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Deutschland, deutsche Nation und deutsches Volk. Volkstheorie und Rechtsbegriffe | APuZ 11/1973 | bpb.de

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APuZ 11/1973 Deutschland, deutsche Nation und deutsches Volk. Volkstheorie und Rechtsbegriffe

Deutschland, deutsche Nation und deutsches Volk. Volkstheorie und Rechtsbegriffe

Theodor Veiter

/ 112 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

1. Die rechtliche Beurteilung der Begriffe „deutsches Volk", „deutsche Nation" und „Deutschland" setzt eine Klärung der Begriffe „Volk", „Nation" und einen geschichtlichen Exkurs zum ethnosoziologischen Deutschlandbegriff voraus. 2. Der Begriff „Volk" ist mehrdeutig und wurde in der Vergangenheit mit wechselnden Inhalten angewendet. Er kann, auch nach dem grundlegenden Wandel seit 1945, nicht als Rechtsbegriff gelten. Vereinfacht ist heute zu definieren: „Volk ist eine Abstammungsgemeinschaft (Generationengebilde), bei welcher zum naturhaften Element der Abstammung noch das Element einer geistigen Zielsetzung kommt (Zielsetzungsgemeinschaft)." Das Element der Sprache kann, muß aber nicht Merkmal von „Volk" sein, obwohl es dies in aller Regel sein wird. 3. „Nation" wurde in der Vergangenheit vielfach, jedenfalls im deutschen und slawischen Mitteleuropa, anstelle von „Volk" gebraucht. Heute besteht, vor allem in der Terminologie der Vereinten Nationen, weitgehend Übereinstimmung darüber, daß unter „Nation" auf den Staat hin bezogenes Volk, somit eine ethnische politische Zielsetzungsgemeinschaft zu verstehen ist. Auf diesem Boden kann sich der Nationalismus entwickeln, d. h. das Bestreben, in einem Staat zu leben, der alle zu demselben Volk gehörenden Menschen umfaßt und keine andersethnischen Menschen (Volksgruppen, nationale Minderheiten) aufweist. Dieser sog. Nationalstaatsgedanke ist in hohem Maße friedensbedrohend, während ein modernes Volksgruppenrecht ohne Einengung legitimer Rechte der Nationen dem Frieden dient. 4. Der Begriff „deutsches Volk" ist trotz seiner ausdrücklichen Nennung im GG kein Rechtsbegriff, sondern ein nicht an die Staatsgrenzen gebundener ethnischer Begriff. 5. Demgegenüber ist die „Deutsche Nation" auf ihren Staat, also den Staat des deutschen Volkes, hingeordnet. Es handelt sich dabei um jenen Staat, den das deutsche Volk in seiner Gesamtheit in Ausübung des Selbstbestimmungsrechts der Völker und konkret auch im Sinne des „Briefes zur deutschen Einheit" anstrebt. Das deutsche Volk in Österreich strebt nicht (mehr) nach einem solchen deutschen Staat, die Österreicher gehören nicht zur deutschen Nation. 6. „Deutschland" ist kein geographischer, sondern ein völkerrechtlicher und, nach einer Aufhebung der durch die Ostverträge und den „Grundvertrag" institutionalisierten Zweiteilung, auch ein staatsrechtlicher Begriff. Erst der im Postdamer Abkommen verheißene Friedensvertrag mit „Deutschland" wird der auf „ihren" Staat hinstrebenden deutschen Nation völkerrechtlich Deutschland wiedergeben. Die heutige Zweiteilung ist daher ein durch Motive der Friedenssicherung geschaffenes, mit dem Selbstbestimmungsrecht in Widerspruch stehendes Provisorium.

Einleitung

Seit der bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reiches im Jahre 1945 gibt es eine Diskussion darüber, was „Deutschland" sei, was man unter der deutschen Nation, was unter deutschem Volk zu verstehen habe. Diese Diskussion wurde von den Völkerrechtlern, dann von den Staats-und Verfassungsrechtlern und schließlich von den Politologen und vor allem von den Politikern entfacht und fortgeführt. Sie blieb keineswegs auf die Bundesrepublik Deutschland beschränkt, ja, sie nahm ihren Ausgang sogar zunächst in anderen Ländern, vor allem bei den Hauptalliierten, in Italien, Österreich und selbst in der Schweiz, dies im Zusammenhang vor allem mit Fragen des internationalen Konfiskations-und Enteignungsrechtes und der Staatensukzession. Sie wurde erneut entfacht, diesmal insbesondere im innerdeutschen Bereich, durch die Ostverträge (einschließlich des „Grundvertrages" zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik). Sie ist heute in verstärktem Maße im Gange.

Gerade wenn man die Ostverträge als einen entscheidenden Wendepunkt für die Entwicklung der Deutschlandfrage ansieht — und das muß man wohl, da es doch hieße, den Kopf in den Sand zu stecken, wenn man ihre Realität nicht anerkennen wollte — und daher für ein in die Zukunft blickendes „Deutschland" ein offenes Auge und Herz hat, ist es aber notwendig, zuvor Begriffe zu klären. Dieser Klärung dient die vorliegende Studie, von welcher ihr Verfasser glaubt, es sei auf so knappem Raum bisher noch nicht mit solcher Gründlichkeit an diese Begriffsklärung herangegangen worden. Dabei ist diese Studie sicherlich dennoch sehr lückenhaft, bruchstückhaft und viel zu wenig auf die Thesen, Erfah-rungen und wissenschaftlichen Ausarbeitungen in „Deutschland" selbst abgestellt. Man müßte ein Buch von großem Umfang schreiben, um ein wirklich gerundetes Bild zu geben und absolut überzeugende Gedankengänge zu entwickeln.

Aber die vorliegende Studie könnte den Vorzug haben, daß sie von keinerlei innerdeutschen Kontroversen belastet und nicht mit politischen Glaubensartikeln befrachtet ist und daher auf der einen Seite des Verständnisses für die Bemühungen um einen deutschen Ausgleich mit den östlichen Nachbarn Deutschlands gewiß nicht entbehrt, andererseits aber aus Sorge um „Deutschland" die diesem aus den zwei bzw. drei Ostverträgen drohenden Gefahren aus neutraler Sicht aufzeigt. Unter diesen Aspekten dient diese Studie selbstverständlich auch der politischen Bildung und — über die Kenntnis dessen, was ist — der Erkenntnis dessen, was sein soll (im Sinne der Einführung in die Rechtsphilosophie von Carl August Emge).

Die Klärung der Begriffe setzt voraus, daß man sich des ungeheuren Wandels bewußt wird, den Begriffe wie „Volk", „Nation", selbst „Rasse", aber auch „Selbstbestimmungsrecht", „Heimat" bzw. „Recht auf die Heimat" „Nationalismus" und „Nationalstaat" und in weiterer Folge „deutsches Volk" und „deutsche Nation" seit 1945 durchgemacht haben. Die führenden wissenschaftlichen Arbeiten zu den Disziplinen der Völkerrechtswissenschaft, der Ethnosoziologie und Ethnopsychologie, aber auch zum Problem der Rechtslage zweigeteilter Staaten sind keineswegs in erster Linie in der Bundesrepublik Deutschland veröffentlicht worden. Hier hat man zwar bereitwilligst Amerikanismen aller Art übernommen (dabei die hohen Kulturwerte anderer Völker wie des französischen, italienischen und russischen links liegen lassend), hingegen nicht versucht, zur neuesten — auch amerikanischen — Völkerrechtslehre wie auch Ethnosoziologie (im Hinblick auf Deutschland) eine Beziehung herzustellen. Vollends wird die Fülle von einschlägigen Publikationen aus Österreich, Italien, den Niederlanden, Frankreich, Belgien, Jugoslawien, der UdSSR zum Volksbegriff und zum Begriff der Nation nur von einigen wenigen Fachleuten bewußt zur Kenntnis genommen.

Das muß um so mehr bedauert werden, als es völlig falsch wäre, zu glauben, „Deutschland" (ob BRD oder DDR ist hierbei gleichgültig) sei wirklich gleichberechtigt in die Staatengemeinschaft zurückgekehrt, der es 1933 den Rücken gekehrt hatte. Der (im Falle der Aufhebung der Deutschlandartikel der Satzung der Vereinten Nationen zu gewärtigenden) formaljuristischen, völkerrechtlichen Wiederherstellung der Gleichberechtigung Deutschlands gestellt sich jedenfalls bis zum heutigen Tage ein tiefes Mißtrauen gegenüber dem deutschen Volk, das der erfolgreiche deutsche Exportkaufmann vielleicht nicht wahrnimmt und der deutsche Tourist im Ausland mit der Kaufkraft der D-Mark und mit seinem Auftreten überspielt. Daher ist es notwendig, den Deutschen selbst so geringfügige Wissenshilfen an die Hand zu geben wie die hier vorliegenden.

Es kann nicht übersehen werden — und der Leser der vorliegenden, in der Diktion trockenen und gar nicht leicht lesbaren Studie wird dessen rasch inne werden —, daß sich wirklich allgemeingültige Definitionen von „Volk", „Nation" und „Deutschland" nicht geben lassen. Wohl aber lassen sich aufgrund der heute (außerhalb Deutschlands) hoch entwickelten Ethnosoziologie und der teilweise hervorragenden Studien der Vereinten Nationen Grundlagen und Grundbegriffe hierzu als gesichert herausstellen. Selbst wenn sie in wenigen Jahrzehnten stark gewandelt sein sollten, so sind sie doch nach dem heutigen Stande definierbar. Dazu muß freilich fast allem abgesagt werden, was bis 1933 in Deutschland für gültig angesehen worden ist. Einigen Alteren — keineswegs vielen, da das Lebensalter mit dem geistigen Alterungsprozeß keineswegs gekoppelt ist — mögen liebenswerte Romantizismen fehlen, noch mehr Junge werden ihren Blick durch einen extremen Pragmatismus sich selbst verdunkeln.

So vieles also offen bleibt, so sehr die hier gegebenen Definitionen der Endgültigkeit entbehren, so kann doch 'mit dem, was in dieser Arbeit zu lesen ist, dem deutschen Volk, das wahrlich nicht mit der jeweiligen Regierung eines der „beiden deutschen Staaten" identifizierbar ist, ein Vademecum gegeben werden, um sich über seine eigene Position in Europa klarzuwerden.

In dieser Studie wird, wie schon angedeutet, sehr viel Literatur erwähnt, und so sollten auch die Anmerkungen bei einem allfälligen zweiten Lesen sorgsam mitgelesen werden. Soweit möglich, wurden auch Tendenz und Richtung der zitierten Literatur miterwähnt. Jedenfalls handelt es sich aber um Publikationen, die Beachtung verdienen. Es wäre arg verfehlt, wollte man nur jene Literatur lesen, die dem bisherigen eigenen Standpunkt entspricht. Wer ernst zu nehmende Publikationen des wirklichen oder vermeintlichen Gegners ungelesen beiseite legt, verengt seinen eigenen Blick.

Es liegt auf der Hand, daß alles, was hier dargeboten und entwickelt wird, die subjektive Auffassung des Verfassers widerspiegelt und auch nicht etwa von irgendwem autorisiert ist. Nur eine Autorisierung kann in Anspruch genommen werden: die vertiefte Kenntnis der in anderen Sprachen, jedenfalls in englischer, französischer, italienischer, russischer, serbokroatischer und slowenischer Sprache zu unserem Thema erschienenen Werke.

I. Vorbemerkung

In der Präambel zum GG ist vom „Deutschen Volk" in den Ländern Baden, Bayern usw. die Rede, welches kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland beschlossen habe, „um dem staatlichen Leben für eine Übergangszeit eine neue Ordnung zu geben". Berlin kommt in der Aufzählung nicht vor, obwohl in der Verfassung von Berlin — de facto nur Berlin (West) — vom September 1950 in Art. I steht: „(1) Berlin ist ein deutsches Land und zugleich eine Stadt.

Berlin ist ein Land der Bundesrepublik Deutschland.

Grundgesetz und Gesetze der Bundesrepublik Deutschland sind für Berlin bindend." Es handelt sich um einen grundsätzlichen, deklamatorischen Beschluß, der im übrigen gemäß Art. 87 der Berlin-Verfassung noch nicht in Kraft ist. Daran vermochte auch die Feststellung des Bundesverfassungsgerichts 1) nichts zu ändern, die am 21. Mai 1957 erging und lautet: „Berlin (West) ist ein Land der durch das Grundgesetz organisierten Bundesrepublik Deutschland." Daß Berlin — in diesem Falle aber mit Einschluß von Berlin (Ost) — unverändert den vier Mächten unterstellt ist, obwohl es keine völkerrechtlich selbständige Einheit darstellt, ist am deutlichsten durch das Viermächte-Abkommen vom 3. Juni 1972 zum Ausdruck gekommen, an dem weder die Bundesrepublik Deutschland noch die DDR teilhatten, mochten sie auch ihre Zustimmung dazu zum Ausdruck gebracht haben 2).

Im GG war ursprünglich auch das Saarland nicht genannt. Erst durch das Saar-Plebiszit von 1955 3) war die Voraussetzung dafür geschaffen worden, daß es in das GG einbezogen und ebenfalls zu einem „Land" wurde.

