische Botschaft in Brüssel nimmt ihre diplomatische Tätigkeit auf, dagegen ist ein belgischer Botschafter für Peking noch nicht ernannt worden.

Bundesrepublik Deutschland 10/1: Ein Sprecher des Außenministeriums teilt auf einer Pressekonferenz mit, daß Außenminister Walter Scheel einen Besuch in der VR China noch vor den Wahlen 1973 für möglich hält.

21/11: Das Präsidium der CDU fordert von der Bundesregierung eine Normalisierung der Beziehungen zur VR China im Rahmen einer Intensivierung der Fernostpolitik.

23/11; Außenminister Scheel erklärt in einem Interview mit dem ZDF, daß es im Interesse der Bundesrepublik liege, „mit allen Ländern, auch mit China, volle Beziehungen zu unterhalten. Wir sind bereit, im geeigneten Zeitpunkt auch mit China darüber zu verhandeln."

29/11: Die Bundesregierung begrüßt das chinesisch-amerikanische Kommunique ebenso wie die Tatsache, daß erste Schritte zur Normalisierung zwischen China und den USA unternommen worden sind. Gleichzeitig wird die Absicht geäußert, zum „geeigneten Zeitpunkt mit Peking Kontakt aufzunehmen.

16/III: Gerhard Schröder erklärt in einem Interview, das Institut für Internationale Beziehungen der VR China habe ihn in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Außenpolitischen Ausschusses des Deutschen Bundestages zu einem Besuch eingeladen; am 10. April gibt die CDU bekannt, Schröder habe die Einladung ohne vorherige Konsultation mit der Bundesregierung angenommen.

Cypern 14/1: Cypern erkennt die Regierung in Peking als einzige legale Regierung zur Vertretung des gesamten chinesischen Volkes an; beide Länder vereinbaren die Aufnahme diplomatischer Beziehungen auf Botschafterebene.

Dänemark 28/11: Handelsminister Erling Jensen reist an der Spitze einer Handelsdelegation zur Eröffnung einer dänischen Industriemesse nach Peking, wo er hauptsächlich Gespräche über den Handel zwischen beiden Staaten führen wird.

Frankreich 23/XII/71— 12/1/71: Der frühere französische Ministerpräsident Pierre Mendes-France besucht die VR China und wird dabei von Premier Chou En-lai und anderen hohen Mitgliedern der chinesischen Regierung empfangen. 19— 31/1: Eine französische Parlamentarier-delegation hält sich in Peking auf und erhält von Chou En-lai die Bestätigung für eine in Kürze ergehende Einladung an den französischen Außenminister Schumann.

Großbritannien 13/III: Die VR China und Großbritannien beschließen, ihre diplomatischen Vertretungen in den Rang von Botschaften zu erheben. Die Regierung des Vereinigten Königreiches erkennt die Regierung der VR China als die einzige rechtmäßige Regierung Chinas und Taiwan als Provinz der VR China an. Die offizielle britische Vertretung wird aus Taiwan abberufen.

II III: Peking kommentiert wiederholt die Ereignisse in Nordirland und nimmt dabei für die Bevölkerung Nordirlands Partei, während die britische Regierung wegen ihrer Politik der „nationalen Unterdrückung" angegriffen wird.

Malta 31/1: Mit Malta wird die Aufnahme diplomatischer Beziehungen auf Botschafterebene beschlossen; Malta erkennt die Pekinger Regierung als einzige legale Regierung Chinas an und nimmt deren Erklärung zur Kenntnis, daß ie Provinz Taiwan ein unveräußerlicher Teil des Territoriums der VR China ist. Österreich 15/1: Die Post-und Telegrafendirektion teilt mit, daß ab sofort eine Telefonverbindung zwischen Österreich und der VR China besteht. d) VR China /Sozialistische Staaten Allgemein Das Verhältnis der VR China zu den Staaten des sogenannten Sowjetblocks verschlechterte sich in Auswirkung der chinesisch-sowjetischen Beziehungen seit dem Frühjahr 1971 erheblich; diese Tendenz setzte sich in verstärktem Maße im Berichtszeitraum fort, wobei Peking gleichermaßen von allen osteuropäischen Staaten (mit Ausnahme Jugoslawiens und Rumäniens) bezüglich seiner Innen-, Außen-und Wirtschaftspolitik auf das heftigste kritisiert wurde. Die Reaktion Pekings gegenüber diesen Vorwürfen war von einer betont ruhigen und besonnenen Haltung bestimmt. Im Gegensatz zu früheren Jahren der sino-sowjetischen Auseinandersetzung beschränkte sich Peking auf gelegentliche Repliken und nahm darüber hinaus die gegen sie erhobenen Vorwürfe offiziell nicht zur Kenntnis.

Sowjetunion 16/11: Ein Artikel in der „Iswestija" betont, daß trotz aller Differenzen „die gute Nachbarschaft und die Freundschaft zwischen der Sowjetunion und China schließlich wieder hergestellt werden wird".

12/III: Pekings Nachrichtenagentur Hsinhua beschuldigt die UdSSR der Zusammenarbeit mit Japan im Streit um die Internationalisierung der „Straße von Malacca"; voraufgegangen war, daß die Regierungen Malaysias, Singapurs und Inonesiens am 16. November 1971 eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht hatten, wonach sie zukünftig die Straßen von Malacca und Singapur gemeinsam verwalten und eine Organisation einrichten wollten, die Sicherheit der Schiffahrt zu gewährleisten; mit der Erklärung wurden japanische Forderungen zurückgewiesen, die Straße von Malacca angesichts der überaus großen Bedeutung dieser Straße für den japanischen Erdölimport und angesichts der japanischen Konzessionen für den Abbau von Ol-und Zinnlagern im Kontinentalschelf der Malacca-Straße zu internationalisieren. Peking stellt sich ausschließlich gegen eine Internationalisierung.

21/III: Auch die 17. Gesprächsrunde der gemeinsamen sino-sowjetischen Kommission für die Grenzschiffahrt endet ergebnislos. Diese jährlichen Treffen scheitern seit den Grenzzwischenfällen von 1969 wegen der ungelösten politischen Grundfragen. Das 17. Gespräch fand vom 6. Dezember 1971 bis 21. März 1972 in der Sowjetunion statt, das 18. Treffen soll in China zu einem noch festzusetzenden Zeitpunkt durchgeführt werden.

Albanien 28/III: Eine chinesische Luftfahrtdelegation unter Leitung des Vizedirektors der chinesischen Generaldirektion für Zivilluftfahrt, Ma Yenhui, unterzeichnet in Tirana ein Abkommen über die Einrichtung einer Direktflugverbindung zwischen den Hauptstädten beider Länder. ÖSSR 10/11: Das Gewerkschaftsblatt „Prace” bejaht die Frage nach einer „wirksamen Kontrolle über Chinas atomare Vernichtungswaffen" als „völlig gerechtfertigt".

Jugoslawien 30/1: Milovan Djilas, ehemaliger Vertrauter Titos, stellt in einem Interview fest, daß es „nur noch in China Kommunismus" gibt.

Nordvietnam 22/1: Unterzeichnung des Protokolls „über weitere unentgeltliche chinesische Lieferungen militärischer Ausrüstungen und wirtschaftlicher Güter" für 1972.

4/III: Premierminister Chou En-lai stattet Nordvietnam einen geheimgehaltenen Besuch ab, um die Unzufriedenheit der Führung in Hanoi mit der Entwicklung der chinesisch-amerikanischen Beziehungen, die durch den Besuch Nixons in Peking entstand, zu beschwichtigen.

Ungarn 29/11: Ungarn begrüßt den Besuch Nixons in China, stellt aber die Frage, ob er „wirklich der Entspannung in der Welt dient, oder nicht gleichzeitig neue Spannungen entstehen läßt". 14/III: In Peking wird ein Handels-und Zahlungsabkommen für 1972 mit Ungarn unterzeichnet.

VR China/Asien Bangla Desh 18/11: Peking kündigt die Schließung seines Konsulates in Dacca an.

Ceylon 12/11: Zwei von insgesamt sieben durch chinesische Kredite finanzierte Schnellboote treffen in Ceylon ein.

Indien 27/1: China wirft Indien „Expansionsgelüste" in Tibet vor.

31/1: Peking fordert Indien auf, seine Truppen aus Ostpakistan abzuziehen.

Japan 13/1: China bekräftigt seinen Anspruch auf die Senkaku-Inseln (Siehe unter „Japan“). 21/1: Chou En-lai erklärt gegenüber einer japanischen Delegation, daß China bereit sei, mit Japan einen nuklearen Nichtangriffspakt abzuschließen, wenn sich die Beziehungen zwischen beiden Staaten normalisiert hätten. 3/III: Die Pekinger Volkszeitung verurteilt Satos Erklärungen vom 28. und 29. Februar sowie 1. März (siehe unter „Japan") als Versuch, die alte Politik Japans, es gebe zwei Chinas und lediglich ein gewisses Anrecht Pekings auf Taiwan, doppelzüngig fortzuführen; Taiwan sei uraltes chinesisches Territorium, von Japan widerrechtlich 50 Jahre lang besetzt gehalten und nach Ende des 2. Weltkriegs China zurückgegeben worden. Wenn Sato weiterhin die Zugehörigkeit Taiwans zu China leugne, sei das ein Akt unverhüllter Feindseligkeit gegenüber dem chinesischen Volk.

10/III: Die chinesische Schiffsagentur teilt mit, daß drei japanische Schiffahrtsgesellschaften die Erlaubnis zum Anlaufen chinesischer Häfen erhalten haben.

Kambodscha 11/II: Unterzeichnung eines Abkommens über chinesische Wirtschafts-und Militärhilfe mit der in Peking residierenden Exilregierung des Prinzen Sihanouk.

Pakistan 31/1— 2/II: Besuch von Präsident Bhutto (siehe unter „Pakistan“).

Philippinen 6— 13/II: Ein philippinischer Sonderbotschafter weilt zu Gesprächen in Peking (siehe unter „Philippinnen“).

VR China/Afrika Nordafrika 24/1: Unterzeichnung eines Protokolls über die „Stärkung der Beziehungen zwischen den Streitkräften des Sudan und der chinesischen Armee".

3/III: VR China nimmt an der internationalen Messe in Kairo teil. 19/III: China kritisiert den sogenannten Hussein-Plan" zur Lösung des Nahostkonfliktes als „Komplott zur Spaltung der Einheit des palästinensischen Volkes" (siehe unter „Jordanien“). 22— 27/111: Eine Delegation unter Mahmoud Riad, dem außenpolitischen Berater und Sonderbotschafter des ägyptischen Präsidenten Sadat, stattet der VR China einen Besuch ab. Hierbei betont der Stellvertretende chinesische Ministerpräsident Li Hsien-nien, die Mittelostfrage sei immer noch nicht gelöst, weil der israelische Zionismus hartnäckig an seiner Aggressions-und Expansionspolitik festhalte und weil zwei Supermächte um die Hegemonie kämpften und sich gegenseitig ihre Einflußsphären streitig machten; der jüngst vorgelegte Hussein-Plan zur Schaffung eines sogenannten Vereinigten Arabischen Königsreichs sei ein neues Komplott des Imperialismus gegen den antiimperialistischen Kampf des palästinensischen Volkes.

Westafrika 14/11: Im Rahmen eines Abkommens über technische Hilfe mit China treffen zwölf chinesische Experten in Sierra Leone ein.

29/11: Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen der VR China und Ghana, die im Februar 1966 durch den Sturz Präsident Nkrumahs abgebrochen wurden. 7/III: Die Regierung von Sierra Leone veröffentlicht eine Erklärung, in der „Gerüchte über die Ausbildung sierra-leonischer Staatsangehöriger zu Guerilleros in Peking" zurückgewiesen werden.

Zentralafrika 15/11: Die V R Kongo unterzeichnet mit Peking Protokolle zu einem Militärabkommen, wonach die VR Kongo militärisches Material für die Ausbildung von Soldaten und Kadern in allen drei Waffengattungen erhalten soll.

23/11: Die Regierung von Zaire begrüßt den Dialog zwischen Washington und Peking. Zaire wird aber erst dann Peking anerkennen, wenn China „den Beweis eines radikalen Wandels in seiner Haltung gegenüber Zaire erbringt".

Ostafrika 6: China und Tansania vereinbaren die Ausbildung von 200 Arbeitern in der Wartung und Bedienung der Eisenbahn durch China. 1— 12/1: Besuch einer chinesischen Delegation in Burundi zu Wirtschaftsgesprächen, die u. a. die Unterzeichnung eines Abkommens über wirtschaftliche und technische Zusammenarbeit sowie eines Handelsabkommens ergeben.

Südafrika 7/11: Die VR China verurteilt das britisch-rho-

desische Abkommen sowie die Pearce-Kommission, die nach chinesischer Interpretation dazu beitragen soll, „Afrika auszuverkaufen". 3/III: China weist sowjetische Berichte über angebliche chinesische Chromkäufe in Rhodesien zurück.

ll/III: Der Vertreter Chinas in den Vereinten Nationen, Chang Yung-kuan, fordert den endgültigen Abzug der „rassistischen weißen Regierung in Südrhodesien".

II. Ostasien Republik China (Taiwan)

14/1: Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Cypern, da dieses Land die VR China anerkennt. 17/1: Der ehemalige japanische Premierminister Nobusuke Kishi besucht Taipeh zu einem vertraulichen Meinungsaustausch als inoffizieller Emissär und informiert u. a. über den Inhalt der Gespräche Premierministers Sato mit Nixon in San Clemente.

17/1: Vizepräsident C. K. Yen erklärt, daß seine Regierung ihre „wirtschaftlichen und kulturellen Reserven mobilisiert", um gegen das Vorhaben Pekings, Taiwan in der internationalen Staatengemeinschaft zu isolieren, vorzugehen.

19/1: Außenminister Chou Shuh-kai erklärt, daß seine Regierung die Beziehungen zu Staaten mit diplomatischen Beziehungen zu Peking aufrechterhalten wird. Auch Beziehungen zu kommunistischen Staaten, die Peking gegenüber nicht freundlich eingestellt seien, wären künftig möglich.

22/1: Präsident Chiang Kai-shek ruft die Welt anläßlich des „Weltfreiheitstages" auf, sich im gemeinsamen Kampf zusammenzuschließen, ohne sich von der „lächelnden Offensive der maoistischen Diplomatie überrumpeln" zu lassen.

31/1: Ein Sprecher des amerikanischen Außenministeriums teilt mit, daß der Sicherheitsvertrag mit Taiwan für „unbestimmte Zeit Gültigkeit" habe. 18/11: Das Außenministerium erklärt, daß es weder einen Kompromiß eingehen noch mit Peking verhandeln werde, um seine zwanzigjährige Auseinandersetzung mit Peking zu beenden. Taiwan wird keinem Abkommen zustimmen, daß Präsident Nixon möglicherweise in Peking über Taiwan schließen werde.

20/11: Chiang Kai-shek gibt seine Absicht bekannt, sein Amt am Ende der mittlerweile 4.sechsjährigen Präsidentschaft niederzulegen. 20/11: Die Nationalversammlung verurteilt Präsident Nixons Chinareise in einer Resolution, in der der Besuch und sein Zeitpunkt als „ernsthafte Bedrohung für das National-interesse Chinas" bezeichnet wird.

21— 28/11: US-Präsident Nixon besucht als amerikanischer Präsident Peking und erster vereinbart mit Chou En-lai Spielregeln internationalen Verhaltens und Verfahren zur Normalisierung der bilateralen Beziehungen;

Taiwanfrage wird auf als Hauptproblem die dem Wege einer Normalisierung Washingtons zu Peking herausgearbeitet; die USA anerkennen, daß Taiwan ein Teil Chinas ist, bestehen aber auf Einhaltung der eingegangenen Verträge der USA mit Nationalchina (was von Kommentatoren als Verknüpfung der Lösung des US-Engagements an Taiwan mit der Lebensdauer des nationalchinesischen „Gimo" [= Chiang Kai-shek] interpretiert wird) (Einzelheiten siehe unter „Vereinigte Staaten“). 29/11: Die Regierung bezeichnet das Kommunique über Nixons China-Reise als „null und nichtig (vgl. „Vereinigte Staaten“). 4/III: Ein Sprecher der Kuo Min-tang teilt den Entschluß Chiang Kai-sheks mit, ein fünftes Mal für die Präsidentschaft zu kandidieren.

