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Linksradikale Gruppen im Lehrlingsbereich | APuZ 51/1972 | bpb.de

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APuZ 51/1972 Linksradikale Gruppen im Lehrlingsbereich

Linksradikale Gruppen im Lehrlingsbereich

Wulf Schönbohm

/ 54 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die berufstätigen Jugendlichen sind politisch konservativer, weniger informiert und aufgeschlossen, sind schwerer politisch mobilisierbar und weniger leicht ansprechbar für revolutionäre Vorstellungen als Schüler und Studenten. Die Auszubildenden sind durch den abrupten, unvorbereiteten Eintritt in das Berufsleben oft überfordert und der doppelten Konfliktsituation in Betrieb und Elternhaus kaum gewachsen. Trotz dieser persönlichen Probleme und der zahlreichen Mißstände im System der beruflichen Bildung ist bei ihnen eine ähnliche politische Protestbereitschaft und Mobilisierbarkeit wie bei den Schülern und Studenten nicht vorhanden. Jugendliche Berufstätige sind am ehesten für konkrete, überschaubare Forderungen aus ihrem Arbeits-und Erfahrungsbereich ansprechbar. Unter den zahlreichen linksradikalen Lehrlingsgruppen repräsentieren daher die orthodoxen Kommunisten, die Maoisten und die Trotzkisten die wichtigsten politischen Haupt-richtungen im antidemokratischen kommunistischen Lager. Alle Gruppierungen sind sich einig in dem Kampf gegen das „kapitalistische" System und in dem Kampf für eine kommunistische Ordnung. In der Strategie und Politik zur Erreichung dieses Ziels unterscheiden sich diese Organisationen jedoch erheblich. Die politisch bedeutsamste und stärkste linksradikale Lehrlingsorganisation ist die SDAJ, die Jugendorganisation der DKP. Ihr wichtigstes Ziel ist die Herstellung eines möglichst breitgefächerten politischen Bündnisses mit demokratischen sozialistischen Organisationen. Jedes SDAJ-Mitglied ist verpflichtet, in den Gewerkschaften mitzuarbeiten und dort politischen Einfluß zu gewinnen, wenn dies auch auf Kosten der Klarheit der eigenen politischen Aussage geht. Hier läßt sich aus taktischen Gründen eine große Bereitschaft zur politischen Anpassung feststellen. Vor allem die SDAJ widmet sich dem Aufbau einer eigenen „sozialistischen Kultur“ und neuer Formen sozialistischer Freizeitgestaltung, um auch unpolitische Lehrlinge und Jungarbeiter für sich zu gewinnen. Wegen ideologischer Divergenzen bekämpfen sich SDAJ, Trotzkisten und Maoisten untereinander heftig, so daß sie sich in ihrer politischen Wirksamkeit teilweise aufheben. Die Aktivitäten linksradikaler Organisationen im Lehrlingsbereich stellen keine akute Bedrohung dar, müssen aber in ihren langfristigen Auswirkungen durchaus ernst genommen und als politische Herausforderung verstanden werden. Aufgabe der politischen Parteien und der Gewerkschaften ist es, die Reform der beruflichen Bildung voranzutreiben und auch die berufstätigen Jugendlichen in ihre politische Arbeit einzubeziehen.

I. Lehrlinge und Politik

I. II. III. IV. INHALT Lehrlinge und Politik Politisch-ideologische Hauptrichtungen linksradikaler Lehrlingsgruppen Schwerpunkte, der Agitation Taktik und Abschließende Beurteilung Konsequenzen Methoden und politische 1. 2. 1. 2. 3. 4. 1. 2. Sozialpsychologische Aspekte Mängel im beruflichen Bildungssystem Die orthodoxen Kommunisten a) DKP b) SDAJ Pie Maoisten Die Trotzkisten Sonstige Organisationen Schwerpunkte und Taktik der Agitation

Methoden der Agitation

Nach dem Aufstand der Studenten und Schüler sind die Lehrlinge und ihre Protestbewegung entdeckt worden. Die Linke hat zu ihrer eigentlichen revolutionären Basis, der Arbeiterklasse, zurückgefunden, und viele sehen damit bereits die Fundamente unserer Wirtschafts-und Gesellschaftsordnung erschüttert. Es muß eigentlich verwundern, daß die Lehrlinge als Zielgruppe linksradikaler Aktivitäten erst so spät, erst nach den Studenten und Schülern, wahrgenommen wurden. Symptomatisch dafür ist es, daß der SDS als der ursprüngliche Kern der studentischen Protest-bewegung sich zunächst völlig auf die Hochschulen konzentrierte dann sein Arbeitsfeld auf die Schulen mit der Gründung des Aktionszentrums Unabhängiger Sozialistischer Schüler (AUSS) ausweitete und erst nach seiner Auflösung als Bundesverband intensiv mit der Lehrlingsarbeit unter dem Schlachtruf „Die Fortsetzung des Hochschulkampfes ist der proletarische Klassenkampf" begann.

In der politischen Diskussion wird in diesem Zusammenhang leicht der Fehler gemacht, Schüler, Studenten und Lehrlinge unter dem vagen Begriff „die Jugend" zu subsumieren, um dann von einem allgemeinen Linkstrend „der Jugend" zu sprechen. Da gerade diese Untersuchung sich vor allem mit den Aktivitäten linksradikaler Gruppen im Lehrlingsbereich beschäftigt, ist es angebracht, auf die besonderen Unterschiede zwischen der poli-tischen Einstellung von Lehrlingen und Jung-arbeitern einerseits und Schülern und Studenten andererseits hinzuweisen.

Schon bei der Frage, wer eigentlich „Jugendlicher" ist, beginnen Abgrenzungsschwierigkeiten, auf die hier aber nicht näher eingegangen werden kann, weshalb die gängige Abgrenzung der 15-bis 25jährigen zugrunde gelegt werden soll 3). Sprach man in den fünfziger und sechziger Jahren noch von der „skeptischen", „geschichtslosen", „zerrütteten" oder „unbefangenen" Generation, wenn man „die Jugend" charakterisieren wollte so ist dies heute in dieser generalisierenden Form nicht mehr möglich. Seit der Mitte der sechziger Jahre und dem Beginn der Studentenunruhen ist im Unterschied zu vorher eine stark zunehmende Differenzierung, ja Gegensätzlichkeit in den politischen Auffassungen von Lehrlingen und Arbeitern sowie Schülern und Studenten festzustellen. Sowohl zwei Untersuchungen des EMNID-Instituts aus dem Jahre 1969 als auch die 1970 veröffentlichte Jaide-Befragung von 15-bis 19jährigen Jugendlichen kommen zu dem Ergebnis, daß die berufstätigen Jugendlichen eher konservativ sowie politisch weniger interessiert und informiert sind als die Schüler weiterführender Schulen und Studenten. Nach den EMNID-Untersuchungen sprachen sich z. B. 90 °/o der Schüler für Demonstrationen aus; 70% waren persönlich bereit zur Teilnahme an einer Demonstration. Die entsprechenden Werte bei jungen Werktätigen hingegen lagen bei 17% bzw. 6 %. Während nur 35 % der Schüler mit dem bestehenden Parteiensystem zufrieden sind, haben 61 % der Lehrlinge und Jung-arbeiter daran nichts auszusetzen; 46 % von ihnen lehnen die Forderungen der radikalen Studenten ab und 54 % meinen, die radikalen Aktionen werden nur von einem kleinen Teil der Studenten unterstützt

Die aus diesen wenigen exemplarischen Ergebnissen feststellbare größere geistige und politische Immobilität der jungen Werktätigen konstatiert auch Jaide, der sie auf den zu niedrigen Informationsstand, geringe verbale Intelligenz, fehlende Bereitschaft zu Diskussion und Teilnahme an sozialen und politischen Aktivitäten zurückführt. Als weitere Gründe wären mangelnde Flexibilität, Offenheit und Liberalität zu nennen. Der berufstätige Teil der Jugend verharrt im Status-quo-Denken, „einem übernehmen des , wie gehabt', dem gegenüber er sich schwerlich Veränderungen und Alternativen überhaupt vorstellen kann, geschweige denn durchzusetzen in der Lage ist"

Diese Ergebnisse werden bestätigt durch eine schriftliche Umfrage bei Hamburger Jungwählern (18-bis 20jährigen); „In keiner Altersgruppe sind derart starke Differenzen zwischen einzelnen Berufs-und Bildungsgruppen zu finden wie bei 18-bis 20jährigen. Als dominantes Kennzeichen dieser Altersgruppe kann die eindeutige Dichotomie — einerseits die Berufstätigen . . ., andererseits die Schüler und Studenten — festgehalten werden." Nach dieser Untersuchung unterhalten sich ca. 30 % der berufstätigen Jugendlichen gegenüber 41 % Schülern täglich über Politik; 61 % der Jungarbeiter und 52 % der Lehrlinge werden sich kaum bzw. nie politisch engagieren im Vergleich zu jeweils 47% der Schüler und Studenten

Besonders die berufstätigen Jugendlichen scheinen auf Grund ihres geringeren Bildungsund Informationsstandes Schwierigkeiten zu haben, die komplizierten Vorgänge einer sich schnell weiterentwickelnden Industriegesellschaft mit immer neuen Anforderungen und Problemen zu durchschauen. Jaide spricht von einer geistig-seelischen Verelendung des Lehrlings, da er „mit seiner dürftigen Vor-und Ausbildung, seinem engen Informationsund Erfahrungshorizont, seinem geringen Freiheitsspielraum, seiner seltenen Zugehörigkeit zu distanzierenden, entlastenden und orientierenden altershomogenen Gruppen „nicht mehr mitkommt", kaum das Gestern, geschweige denn das Heute versteht oder gar Künftiges sich vorzustellen und zu vertreten lernt" Damit verbunden ist die Zunahme von Vorurteilen, die Übernahme von Klischeevorstel-Igngen, und von daher sind auch die bestehenden Ängste und Befürchtungen gegenüber der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung zu verstehen.

Der Vollständigkeit halber sei hier erwähnt, da% diese Ergebnisse und Tendenzen bei jugendlichen Arbeitnehmerinnen bei den ungelernten Jungarbeitern und der Jugend in ländlichen Gebieten noch wesentlich negativer aussehen. 1. Sozialpsychologische Aspekte Der Versuch, die politische Situation im Lehrlingsbereich zu umreißen, wäre unvollständig, wenn dabei neben der Auswertung der wichtigsten Befragungsergebnisse nicht auch kurz auf die konkreten Probleme eingegangen wurde, die sich einem Hauptschulabsolventen (70 % aller Auszubildenden sind Hauptschulabsolventen) bei Eintritt in das Berufsleben stellen In der Regel beginnt die Lehre für einen Auszubildenden im Alter von 14 bis 16 Jahren. In dieser nachpubertären Phase an der Schwelle zur Adoleszenz, in der bei den Jugendlichen wichtige Selbstfindungs-und Identitätsprozesse noch keineswegs abgeschlossen sind, wird er von Schule und Elternhaus völlig unvorbereitet in die Berufswelt der Erwachsenen „gestoßen". Zu den Schwierigkeiten, die ein Jugendlicher in diesem Alter ohnehin schon mit der Entwicklung seiner Persönlichkeit und der Bewältigung des Sozialisationsprozesses hat, kommen die Probleme eines völlig ungewohnten Achtstundentages, der Anpassung an die Berufswelt der Erwachsenen hinzu. Im Unterschied zur Schule besteht im Betrieb für die Lehrlinge kaum die Möglichkeit, ihre jugend-spezifischen Eigenarten in Gruppen Gleichaltriger auszubilden, was auch in der vergleichsweise geringen Freizeit kaum möglich ist. Besonders bedeutsam ist es, daß der berufstätige Jugendliche im Unterschied zum Schüler kaum noch einer gezielten Sozialisation und einem persönlichkeitsumfassenden Bildungsimpuls unterliegt, weil das Elternhaus bei Lehrlingen dafür weitgehend ausfäjlt, die Lehre eher als Fehlsozialisation angesehen werden muß und die Möglichkeiten außerbetrieblicher Weiterbildungsmöglichkeiten kaum genutzt werden

Die berufstätigen Jugendlichen stehen im Unterschied zu den Schülern permanent zwei Konfliktgruppen gegenüber, da neben der für dieses Alter typischen Konfliktgruppe „Eltern“ noch die der „älteren Kollegen" hinzukommt. Während z. B. für Jungarbeiter und Lehrlinge die Konfliktgruppe „Eltern" 23 % bzw. 27 % beträgt, sind es bei Schülern 33 %. Die Konfliktgruppe „ältere Kollegen" hingegen erscheint bei Schülern nur mit 5 %, während sie bei Jungarbeitern 31 V#und bei Lehrlingen 26 °/o beträgt Die Lehrlinge führen also einen „Zweifrontenkrieg", auf den sie in keiner Weise vorbereitet sind.

Die Schwierigkeit für den Lehrling ist vor allem darin zu sehen, daß er bei seinen ohnehin schon vorhandenen Orientierungsschwierigkeiten angesichts dieser zusätzlichen psychischen und physischen Belastung durch die Lehre in keinem seiner wesentlichen Primärgruppenbereiche (Elternhaus, Betrieb, Freunde) die nötige Hilfestellung zur realistischen Situationsbeurteilung und Verarbeitung der Probleme mit dem Ziel der Handlungsorientierung erhält. Der Lehrling ist sich darin weitgehend selbst überlassen.

Vom Auszubildenden wird in der Lehre ein ähnliches Verhalten in bezug auf Arbeitsdisziplin, Leistungs-und Durchhaltevermögen wie von Erwachsenen verlangt, ohne daß er darauf in ist und ohne daß er der Regel von seinen erwachsenen Arbeitskollegen und Ausbildern entsprechend behandelt wird. Gerade in diesem Bereich der zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen jüngeren und älteren Arbeitnehmern scheint der Schwerpunkt der Probleme zu liegen.

Nach einer Umfrage bei 1364 Lehrlingen sehen zwei Drittel der Befragten ihre Stellung im Betrieb als rechtlos an, über 50 0/0 wagten nicht, ihren Ausbildern aus Angst wegen möglicher Repressalien zu widersprechen, und ebenso viele vertreten die Ansicht, daß während die völlige Preisgabe ihrer Lehrzeit Persönlichkeitsrechte verlangt wird Solche Ansichten beziehen sich z. B. auf ausbildungsfremde Tätigkeiten (Neben-und Schmutzarbeiten), auf Vorschriften über die Länge der Haare u. ä., womit Auszubildende in zahlreichen Betrieben konfrontiert werden. Es ist erschreckend, wie viele Lehrlinge offensichtlich in einem sehr rüden Umgangston behandelt werden. Bei allen Vorbehalten gegenüber derartigen Umfragen läßt sich doch feststellen, daß sich viele Auszubildende ungerecht, oft schikanös, teilweise menschenunwürdig behandelt fühlen. Die wesentliche Ursache scheint in dem überholten Erziehungsideal der Berufsausbildung zu liegen, das den Lehrling seinen oft pädagogisch und didaktisch nicht vorgebildeten Ausbildern ausliefert. Es sind aber häufig auch simple Verständigungsschwierigkeiten, unterschiedliche Erfahrungshorizonte und mangelnde Flexibilität auf beiden Seiten, die zu Konflikten führen.