Es ist damit hinreichend klargestellt, daß die Zahl der Länder, aus welchen die Bundesrepublik Deutschland besteht, keineswegs ein für allemal endgültig feststeht, so daß aus dem GG nicht geschlossen werden kann, welches Territorium nun „Deutschland" umfaßt, wozu noch der Satz in der Präambel kommt, daß dieses deutsche Volk in den vorerwähnten Ländern „auch für jene Deutschen „gehandelt hat, denen mitzuwirken versagt war". Was damit gemeint ist, bleibt unklar in dem Sinne, ob jene am Handeln gehinderten Deutschen gemeint sind, die in der SBZ — wie man damals noch völkerrechtlich wie staatsrechtlich exakt sagen konnte und mußte — an der Ausübung ihres Selbstbestimmungsrechts durch die dortigen politischen Machthaber gehindert waren, oder allenfalls auch die Deutschen aus den Gebieten von jenseits der Oder-Neiße-Linie (sie waren zum weitaus überwiegenden Teil in die Bundesrepublik vertrieben worden oder geflüchtet und hatten hier auch Wahlrecht und also die Möglichkeit der Mitentscheidung über das Schicksal des deutschen Volkes in der Bundesrepublik Deutschland, aber naturgemäß nicht über jenes ihrer angestammten Heimat) oder ob nicht allenfalls auch die Sudeten-und Karpatendeutschen und überhaupt alle in ihrer angestammten Heimat an der Ausübung des Selbstbestimmungsrechts gehinderten Deutschen mit oder ohne deutsche (Reichs-) Staatsangehörigkeit gemeint gewesen sind. Auch die letzteren sind ja nach Art. 116 GG unter den dort angeführten Voraussetzungen Deutsche im Sinne des GG.

Auch der Begriff „Deutsches Volk" in der Präambel und in Art. 1 Abs. 2 GG und an vielen anderen Stellen dieser Verfassung ist schon deshalb unklar, weil mit der einzigen Ausnahme des Art. 146 (Geltungsdauer des GG) der Parlamentarische Rat stets „Deutsches Volk" mit einem großen „D" geschrieben hat dies freilich in Übernahme der Präambel der Weimarer Verfassung 6). Man kann nun, was sehr viel für sich hat, in dieser Großschreibung eine Festlegung auf einen Rechtsbegriff sehen, da ja die Großschreibung des Anfangsbuchstabens von Eigenschaftswörtern durchweg einen streng juristischen Gehalt andeutet, der nicht ethnisch bestimmt ist, sondern auf den Staat zu beziehen ist (etwa „Der Deutsche Presserat", „Radiodiffusion Franaise“, „Republica Italiana”, „Das Österreichische Nationalinstitut" usw.). Manche haben dem allerdings entgegengehalten, es handle sich dabei doch eher um Spitzfindigkeiten. Die Frage, warum im GG fast ausnahmslos vom „Deutschen Volk" und nicht vom „deutschen Volk" die Rede ist, ist aber bedeutsam genug, auch mit zu untersuchen, was denn das deutsche Volk heute sei, ob es rechtlich definierbar ist oder nur ethnopolitisch und allenfalls auch angesichts der allenthalben, keineswegs nur im deutschen Sprach-und Kulturraum rasch an Bedeutung gewinnenden Ethnopsychologie und Ethnosoziologie auch ethnosoziologisch 7).

Schließlich beginnt in jüngster Zeit in zunehmendem Maße die Frage nach der deutschen Nation Bedeutung anzunehmen, nicht zuletzt auf Grund der Entwicklung der sog. „innerdeutschen Beziehungen" nach den „ 20

Schließlich beginnt in jüngster Zeit in zunehmendem Maße die Frage nach der deutschen Nation Bedeutung anzunehmen, nicht zuletzt auf Grund der Entwicklung der sog. „innerdeutschen Beziehungen" nach den „ 20 Punkten von Kassel", die Bundeskanzler Brandt am 21. Mai 1970 verkündete um einen Vertrag mit der DDR vorzuschlagen, der heute „Grundvertrag" genannt wird, und wo es in Punkt 10 heißt, daß die Deutschen „in zwei Staaten leben und sich dennoch als Angehörige einer Nation verstehen". Diese Nation kann nur die deutsche Nat heißt, daß die Deutschen „in zwei Staaten leben und sich dennoch als Angehörige einer Nation verstehen". Diese Nation kann nur die deutsche Nation sein. Gibt es aber eine solche? Wenn ja, wie ist sie zu definieren? Offenkundig versteht die deutsche Bundesregierung, die sich dabei aber nicht auf das GG berufen kann, da dort der Ausdruck „deutsche Nation" nicht vorkommt, darunter (etwa in den Botschaften des Bundeskanzlers an die deutsche Nation) etwas anderes als die Regierung der DDR 9), obwohl in der Präambel zur neuen DDR-Verfassung vom 6. April 1968 10) der Satz steht: „Getragen von der Verantwortung, der ganzen deutschen Nation den Weg in eine Zukunft des Friedens und des Sozialismus zu weisen ..." Ähnliches stand zuvor schon im sog. „Nationalen Dokument" der Ulbricht-Regierung. Die Übereinstimmung der beiden Regierungen über einen Begriff „gesamte deutsche Nation“ oder „eine Nation" ist nur scheinbar gegeben. Es muß also auch der Nationsbegriff in bezug auf „Deutschland" untersucht werden. Vollends herrscht Verwirrung darüber, was unter „deutsches Volk" zu verstehen ist. Wenn in der Bundesrepublik, vor allem im GG, stets vom deutschen Volk die Rede ist, was auch in der ersten DDR-Verfassung noch der Fall war, die als Verfassung für ganz Deutschland, also auch Westdeutschland gedacht war, spricht die DDR-Verfassung von 1968 nur vom „Volk der DDR" ohne das Beiwort „deutsch". Die Bezeichnung „Deutsche" Demokratische Republik kann dieses Fehlen nicht ausgleichen. Es muß also auch untersucht werden, was nun unter dem deutschen Volk zu verstehen ist.

II. Der Begriff „Volk"

1. Historische Entwicklung des Volksbegriffes

Es bedarf keines besonderen Hinweises darauf, daß „Volk" auch im ethnischen Sinne in der Geschichte der Menschheit schon frühzeitig bekannt war. Statt aller sonstigen Hinweise kann auf die bis in die Zeit des Alten Testaments zurückgehende Darstellung im Evangelischen Staatslexikon hingewiesen werden Die katholische Gesellschaftslehre (Sozial-lehre, nicht zu verwechseln mit dem Begriff der modernen Soziologie, obwohl dieser verwandt) hat sich dem Begriff „Volk" im ethnischen Sinne weit weniger zugewandt und ihn vielfach im Sinne von Kirchenvolk gesehen, auch wenn immer wieder Ansätze zu einer ethnischen Sicht zu beobachten waren

Im nationalsozialistischen Deutschland wurde im Gegensatz zum ethnozentrischen Volksbegriff Max Hildebert Boehms, des im Gründe noch heute unerreichten Volkswissenschaftlers der ohne Überbewertung des Geisti-gen das Seelisch-Geistige des Volkes in den Vordergrund stellte, ohne den naturhaften Zusammenhang außer acht zu lassen, ein krass nationalistischer, auf den Nationalstaat und seine rein politischen Machtbestrebungen ausgerichteter ethnokratischer Volksbegriff entwickelt, dem zuliebe 1937 nach dem Einleitungsartikel von Hans Joachim Beyer sogar eine eigene Zeitschrift „Ausländsdeutsche Volksforschung" gegründet wurde

Man muß freilich feststellen, daß verschiedentlich, und zwar interessanterweise in Bereichen sogenannter progressiver, also politisch mehr oder weniger weit links (bis praktisch zum Kommunismus hin) stehender Führungsgruppen kleinerer oder doch machtloser Völker und Volksgruppen, der Ethnokratismus zu neuer Blüte gelangt (Basken, Slowenen, französische Katalanen). Ja, es gibt sogar ein „Manifest der Ethnokratie" des unstreitig namhaftesten Vertreters der großbaskischen, nationalistischen Bewegung, De Ihartza

In den letzten Jahrhunderten wurde Volk immer mehr als eine ethnische Gemeinschaft erkannt und verstanden, so daß im französischen Sprachbereich sich sogar ein eigener Ausdruck „ethnie" für Volk oder jedenfalls für Volkstum entwickelt hat, jedoch keineswegs erst in den letzten Jahrzehnten, sondern schon weit früher Es braucht hier nicht auf den Inhalt „ethnisch" des Wortes eingegangen zu -wer den, da dies zu weit führen würde. Es kommt jedenfalls aus verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen, vor allem der Völkerkunde, der Volkskunde, der Anthropologie, der Volkswissenschaft (die heute allerdings nur noch als ein Zweig der Soziologie angesehen wird) und auch der Sprachwissenschaft, obwohl Volk (Volkstum, ethnie, Ethnos) keineswegs an das Vorhandensein einer eigenen Sprache gebunden ist.

Geschichtlich gesehen, aber auch im heutigen Sprachgebrauch, der ja seinerseits durchaus verwirrend und also nicht einheitlich ist und mancherlei Unklarheiten zuläßt, ist im Deutschen — nicht zuletzt im Einklang mit Pan

— Volk mit verschiedenen Kriterien bezeichnet worden:

a) Volk als Haufe, Menge, Leute, also als anschaulich gegenwärtige Personenzahl (gens, gente, peuple), people, b) Bevölkerung innerhalb eines abgrenzbaren Gebietes, somit Summe der Einwohner des Gebietes, welches keineswegs etwa ein Staat oder Gliedstaat sein muß, sondern auch nur eine Talschaft, Inseln usw.sein kann (populus, popolazione, population), c) Volk als Masse bzw. gesellschaftliche Unterschicht (ochlos, vulgus, plebs, couches inferieures), d) Volk als Summe der Stimmberechtigten in in Staaten freiheitlicher Demokratie (demos), e) Volk als politische Kategorie führender Staatsschichten bzw. führender ethnischer Schichten (Elite), f) Volk als Abstammungs-, Sprach-und Kulturgemeinschaft (Ethnos, ethnie, . souches ethniques).

2. Volk in der Gegenwart Wie aus der vorstehenden historischen Ableitung schon ersichtlich, wurde Volk in der Geschichte sehr unterschiedlich definiert. Auch heute lassen sich diese Unterschiede noch deutlich erkennen. In Art. 1 der österreichischen Bundesverfassung heißt es: „Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volke aus." In der Bundesrepublik werden die Urteile der Gerichte „Im Namen des Volkes" gesprochen. Hier ist Volk ganz sicher nicht im ethnischen Sinne gemeint, sondern entweder als Summe der Staatsangehörigen, somit als Staatsnation (s. u.), oder als demos, d. h. als Summe der zur politischen Entscheidung und Mitbestimmung im Staate berufenen Staatsangehörigen. Auch im Begriff „Volksdemokratie" (russ. HAPOIHAH IIEMO-* KPATMH) liegt die letztere Bedeutung; dies ohne Rücksicht auf den tatsächlichen Umfang einer solchen Mitbestimmung. Daß die Komponente „Volk" in Bezeichnungen wie „Volksbank", „Volkskommune", „Volksaktie" keinerlei ethnische Bedeutung hat, bedarf keiner Erläuterung. Auch „Volkszählung" kann eine solche Kennzeichnung nicht haben, denn bei Volkszählungen wird schlechthin die anwesende Bevölkerung, in den meisten Fällen ohne Rücksicht auf die ethnische Zugehörigkeit (Ausnahmen: Schweiz, wo aber wie in den meisten derartigen Fällen die Sprachzugehörigkeit ermittelt wird, und einige Nationalitätenstaaten bzw. multinationale Staaten)