6/III: Chiang Kai-shek erklärt, daß die zunehmende Bemühung um eine internationale Entspannung die hervorragende Rolle Taiwans als Drehscheibe in Asien und im pazifischen Raum nicht beeinträchtige. 8/III: Außenminister Chou Shu-kai erklärt, daß Nationalchina bereit sei, die Möglichkeit freundlicherer Beziehungen zur Sowjetunion und anderen kommunistischen Staaten zu überprüfen; Taiwan habe durch seinen Ausschluß aus den Vereinten Nationen neue Handlungsfreiheit erhalten und könne nunmehr einen diplomatischen Kurs einschlagen, der vordem tabu war.

9/III: Der Chef des Geheimdienstes, Generalmajor Yeh Hsiang-chi, gibt bekannt, daß in den letzten zwei Jahren 177 subversive Aktionen auf dem Festland durchgeführt worden sind.

13/III: Die britische Regierung erkennt die Regierung der VR China als die einzig rechtmäßige Regierung Chinas an und zieht ihre diplomatische Vertretung aus Taipeh ab (Einzelheiten siehe unter „China“).

21/III: Chiang Kai-shek wird mit 1 308 von 1 316 Stimmen der Nationalversammlung für weitere 6 Jahre zum Präsidenten gewählt; Vizepräsident C. K. Yen mit 1 059 von 1307 Stimmen für eine 2. Amtsperiode wiedergewählt. Japan 6— 7/1: Premierminister Sato führt in Kalifornien mit dem amerikanischen Präsidenten Nixon auf dessen Sommersitz San Clemente Konsultationsgespräche. Beide Seiten betonen, daß sie auch zukünftig über die Entwicklung ihrer Asienpolitik Konsultationen durchzuführen gedenken. Nixon bestätigte Sato, daß die USA nach der Rückgabe Okinawas erklären würden, es seien sämtliche Verpflichtungen betreffend amerikanischer Kernwaffen auf Okinawa voll erfüllt worden; Sato dankt dafür und erklärt, nach der Rückgabe werde es notwendig sein, die auf Okinawa stationierten US-Streitkräfte in größtmöglichem Ausmaß zu vermindern. Beide Seiten bekräftigen, daß die weitere Stärkung der bereits engen wirtschaftlichen Bande zwischen ihren Ländern von entscheidender Bedeutung für die künftige Entwicklung ihrer Beziehungen sei; sie wollen auf allen Gebieten eng zusammenarbeiten. Nixon sagte Sato zu, er denke nicht daran, bei seinem bevorstehenden Besuch in Peking alte Freunde zu opfern; parallel zum Gespräch Sato — Nixon fand eine Konferenz der Außenminister beider Länder statt, wobei die USA gegenüber dem Wunsch Japans, zwischen den beiden Hauptstädten einen „heißen Draht" einzurichten, keine Bedenken haben. Bei ebenfalls parallel laufenden Gesprächen der Finanz-und Außenhandelsminister trägt die japanische Seite den Plan vor, alle beteiligten Regierungen sollten einen gemeinsamen Entwicklungsplan für die Erschließung von Bodenschätzen im sowjetischen Fernost, in Alaska und Kanada ausarbeiten, was zur politischen Stabilisierung in dieser Regio 11 beitrüge und Japan die Versorgung mit den benötigten Rohstoffen sichere.

18— 18/1: Besuch des französischen Außenministers Schumann (Einzelheiten siehe unter „Frankreich“).

23— 28 1: Konsultationsverhandlungen des sowjetischen Außenministers Gromyko in Tokio (Einzelheiten siehe unter „UdSSR“). 29/1: Sato fordert die VR China auf, zur Normalisierung der Beziehungen in direkte Verhandlungen mit Japan einzutreten. — Außenminister Takeo Fukuda erklärt, daß die Beziehungen Japans zu den USA seien wichtiger als die zu jedem anderen Staat, doch sollte trotzdem die Freundschaft mit der Sowjetunion ausgeweitet werden. Die Rückgabe der Kurilen an Japan sei unumgänglich für eine wirklich stabile Entwicklung der japanisch-sowjetischen Beziehungen.

4/II: Sato gibt bekannt, daß er Präsident Nixon in San Clemente gebeten habe, China zu versichern, daß Japan nie den militaristischen Weg beschreiten werde.

9/II: Gemeinsame Erklärung Japans und der USA über die internationalen Wirtschaftsbeziehungen (Einzelheiten siehe unter „USA"). 10/11: Japan erkennt Bangla Desh an. Außenminister Fukuda erklärt dazu, daß die Entwicklung der freundschaftlichen Beziehungen zu Pakistan davon nicht berührt werde.

11/11: Japan gibt bekannt, daß zwei Diplomaten zu Gesprächen mit nordvietnamesischen Politikern Hanoi besuchten. Die Mission der Diplomaten hänge aber nicht mit dem Acht-Punkte-Plan Präsident Nixons für eine Friedensregelung in Vietnam zusammen. 17/11: Nach einer Mitteilung des Außenministeriums hat die japanische Regierung Tokio als Ort für ein Gipfeltreffen zwischen Pakistans Präsident Bhutto und Mujibur Rahman angeboten.

19/11: Japan und die Mongolische VR nehmen diplomatische Beziehungen auf (Einzelheiten siehe unter „Mongolei"). 26/11: Das Parlament billigt eine Senkung des Verteidigungshaushalts für 1972, die die Opposition durch ihren Boykott des Parlaments für 18 Tage bewirkt hat.

28/11— 1/IH: Ministerpräsident Sato nimmt im Zusammenhang mit der Pekingreise des US-Präsidenten Nixon wiederholt zur Taiwan-frage Stellung: Am 28. Februar erklärt er, daß »es selbstverständlich ist, Taiwan als Territorium der VR China zu betrachten". Am 29. Februar erklärt er, daß er den „Standpunkt der VR China verstehen kann, die behauptet, daß Taiwan ein Teil ihres Territoriums ist". Am 1 März erklärt er, Japan „vertritt nicht den Standpunkt, irgendetwas über die Frage des egalen Anrechts auf Taiwan zu äußern".

11 (II: Eine fünfköpfige Delegation der Ko-meito, einer (1er größten Oppositionsparteien, reist zu einem zweiwöchigen Besuch in die SA, um mit amerikanischen Politikern über die Asienpolitik im Zusammenhang mit Präsident Nixons China-Besuch zu sprechen.

12— 23/II 1: Eine Regierungsdelegation reist mit einem persönlichen Schreiben von Sato, in dem Mujibur Rahman nach Japan eingeladen wird, nach Dacca; die Delegation besucht anschließend auch Nepal und Indien.

24/III: Außenminister Fukuda kritisiert die US-Regierung wegen ihre ausweichenden Haltung in der Frage der Senkaku-Inseln und teilt mit, daß die Regierung einen scharfen Protest an Washington richten werde, wenn die USA eine „neutrale Haltung" einnehmen würden. Nach einer Verlautbarung des Außenministeriums bereitet die Regierung Maßnahmen vor, um die Senkaku-Inseln vor „Ausländern" zu schützen.

25/III: Fukuda gibt der Hoffnung Ausdruck, mit China einen Nicht-Angriffspakt zu schließen, ohne daß der japanisch-amerikanische Sicherheitsvertrag davon beeinträchtigt würde. 27/III: Sato erklärt, daß Japan seine Forderung nach Rückgabe der vier nördlichen pazifischen Inseln — Habomai, Shikotan, Kunashiri und Etorofu (die sogenannte Kurilen-Frage) —, die seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges unter sowjetischer Besetzung stehen, nicht aufgeben werde.

Korea Allgemein 17/11: Süd-und Nordkorea kommen überein, ein Arbeitskomitee zu bilden, um die seit vier Monaten festgefahrenen Rotkreuz-Gespräche über Familienzusammenführung zu aktivieren. Die Gespräche sollen in der Grenzstadt Panmunjom stattfinden.

Nordkorea 2/III: Die Kommission der Vereinten Nationen in Panmunjom stellt fest, daß Nordkorea in der entmilitarisierten Zone befestigte Wälle errichtet habe, und fordert ihre sofortige Entfernung.

Südkorea 4/1: Präsident Park Chung Hee ernennt den bisherigen Minister für Wohnungsbau, Tae Wan on, zum Nachfolger des stellvertretenden Premier und Wirtschaftsplanungsministers Kim Hak Yul, der aus Gesundheitsgründen zurückgetreten ist.

12/1: Park erklärt, daß Korea keine Entscheidung, die von den Großmächten über Korea ohne Beteiligung seiner Regierung gefällt würde, akzeptieren werde. Er hoffe, daß die Chinareise Nixons helfen werde, die Spannungen in Asien und besonders Nordostasien zu reduzieren, verfolge aber die Kontakte Washington—Peking mit „tiefer Sorge".

25/11: Park warnte das koreanische Volk, sich in der gegenwärtigen „komplizierten, sich verändernden außenpolitischen Situation" nicht irre führen zu lassen. Teile des Volkes gäben sich der Illusion hin, daß die Kriegsgefahr geschwunden sei.

8/III: Ein Sprecher des Außenministeriums erklärt, es sei höchst unwahrscheinlich, daß die Vereinigten Staaten Beziehungen mit der „Marionettenclique" in Nordkorea aufnähmen; der amerikanische Außenminister Rogers hatte in Washington erklärt, Nordkorea habe Anzeichen erkennen lassen, daß es an der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu den USA interessiert sei.

18/III: Das Außenministerium beschuldigt Nordkorea, es habe das Waffenstillstandsabkommen ernsthaft verletzt, da es über 9000 Soldaten in der entmilitarisierten Zone bereithalte. Außerdem habe es in dieser Zone mehr als 80 Kilometer befestigte Wälle errichtet.

Mongolische VR 15— 19/11: Die Botschafter Japans und der Mongolei in Moskau treffen erstmalig zu bilateralen Gesprächen zusammen, in denen vereinbart wurde, diplomatische Beziehungen auf Botschafterebene zur Entwicklung der wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenarbeit aufzunehmen. Damit ist die Mongolei das erste kommunistische asiatische Land, mit dem Japan diplomatische Vertreter austauscht. Diese Vereinbarung dürfte erst dadurch ermöglicht worden sein, daß Sowjetaußenminister Gromyko bei seinem Besuch in Japan die grundsätzliche Regelung der zwischen Moskau und Tokio anstehenden Fragen zusagte.

Philippinen 1/1: Präsident Marcos erklärt, daß die US-Basen auf den Philippinen im Falle einer Neutralisierung Südostasiens von den Philippinen verwaltet würden.

2/1: Juan Ponce Enrile wird von Präsident Marcos zum Verteidigungsminister ernannt. Bei einem militärischen Revirement werden u. a. 18 Generale und 20 Obristen verabschiedet; Marcos will nach eigenen Aussagen der Sicherung von Frieden und Ordnung 1972 Priorität einräumen.

12/1: Marcos stellt die vollen verfassungsmäßigen Rechte einschließlich der habeas corpusAkte wieder her, die im August 1971 im Zusammenhang mit der Ermordung von Oppositionspolitikern aufgehoben worden waren. l/II: Außenminister C. P. Romulo erklärt in einem Interview, daß innerhalb der nächsten zwei Jahre mit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur Sowjetunion und zur VR China gerechnet werden könnte. Nach erfolgreichen Sondierungen stehe außerdem der Austausch von Botschaftern mit Jugoslawien und Rumänien bevor, worauf möglicherweise auch die Aufnahme der Beziehungen zu Polen und der CSSR folgen werde.

6— 13/11: Gouverneur B. Romualdez stattet als Sonderbotschafter des Präsidenten einen (vorerst geheimgehaltenen) Besuch in Peking ab. Laut „Manila Times" hat Premier Chou Enlai dem Sonderbotschafter zugesichert, daß China keine Minderheiten auf den Philippinen unterstützen werde, weder moralisch noch finanziell.

24/11: Die Philippinen erkennen Bangla Desh als einen unabhängigen und souveränen Staat an. Gleichzeitig wird der Premierminister von Bangla Desh, Mujibur Rahman, zu einem Besuch auf den Philippinen eingeladen. 25/11: Eine polnische Handelsdelegation trifft zu einem sechstägigen Besuch in Manila ein, um direkte und intensive Handelsbeziehungen mit den Philippinen aufzunehmen.

28/11: Romulo bezeichnet die Pekingreise Nixons als einen „großen Beitrag zum Frieden in Asien".

29/11: Marcos verkündet ein neues Entwicklungsprogramm, nachdem die Einrichtung von Genossenschaften nach israelischem Vorbild vorgesehen ist.

3/III: Marcos benennt einen Sonderausschuß unter Romulo, der die Normalisierung der Beziehungen zur VR China vorbereiten soll. 4/III: Marcos fordert eine asiatische Gipfelkonferenz einschließlich Chinas, Japans, Indiens und Pakistans, auf der „alle Regierungschefs alle Probleme" besprechen könnten. 12/III: Senator Salvador Laurel reist auf Einladung des chinesischen Instituts für Auswärtige Beziehungen nach China, um den „Weg zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Peking“ zu ebnen.

17/III: Die Frau des Präsidenten, Ismelda Marcos, wurde von Premier Kossygin in Moskau zu einem zweieinhalbstündigen Gespräch empfangen. 19/III: Marcos erklärt in einer Fragestunde über die Außenpolitik, daß die Philippinen Beziehungen zur VR China nur dann aufnehmen würden, wenn die traditionelle Bindung des Landes an Taiwan erhalten bleibe. 27/III: Eine fünfköpfige Handelsgruppe von den Philippinen hält sich zu Handelsgesprächen in der VR China auf.

III. Südostasien

USA Kanada Japan EWG BRD Frankreich Italien EFTA Großbritannien Schweden Schweiz Industriestaaten Australien, Neuseeland und Südafrika Entwicklungsländer COMECON Welthandel insgesamt 1960/68 2) 1 6, 6 10, 7 15, 6 10, 1 10, 2 8, 0 13, 7 6, 7 4, 7 8, 5 9, 9 8, 9 6, 4 6, 4 7, 4 8, 3 Exporte 1969 10, 4 9, 6 23, 3 18, 1 17, 0 18, 2 15, 1 15, 2 14, 2 15, 3 15, 5 15, 6 13, 9 11, 9 10, 4 14, 3 1970 13, 8 17, 4 20, 8 16, 9 17, 7 19, 4 12, 5 12, 9 10, 5 19, 2 10, 6 15, 9 7, 1 11, 6 11, 2 14, 4 ) cif-Werte, nur für di犐ރ

15— 27/11: Ein gemeinsames Manöver von Australien, Großbritannien, Neuseeland, den Philippinen, Thailand und den USA mit dem Namen „Seahawk" findet im südchinesischen Meer statt.

17/11: Das US-Außenministerium kündigt eine Reise des stellvertretenden Staatssekretärs für asiatische und pazifische Angelegenheiten, Marshall Greene, in asiatische Hauptstädte an, wo er über den Besuch Nixons in China, den er begleitete, berichten wird. Greene besucht in der Folge Japan, Südkorea, NationalChina, die Philippinen, Südvietnam, Thailand, Indonesien, Australien, Neuseeland, Singapur und Malaysia.