Es muß festgehalten werden, daß die angedeuteten Konflikte im Normalfall nicht von den Lehrlingen bewußt provoziert werden, sondern nur dort aufbrechen, wo Erwachsene ihre Autorität oder Dienststellung mißbrauchen. „Sobald Anordnungen sachlich begründet werden und solange Vorgesetzte auch mit Lehrlingen sachbezogen diskutieren, wird Autorität akzeptiert." Dieses Verhalten ist in beiden Fällen durchaus positiv zu beurteilen. 2. Mängel im beruflichen Bildungssystem Neben diesen Konfliktursachen wegen Schwierigkeiten in der interpersonalen Kommunikation Kooperation und ist ein weiterer wesentlicher Bereich auf die generellen Mängel im System der beruflichen Bildung der Bundesrepublik zurückzuführen. Das beginnt mit geringer oder unterschiedlicher Bezahlung, schlechter oder einseitiger betrieblicher Ausbildung oder Ausbildungsmittel, fehlenden Ausbildungsplänen und endet bei der Kritik an der fehlenden Koordination zwischen betrieblicher und schulischer Ausbildung, dem Mangel an Berufsschullehrern etc.

Wegen einer oft mangelhaften Ausbildung während der Lehrjahre, in der die Auszubildenden fachlich nicht genügend gefordert werden, wegen der häufig recht großen Diskrepanz zwischen den Erwartungen vor Berufs-beginn und der Berufsrealität, wegen der Konflikte mit älteren Kollegen und Ausbildern fehlen vielen Jugendlichen oft Motivation, Antriebsmoment und innere Anteilnahme für ein aktives Engagement in ihrem Beruf. Dies wird erst wieder durch die näher-rückende Lehrabschlußprüfung erzwungen. Obwohl in einem Befragungsergebnis aus dem Jahr 1965 10 0/0 der berufstätigen Jugendlichen ihre Arbeit als „schwere Last" und 0/0 als „Möglichkeit zum Geldverdienen" ansahen und dieser Prozentsatz im Laufe der nachfolgenden Jahre wahrscheinlich noch gestiegen ist, muß betont werden, daß die große Mehrheit der Befragten zufrieden ist mit ihrem Beruf Offensichtlich sehen die Auszubildenden ihre Lehre als ein bald beendetes Ubergangsstadium an, dem nach Abschluß der Lehre die „Herrenjahre" folgen. Erst wenn sich diese Erwartungen nicht in vollem Umfange erfüllen und eine berufliche Zukunftsperspektive kaum noch besteht, dann werden Desinteresse, Gleichgültigkeit und Langeweile — auch in der Freizeit — gerade bei Jungarbeitern besonders deutlich und wirken deprimierend.

Es wäre sicherlich reizvoll, Schlußfolgerungen in allgemein-und bildungspolitischer Hinsicht zu ziehen, die auf den bisher dargelegten Erkenntnissen über die Misere, in der sich die berufstätigen Jugendlichen befinden, basieren. Angesichts der begrenzten Themenstellung soll aber darauf verzichtet und der Versuch unternommen werden, in bezug auf die im nächsten Kapitel zu erörternden politischen Aktivitäten linksradikaler Organisationen im Lehrlingsbereich das bisher Gesagte in ergänzenden und zusammenfassenden Schlußfolgerungen thesenartig zu formulieren und festzuhalten: 1. Die berufstätigen Jugendlichen sind politisch konservativer, weniger informiert und aufgeschlossen, sind schwerer politisch mobilisierbar und wesentlich weniger leicht ansprechbar für revolutionäre Vorstellungen als Schüler. Trotz dieser und anderer wesentlicher Unterschiede wird allzu oft der Fehler gemacht, politische Meinungen und Reaktionen von Schülern (und Studenten) auf die gesamte Jugend, also auch auf die berufstätige, zu übertragen. Man kann heute jedoch nicht mehr von „der Jugend" sprechen, sondern es sind mit Neidhardt drei relativ homogene Gruppen von Jugendlichen zu unterscheiden, die jeweils ihre besonderen Merkmale und Verhaltensweisen besitzen: die Schuljugend, die berufstätige Lehrjugend, die ungelernten jugendlichen Arbeiter 23). 2. Die Auszubildenden sind durch den abrupten, unvorbereiteten Eintritt in den Betrieb als Lehrling oft überfordert und der doppelten Konfliktsitüation in Betrieb und Elternhaus kaum gewachsen. Ihnen fehlt die Primär-gruppe, in der sie ihre Probleme besprechen können und Orientierungshilfen erhalten, weshalb die Freizeitgestaltung mit Freunden und Bekannten eine wichtige Rolle spielt. Ohnehin scheint das Ausleben in der kommerzialisierten und organisierten Freizeit-landschaft mit die beliebteste Beschäftigung der Mehrzahl der Lehrlinge zu sein. Aus der Welt der Schlager, Filme, des Fernsehens etc. erhalten sie auch weitgehend ihre Idole vermittelt, 3. Trotz der zahlreichen und gravierenden Mißstände im beruflichen Bildungssystem der Bundesrepublik und sonstiger berechtigter Kritik, die an den bestehenden gesellschaftlichen und politischen Zuständen unseres Landes geübt werden kann, ist eine ähnlich latente Protestbereitschaft und Mobilisierungsfähigkeit wie bei Schülern Und Studenten nicht feststellbar. Das ist vornehmlich auf die starke Einbindung in den Betrieb, den Achtstundentag etc. zurückzuführen, weshalb der privaten Freizeitgestaltung eher der Vorzug gegeben Wird als der politischen Betätigung. Trotzdem muß festgehalten werden, daß die frühere Neue Linke auch im Lehrlingsbereich eine politische Ausstrahlung hat. Der Prozentsatz derjenigen, die linksradikale Parteien und Vorstellungen unterstützen, ist zwar nach wie vor klein, hat aber deutlich zugenommen. 4. Jugendliche Berufstätige sind am ehesten für konkrete, überschaubare Forderungen aus ihrem Arbeits-und Erfahrungsbereich ansprechbar, weniger für abstrakte politische Prinzipien und Ideologien. Das Aufgreifen bestehender Mißstände dürfte daher ein erfolgversprechender Ansatz für politische Gruppen sein. Politische Gruppierungen könnten mit ihren Programmen und führenden Persönlichkeiten eine Erklärungs-und Orientierungshilfe für Lehrlinge anbieten, die ihnen ansonsten fehlt. Außerdem wäre denkbar, daß eine politische Gruppierung als „Kampfgemeinschaft“ das Bedürfnis nach „Gemeinschaft“, nach dem Primärgruppenerlebnis bei jungen Berufstätigen erfüllt.

Mit diesen Überlegungen und Schlußfolgerungen des ersten Kapitels ist der Rahmen abgesteckt, in dem sich die Untersuchung des nächsten Kapitels bewegen soll. Er reduziert die politischen Möglichkeiten linksradikaler Gruppen von vornherein auf ein bestimmtes Maß, das jede Dramatisierung verbietet. Es wird von daher interessant sein festzustellen, inwieweit sich die oben anhand von Umfrageergebnissen und sonstigen Untersuchungen gemachten Voraussagen über die Aussichten linksradikaler Gruppierungen in der politischen Wirklichkeit bestätigen. Darüber hinaus wird zu prüfen sein, wie weitgehend sich die verschiedenen politischen Gruppierungen in ihrer Ideologie, Strategie und Taktik an diese Realitäten anpassen.

II. Politisch-ideologische Hauptrichtungen linksradikaler Gruppen

Eine Untersuchung, die sich mit den Aktivitäten politischer Organisationen im Bereich der berufstätigen Jugend beschäftigt, wird sehr schnell zu der Erkenntnis kommen, daß diese Organisationen politisch ausschließlich der „linken“ bzw. linksradikalen Richtung zuzuordnen sind. Alle diese Gruppen haben gemein, daß sie ihre Forderungen und Kritik von sehr unterschiedlich verstandenen sozialistischen Grundsätzen ableiten und das bestehende „kapitalistische" System der Bundesrepublik mehr oder weniger radikal ablehnen, transformieren oder beseitigen wollen. Obwohl sich die verschiedenen Organisationen in vielen Punkten auch untereinander bekämpfen, diese beiden Gemeinsamkeiten sind unübersehbar. Da von einer politisch relevanten permanenten Betriebsarbeit gemäßigter Organisationen im Lehrlingsbereich kaum die Rede sein kann, rechtfertigt sich auch die Konzentration auf die linksradikalen Gruppen

Die seit dem Verbot der KPD recht kümmerlichen Aktivitäten linksradikaler kommunisti-scher Ersatzorganisationen erhielten im Gefolge der Studentenunruhen Mitte der sechziger Jahre neuen Auftrieb. Die Gründung der DKP und des Aktionsbündnisses Demokratischer Fortschritt (ADF) waren das sichtbarste Zeichen dafür, daß sich die bis dahin in der Illegalität (illegale KPD) bewegenden oder sich Ersatzorganisationen bedienenden Kommunisten Moskauer und Pankower Provenienz wieder Aussichten von der offenen politischen Arbeit vor allem in den Betrieben versprachen. Mit der Gründung der Sozialistischen Deutschen Arbeiter-Jugend (SDAJ) als der kommunistischen Jugendorganisation war der Prozeß der Gründung von scheinlegalen, offen arbeitenden kommunistischen Organisationen abgeschlossen. Neben den orthodox-kommunistischen Organisationen sind die Versuche maoistischer Gruppierungen zu nennen, die im Zuge der ideologischen Entzweiung zwischen Moskau und Peking auch in der Bundesrepublik versuchen, vor allem bei der berufstätigen Jugend Fuß zu fassen. Für die Trotzkisten — sowohl von den orthodoxen Kommunisten als auch den Maoisten als Revisionisten und Handlanger der Großbourgeosie verurteilt — wirkt bei den Lehrlingen die Jugendorganisation „Rote Garde“ mit bescheidenem Erfolg.

Mit dem Zerfall der Neuen Linken und der Auflösung des SDS als Bundesverband im Jahre 1968 zog sich die Neue Linke immer stärker aus der aktiven Hochschularbeit zurück und konzentrierte sich beinahe ausschließlich auf die politische Agitation in den Betrieben. Auch hier wiederum besteht ein Konkurrenzverhältnis zu allen übrigen bisher genannten Gruppen.

Mit dieser Aufzählung sind die ideologischen Hauptströmungen linksradikaler Prägung genannt, die in Betrieben und insbesondere im Lehrlingsbereich arbeiten. Es bietet sich daher an, die bedeutsamsten ideologischen Unterschiede und Schwerpunkte dieser sozialistischen Organisationen herauszuarbeiten, um einen ersten Eindruck von ihrem argumentativem Ansatz zu bekommen. 1. Die orthodoxen Kommunisten a) Die Deutsche Kommunistische Partei Mit der Konstituierung der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) im April 1969 in Essen besaßen die deutschen Kommunisten wieder ein legales politisches Instrument zur Propagierung ihrer politischen Forderungen Basierend auf den Lehren von Marx, Engels und Lenin erstrebt sie die „grundlegende Umgestaltung der Gesellschaft“ und die „Ablösung des Kapitalismus durch den Sozialismus“ Die DKP vermied es, Formulierungen zu wählen, die ein Verbot durch das Bundesverfassungsgericht ermöglicht hätten; an ihrer kommunistischen Zielsetzung im Sinne der SED und der KPdSU kann aber kein Zweifel bestehen: „Unzerstörbar sind die Bande der Solidarität, die die DKP mit der Sowjetunion und der KPdSU, mit der DDR und der SED . . ., mit der revolutionären Arbeiterbewegung und der antiimperialistischen Befreiungsbewegung in der ganzen Welt verbinden.“

Durch Vergesellschaftung soll die Macht des Großkapitals zerbrochen und das politische Kräfteverhältnis zugunsten der Arbeiterklasse verändert werden. Während die CDU/CSU als die Hauptpartei des Monopolkapitals gilt, wird aber auch der jetzigen SPD-FDP-Bundesregierung vorgeworfen, daß sie keine grundlegenden gesellschaftlichen Veränderungen wolle. Im übrigen gilt der Kampf allen „linken" und „rechten“ Abweichlern vom wahren Sozialismus.

Da die DKP ihre eigenen Kräfte und politischen Chancen realistisch genug einschätzt, betreibt sie eine konsequente Bündnispolitik, um ein gemeinsames Handeln der Arbeiterklasse zu ermöglichen. „Das erfordert die Herstellung der Aktionseinheit von Sozialdemokraten, Kommunisten, christlichen und parteilosen Arbeitern.“ Jedes innen-oder außen-politische Thema, die Anprangerung jedes Mißstandes ist ihr recht, um zu gemeinsamen „Kampfaktionen“ mit demokratischen sozialistischen Organisationen zu kommen. Deshalb kritisiert die DKP auch insbesondere die „rechten Sozialdemokraten“ und die „prokapitalistische Politik der SPD-Führung“. Aus der Bündnispolitik der DKP ergibt sich ebenfalls ihr intensiver Versuch, in den Gewerkschaften Fuß zu fassen: „Jeder Kommunist hat die Pflicht, ein aktiver Gewerkschaftler zu sein." „Mehrere hundert DKP-Mitglieder haben gewerkschaftliche Funktionen, vor allem in Betrieben und unteren Gliederungen der Gewerkschaften inne."

Ende 1970 existierten 130 orthodox-kommunistische Gruppen mit ca. 65 000 Mitgliedern. Als wichtigstes Medium zur politischen Propaganda standen ihnen 320 periodische Blätter in einer Gesamtauflage von 11, 2 Millionen zur Verfügung, die 80 % aller linksradikalen Schriften ausmachten.

Einen besonderen Schwerpunkt legt die DKP auf die Mobilisierung der Jugend für ihre Ziele, da „dieses System nicht in der Lage ist, der Jugend eine sinnvolle Zukunft, die Entfaltung ihrer Fähigkeiten zu ermöglichen . . . Die Aktionen der Jugend werden um so erfolgreicher sein, je mehr sich junge Arbeiter und Studenten die geschichtlichen Erfahrungen der Arbeiterbewegung, die Theorie von Marx, Engels und Lenin zu eigen machen. . . Die demokratische und sozialistische Jugend wird die Kommunisten als aktive Kampfgenossen an ihrer Seite finden."

So führte die DKP am 8. Mai 1971 ihre erste Jugendkonferenz in Hannover durch unter dem Schlagwort „Mit der DKP vorwärts kontra Großkapital — für Frieden, demokratischen Fortschritt und Sozialismus". Der DKP-Bezirksvorsitzende von Niedersachsen, Kurt Fritsch, stellte in seinem Begrüßungswort fest, „. . . daß die Gewinnung der Jugend zu einer zentralen Frage des Klassenkampfes geworden ist . . . Es wächst die Erkenntnis bei der arbeitenden und lernenden Jugend, daß sie im Kapitalismus keine Perspektive hat , . , Die DKP ist die einzige Partei in der Bundesrepublik, die der jungen Generation Weg und Ziel ihres Kampfes weisen kann . . . Welches sind nun die wichtigsten Gründe für die Jugend, sich der DKP anzuschließen und gemeinsam für Frieden und Sicherheit, demokratischen Fortschritt und als Ziel die sozialistische Gesellschaftsordnung zu kämpfen?