Eine wesentliche Orientierung leistet das von der UNESCO herausgegebene „Mehrsprachige demographische Wörterbuch" wo Volk definiert wird als eine Menschengruppe von gemeinsamen körperlichen, sprachlichen und kulturellen Merkmalen, die sich durch gemeinsame geschichtliche Entwicklung ein Gemeinsamkeitsbewußtsein erworben hat. Allerdings wird angefügt, im Deutschen spreche man dabei meist von einer Nationalität. Das ist aber nur für jene Völker oder Volksteile (Volksgruppen) zutreffend, die sich, vor allem in einem Nationalitätenstaat (plurinationalen oder multiethnischen Staat), anderen Völkern und Volksgruppen gegenübersehen, mit denen zusammen sie den Staat politisch tragen, in den sie sich gewissermaßen teilen. Klassischer Nationalitätenstaat war das alte Österreich, mit Einschränkungen sogar überhaupt die Österreichisch-Ungarische Monarchie, die ja sogar den Begriff des Nationalitätenrechts geliefert hat Heute sind vor allem Jugoslawien und Belgien Nationalitätenstaaten. Die Schweiz ist zwar ein Nationalitätenstaat, bezeichnet sich aber nicht so, da ihr staats-und verfassungsrechtliches Denken vom Begriff der Staatsnation = Willensnation (s. u.) ausgeht und Bezeichnungen wie ethnie, Volksgruppe, Nationalität, nationale Minderheit (ausgenommen im Berner Jura) aus rein staatspolitischen Gründen ziemlich einhellig abgelehnt werden und höchstens — auch das erst seit relativ kurzer Zeit — von sprachlichen Minderheiten gesprochen wird Wenn im „Mehrsprachigen demographischen Wörterbuch" zum Begriff „Volk" auch gemeinsame sprachliche Merkmale erfordert, werden, so ist das freilich, wie schon erwähnt, in Sonderfällen kein Erfordernis. Die volksbildende Kraft der Sprache sei dabei nicht verkannt. Aber auch die UN-Publikation „Protection des minorites — Protection of Minorities" unterscheidet im Untertitel „ethnische, religiöse und sprachliche Gruppen", bringt damit also zum Ausdruck, daß ethnisch = volklich oder völkisch mit sprachlich nicht identisch sein muß. Das ist für den gegenwärtigen Stand des deutschen Volkes wichtig, weil nicht einmal alle ethnisch Deutschen auch Angehörige des deutschen Sprachvolkes, also Sprachdeutsche sind, wie der Fall der Rußlanddeutschen zeigt. Nach der Volkszählung 1970 (15. 1.) zählte man in der UdSSR 1 846 000 Deutsche (hauptsächlich in Kasachstan, wohin die Deutschen der Wolgarepublik durch Stalin zwangsumgesiedelt wurden), doch sprechen davon nur 66, 5% Deutsch noch als Umgangssprache Die unverändert — trotz Warschauer Vertrag — sehr große Zahl der Deutschen in Polen, von denen eine Anzahl als „Spätaussiedler" in die Bundesrepublik gekommen ist, gehört nach ihrem Bekenntnis und den objektiven Merkmalen ethnisch zum deutschen Volk, zu beträchtlichem Teil aber nicht mehr zur deutschen Sprachgemeinschaft Das gab Anlaß zu dem Satz: „In Polen: Deutsche, in Deutschland: Polen", wobei der Begriff der „Autochthonen" eine Rolle spielt

Es kann somit nicht auf die Sprache allein abgestellt werden, ob eine Gemeinschaft als „Volk" bezeichnet wird. Sie wird zwar meistens ein Kennzeichen dafür sein. Aber so wenig zur Existenz eines Volkes eine gesprochene eigene Sprache unbedingt gehören muß (Bretonen, Iren, Basken in Frankreich), so wenig kann aus einer von der Mehrheit der Einwohner eines Staates oder einer Region gesprochenen Sprache notwendigerweise darauf geschlossen werden, daß es sich um ein Volk im ethnischen Sinne handelt, welches dieser Sprache zugeordnet ist. Die US-Amerikaner sprechen Englisch. Ob es ein einwandfreies, „gutes" Englisch ist, sei dahingestellt In den Staaten der ehemaligen Communaute Franaise in Afrika ist noch immer weithin Französisch die langue vhiculaire; jene, die sie sprechen, gehören aber keineswegs dem französischen Volk an, wie man dies von den Franko-Kanadiern, den Valdötains, den romands der Schweiz und den Wallonen sagen kann. Inwieweit die englisch sprechenden Australier oder Kanadier dem englischen Volk angehören, ist zweifelhaft, jedenfalls weitaus überwiegend bestritten. Mit juristischen Definitionen kann man dem Begriff „Volk" nicht oder doch nur sehr schwer, gewissermaßen nachhinkend gegenüber der geschichtlichen Entwicklung, beikommen, und das zeigt sich heute mit besonderer Deutlichkeit, wenn man den Begriff „deutsches Volk" (nicht jenen des GG, sondern den soziologischen Begriff) definieren will.

3. Volkswissenschaft als ein Zweig der Soziologie

„Volk" wurde früher einer eigenen wissenschaftlichen Disziplin zugerechnet, die man VolksWissenschaft genannt hat. Als Altmeister dieser Lehre galten und gelten Johann Wilhelm Mannhardt und Max Hildebert Boehm

Nirgendwo in ihren Schriften, die in vielem bis heute maßgeblich geblieben sind, obzwar sie eines gewissen Hanges zur Romantik nicht entbehren und daher trotz betonter Gegnerschaft zum universalistischen Lehrgebäude von Othmar Spann diesem in Wirklichkeit gar nicht so fern stehen findet man aber einen Hinweis, daß die Volkswissenschaft nur einer der vielen Zweige der Soziologie ist, ja selbst eine Inbeziehungsetzung zur Soziologie wird nur sehr spärlich angedeutet. Es mag sein, daß die moderne Soziologie ihrerseits noch recht wenig mit „Volk" anzufangen weiß, soweit es sich um ethnische Gemeinschaften handelt.

Im „Wörterbuch der Soziologie" wird dem Volk nur ein bescheidener Abschnitt gewidmet und es wird dort auch unumwunden zugegeben, daß „Volk" wissenschaftlich überhaupt noch so gut wie nicht erforscht wurde, sondern im wesentlichen einfach als vorhanden vorausgesetzt wird. Ja, es wird dabei sogar gesagt, daß es soziologisch ein Vorurteil sei, daß es überall „Völker" geben müsse.

Derartige Gedankengänge sind individualistisch und gehen an der Wirklichkeit ebenso vorbei wie an den Aufgaben, die der Soziologie heute gestellt sind. Gewiß kann man auch die Auffassung vertreten, daß es „Volk" und daher „Völker" nicht notwendigerweise und nicht überall geben müsse, was vor allem die an der amerikanischen Soziologie geschulten Wissenschaftler mit manch überzeugender Begründung dartun Da aber „Volk" und „Völker" — im ethnischen Sinne gesehen — nun einmal im Bewußtsein von Menschen-gruppen existieren (allein das Wort „Gruppe" ist nicht zuletzt einer der wichtigsten Grundbegriffe der Soziologie), kann die Soziologie über diese Tatsache nicht hinweggehen. Es mag auch andere Wissenschaften geben, die sich des Volks annehmen oder im Bewußtsein mancher damit zu tun haben; vor allem die Ethnologie, die Anthropologie, die Volkskunde (Brauchtumslehre), die Ethnographie (Völkerkunde) und auch die Lehre von den Rassen befassen sich damit Das sind dann aber zumeist Darstellungen am Rande. Dasselbe gilt auch von den vorvolklichen Erscheinungen, die es vor dem Christentum mit seiner volksbildenden Kraft in Mitteleuropa (germanische Stämme) gab und die heute im Ringen um die Volkwerdung in weiten Teilen Afrikas zu spüren sind, wo die Kolonialmächte ja reine Zufallsgrenzen, keine ethnischen oder auch nur stammlichen Grenzen hinterlassen haben und manche Staaten sich als volkbildende Katalysatoren zu erweisen suchen. Man muß also die Volkswissenschaft, die in anderen Sprachen schon längst Ethnosoziologie heißt, auch im deutschen Sprachbereich der Soziologie zuweisen und, ob man sie nun Ethnosoziologie oder Volkswissenschaft nennt, dort unterordnen.

4. Unterschiede bezüglich des Volksbegriffes in den verschiedenen Sprachen und Kulturen

Die Schwierigkeit, „Volk" umfassend und all-gemeingültig zu definieren, auf welche Mühlmann in den zitierten Arbeiten mit Recht hingewiesen hat, wird dadurch noch vergrößert, daß in anderen Sprachen, anderen Nationalstaaten und deren Kulturen „Volk" ebenfalls mehrdeutig gebraucht wird. Das bereits erwähnte mehrsprachige demographische Wörterbuch der UNESCO läßt dies deutlich werden. In den beiden menschenrechtlichen Welt-pakten die zwar bis heute mangels ausreichender Ratifizierung noch nicht in Kraft stehen, aber dennoch nicht als bloße Entwürfe mehr angesehen werden können, ist in Artikel 1 zum Selbstbestimmungsrecht festgelegt, daß alle Völker dieses hätten: „tous les peuples", „all peoples". Da Selbstbestimmungsrecht begrifflich nur gegen Staaten ausgeübt werden kann und einen diesbezüglichen Anspruch gegen einen Staat oder auch — wie sich im Falle der Jurassier im Kanton Bern zufolge des Zusatzes zur Staatsverfassung des Kantons Bern vom 1. 3. 1970 deutlich erwiesen hat — gegen einen Gliedstaat bzw. die darin beherrschenden sozialen Großgruppen darstellt muß also „people" und „peuple" (ital. „popolo") in diesem Zusammenhang Volk im ethnischen Sinne bedeuten. Der Minderheitenschutzartikel 27 im Weltpakt über bürgerliche und politische Rechte spricht von ethnischen, religiösen und sprachlichen Gruppen, meint also unter ethnischen Gruppen offenbar solche, die einem Minderheitsvolk angehören und sichert ihnen den Genuß eines eigenen kulturellen (Zusammen) -lebens mit den anderen „Mitgliedern ihrer Gruppe" zu, wobei unter Gruppe zwar möglicherweise nur jene im selben Staat gemeint ist, aber jedenfalls eine Volksgruppe. Volksgruppe (oft auch „nationale Minderheit" genannt) ist aber nur ein Teil eines rein ethnisch zu sehenden Volkes oder, wenn dieses nur in einem einzigen Staat lebt, das ganze Volk. Überhaupt tritt uns nicht selten die Problematik „Volk" erst dort entgegen, wo „Volk" sich in der „Volksgruppe" in der sog. nationalen Minderheit konkretisiert. Entgegen der Meinung von J. W. Brueghel ist „Volksgruppe" heute in der gesamten völkerrechtlichen und nationalitätenrechtlichen Theorie überall in Gebrauch, zumindest seit etwa zehn Jahren. So nennt sich der heute wohl weitaus bedeutendste internationale Verband europäischer ethnischer Gruppen (communautes), ob nun minoritär oder mit anderen Nationalitäten im Staat gleichberechtigt, „Föderalistische Union europäischer Volksgruppen" 39 (FUEV, Sitz Kopenhagen), und zwar auch in anderen offiziellen Sprachen (ethnic group, communautes ethniques). Im Slowenischen ist schon längst der Begriff „Volksgruppe" = narodna skupina, im Serbischen und Kroatischen aber „etnicna skupnost", im Italienischen „gruppo etnico" (dies auch wörtlich im Pariser Südtirol-Abkommen von 1946) in die Ethnosoziologie und in die völkerrechtliche Terminologie eingeführt worden (so. z. B. auch im Londoner Memorandum über die beiderseitigen Volksgruppenrechte der beiden Zonen des Freien Territoriums Triest

Vollends ist in den verschiedensten UNO-Konventionen und in Art. 27 des Weltpaktes über bürgerliche und politische Rechte der Ausdruck ethnische Gruppe oder ethnic origin (origine ethnique) zu finden, z. B. in der UN-Konvention gegen alle Formen rassischer Diskriminierung vom 21. 12. 1965 (Art. 5 und 14), und die UNESCO-Deklaration über die Grundsätze der internationalen kulturellen Zusammenarbeit vom 4. 11. 1966 spricht von der Notwendigkeit der kulturellen Beziehungen zwischen den Völkern (peoples) und meint damit nicht Staaten und auch nicht addierte Individuen.

Völker sind demnach ethnische Gemeinschaften, die von den Staaten ebenso unterschieden werden wie von zusammenhanglos zusammengewürfelten Menschen, mögen diese auch da und dort gemeinsame ethnische Merkmale haben. Vor allem wird eine geistige Komponente überall vorausgesetzt, also keineswegs nur beim deutschen Volk, dem freilich mit „Volk" bestimmte Gefühlsfrachten verbunden sind, zu denen auch „Heimat" oder Heimaterinnerung gehört sondern ebenso-gut beim italienischen und bei vielen anderen Völkern. Dazu kommt auch die Komponente der gemeinsamen politischen oder kulturellen Geschichte, kommen noch viele andere Elemente, von denen keines unbedingt vorhanden sein muß (z. B. die Sprache), wohl aber stets ein Bewußtsein der Volkszugehörigkeit.

Es fällt auf, daß der Wandel, der sich hin zu einem neuen Volksbegriff anderswo vollzogen hat, im deutschen Volk der Bundesrepublik Deutschland nahezu unbemerkt geblieben ist, als ob man in Europa nicht weithin geradezu einen Aufbruch des Ethnischen beobachten könnte. Es mag sein, daß die so antiquierten phrasenhaften ethnokratischen Ideen, die uns von Herder und aus dem 19. Jahrhundert, dort auch aus Österreich bzw. Osterreich-Ungarn, aus dem für viele heute überhaupt nicht mehr begreiflichen Bismarck’schen Reich mit seiner Volksvergötzung (bei gleichzeitiger Deutschtums-Verengung), aus dem Frankreich der ebenso übertrieben ver-herrlichten, hohlen „grande nation", aus dem italienischen Risorgimento mit seiner Folgeerscheinung eines abstrusen Irredentismus überliefert sind, es mit sich bringen, daß man Volk als ethnische Gemeinschaft schon geradezu aus dem Blickfeld verlor und viele gar nicht mehr gewillt sind, Volk überhaupt noch als einen Wert im Stufenbau und Gefüge der menschlichen Gesellschaftsordnung zu sehen. Aus Presseäußerungen in Triest geht z. B. hervor, daß Bemühungen der FUEV, lediglich den Stand des Friaulischen zu ermitteln, als „Anzettelung eines neuen Minderheitenproblems" ausgelegt wurden Andererseits zeigt sich unverkennbar und immer deutlicher international eine Hinwendung zu den ethnischen Problemen, wobei naturgemäß vor allem die gerechte Regelung von Minderheiten-(= Volksgruppen) fragen im Vordergrund steht. Hier sind zu nennen die seit 1971 bestehende Minority Rights Group, London, die sich zwar auch mit religiösen, vorwiegend aber ethnischen und rassischen Gruppen befaßt, außer der FUEV (Föderalistische Union Europäischer Volksgruppen), Kopenhagen/Rungsted Kyst, die schon länger besteht, die Association Internationale pour la Defense des Langues et Cultures Menacees (A. I. D. L.