8/III: Außenminister Rogers erklärt in Washington, daß jede Rückzugsbewegung der USA aus der SEATO (South East Asian Treaty Organization) »sehr gefährliche“ Auswirkungen auf die amerikanischen Beziehungen zu Asien haben würde. Es hätten bereits einige Nationen die Ansicht geäußert, daß Präsident Nixons Chinareise einen Rückzug der USA von ihren Vertragsverpflichtungen anzeige.

16/III: Der Generalsekretär der SEATO, J. Vargas, teilt in Bangkok mit, daß die kommunistischen Aktivitäten im SEATO-Bereich seit dem Nixon-Besuch in China nicht zurückgegangen seien, obwohl das Kommunique die „Achtung der Souveränität und territorialen Integrität aller Staaten“ bestätigt habe. Die Waffen, die in Nordthailand erbeutet würden, seien größtenteils chinesischen Fabrikats.

Burma 23— 24/11: Die Kulturministerin der Sowjetunion, Frau J. Furtseva, stattet einen offiziellen Besuch ab.

2/III: Im ganzen Land finden Massenveranstaltungen zur Feier des „Tag des Bauern“ aus Anlaß der „Vollendung des zehnjährigen sozialistischen Aufbaus'Burmas statt. General Ne Win, der Vorsitzende des Revolutionsrates, fordert das Volk auf, für eine neue sozialistisch-demokratische Verfassung einzutreten, die die Demokratie im Land wieder herstellen soll.

20/III: Die Regierung gibt bekannt, daß Burma und Bangla Desh übereingekommen sind, diplomatische Beziehungen auf Botschafterebene aufzunehmen. Burma hatte Bangla Desh im Januar anerkannt und verfügt über ein Generalkonsulat in Dacca.

Indonesien 13/1: Die von der Regierung gestützte „Golkar“ fordert die Rückkehr aller indonesischen Kommunisten aus Peking als Bedingung für eine Normalisierung der Beziehungen zwischen beiden Staaten.

14/1: Militärbehörden Indonesiens haben illegale Schriften beschlagnahmt, die die Chinesen in Indonesien auffordern, Pekings Eintritt in die Vereinten Nationen zu begrüßen und für die weitere Entwicklung „bereit zu sein”. 24/1: Außenminister Malik teilt mit, daß Indonesien von Australien militärische Ausrüstung und Güter einschließlich 25 Sabre-Düsenflugzeuge erhalten habe.

25/11: Indonesien erkennt Bangla Desh an.

28/11— 3/III: Präsident Suharto leitet eine 5tägige Konferenz, die die Verteidigungsund Sicherheitslage sowie die Stärkung der indonesischen Streitkräfte diskutiert.

4/III: Malik erklärt, Indonesien könne mit der Sowjetunion bezüglich einer Internationalisierung der Straße von Malacca nicht übereinstimmen (Einzelheiten siehe unter , VR China — Beziehungen zur UdSSR“). 18/III: Die „Golkar“ schlägt vor, daß Präsident Suharto 1973 eine zweite Präsidentschaft übernehmen solle.

24/III: Die Armeezeitung „Chas“ behauptet, Singapur sei indirekt zu einem Marinestützpunkt der Sowjetunion geworden. Der Handel und die diplomatischen Beziehungen zu Singapur würden von Moskau benutzt, um dessen politischen Einfluß in Südostasien auszudehnen.

Kambodscha 17/11: Die Regierung beschließt die Abschaffung der Todesstrafe, wenngleich diese bis zur Aufhebung des Kriegsrechtes für eine Reihe von Verbrechen noch verhängt werden kann.

10/III: Staatschef Cheng übergibt die Staatsgewalt an Marschall Lon Nol, da „nur Lon Nol fähig ist, das Land zu regieren“. Nach eigenem Bekenntnis hat Cheng Heng alle möglichen Mittel versucht, um die inneren Schwierigkeiten zu lösen, blieb aber erfolglos.

12/III: Lon Nol löst die Regierung auf und kündigt ein neues Regierungssystem an. 13/III: Lon Nol ernennt sich selbst zum Präsidenten von Kambodscha, zum Oberbefehlshaber der Streitkräfte und zum Präsidenten des Ministerrates. 16/III: Der bisher amtierende Ministerpräsident Generalleutnant Sirik Matak gibt seinen Rückzug aus der Politik bekannt, da er nach eigenen Worten angesichts der Studentendemonstrationen gegen ihn in einer Regierung Lon Nol keine Position übernehmen könne. 23/III: Lon Nol kündigt baldige Wahlen und eine neue Verfassung an. — Vertreter militanter Studentenvertretungen geben in Phnom Penh bekannt, daß sie mit 10 der 17 Mitglieder der neuen Regierung nicht einverstanden seien und für deren Ablösung eintreten würden.

Laos 22/1: Premierminister Souvanna Phouma behauptet, daß die Chinareise Präsident Nixons eine der Hauptursachen für die gegenwärtige nordvietnamesische Offensive in Laos, der schwersten der letzten Jahre, sei. Hanoi wolle sowohl China als auch den USA beweisen, daß jede Regelung in Indochina eine Angelegenheit sei, die nordvietnamesische Interessen berühre. 31/1: Der Führer der Kommunisten Neo Lao Haksat, Prinz Souvannu Vong, schickt ein Telegramm an Premier Souvanna Phouma, in dem er wiederholt, daß die Laos-Frage von den betroffenen Parteien auf der Basis der Genfer Laos-Abkommen von 1962 und im Einklang mit der gegenwärtigen Lage in Laos gelöst werden solle. 29/11: Sondergremien von 16 Ländern der ECAFE (Economic Commission for Asia and the Far East) sprechen sich auf einer Konferenz in Bangkok für eine Finanzhilfe an Binnenländer wie Afghanistan, Nepal und Laos durch einen Sonderfonds aus. 2/III: Souvanna Phouma begrüßt, daß im chinesisch-amerikanischen Kommunique die „Prinzipien von Bandung" von beiden Seiten bestätigt werden. In bezug auf Laos drückt er die Hoffnung aus, „daß die Begegnung von Peking die Kommunisten und Progressisten Indochinas veranlassen wird, ihre naive Definition vom Imperialismus zu revidieren". 24/III: Die Regierung von Laos „erkennt Bangla Desh als eine politische und ethnologische Wirklichkeit und als unabhängigen und souveränen Staat an".

Malaysia 16— 18/11: Premierminister Abdul Razak stattet Burma einen offiziellen Besuch ab und erklärt nach seiner Rückkehr am 19. Februar, daß General Ne Win Malaysias Plan einer Großmachtgarantie für die Neutralität Südostasiens unterstütze.

25/11: Razak gibt die Anerkennung Bangla Deshs durch Malaysia bekannt.

26/11: Der Generalsekretär des Commonwealth, Arnold Smith, trifft zu einem Besuch in Kuala Lumpur ein und fordert die Mitgliedstaaten des Commonwealth auf, Bangla Desh bei der Bewältigung seiner Probleme zu helfen. 24/III: Der sowjetische Sonderbotschafter L. I. Mendelewitsch führt im malaysischen Außenministerium Gespräche mit dem Ziel, Unterstützung für den sowjetischen Plan der Internationalisierung der Straße von Malacca zu erhalten.

Singapur 16/11: Die Regierung erklärt ihre Absicht, mit Bangla Desh diplomatische Beziehungen aufzunehmen. l/III: Außenminister Rahim Ishak stellt fest, daß es für kleine Nationen verhängnisvoll sein könne, zu glauben, daß die USA oder die VR China die Interessen der Kleinen vordringlich verfolgen würden. Singapur seinerseits werde eine „positive Neutralität" verfolgen: „Wir haben nichts zu verlieren, aber eine Menge zu gewinnen, wenn wir neutral bleiben."

15/III: Rahim Ishak erklärt, daß Singapur eine Politik der Rassenintegration und nicht die einer Assimilation betreiben werde, um die chinesische Mehrheit mit den nicht-chinesischen Minderheiten zu vereinen.

Thailand 21/1: Der frühere Außenminister Thanat Khoman erklärt, daß im Falle einer Neutralisierung Südostasiens alle ausländischen Truppen abgezogen werden müßten. Er weist darauf hin, daß alle Staaten der ASEAN (Association of South East Asian Nations) außer Indonesien ausländische Truppen auf ihrem Gebiet hätten. „Vielleicht werden wir eine Art schweizer oder schwedischer Neutralität annehmen".

l/III: General Prapas Charusathien erklärt, daß Thailand auch künftighin die Regierung in Taipeh als legale Regierung Chinas beB trachte. Es sei nicht immer erforderlich, der Politik des Verbündeten Amerika zu folgen. Ein Bericht des „Foreign Relations Committee“ in Washington empfiehlt eine zahlenmäßige Begrenzung amerikanischer Truppen in Thailand, das im Begriff sei, die Basis für alle amerikanischen Operationen in Südostasien zu werden.

2/III: Regierungschef Thanom Kittikachorn erklärt, daß seiner Ansicht nach die Bündnis-verpflichtungen der USA mit seinen asiatischen Alliierten trotz des kürzlichen chinesisch-amerikanischen Übereinkommens nicht berührt würden. Er sei der Ansicht, daß jedes Abkommen zwischen Präsident Nixon und Chou En-lai eine Angelegenheit zwischen diesen beiden Staaten sei.

9/III: Die Regierung Kittikachorn wird von drei oppositionellen Parlamentariern beschuldigt, Unruhen ausgenutzt zu haben, um die Verfassung außer Kraft zu setzen, das Kabinett aufzulösen und das Parlament zu übergehen. Gegen die Abgeordneten wurde Haftbefehl erlassen.

Vietnam Allgemein 25/1: US-Präsident Nixon gibt Einzelheiten über bisher erfolglose Geheimverhandlungen mit Nordvietnam bekannt und legt einen gemeinsamen amerikanisch-südvietnamesischen Plan zur Beilegung des Indochinakonfliktes vor (Einzelheiten siehe unter . Vereinigte Staaten“). 27/1: Ablehnung des 8-Punkte-Friedensvorschlags Nixons vom 25. Januar als heuchlerisch und lediglich durch Wahlinteressen diktiert; Forderung nach Annahme des Programms der Provisorischen Revolutionsregierung der Republik Südvietnam durch die USA (Einzelheiten siehe unter . Vereinigte Staaten“). 3/II: Bei den Pariser Friedensgesprächen bieten die Vertreter der Vietkong sofortige Gespräche mit der Regierung in Saigon an, wenn Präsident Van Thieu zurücktrete. Außerdem sichern sie die Freilassung aller amerikanischen Kriegsgefangenen zu dem Zeitpunkt zu, an dem die USA ihre Streitkräfte vollständig aus Südvietnam zurückgezogen hätten, wofür sie die Nennung eines genauen Termins verlangen. Der amerikanische Chefunterhändler, William Porter, fordert die Gegenseite auf, den 8-Punkte-Plan Präsident Nixons anzunehmen; er teilt gleichzeitig mit, daß die USA das Ergebnis einer neuen Präsidentschaftswahl in Südvietnam akzeptieren, werden. 11/11: Die UdSSR lehnt Nixons 8-Punkte-Plan für Indochina ab (Einzelheiten sieh» unter . Sowjetunion“). 16/11: Die Delegationen der USA und Südvietnams teilen den der nächsten Verhandlungsrunde mit, da die «verleumderischen Propagandakampagnen“ der anderen Seite „unvereinbar“ mit den Verhandlungen seien.

23/11: Die Delegationen der USA und Süd-vietnams stimmen einem Vorschlag der Nord-vietnamesen zu, am nächsten Tag eine neue Verhandlungsrunde der Friedensgespräche zu beginnen, 24/11: Nordvietnam sagt die vereinbarte Tagung der Friedensverhandlungen als Protest gegen die Bombardierung Nordvietnams durch die USA ab.

l/III: Die Delegationen der USA und Südvietnams bei den Pariser Gesprächen lehnen eine Teilnahme an der für den 3. März vorgesehenen nächsten Sitzung ab, da der Boykott der Tagung vom 24. Februar eine Atmosphäre geschaffen habe, in der weitere Zusammenkünfte nicht sinnvoll seien.

23/III: Marshall Greene teilt in Washington mit, daß die USA auch nach dem Rückzug ihrer Truppen aus Indochina weiterhin ihre Luftwaffenunterstützung fortsetzen werden, da durch eine Einstellung der Bombardements nach dem Abzug der letzten Truppen die Bemühungen um eine politische Lösung geschwächt würden. Porter gibt in Paris bekannt, daß die USA an den Gesprächen zunächst nicht mehr teilnähmen; Präsident Nixon habe persönlich angeordnet, daß die Gespräche solange unterbrochen blieben, bis die Gegenseite die Bereitschaft zu ernsthaften Diskussionen über konkrete Punkte zeigen werde und darauf verzichte, die Gespräche als Propagandaforum zu mißbrauchen. Die USA seien allerdings bereit, wenn die Gegenseite das wünsche, die nächsten Gespräche wieder als Geheimgespräche zu führen.

Nordvietnam 30/1: Nordvietnam gibt bekannt, daß es im Juni 1971 einen geheimen 9-Punkte-Friedensplan den USA übermittelt habe und beklagt, daß Washington diesen Plan nicht ernsthaft geprüft habe.

2/II: Das Außenministerium dementiert Gerüchte aus Phnom Penh über einen Plan für Friedensgespräche zwischen Kambodscha und Nordvietnam; Hanoi unterhalte Beziehungen nur zur Regierung Prinz Sihanouks. 5/II: Nordvietnam erklärt offiziell, daß es den 8-Punkte-Plan Präsident Nixons nicht akzeptiere, andererseits aber den 7-Punkte-Plan des Vietkong uneingeschränkt unterstütze; die Regierung fordert die USA auf, ihre „aggressive und neokolonialistische Haltung" aufzugeben und positiv auf die Erklärung des Vietkong zu antworten.

3/III: Nordvietnam beschuldigt Präsident Nixon des Versuchs, die kommunistische Welt zu spalten. Das Organ der Arbeiter-Partei (KP), Nhan Dan, erklärt in einer ersten Erwähnung der Chinareise Nixons, daß die USA „Feind Nr. 1 der Völker der Welt" seien. 12/11— 5/III: Während des Nixon-Besuchs in Peking, der in Nordvietnam amtlich nicht zur Kenntnis genommen wird, stattet Prinz Norodom Sihanouk Nordvietnam einen Freundschaftsbesuch ab. In Gesprächen mit Regierungsvertretern werden die sogenannten 8 Friedenspunkte Nixons vom 25. Januar auf das schärfste zurückgewiesen, weil sie darauf abzielten, die amerikanischen Truppen zwar zurückzuziehen, aber trotzdem die neokolonialistische Herrschaft der USA in den 3 Ländern Indochinas aufrechtzuerhalten und den Marionetten-Regierungen in Saigon, Phnom Penh und Vientiane den Anschein der Unabhängigkeit und Neutralität zu geben. — Am 4. März stattet auch der chinesische Ministerpräsident Chou En-lai Hanoi einen geheimen Besuch ab. über die Gespräche wird nichts bekanntgegeben. — Die nordvietnamesische Parteizeitung Nhan Dan bezeichnet am 4. März in einem Kommentar zu den jüngsten Erklärungen Nixons über Indochina den US-Imperialismus weiterhin als den gefährlichsten Feind aller Nationen dieser Erde.

Südvietnam 8/1: Die Regierung in Saigon untersagt dem neuen indischen Vorsitzenden der Internationalen Kontrollkommission (ICC) sowie allen anderen indischen Mitgliedern die Einreise nach Südvietnam wegen der Aufwertung der diplomatischen Beziehungen zwischen Indien und Nordvietnam (siehe unter „Indien“). Ein Kommunique des Außenministeriums kündigt einen Protest bei den Mitvorsitzenden — Großbritannien und der Sowjetunion — an und fordert eine Überprüfung von Indiens Vorsitz im ICC.