Die DKP kann der Jugend Antwort geben und einen Ausweg aufzeigen, sie faselt nicht wie alle anderen Parteien vom Generationskonflikt, sie sagt deutlich, daß die Probleme der Jugend genauso wie aller werktätigen Menschen in diesem System nicht gelöst werden können.

Wir brauchen kurz den uns doch nur einmal Weg eines Menschen von Geburt an zu betrachten. Grundschule — mit fehlenden Unterrichtsräumen und Lehrermangel. Berufsausbildung — in nicht zukunftsorientierten Berufen.

Bundeswehr — mit gestohlener Zeit und undemokratischem Geist.

Heirat — mit Wohnungsmangel, Supermieten und schwindendem Verdienst.

Kinder — mit fehlenden Kinderkrippen und -gärten.

Beruf — mit drohendem Berufswechsel, Arbeitsplatzangst und fehlender geringster Mitbestimmung in Betrieb und Wirtschaft.

Man könnte diese Latte von schwarzen Punkten noch weiter fortsetzen, aber gerade bei der Frage Mitbestimmung der Jugend müssen wir feststellen, daß es keine in unserem System gibt, die der Jugend eine echte Mitentscheidung über ihre Zukunft garantiert. Kann es verwunderlich sein, wenn die Jugend protestiert, nach Veränderung ruft und auf die Straße geht? Kann es überraschend sein, wenn sie nach der Partei sucht, die eine Alternative anbieten kann? Und diese Partei ist die DKP, Vielleicht lohnt es doch einmal, noch mehr zu erfahren, schreibt uns doch mal. Wir senden Euch Informationsmaterial oder wir können uns auch mal treffen." Obgleich die DKP also auch eigene Veranstaltungen speziell für Jugendliche durchführt und in ihren Betriebszeitungen häufig eine spezielle „Jugendseite" hat, ist ihr wichtigstes Instrument für die Gewinnung der Jungarbeiter und Lehrlinge die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ). b) Die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend Am 4. /5. Mai 1968 wurde in Essen die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend gegründet, die zunächst zwar ihre Selbständigkeit betonte, deren enge Verbundenheit mit der DKP jedoch durch Doppelmitgliedschaft und politisch-ideologischen Gleichklang zum Ausdruck kommt. Die DKP hat deshalb auch ausdrücklich auf die Gründung einer eigenen Jugendorganisation verzichtet, wenn man von ihrer Hochschulorganisation Spartakus absieht.

Die SDAJ verabschiedete auf ihrem Gründungskongreß einstimmig ein Aktionsprogramm, das entsprechend der damaligen politischen Situation versucht, die in der studentischen Protestbewegung gängigen Kritikpunkte wie Vietnam, die Misere der beruflichen Bildung, allgemeine Bildungsreformen, Notstandsgesetze, NPD, Springerkonzern, NATO etc.

aufzugreifen. Noch relativ zurückhaltend wird der ideologische Hintergrund der SDAJ erwähnt, wenn als Grundübel die Herrschaft des Großkapitals angesprochen wird. Die SDAJ erstrebt „eine auf der Grundlage des wissenschaftlichen Sozialismus entwickelte Politik für die Jugend. Das erfordert eine starke marxistische Jugendorganisation . . . Wir sind für eine sozialistische Gesellschaftsordnung"

In einem Appell an junge Arbeiter, Angestellte, Schüler und Studenten ruft die SDAJ scheinbar unverfänglich diejenigen zur Mit-arbeit auf, „die Mut genug haben, das anzugreifen, was in unserer Gesellschaft falsch, rückständig, also politisch gefährlich ist"

Um der gut organisierten „Reaktion" und deren Handlangern entgegentreten zu können, sei die SDAJ als Kampforganisation und Teil der internationalen, demokratischen und sozialistischen Bewegung erforderlich. In deutlicher Abgrenzung zu den antiautoritären sozialistischen Gruppen wird festgestellt: „Spontanität, Naivität und einfach nur Lust am Leben sind allein noch kein wirksames Kampfmittel gegen die Unterdrückung von oben. Politischer Mut, der sich nicht entschlossen und mit klarem Kopf organisiert, der nicht das Zusammengehen aller Demokraten anstrebt und sich nicht dem Volke verständlich macht... begünstigt den Gegner ... Wir werden uns nicht mehr verzetteln in Einzelaktionen ... Wir werden das, was uns trennt, im Interesse der gemeinsamen Sache zurückstellen, weil unsere Uneinigkeit nur den Mächtigen nützt. Unser spontaner Kampf gegen das Unrecht wird von nun an organisierter Kampf sein."

Es muß festgehalten werden, daß dieses Aktionsprogramm relativ wenig Ideologie und orthodoxen Marxismus enthält, dafür aber die Kritikpunkte und Forderungen aufgreift, die bei der politisierten Jugend populär sind. Zwar fehlt auch nicht der Hinweis auf das „Klassengesetz der Geschichte (nachzulesen bei Marx, Lenin und Brecht)" und die Forderung nach Überführung der Schlüsselindustrien in Gemeineigentum aber den breitesten Raum nehmen doch ganz konkrete Forderungen ein wie einheitliches Berufsbildungsgesetz, Beseitigung des Lehrermangels etc. Deutlich wird auch, daß die SDAJ sich als fortschrittliche, demokratische und sozialistische Jugendorganisation darzustellen versucht, die als einzige in der Lage ist, den Kampf der zer-strittenen antiautoritären Linken diszipliniert und konsequent fortzusetzen.

Der SDAJ-Gründungskongreß verabschiedete ebenso einstimmig und ohne große Diskussion eine Satzung und „wählte" per Akklamation einen 25köpfigen Bundesvorstand, an dessen Jürgen Spitze bis heute der Journalist Rolf Priemer steht. In der Satzung bekennt sich die den SDAJ zu sozialistischen Ideen, wie sie von Marx, Engels und Lenin begründet werden. Es ist eine wichtige Aufgabe der Mitglieder, aktiv in den Gewerkschaften mitzuarbeiten

Mitglieder der SDAJ müssen mindestens 14 Jahre alt sein; die Mitgliedschaft kann auch korporativ (z. B. Jugendklubs) erworben werden Besonders nach der Gründung der SDAJ wurde von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht durch zahlreiche Jugendklubs, die in den Jahren davor von Kommunisten gegründet worden waren

Unter der Losung „Das Übel an der Wurzel packen — die Macht der Großkonzerne knakken. Für Mitbestimmung der Jugend in Betrieb, Schule, Staat und Gesellschaft" fand im Dezember 1969 der 2. SDAJ-Bundeskongreß statt, der eine „Erklärung" verabschiedete, die das Aktionsprogramm von 1968 ergänzen sollte. Darin wird festgestellt, daß „die geschichtliche Aufgabe der Arbeiterklasse im Bündnis mit anderen demokratischen Kräften in der Überwindung der reaktionären Macht des Großkapitals, in der Entwicklung zu einer sozialistischen Gesellschaftsordnung -be steht ... Diese demokratischen Veränderungen und der Frieden können nur durch Klassenkampf erzwungen werden" Als Hauptgegner die NPD, CDU/CSU werden wiederum und das Großkapital angegeben, wobei gegenüber der neuen SPD/FDP-Regierung die Hoffnung zum Ausdruck gebracht wird, „daß für sie , mehr Demokratie wagen'keine Phrase bleibt" Im übrigen liegt der Schwerpunkt aller konkreten Forderungen wiederum in der Bildungspolitik. Unter den zahlreichen Vertretern verschiedenster kommunistischer Organisationen war auch ein Vertreter der sowjetischen Jugendorganisation Komsomol, der den „edelmütigen Kampf" der SDAJ lobte und rief: „Es lebe die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend, die Vorhut der fortschrittlichen Jugend der BRD! Es lebe die Einheit der revolutionären Jugend der Welt! Es lebe der Marxismus-Leninismus!" Der DKP-Vorsitzende Bachmann betonte: „Kämpft Ihr doch als selbständige sozialistische Organisation der arbeitenden und lernenden Jugend für dieselben Ziele wie wir." Der erste Sekretär des Zentralrats der FDJ, Rau, formulierte die Einschätzung der SDAJ aus der Sicht der FDJ so: „Hut ab vor den Jungs und Mädels, vor den Genossen der SDAJ. Und für diesen kämpferischen Optimismus, den Ihr auch uns vermittelt, möchte ich mich bei Euch im Namen der FDJ herzlich bedanken." Der wiedergewählte SDAJ-Vorsitzende revanchierte sich in seinem Schlußwort mit der Feststellung: „Die Deutsche Demokratische Republik ist der erste Staat des Sozialismus auf deutschem Boden! Wir sind stolz darauf!"

Auf ihrem 3. Bundeskongreß verabschiedete die SDAJ Ostern 1972 in Stuttgart den Entwurf für „ 5 Grundrechte der jungen Generation", der folgende Hauptforderungen bein-haltete, die dann im einzelnen erläutert wurden: — Das Recht der Jugend auf demokratische und fortschrittliche Bildung und Berufsausbildung — Das Recht der Jugend auf Arbeit, soziale Sicherheit und Gleichberechtigung — Das Recht der Jugend auf Mitbestimmung und Demokratie — Das Recht der Jugend auf sinnvolle Freizeitgestaltung, Erholung, Sport und Gesundheit — Das Recht der Jugend, in Frieden zu leben und zu arbeiten — ohne Militarismus und Neonazismus

Auch an diesen Forderungen sowie dem gesamten Programm wird die Methode der SDAJ deutlich, allgemein populäre Forderungen zu ihren eigenen zu machen und sich als Kern der demokratischen, d. h. sozialistischen Jugend hinzustellen. Allerdings lassen sich diese Forderungen nach Meinung der SDAJ nur realisieren, wenn die Widersprüche des kapitalistischen Systems, der Imperialismus als Wurzel aller Übel, die Macht der Monopole und Banken, das Großkapital und seine Bosse beseitigt werden. Diese menschenfeindliche Ordnung muß zugunsten einer neuen sozialistischen Gesellschaftsordnung überwunden werden, denn „im Sozialismus liegt die Macht in den Händen des arbeitenden Volkes und der Grundsatz wird Wirklichkeit: Was des Volkes Hände schaffen, muß des Volkes eigen sein!"

Immer wieder fordert sie auf zur Gemeinsamkeit von „jungen Gewerkschaftern, jungen Sozialdemokraten und Kommunisten, von Sozialisten und Liberalen und jungen Christen: Schließt Euch zusammen. Schiebt Trennendes beiseite. Gemeinsam sind wir stärker!" Entsprechend diesen Gemeinsamkeitsappellen greift die SDAJ in ihrer politischen Agitation auch immer die Themen auf, bei denen sie eine Zusammenarbeit mit der Gewerkschaftsjugend, der Naturfreundejugend, den Jungsozialisten etc. am ehesten erwarten kann. „In der Jugend-und Lehrlingsarbeit hat sich die 1968 gegründete . Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend'(SDAJ), die inzwischen rund 10 000 Mitglieder umfaßt, aufgrund strenger kommunistischer Disziplin und Schulung als die organisatorisch und ideologisch am meisten gefestigte linksradikale Jugendgruppe erwiesen. Sie hat durch gezielte Aktionen gegen Mängel in der Lehrlingsausbildung und für erweiterte Mitbestimmung in namhaften Industriebetrieben Einfluß zu gewinnen versucht. Funktionsträger und Mitglieder von prinzipiell demokratischen Jugendgruppen wie . Gewerkschaftsjugend', , Jungsozialisten', , Jungdemokraten', . Sozialistische Jugend Deutschlands — Die Falken’ und . Naturfreundejugend'zeigten sich zum Teil bereit, mit der kommunistischen SDAJ zusammenzuarbeiten. Das wirkte sich bei Aktionen und Veranstaltungen gegen , das Rechtskartell’, gegen Mängel in der Lehrlingsausbildung und für . Mitbestimmung in den Betrieben'aus."

Wichtigstes Propagandainstrument der SDAJ ist die Jugendzeitschrift „elan“, die versucht, ihre Forderungen und Thesen den Jugendlichen mundgerecht und aktuell zu servieren. So wird ein Münchner Banküberfall folgendermaßen kommentiert:

„Rammelmayr und Todorow waren Gangster wie andere auch, die mit Banken zu tun haben. Nur — sie kamen durch die Tür mit Pistolen und nicht durch den Aufsichtsrat mit Empfehlungen und Aufträgen der Großindustrie . . . Leben auf Kosten anderer, das machen die Monopolherren den gewöhnlichen Gangstern vor. Das System ist schuld."

Regelmäßig erscheinen Greuelgeschichten über die Amerikaner und deren Verbrechen in Vietnam. „Mit all diesen Verbrechen der USA war die Bundesrepublik stets direkt oder indirekt verbunden, wobei der einzige Schutz gegen die Ausweitung der kriegerischen Aktivitäten des Imperialismus das starke sozialistische Weltsystem ist" Berichte über einen „Solidaritätskongreß der Jugend — gegen Ausbeutung, Unterdrückung und Krieg", zu dessen Teilnahme auch Gewerkschaftsjugendvertreter auffordern und über eine Jugendinitiative „Rettet Angela Davis", die zusammen von SDAJ, Jungdemokraten, Jungsozialisten und Gewerkschaftsjugend in Düsseldorf-Mettmann gegründet wurde sollen Anregungen für die politische Arbeit vermitteln.