C. M.), Chur und Perpignan, seit kurzem die Kommission für Sprachfragen der europäischen Einigung, Hamburg, das Centre International pour la Formation Europeenne (CIFE), Paris und Nizza; jedoch befassen sich auch sonst nicht nur mit solchen ethnischen Problemen beschäftigte Institutionen auf Sonder-tagungen mit den Volkstumsfragen bzw.der Vertiefung ethnopolitischer Kenntnisse, so das Esperanto-Zentrum TEJO in Amsterdam, das 1972 in Paris ein wichtiges Seminar über Sprachimperialismus hielt, die Europa-Bewegung (Mouvement Europeen) auf verschiedenen ihrer Tagungen in ganz Westeuropa, das Institut za narodnostna vprasanja, Ljubljana (Laibach), das sich keineswegs nur mit slowenischen Minderheitenfragen beschäftigt, und seit neuestem auch verschiedene deutsche Stiftungen und Organisationen (Gustav-Stresemann-Institut in Bergisch-Gladbach, Hanns-Seidel-Stiftung in München, der „Nationaleuropäische Kongress" in Starnberg bzw. Brüssel, die Studiengruppe für Politik und Völkerrecht des Bundes der Vertriebenen in Bonn mit ihrer Arbeitsgruppe „Volksgruppenrecht", die seit einigen Jahren besteht

Trotz der Unterschiede, die sich bei solcher Entwicklung der Volksforschung zum Volks-begriff in den verschiedenen Kulturkreisen und auch Völkern (wie Staaten) ergeben müssen und ergeben haben, läßt sich aber doch, vor allem auf Grund der bahnbrechenden theoretischen Arbeiten von Guy Heraud (Universität Straßburg, seit 1972 Universität Pau) mit dem von ihm auch eingeleiteten Versuch einer Rechtsvergleichung auf dem Gebiete des Minderheiten-und Sprachenrechtes eine Annäherung auch hinsichtlich des Volksbegriffes beobachten. Es ist nicht übersehen, daß wir noch weit davon entfernt sind, auch nur in Europa in der Wissenschaft und in der nationalen wie übernationalen Rechtsordnung einen allgemein angenommenen, gängigen Volks-begriff zu haben.

Dennoch läßt sich aber in Übereinstimmung mit den großen Theoretikern auf diesem Gebiet, nämlich Lavenir, Heraud, Becquet, Morin, Pizzorusso, Sestan, Johnson, Lee Millard, Lalont, Viatte, Verdoodt, Nazzari, Fontan, Lador-Lederer und Kloss — Abweichungen in der Einzelformulierung sind freilich vorhanden —, sagen: Volk ist eine Abstammungsgemeinschaft (Generationengebilde), bei welcher zum naturhaften Element der Abstammung noch das Element einer geistigen Zielsetzung kommt (Zielsetzungsgemeinschaft). Diese geistige Komponente ist vielfach, ja meistens die eigene Sprache (Schriftsprache), kann aber auch in einem anderen oder mehreren anderen Wesenszügen sich ausdrücken wie Religion, bejahte gemeinsame Geschichte, rassische Differenzierung 48a).

Volksgruppe (im völkerrechtlichen Sprachgebrauch und auch sonst noch immer häufig „nationale Minderheit" genannt, ein Ausdruck, gegen den dann nichts einzuwenden ist, wenn man darunter eine im Staat zahlenmäßig oder in der faktischen Rechtsausübung der Grundrechte und Grundfreiheiten eine Minderheit darstellende ethnische Gruppe versteht) ist von „Volk" nicht begrifflich verschieden, ist nur ein Volksteil, der sich auf dem Staatsgebiet eines Staates befindet, der von einem anderen Volk oder deren mehreren beherrscht und politisch geführt wird.

III. Der Begriff „Nation"

Mit dem Nationsbegriff verhält es sich ähnlich wie mit dem Volksbegriff. Er schillert und wird sowohl in der deutschen Literatur (gemeint nicht nur jene, die im Gebiete der heutigen Bundesrepublik und der DDR erschienen ist) wie auch jener anderer Staaten und Völker sowie internationaler Gemeinschaften und überdies in juristischen Texten aller Art, die von Normengebern herrühren, sehr unterschiedlich gebraucht. Legaldefinitionen gibt es nicht, wenn man von „Nation" als Summe der Staatsangehörigen absieht. Während aber der Volksbegriff sich einer ausschließlich juristischen Definition weitgehend verschließt, ist „Nation" nach heutiger Auffassung ein Rechtsbegriff. In der Vergangenheit war dies nicht immer so.

1. Die Nation in der Vergangenheit

Es ist nicht sehr lange her, seit es überhaupt einen Begriff „Nation" gibt. Im Altertum sprach man von gentes, nicht von nationes. Wenn sehr oft darauf verwiesen wird, daß schon im Mittelalter Studentennationen an europäischen Universitäten vorhanden waren (z. B. in Paris, Padua, Bologna, Prag, Wien), so hatten diese mit irgendeiner ethnischen Herkunft ebensowenig zu tun wie mit einer genauer umrissenen staatlichen Zugehörigkeit, selbst wenn es damals schon ein Staatsangehörigkeitsrecht gegeben hätte, was man füglich bezweifeln muß. Auch wird immer wieder der Irrtum begangen, aus der amtlichen Bezeichnung „Heiliges Römisches Reich deut-scher Nation" den Schluß zu ziehen, es habe bis zu dessen Untergang ein auf der deutschen Nation basierendes Kaiserreich gegeben. K. G. Hugeimann hat nachgewiesen, daß es im Mittelalter einen Staat gab, der als „deutsches Königreich" einen deutschen Nationalstaat darstellte, wenn man „Volk", vorliegendenfalls also das deutsche Volk, mit „Nation" identifiziert und das Wort „national" von „Nation" ableitet. Wie er aber weiter nach-wies, hat es ein deutsches Reich im Sinne eines Reiches deutscher Nation nie gegeben. Das Hl. Römische Reich (Kaiserreich) deutscher Nation griff weit über den Siedlungsboden des deutschen Volkes hinaus, auch wenn man berücksichtigt, daß ihm längst , entdeutschte‘ Territorien oder Stadtansiedlungen angehört haben, die als deutsch galten* Andererseits blieben viele Angehörige des deutschen Volkes weit außerhalb des deutschen Nationalstaates wie z. B. die Siebenbürger Sachsen, die Deutschen des Deutschordensritterlandes, die Deutschen im Banat.

Im 19. Jahrhundert, teilweise schon im ausgehenden 18. Jahrhundert, wurde freilich bewußt der Ausdruck „Nation" an die Stelle von Volk gesetzt, was seinen leicht erklärbaren Grund in dem Bestreben der auf viele Staaten, oft auch Kleinstaaten, aufgeteilten elitären Angehörigen eines einzigen Volkes hatte, diesem Volk anstelle staatlicher und politischer Schwäche den eigenen nationalen Staat zu geben. „Volks" staat wäre vermutlich ein kaum durchsetzbarer Ausdruck gewesen, da unter „Volk" auch damals von vielen keine ethnische Gemeinschaft verstanden wurde, sondern plebs oder vulgus Den Ausgang solcher Einigungsbestrebungen hat man in Italien zu suchen, das sich seit Jahrhunderten im Volkssinne einig wußte, wie man aus Dante’s Strophe über den Gardasee entnehmen kann, wo aber erst mit dem sog. Risorgimento, dem später der schrankenlose, nationalistische Irredentismus folgte die „Idee der Nation" sich entwickelt hat Nicht anders aber taucht in Deutschland — im wesentlichen damals noch das Gebiet der Staaten des Deutschen Bundes — als Folge der napoleonischen Kriege und dann später wieder nationalistischer Ideen kleindeutscher, preußischer Nationalstaatspolitik ein Nationsbegriff auf, der als Katalysator für staatliche Einigung des gesamten deutschen Volkes oder doch wenigstens seiner wichtigsten Stämme dienen sollte.

Ob dabei die verworrenen, romantischen Gedanken von Johann Gottfried Herder nachwirkten, sei dahingestellt. Die Nation wurde im wesentlichen mit dem identifiziert, was man heute unter „Volk" versteht, zugleich zum Staat in Antithese gestellt und als Sprengstoff gegen den Staat, sofern er noch nicht „ihr" Staat, also ihr Nationalstaat war, gedacht. Vor allem waren es die großen Theoretiker im Vielvölkerstaat Osterreich-Ungarn, die sich in diesen Dienst einer Nationsidee stellten, bei welcher die Nation als das naturhafte Element (wegen der Ableitung von „nasci" — geboren werden) hingestellt wurde, das über dem Staat steht. Namen wie Renner, Bauer, Seipel treten hier vor uns, obwohl Renan und Mancini in Frankreich und Italien nicht weniger zu nennen sind 54a). Die Meinung, daß nur im deutschen (und slawischen) Bereich die Nation als die über dem Staat stehende naturhafte oder auch kulturelle Gemeinschaft angesehen wurde, im französischen und italienischen sowie angelsächsischen Bereich aber immer als Staatsnation, war lange sehr verbreitet, ist aber inzwischen, vor allem ab etwa 1930, immer mehr als unrichtig festgestellt worden, besonders durch Marcartney Es hat im deutsch-slawisch-magyarischen Raum (Naumann’s „Mitteleuropa") durchaus etatistisches Nationsdenken gegeben, repräsentiert etwa durch Frank Deäk, Ludwig Kossuth und Julius Szektü, aber auch durch Bogumil Vosnjak, durch Koellreuter, Möller van den Bruck, und umgekehrt im romanischen wie im angelsächsischen Raum Verfechter eines ethnisch ausgerichteten Nationsbegriffs (Aldo Dami, Manni, William Henry Moore, Charles Seignobos) Man kann daher die erst nach dem Zweiten Weltkrieg gewonnene, aber von so bedeutenden Theoretikern wie Karl Renner schon knapp vorher erarbeitete Erkenntnis, daß in der romantischen Zeit, die ja noch (Wandervogel-Bewegung, deutsche Jugendbewegung) bis ins beginnende dritte Jahrzehnt unseres Jahrhunderts reicht Nation und Volk miteinander verwechselt und oft identifiziert wurden, Nation aber mystifiziert wurde, heute nur bejahen. In diesem Sinne ist auf die namhaften posthumen Schriften von Karl Renner und Guido Zernatto aufmerksam zu machen, die diese erst nach 1933 mögliche kritische Neuorientierung vorsichtig vollzogen haben

Auf diesen Wandel des Nationsbegriffs in der Geschichte ist deshalb aufmerksam zu machen, weil er für den Begriff „deutsche Nation" von Bedeutung ist. Seipel sprach von „zwei Staaten — eine Nation" wobei er unter den beiden deutschen Staaten damals (1926) das Deutsche Reich und die Republik Österreich meinte und unter Nation eben das auf den deutsche Volk Heute hingegen wird von offizieller Seite der Bundesrepublik Deutschland von „zwei Staaten in Deutschland" oder von zwei deutschen Staaten und einer Einheit der Nation gesprochen womit heute sicher Österreich nicht mit gemeint ist, aber auch sonst nicht das deutsche Volk im ethnischen Sinne, sondern die auf die Bundesrepublik und die DDR herrschaftsrechtlich und somit politisch reduzierte deutsche Staats-nation. Diese „deutsche Nation" ist somit in nicht nur kontradiktorischem, sondern auch konträrem Gegensatz zum deutschen Nationsbegriff der Spät-und Neoromantik, der mit der Machtergreifung des Nationalsozialismus sein Ende gefunden hat. Es hat zwar eine durchaus ethnisch orientierte nationalsozialistische Volkslehre gegeben, sie wurde aber depraviert („mendacium incarnatum") und schließlich in reine Machtpolitik umgeformt

2. Nation in der Gegenwart a) „national" und „nationalistisch"

Vor Eingehen in die Problematik des Begriffes „Nation“ in der Gegenwart muß klargestellt werden, daß die Eigenschaftswörter „national“ und „nationalistisch" nicht notwendigerweise noch mit „Nation" Zusammenhängen, d. h., es besteht keine begriffliche Interdependenz dazu mehr. Den Durchbruch dazu lieferte das Vokabular der UNO, beginnend mit den beiden, bis heute auch nicht annähernd ausreichend wissenschaftlich ausgeschöpften grundlegenden Studien des Generalsekretärs von 1947 und von 1950 über den internationalen Minderheitenschutz unter dem Regime des Völkerbundes bzw. über die rechtliche Gültigkeit der auf dem Minderheitengebiet eingegangenen Verpflichtungen