13/1: US-Präsident Nixon kündigt an, daß bis zum 1. Mai weitere 70 000 amerikanische Soldaten aus Vietnam abgezogen werden, so daß dann nur noch 79 000 amerikanische Soldaten in Südvietnam stehen würden. Eine Ankündigung über einen weiteren Abzug soll innerhalb von drei Monaten erfolgen.

15/1: Präsident Nguyen Van Thieu kündigt eine Überprüfung der Zuverlässigkeit von Provinzgouverneuren und Kommandeuren der Streitkräfte an, die seine politische Position stärken und die Korruption eindämmen soll. 23/1: Außenminister Tran Van Lam protestiert im Namen der Regierung gegen die Entscheidung Frankreichs, eine Weltkonferenz für Frieden und Unabhängigkeit Indochinas, die vom 11. bis 13. Februar in Paris stattfinden soll, zu unterstützen.

24/1: In Washington teilt ein amerikanischer Senator mit. daß die Vereinigten Staaten demnächst Hanoi das Angebot unterbreiten werden, alle amerikanischen Truppen im Austausch für amerikanische Kriegsgefangene abzuziehen. 25/1: US-Präsident Nixon gibt Einzelheiten über bisher erfolglose Geheimverhandlungen mit Nordvietnam und einen mit Südvietnam abgestimmten 8-Punkte-Friedensplan bekannt, den Nordvietnam am 27. Januar als heuchlerisch und nur durch Wahlüberlegungen diktiert zurückweist (Einzelheiten siehe unter „Vereinigte Staaten").

26/1: Präsident Van Thieu bietet neue nationale Wahlen an, an denen sich auch der Vietkong beteiligen könne, und teilt darüber hinaus mit, daß er und Vizepräsident Tran Van Huong bereit seien zurückzutreten, falls dadurch die Verwirklichung des 8-Punkte-Vorschlags vom 25. Januar erleichtert werde. Thieu fordert außerdem eine neue Südostasien-Friedenskonferenz, auf der die Neutralisierung Südostasiens behandelt werden sollte, schränkt aber ein, daß die Wiedervereinigung von Nord-und Südvietnam eine Angelegenheit sei, die nur von den beiden Parteien und ohne fremde Einmischung entschieden werden könne.

2/III: Außenminister Van Lam erklärt, daß das amerikanisch-chinesische Kommunique der Politik Saigons entspreche. „Niemand der den Frieden liebt, kann den Besuch kritisieren“.

IV. Südasien

Jahresende

bzw.

Jahr 1964 1965 1966 1967 1968 3) 1968 3) 1969 1970 1965 1966 1967 1968 1969 1970 Nominalkapital

Zahl in Mill.

DM der Unte rnehmen mit ausländischer Beteilig ung 1) Stand 4 042 4 734 4 945 5 110 5 375 6 988 7 410 7 761 Veränderung + 692 + 211 + 165 + 265 + 422 + 351 16 123 19 051 21 533 23 252 24 584 26 538 28 321 30 263 + 2 928 + 2 482 + 1 719 + 1 332 + 1 783 + 1 942 Auslandsanteil in Mill. DM am Nominalkapital 11 643 13 594 15 193 16 825 18 023 18 972 20 242 21 627 + 1951 + 犐ރ

Bangla Desh 2/1: Ein Sprecher des Außenministeriums erklärt alle politischen Vereinbarungen und finanziellen Verpflichtungen, die aus der 25jährigen Herrschaft Ostpakistans über Bangla Desh resultieren, für „null und nichtig"; seine Regierung werde neue politische und wirt-schaftliche Vereinbarungen mit ausländischen Staaten abschließen, wobei die nationalen Interessen Bangla Deshs maßgeblich seien. 3/1: Die Vertretungen der Regierung von Bangla Desh in Indien verweigern die Erteilung von Visa, wenn die ausländischen Pässe nicht besondere Sichtvermerke enthalten; die Maßnahme soll der de facto-Anerkennung von Bangla Desh dienen.

3— 9/1: Pakistan läßt Scheich Mujibur Rahman frei, der über London nach Dacca reist (Einzelheiten siehe unter „Pakistan“). 10/1: Mujibur Rahman trifft auf seiner Reise von London nach Dacca in Neu-Delhi zu einem dreistündigen Gespräch mit Indira Gandhi, Präsident V. V. Giri und Diplomaten aus etwa 20 Staaten zusammen.

12/1: Mujibur Rahman ruft sich nach dem Erlaß einer provisorischen Verfassung zum Premierminister von Bangla Desh aus. Das Parlament von Bangla Desh wird sich aus den vor einem Jahr gewählten Personen zusammensetzen, die ursprünglich für die pakistanische Nationalversammlung gewählt worden waren, welche jedoch nie zusammentrat (der Ausgang dieser Wahl hätte Ostpakistan die Herrschaft im ganzen Staat gebracht; Westpakistan weigerte sich, das Wahlergebnis anzuerkennen; die Folgen waren der Bürgerkrieg und das Entstehen Bangla Deshs). Abu Sayeed Choudhury, ein früherer Richter, wird als Präsident vereidigt.

13/1: Nach Indien, Bhutan, der DDR, Bulgarien, Polen und der Mongolei ist Burma der 7. Staat, der Bangla Desh anerkennt. 15/1: DDR-Außenminister Winzer besucht als erstes Mitglied einer Regierung die neue „Volksrepublik Bangla Desh", wird von Präsident Choudoury, Premier Mujibur Rahman und Außenminister Abdus Samad Azad zu Gesprächen empfangen, mit denen er unter Bezugnahme auf ein Schreiben des DDR-Staatsratsvorsitzenden Ulbricht vom 11. Januar 1972 an Mujibur Rahman unter Hinweis auf die Wiener Konvention vom 18. April 1961 die gegenseitige Anerkennung und die Aufnahme diplomatischer Beziehungen auf Botschafter-ebene vereinbart.

17/1: Mujibur Rahman fordert alle ostbengalischen Guerillas auf, innerhalb von zehn Tagen ihre Waffen der Regierung abzugeben. Waffenbesitz nach dieser Zeit wird als illegal betrachtet. 21/1: Paul Mark Henry, Assistent des UN-Generalsekretärs, erklärt in Dacca, daß die Regierung von Bangla Desh und die Vereinten Nationen gemeinsam ein Aufbauprogramm für 10 bis 15 Mill. Menschen in Bangla Desh vorbereiten. 25/1: Die VR China zieht alle 39 Mitglieder ihres Generalkonsulates aus Dacca ab.

28/1: Mujibur Rahman kündigt die Schließung der amerikanischen Botschaft in Dacca an für den Fall, daß alle westlichen Nationen mit Ausnahme der USA Bangla Desh anerkennen würden.

11/1— 2/II: Nachdem als erster Ostblockstaat die DDR am 11. Januar Bangla Desh anerkannt hatte, folgten bis zum 26. Januar die übrigen Ostblockstaaten; soweit Pakistan zu ihnen diplomatische Beziehungen unterhielt, brach es sie — mit Ausnahme im Falle UdSSR — ab; nachdem Australien, Neuseeland und Großbritannien am 30. Januar ihre Absicht bekanntgaben, Bangla Desh anzuerkennen, erklärte Pakistans Präsident Bhutto am gleichen Tag den Austritt Pakistans aus dem Commonwealth. — Die Vertreter der sechs ursprünglichen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften sowie der mit Abkommen vom 22. Januar beigetretenen vier Staaten erklärten am 2. Februar nach einer außenpolitischen Konsultationskonferenz ihre Absicht, Bangla Desh einzeln anzuerkennen.

4/II: Mujibur Rahman gibt die Bewerbung Bangla Deshs um Mitgliedschaft im Commonwealth bekannt.

6— 8/II: Mujibur Rahman stattet Indien seinen ersten Auslandsbesuch als Ministerpräsident ab; er erklärt in Kalkutta, nach den Verwüstungen des Krieges sei es für Bangla Desh unmöglich, besondere Beziehungen mit Pakistan anzuknüpfen; doch hoffe er auf ein friedliches Nebeneinander. Die USA seien Komplizen des pakistanischen Militärregimes gewesen; trotz der guten Freundschaft mit der UdSSR werde in Bangla Desh der Kommunismus keinen Platz finden; die künftige Politik Bangla Deshs basiere auf Nationalismus, Sozialismus, Demokratie und Laizismus; eine gemeinsame Abschlußerklärung gibt bekannt, daß der Abzug der indischen Truppen bis zum 25. März vereinbart worden sei; man wolle in Zukunft regelmäßige Gespräche und Konsultationen durchführen und besonders eng Zusammenarbeiten; nur jene Staaten hätten bisher Bangla Desh noch nicht anerkannt, die Unfrieden in diese Region der Welt tragen wollten. 1 l/II: Frankreich erkennt Bangla Desh an.

18/11: Mujibur Rahman bittet um sofortige Hilfe aus dem Ausland, da 3 Mill, der Bevölkerung als Folge des Krieges mit Pakistan umgekommen und 25 Mill, obdachlos seien. 2— 23/11: Der Geralsekretär des Commonwealth, Arnold Smith, weilt in Dacca, um sich über die Lage zu unterrichten.

25/11: Die Regierung kündigt den endgültigen Abzug der indischen Truppen aus Bangla Desh bis zum 15. März an.

1— 5/III: Mujibur Rahman weilt zu einem Freundschaftsbesuch in der UdSSR, wo er mit den Führern von Partei und Staat Gespräche führt. In einer gemeinsamen Erklärung wird festgelegt, daß beide Seiten auf allen Gebieten eng zusammen arbeiten wollen: in Kürze sollen Experten konkrete Programme ausarbeiten; man unterzeichnete Abkommen über den Bau eines Wärmekraftwerks, von Rundfunk-stationen, eines Werkes für Elektroausrüstungen sowie über die Prospektierung von Erdöl und Erdgas. Die UdSSR wird beim Aufbau von Meeresfischerei und Hochseefischerei und beim Ausbau von Eisenbahn-und Luftverkehr Hilfe leisten. Man vereinbart die Durchführung regelmäßiger Konsultationen und unterzeichnet ein Abkommen über dringende Hilfsmaßnahmen für die Bevölkerung Bangla Deshs. Hierzu stellt die UdSSR einen Kredit von 38 Mill. Rubel zu 2 °/o Zinsen sowie Schiffe, Fischerei-fahrzeuge, Lokomotiven, Reis und Speiseöl im Wert von 5 Mill. Rubel zur Verfügung. 12/III: Indische Truppen halten in Dacca eine Parade zur Feier ihres Abzuges aus Bangla Desh ab.

17— 19/III: Besuch der indischen Ministerpräsidentin Gandhi, Unterzeichnung eines Friedens-und Freundschaftsvertrages (Einzelheiten siehe unter „Indien“).

22/III: Die Agentur für Internationale Entwicklung (AID) kündigt in Washington eine Unterstützung in Höhe von 3, 12 Mill. US-Dollar für Bangla Desh an.

26/III: In Dacca werden Feiern zum 1. Jahrestag der Erklärung der Unabhängigkeit abgehalten. — Mujibur Rahman verkündet ein Verstaatlichungsprogramm, nach dem Jute-, Textil-und Zuckerfabriken sowie die Versicherungen und die einheimischen Banken verstaatlicht werden sollen. Nur ausländische Banken und Versicherungen werden ausgeschlossen. 29/III: Der Direktor des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen, Henry Labouisse, gibt das Hilfsprogramm für die Bevölkerung von Dacca bekannt, das mit insgesamt 20 Mill. US-Dollar durchgeführt werden soll.

31/III: Mujibur Rahman teilt mit, daß es Rebellen mit dem Namen „Naxaliten“ gebe. Diese versuchten, die Beziehungen zwischen Bangla Desh und Indien zu stören. (Die „Naxaliten“ sind eine maoistisch orientierte Aktionsvereinigung, die im März 1967 ihre Aktionen mit dem „Aufstand von Naxallari" im Darjeeling-Distrikt von Westbengalen begannen; Hauptziel ihrer Aktionen ist die Aneignung von Land, und zwar vorwiegend von brachliegendem Regierungsland und von Groß-grundbesitz). Ceylon 2/II: Die Regierung Ceylons wird vom 1. März an Personalausweise an alle Bürger ausgeben, die neben einem Foto auch eine Nummer für jeden Einwohner enthalten.

9/II: Die Regierung erläßt für Hippies ein Aufenthaltsverbot. Indien 2/1: Außenminister Swaran Singh erklärt, daß Pakistan mit der vollen Unterstützung Indiens rechnen könne, wenn Präsident Bhutto die Demokratie wiederherstelle.

7/1: Nach Meldungen der indischen Presse hat sich der Oberkommandierende der Rebellen-armee der Nagas, Thinouselie, mit drei seiner Kommandeure am 22. Dezember 1971 der indischen Armee in Dacca ergeben.

7/1: Indien und Nordvietnam vereinbaren die Aufwertung ihrer diplomatischen Vertretungen auf der Ebene von Botschaften und einem baldigen Austausch von Botschaftern.

7/1: Der Botschafter der USA, K. Keating, übergibt der indischen Regierung eine Protestnote, in der der amerikanischen Verstimmung über die Aufwertung der diplomatischen Verbindungen zu Nordvietnam Ausdruck gegeben wird, zumal Indien in Saigon lediglich ein Konsulat unterhalte; die indische Regierung weist den Protest am 9. Januar zurück.

9/1: Bihar wird als 5.der 18 Unionsstaaten seit den allgemeinen Wahlen im März 1971 unter „Presidential rule“ gestellt.

9/1: Die Regierungen von Indien und Bangla Desh fordern die internationale Anerkennung Bangla Deshs, einschließlich der durch die USA.

11/1: Ein Regierungssprecher gibt bekannt, daß etwa 2 Mill, der ca. 9, 3 Millionen ostbengalischer Flüchtlinge in ihre Heimat zurückgekehrt sind.

9— 16/1: DDR-Außenminister Winzer stattet einen offiziellen Besuch ab, in dessen Verlauf er vom Präsidenten Giri, der Ministerpräsidentin Gandhi und Außenminister Singh zu Gesprächen empfangen wird. Indiens Politiker weisen auf die Freundschaft der DDR zu ihrem Land und die erwiesenen Hilfen hin. Sie wünchsen, daß diese freundschaftlichen Beziehungen andauern werden und beziehen in diese Hoffnung Bangla Desh ein (das Winzer am 15. Januar besucht: siehe unter „Bangla Desh“). Winzer betont, daß die Haltung der DDR gegenüber dem indischen Subkontinent und insbesondere gegenüber den jüngsten Vorgängen (3, indisch—pakistanischer Krieg) der Haltung der UdSSR und des ganzen sozialistischen Lagers entspreche. Er weist darauf hin, daß die Anerkennung souveräner Entscheidungen der Völker auf dem indischen Subkontinent durch die DDR eine Anerkennung der souveränen Entscheidungen der DDR wert sei. Die gegenseitigen Beziehungen auf allen Gebieten und ihre gute Weiterentwicklung könnten um so schneller zunehmen, je eher man dafür sorge, daß diese Beziehungen in jeder Hinsicht voll entwickelt würden.

16/1: Verteidigungsminister Jagjivan Ram erklärt, daß sich die indischen Truppen erst dann aus Westpakistan zurückziehen werden, wenn eine Einigung über die Grenzfrage erreicht sei. 22/1: Ein Regierungssprecher teilt mit, daß bis zum 18. Januar 5 724 976 Flüchtlinge nach Bangla Desh zurückgekehrt seien.

31/1: Die regierende Kongreßpartei Frau Gandhis unterzeichnet ein Abkommen mit der prosowjetischen KP Westbengalens im Hinblick auf die Wahlen am 11. März; dieses „demokratische Allianz" genannte Bündnis will versuchen, eine „fortschrittliche und stabile Regierung in Westbengalen" zu schaffen (die frühere Regierung war unter den Belastungen durch die Flüchtlinge aus Ostpakistan zusammengebrochen). 2/II; Premierministerin Indira Gandhi erklärt, daß der nationale Notstand nicht aufgehoben werde, da „wir nicht wissen, ob der gegenwärtige Friedenszustand wirklich Friede bedeutet oder nur eine Atempause ist".