In jeder Ausgabe erscheinen seitenlange Berichte über die sozialistischen Errungenschaften in der DDR, der Sowjetunion und anderen osteuropäischen Staaten. Außerdem wird über FDJ/SDAJ-Freundschaftslager in der DDR und über ein erstes Freundschaftslager zwischen russischer und deutscher Jugend berichtet, an dem Vertreter der SDAJ, des Spartakus, SHB, des UDS und der Jungdemokraten teilgenommen haben

Neben der Zeitschrift „elan" gibt die SDAJ im Rahmen ihrer Betriebsarbeit zahlreiche Flugblätter und Informationsdienste mit rein lokaler Bedeutung heraus. Zusammenfassend kann folgendes über ihre Ideologie und Politik gesagt werden: 1. Die SDAJ ist die Jugendorganisation der DKP und strebt eine politische Umgestaltung der Bundesrepublik Deutschland nach dem Vorbild der DDR an. Sie zählt damit zu den orthodox-kommunistischen Jugendorganisationen und fühlt sich eng verbunden mit den entsprechenden Organisationen in Osteuropa. Deshalb bekämpft sie auch alle nach ihrer Meinung revisionistischen Organisationen. 2. In ihren politischen Aussagen bekennt sie sich — wie die DKP — verbal zum Grundgesetz und gibt sich den Anschein der Legalität, um einem möglichen Verbot wegen Verfassungswidrigkeit zu entgehen. Als kommunistische Jugendorganisation spricht sie vor allem die berufstätige Jugend mit konkreten Forderungen und durch das Aufgreifen von Mißständen an, ohne ihre eigentliche kommunistische Zielsetzung deutlich herauszustellen. Damit trägt sie der verbreiteten Ablehnung kommunistischer Vorstellungen in der jungen Generation Rechnung. Ihr argumentatives Grundschema, das immer wieder neu variiert und aktualisiert wird, besteht darin, daß sie vorhandene und angebliche Mißstände als unlösbar mit dem kapitalistischen System verbunden anprangert, weshalb die Realisierung von Reformen nur in einem kommunistischen System als möglich dargestellt wird. 3. Das wichtigste strategische Nahziel der SDAJ ist die Verbreiterung ihrer politischen Basis durch Unterwanderung von und Kooperation mit Gewerkschaftsjugend, sozialistischen und sonstigen Jugendorganisationen, „neutralen" Bürgerkomitees usw., um auf diesem Wege aus ihrer Isolierung herauszukommen und die vielbeschworene Massenbasis zu erreichen. Wichtigstes Mittel dieser Bündnis-strategie sind die Initiierung und Durchführung von Anti-Aktionen und -Kongressen (Thema beliebig) und Solidaritätskongressen (Thema beliebig). Diese Bündnisstrategie, die die SDAJ teilweise bis zur ideologischen Selbstverleugnung betreibt, hat durchaus Erfolge zu verzeichnen. 4. Der Vorteil der SDAJ gegenüber konkurrierenden linksradikalen Jugendorganisationen ist ihre ideologische Diszipliniertheit, ihr hoher Organisationsgrad und ihre relativ hohen Finanzmittel. Ihr Nachteil ist die ideologische Fixiertheit auf einen Kommunismus Moskauer und Pankower Prägung, der zu plump und dogmatisch ist für kritische Jugendliche, sowie ihre deutliche Abhängigkeit von DKP und SED. Besonders für die SDAJ stellt sich — wie bei allen sozialistischen Organisatio-nen — ein Problem besonders deutlich, daß nämlich das Endziel der kommunistischen Umgestaltung der Gesellschaft und die konkreten, eher systemstabilisierend wirkenden Einzel-forderungen beziehungslos nebeneinander stehen, wenn nicht gar Gegensätze bilden. 2. Die Maoisten Die zweitgrößte Gruppe linksradikaler Organisationen, die mit 20 Gruppen und ca. 800 Mitgliedern keineswegs an die Stärke der orthodox-kommunistischen Gruppen heran-reicht, sind die Maoisten Sie bilden, ähnlich wie auch in anderen westeuropäischen Ländern, den politischen Gegenpol zu den moskautreuen Kommunisten Die erste maoistische Partei wurde 1968 als Kommunistische Partei Deutschlands /Marxisten-Leninisten (KPD/ML) gegründet, die sich aber bereits 1970 durch zwei Abspaltungen verdreifachte Es soll daher nur die stärkste pekingfreundliche KPD/ML (Rote Fahne) kurz behandelt werden, da sie auch die intensivste Lehrlingsarbeit betreibt.

Die KPD/ML (Rote Fahne), benannt nach ihrem „Zentralorgan", hatte sich abgespalten, weil sie vor allem eine proletarische Partei sein wollte, die nicht in intellektuellen Diskussionen verharrt, sondern den Kampf der Arbeiterklasse an der Basis in den Betrieben führt Sie hat sich unter der Parole „Proletarier aller Länder und unterdrückte Völker, vereinigt Euch!" zusammengefunden und beruft sich auf die Lehren von Marx, Engels, Lenin, Stalin und Mao. Sie knüpft an die revolutionären Traditionen der KPD der zwanziger Jahre unter Thälmann an und nennt als ihr großes Vorbild die KP Chinas. „Die Volksrepublik China — Bollwerk des Friedens!", Berichte über „Heldentaten des chinesischen Genossen Djin", „Albanien — Leuchtturm des Sozialismus in Europa" und ähnliche Über-schriften aus der „Roten Fahne* zeigen die politisch-ideologische Ausrichtung. Die Hauptstoßrichtung der KPD/ML in ihrer politischen Agitation richtet sich gegen die „Sozialimperialisten" der SPD, die „Verratspolitik* der Gewerkschaftsbürokratie, die Arbeiterverräter und Revisionisten der D„K" P und SDAJ.

Obwohl die KPD/ML die Gewerkschaften im Unterschied zu DKP und SDAJ scharf kritisiert, will sie keine neue Gewerkschaft gründen, sondern die Gewerkschaften sollen „zum Klassenkampfwerkzeug gegen die Offensive des Kapitals" gemacht werden. Die reformistischen Führer tun alles, um „die Gewerkschaften zu Hilfstruppen der Unternehmer, zu Anhängseln des kapitalistischen Staates zu machen"

Die KPD/ML (Rote Fahne) hat als Jugendorganisation, der Jugendliche bis zu 25 Jahren angehören können, den „Kommunistischen Jugendverband Deutschlands" (KJVD). Dieser gibt als Zentralorgan „Der Kampf der Arbeiterklasse" und als theoretisches Organ „Der junge Bolschewik" heraus. Der KJVD greift bewußt Tradition und Namen des KJVD der zwanziger Jahre (Jugendverband der damaligen KPD) auf und bekämpft in diesem Sinne „die kapitalistische Erziehung und Ausbeutung der werktätigen Jugend und organisiert ihre Teilnahme am Klassenkampf auf Seiten der Arbeiterklasse" Er vertritt die besonderen Forderungen der Arbeiterjugend mit dem Ziel der Errichtung der Diktatur des Proletariats. Er erzieht die werktätige Jugend im Sinne der Lehre von Marx, Engels, Lenin, Stalin, Mao Tse-tung Die KPD/ML ist für den KJVD „als Vorhut der gesamten Klasse auch die Führerin der Arbeiterjugend. Ihr Programm, ihre Strategie und Taktik sind es, nach denen auch der Jugendverband seine Aufgaben bestimmt. Als ihre Stütze und ihr Instrument führt der KJVD die Arbeiterjugend in den Kampf und erzieht sie im Geiste des Kommunismus."

Der KJVD bekämpft sowohl den US-als auch den SU-Imperialismus, die Revisionisten in der DDR ebenso wie in der Bundesrepublik. Die Sozialdemokratie ist „Vorreiter der imperialistischen Politik" und stabilisiert das kapitalistische System.

„Die Militarisierung aller Bereiche und die zunehmende innere Faschisierung durch die Sozialdemokratie macht große Fortschritte." Ein Blitzkrieg gegen die DDR sei geplant und die Revisionisten (Moskau) unterstützen noch durch Abmachungen den sozialdemokratischen Imperialismus

„Die SDAJ-Führer sind auf seifen der Verräter", „Gewerkschaftskonzern — Arbeiter-verräter", „DKP-Führer politisieren Jugend und Terror" — solche und ähnliche Über-schriften im Zentralorgan des KJVD zeigen auch die deutliche Abgrenzung gegenüber den „Revisionisten" Der KJVD wendet sich gleichfalls gegen die Verstaatlichungsforderung der D„K" P und SDAJ im Bergbau, da „dadurch der Bock zum Gärtner gemacht wird, . . .denn der Bonner Staat ist ein Staat der Kapitalisten, so daß der endgültige Ausweg für die Arbeiterklasse nur heißen kann: . . . Sturz des Bonner Ausbeuterstaates und Errichtung des sozialistischen Arbeits-und Bauernstaates" In einem Bericht über einen Oberhausener Lehrlingskongreß im Dezember 1971 wird der SDAJ vorgeworfen, daß ihre Vertreter gegen die Aufhebung des KPD-Verbots stimmten, um sich der Gewerkschaftsführung anzupassen Außerdem wird den D„K" P-Führern vorgeworfen: „Sie sind völlig mit dem Kampf der SPD-Regierung und der Gewerkschaftsführer gegen die marxistisch-leninistischen Organisationen einverstanden und unterstützen ihn durch ihre Taten." SDAJ, Jungsozialisten und Jungdemokraten in Bochum werden hingegen gelobt, daß sie solchen Bestrebungen in einer Resolution entgegengetreten sind Als weiteres Beispiel für die Anpassungsstrategie der SDAJ wird ihr Kongreß „Arbeiterjugend kontra Monopole" angesehen, der im Mai 1971 in Recklinghausen stattfand, da die SDAJ keine breite Werbung dafür unter den Lehrlingen betrieb. „Der Kongreß setzte sich fast ausschließlich aus Gewerkschaftsfunktionären zusammen. Es sollten die Leute sein, um die sie sich schon seit einiger Zeit verstärkt bemühen, um Einfluß auf die Arbeiterjugend zu gewinnen: Jugendvertreter, Jugendvertrauensleute, Funktionäre der Gewerkschaftsgruppen und Lehrlingszentren."

Neben diesem ideologischen Mehrfrontenkrieg nach allen Seiten greift der KJVD auch aktuelle Fragen wie Lohnerhöhungen, Streiks etc. auf und vertritt dabei besonders radikale Positionen gegenüber den Vorstellungen der Gewerkschaftsvertreter. Daneben nehmen sich Forderungen wie: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, 100 % des Effektivlohns für die Arbeit in der Produktion, 60 °/o des Ecklohns für die Zeit in der Ausbildung, 6 Wochen bezahlter Urlaub für alle werktätigen Jugendlichen, Streikrecht für Lehrlinge, Kündigungsschutz für Jugendvertreter, Gleichberechtigung der Jugendvertreter im Betriebsrat noch relativ harmlos aus. Sie passen auch nicht zu dem sonstigen martialischen Gebaren und revolutionären Vokabular. Der KJVD entwickelt auch politisch keine eigenen Reformforderungen, sondern übernimmt wahllos bereits vorhandene und verharrt im übrigen in der Negation nach allen Seiten. Da er aus seiner kommunistischen Zielsetzung im rotchinesischen Sinn keinerlei Hehl macht, die Entspannungspolitik der Bundesregierung ebenso bekämpft wie die der „Arbeiterverräter" von SPD und Gewerkschaften und auch die revisionistische DKP und SDAJ ablehnt, wird er kaum jemals eine größere politische Attraktivität im Lehrlingsbereich haben. Er erschwert allerdings die politische Aktivität der SDAJ, weil er ihre absolute Anpassungsstrategie innerhalb der Gewerkschaften und auch die revisionistischen sozialistischen Vorstellungen anprangert. Von daher ist es auch zu verstehen, daß DKP und SDAJ die KPD/ML und den KJVD erbarmungslos bekämpfen und gegen ein Verbot dieser kommunistischen Organisationen sicherlich nichts einzuwenden hätten. 3. Die Trotzkisten Als weitere Gruppe linksradikaler Organisationen sind die Trotzkisten zu nennen, die 5 verschiedene Organisationen mit ca. 400 Mitgliedern umfassen Im Gefolge der Studentenunruhen entstanden 1969 die Gruppe Internationaler Marxisten (GIM) mit ihrer Jugendorganisation Revolutionär-Kommunistische Jugend (RKJ) und die Internationalen Kommunisten Deutschlands (IKD) mit ihrer Jugendorganisation Spartacus — Kommunistische Jugendorganisation (KJO) sowie die Junge Garde Gemeinsamer ideologischer Ausgangspunkt der trotzkistischen Organisationen ist die Ablehnung von Kapitalismus, Imperialismus, Bürokratismus und Stalinismus, während das Ziel die Arbeiterkontrolle in einem sozialistischen Staat ist, der durch die proletarische Revolution und die Diktatur des Proletariats gegen die Kapitalistenklasse durchge-setzt wird. Dazu ist eine revolutionäre Partei als Avantgarde der Arbeiterklasse erforderlich, wobei die internationale Solidarität der revolutionären Parteien besonders betont wird.

Der wesentliche Unterschied zwischen IKD und GIM liegt darin, daß die GIM durch die intensive Mitarbeit in den sozialistischen reformistischen Massenorganisationen (u. a. Gewerkschaften) dazu beiträgt, daß diese gegebenenfalls durch Abspaltung zur revolutionären Avantgarde-Organisation werden. Diese Integrationstaktik wird von der IKD als gescheiterte Strategie bezeichnet Die IKD ist auch nicht Mitglied der „IV. Internationale“, weil diese revisionistisch entartet ist. Die Jugendorganisation der IKD, Spartacus, betont deshalb die Notwendigkeit des Aufbaus einer neuen kommunistischen Jugendorganisation: „Der Aufbau der Avantgardepartei kann heute noch nicht auf den bewußten Kämpfen des gesamten Proletariats aufbauen. Er muß ansetzen bei der proletarischen Jugend, die als Teil des Proletariats aufgrund ihrer objektiven Lage einen kontinuierlichen Kampf im Interesse der Gesamtklasse führen muß.“ Die Arbeiterjugend wird als der bewußteste Teil der Arbeiterklasse angesehen, weshalb der Aufbau einer kommunistischen Jugendorganisation als Initialzündung für eine weitere revolutionäre Klassenpartei interpretiert wird.

Der Spartacus versucht, das für alle sozialistische Organisationen bestehende Grundproblem — Auseinanderklaffen von sozialistischem Endziel und konkreten, systemstabilisierenden Zwischenzielen — durch ein Programm von Übergangsmaßnahmen zu lösen: Das Ziel der Machtergreifung und Diktatur des Proletariats „läßt sich ohne weiteres verdeutlichen in der Parole . Arbeiterkontrolle über das Ausbildungssystem". Die ihrerseits noch sichtlich abstrakte Lösung so auszuformulieren, daß sie reale Kampfziele namhaft und sichtbar macht, ist indessen schon ein wenig schwieriger. Spartacus hat dieses Problem mit den beiden Losungen: — staatliche Lehrwerkstätten unter der Kontrolle der Gewerkschaften — allgemeines, an den Lebenshaltungskosten bemessenes und also nicht leistungsgebundenes Lehrlingsstipendium gelöst. Außerdem kommt als dritter Punkt hinzu die „Forderung nach einer Ausbildungssteuer für alle Unternehmer. Diese drei Forderungen erlangen ihren revolutionären, d. h. über die kapitalistische Gesellschaft hinaus-weisenden Charakter nicht etwa dadurch, daß sie grundsätzlich und darum ein für allemal mit dem kapitalistischen System unvereinbar wären, sondern daß sie unter den gegebenen Bedingungen des westdeutschen Kapitalismus von der Bourgeoisie nicht akzeptiert werden können — obgleich sie doch so vernünftig sind, daß nicht bloß jeder Lehrling, sondern selbst jeder mäßig progressive Berufsschullehrer sie unterstützen könnte.“ „So wie die Verwirklichung der . drei Forderungen'davon abhängt, daß sie im Kampf selbst Bestandteil eines umfassenden politischen Programms der Arbeiterklasse werden, ist der Kampf um den eigenständigen Gewerkschafts-Jugendsektor (als einer weiteren Forderung) nur aussichtsreich, wenn er zu einem Kampf der gesamten Klasse für eine neue Gewerkschaftsführung, für die Liquidierung der parasitären Gewerkschaftsbürokratie ausgeweitet wird."