Beide Gutachten, deren Inhalt hier nicht weiter zur Erörterung steht, sprechen zwar im allgemeinen nur von „Minderheiten" (minorites) oder von „minorites de race, de Jangue et de religion", doch wird auch der Ausdruck „nationale Minderheiten" (minorites nationales) gebraucht, womit eindeutig ethnische Minderheiten gemeint sind, also solche, die einem anderen Volk als dem den Staat beherrschenden Volk angehören. Nirgendwo ist aber mehr von „Nation" im ethnischen Sinne die Rede. „Nation" bedeutet „Staat“ und das häufig vorkommende Wort „nationalite" nicht etwa Volksgruppe („Nationalität" nach altöster-reichischem oder auch heutigem jugoslawischen oder sowjetischen Sprachgebrauch), sondern „Staatsangehörigkeit". Wo heute in UNO-Dokumenten (Resolutionen, Konventionen) von „nationalen Minderheiten" die Rede ist, wie z. B. in Art. 5 (c) der UNESCO-Konventionen gegen Diskriminierung in der Erziehung sind unter „nationalen Minderheiten" zu verstehen „ethnische oder sprachliche Minderheiten", dies nach der zwar nicht authentischen, aber doch hohen Interpretationswert genießenden UNO-Studie „Protection des Minorites" (engl. „Protection of Minorities"), herausgegeben im Juni 1967 Hingegen wird kein Zweifel daran gelassen, daß „Nation" mit „Staat" identisch ist, also nicht mit „Volk"

(peuple, people). In der deutschen Sprache ließe sich das Wort „national" in dieser heutigen (wie früheren) Bedeutung der internationalen Rechtssprache — „international" ist aber ein Wort, in welchem der Wortteil „national" mit „staatlich" identisch ist — zwar mit „volklich" oder „völkisch" übersetzen, und das ist ja zwischen 1919 und 1945 oft genug geschehen doch wurden beide Wörter vom Nationalsozialismus usurpiert, vor allem in Österreich und im Sudetenland, so daß man sie heute nur noch in Ausnahmefällen verwenden kann, will man nicht bei den Verfolgern all dessen, was von 1933 bis 1945 Geltung hatte 67), eines fortdauernden Näheverhältnisses zum Nationalsozialismus geziehen werden. So ist es denn vorzuziehen, daß in der deutschen Sprache und im übrigen auch in vielen anderen Sprachen das Wort „national" (gleichlautend im Französischen und Englischen, „nazionale“ im Italienischen, „nacional" im Spanischen, „naroden" im Slowenischen wie auch im Russischen) ebensowohl für „staatlich" wie auch für ethnisch verwendet wird.

Neben „national" gibt es auch die Bezeichnung „nationalistisch". Sie ist (s. Anm. 68) vielfach gleichbedeutend mit chauvinistisch und kann ebensosehr auf den Staat wie auf das Volk, die ethnische Gemeinschaft, bezogen sein, im letzteren Falle aber zumeist auf eine ethnische Gemeinschaft, die den Staat, ihren oder den von ihr reklamierten Staat, beherrschen will, wobei auf die Rechte und Interessen anderer Völker keine Rücksicht genommen wird.

b) Nation als auf Staat bezogenes Volk

Wenn man Nation nicht als Summe der Staatsangehörigen betrachtet, ist heute Nation auf Staat bezogenes Volk. Das mehrsprachige Demographische Wörterbuch der UNESCO definiert Nation: „Ein Volk’, von dem mindestens der Kern staatlich organisiert ist, bezeichnet man als Nation". Die UNO-Publikation über Definition und Klassifikation der Miaderheiten unterscheidet deutlich zwischen Nation und Staat mißt aber dem Staat eine nationsbildende Funktion bei („L'Etat, agent d'unification de la nation"), was gewiß nicht abwegig ist. Chr. Pan geht von einer möglichen mehrfachen Bedeutung von „Nation" aus nämlich Nation gleich Staat, Nation als das soziale Substrat des Staates, die Gesellschaft, Nation als staatstragender Kern innerhalb der Bevölkerung eines Staates, Nation als das souveräne Volk, Nation als Staats-nation oder Staatsvolk, Nation als objektive Kulturgemeinschaft, Nation als kulturelle Bekenntnisgemeinschaft mit deutlichem Streben nach Eigenstaatlichkeit, endlich Nation als Zielsetzungsgemeinschaft mit deutlichem Streben nach politischer Organisiertheit. Er mißt nach heutiger vorherrschender Lehre nur letzterer Formulierung Bedeutung bei. Dem ist zuzustimmen, jedoch mit der Ergänzung, daß Nation heute stets Volk mit Zielsetzung hin auf den eigenen Staat oder doch auf die Teilhabe am Staat ist. Die Enciclopedia Italiana definiert vereinfacht in ihrer letzten Auflage „Nation ist Wille zur Nation", womit aber nach italienischer Grundauffassung es der Staat ist, auf den sich dieser Wille erstreckt und hinorientiert. Es gibt zwar Autoren, wie Koppelmann, die verneinen, daß es „Volk" gebe aber nicht bestreiten, daß es auf Staat bezogene Bevölkerungsgruppen gibt, die den Staat ihrer Gruppe und deren Sprache erobern wollen.

Der Nationsbegriff ist also zwar auf einer nicht-juristischen Grundlage, nämlich dem Volk, aufgebaut, aber im wesentlichen doch mit juristischen Maßen zu messen, da ja der Staat ein Phänomen nicht zuletzt auch der Rechtssphäre ist.

Daß Nation auf Staat oder doch politische Organisiertheit hin orientiertes Volk ist, läßt sich deutlich durch die Vielzahl der Bemühungen einzelner Völker erweisen, die entweder keinen Nationalstaat haben und nach einem solchen streben oder wenn sie ihn haben, erhalten wollen, oder die doch wenigstens in einem Staat „zuhause" sein wollen, der auch ihrem politischen Gestaltungswillen entspricht. Während es Völker gibt, die nie nach einem eigenen Staat getrachtet haben und für eine Staatsbildung kaum in Betracht kämen wie die Lappen (Samen) und Volksteile (Volksgruppen), für die so etwas nach der Realität (geographische Lage, Bevölkerungszahl usw.) nicht in Betracht käme, wie z. B. heute für die Siebenbürger Sachsen oder auch solche, die den eigenen Staat gar nicht haben wollen und diesem Nichtwollen durch Plebiszit oder Beschluß eines frei gewählten Vertretungskörpers Ausdruck gaben (Färinger 1948), gibt es Völker, die geradezu nachdrücklich auf die Schaffung eines Staates ihres Volkes oder doch mit maßgeblicher Mitbestimmung durch ihr Volk hinsteuern oder sich an einen solchen Staat anschließen wollen. Man braucht hierzu nur etwa an die „Nations" bemühungen der Bretonen, eines Teiles der Franco-Canadier, der spanischen Basken, der Katalanen, der Kurden zu denken. In der Vergangenheit bis hinein in jüngste Zeiten haben viele Völker immer wieder erreicht, daß sie — wenigstens zeitweilig — als „Nation" den eigenen Staat, in welchem sie staatsführend waren, bekamen: die Italiener im Zuge der sog. Einigung Italiens, die Griechen, die Slowaken 1938 die Kroaten 1941 die Slowenen 1945 die baltischen Völker 1917/19, die Magyaren 1848 bzw. 1867.

Bei all diesen Bemühungen, mögen sie nun erfolgreich gewesen sein oder nicht — sie spielen , heute in Afrika und Asien eine sehr große Rolle —, spielt das Selbstbestimmungsrecht der Völker entscheidend mit herein. Dieses richtet sich notwendigerweise gegen den Staat, in welchem das betreffende Volk oder Teile davon (Volksgruppen) leben, und ist auf freie Entscheidung über den eigenen politischen Status gerichtet Dies bedeutet zwar nicht notwendigerweise eine Verwirklichung durch Schaffung eines eigenen Nationalstaates oder Anschluß an einen solchen, sondern je nach der von der ethnischen Gruppe zu treffenden Entscheidung auch Autonomie oder föderale Einrichtungen, stets aber eine politische Verwirklichung. Diese Zielsetzung aber macht erst aus dem Volk eine Nation (sofern es „Nation" überhaupt gibt, was zwar nicht etwa allgemein zu bestreiten ist, aber je nach Lage des Einzelfalles bezweifelt werden kann, nämlich dann, wenn große Teile des — ethnisch gesehenen — Volkes gar nicht zu einer Nation vereinigt werden oder bleiben wollen und können).

c) Nation und Nationalismus

Mit Recht wird die Idee des Nationalismus heute weitgehend abgelehnt. Abgesehen von den historischen Erfahrungen haben dazu vor allem die bahnbrechenden Arbeiten von Hans Kohn beigetragen Für den deutschen Bereich wird man auch der Arbeiten von Eugen Lemberg nicht entraten können Guido Zernatto, dessen Studie (Vom Wesen der Nation) leider viel zu wenig bekannt ist, zitiert (S. 88) einen Satz von Berlioz, der, auch wenn er nicht von Berlioz sein sollte, sehr treffend den Nationalismus kritisiert mit den Worten: „Die engen Ideen des Nationalismus scheinen allen geraden Geistern von einer unendlichen Lächerlichkeit zu sein." So wenig man den Begriff „Nation" wirklich befriedigend definieren kann — auch die oben gegebene Definition macht das deutlich —, so eindeutig ist es, daß der Nationalismus, der ja mit der extremen Nationalstaatsidee einhergeht, die Nation als auf ihren nationalen Staat hin tendierendes Volk überbewertet und damit jeglicher Friedenssicherung zuwiderhandelt, die man heute wohl als das oberste völkerrechtliche Gebot ansehen kann

Der Nationalismus wird heute vielfach als eine vorwiegend dem 19. Jahrhundert zugehörige politische Kraft bezeichnet. Im Neuen Evangelischen Soziallexikon wird er als „die bedeutendste politische Kraft des 19. und 20. Jahrhunderts" bezeichnet, für Europa aber vor allem des 19. Jahrhunderts, während die neuen Staaten und die Dritte Welt erst am Beginn eines erwachenden Nationalismus stünden. Letztere Beobachtung ist durchaus richtig Doch wäre es ein Irrtum, zu glauben, daß die europäischen Nationalismen, die in den Nationalbewegungen des vorigen Jahrhunderts ihren Höhepunkt erreicht hatten heute erloschen und endgültig nur noch Geschichte seien. Der Nationalismus ist, nachdem er im deutschen Nationalsozialismus, im italienischen, rumänischen (Eiserne Garde), magyarischen (Pfeilkreuzler-Bewegung), portugiesischen und spanischen Nationalismus bis 1945 Triumphe gefeiert hatte, um mit der Auswirkung des Potsdamer Abkommens in Ost-und Ostmitteleuropa noch verstärkt zu werden — die Austreibung der Volksdeutschen und der deutschen Staatsangehörigen aus Ostmitteleuropa, der Italiener aus den adriatischen Küstengebieten und der Karelier aus den abgetretenen karelischen Gebieten Finnlands beweist , nur im deutschen gänzlich — Volk fallen gelassen worden, im übrigen ist er weithin so virulent wie eh und je, wenn auch teilweise in anderen Erscheinungsformen, so z. B. im wirtschaftlichen Bereich unter der Oberfläche der EWG. Nationalismus ist eine chauvinistisch übersteigerte Ausformung der Idee der Nation mit Blickrichtung auf den Nationalstaatsgedanken.

Der Nationalismus hat viele Gesichter. Er begegnet uns in heroisierenden „nationalen" Denkmälern zur Erinnerung an irgendwann in der Geschichte erfolgreich geschlagene Schlachten und gewonnene Kriege einschließlich der Denkmäler zur Erinnerung an Kämpfe gegen die „Barbaren" — womit in Italien (Bozen, Genua, Aquileja usw.) und auch sonst meist die Deutschen (und Österreicher) gemeint sind —, nationalistisch begründete Benennungen von Straßen und Plätzen historisierenden Spielen und Umzügen, solchen in katholischen Gegenden sogar in Verbindung mit Wallfahrten und religiös verbrämten Feiern, der Gründung von sogenannten Traditionsverbänden und -vereinen, Patenschaften Ortsnamengebungen und Erfindung oder einseitig-willkürlich gebrauchten topografischen Bezeichnungen; er begegnet uns aber vor allem auch in der Nationalstaatsidee.