3/II: Verteidigungsminister Ram stellt fest, daß die Beobachtergruppe der Vereinten Nationen in Kaschmir keine nützliche Funktion mehr erfülle und schlägt ihren Rückzug vor.

3/II: Die Regierung von Kaschmir verbannt die Frau des früheren Premiers Scheikh Abdullah, Begum Abdullah, für die Dauer von 6 Monaten und verhaftet 20 Personen wegen sezessio-nistischer Aktivitäten.

6— 8/11: Besuch des Premierministers von Bangla Desh (Einzelheiten siehe unter „Bangla Desh“).

68/II: Der britische Außenminister Douglas-Home besucht Indien (Einzelheiten siehe unter «^toßbritannien'). 7/II: Indira Gandhi überreicht Mujibur Rahman einen Scheck über 110 Mill. Rupies zur Linderung der dringlichsten Nöte in Bangla Desh. Außerdem gewährt Indien Bangla Desh eine Anleihe von 5 Mill. engl. Pfund.

9/II: Präsident Nixon erklärt seine Bereitschaft, mit Indien einen ernsten Dialog über die Zukunft der gemeinsamen Beziehungen beginnen zu wollen. Die zukünftigen Beziehungen zu Indien hängen seiner Ansicht nach vom „Respekt der beiderseitigen Ansichten“ ab. 19/11: Die Regierung erklärt, daß sie bereit ist, Friedensgespräche mit Pakistan „direkt, zu jeder Zeit, auf jeder Ebene und ohne Vorbedingungen" aufzunehmen.

Indira 21/11: Gandhi drückt ihre Bestürzung über die Pekingreise Nixons aus und erklärt, daß Indien jede chinesisch-amerikanische Vereinbarung, die asiatischen Ländern Bedingungen auferlege, ignorieren würde. 25/11: Das Internationale Rote Kreuz beginnt mit dem Austausch von Kriegsgefangenen zwischen Indien und Pakistan.

28/11: Verteidigungsminister Ram erklärt, daß die Bihari-Muslims in Indien nicht aufgenommen würden. Das Problem soll nach indischer Ansicht von Pakistan und Bangla Desh geregelt werden.

l/III: Indira Gandhi macht Pakistan ein neues Friedensangebot und sagt den Rückzug aller indischen Truppen aus Bangla Desh bis zum 12. März zu. Indien sei auch bereit, alle offenen Fragen mit Pakistan durch bilaterale Gespräche zu regeln.

5— 1 l/III: In 16 der 21 indischen Gliedstaaten und in den Unionsterritorien Delhi und Goa finden Landtagswahlen statt, bei denen die von Frau Gandhi geführte Kongreßpartei ihre Gesamtmandatszahl von 1406 auf 1925 der insgesamt 2724 Mandate erhöhen konnte. In 12 Gliedstaaten und in Delhi errang die Partei die 2/3-Mehrheit, in 2 weiteren Gliedstaaten die absolute Mehrheit; lediglich in Meghalaya, in Manipur und Goa waren lokale Parteien erfolgreicher (in Meghalaya z. B. gewann die All Party Hill Leaders'Conference von den 60 Sitzen 51, die Kongreßpartei die restlichen 9).

8/III: Indira Gandhi beschuldigt die USA, Pakistan wiederzubewaffnen. Dies richte sich gegen Indien.

10/III: Das Verteidigungsministerium gibt bekannt, daß 12 pakistanische Kriegsgefangene nach einem bewaffneten Zwischenfall in einem Kriegsgefangenenlager ihren „Verletzungen erlagen". 11/III: Dr. A. N. Malik wird zum ersten Botschafter Bangla Deshs in Indien ernannt. 16/III: Pakistans Präsident Z. A. Bhutto erklärt sich gegenüber zwei indischen Journalisten zu Friedensgesprächen mit Indien bereit. 17— 19/III: Frau Gandhi stattet Bangla Desh ihren ersten offiziellen Besuch ab. Ein gemeinsames Kommunique stellt fest, man habe die grundlegenden Probleme der zukünftigen Zusammenarbeit erörtert; es sei zu hoffen, daß pakistanische Offiziere und Soldaten, die Kriegsverbrechen begangen hätten, ebenso wie Zivilisten, vor Gericht gestellt würden; kranke und verwundete Kriegsgefangene, die keine Kriegsverbrechen begangen hätten, wolle man auf Gegenseitigkeit entlassen; der Indische Ozean müsse frei bleiben vom Machtkampf der Großmächte; es sollten in diesem Raume keine militärischen Basen errichtet werden; die freie Handelsschiffahrt sei für die Anrainer lebenswichtig. Man vereinbart die Vorbereitung von Abkommen über enge Zusammenarbeit auf allen Gebieten und Konsultationen mindestens alle 6 Monate; man unterzeichnet einen „Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und Frieden", der zunächst die Grundsätze der gegenseitigen Beziehungen formuliert und an bedeutenden Details die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Flugkontrolle und Bewässerungsmaßnahmen fixiert; der Vertrag hat eine Laufzeit von 25 Jahren. Indien will Bangla Desh 1 Mrd. DM für den wirtschaftlichen Wiederaufbau zur Verfügung stellen. Am 29. März wird ein Handelsabkommen unterzeichnet, wonach Indien an Bangla Desh für 150 Mill. Rupien Waren liefert und aus Bangla Desh für 195 Mill. Rupien Waren bezieht; der Handel soll in beiden Richtungen ein Volumen von 500 Mill. Rupien nicht überschreiten; nur ein Warenaustausch über dieses Volumen hinaus soll in Devisen verrechnet werden; beide Staaten räumen sich die Benutzung der gegenseitig notwendigen Wasser-und sonstigen Verkehrswege ein; Indien stellt Bangla Desh ferner 2 Mrd. Rupien Warenkredite insbesondere für den Ankauf von Reis und Weizen zur Verfügung. 24/III: Außenminister Swaran Singh erklärt, daß Überlegungen angestellt würden, den Sitz der Internationalen Kontrollkommission in Vietnam von Saigon nach Hanoi zu verlegen.

Nepal 16/1: Nepal erkennt die Regierung der VR Bangla Desh an. 25— 28/1: Der Präsident der Weltbank, Robert S. McNamara, erörtert in Kathmandu Entwicklungshilfeprojekte. 23/11: Die Regierungen von Kuweit und Nepal kommen überein, diplomatische Beziehungen auf Botschafterebene aufzunehmen.

15/III: Indien sagt Nepal Fernmeldeeinrichtungen im Wert von 7, 2 Mill. US-$für die Installation von Fernsprechämtern zu.

Pakistan 2/1: Auf Veranlassung Präsident Bhuttos werden 10 der größten Industriebetriebe Pakistans als Teil einer Reform der Industrie verstaatlicht (ausländisches Eigentum wurde bisher davon nicht betroffen).

3/1: Präsident Bhutto kündigt die Freilassung des Bengalenführers Scheich Mujibur Rahman an.

8/1: Mujibur Rahman wird nach 10 Monaten Haft freigelassen und fliegt nach London. Auf einer Pressekonferenz erklärt er, daß Präsident Bhutto ihn gebeten habe, mit Pakistan zusammenzuarbeiten; doch könne er darauf nicht antworten, bevor er zu seinem Volk zurückgekehrt sei.

10/1: Das Außenministerium läßt durch einen Sprecher bekanntgeben, Pakistan sei nunmehr für die Verwirklichung des sowjetischen Vorschlags, wenn nicht ein asiatisches Sicherheitssystem, so doch wenigstens ein Sicherheitssystem für den indischen Subkontinent zu unterstützen. (Der Generalsekretär des ZK der KPdSU, Leonid Breshnew, hatte am 7. Juni 1969 vor der 3. Weltkonferenz der kommunistischen Parteien in Moskau die Schaffung eines Systems kollektiver Sicherheit in Asien vorgeschlagen; in der Folge verhandelte der sowjetische Ministerpräsident Kossygin auf einer Reise nach Indien, Afghanistan und Pakistan mit den Regierungen über Möglichkeiten einer Durchführung des Projektes; der sowjetische Staatspräsident Podgornij verhandelte in Nordkorea und der Mongolei; außerdem fand im Juni 1969 in Moskau eine Konferenz der sowjetischen Botschafter in Nordvietnam, Nordkorea, Japan, Laos, Kambodscha, Thailand, Malaysia, Singapur, Indonesien, Australien, den USA und der VR China über die Frage eines solchen Systems und seiner Verwirklichung statt. Pakistan hatte bisher den Plan abgelehnt).

11/1: Präsident Bhutto fliegt nach Peshawar, der Hauptstadt der nordwestlichen Grenzprovinz, um mit den Führern der Pathanen zu verhandeln, wie die gespannten Beziehungen zwischen diesem Volk und der Regierung be reinigt werden könnten. Der Führer der Pathanen und Vorsitzende der nationalen Awami-Partei (nicht mit der Awami-Liga von Mujibur Rahman zu verwechseln), Khan Abdul Wali Khan, erklärt Bhutto, er habe niemals die Unabhängigkeit oder einen autonomen Pathanen-Staat gefordert, wohl aber ein größeres Maß an Selbstregierung für die Pathanen-Provinz; hingegen erklärt der Vorsitzende des Peshawar-Stadtkomitees der Awami-Partei, Sayeed Mohammed Ayub, die Pathanen seien bereit zum Kampf für den Fall, daß Bhutto nicht das Kriegsrecht aufhebe, die Demokratie wiederherstelle, die Selbstregierung der Pathanen zulasse, Bangla Desh anerkenne und freundschaftliche Beziehungen zu Indien wiederherstelle; anderfalls werde das pathanische Volk ebenso um seine Freiheit kämpfen, wie das die Ostbengalen getan hätten-, die Rolle Indiens werde in dem Fall Afghanistan übernehmen; nach Errichtung eines unabhängigen Phatanen-Staates werde dieser engste Beziehungen zu Afghanistan, Indien und der UdSSR aufnehmen.

12/1: Bhutto erläßt eine Verfügung, nach der alle Pakistani ihr Eigentum aus dem Ausland in die Heimat zurückführen müssen.

13/1: Bhutto gibt der Hoffnung Ausdruck, demnächst wieder mit Mujibur Rahman zusammenzutreffen. 15/1: Pakistan ruft seinen Botschafter aus Rangun nach der Anerkennung von Bangla Desh durch Burma ab, ohne die diplomatischen Beziehungen abzubrechen.

25/1: Pakistan ruft seinen Botschafter aus Moskau zu Konsultationen zurück, doch bedeutet dies nach Aussagen Bhuttos nicht den Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit der Sowjetunion als Reaktion auf die Anerkennung von Bangla Desh.

30/1: Pakistan tritt aus dem britischen Commonwealth aus, nachdem Großbritannien, Australien und Neuseeland angekündigt hatten, Bangla Desh demnächst anzuerkennen. 31/1— 2/II: Präsident Bhutto stattet Peking in Begleitung der Oberbefehlshaber von Luftwaffe, Heer und Marine sowie seiner wichtigsten außenpolitischen Berater und des Außenministers einen Besuch ab, in dessen Verlauf er von Mao Tsetung empfangen wird und mit Chou En-lai und militärischen Führern den der VR China Gespräche führt. Chou En-lai bekräftigt die chinesische Haltung in der Pakistanfrage und gewährt Pakistan finanzielle Hilfe durch die Umwandlung von 4 Darlehen im Gesamtwert von HO Mill. $in Beihilfen sowie durch die Verlängerung der Rückzahlungsfrist für ein weiteres Darlehen von 200 Mill. $um 20 Jahre. In einer Gemeinsamen Erklärung betonen beide Seiten ihre Besorgnis über das Schicksal pakistanischer Zivil-und Kriegsgefangener in Ostpakistan und in indischer Hand.

17/11: Bhutto weist einen Vorschlag Mujibur Rahmans zu einem sofortigen Austausch von Bihari-Moslems in Bangla Desh gegen Bengalis in Pakistan zurück, erklärt aber seine Bereitschaft, mit Indien über die Repatriierung von ca. 100 000 Kriegsgefangenen aus Indien zu verhandeln.

18/11: Informationsminister Abdul Hafiz Pirzada teilt den Beschluß der pakistanischen Volkspartei mit, daß Pakistan aus »höchsten nationalen Interessen“ für unbegrenzte Zeit unter Kriegsrecht stehen werde.

19/11: Die Regierung verschiebt die für den 15. März angesetzten städtischen Wahlen bis nach der Einberufung der Provinzversammlungen am 23. März.

22/11: Bhutto weist das indische Angebot zu direkten Gesprächen ohne Vorbedingungen mit Pakistan zurück, da sie seiner Ansicht nach ein taktischer Zug seien, um die beginnenden sino-amerikanischen Gespräche in Peking zu beeinflussen.

28/11: Wali Khan fordert die sofortige Aufhebung des Kriegsrechtes, die Übergabe der Regierungsgewalt an die Nationalversammlungen und die baldige Rückkehr der Kriegs-gefangenen aus Indien.

l/III: Bhutto kündigt mit sofortiger Wirkung eine Beschränkung des privaten Landbesitzes von 200 auf 60 Hektar für bewässertes und von 400 auf 120 Hektar für unbewässertes Land an.

3/III: Das Verteidigungsministerium gibt die Beförderung von Generalleutnant Tikka Khan zum General und Stabschef der Armee bekannt. (Tikka Khan war Militärgouverneur Ostpakistans und gilt als Hauptverantwortlicher für die Disziplinlosigkeiten der Regierungstruppen gegenüber den Bengalis und damit zumindest als Mitverantwortlicher für den Krieg mit Indien). Vizemarschall Zafar Chaudhry wird zum Luftmarschall und Chef der pakistanischen Luftwaffe ernannt. Konteradmiral H. H. Ahmed, Stabschef der pakistanischen Marine, wird zum Vizeadmiral befördert. 4/III: Bhutto beginnt in Rawalpindi mit Vertretern der Awami-Partei und der religiös-politischen Jamiat Ulema Gespräche über die politische Zukunft Pakistans. 6/III: Bhutto kündigt an, daß das Kriegsrecht am 14. August aufgehoben wird; ein entsprechendes Abkommen sei mit den Vertretern der anderen Parteien erzielt worden.

9/III: Pakistan verhandelt mit 6 kommunistischen Staaten — Bulgarien, der ÖSSR, Jugoslawien, Polen, Ungarn und der Mongolei — über die Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen, die es wegen der Anerkennung Bangla Desh abgebrochen hatte. von 9/1II: Eine Delegation der Weltbank unter Leitung von Melmoth trifft zu 14tägigen Gesprächen über weitere Wirtschaftshilfen in Islamabad ein.

9/III: Das „ Aid-to-Pakistan" -Konsortium in Washington beschließt die sofortige Wiederaufnahme der Wirtschaftshilfen an Pakistan (die 1971 bis zu einer politischen Lösung der Ostpakistan-Frage storniert worden waren). 12/III: Die Regierang gibt die Entlassung von über 1200 Staatsbediensteten wegen Korruption bekannt.

14/III: Pakistan und Jugoslawien beschließen die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen. 15/III: Mehrere Tausend Pakistanis fordern vor Bhuttos Residenz in Rawalpindi, daß Bhutto bei seinem Besuch in Moskau für die sofortige Freilassung der Kriegsgefangenen in Indien entreten soll.

15/111: Eine 5köpfige Handelsdelegation reist zu Verhandlungen über die Festlegung der Importwarenliste im Rahmen eines chinesischen Kredites nach Peking.