Der Kampf innerhalb der Gewerkschaften gegen die Gewerkschaftsführung ist der wichtigste Schwerpunkt trotzkistischer Aktivitäten: „Spartacus muß noch intensiver als bisher die fortschrittlichen Kollegen über die Entwicklung des Klassenkampfes, die Bewegung der Gewerkschaften und vor allem über die Maßnahmen der Kapitalisten und die Politik ihrer Agentur, der Gewerkschaftsbürokratie, aufklä”) ren,.. Spartacus hat sich am Kampf um eine konsequente Vertretung der Werktätigen durch die Gewerkschaften führend beteiligt und in mehreren Bereichen des Westberliner DGB Zellen aufgebaut."

Auch die Junge Garde fordert: „Bauen wir revolutionäre Tendenzen in den Gewerkschaften auf, die eine Alternative zu der reformistischen, bürokratischen Führung darstellt. Kämpfen wir für die revolutionäre Führung der Gewerkschaften! . . . Weg mit der Mitbestimmungsideologie, der konzertierten Aktion und den stalinistischen Bürgeraktionen, den Minivolksfronten! Keine Klassenzusammenarbeit — Klassenkampf!"

Die Junge Garde hat sich unter dem Slogan „Für die revolutionäre Internationale der Jugend" zum Ziel gesetzt, „die Revolutionäre Organisation der Jugend und die Revolutionäre Internationale der Jugend aufzubauen, um dadurch Instrumente zu schaffen, mit denen die Jugend an der Seite der Arbeiterklasse und ihrer revolutionären Partei — der IV. Internationale — die Krise der Führung des Proletariats lösen kann" „Deshalb bedeutet der Kampf der Jungen Garde für den Aufbau der Revolutionären Organisation der Jugend den Kampf gegen den Kapitalismus und Stalinismus, für die soziale Revolution der Arbeiterklasse gegen den Kapitalismus, für die politische Revolution gegen den Stalinismus, für den Schutz der Wiederherstellung der Oktobererrungenschaften, Planwirtschaft, staatliches Außenhandelsmonopol etc."

Neben der Revolutionierung der Gewerkschaften durch aktive Mitarbeit konzentriert sich die Junge Garde auf die SPD und ihre Jugendorganisationen, um dort mit ihren politischen Auffassungen Fuß zu fassen. „Sie greift in die sich verhärtenden Konflikte innerhalb der SPD, bei den Jungsozialisten, in den Betriebsgruppen ein und gibt den kämpferischen Jugendlichen eine revolutionäre Perspektive." Zwar wird festgestellt, daß die SPD „Agent der Bourgeoisie in den Reihen der Arbeiterklasse ist, daß sie immer wieder die Arbeiter und Jugendlichen verraten wird". Trotzdem wird eine „sozialdemokratische Allein-regierung mit einem Arbeiterprogramm" gefordert, denn „Kampf für die Arbeiterregierung heißt heute Kampf für eine sozialdemokratische Alleinregierung, die sich auf die mobilisierte Arbeiterklasse in den Betrieben, in den Kommunen und Ländern und deren Organisationen — den Gewerkschaften — stützt" „überall wo Jugendliche vertreten sind, bei den Jungsozialisten, den , Falken', bei der Gewerkschaftsjugend und auf den Gewerkschaftskongressen treten wir mit unseren Forderungen auf: — Gleicher Lohn für gleiche Arbeit! Weg mit dem Unterhaltszuschuß!

— Für ein Lehrlingsgehalt entsprechend den Lebenshaltungskosten (Lehrlings-pauschale)!

— Für die Bezahlung der Studenten und Schüler entsprechend den Lebenshaltungskosten!

— Verteidig, das Recht auf eine qualifizierte Bildung und Ausbildung für alle!

— Weg mit dem Berufsbildungsgesetz, das die Ausbildung allein den Unternehmern überläßt!

— Alleinige Kontrolle der Berufsausbildung durch die Gewerkschaften!

— Schluß mit den Einzellehrverträgen zwischen Unternehmern und Lehrling bzw. Eltern!

— Für kollektive Lehrverträge, auszuhandeln von Gewerkschaften in Tarifverträgen! — Einrichtung von Lehrwerkstätten außerhalb der Betriebe für alle Lehrlinge, unter Kontrolle der Gewerkschaften, finanziert von den Unt rnehmern! — Rechtliche Gleichstellung der Jugendvertreter mit den Betriebsratsmitgliedern!

— Kampf gegen die Folgen der Automation unter kapitalistischen Bedingungen!

— Keine . Bildungsreformen', die allein zum Ziel haben, die Bildungs-und Ausbildungsmöglichkeiten für die große Masse der Jugendlichen einzuschränken und zu verschlechtern, da die Mehrheit der Arbeitenden nach den Plänen der Herrschenden bald nur noch Handlangerdienste im Produktionsprozeß zu verrichten haben wird!

— Weg mit den Stufenplänen zur Berufsausbildung wie dem Krupp-Plan!

— Gewerkschaften, organisiert allgemeine Versammlungen der Jugendlichen aller Bereiche, garantiert die Unabhängigkeit der Gewerkschaftsjugend!

— Weg mit dem Numerus clausus und den Zulassungsbeschränkungen an den Universitäten! — Für die Organisierung der Freizeit durch die Jugendlichen selbst!

— Für eine sozialdemokratische Arbeiter-regierung! — Sozialdemokraten, raus mit den bürgerlichen Ministern der FDP aus der Regierung! — Sozialdemokraten, bildet eine antikapitalistische Regierung!

Verwirklicht die materiellen Forderungen der Arbeiter und der Jugend!

Vorwärts zur revolutionären Internationale der Jugend!!!"

Entsprechend diesem Konzept forderte die Junge Garde die Jungsozialisten auch in einem Flugblatt zum Juso-Kongreß 1970 in Düsseldorf auf, „die SPD zum Bruch mit der Bourgeoisie zu zwingen und eine Alleinregierung auf der Grundlage des Arbeiterprogramms durchzusetzen“

Die Trotzkisten sollten trotz ihrer relativ geringen Stärke politisch nicht unterschätzt wer-den. Sie streben zwar unmißverständlich die Diktatur des Proletariats an, wenden sich aber gleichzeitig gegen Stalinismus und Bürokratismus. Sie sind undogmatischer, ideologisch flexibler und differenzierter als die meisten übrigen linksradikalen Organisationen und kommen den Ideen der früheren Neuen Linken noch am nächsten. Sie verstehen es auch ganz geschickt, „Übergangslösungen" in Form von konkreten „vernünftigen" Forderungen zu formulieren, deren Zusammenhang zum sozialistischen Endziel noch herstellbar ist. Es ist deshalb auch nicht verwunderlich, wenn die Trotzkisten mit ihrer Strategie des Entrismus bei den Gewerkschaften und den Jugendorganisationen der SPD erste Anfangserfolge erzielen konnten. Nachteilig wirkt sich für die Trotzkisten ihre Zerstrittenheit, ihr geringer Organisationsgrad und die fehlenden Finanzmittel, die rückhaltlose Bekämpfung der Gewerkschaftsbüfokratie aus, was entsprechend erfolgreiche Gegenmaßnahmen zur Folge hat. 4. Sonstige Organisationen Wenn hier in erster Linie die orthodox-kommunistischen, maoistischen und trotzkistischen Organisationen mit ihrer politisch-ideologischen Strategie vorgestellt wurden, so soll damit nicht bestritten werden, daß darüber hinaus noch eine Vielzahl weiterer linksradikaler Organisationen existiert, die im Lehrlingsbereich aktiv sind. Neben den dargestellten drei Hauptströmungen, die als Anhaltspunkt und Raster für die Einordnung politischer Forderungen und Aktivitäten im Betrieb wichtig sind, wären noch die örtlich sehr unterschiedlich strukturierten und organisierten Rest-organisationen des SDS mit mehr lokaler Bedeutung zu nennen. Ihre Gemeinsamkeit besteht darin, daß sie sich neben der Studenten-vor allem auch auf die Lehrlingsarbeit konzentrieren. In dem Zusammenhang wären z. B. zu erwähnen die „Gruppe Neues Rotes Forum" (Heidelberg), der „Kommunistische Studentenbund" (Göttingen), das „Sozialistische Arbeiter-und Lehrlingszentrum" (SALZ) (Hamburg), die „Marxistisch-Leninistische Hochschulorganisation" (Kiel) sowie die Stadtteilbasisgruppen (Frankfurt) Weiterhin muß indem Zusammenhang auf die „Freie Sozialistische Jugend" (Nordwürttemberg) hingewiesen werden Die Lehrlingszentren, die von verschiedenen Organisationen eingerichtet wurden die Jour fix und Lehrlingszentren des DGB die Republikanischen Clubs und die „Arbeitsgemeinschaft kaufmännischer und gewerblicher Lehrlinge Essen" seien der Vollständigkeit halber erwähnt.

Auf die wenigen anarchistischen Gruppen wird wegen ihrer geringen politischen Bedeutung nicht eingegangen. Wenngleich die linksradikalen Lehrlingsorganisationen einen unterschiedlichen Verbalradikalismus pflegen, wird Gewaltanwendung von ihnen besonders im Vergleich zu den Geschehnissen an den Hochschulen selten praktiziert. Trotzdem soll noch auf den politisch-agitatorisch gut und geschickt aufgemachten „Roten Kalender" hingewiesen werden, der vor allem Lehrlinge und Schüler anspricht und unter der Überschrift „Was man alles machen kann" z. B. auch Tips für Sabotagemaßnahmen und kriminelle Handlungen enthält: — „Veränderung von Kriegerdenkmälern — Sich beim Umgang mit kostbaren Maschinen mal irren — Enteignung oder Beschädigung von Herrschaftsinstrumenten (Klassenbücher, Schlüssel, Geld, Frauen von Chefs)

— Häuser, Wiesen, Strände u. a. Privateigentum besetzen —-Verhaßte Leute durch Anrufe, Briefe, Klingeln, angemessene Musik oder penetrantes Hinterhergehen mürbe machen — Listige Zeitungsanzeigen (Todesfälle, Heiraten, Bankrotte) — Wenn alle (auch die Polizei) feiern (Fernsehorgien, Kirchweih, Heiligabend) kann man auch was machen."

Diese eindeutigen Aufforderungen zu Straftaten stellen jedoch einen Ausnahmefall dar. Es ist sicher kein Zufall, daß der Autor nicht namentlich genannt wird und daß keine politische Organisation sich mit dem „Roten Kalender" identifiziert. Man kann ohne weiteres festhalten, daß Aufforderungen von politischen Gruppen, politisch motivierte Straftaten zu begehen, unter den Lehrlingen praktisch überhaupt nicht anzutreffen sind und wohl auch keine Resonanz hätten.

III. Schwerpunkte, Taktik und Methoden der Agitation

1. Schwerpunkte und Taktik der Agitation Aus dem Ziel linksradikaler Lehrlingsorganisationen, besonders die Auszubildenden und Jungarbeiter für sich zu mobilisieren, ergibt sich als ihre Hauptaktivität die Betriebsarbeit. Die Arbeitswelt und die dort vorhandenen Probleme und Konflikte bestimmen daher auch vornehmlich die Themen der politischen Agitation. Alle linksradikalen Gruppen arbeiten dabei nach demselben Schema, indem sie einen Mißstand anprangern und diesen als typisch für das kapitalistische System hinstellen, wobei die den Mißstand beseitigende Verbesserungsforderung angeblich nur im Sozialismus realisiert werden kann. Gilt dieses Argumentationssystem „Entlarvung des Kapitalismus — Realisierung des Sozialismus" für die innenpolitischen Themen, so findet in der Außenpolitik die Solidaritätsdeklamation mit den „fortschrittlichen Kräften" und der (je nach politischem Standort) entsprechenden sozialistischen Führungsmamt (Sowjetunion, China) gegen den imperialistischen Klassenfeind seine Anwendung.

Während sich alle linksradikalen Organisationen einig sind in der Ablehnung des kapitalistischen Systems, ergeben sich ihre harten Gegensätze untereinander aus der unterschiedlichen Auslegung dessen, was Kommunismus und Sozialismus sei. Da sich jede Organisation als die wahre Vertreterin des einzig richtigen Sozialismus versteht und sich der arbeitenden Jugend zur Unterstützung ihres Kampfes gegen den Kapitalismus anbietet, stehen sie automatisch in einer harten Konkurrenzsituation um die wenigen Lehrlinge und Jungarbeiter, die überhaupt für sozialistische Vorstellungen ansprechbar sind. Da die Vertreter der einzelnen DGB-Gewerkschaften alle politisch wichtigen Machtpositionen in den Betrieben beherrschen, ist es für die kommunistischen Lehrlingsorganisationen eine zentrale taktische Frage, wie sie sich gegenüber den jeweiligen Gewerkschaftsauffassungen und -aktivitäten verhalten.

Während die maoistischen und trotzkistischen Organisationen die Politik der Gewerkschaften, z. B. die Ergebnisse von Tarifverhandlungen etc., kritisieren, vertritt die SDAJ praktisch ausnahmslos die Position der Gewerkschaften und verteidigt sie auch ausdrücklich gegen Angriffe. „Wir dürfen uns nicht gegen die Gewerkschaften aufhetzen lassen, von wem auch immer und unter welchem Vorwand auch immer. Nur in und nur mit der Gewerkschaft sind wir stark und können unsere Forderungen durchsetzen. Jetzt geht es darum, die Gewerkschaft als Klassenkampforganisation zu stärken ..."

Aufforderungen wie „Jetzt gemeinsam hinter einer starken IG-Metall — für die gewerkschaftlichen Forderungen! Zeigen wir den Genossen in der Verhandlungskommission: Hinter ihnen stehen Tausende von Lehrlingen aus ganz Bayern!!" sind für SDAJ-Zeitungen ganz typisch. Deswegen propagiert die SDAJ auch immer wieder in ihren Selbstdarstellungen, daß sie „klar den Kampf gegen Ausbeutung und Verdummung, an der Seite und mit der Jugend des Deutschen Gewerkschaftsbundes" führt.

Die Maoisten hingegen greifen regelmäßig die ausgehandelten Ergebnisse scharf als zu niedrig an: „Jetzt geht es darum, sich nicht mehr von der großen Tarifkommission übertölpeln zu lassen! Ihre Forderung — ein blanker Hohn!" Behauptungen wie „Von den IG-Metall-Bonzen und den SDAJ-Häuptlingen kann man (außer Verrat) nichts erwarten" oder Überschriften wie „Verrat auf der ganzen Linie" sind in diesem Zusammenhang durchaus üblich.