Der Nationalstaat als solcher ist dann gerechtfertigt, wenn ohne Verletzung von Rechten anderer Völker und der ohne Gefährdung Friedenssicherung, die seit der Charta der UN schlechthin im Vordergrund steht und selbst vor Völkervertragsrecht Vorrang hat Völker, die bis dahin in verschiedenen Staaten lebten (einschließlich von Grenzlandvolksgruppen), den eigenen Nationalstaat anstreben („Einigung", „Zusammenschluß", „Wiedervereinigung", „Anschluß") und dies in Ausübung des Selbstbestimmungsrechts, nicht nur dieser Völker als solcher, sondern auch der nicht im Nationalstaat des Volkes lebenden Volksteile oder Volksgruppen, geschieht. Diese Ausübung erfolgt in der Regel durch Plebiszit

Das „nationale" Gefühl, das so oft in der Geschichte dem Nationalstaatsgedanken als treibende Kraft zugrunde lag und auch heute noch liegt ist an sich nicht verwerflich, solange es nicht dazu verführt, andere Völker in ihren Entfaltungsrechten zu behindern. Bloße Schutzrechte formaler Art („duldendes Nationalitätenrecht" in der Terminologie von Heinz Kloss) genügen nicht, vielmehr muß es sich um förderndes Nationalitätenrecht handeln, also an die Stelle rein formaler Gleichheit materielle Gleichberechtigung treten. Nationalbewußtsein im Sinne von Liebe zum eigenen Volk gilt als eine Tugend — und das mit Recht („valori" im Sinne der päpstlichen Enzyklika „Pacem in Terris" vom 11. 4. 1963). Und wenn ein Staat der Selbstverwirklichung eines bestimmten Volkes tatsächlich dient, das für ihn „Nation" im nationalstaatlichen Sinne ist, so wird er dadurch wohl erst zur eigentlichen raison d’tre gelangen — und das kann, wie der Fall der Schweiz zeigt, auch im Nationalitätenstaat der Fall sein Der Nationalstaat ist nichts an sich Böses, sofern er sich an die naturrechtlich (präpositiv) verpflichtende Ordnung hält, die ein Zusammenleben der Staaten und der Völker fordert, ohne die eine Friedensordnung nicht möglich ist (Verdross). Nur gibt es sehr wenige Staaten in Europa und sogar noch weniger in Asien, Afrika und Amerika, auf deren Territorium nur Angehörige eines einzigen Volkes ihre angestammte Heimat haben. Fast alle Staaten haben mehr oder weniger zahlreiche ethnische und sprachliche Nationalitäten oder minoritäre Gruppen, deren Lebensrechte durch extremes Nationalstaats-denken gefährdet werden (Beispiele: Frankreich, Polen, Tschechoslowakei, bis zu einem gewissen Ausmaß auch Italien, Österreich).

Hingegen haben sowohl die Bundesrepublik Deutschland wie die DDR, die an sich völkerrechtlich zu keinerlei Minderheitenschutz verpflichtet sind, vorbildliche minderheitenrechtliche Regelungen getroffen

IV. Das deutsche Volk

1. Das deutsche Volk als ethnische Gemeinschaft

Die Frage, ob und inwieweit unter „deutsches Volk" (auch) ein Rechtsbegriff zu verstehen ist, setzt eine Klärung dessen voraus, was überhaupt das „deutsche Volk" ist. Wenn man von dem oben entwickelten Volksbegriff ausgeht, der im wesentlichen heute von den dafür zuständigen Fachleuten und auch in der politischen Theorie und der Soziologie akzeptiert wird so gab es nicht nur früher das deutsche Volk als ethnische Gemeinschaft, die über die Staatsgrenzen hinausreichte. Othmar Spann hat in seiner noch heute lesenswerten kleinen Schrift „Vom Wesen des Volkstums. Was ist deutsch?" die Begriffe wegweisend mit geklärt, was unter deutschem Volk zu verstehen ist. Man wird sich noch vielfach an die zahllosen Organisationen, Buchpublikationen und Vorträge erinnern, die bis zum Anbruch der nationalsozialistischen Herrschaft mit ihrer Preisgabe einer ursprünglich durchaus dem Wesen des Volkes gerecht werdenden deutschen Volkslehre ein die Staatsgrenzen überschreitendes deutsches Volk als eine gesellschaftliche Realität erwiesen haben und zugleich als etwas, was zu Wert und Würde des Menschen gehört und hochgehalten werden muß. Fragen des Grenz-und Auslandsdeutschtums spielten hierbei eine bedeutende Rolle, zu deren Behandlung sehr mächtige Organisationen entstanden wie der VDA (Verein, später Verband für das Deutschtum im Aus-lande) in Berlin, Reichsverband der Katholischen Ausländsdeutschen in Berlin, Österreichischer Verband für volksdeutsche Auslandsarbeit (unter dem kürzlich verstorbenen Prof. Hugo Hantsch) in Wien. Das nationalsozialitische Regime hat diese Organisationen entweder verboten oder gleichgeschaltet. Es gab auch bis 1938 und für viele bis 1945 kaum einen Zweifel daran, daß auch die deutschsprachigen Österreicher dem deutschen Volk angehörten (für die Sudetendeutschen war dies ohnehin selbstverständlich und blieb es) — auch bis heute — und erst recht bestanden daran keine Zweifel hinsichtlich der nicht einem deutschen Staat — Österreich, Schweiz, Liechtenstein, Danzig — angehörenden sog. Volksdeutschen (der Ausdruck tritt heute mehr in den Hintergrund).

Die „Deutschen" schlechthin sind nicht nur Menschen, die einem deutschen Staat angehören, sondern sind die Menschen, die dem deutschen Volk angehören — „Volk" im oben gedeuteten, soziologischen Sinn gesehen —, und zwar ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit und den Wohnsitz. Auch das italienische Volk ist nicht nur jenes, welches in der Italienischen Republik lebt (abzüglich der Angehörigen anderer Volksgruppen), vielmehr gehören dazu auch die Italiener in der Schweiz (offizieller Ausdruck „Svizzera italiana"), in den adriatischen Küstengebieten Jugoslawiens und in Übersee. Die rasche Zunahme ethnischen Denkens bei den Franzosen, vor allem freilich bei jenen außerhalb der Französischen Republik, zeigt deutlich, daß man sich zunehmend mehr der Existenz eines französischen Volkes (ethnie franaise) unabhängig von Staatsgrenzen bewußt ist und immer mehr bewußt wird Wenn sich in Amerika so etwas nicht darzustellen scheint, so liegen dort die Verhältnisse weithin anders als in Europa. Dennoch nimmt ethnisches Denken sowohl in Kanada wie in den USA aber rasch zu, wie neueste Studien von Heinz Kloss ergeben haben.

Das deutsche Volk als ethnische Gemeinschaft ist eine gesellschaftswirkliche Tatsache und umfaßt somit die Angehörigen dieses deutschen Volkes nach deren Bewußtsein und Bejahung etwa in Eupen-St. Vith, in Nordschleswig (Dänemark), in Siebenbürgen, in Südtirol, in den früheren Kolonien (Siedlungs-und Erschließungsgebieten) in Nord-und Südamerika (z. B. in Südbrasilien), in Ungarn und auch in der Sowjetunion Es kann sich nur die Frage stellen, ob die Deutsch-Schweizer und die Österreicher heute als dem deutschen Volke zugehörig anzusehen sind. Bezüglich der Deutsch-Schweizer wird in der Regel nicht gesagt, daß sie (dem Volke nach) Deutsche seien. Dennoch läßt schon die durchaus übliche Bezeichnung „DeutschSchweizer" deutlich werden, daß es sich um 1 Angehörige des deutschen Sprach-und Kultur-volkes handelt und der Erhaltung dieser Kultur und Sprache dient z. B.der Deutsch-Schweizerische Sprachverein ebenso wie der Deutsch-Schweizerische Schulverein (mit zahlreichen Publikationen und auch gedruckten Informationsblättern, aus denen die Eingebundenheit der alemannischen Schweizer in das deutsche Sprach-und Kulturvolk hervorgeht). Was Österreich anlangt, so fehlt es zwar nicht an Versuchen, die deutschsprachi-gen österreichischen Staatsangehörigen als Angehörige einer keineswegs nur politisch verstandenen Nation und somit ethnisch als vom deutschen Volk verschieden zu erklären doch sind diese Versuche nur sehr vereinzelt wirkungsvoll. Soweit man unter Volk eine ethnische Gemeinschaft in dem hier dargestellten Sinne erblickt, besteht auch in der österreichischen politischen Terminologie kein ernsthafter Zweifel daran, daß die Österreicher dem deutschen Volk angehören, also im ethnischen (und sprachlichen) Sinne Deutsche sind. Man gebraucht, um politisch dabei nicht mißverstanden zu werden — für einen neuen Anschluß an „Deutschland" (was immer das heute sei) dürfte sich in Österreich kaum eine Stimme erheben —, den Ausdruck „deutsches Sprachvolk". Bemühungen, eine eigene österreichische Sprache (ja sogar eine österreichische, ein wenig abweichende Schrift) zu entwickeln oder als bereits vorhanden zu behaupten können als völlig gescheitert angesehen werden. Die Zugehörigkeit der Österreicher deutscher Sprache (vielleicht mit Ausnahme der zahlreichen während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft emigrierten, großenteils aus Gründen rassischer Verfolgung bzw. Furcht vor einer solchen 1938/39 ausgewanderten deutsch-sprechenden Österreicher, bei welchen ihrem erklärten Willen nach sich deutsche Sprachzugehörigkeit mit deutscher Volkszugehörigkeit nicht deckt zum deutschen Volk wurde auch von den führenden österreichischen Politikern der Gegenwart stets bejaht

2. Das deutsche Volk als Rechtsbegriff

Es bedarf wohl keines Hinweises, daß unter „deutsches Volk" nach der bisher gegebenen Definition nur ein ethnischer, ethnosoziologischer, allenfalls auch ethnopsychologischer, möglicherweise auch sprachwissenschaftlicher Begriff verstanden werden kann — letzterer über die Hochsprache bzw. Schriftsprache vermittelt, die sich freilich lebendig aus der Mundart regeneriert — und somit kein juristischer Begriff ist.

Der ethnische Begriff „deutsches Volk" hat allerdings in vielfältiger Weise im Zusammenhang mit der Vertreibung bzw. Massenzwangswanderung von Angehörigen des deutschen Volkes sich auch als Rechtsbegriff niedergeschlagen, der definierbar ist. Damit sind noch nicht die Präambel zum GG und dessen sondern Art. 116 Art. 146 gemeint, GG.

Zwar kann sich die Wiedereinbürgerung nur auf einen staatsangehörigkeitsrechtlichen Sachverhalt beziehen, und das kommt in Art. 116 GG auch nicht zum Ausdruck. Der Wortlaut dieser Norm ist für unsere Studie von grundlegender Bedeutung. Danach ist Deutscher im Sinne des GG vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat. Der zweite Absatz gewährt auf Antrag die Wiedereinbürgerung an jene deutschen Staatsangehörigen, denen zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist, dies unter Voraussetzungen, die in einem zweiten Satz zu diesem Absatz angeführt sind.

Daß man nicht deutscher Volksangehöriger sein muß, um die deutsche Staatsangehörigkeit zu besitzen, liegt auf der Hand. Die Angehörigen der Volksgruppen und Sprachminderheiten, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder besessen haben und wiedereingebürgert wurden, gehören nicht dem deutschen Volke an Auch die fremdsprachigen Flüchtlinge, in der Bundesrepublik Deutschland vielfach „heimatlose Ausländer" genannt, sind auch nach erfolgter Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit — diese Verleihung erfolgt im Vergleich etwa zu Österreich, den USA oder Kanada mit äußerster Zurückhaltung — sicherlich keine Angehörigen des deutschen Volkes, selbst wenn sie sich dazu bekennen sollten. Ohne die Voraussetzung objektiver Merkmale wird man nicht Angehöriger eines Volkes durch „Bekenntnis" oder Erklärung

Art. 116 GG teilt somit die Deutschen ein in Personen, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen und solche — selbst ohne sie zu besitzen —, die als Flüchtlinge oder Vertriebene deutscher Volkszugehörigkeit usw. in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden haben. Das eine ist ein reiner Staatsangehörigkeitsbegriff ohne jede ethnische Kennzeichnung, also ein juristischer Begriff schlechthin, das andere ein Begriff, der von der ethnischen Zugehörigkeit ausgeht. Unter „Flüchtling" ist hier nicht der „heimatlose Ausländer" oder „internationale Flüchtling unter der Obhut des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge zu verstehen. Art. 116 GG meint Flüchtlinge deutscher Volkszugehörigkeit, die heute in aller Regel im Sinne des BundesvertriebenengeSetzes (BVFG) als Vertriebene bezeichnet werden (die Bezeichnung „Heimatvertriebene", der man häufig begegnet, entspricht keiner gesetzlichen Formulierung, stellt eine Tautologie dar und bringt — durchaus berechtigte — emotionale Erwägungen ins Spiel). Da selbstverständlich an die Feststellung, daß eine Person Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit sei, zahlreiche Rechtsfolgen geknüpft sind (etwa nach dem LAG), spielt somit nach Art. 116 GG die Zugehörigkeit zum deutschen Volk über die rein ethnosoziologische (volkswissenschaftliche) Bedeutung hinaus auch rechtlich eine Rolle. Auch Österreich hat an die Zugehörigkeit zum deutschen Volk hinsichtlich der Vertriebenen, die in Österreich meist nur „Volksdeutsche" genannt werden, zahlreiche Rechtsfolgen geknüpft, die in vielen Gesetzen ihren Niederschlag gefunden haben, vor allem in dem auf den Vermögens-und Ausgleichsvertrag von Bad Kreuznach mit der Bundesrepublik Deutschland gestützten Anmeldegesetz und dem UVEG

Rechtlich ist nach all diesen deutschen und österreichischen Normen — die letzteren sind praktisch aus dem bundesdeutschen Recht übernommen worden — Deutscher, wer in seiner „Heimat nach bestimmten Merkmalen, wie Abstammung, Erziehung, Sprache, Kultur, zur deutschen Volksgruppe gerechnet wurde" (Anlage 1, Abschnitt B, Abs. 2 des Finanz-und Ausgleichsvertrages von Bad Kreuznach). Die Definition entspricht weithin der in dieser unserer Abhandlung gegebenen Definition von Volk und Volksgruppe mit dem einzigen Unterschied, daß noch eine objektive Beweis-regel dazukommt, nämlich, ob jemand „... zur deutschen Volksgruppe gerechnet wurde". Von wem? In welchem Ausmaß? Wie verhält es sich mit schwebendem Volkstum? Es liegt auf der Hand, daß kein Gesetzgeber für den einzelnen Fall darüber etwas festlegen kann und konnte, so daß die Praxis den Weg beschritten hat, diese Frage jeweils durch die Judikatur klären zu lasen. Diese ging und geht wohl notwendigerweise nicht vom reinen Bekenntnis aus, sondern verlangt dazu objektive Merkmale und entsprechende Beweise.