16— 18/III: Bhutto führt bei einem offiziellen Besuch in der UdSSR Gespräche mit KPdSU-Chef Breshnew, Premier Kossygin, Außenminister Gromyko und Außenhandelsminister Patolitschew. Man einigt sich auf die Wiederherstellung der Beziehung auf allen Gebieten und beschließt die Zusammenarbeit bei der Prospektierung von Bodenschätzen, dem Ausbau des Hüttenwerks in Karatschi und auf dem Gebiet der Energiewirtschaft. Kossygin mahnt in einer Tischrede: der Sinn der jüngsten Krise sei durch einen Zusammenstoß entgegengesetzter Kräfte bestimmt worden — auf der einen Seite die der nationalen Befreiung, auf der anderen die einer volksfeindlichen Militärdiktatur; Bhutto erklärt, Pakistan sei dankbar, wenn die UdSSR bereit wäre, ihm bei der Überwindung jahrhundertealter Rückständigkeit behilflich zu sein; die tragische Erfahrung mit Kriegen zwinge die internationale Gemeinschaft, sich endlich daran zu gewöhnen, daß für die Repatriierung von Kriegsgefangenen bestimmte Regeln gelten müßten; auch die Lage der Biharis in Ostpakistan sei besorgniserregend, er ersuche um sowjetische Unterstützung zur Lösung dieses Problems.

19/111: Bhutto veranlaßt die Entlassung von insgesamt 521 Angestellten der Provinzverwaltungen wegen Korruption, subversiven Aktivitäten und schlechter Führung.

19/III: Die Regierung beschließt, die Verstaatlichung der Lebensversicherungen.

20/III: Mit der VR China wird eine Vereinbarung über die Förderung der zivilen Luftfahrt und der gegenseitigen Zusammenarbeit der Fluggesellschaften unterzeichnet.

23/III: Von Bhutto wird für den 14. April eine Sitzung der Nationalversammlung in Islamabad zur Erarbeitung einer provisorischen Verfassung festgelegt.

25/III: Bhutto erklärt, daß er keine Möglichkeit sehe, gegenwärtig nach Neu-Delhi zu Friedensverhandlungen mit der indischen Ministerpräsidentin Gandhi zu reisen.

30/III: Pakistan erhält von China Panzer vom Typ T 59, Boden/Luftraketen und Osa-Raketen-Patrouillenboote. Aus Libyen erhält Pakistan amerikanische F 5-Düsenjäger.

V. Ozeanien

Protestanten und Katholiken in den nordirischen Counties

Australien 7— 9/II: Präsident Suharto von Indonesien erklärt bei einem Besuch zur Förderung der bilateralen Beziehungen und zur Beratung der Resultate von Nixons Peking-Besuch in Canberra, daß Asien Ursache großer Konflikte werden könne, wenn die Großmächte innerhalb und außerhalb Asiens sich keine Zurückhaltung in ihrer Politik auferlegten.

11/II: Die VR China lädt eine Delegation australischer Eingeborener zu einem einmonatigen Besuch in China noch in diesem Jahr ein.

Neuseeland 2/II: Premierminister Sir Keith Holyoke gibt seinen Rücktritt bekannt. Sein Nachfolger wird der bisherige stellvertretende Ministerpräsident John Marshall, dessen Funktion Finanzminister Robert Muldoon übernehmen wird. 9/II: Premierminister Marshall ernennt fünf neue Minister; Holyoke übernimmt das Außenministerium. 10— 12/11: Indonesiens Präsident Suharto stattet einen offiziellen Besuch zur Förderung der gegenseitigen Beziehungen und zu Beratungen über die Folgen von Nixons Peking-Reise ab.

Afrika

Unabhängig gSonderfall “ Rhodesien Unabhängig im Commonwealth Völkerbund-bzw. UN-Mandat Unabhängig, ehern ICommunaut Übersee-Provinzen mimitm Unabhängig in der Communaute -umstrittene “ Grenzen

Auch für diesen geographischen Großraum wurde wegen der Komplexheit seiner Gliederung eine spezielle Unterteilung für die im vorliegenden Heft behandelten Staaten entwickelt: 1. überregionale Ereignisse II. Nordafrika (Algerien, Libyen, Marokko, Sudan, Tunesien, Ägypten)

UI. Westafrika (Allgemeines/Gambia/Ghana/Guinea/Liberia/Niger/Nigeria/Sierra Leone/Togo)

IV. OstalrikafAllgemeines/Athiopien/Malawi/Madagaskar/Mauritius/Tansania/Uganda/Sambia! Seyschellen)

V. Zentralafrika (Burundi/VR Kongo/Tschad/Zaire)

VI. Südliches Afrika (Botswana/Mopambique/Rhodesien/Südwestafrika-Südafrika)

I. Überregionale Ereignisse

28/1-4/11: Der Weltsicherheitsrat tagt in Addis Abeba zum erstenmal auf afrikanischem Boden und realisiert damit die Anregung der Delegierten von 36 afrikanischen Staaten auf der im Juni 1971 durchgeführten Gipfelkonferenz der OAU (Organisation für Afrikanische Einheit), Auf der Tagesordnung stehen in erster Linie die afrikanischen Probleme: Rhodesien und Namibia, Apartheid und Beseitigung des Restkolonialismus in Afrika. Die Ergebnisse der Konferenz sind enttäuschend, obwohl Delegierte von 24 afrikanischen Staaten, die ohne Stimmrecht an den Diskussionen teilnehmen dürfen, die Führer von 13 Befreiungsbewegungen sowie die Sowjetunion und Rotchina dieselben Themen in immer neuen Variationen vortragen:

a) Rhodesienfrage: Großbritannien legt gegen die von Somalia, vom Sudan und von Guinea im Namen der afrikanischen Staaten vorgelegte Resolution (in der Großbritannien aufgefordert wird, die Pearce-Kommission aus Rhodesien abzuziehen und das Rhodesien-Abkommen zu widerrufen) sein Veto ein (Einzelheiten siehe unter „Rhodesien"). b) Südwestafrika-Problem: Der Sicherheitsrat verlangt, daß sich Südafrika sofort aus dem Mandatsgebiet Namibia zurückzieht und Namibia der Verwaltung der Vereinten Nationen unterstellt wird (siehe auch „Südafrika"). c) Südafrikas Apartheidspolilik und Portugals Kolonialismus: Der Generalsekretär der Afrikanischen Partei für die Unabhängigkeit von Portugiesisch-Guinea, Amilcar Cabral, fordert den Sicherheitsrat, zur Bildung einer Delegation auf, die mit Portugal über den Abzug der Kolonialtruppen verhandeln soll. Der Vertreter der Befreiungsbewegung für Angola, Pascal Luvualo, erhebt scharfe Anschuldigungen gegen die USA, die BRD, Frankreich, Japan und Großbritannien, die durch ihre Waffenlieferungen an Portugal den Sieg der Befreiungsbewegungen hinausschöben. Er appelliert an den Sicherheitsrat, die Waffenlieferer zur Einstellung ihrer Hilfe an Portugal zu veranlassen. Durch die Rolle, die die UdSSR und China als gegeneinander konkurrierende Schutzherren und Verteidiger der Afrikaner einnehmen, erhalten die Resolutionen scharfe Akzente. 14— 19/11: In Addis Abeba tritt der OAU-Ministerrat zusammen. Auf der Tagesordnung stehen die militärische Zusammenarbeit der afrikanischen Staaten, besonders die Errichtung regionaler Verteidigungssysteme, sowie ein Konventionsentwurf über die Behandlung von Söldnern. Danach sollen schärfere Bestimmungen gegenüber Söldnern und ihren Rekrutierern angewandt werden. — In seiner Eröffnungsrede bedauerte Kaiser Haile Selassie, daß die Ergebnisse der Sicherheitsratssitzung unbefriedigend genannt werden müßten, besonders, da das britische Veto die weiteren Verhandlungen blockiert habe. — Zum Abschluß der Tagung fordern die Außenminister der OAU eine erhebliche Erhöhung ihres Sonderfonds für die afrikanischen Befreiungsbewegungen. Außerdem nehmen die Abgeordneten einstimmig eine Resolution über Rhodesien an, in der Großbritannien wegen seines Vetos im Weltsicherheitsrat kritisiert wird.

II. Nordafrika

Algerien 7/1: Nach der Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Bonn und Algier kündigt der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Eppler, die Möglichkeit zu neuer und erweiterter Entwicklungshilfe für Algerien an. 28/11: Ein Jahr nach dem durch die Verstaatlichung der französischen Erdölgesellschaften verursachten Bruch zwischen Paris und Algier hat der algerische Präsident Boumedienne Frankreich die Erneuerung der seinerzeit abgebrochenen Zusammenarbeit vorgeschlagen.

Libyen 25/11— 5/111: Eine libysche Delegation gibt nach Abschluß von Verhandlungen in der UdSSR Vereinbarungen über die Zusammenarbeit mit der UdSSR bei der Erschließung neuer Olfel-B der und der Verarbeitung von Erdöl bekannt. Gleichzeitig soll Libyen den Kauf modernster sowjetischer Waffen einschließlich einer Anzahl Flugzeuge vom Typ MiG 23 realisiert haben. Die Sowjetführer, die zu einem Gegenbesuch nach Tripolis eingeladen wurden, haben sich in den Gesprächen mit der libyschen Delegation in stärkerer Form als bisher für Kampfmaßnahmen gegen Israel und die Unterstützung der arabischen Guerillabewegung ausgesprochen.

29/III: Auf dem Gründungskongreß der nach ägyptischem Vorbild neu ins Leben gerufenen libyschen Einheitspartei, der „Arabischen Sozialistischen Union", hat der libysche Staatschef Khadhafi mit Nachdruck sowohl den Kommunismus als auch westliche Ideologien als Gesellschaftsform für sein Werk abgelehnt. Er sprach sich für den „arabischen Sozialismus“ als besten Weg für die Zukunft aus.

Marokko 31/1—l/III: Im bisher größten politischen Prozeß in der Geschichte des Landes sind mehr als 1000 Kadetten, Soldaten und Offiziere angeklagt, am 10. Juli 1971 an einem blutigen Putsch gegen König Hassan II. teilgenommen zu haben; die Urteile: 1 Todesurteil, 2 Haftstrafen auf Lebenszeit, 69 Freiheitsstrafen bis zu 20 Jahren; die restlichen Angeklagten wurden freigesprochen.

18/11: König Hassan kündigt eine neue Verfassung an, die eine stärkere Demokratisierung seines Regimes zum Ziel hat. Am 1. März soll das Volk in einem Referendum über die neue Verfassung befragt werden. Der Verfassungsentwurf sieht vor, daß künftig 2/3 aller Abgeordneten direkt vom Volk gewählt und nur noch Vs indirekt von Kommunalräten und Berufsgruppen bestimmt werden. Bisher war es umgekehrt. Außerdem soll das Parlament künftig auch selbst die Initiative zu Verfassungsänderungen ergreifen können, was bisher ein Privileg des Königs war. Der König hat auch in Zukunft allein das Recht, die Regierung zu ernennen, das Parlament aufzulösen und im Notstandsfall allein zu regieren. 2/UI: Der neue Verfassungsentwurf ist von der stimmberechtigten Bevölkerung (Vs der Gesamtbevölkerung) mit 98, 7 °/o aller abgegenen Stimmen fast einmütig angenommen worden. 23/III: Die politische Opposition (Istiqlal: konservativ-nationalistisch; UNFP: sozialistisch) hat überraschend beschlossen, an der Ubergangsregierung bis zu den nächsten Wahlen teilzunehmen. Wichtigste Aufgabe dieser Ubergangsregierung ist die Vorbereitung der Parlamentswahlen nach Annahme der neuen Verfassung. Die Opposition glaubt, durch eine Beteiligung an der Regierung die korrekte Durchführung der Wahlen besser kontrollieren zu können.

Sudan 2/1: Der sudanesische Staatspräsident Numeiri gründet in Khartoum offiziell die „Sudanesische Sozialistische Union", die einzige künftig im Sudan zugelassene Partei. Die neue Partei soll nach dem Vorbild der Arabischen Sozialistischen Union Ägyptens organisiert werden.

15/11: Zu Verhandlungen mit Vertretern der separatistischen Anya-Nya-Rebellen über deren Autonomiebestrebungen im Südsudan ist eine sudanesische Regierungsdelegation in Addis Abeba eingetroffen.

24/11: Nachdem ein Abkommen zwischen den beiden Verhandlungspartnern zunächst nicht zustande kam, weil man sich nicht über die Art der Eingliederung der Rebellen in die sudanesische Armee einigen konnte, hat Kaiser Haile Selassie angeboten, eine Vermittlerrolle zu übernehmen. Gleichzeitig mit den inner-sudanesischen Friedensgesprächen in Addis Abeba konferieren in Khartoum Vertreter von 47 Kirchen und Hilfsorganisationen über das Problem, wie nach dem erhofften Friedensabkommen die südsudanesische Flüchtlingsfrage zu lösen sei. Etwa 200 000 Zivilisten sind während der vergangenen 16 Jahre größtenteils nach Uganda, Zaire, Ruanda und der ZAR geflohen.

28/11: Nach zwölftägigen Verhandlungen unter der Vermittlung von Kaiser Haile Selassie ist das Abkommen zwischen der sudanesischen Regierung und den südsudanesischen Rebellen paraphiert worden. Es muß nun noch von dem sudanesischen Präsidenten Numeiri und dem Chef der Rebellenbewegung, General Lagu, gebilligt werden. Das Abkommen sieht eine weitgehende Autonomie für die drei Südprovinzen des Landes und eine Amnestie für die an der 16jährigen Rebellion Beteiligten vor. Damit haben die Südsudanesen ihr Hauptziel — echte innere Selbstverwaltung und Respektierung ihrer eigenen schwarzafrikanischen, zum Teil christlich geformten Tradition im Gegensatz zum arabischen Norden — erreicht. 5/III: Im Sudan ist ein angebliches Mordkomplott irakischer Baathisten gegen Präsident Numeiri und andere führende Politiker aufgedeckt worden.

6/III: Nach 16jährigen, teilweise erbitterten Kämpfen herrscht im Sudan Waffenruhe. Nu65 meiri bereist seit dem 5. März den Süden des Landes, um der Bevölkerung Einzelheiten des kürzlich getroffenen Abkommens zu erläutern. 13/III: Der Sudan erhält von der Bundesrepublik 55 Mill. DM Entwicklungshilfe. (Die diplomatischen Beziehungen zwischen der BRD und dem Sudan wurden nach 6jähriger Unterbrechung erst im Dezember 1971 wieder aufgenommen.) 16/III: Der Oberbefehlshaber der „Südsudanesischen Befreiungsfront", General Lagu, erklärt sich in einem Interview grundsätzlich mit den in Addis Abeba ausgehandelten Abmachungen einverstanden, warnt aber gleichzeitig vor allzu großen Hoffnungen auf einen baldigen Frieden. Mit einigen wichtigen Punkten sei er noch nicht zufrieden: insbesondere betreffe das die Frage einer Stationierung sudanesischer Truppen im Südsudan.

27/III: In Addis Abeba unterzeichnen Vertreter der Regierung in Khartoum und Rebellen aus dem Südsudan das Abkommen, das dem Bürgerkrieg ein Ende machen soll.

Tunesien 6/III: Zur Lösung des kritischen Nachfolge-Problems in Tunesien soll die vom Politbüro unter Vorsitz von Präsident Bourguiba einstimmig beschlossene Schaffung eines Vizepräsidenten-Postens beitragen. Hauptanwärter für diesen Posten ist Ministerpräsident Nouira. 20— 23/III: Der Außenminister der BRD Walter Scheel weilt zu einem offiziellen Besuch in Tunesien (siehe unter „BRD").