Die SDAJ geht in ihrer Anpassungs-und Wohlverhaltungstaktik gegenüber den Gewerkschaften sogar soweit, daß sie jede Kritik am DGB und seinen Vertretern selbst durch die Gewerkschaftsjugend bekämpft und sie als „Spaltertätigkeit" bezeichnet Wie kritisch und zutreffend die SDAJ-Tätigkeit aber in Hamburg von einem Teil der Gewerkschaftsjugend beurteilt wird, zeigen die folgenden Sätze: „Die Arbeit der SDAJ-Mitglieder in der Gewerkschaftsjugend dient nur einem Zweck: „Die Gewerkschaftsjugend (u. a.!) muß dazu gebracht werden, die SDAJ als , bündnisfähige demokratische Jugendorganisation'anzuerkennen. Denn mit wieviel Zähigkeit die SDAJ-ler innerhalb weniger Wochen das genaue Gegenteil von dem vertreten, was sie gestern vertraten, läßt nur den Schluß zu, daß Inhalt und Richtung der gewerkschaftlichen Jugendpolitik der SDAJ ziemlich gleichgültig sind, wenn sie nur . Anerkennung'erreicht. Dabei scheint es die SDAJ-Leitung auch nicht zu interessieren, wenn als Folge einer solchen Politik die Glaubwürdigkeit der SDAJ-ler in den Jugendgruppen vernichtet wird und sie ihren Einfluß verlieren.

Das Anerkennungsstreben durch Wohlverhalten muß einen Grund haben. Die SDAJ enthält sich jeder offensiven Kritik an den Gewerkschaftsverwaltungen, selbst wenn sie SDAJ-ler aus der Jugendarbeit feuern. Ein plausibler Grund dafür kann nur in der Trennung des .demokratischen'vom sozialistischen Kampf liegen. Die SDAJ-Begründung:

Das Monopolkapital zwinge zu einem breiten Bündnis, um erst die Demokratie und das Grundgesetz von 1949 in der BRD (wieder) zu verwirklichen, bevor man über Sozialismus reden könne. Der wirkliche Grund dafür dürfte aber im . Vorbild'zu suchen sein, das die SDAJ — nicht zu laut — für die Umwandlung der BRD erwählt hat: die Gesellschaftsordnung der DDR. Nicht nur der Springersche Antikommunismus hält nämlich die Massen der westdeutschen Lohnabhängigen davon ab, in der DDR ein Vorbild für Veränderungen zu erblicken.

Die SDAJ muß also diese . Vorurteile'in ihrer Tagespolitik respektieren. Würde sie offen sagen, wir wollen eine Gesellschaft und eine politische Ordnung wie in der DDR in der BRD verwirklichen, so würde sie politisch völlig einflußlos werden." Dieses Zitat zeigt sehr deutlich die Grenzen der SDAJ-Anpassungstaktik, wenn ihre kommunistische Zielsetzung klar erkannt und angesprochen wird.

Auch die SDAJ-Forderungen zur Reform der beruflichen Bildung sind keineswegs revolutionär und stimmen weitgehend mit denen der Gewerkschaften und auch anderer demokratischer Jugendorganisationen überein: „— Wir fordern gleichen Lohn für gleiche Arbeit; ohne Unterscheidung nach Alter und Geschlecht — Wir sind für die Umänderung der Erziehungsbeihilfen in eine prozentual vom Effektivlohn der Facharbeiter errechnete Lehrlingsentlohnung. Wir fordern im ersten Lehrjahr 30 Prozent, im zweiten Lehrjahr 50 Prozent und im dritten und vierten Lehrjahr 90 Prozent des Facharbeiter-Effektivlohns — Es ist ein Mindestlohn von 24 bezahlten Arbeitstagen für Jugendliche bis zu 21 Jahren bzw. alle in der Ausbildung stehenden Jugendlichen zu gewähren — Die Jugendvertretungen in den Betrieben müssen durch Kündigungsschutz gesichert, der Kündigungsschutz auf alle Jugendlichen bis zum 21. Lebensjahr ausgedehnt werden — Das Jugendarbeitsschutzgesetz muß den heutigen Bedingungen gemäß erneuert und seine strikte Einhaltung durch eine wirksame Kontrolle gesichert werden — Die Mitbestimmung der Jugendvertretung in allen betrieblichen Fragen muß garantiert werden . . .

— Wir fordern ein einheitliches Berufsbildungsgesetz . . .

— Ein tariflich geregelter und bezahlter 14tägiger Bildungsurlaub soll Gelegenheit zur beruflichen und politischen Weiterbildung geben . . .

— Das Bildungswesen ist von militärischem und revanchistischem Gedankengut zu befreien . . .

— Von den Unternehmen ist eine nach der Höhe der Profite bemessene Gewinn-steuerzur Finanzierung der Ausgaben (für Berufsbildung) zu erheben; die demokratische Kontrolle ist den Gewerkschaften zuzugestehen — Für eine zehnklassige polytechnische Gesamtschule ..." ,

Später kommen Forderungen nach dem Streikrecht für Lehrlinge, nach besseren Ausbildern usw. dazu.

Im Zusammenhang mit dem Betriebsverfassungsgesetz wird die den Gewerkschaften vorgeschriebene Friedenspflicht und die Schweigepflicht für die Betriebsräte kritisiert Ein weiteres Thema sind die gefährdeten Arbeitsplätze, weshalb in den „ 5 Grundrechten" auch eine „bessere Sicherung der Arbeitsplätze und Verankerung des Rechts auf Arbeit im Grundgesetz" und das „Recht auf einen Arbeitsplatz, der der beruflichen Qualifikation entspricht" gefordert wird.

Konkrete Mißstände in Betrieben (z. B. Nebenarbeiten, schlechte Ausbilder, Nichteinhaltung des Jugendschutzgesetzes, fehlender Ausbildungsplan, Entlassung von Jugendvertretern usw.) werden aufgegriffen mit dem Ziel der Mobilisierung und Solidarisierung der Lehrlinge und als Beweis für die Richtigkeit der SDAJ-Thesen angeführt. Protestaktionen gegen Fahrpreiserhöhungen bei den öffentlichen Verkehrsmitteln oder gegen die Jugendpolitik auf kommunaler Ebene sowie für die Kriegsdienstverweigerer ergänzen die Palette der in-nenpolitischen Agitationsthemen. Wichtigster innenpolitischer Buhmann ist neben den „Kapitalisten" das „Rechtskartell", zu dem das „Großkapital“, die „Rüstungslobby", neonazistische Organisationen, aber auch die Springer-Presse, die CDU/CSU und der Bund Freiheit der Wissenschaft gezählt werden: „Die Rechtskräfte unter Führung von Barzel, Strauß und Springer, die neonazistischen und revanchistischen Gruppen, die ihre Angriffe auf Demokratie und Sicherheit verstärken, müssen von allen demokratischen Kräften gemeinsam zurückgewiesen werden.“ So dient das „Rechtskartell" immer wieder dazu, gemeinsame Protest-und „Aufklärungsaktionen" zwischen demokratischen Organisationen und der SDAJ durchzuführen.

Der außenpolitische Buhmann ist die USA als Führungsmacht des „imperialistischen Lagers". Als außenpolitische Themen werden von der SDAJ der Vietnam-Krieg, Portugal, das Cabora-Bassa-Projekt, der Prozeß um Angela Davis, Europäische Sicherheitskonferenz aufgegriffen; die bekannten Forderungen nach Wiederzulassung der KPD, Verbot der NPD, völkerrechtlicher Anerkennung der DDR, Aufnahme beider deutscher Staaten in die UNO, Ungültigkeitserklärung des Münchner Abkommens von Anfang an werden stereotyp wiederholt. Die ratifizierten Verträge mit Moskau und Warschau werden folgendermaßen interpretiert: „Die Vergrößerung der Truppenstärke, der Einfluß ehemaliger Nazi-Offiziere und der Neonazis, Angriffe auf die Rechte der Soldaten und Kriegsdienstverweigerer, der Plan für Wehrkunde in den Schulen, der verstärkte Einfluß der Rüstungskonzerne, der Mißbrauch der Hochschulen für Kriegs-forschung, die Mobilmachungspläne von Helmut Schmidt —, das alles sind alarmierende Vorgänge, die im Widerspruch zu Geist und Inhalt der Verträge stehen.“

Gerade auch die politischen Themen, die von der SDAJ z. B. aufgegriffen werden, zeigen deutlich, wie stark die Bündnis-und Volksfrontstrategie im Vordergrund ihrer Bemühungen steht. Beinahe jedes Thema, das irgendeine Protestmöglichkeit und Solidarisierung der Lehrlinge ermöglicht, wird aufgegriffen und politisch umgesetzt; eigene politische Themen und Vorstellungen hat die SDAJ praktisch überhaupt noch nicht in die politische Diskussion eingebracht. Ihre Abhängigkeit von der DKP, die totale Ausrichtung auf die Gewerkschaften und ihre ideologische Unbeweglichkeit lassen ihr auch zu wenig Spielraum für politisch innovative Aktivitäten. Der Zwang, ihre wahren Ziele hinter einem politischen Warenhaus-Katalog, wie ihn nahezu jeder Linksliberale unterschreiben kann, zu verstecken, macht ihre Programme und Forderungen so hausbacken und läßt sie steril und epigonenhaft ohne eigene Kontur erscheinen. Trotzkisten und Maoisten hingegen machen aus ihrer kommunistischen Zielsetzung keinen Hehl und sind im Aufgreifen modischer Themen auch wesentlich zurückhaltender. 2. Methoden der Agitation Wie bei allen politischen Organisationen, die Lehrlinge ansprechen wollen, ist auch für die linksradikalen Organisationen das größte Problem das oben dargestellte relativ hohe Desinteresse der Lehrlinge an politischen Fragen. Die SDAJ hat erkannt, daß die „jungen Menschen . . . von allen Seiten entpolitisiert und zu passivem Verhalten gedrängt werden. Denen man es durch Umgebung und Behandlung in Betrieb und Schule unmöglich machen will, sich in der Freizeit mit ihren wirklichen Problemen zu beschäftigen. Die wirklichen Probleme sind nun mal die Widersprüche, die der Klassenkampf mit sich führt.“ Die besondere Schwierigkeit in der politischen Arbeit von Organisationen wie der SDAJ liegt aber darin, daß ihrer radikalen kommunisti-sehen Zielsetzung besonders wenig Verständnis entgegengebracht wird. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit der Kaschierung der eigentlichen Ziele durch konkrete Reform-forderungen, aber auch der Zwang, diese Situation im methodisch-agitatorischen Vorgehen zu berücksichtigen.

Als schwerwiegendstes Hindernis gegen die totale Politisierung der Lehrlinge wird die „kapitalistische Massenkultur" angesehen, in die sich der Lehrling zurückzieht und von der er manipuliert wird. Entsprechend wird festgestellt: „Ein Großteil unserer politischen Arbeit ist Freizeitarbeit". Den „Freizeitidolen der imperialistischen Modeindustrie" werden deshalb revolutionäre Leitbilder entgegengesetzt wie: Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht, Ernst Thälmann, Ho Tschi Min, Angela Davis. „Damit leisten wir zugleich einen wichtigen Beitrag, um der Brutalität des Systems unser eigenes humanistisches Menschenbild gegenüberzustellen." Folgerichtig wird erkannt: „Solange nur große Politik, lange Referate und vorbereitete Diskussionsbeiträge auf dem Programm stehen, werden Interessenten nur schwer Zugang zur Gruppe finden."

Nach diesen Erkenntnissen werden die Programme der SDAJ-Ortsgruppen gestaltet. So plante z. B. die SDAJ-Gruppe Köln 1970 folgendes Programm: 3. 2.: Die Sowjetunion, das Land Lenins (Ref.

K. Bachmann)

6. 3.: SDAJ-Singgruppe tagt; Programm:

Kampf um Mitbestimmung, antifaschistischer Kampf, Wahlkampf 26. 6.: Staatsamateure oder Volkssportler — Sport in der DDR

In Miesbach lockte die SDAJ 1971 mit: 15. 5.: Was ist Klassenkampf 20. 5.: Großes Lagerfeuer: „Unterm Arm die Gitarre* 12. 6 .: Ausbeutung — Mehrwerttheorie; Referenten: Karl Marx und Friedrich Engels 19. 6.: Filmabend: „Deutsche Kirchweih" 20. 6.: Gemeinsamer Badenachmittag oder bei Regen Tischtennisturnier 27. 6.: SDAJ-Party — Premiere der Song-Gruppe Miesbach

Die SDAJ-Gruppen in Nordrhein-Westfalen werben gemeinsam unter der kumpelhaften Aufforderung: „Also los! Komm zur SDAJ!" mit dem Angebot: Beat, Reisen, Feten, Freizeit, Hobby, Bildungsabende, Diskussionen Die SDAJ Köln fährt „Ostern mit dem SDAJ-Samba-Expreß nach Ingolstadt zum großen SDAJ-Agrar-meeting. Wir sind Gäste bei Richard Scheringer auf der ersten sozialistischen Landwirtschafts-Produktions-Genossenschaft „Rote Rübe'"

Die SDAJ Niederberg informiert über das „sexualleben der mücken unter einwirkung von sonnenstrahlen" der „SDAJ-Club und Hobby-Markt" in Essen bietet jeden Sonntag: Bücher, Beat, Comic, Art, Schach, Jazz, Hobby, Pop, Cartoons, Lyrik, Pointen, Karten-und Skatfreizeiten, Filme, denn „Hobbymarkt ist ein Versuch zur sinnvollen Gestaltung der Freizeit jedes Jugendlichen, . . .der zusammen mit Freunden seine Freizeit verbringen will"

So sehr die SDAJ also versucht, in ihren Programmen dem Lebensgefühl der Lehrlinge zu entsprechen und ihrem Bedürfnis nach Unterhaltung und Geselligkeit entgegenzukommen, so werden doch zwei Dinge scharf abgelehnt: Hasch (Hasch — oder was soll das eigentlich und Sex. „Hier hat der Gegner viele Möglichkeiten, vom Hasch über den Gruppen-sex bis zum Starkult einzuwirken, um einen einzelnen oder eine ganze Gruppierung kaputtzumachen" „Den Eignern des Monopolkapitals war die Propagierung sexueller Freizügigkeit, schrankenlosen Genusses und ein Leben ohne feste Beziehungen angenehmer als ein Kampf gegen Monopol, Ausbeutung oder gar für Sozialismus. . . . Fortschrittlich ist nicht, wer für Sex ist, fortschrittlich ist, wer den monopolkapitalistischen Manipulationen aller Art, auch der Sex-Welle, den Kampf ansagt. . . . Der Kampf um eine neue, bessere, eine sozialistische Gesellschaftsordnung kann nicht durch einen dem Monopol-kapital dienenden Kampf für sogenannte .sexuelle Freizügigkeit'ersetzt werden."