3. Das deutsche Volk nach der Präambel zum GG und in Art. 1 GG

Auch die Präambel zum GG ist, unabhängig davon, ob sie nun unmittelbar anzuwendendes Verfassungsrecht ist oder nicht, jedenfalls Teil des Textes eines Gesetzes, hat also juristischen Charakter. Nach der Präambel hat „das Deutsche Volk in den Ländern Baden, Bayern . . . dieses Grundgesetz beschlossen". „Es hat auch für jene Deutschen gehandelt, denen mitzuwirken versagt war". „Das gesamte Deutsche Volk bleibt aufgefordert, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden."

Es fällt auf, daß hier wie auch sonst im GG — wir erwähnten dies bereits — mit Ausnahme von Art. 116, der ja von einem ethnosoziologischen bzw. rein ethnischen deutschen Volksbegriff ausgeht, bzw. Art. 146, konsequent geschrieben wird „das Deutsche Volk" mit großem Anfangsbuchstaben. Falls diese Großschreibung nicht etwa ad pompam vel vom ostentationem Parlamentarischen Rat gewählt wurde, worüber heute wohl niemand mehr eine authentische Auskunft geben kann muß diese Schreibweise doch eine (verfassungs) rechtliche Bedeutung haben. Diese kann nur darin erblickt werden, daß der Begriff „deutsches Volk" zu einem Rechtsbegriff verdichtet werden sollte. Das kann nur den Sinn haben, daß nicht das deutsche Volk im ethnischen Sinne als Souverän der vom GG umgriffenen politischen Gemeinschaft gemeint war, denn das wäre angesichts der dargestellten Ausklammerung aller Teile und Gruppen des deutschen Volkes außerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. 12. 1937 (sie steht in Art. 116 GG in etwa erwähnt und wird, in Verbindung mit Art. 2 d der „Berliner Erklärung" vom 5. 6. 1945 auch als dem Potsdamer Abkommen vom 2. 8. 1945 zugrunde liegend angenommen) undenkbar. Mit der erst spät von der Bundesrepublik Deutschland in Gesetzesform anerkannten Nichtigkeit des Anschlusses Österreichs an das Deutsche Reich sind wohl auch die letzten Zweifel behoben, daß auch das deutsche Volk in Österreich nicht dem Deutschen Volk als Rechtsbegriff im Sinne des GG zugehört. Dasselbe gilt auch von dem deutschen Volk in und aus den sudetendeutschen (nicht auch: slowakeideutschen, da die Slowakei ja mit Ausnahme von Theben/Devin und Engerau/Petrzalka nicht dem Deutschen Reich eingegliedert worden ist) Gebieten, soweit es auch nach der umfassenden Austreibung zufolge des Potsdamer Abkommens dort verblieben ist. Im übrigen gehören die Sudetendeutschen zu den Deutschen nach Art. 116GG. über ihre Staatsangehörigkeitsfragen nicht Sie bilde kann hier gesprochen werden. -ten im Herbst 1972 Gegenstand eines Rechtsgutachtens von Fritz Wittmann, MdB, das aber noch nicht gedruckt veröffentlicht ist.

In Art. 1 GG bekennt sich das „Deutsche Volk" zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

Das GG wiederholt mit dieser Schreibweise nur, was bereits in der Reichsverfassung von 1871 und später in der Weimarer Verfassung geschrieben stand. Auch das deutet darauf hin, daß es sich um einen Rechtsbegriff handelt, der vom ethnischen oder gar volkswissenschaftlichen (ethnosoziologischen) Volksbegriff losgelöst ist, denn die kleindeutsche Auffassung Bismarcks und der Reichs-gründer von 1871 schließt jeden Gedanken an ein deutsches ethnisches Volk aus, das über die Reichsgrenzen hinausgreift Ob dabei unter „deutsches Volk" nur die ethnisch dem deutschen Volk angehörigen deutschen Staats-(Reichs-) Angehörigen gemeint sind oder auch die deutschen Staatsangehörigen anderer Volks-und Sprachangehörigkeit, so wird man nur auf die Staatsangehörigkeit abzustellen haben, so daß Angehörige nationaler Minderheiten deutscher Staatsangehörigkeit auch zum „Deutschen Volk" gehören, dies einschließlich der rassischen Minderheiten

Andererseits handelte es sich sogar bei der Weimarer Republik gezielt um einen deutschen Nationalstaat, dem nicht einmal Minderheitenschutzvorschriften auferlegt wurden Es handelt sich daher in allen drei Verfassungen, also auch derjenigen der Bundesrepublik Deutschland, um solche, die dem in dem Staat (Deutsches Reich, BRD) lebenden Teil des deutschen Volkes (ethnie) den Rechtscharakter des staatstragenden, staatsführenden Volkes einräumen, wobei aber im GG über den in der Bundesrepublik lebenden Teil des deutschen Volkes mit voller Absicht hinausgegriffen wird auf das „gesamte deutsche Volk" (Präambel), worunter nur und ausschließlich das deutsche Volk (mit den Deszendenten) im Gebiete des Deutschen Reiches in den Grenzen des 31. Dezember 1937 verstanden werden kann. Das schließt die deutschen Volksgruppen aus, die erst nach diesem Zeitpunkt durch — im übrigen teilweise völkerrechtswidrige und erst recht verfassungswidrige — Annexionen in das Deutsche Reich einbezogen worden sind, wie z. B. Danzig oder die durch die Ausübung ihres Selbstbestimmungsrechtes wie-der daraus ausgeschieden sind wie Österreich oder die als Ergebnis einer communis opinio ihm nicht mehr angehören können wie z. B. die sudetendeutschen Gebiete (obwohl das Münchner Abkommen gültig zustande gekommen ist und sich völkerrechtlich — staats-und verfassungsrechtlich ist die Lage vielleicht anders — nur eine Aufhebung ex nunc rechtfertigen läßt).

Der Begriff „deutsches Volk" ist daher heute für die Bundesrepublik Deutschland identisch mit den Deutschen in und aus dem Reichsgebiet nach dem Stande vom 31. Dezember 1937, ohne Rücksicht darauf, ob diese deutschen Staatsangehörigen deutscher Volkszugehörigkeit bzw. ihre Abkömmlinge heute noch auf dem Territorium dieses Reichsgebietes leben oder überhaupt leben können und dürfen. Das „Deutsche Volk in den Ländern Baden, Bayern, Bremen ..." (also im Gebiete der Bundesrepublik), welches nach der Präambel zum GG dieses beschlossen hat, hat nach derselben Präambel für die übrigen Deutschen gehandelt, welchen „mitzuwirken versagt war".

4. DDR und deutsches Volk

Wir haben bisher nur die Frage nach dem Rechtsbegriff „deutsches Volk" gemäß dem bundesdeutschen (Verfassungs-) Recht in Verbindung mit den ethnopolitischen und ethnosoziologischen Gegebenheiten zu beantworten versucht.

Wenn man von der Beurteilung der Frage, was die deutsche Nation und was schließlich „Deutschland" sei, absieht, die weiter unten beantwortet werden soll, muß auch noch die Verfassungswirklichkeit der DDR beurteilt werden. Gibt es auch in und für die DDR ein deutsches Volk als Rechtsbegriff?

Daß die Staatsangehörigen der DDR, soweit sie nicht einer nationalen Minderheit oder Volksgruppe angehören — als solche kommt 117 nur die sorbische Volksgruppe in Betracht, die in vorbildlicher Weise als solche in ihrer Entfaltung gefördert und gegen Assimilierung weitestgehend geschützt ist (obwohl sich die Assimilierung offenbar nicht aufhalten läßt) —, dem deutschen Volke (ethnie) genau so angehören wie diejenigen in der Bundesrepublik Deutschland (und in West-Berlin) oder die österreichischen Deutschen, die Südtiroler die Eupener, die Wolgadeutschen in Kasachstan usw., dürfte kaum einmal bestritten worden sein. Gerät eine solche Frage ins Zwielicht politischer Auseinandersetzungen, so wird nicht selten von einer Gruppe im Volk gesagt, sie repräsentiere die echten oder die besseren Deutschen, wie das im Österreich des Ständestaates 1933— 1938 offiziell gesagt wurde. In der Präambel der ersten DDR-Verfassung heißt es ähnlich wie im GG der Bundesrepublik Deutschland . hat sich das deutsche Volk diese Verfassung gegeben" („deutsche" klein geschrieben).

Auch nach dieser Verfassung ist unter „deutschem Volk", obwohl kein Hinweis auf die Volksdeutschen analog zu Art. 116 GG darin vorkommt, offenbar ein Rechtsbegriff verstanden, der aber auf dem ethnischen Begriff fußt. In der neuen Verfassung vom 6. April 1968 wird nicht mehr von einem deutschen Volk gesprochen, sondern von „der ganzen deutschen Nation" bzw. von einem Staat „deutscher Nation". „Volk" kommt nur noch als Summe der Staatsbürger vor („... hat sich das Volk der Deutschen Demokratischen Republik ... diese sozialistische Verfassung gegeben"). Darauf deutet auch die Bezeichnung „Volkskammer" (Art. 48 ff.) hin. Hingegen kann aus dem neuen Gesetz über die Staatsbürgerschaft der DDR auf die Frage nach dem deutschen Volk nichts geschlossen werden, insoweit Volk eben ethnisch verstanden wird.

Im übrigen wird selbst nach Abschluß und Ratifikation der Ostverträge in der bundesdeutschen Judikatur und Lehre an dem Fortbestehen einer einheitlichen deutschen Staatsangehörigkeit festgehalten und denselben Standpunkt nehmen auch Verwaltungsgerichte und andere Instanzen in anderen Staaten ein. Aus dem umfangreichen amtlichen Kommentar zur neuen DDR-Verfassung ist zur Frage nach dem deutschen Volk nichts zu entnehmen, da dort stets nur vom „Volk der DDR", also an sich keinem ethnisch bestimmten Begriff, die Rede ist Selbst wenn man die DDR-Verfassung als auch für die Bundesrepublik Deutschland maßgeblich ansehen wollte, würde sich daraus nichts ergeben, was aus „deutsches Volk" einen Rechtsbegriff werden lassen könnte, wie dies nach dem GG der Fall ist.

V. Die deutsche Nation

Während in der Verfassung der DDR an vielen Stellen von der deutschen Nation die Rede ist, ist dies im GG nicht der Fall. Berücksichtigt man, daß in der DDR-Verfassung vom 7. Oktober 1949, und zwar auch in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 12. September 1960, — ein früheres Änderungsgesetz vom 8. Dezember 1958 hatte die sehr entscheidende Beseitigung der Länder bzw.der Länderkammern gebracht — nur das Wort „deutsches Volk" vorkommt, so etwa in der Bestimmung des Art. 51, wonach die Volkskammer aus den Abgeordneten des deutschen Volkes besteht, kann in dem durchgehend gebrauchten Ausdruck „deutsche Nation" in der jetzt geltenden Verfassung allenfalls eine Auffassung in der theoretischen Wandlung zum Begriff „deutsche Nation" erblickt werden, die das GG noch nicht durchlaufen konnte, da dieses aus dem Jahre 1949 stammt (keines der zahlreichen Anderungsgesetze hat hieran einen Wandel vollzogen).