22/III: Tunesien und der Vatikan beschließen die Aufnahme von diplomatischen Beziehungen auf Botschafterebene. Ägypten Siehe unter „Nahost'

III. Westafrika

Allgemeines 28/1— 4/II: Der Nahost-Beauftragte des UN-Generalsekretärs, Gunnar Jarring, erkundet in Westafrika die Chancen einer afrikanischen Vermittlung im Nahost-Konflikt. Er trifft mit den Präsidenten Senegals und Mauretaniens zusammen. Im Spätherbst 1971 hatten sich die beiden Präsidenten im Auftrag der OAU (Organisation für Afrikanische Einheit) um eine Kompromißformel bemüht, die — im Gegensatz zur härteren Verhandlungsposition Jarrings — von Israel freundlich beachtet worden war.

Gambia 29/111: In Gambia finden die ersten Parlamentswahlen nach der Unabhängigkeitserklärung (23/IV/70) statt, überlegener Sieger wird die Regierungspartei „Progressive Peoples Party" (PPP). Sie erringt insgesamt 28 Sitze. Auf die Oppositionspartei „United Party" entfallen lediglich 3 Sitze. Damit gilt als sicher, daß der bisherige Präsident Sir Dauda Karaiba Jawara vom Parlament bestätigt wird.

Ghana 13/1: An der Spitze einer Militärjunta, des „National Redemption Council" (NRC) stürzt Oberst Acheampong den bisherigen Staatschef Kofi Busia, der sich wegen einer ärztlichen Behandlung in London aufhält. Acheampong (40), Kommandeur einer ghanischen Infanterie-Brigade, hatte 1966 am Sturz Nkrumahs mitgewirkt, gehörte aber nicht zum Kreis der Verschwörer um den damaligen Major Afrifa. Die Hintergründe des Putsches dürften in der schwierigen Finanzsituation des Landes und den relativ harten Maßnahmen zu suchen sein, die Busia zur Lösung der Probleme ergriffen hatte und die die Unzufriedenheit unter Beamten, Militär und Arbeiter geschürt hatten: Kürzung der Militärausgaben und der Sonderzulagen für Beamte, Abwertung des Cedi um ca. 40 0/0 mit der Folge einer erheblichen Teuerung im Lande, Förderung der Landwirtschaft im Gegensatz zur Industrie, der von Busia Lohnerhöhungen vorenthalten worden waren. Oberst Acheampong wirft Busia Mißwirtschaft und Amtsmißbrauch vor. 15. /I: Oberst Acheampong verkündet die erfolgreiche Zerschlagung eines Gegenputsches unter Generalleutnant Afrifa, der das Ziel verfolgte, Ministerpräsident Busia wieder in sein Amt einzusetzen. Verhaftet werden u. a. Staatspräsident Akufo-Addo, Mitglieder der gestürzten Regierung sowie General Afrifa. 16/1: Acheampong verkündet ein allgemeines politisches Parteienverbot und die Beschlagnahme des Besitzes aller ehemaligen Regierungsmitglieder. Die Außenpolitik Ghanas werde sich auf Blockfreiheit und positive Neutralität stützen: die Regierung werde die Charta der Vereinten Nationen und die OAU respektieren. Ein Dialog mit der Südafrikanischen Republik wird abgelehnt. Acheampong stellt den „Erneuerungsrat" vor, dem er präsidiert und der zehn Mitglieder umfaßt (sieben Offiziere der Armee und je einen Offizier der Luftwaffe, der Marine und der Polizei). 19/1: Acheampong stellt Nkrumah frei, nach Ghana zurückzukehren, wenn er bereit sei, sich einem Gericht zu stellen.

20/1: 169 Mitglieder der „Progress Party“ des gestürzten Busia werden aus der Vorbeuge-haft entlassen.

22/1: Die Freilassung von weiteren 257 Anhängern Busias darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß immer noch ein Großteil der Verhafteten, ehemalige Minister und höhere Parteifunktionäre der aufgelösten Fortschritts-partei Busias, im Gefängnis sitzt 26/1: Nach Angaben der ghanesischen Presseagentur hat die Regierung Busias Auslandsschulden von ca. 530 Mill. $hinterlassen.

31/1: Zwei Wochen nach dem Putsch wird die Liste der Kabinettsmitglieder veröffentlicht, die nicht den Titel eines Ministers, sondern den eines Kommissars tragen. In der neuen ghanesischen Regierung befindet sich nur ein Zivilist 6/II: Oberst Acheampong kündigt in einer Rundfunkrede die einseitige Streichung der ghanesischen Schulden gegenüber Großbritannien an, da Schulden in Höhe von rund 94 Mill. $„unter betrügerischen Bedingungen" zustande gekommen seien. Ebenso verweigert Acheampong die Bezahlung von Zinsen im Betrag von 72 Mill. $, die auf noch zur Amtszeit Nkrumahs zurückgehende Schulden aufgelaufen sind, und fordert die Verteilung der Rückzahlung kurzfristiger Schulden auf 50 Jahre. Gleichzeitig hebt die ghanesische Militärregierung die von Busia am 27. Dezember 1971 verfügte Cedi-Abwertung wieder auf.

29/11; Mit der VR China wird die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen vereinbart, die nach dem Sturz Nkrumahs abgebrochen worden waren.

Guinea 1— 6/III: Besuch des nigerianischen Staatschefs (Einzelheiten siehe unter . Nigeria“).

Liberia 3/1; Als 19. Staatschef wird William Tolbert von seinem Bruder, dem amtierenden Senats-präsidenten, Frank Tolbert, auf die Verfassung vereidigt. W. Tolbert steht als Vizepräsident des früheren Präsidenten William Tub-man bereits seit dessen Tod im Juli 1971 an der Spitze des Staates. Die enge Freundschaft mit den USA dokumentiert sich in der Anwesenheit von Pat Nixon, der Frau des amerikanischen Präsidenten.

Niger 24— 26/1: Präsident Pompidou besucht Niger (Einzelheiten siehe unter . Frankreich“).

16/11: Die Sowjetunion und Niger beschließen die Aufnahme diplomatischer Beziehungen.

1— 6/III: Der Staatschef von Nigeria, General Gowon, stattet Guinea einen Staatsbesuch ab. In einem gemeinsamen Kommunique betonen die beiden Staatschefs die Notwendigkeit der Zusammenarbeit der afrikanischen Staaten auf dem Gebiet der Verteidigung und der Sicherheit. Gowon dementiert allerdings, daß zwischen Nigeria und Guinea ein Verteidigungspakt abgeschlossen worden sei. Gowon trifft in Guinea auch mit dem Präsidenten von Sierra Leone, Stevens, zusammen, mit dem er zu dem Entschluß kommt, wieder „brüderliche Beziehungen" anzuknüpfen. Die Beziehungen zwischen den beiden Staaten hatten sich während des nigerianischen Bürgerkrieges verschlechtert, da Sierra Leone auf seifen der biafranischen Rebellen stand.

Sierra Leone 1— 6/III: Besuch des Präsidenten in Guinea (Einzelheiten siehe unter . Nigeria“).

Togo 9/1: Präsident Etienne Eyadema wird bei einer Volksbefragung mit 870 000 Ja-gegen 878 Nein-Stimmen in seinem Amt bestätigt.

IV. Ostafrika

Allgemeines 21/11: In Nairobi tritt der Assoziationsrat der EWG zusammen. Kenia, Uganda und Tansania sind seit dem 1. Januar 1971 durch das Arusha-Abkommen dem Gemeinsamen Markt assoziiert. Auf der Tagesordnung steht der Wunsch der Afrikaner nach Senkung der Importabgaben für Mais in die EWG sowie nach Präferenzen für Obst und Gemüse. Äthiopien (siehe . überregionaleEreignisse" und „Sudan“)

Malawi 17— 19/III Der südafrikanische Staatspräsident Fouche stattet Malawi, dem einzigen schwarz-afrikanischen Land, das diplomatische Beziehungen zur Republik Südafrika unterhält, einen Staatsbesuch ab. Im August 1971 war Präsident Banda nach Südafrika gereist, im Jahr davor weilte der südafrikanische Mini-67 sterpräsident Vorster in Malawi. Präsident Banda lehnt bei einem Empfang Gewalt zur Lösung der Rassenfrage ab. Er bekennt sich jedoch im Grundsatz gegen die Apartheid.

Madagaskar 31/1: Präsident Tsiranana von Madagaskar wird zum dritten Mal seit 1959 wiedergewählt. An der Wahl — die ohne Gegenkandidaten stattfand — beteiligten sich 99, 47 % der Stimmberechtigten.

Mauritius 31/1: Der EWG-Ministerrat berät in Brüssel über den Antrag der Zuckerinsel Mauritius, dem EWG-Assoziationsabkommen beizutreten, das die EWG bei ihrer Gründung mit 18 afrikanischen Staaten abgeschlossen hat (YaoundeAbkommen). Der Fall Mauritius muß als Testfall betrachtet werden, da Mauritius das erste Land des britischen Commonwealth ist, das für eine enge Assoziierung nach Yaounde-Bedingungen mit der EWG optiert hat.

9/III: Verhandlungen zwischen der EWG-Kommission und einer Regierungsdelegation der Insel Mauritius unter Premierminister Ramgoolam werden erfolgreich abgeschlossen. Nach der Ratifizierung durch die Parlamente ist mit der Inkraftsetzung des beschlossenen Abkommens für den Jahresbeginn 1973 zu rechnen. Als Ergebnis der Assoziierung wird Mauritius die gleichen Freihandelsvergünstigungen im Gemeinsamen Mark erhalten wie die anderen assoziierten afrikanischen Staaten. Als Gegenleistung gleicht Mauritius seine Zölle gegenüber der Gemeinschaft in Etappen an den präferenzierenden Commonwealth-Tarif an. Für Zucker, das Hauptausfuhrprodukt von Mauritius, gewährt die EWG vorerst jedoch noch keine Präferenzen, da bis zum 31. Januar 1975 noch die Bestimmungen des Commonwealth Sugar Agreement ihre Gültigkeit behalten.

Tansania IZH: Kurz vor dem 9. Jahrestag der Revolution in Sansibar gibt Scheich Karume die Schließung aller Gefängnisse der Insel bekannt, schweigt aber darüber, ob auch die politischen Häftlinge freigelassen werden. 17/11: Präsident Nyerere gibt eine Kabinettsumbildung bekannt. Zum erstenmal in den 10 Jahren seit der Unabhängigkeit am 8. Dezember 1962 ernennt er Rashidi Kawawa als Premierminister.

Uganda 15/1: Anläßlich des bevorstehenden ersten Jahrestages seiner Machtübernahme kündigt Präsident Idi Amin eine Totalamnestie für 1500 Häftlinge an; es ist allerdings nicht bekannt, ob sich die Amnestie auch auf politische Häftlinge erstreckt.

25/1: Uganda feiert den ersten Jahrestag des Militärputsches.

II: Uganda veröffentlicht seinen III. Entwicklungsplan für die Jahre 1971/72— 1975/76. Der Plan sieht für die 5 Jahre bis 1976 eine gesamtwirtschaftliche Wachstumsrate von 5% p. a. vor.

7— 11/II: Amin stattet der BRD einen Besuch ab, wo er von Bundeskanzler Brandt und Bundespräsident Heinemann empfangen wird. Gleichzeitig treffen der Bundesaußenminister und der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit mit entsprechenden ugandischen Delegationen zusammen. Es wird vereinbart, daß eine deutsche Expertengruppe sich in Uganda über Projekte im Bereich der Landwirtschaft und des Tourismus informiert, für die Uganda finanzielle Unterstützung wünscht. Die Heimreise unterbrach Amin zu Gesprächen in Kairo.

l/III: Uganda droht Israel mit dem Abbruch der Beziehungen unter der Anschuldigung, israelische Kreise in Kampala seien an regierungsfeindlichen Aktivitäten beteiligt 14/III: Im Grenzgebiet zwischen Uganda und Zaire wollen ugandische Sezessionisten einen eigenen Staat, die „Ruwenzuru-Republik*, errichten. Kurz nach der Unabhängigkeit Ugandas 1963 hatten sich eine Gruppe des Bakonjo-Stammes, der in diesem Gebiet beheimatet ist, für selbständig erklärt und die Ruwenzuru-Republik ausgerufen. Durch Militäraktionen war diese Bewegung seinerzeit ausgeschaltet worden.

25— 26/III: Uganda weist 70 israelische Militärexperten unter dem Vorwurf der Spionage aus; 700 weitere Israelis sollen das Land ebenfalls verlassen. Präsident Amin beendet damit eine rund 10 Jahre dauernde Periode engster militärischer und wirtschaftlicher Zusammenarbeit Die Spionage-Theorie stützt Amin auf einen Artikel in der israelischen Gewerkschaftszeitung , Davar', in der von wachsender Opposition gegen Amin gesprochen worden war. Der wahre Grund für den Gesinnungswandel dürfte aber darin liegen, daß der libysche Staatschef Khadafi Amin umfangreiche finanzielle Unterstützung zugesagt hat für den Fall, daß er sich dem anti-israelischen nordafrikanischen Block anschließe. Die Befreiung im Südsudan dürfte ebenfalls den Entschluß Amins beeinflußt haben, denn die Rebellen im Südsudan waren von den Israelis intensiv materiell und moralisch unterstützt worden. Nach der Hinwendung zum arabischen Block muß Amin jedoch die Zentralregierung im Sudan unterstützen (siehe unter , Sudan“). Amin hat die Stornierung aller an Israel vergebenen Rüstungsaufträge und die Einstellung sämtlicher israelischer Rüstungsprojekte verfügt.

31/III: Amin schließt die israelische Botschaft in Kampala und fordert die Botschaftsangehörigen zum Verlassen des Landes binnen 10 Tagen auf.

Sambia 12/1: Der frühere sambische Vizepräsident und Oppositionelle Simon Kapwepwe wird auf offener Straße von einer Gruppe Jugendlicher, die die Uniformhemden der Regierungspartei Präsident Kaundas tragen, niedergeschlagen. Kapwepwe ist Führer der „Vereinigten Fortschrittspartei" (UPP — United Progress Party), die sich im August 1971 von Kaundas „Vereinigter Nationaler Unabhängigkeitspartei“ (UNIP — United National Independence Party) abgespalten hatte.

12/1: Präsident Kaunda legt dem Parlament Sambias den Zweiten Nationalen Entwicklungsplan für die Periode 1972— 1976 vor. Nach dem Plan soll eine Wachstumsrate des Bruttosozialprodukts von 6, 8 ’/• erreicht werden. 4U: Kaunda verbietet die oppositionelle „Vereinigte Fortschrittspartei“ Kapwepwes, der zusammen mit 122 anderen Mitgliedern der Partei inhaftiert wird.

25/11: Kaunda verkündet seinen Entschluß, ein Einparteiensystem zu schaffen, und setzt einen Ausschuß ein, der eine neue Verfassung ausarbeiten und dem Kabinett und dem Parlament vorlegen soll. Kaunda betont, er habe Oppositionsführer Harry Nkumbula vom . Afrikanischen Nationalkongreß“ (ANC — African National Congress Party) um Mitarbeit bei der neuen Verfassung gebeten. Nkumbula hatte vor kurzem das Verbot der UPP und die Verhaftungen scharf verurteilt und die Mitglieder der UPP aufgefordert, in die ANC einzutreten.

Seyschellen 19 HI: Königin Elizabeth von England besucht die britische Inselwelt. Sie eröffnet auf Mähe, der Hauptstadt, einen internationalen Flughafen. Vorher war es zu innenpolitischen Unruhen gekommen, da sich das Streben nach Unabhängigkeit von britischer Herrschaft immer stärker bemerkbar macht.

V. Zentralafrika

Burundi 25/1: Von einem Militärgericht in Bujumbura sind 9 Putschisten, darunter 3 ehemalige Minister Burundis, zum Tode verurteilt und zahlreiche, zum Teil lebenslange Haftstrafen ausgesprochen worden. Die Verurteilung geht auf eine im Juli 1971 aufgedeckte Verschwörung zurück.