Diese beinahe beschwörende Argumentation der SDAJ gegen Hasch, Sex und Schlagerstar-kult ist aus ihrer Sicht verständlich, denn dies sind „privatistische" Tätigkeiten und halten ab vom Klassenkampf, wogegen die „sozialistische Kultur" dem Unterhaltungsbedürfnis des Lehrlings entgegenkommt und gleichzeitig seine Bereitschaft zum Klassenkampf stärkt. Sozialistisches Straßentheater und Kabarett, sozialistische Comics, Singegruppen sind daher neue Formen der Agitation, um Lehrlingen und anderen das „richtige“ Bewußtsein zu vermitteln. Die Singegruppen werden „als Ausdruck künstlerischen Laienschaffens zur zentralen Form unserer Öffentlichkeitsarbeit, mit der wir unsere Überzeugung massenwirksam umsetzen können. Sie helfen gleichzeitig mit, die Grundlagen für eine demokratische und sozialistische Volkskultur zu schaffen"

So singt z. B. die Gruppe „Ton, Steine, Scherben" auf einer in Berlin herausgegebenen Platte zu Beat-Musik „Wir streiken, Maschinen stop, Streik bis zum Sieg. Wir werden kämpfen, und uns gehört die Fabrik."

In dem Song „Macht kaputt, was Euch kaputt macht" wird das Unbehagen an der Konsumgesellschaft angesprochen: „Radios laufen, Platten kaufen, Filme laufen, TVs laufen, Reisen kaufen, Autos kaufen, Häuser kaufen, Möbel kaufen, wofür? — Macht kaputt, was Euch kaputt macht! Züge rollen, Dollars rollen, Maschinen laufen, Menschen schuften. Fabriken bauen, Maschinen bauen, Motoren bauen, Kanonen bauen, für wen?

Bomber fliegen, Panzer rollen, Polizisten schlagen, Soldaten fallen, die Aktien schützen, die Chefs schützen, das Recht schützen, den Staat schützen — vor uns!

Macht kaputt, was Euch kaputt macht."

Das Kölner sozialistische Kabarett „Floh de Cologne" formuliert griffig: „Der Unternehmer heißt Unternehmer, weil er etwas unternimmt. Der Arbeiter heißt Arbeiter, Weil er arbeitet. Wenn die Arbeiter was unternehmen, müßten die Unternehmer arbeiten.“

Singegruppen, Kabaretts und Straßentheater werden im Rahmen von politischen Großveranstaltungen zur Auflockerung und zum „Stimmungmachen" eingesetzt, aber auch auf lokaler Ebene im Rahmen der Programme der SDAJ-Ortsgruppen. Der Sinn dieser geschilderten Art von Freizeitgestaltung durch die SDAJ ist in der Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls zwischen SDAJ-Genossen und Nichtgenossen zu sehen, „das jeden in seiner politischen und moralischen Haltung bindet".

Der Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls und der politischen Solidarisierung dienen also nicht nur die politischen Veranstaltungen, sondern vor allem auch die gemeinsame, durch SDAJ-Genossen gelenkte Freizeitgestaltung. Deshalb haben auch fast alle SDAJ-Gruppen ein Zentrum, wo die üblichen Veranstaltungen stattfinden, und die Lehrlinge ihre Freizeit verbringen können, wo ihnen etwas geboten wird, wo sie gleichaltrige Kollegen treffen und diskutieren können. Die SDAJ nutzt als finanzstärkste linksradikale Organisation die oben angesprochenen Be-dürfnisse nach Primärgruppenerlebnis und Idolen geschickt für ihre Zwecke aus.

Zur Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls gibt die SDAJ außerdem eine Kampfparole nach der anderen aus für „die Jugend", denn wenn die SDAJ etwas fordert, dann tut das anscheinend immer „die Jugend" mit ihr. „Jugend contra Monopole, Wir haben die Schnauze voll, Jugend klagt den Imperialismus an, Gemeinsam sind wir stärker, einen Finger kann man brechen — fünf Finger sind eine Faust, Lehrlinge in Aktion, Kampfkulturprogramm" und andere Schlagworte verbalisieren die Kampfbereitschaft und Geschlossenheit der „arbeitenden Jugend", wie sie zwar nicht vorhanden sind, die SDAJ sie aber gerne sehen würde, überhaupt sind die linksradikalen Gruppen, insbesondere auch die SDAJ, außerordentlich produktiv in der Erfindung von griffigen Slogans. Da ist von „Profitgeiern, Metallbossen, Rüstungshaien, Profitvampiren und Lehrlingsdracula" die Rede, wenn die Unternehmer gemeint sind. Die Misere im Bereich der beruflichen Bildung wird demonstriert durch Parolen wie: „Lehrzeit — Leer-zeit. Brauchst Du einen billigen Arbeitsmann, schaff Dir einen Lehrling an. Ausbeutung Tag für Tag — gesichert durch den Lehrvertrag. Wir lassen uns nicht länger trimmen — Jugendvertreter müssen mitbestimmen." Allgemeine Fragen behandeln Slogans wie „Das Übel an der Wurzel packen — alle Großkonzerne knacken, die Stabilität ist die Stabilität der Profite".

Während sich die übrigen linksradikalen Lehrlingsorganisationen weitgehend auf die üblichen politischen Agitationsmethoden durch Wort und Schrift beschränken, unternimmt die SDAJ alle Anstrengungen, um neue Agitationsformen zu entwickeln, die auch den zunächst unpolitischen Auszubildenden ansprechen. Durch die teilweise sehr geschickte Handhabung und Anwendung moderner Ausdrucksformen und ein interessantes Angebot zur Freizeitgestaltung hat die SDAJ durchaus Erfolge erzielt. Da es teilweise bereits gelungen ist, eine eigene sozialistische und gleichzeitig auch jugendgerechte Sprache zu entwickeln, kann durchaus von dem Entstehen einer sozialistischen Kultur gesprochen werden. Wichtigste Instrumente zur Vorbereitung dieser sozialistischen Jugendkultur sind neben den SDAJdie „beinah in allen Großstädten vorhandenen linken" oder „sozialistischen" Buchläden.

IV. Abschließende Beurteilung und politische Konsequenzen

Da das wichtigste Betätigungsfeld linksradikaler Lehrlingsorganisationen die Betriebe sind, in denen aber gleichzeitig auch die DGB-Gewerkschaften die dominierende Arbeiterorganisation bilden, tragen die Gewerkschaften die Hauptlast dieser politischen Auseinandersetzung. Sie wird für die Gewerkschaften durch den Umstand erschwert, daß die DKP-und SDAJ-Vertreter — wie oben dargestellt — aktiv und engagiert innerhalb der Gewerkschaften und im Betriebsrat mitarbeiten. Dies ist möglich, weil DKP-Mitglieder im Gegensatz zu NPD-Mitgliedern ohne weiteres Gewerkschaftsmitglied werden können. Eine gleiche Behandlung von Links-und Rechtsradikalis-nus wird abgelehnt mit folgender Begründung: „Es ist ein großer Unterschied, ob ich eine nur nach rückwärts gerichtete reaktionäre bis kriminelle Politik mache . . ., und es ist etwas anderes, ob junge Menschen oder wer immer es tut, gestützt auf Theorien, und seien sie außerhalb dieses Landes politisch zu Hause, sich Gedanken machen, wie sie die gesellschaftlichen Verhältnisse bei uns verändern. Wenn unsere deutschen Kommunisten diese politischen Auffassungen und diese theoretischen Grundlagen hätten wie etwa die CGT in Frankreich, wie etwa italienische Kommunisten, wie etwa Kommunisten in anderen Ländern, sähe die Sache ganz, ganz anders aus. Aber ich bleibe dabei..., daß doch nicht diese deutschen Kommunisten, die ich gar nicht für progressiv halte, .,. uns doch nicht vorschreiben können, daß nur, wenn die Gewerkschaftsjugend hinter ihrer Fahne hermarschiert, . .. die Einheit der Arbeiterklasse gesichert (ist).“

Die versuchte Unterscheidung zwischen Rechts-und Linksradikalismus ist mit dieser Begründung sicherlich problematisch und fragwürdig; es fällt auch auf, daß die Abgrenzung gegenüber der DKP sehr behutsam erfolgt und sich nur auf ihre mangelnde Progressivität und ihren Führungsanspruch bezieht, ohne daß ihre antidemokratische Zielsetzung deutlich angesprochen wird.

Woschesch spricht auf demselben Bundesjugendkongreß von der Aufgabe der Gewerkschaft, „wie vor hundert Jahren auch heute noch die Abhängigkeit und die Ausbeutung der arbeitenden Menschen und die . . . prinzipiell gegebene Unterprivilegierung der gesamten Arbeitnehmerschaft in unserer Gesellschaft durch politisches Handeln zu überwinden". Kampf für eine demokratische Gesellschaft bedeutet für ihn, „ . . . die Übermacht der wenigen Menschen zu brechen, die allein oder überwiegend über Kapital und Eigentum an den Produktionsmitteln verfügen". Konsequent spricht er daher auch von „Klassenkampf" und „der gefährlichen Umklammerung des Klassenkampfes von oben" (Massenmedien), aus der man sich befreien müsse

Auf einem Strategieseminar des Bundesjugendausschusses des DGB wurde -die ge werkschaftliche Jugendarbeit „als eine politische Arbeit mit dem Ziel der Veränderung der gegenwärtigen kapitalistischen Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik zu der Gesellschaft in Selbstorganisation und Selbstbestimmung" definiert. „Tatsächlich sind die Arbeitnehmer immer im Namen der Demokratie betrogen worden. Die Eroberung demokrati-scher Rechte und Freiheiten hat niemals die Schwelle der Betriebe überschritten und an der Ausbeutung und Unterdrückung der Arbeitnehmer etwas geändert. Alle Forderungen und Aktionen . . . müssen sich am Klasseninteresse der Arbeitnehmer orientieren." Folgerichtig wird als langfristige Forderung aufgestellt: „Aufhebung der Verfügung über die Produktionsmittel von Privatinteressen = Vergesellschaftung der Produktionsmittel."

Durch diese Zitate wird deutlich, daß bei der Gewerkschaftsjugend und der SDAJ und DKP starke Parallelen feststellbar sind, wenn es um die Analyse des kapitalistischen Systems und um die Entwicklung von Zielvorstellungen geht, die dieses System mit seinen Mängeln überwinden sollen. Es ist sicherlich nicht zu bestreiten, daß die Gewerkschaften insgesamt trotz Duldung der Kommunisten in ihren Reihen diese in der Betriebsarbeit entweder zu isolieren oder zu integrieren versuchen. Aber durch die oben gezeigten partiellen Gemeinsamkeiten von demokratischen Sozialisten und Kommunisten in der marxistischen Analyse und Zielsetzung wird der grundlegende Unterschied zwischen demokratischen und antidemokratischen Organisationen verwischt und die Voraussetzung für die von den Kommunisten angestrebten gemeinsamen Aktionen geschaffen-Gemeinsame Aufrufe und Aktionen von Gewerkschaftsjugend und SDAJ sind daher keine Seltenheit, Ein derartiges Vorgehen dient aber weder der Isolierung kommunistischer Organisationen noch der Integration von Kommunisten in die Gewerkschaften, sondern wertet SDAJ und DKP als eigenständige Organisationen auf.

Auch die Jungsozialisten, deren im November 1970 durchgeführter Lehrlingskongreß durch linksradikale Lehrlingsvertreter umfunktioniert wurde, haben seit den Münchner und Bremer Juso-Kongressen von 1969 und 1970 ideologische Sperren gegen eine zeitweilige Zu-sammenarbeit mit SDAJ und DKP abgebaut Ihre grundlegende Kritik am „kapitalistischen“ System und die daraus abgeleiteten Zielvorstellungen, ihre starke Übereinstimmung in der Beurteilung der Situation im Lehrlingsbereich mit der SDAJ haben sie zu einer Vielzahl gemeinsamer Aktionen mit der SDAJ und DKP innerhalb und außerhalb der Betriebe geführt trotz des gegenteiligen Beschlusses des SPD-Parteivorstandes. Durch ein solch gemeinsames Auftreten wird die Bündnisstrategie von SDAJ und DKP erleichtert und die Abgrenzung zwischen demokratischen Sozialisten und Kommunisten erschwert.

Die intensive, mit großem finanziellem Aufwand durchgeführte Betriebs-und Lehrlings-arbeit von DKP und SDAJ als den wichtigsten linksradikalen Organisationen hat durchaus örtliche Erfolge erzielt. Trotzdem sollte die davon ausgehende politische Gefahr nicht überschätzt werden. Solange die Gewerkschaften verhindern, daß DKP und SDAJ einen bestimmenden Einfluß innerhalb der Gewerkschaften erhalten, bleiben sie politisch relativ unbedeutend, zumal die DKP ohnehin in absehbarer Zeit keine Chance hat, die Fünf-Prozent-Barriere zu überspringen. Die politischen Möglichkeiten der linksradikalen Lehrlingsorganisationen sind vor allem auch deshalb negativ zu beurteilen, weil die Auszubildenden, die sie für eine Mitarbeit gewinnen können, zur Frustration verurteilt sind angesichts der geringen Chance, kommunistische Zielvorstellungen durchzusetzen.

Damit geht aber den demokratischen Organisationen ein wichtiges Potential für die politische Mehrheit verloren. Die Tendenzen bei Jungsozialisten und der Gewerkschaftsjugend, die Gemeinsamkeit aller Sozialisten unter Einschluß der Kommunisten stärker zu betonen als die Gemeinsamkeit zwischen demokratischen Parteien und Organisationen unter Einschluß nichtsozialistischer Verbände, gefährden auf die Dauer die allen demokratischen Organisationen gemeinsame politische Basis. Die Ersetzung der Solidarität zwischen Demokraten gegenüber Nichtdemokraten durch eine Frontlinie zwischen Sozialisten und Nichtsozialisten wäre der größte Erfolg der Bündnisstrategie von DKP und SDAJ.

Die Aktivitäten linksradikaler Organisationen in den Betrieben stellen eine politische Herausforderung für alle demokratischen Parteien und Verbände dar, der nicht durch das Verbot dieser Organisationen begegnet werden sollte. Diese permanente Herausforderung zwingt die Verantwortlichen in Staat und Gesellschaft, die Reformfähigkeit, Offenheit und Flexibilität unseres gesellschaftlichen und politischen Systems immer wieder unter Beweis zu stellen. Solange dies gelingt, sind linksradikale Organisationen ein wichtiges Stimulanz für die Stabilisierung unseres Systems und tragen selbst dazu bei, daß ihre politischen Voraussagen nicht eintreffen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. zur politischen Entwicklung des SDS: Schönbohm, Runge, Radunski, Die herausgeforderte Demokratie, München 1968, S. 37 ff.

  2. Vgl. Kuno Barth, Die Revolutionierung der Schüler, Mannheim o. J., S. 43 ff.

  3. Vgl. Viggo Graf Blücher, Die politische Haltung der jungen Generation, München 1970, S. 4.

  4. Vgl. z. B.ders., Die Generation der Unbefangenen, Untersuchungen des EMNID-Instituts, Düsseldorf-Köln 1966.

  5. Aus der Untersuchung von Walter Jaide, Das Verhältnis der Jugend zur Politik, Berlin 1963, insbes. S. 158, ist diese weitgehende Homogenität der politischen Auffassungen zu ersehen.

  6. Junge Intelligenzschicht 1968/1969 und politische Befragungen bei 17-bis 29jährigen Absolventen der Volks-und Mittelschulen 1969.