VR Kongo 23/11: Der Staatspräsident der Volksrepublik Kongo (B), Ngouabi, hat in einer Rundfunk-ansprache an die Bevölkerung die Niederschlagung eines Putschversuchs abtrünniger Armee-angehöriger gegen die Regierung bekannt-gegeben. Zahlreiche Verhaftungen erfolgten; unter den Verhafteten ist auch Hauptmann Alfred Raoul, ehemaliger Regierungschef der VR Kongo.

Tschad 26— 28/1: Besuch des französischen Präsidenten (Einzelheiten siehe unter . Frankreich“).

16/11: Aus Verärgerung über eine angebliche Vernachlässigung seines Landes innerhalb der Gemeinschaft der ehemals französischen Gebiete West-und Äquatorialafrikas hat Präsident Francois Tombalbaye den Austritt seines Landes aus der übernationalen Fluggesellschaft Air Afrique verkündet und Flugzeugen dieser Gesellschaft sogar das überfliegen seines Landes untersagt.

29/11: Entgegen offiziellen Darstellungen sollen die Kämpfe zwischen Regierungstruppen und Rebellen der Frolinat-Wlderstandsbewegung in Tschad andauern. Dies deutete der frühere französische Armeestabschef, General Louis le Pulloch, in einem Brief an die französische Presse an. Wieviel französische Soldaten noch in Tschad stationiert sind, ist unbekannt Zaire 10/1: Präsident Mobutu forderte die Bevölkerung des Landes auf, europäische Namen abzulegen und sich Namen in der eigenen Sprache zu geben. Mobuto erklärte, diese Afrikanisierung sei auch dadurch veranlaßt, daß die katholische Kirche in letzter Zeit aus dem Heiligenkalender zahlreiche Heilige gestrichen habe, so daß die Feier ihres Namens-69 tages bzw. die Verehrung ihres Namens durch Beibehaltung dieser Namen sinnlos geworden sei. Er selbst bleibe selbstverständlich Katholik. 25/1: Die „Revolutionäre Volksbewegung" von Zaire, die Einheitspartei des Landes, hat den Erzbischof von Kinshasa, Pierre Mulula, aufgefordert, innerhalb von 48 Stunden seine Residenz zu verlassen. Mulula hatte sich in der Vergangenheit verschiedentlich kritisch gegenüber der Regierung Mobutu geäußert und in einem Artikel gegen die von Mobutu proklamierte Rückkehr zur „afrikanischen Authenzität" ausgesprochen. Hierzu gehören die Beseitigung aller alten Denkmäler und Ortsnamen aus der belgischen Kolonialzeit und der pflichtmäßige Namenswechsel bei solchen, die einen europäischen Vor-oder Nachnamen tragen.

7/II: Nach der Ausweisung von Mulula verschärfen sich die Spannungen zwischen Kirche und Staat von Tag zu Tag. Priester und Ordensleute werden bespitzelt, verschiedentlich werden Geistliche nachts aus ihren Häusern vertrieben und sogar mißhandelt.

16/11: Mobutu erklärt abermals auf einer öffentlichen Versammlung, daß er nichts gegen die Kirchen habe; es gebe lediglich einen Konflikt mit einem Bürger von Zaire.

21/11: Mobutu hat das Politbüro seiner Partei und seine Regierung einschneidend verändert. Die Zahl der Politbüro-Mitglieder wurde von 35 auf 15 reduziert, nahezu alle Schlüssel-ministerien wurden neu besetzt. Bei dieser Umbildung handelt es sich um die bedeutendste Veränderung der Partei-und Staatsführung seit Mobutus Machtübernahme im Jahre 1965.

VI. Südliches Afrika

Botswana 11/11: Zur Erschließung einer Nickel-KupferMine in Botswana stellt ein deutsches Bankenkonsortium, darunter die Kreditanstalt für Wiederaufbau, einen Kredit in Höhe von 222 Mill. DM zur Verfügung.

17/III: Die Republik Botswana und die SR Rumänien beschließen die Aufnahme diplomatischer Beziehungen auf Botschafterebene.

Mozambique 18/1: Es wird bekannt gegeben, daß unweit der Grenze zu Rhodesien von portugiesischen Streitkräften zwei Guerilla-Lager entdeckt und zerstört worden sind.

28/11: Aus dem äußersten Westen Mozambiques (Tete-Distrikt) wird von erbitterten Gefechten zwischen zwei miteinander rivalisierenden Partisanen-Organisationen, Freiimo und Coremo, berichtet. Alle Versuche der sambischen Behörden, die feindlichen Brüder zu gemeinsamen Aktionen zu veranlassen, sind bisher an persönlichen Rivalitäten gescheitert. Rhodesien 11/1: Die britische Untersuchungskommission unter der Leitung von Lord Pearce ist in Salisbury eingetroffen, um die Haltung der afrikanischen Bevölkerung in Rhodesien zu der im November 1971 zwischen Großbritannien und der Regierung Ian Smith erzielten Einigung zu erkunden. Rhodesien wird seit der Unilateral Declaration of Independence (UDI) im November 1965 von einer weißen Minderheit unter Ian Smith regiert. Während die noch unter britischer Ägide verabschiedete Verfassung von 1961 die allmähliche Entwicklung in Richtung auf ein Mehrheitsregime von Afrikanern vorsah, zementierte Smith durch eine Verfassungsänderung im Jahre 1969 die Vorherrschaft der 240 000 Weißen über 5 Millionen Schwarze auf unbestimmte Zeit. Das mit Großbritannien getroffene Abkommen läßt viele Wünsche offen, stellt aber gegenüber der geltenden Verfassung insofern einen großen Fortschritt dar, als es den Afrikanern ein Berufungsrecht gegen administrative und gerichtliche Entscheidungen einräumt, bestimmte Sicherungen gegen Rassendiskriminierungen vorsieht und eine Bodenreform ins Auge faßt. Das Minderheitsregime der Weißen wird dagegen auf noch unbestimmte Zeit nicht angetastet, nachdem es in Rhodesien auch weiterhin ein von Mindesteinkommen, Besitz und Vorbildung abhängiges qualifiziertes Wahlrecht geben soll und kein Zeitplan für eine sukzessive stärkere Beteiligung der Afrikaner an der Regierung vorgesehen ist. Wie die Alternative bei einer Ablehnung dieses Abkommens aussehen wird, darüber sind sich allerdings alle Landeskenner einig: ein Über-gang zur absoluten Apartheids-Politik nach südafrikanischem Muster wird unaufhaltsam sein.

14— 21/1: Während die Untersuchungskommission unter Lord Pearce in verschiedenen Gruppen das Land bereist, kommt es zu gewaltsamen Demonstrationen der farbigen Bevölkerung gegen das zwischen London und Salisbury ausgehandelte Unabhängigkeitsabkommen. Schauplatz der Zwischenfälle sind das Bergbauzentrum Shabani, die Industriestadt Gwelo, Fort Victoria, die Afrikaner-Wohngebiete Harari und Highfield bei Salisbury, Umtali und Que Que. Die Unruhen fordern 14 Tote und über 50 Verletzte, mehrere hundert Afrikaner sollen wegen Beteiligung an den blutigen Unruhen vor Gericht gestellt werden. Angesichts dieser Unruhen sieht man die Chancen der Pearce-Kommission schwinden, unter friedlichen Umständen ihre schwierige und in jedem Fall undankbare Aufgabe durchzuführen.

16/1: Einer Untersuchungskommission der britischen oppositionellen Labour Party untersagt der rhodesische Premier Smith die Einreise nach Rhodesien.

18/1: Der frühere rhodesische Ministerpräsident Garfield Todd (1953— 1958) wurde zusammen mit seiner Tochter Judith auf Veranlassung von Ian Smith festgenommen. Todd ist ein entschiedener Gegner der gegenwärtigen rhodesischen Politik und hat wiederholt größere politische Rechte für die afrikanische Bevölkerung gefordert.

21/1: In einer Rundfunk-und Fernsehrede stellt der rhodesische Ministerpräsident Smith fest, daß seine Regierung im Falle einer Ablehnung des mit Großbritannien beschlossenen Unabhängigkeitsabkommens die Verfassung von 1969 ohne jede Änderung beibehalten werde.

26/1: In einem persönlichen Schreiben an den britischen Außenminister Douglas-Home kritisiert Smith das Vorgehen der Pearce-Kommission, die Mitglieder der Opposition und offene Feinde seines Regimes aufgesucht hätte und dadurch die ursprüngliche Zustimmung vieler Afrikaner zu dem Abkommen in Ablehnung verwandelt habe. Mit einem klaren „Ja" zu den Vorschlägen, das man Ende 1971 noch für möglich gehalten hatte, rechnet heute in Rhodesien kaum noch jemand. Dennoch setzt die Pearce-Kommission ihre Untersuchung fort.

27/1: Ein von der Liberalen Fraktion unterstützter Tadelsantrag der Labour-Opposition zur Rhodesien-Politik der konservativen Regierung Heath wurde im Londoner Unterhaus mit 294 gegen 266 Stimmen nur knapp abgelehnt. 2/II: Die von Großbritannien dem in Addis Abeba (Äthiopien) tagenden Weltsicherheitsrat vorgelegten Vorschläge zur Regelung der Rhodesienfrage sind von den afrikanischen Staaten abgelehnt worden. England will seinerseits den afrikanischen Antrag mit Hilfe seines Vetorechts scheitern lassen (siehe auch überregionale Ereignisse).

17/11: Gegen Todd und dessen Tochter Judith sowie zwei farbige Oppositionelle soll bald nin Gerichtsverfahren eröffnet werden. Seit die Kommission von Lord Pearce das Land bereist, sollen 1505 Personen festgenommen, 712 davon aber wieder freigelassen worden sein. 415 sind zu Haftstrafen verurteilt worden, 278 befinden sich noch in Untersuchungshaft, gegen 100 wird noch ermittelt.

22/11: Todd und seine Tochter Judith werden aus der Haft entlassen und auf ihrer Farm unter Hausarrest gestellt.

28/11: Der Weltsicherheitsrat tritt in New York zu einer weiteren Rhodesien-Sitzung zusammen (siehe unter „UNO").

3/III: Ein Gericht empfiehlt der Regierung Smith, Todd und seine Tochter Judith erneut in Haft zu nehmen.

10/III: Die Regierung Smith erklärt sich für den Fall eines negativen Ergebnisses der Pearce-Kommission dennoch bereit, das Abkommen in Kraft treten zu lassen, falls London dies seinerseits ebenfalls täte.

12/III: Nach fast zweimonatigem Aufenthalt in Rhodesien ist die Pearce-Kommission nach London zurückgekehrt. Hier steht noch die Befragung von außerhalb des Landes lebenden Rhodesiern zu den Vorschlägen und eine Auswertung von mehr als 75 000 schriftlichen Stellungnahmen auf dem Programm. Seinen endgültigen Bericht wird Lord Pearce voraussichtlich Ende April dem britischen Außenminister übergeben.

20/111: Großbritannien hat eine Lockerung der von der britischen Marine und Luftwaffe durchgeführten Blockade des Hafens von Beira (Mopambique) angekündigt. Die Blockade war vor 6 Jahren verhängt worden, um Erdöllieferungen nach Rhodesien zu unterbinden. — Zum erstenmal seit Verhängung des Wirtschaftsembargos gegen Rhodesien ist eine Schiffsladung rhodesischen Chromerzes in den USA eingetroffen. Der Kongreß hatte solche Importe genehmigt, falls entsprechende Bodenschätze sonst nur in kommunistischen Ländern zu kaufen seien.

Südwestafrika (Namibia) /Südafrika 4/1: Der am 13. Dezember 1971 begonnene Streik der Ovambo-Kontraktarbeiter in Süd-westafrika hat auf drei neue Arbeitszentren übergegriffen. Damit befinden sich nunmehr über 13 000 Ovambos im Ausstand, sieben Bergwerke mußten geschlossen werden. Der Streik der Ovambos hat eine bessere Entlohnung und vor allem eine entscheidende Verbesserung des seit 50 Jahren unveränderten Kontraktarbeiter-Systems zum Ziel, das den Arbeitern kaum persönliche Freiheiten läßt. 16/1: Nachträglich hat der Kontraktarbeiterstreik auch seine Billigung durch das Ovambo-Stammesparlament gefunden, das in einer Sitzung seine Sympathie für die Streikenden ausgedrückt und die vollständige Abschaffung des Kontrakt-Systems gefordert hat. 20/1: In Grootfontein (SWA) haben Verhandlungen mit dem Ziel einer Beendigung des nun bereits seit mehreren Wochen andauernden Streiks begonnen. Der südafrikanische Minister für Bantu-Verwaltung und -Entwicklung, Matthys Botha, trifft aus Pretoria kommend an der Spitze einer Regierungsdelegation in Grootfontein ein. Die Verhandlungen führten zu einem positiven Ergebnis, das den Forderungen der Ovambos weitgehend entgegenkam. Ende Januar kehrten die meisten der Streikenden wieder an ihre Arbeitsplätze zurück. Unter der Oberfläche gärt es aber weiter, so daß die südafrikanische Regierung über Ovamboland absolute Nachrichtensperre eine verhängt. Pressevertreter erhalten keine Einreiseerlaubnis. Polizeitruppen aus Südafrika das Südwest-und riegeln Land systematisch gegenüber der Umwelt ab.

30/1: Die südafrikanische Regierung hat für das Jahr 1972 die bisher höchsten Entwicklungsbeiträge für alle jene Länder bereitgestellt, die zu einem zwischenstaatlichen Dialog mit Südafrika bereit sind. Hierzu gehören in erster Linie Malawi, Madagaskar, Lesotho und Swaziland. Von der Summe her erhält jedoch Angola mit 170 Mill. DM den größten Anteil der bereitgestellten Summe. 7/II: Wiederholte Proteste schwarzafrikanischer Länder haben die Bundesrepublik Deutschland veranlaßt, ihre Unterstützung für die Erschließung der Uranvorkommen bei Rössing (SWA) einzustellen. Bis Ende 1971 hatte die Bundesregierung die Prospektierungskosten zu 75 % getragen. 5/III: In Südafrika wird der Hendrik-Verwoerd-Damm offiziell eingeweiht. Dieser bisher größte Damm Südafrikas wird das Wasser des Oranje auf 80 km Länge stauen. Mit 70 Metern Höhe und 1500 Metern Länge ist der neue Damm größer als der Kariba-Staudamm am Sambesi. l/III: In Kapstadt wird bekanntgegeben, daß der südafrikanische Staatspräsident Fouche Malawi einen Staatsbesuch abstattet (siehe unter „Malawi"). 6/III: UNO-Generalsekretär Waldheim trifft zu einem mehrtägigen Besuch in Südafrika ein. Unmittelbar nach seiner Ankunft in Johannesburg reist er zu einem ersten Gespräch mit Ministerpräsident Vorster nach Kapstadt weiter. 7— 9/III: Nach einer zweiten Unterredung mit Vorster fliegt Waldheim für zwei Tage nach Südwestafrika. In Ondangua, der Hauptstadt des halbautonomen Gebietes Ovamboland in Südwestafrika, wird Waldheim von farbigen Demonstranten empfangen. Vor seinem Rückflug wird ihm auf dem Flughafen von Windhoek eine Petition der drei wichtigsten Unabhängigkeitsbewegungen des Landes überreicht, die den sofortigen Rückzug Südafrikas aus Namibia und die Bildung einer eigenen Regierung fordern. — Nach Rückkehr in Kapstadt trifft Waldheim zu einem weiteren Gespräch mit Vorster zusammen. 10/III: Kurz vor seinem Rückflug nach New York wird von einer nach wie vor tiefen Kluft zwischen den Vorstellungen der Vereinten Nationen und der südafrikanischen Regierung über das, was man unter Selbstbestimmung versteht, gesprochen. Im übrigen betonen beide Seiten die Nützlichkeit ihrer Gespräche, ohne Einzelheiten bekanntzugeben.

Fussnoten

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