  7. Walter Jaide, Jugend und Demokratie, München 1970.

  8. Zitiert nach V. Graf Blücher, a. a. O., S. 10 ff.

  9. Vgl. die Zusammenfassung bei Jaide, Jugend und Demokratie, a. a. O., S. 90 ff.

  10. Walter Jaide, Jugend in den Veränderungen unserer Welt, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 44/71 v. 30. 10. 1971, S. 4.

  11. Heino Kaack, Klaus G. Troitzsch, Jungwähler-verhalten in Hamburg, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B. 50/70 v. 12. 12. 1970, S. 12/13,

  12. Ebenda, S. 17 ff.

  13. Jaide, Jugend in den Veränderungen unserer Welt, a. a. O., S. 6.

  14. Vgl. dazu im einzelnen Walter Jaide, Junge Arbeiterinnen, München 1969.

  15. Vgl dazu im einzelnen U. Plank, D. Wissler, Landjugend im sozialen Wandel, München 1970.

  16. Vgl. Wulf Schönbohm, Die Reform der beruflichen Bildung als politische Aufgabe, in: Berufsausbildung zwischen Revolution und Reform, hrsg. v. d. Konrad-Adenauer-Stiftung u. d. Karl-Arnold-Bildungsstätte, Bonn 1971, S. 7 ff.

  17. Vgl. Friedhelm Neidhardt, Die Junge Generation, in: Bolte, Neidhardt, Hoher, Deutsche Gesellschaft im Wandel, Bd. 2, Opladen 1970, S. 134 ff.

  18. Kaack/Troitzsch, a, a. O., S. 29.

  19. Vgl. Gewerkschaftliche Beiträge zu Fragen der beruflichen Bildung, Nr. 15, November 1970, S. 14 ff.

  20. Klaus Hendrich, Lehrlinge und Politik, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B. 41/70 v. 10. 10. 1970, S. 35.

  21. Da hier nicht die Möglichkeit besteht, auf Einzelheiten der Misere einzugehen, sei auf die Beiträge in der bereits zitierten Materialsammlung „Berufsausbildung zwischen Reform und Revolution" und die dortigen umfangreichen Literaturangaben verwiesen.

  22. A. a. O., S. 130.

  23. Vgl. Friedhelm Neidhardt, a. a. O., S. 132/33.

  24. Auf die Jugendarbeit der Gewerkschaften und der Jusos soll in Abgrenzung zu diesen Organisationen später eingegangen werden.

  25. Vgl. ADF — ein demokratischer Fortschritt?, hrsg. v. d. Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn-Bad Godesberg 1969.

  26. Vgl. Linksradikalismus in der Bundesrepublik im Jahr 1967, Bericht des Bundesministers des Innern über „Erfahrungen aus der Beobachtungund Abwehr linksradikaler Tendenzen im Jahre 1967“, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B. 30/68 v. 24. 7. 1968.

  27. Vgl. Heinrich v. Lersner, DKP — neue KPD, in: Politische Vierteljahresschrift, Sonde — Neue Christlich-demokratische Politik, Nr. 2/69, S. 16 ff., und Helmuth Pütz, Zur politischen Auseinandersetzung mit DKP und ADF, in: Analysen und Dokumente zur Auseinandersetzung mit dem Linksradikalismus, hrsg. v. d. Konrad-Adenauer-Stiftung, Bonn 1969, S. 13 ff.

  28. These 8 des Düsseldorfer Parteitages der DKP im November 1971.

  29. A. a. O„ These 17.

  30. A. a. O., These 29.

  31. A. a. O., These 30.

  32. Verfassungsschutz 1969/70; „betrifft“ Nr. 10, hrsg. v, Bundesminister des Innern 1971, S. 25.

  33. A. a. O„ S. 24.

  34. Grundsatzerklärung der DKP vom April 1969, Die DKP und die Jugend.

  35. Jugendseite des Betriebsechos der DKP-Betriebs-gruppe für die Siemens-Belegschaft in München, 2. Jg., Nr. 7, Oktober 1971.

  36. Vgl. im einzelnen: Aktionsprogramm der SDAJ, beschlossen auf dem SDAJ-Gründungskongreß am 4. 5. 1968 in Essen, in: Was will die SDAJ, Essen, o. J„ S. 4 ff.

  37. A. a. O„ S. 5.

  38. A. a. O„ S. 12.

  39. A. a. O„ S. 15.

  40. A. a. O., S. 13.

  41. A. a. O„ S. 7.

  42. Vgl. zu den politisch-ideologischen Vorstellungen der antiautoritären (neuen) Linken: Wulf Schönbohm, Zur politischen Auseinandersetzung mit der antiautoritären Linken, in: Analysen und Dokumente zur Auseinandersetzung mit dem Linksradikalismus, a. a. O., S. 51 ff

  43. § 2 der SDAJ-Satzung, in: Was will die SDAJ, a. a. O., S. 38.

  44. § 3 der SDAJ-Satzung, a. a. O„ S. 39.

  45. Vgl. dazu im einzelnen J. Ludwig Dortans, Arbeiterjugend zwischen Revolution und Reform, Köln 1970, S. 21.

  46. SDAJ, ein Porträt in Dokumenten, Dortmund 1970, S. 54.

  47. A. a. O„ S. 55.

  48. A. a. O., S. 28.

  49. A. a. O„ S. 30.

  50. A. a. O., S. 32.

  51. A. a. O., S. 53.

  52. 5 Grundrechte der jungen Generation, beschlossen vom 3. SDAJ-Bundeskongreß 1972, S. 3, Sp. 2.

  53. A. a. O., S. 15.

  54. Verfassungsschutz 1969/70, a. a. O., S. 26.

  55. elan, Magazin für junge Leute, September 1'171, S. 3.

  56. A. a. O., S. 5.

  57. A. a. O., S. 24.

  58. elan, August 1971, S. 23.

  59. Vgl. Verfassungsschutz 1969/70, a. a. O., S. 24.

  60. Vgl. im einzelnen Friedrich W. Schlomann, Die Maoisten, Pekings Filialen in Westeuropa, Frankfurt 1970.

  61. Vgl. dazu im einzelnen Gerd Langguth, Protest-bewegung am Ende, Mainz 1971, S. 92 ff., der einen sehr guten Überblick über die bestehenden linksradikalen Gruppen bietet.

  62. In der „Roten Fahne" vom 7. 2. 1972 erscheint allerdings ein Aufruf unter der Überschrift „Es lebe die Einheit der Marxisten-Leninisten“, der den Versuch macht, die beiden wichtigsten KPD/ML-Gruppen (Roter Morgen und Rote Fahne) wieder zu vereinen.

  63. Rote Fahne vom 24. 5. 1971.

  64. Zitiert nach der Broschüre „Jungarbeiter und Lehrlinge, organisiert Euch im KJVD", S. 16.

  65. Statut des KJVD, zit. nach Langguth, a. a. O., S. 112.

  66. Der junge Bolschewik, 15, 11. 1971, S. 37.

  67. Alle Zitate a. a. O„ S. 10, 13, 23.

  68. Zitiert nach „Der Kampf der Arbeiterjugend" vom Oktober 1971 bis Januar 1972.

  69. Der Kampf der Arbeiterjugend vom Januar/Februar 1972, S. 2.

  70. A. a. O„ S. 6.

  71. Der Kampf der Arbeiterjugend, November 1971, S. 10.

  72. Der Kampf der Arbeiterjugend, Juni 1971, S. 3.

  73. Vgl. Verfassungsschutz 1969/70, a. a. O., S. 24.

  74. Vgl. Langguth, a. a. O., S. 150 ff.

  75. Vgl. Die Vierte Internationale, Juli 1970, S. 11.

  76. Spartacus, Dezember 1970, S. 14.

  77. Spartacus, Dezember 1970, S. 14.

  78. A. a. O„ S. 15.

  79. Kommunistische Gewerkschaftspolitik, hrsg. v. Spartacus, November 1971, S. 2.

  80. Manifest der jungen Garde, S. 12.

  81. A. a. O., S. 6.

  82. A. a. O., S. 11.

  83. A. a. O„ S. 13/14.

  84. A. a. O„ S. 16/17.

  85. Lehrlingskongreß der Jusos eine Farce, Flugblatt der Jungen Garde, Bochum.

  86. Vgl. Langguth, a. a. O„ S. 129 ff.

  87. Vgl. Dortans, a. a. O., S. 68 ff.

  88. Vgl. Heinz-J. Prangenberg, Die organisierte Lehrlingsrebellion — Strategie und Taktik extremer Lehrlings-und Arbeiterjugendorganisationen, in: Berufsausbildung zwischen Reform und Revolution a. a. O., S. 36.

  89. Vgl. Aufzählung der Lehrlingszentren bei Hans-J. Hang, Hubert Maessen, Was wollen die Lehrlinge, Frankfurt 1971, S. 279 ff.

  90. Vgl. Aufzählung in: Crusius, Söhl, Wilke, Praxis und Theorie gewerkschaftlicher Lehrlingspolitik, hrsg. v. LZ-Verlag, Hamburg 1971.

  91. Nach Dortans, a. a. O., S. 16, soll es 60 Republikanische Clubs geben.

  92. Vgl. Joachim Weiler, Rolf Freitag, Ausbildung statt Ausbeutung. Der Kampf der Essener Lehrlinge, Reinbek b. Hamburg 1971.

  93. Vgl. Langguth, a. a. O„ S. 173 ff.

  94. Roter Kalender, erschienen 1971 im Klaus Wagenbach Verlag Berlin, den „alle im Verlag Arbeitenden, gemeinsam mit befreundeten Genossen, zusammengestellt" haben.

  95. A. a. O., S. 95.

  96. Lehrlinks-Blitz, Zeitung der SDAJ für die Lehrlinge und jungen Arbeiter des Siemens-Konzerns, München, 16. 12. 1971.

  97. Lehrlinks-Blitz, a. a. O.

  98. rot-Stift, Lehrlingszeitung der SDAJ Erlangen, November 1971, S. 2.

  99. Flugblatt der Roten Garde München, 13. 10. 1971.

  100. Flugblatt der Roten Garde München, 10. 12. 1971.

  101. Die rote Faust, Flugblatt des KJVD Berlin, Januar 1971.

  102. Vgl. die einzelnen Beispiele bei: Crusius, Söhl, Wilke, a. a. O„ S. 30 ff.

  103. A. a. O„ S. 32/33.

  104. SDAJ-Aktionsprogramm von 1968, in: SDAJ — Ein Porträt in Dokumenten, a. a. O., S. 80/81.

  105. Vgl. z. B. Der Trafo, SDAJ-Betriebsjugendzeitung Siemens Bremen, Oktober 1971, S. 5.

  106. 5 Grundrechte der jungen Generation, a. a. O., S. 6.

  107. Vgl. die Darstellung über die bekannteste dieser Aktionen in Hannover, in: Jugend contra Monopole, hrsg. v. Bundesvorstand der SDAJ, Dortmund 1970, S. 123 ff.

  108. Vgl. „Skandalöse Jugendpolitik der Stadt Duisburg", Flugblatt der SDAJ-Gruppe Duisburg, in dem ein Gemeinde-Jugendheim kritisiert wird.

  109. Vgl. Carl-Heinz Boettcher, Der Aufstand wird vorbereitet, Köln 1969, S. 119 ff.

  110. 5 Grundrechte der Jugend, a. a. O., S. 13.

  111. A. a. O.

  112. So macht man eine Lehrlingszeitung, in: Arbeiterjugend contra Monopole, a. a. O., S. 67.

  113. «lau, September 1971, S. 10.

  114. A. a. O.

  115. Vgl. SDAJ — Köln, Mitteilungen, Februar 1970.

  116. Zitiert nach „Gitarre unterm Arm“, Der Spiegel, Nr. 34, 16. 8. 1971, S. 36.

  117. Werde Mitglied der SDAJ, SDAJ-Werbeflugblatt, o. J.

  118. SDAJ — Köln, Mitteilungen, a. a. O.

  119. Programm der SDAJ Niederberg 1971.

  120. SDAJ — Essen, Flugblatt, o. J.

  121. Diskussionsthema einer Veranstaltung der SDAJ Altenessen am 25. 2. 1971.

  122. elan, September 1971, S. 9.

  123. elan, August 1971, S. 9.

  124. elan, September 1971, S. 38

  125. elan, August 1971, S. 11.

  126. Fran? Woschech, Mitglied des Geschäftsführenden Bundesvorstandes des DGB auf der 8. Bundesjugendkonferenz des DGB vom 17. bis 19. 11. 1971 in Dortmund, zitiert nach dem korrigierten Wortprotokoll, hrsg. v. DGB, Mai 1972, S. 79.

  127. Alle Zitate a. a. O., S. 52, 53, 56.

  128. Alle Zitate aus dem Protokoll über das Strategieseminar des Bundes-Jugendausschusses des DGB vom 20. bis 24. 4. 1970, S. 1— 3.

  129. Eine kritische Beurteilung der Juso-Beschlüsse findet sich bei: Die Jungsozialisten und ihre Argumente, hrsg. v. JU-Bundesvorstand 1971; Emil-Peter Müller, Juso-Sozialismus, Köln 1972.

  130. Vgl. z. B.: Ausbildung statt Ausbeutung, hrsg. v. Juso-Bundesvorstand, 1970; JS-Magazin Nr. 11/12 1970; rheinruhrspiegel (Juso-Magazin in NRW), Nr. 4/1970; Friedhelm Geraedts, Die Reform der beruflichen Bildung als trojanisches Pferd — das Konzept der Jungsozialisten zur Reform der beruflichen Bildung, in: Materialien zur beruflichen Bildung, a. a. O., S. 30 ff.

  131. Vgl. dazu eine Aufstellung in: Dokumentation über die Gefahren einer Volksfront von links in der Bundesrepublik Deutschland, hrsg. v. d. CDU/CSU-Fraktion, September 1972.

Weitere Inhalte

Wulf Schönbohm, M. A., geb. 1941; Studium der Politischen Wissenschaft, Soziologie, Neueren Geschichte und des Staatsrechts in Berlin und Bonn; seit 1968 wissenschaftlicher Mitarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Bonn. Veröffentlichungen u. a.: Die herausgeforderte Demokratie. Deutschlands Studenten zwischen Reform und Revolution (zus. mit Radunski und Runge), Mainz 1968; Die Thesen der APO. Argumente gegen die radikale Linke, Mainz 1969; Zur politischen Auseinandersetzung mit der antiautoritären Linken, in: Analysen und Dokumente zur Auseinandersetzung mit dem Linksradikalismus, Bonn 1969; Die CDU und die Neue Linke, in: Die CDU in der Opposition, hrsg. von D. Rollmann, Hamburg 1970; Probleme einer großen Koalition im parlamentarischen Regierungssystem, in: Reale Utopien. Glanz und Elend der Parteien, Mainz 1970; Repräsentative und plebiszitäre Elemente in westlichen Demokratien, in: Herrschaftsmodelle und ihre Verwirklichung, Mainz 1971; Die Reform der beruflichen Bildung als politische Aufgabe, in: Berufsausbildung zwischen Revolution und Reform, Bonn 1971.