Die Frage nach der deutschen Nation wird in letzter Zeit immer mehr gestellt, wobei zugleich auch die Frage nach dem Deutschland-Begriff gestellt wird. Die neuere nicht-deutsche Literatur zum Nationsbegriff wird hierbei meist völlig außer acht gelassen, für gewöhnlich auch die neuere österreichische, belgische, amerikanische Literatur das heißt, daß man in Deutschland (BRD und DDR) es sich angewöhnt hat, von Nation — gemeint: von der deutschen Nation — zu sprechen, ohne sich hinreichend theoretisch über den Nationsbegriff klar zu sein oder, wenn man sich darüber klar ist, in diesen Begriff bestimmte Zielvorstellungen rein politischer Art einzubauen und dann bei den Adressaten solcher Slogans die Hinnahme derartiger Sprachregelungen vor-auszusetzen oder herbeizuführen. Daß dies für den kommunistischen, d. h. marxistisch-lenini-stischen Herrschaftsbereich geschieht, kann nicht verwundern, und über ausgesprochene Sprachmanipulationen weiß die Politikwissenschaft genügend Kenntnisse zu vermitteln

Aber auch in der Bundesrepublik wird sehr viel von deutscher Nation proklamiert und geschrieben, ohne daß — offenbar — hinreichend Klarheit darüber besteht, was man heute darunter zu verstehen hat. Vor allem ist hier zu nennen Punkt 1 der 20 Punkte, die Bundeskanzler . Willy Brandt am 21. Mai 1970 vormittags in Kassel in den „Grundsätzlichen Ausführungen" über die Regelung gleichberechtigter Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik gemacht hat Dort ist von der Vorbereitung des später „Grundvertrag" genannten Vertrages über die Regelung gleichberechtigter Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik die Rede mit dem Hinweis, daß beide Staaten in ihren Verfassungen „auf die Einheit der Nation" ausgerichtet seien. Während die Präambel zum GG nur die Deutung zuläßt, daß es sich hier um die deutsche Nation, also einen Rechtsbegriff, handelt, gilt von der DDR-Verfassung tatsächlich, daß sie eine staatliche Verwirklichung der deutschen Nation zum Ziel hat. Die Schaffung einer eigenen DDR-Staats-bürgerschaft ändert daran nichts Vielmehr gilt noch immer das „Nationale Dokument" mit der Rede des Vorsitzenden des Staatsrates, Walter Ulbricht, wo erstmals in einer grundsätzlichen Festlegung neben den Interessen des „deutschen Volkes" (unter I „Es geht um den Frieden und die Rettung der Nation") von der deutschen Nation die Rede ist und es im Vorspruch des Staatsrates zu dem Dokument (das offiziell lautet: „Die geschichtliche Aufgabe der Deutschen Demokratischen Republik und die Zukunft Deutschlands") heißt, es handle sich um einen Beschluß des Nationalkongresses betreffend das nationale Kampfprogramm des ganzen deutschen Volkes. Und in der Ulbricht-Rede auf diesem Nationalkongreß dazu wird eine nationalstaatliche deutsche Politik gefordert; Adenauer, Erler und Brandt hätten mit ihrer NATO-Politik die Spaltung Deutschlands erreicht Immer mehr wird seit der Unterzeichnung der Ost-verträge in völkerrechtlichen Darstellungen der kommunistischen Staaten von der deutschen Nation gesprochen, die freilich nicht von der Bundesrepublik (im Sinne der einstigen Hallstein-Doktrin) repräsentiert werde, sondern durch die DDR Und wo die Souveränität der DDR ganz besonders herausgestellt wird, vor allem bei deren Bemühen um Aufnahme in die UNO handelt es sich nur um eine vorübergehende Anerkennung der Souveränität auch der Bundesrepublik Deutschland für die ebenso vorübergehende Dauer der Koexistenz bzw.des Völkerrechts der Koexistenz, zumal ja nach marxistisch-leninistischem Völkerrecht die staatliche Souveränität einen anderen Inhalt hat als nach „westlichem" Völker-recht, nämlich einen Klasseninhalt So ist es zu verstehen, daß in einer Art Umkehr der Hallstein-Doktrin heute die DDR die Auffassung entwickelt, der Wiedervereinigungsanspruch — wobei die Wiedervereinigung aber zufolge des Görlitzer Vertrages die Oder-Neiße-Gebiete ausgeklammert läßt — führe zum Alleinvertretungsanspruch der DDR bzw. ihrer Regierung, so daß die (Wieder-) Vereinigung der „ganzen deutschen Nation" die Einrichtung des sozialistischen Staates der Bauern und Arbeiter auch auf dem Gebiete der heutigen Bundesrepublik Deutschland voraussetzt. Eine Wiedervereinigung im Sinne des GG scheidet aus.

Helmut Rumpi hat in einer grundlegenden Studie, die viel zu wenig bekannt ist die Frage nach dem Begriff der „deutschen Nation" gestellt, wobei er auch die (west) deut-sehen Gegenstimmen gegen den Bestand oder Fortbestand einer deutschen Nation untersucht und — wie der Verfasser — davon ausgeht, daß Nation nicht mit Staat identifiziert werden kann. Er untersucht dabei den Zersetzungsprozeß des deutschen Nationalbewußtseins seit 1945 Dieser Zersetzungsprozeß hat den Verfasser sogar zu der freilich überspitzten Formulierung geführt, daß es. heute eine deutsche Nation überhaupt nicht (mehr) gebe

Wenn nämlich das deutsche Volk als solches nicht mehr nach dem eigenen Staat strebt, sei es dem Nationalstaat, sei es dem Staat, in welchem es seine ethnischen Anlagen verwirklichen bzw. wenn diese Verwirkli kann es -chung im polyethnischen (multinationalen) Staat findet wie in der Schweiz oder in einem zufolge Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes errichteten und bejahten „zweiten" deutschen Staat (Österreich, Liechtenstein), dann kann von einer deutschen Nation nicht mehr in jenem Sinne gesprochen werden, wie es dem hier entwickelten Nationsbegriff entspricht. Daran kann auch die „Gemeinsame Erklärung" der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP im Deutschen Bundestag vom 10. Mai 1972 nichts ändern, wo es in Punkt 3 heißt: „Das unveräußerliche Recht auf Selbstbestimmung wird durch die Verträge nicht berührt." Menzel hat mit Recht gesagt daß die gemeinsame Entschließung nicht im BGBl, veröffentlicht und „daher" — dieses „daher" ist ein Fehlschluß, denn auch eine solche Veröffentlichung würde daraus kein völkerrechtlich relevantes Instrument machen, wenn sie vom Vertragspartner nicht zustimmend (nach Notifikation) zur Kenntnis genommen worden ist — nicht Bestandteil des VertragsWerkes ist. Erst recht ist der „Brief zur deutschen Einheit" vom 12. August 1970 nicht Vertragsinhalt

Gibt es also keine deutsche Nation? Die Frage stellen, heißt sie dennoch zugleich verneinen. Man muß nur dahin kommen, zu erkennen, daß sich auch das juristische Bild der deutschen Nation als Folge des Zweiten Weltkrieges verändert hat, indem eine Art Schrumpfung des Umfanges eingetreten ist. Es bedarf keiner Erklärung mehr, daß die österreichischen Deutschen und damit Österreich selbst, das im übrigen nach dem Zweiten Weltkrieg ja keineswegs wie von selbst wieder in den Grenzen vom 31. Dezember 1937 entstanden ist aus dem Bereich der deut-sehen Nation, dem sie einst zugehörten (die Anschluß-Bewegung war nichts als ein Ausdruck dieser Zugehörigkeit), ausgeschieden sind, sofern man unsere oben gegebene Definition der Nation akzeptiert. Selbst die FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs), die am längsten an einer solchen Idee festhielt, hat nach und nach ihr Parteiprogramm geändert und ist sogar von der früher bekannten deutschen Volks-und Kulturgemeinschaft abgerückt 144). Darüber hinaus hat das deutsche Nationalstaatsdenken allein schon durch die starke Einbuße der deutschen Sprache als Folge des Zweiten Weltkrieges einen entscheidenden Stoß erlitten und überdies sind die meisten Gebiete deutschen Siedlungsbodens in Ost-mitteleuropa zufolge von — selbst nach der Meinung von angesehenen Autoren die die Anerkennung des endgültigen Verzichts auf den deutschen Osten als völkerrechtsgemäß ansehen — völkerrechtswidrig gewesenen Massenzwangswanderungen und Austreibungen der deutschen Volks-und/oder Staatsangehörigen als Territorien der deutschen Nation weggefallen. Schon Hitler begann mit diesen Zwangsumsiedlungen Deutscher aus ihren angestammten Heimatgebieten. Das kann aber nur besagen, daß heute der räumlichen Ausdehnung der deutschen Nation weit engere Grenzen gezogen sind als vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges und daß die Verengung eben mit eine Folge des Krieges ist, wie es sich wohl aus den Peripetien weltpolitischer Geschehnisse zwangsläufig ergibt. Die israelische Nation, an deren Existenz gewiß niemand zweifeln wird, hat sich umgekehrt durch ihre militärischen Erfolge gegenüber den arabischen Staaten territorial ausgedehnt

Da die Existenz einer Nation, also eines Volkes mit politischer Zielsetzung in Richtung auf (den) Staat, nicht vom Territorium abhängt, auf welchem es lebt oder etwa staatlich organisiert ist, ebensowenig aber auch davon, ob und in welchem Ausmaß an der Macht befindliche politische Führer die Nation bejahen oder verneinen, sondern vielmehr davon, ob und in welchem Maße der Kern des Volkes sich selbst auch als Nation bejaht, ist nur zu fragen, ob und in welchem Ausmaß in „Deutschland" — hier sei der noch zu erklärende Rechtsbegriff vorweggenommen — das deutsche Volk auch die deutsche Nation und damit den deutschen Staat bejaht und ob und inwieweit sich dafür auch juristische Grundlagen geben lassen.

Trotz des erwähnten „Substanzverlustes des Nationalen" in der Bundesrepublik Deutschland — in der DDR kann davon kaum gesprochen werden, zumal dort vielfach ein geradezu extremer, an die Zeiten zwischen 1933 und 1945 erinnernder Nationalismus verherrlicht und auch verwirklicht wird, insbesondere im Bereich des Militärischen — wird man nicht sagen können, daß die deutsche Nation keine politische und auch juristische Realität wäre. Sie wird nicht nur in den Erklärungen der gewählten Repräsentanten des bundesdeutschen Wahlvolkes, auch seit den Ostverträgen, konsequent als Grundlage der gesamten Außen-und Innenpolitik angesehen. Auch der Verkehrsvertrag zwischen der Bundesrepublik und der DDR beweist dies, denn außerhalb einer sowohl die Bundesrepublik wie die DDR (und Berlin) umfassenden deutschen Nation wäre ein solcher Vertrag in dieser Form nicht notwendig gewesen auch wenn es sich nur um einen Transitvertrag handelt.

Die Reden des Bundeskanzlers „über die Lage der Nation" beziehen sich ganz gewiß nicht nur auf die Lage der bundesdeutschen Staats-nation, sondern auf das deutsche Volk als Nation. Man kommt auf Grund der konkreten Auslegung des GG ebenso wie auf Grund des Nationsbegriffes in der DDR-Verfassung so-mit zum Ergebnis, daß unter „deutsche Nation“ juristisch auf jeden Fall das deutsche Volk in der Bundesrepublik Deutschland, in der DDR und in Berlin zu verstehen ist, gleichgültig wie die völkerrechtliche Lage ist, die ja auch hinsichtlich Berlins zufolge des Besatzungsstatus und nach dem neuen Viermächte-Abkommen über Berlin sich wesentlich von jener der Bundesrepublik und der DDR unterscheidet Deutsche Nation ist also kein Begriff, der sich nur auf das Deutsche Volk laut Grundgesetz, etwa auf das von diesem umgriffene deutsche Volk im Territorium der BRD, oder nur auf das deutsche Volk auf dem Boden der DDR (in beiden zuzüglich West-bzw. Ost-Berlins) erstreckt. Es kann sich nur um die deutschen Staatsangehörigen deutscher Volkszugehörigkeit in beiden Staaten handeln.

Der Rechtsbegriff der deutschen Nation ist vor allem deshalb in dieser Ausdehnung, ohne Rücksicht auf das Territorium, gegeben, weil die deutsche Nation wie jede andere ein Recht auf Selbstbestimmung hat. Das Recht auf Selbstbestimmung steht selbstverständlich nicht Staaten oder Staatsnationen zu, da es seiner Natur nach gegen den Staat gerichtet ist, sofern dieser Staat nicht der eigene (National-) Staat des selbstbestimmungsberechtigten Volkes ist. Demgemäß heißt es in Art. 1 der beiden Menschenrechtspakte der UN „All peoples have the right of self-determination. By virtue of that right they freely determine their political Status and freely pursue their economic, social and cultural development." Das Schwergewicht bei diesen Welt-pakten, die freilich mangels hinreichender Zahl an Ratifizierungen noch nicht in Kraft getreten sind, liegt auf .der Entscheidung „in Freiheit" (freely) über den politischen Status. Die einst bestandene Meinung, daß das Recht auf Selbstbestimmung nur den Kolonialvölkern zustehe (salt water theory, d. h. daß nur Völker jenseits des Salzwassers ein solches Recht hätten, das ursprünglich nur diesen zuerkannt worden war ist heute überholt, nicht zuletzt durch die Einräumung des Selbstbestimmungsrechts mittels Plebiszits an Gibraltar und im Berner Jura Also hat auch das deutsche Volk — ethnisch gesehen — das Recht auf Selbstbestimmung, die dort, wo dieses Recht nicht, wie in Minderheitengebieten, durch die verschiedenen Formen der Autonomie verwirklicht werden kann, auf die Erhebung zur Nation, also auf den frei gewählten politischen Status hinausläuft. Man kann die Frage stellen, ob das Recht auf Selbstbestimmung heute bereits eine allgemein anerkannte Regel des Völkerrechts ist oder nur ein politisches Prinzip (principle) oder eine Völkerrechtsnorm in statu nascendi. Uber diese Frage gibt es tiefschürfende Studien Es kann kaum überzeugen, wenn bundesdeutsche Autoren wie R. Quist dem deutschen Volk ein Recht auf Selbstbestimmung aberkennen wollen, jedenfalls dem deutschen Volk in der DDR denn wenn das Recht auf Selbstbestimmung auch die Bestimmung des eigenen politischen Status mit umfaßt, kann von der Gewährung dieses Rechtes nicht die Rede sein, wo dem Volk eine solche Bestimmung nicht zugestanden wird, vielmehr ein fremdes Volk oder ein fremder Staat über den politischen Status eines Volkes bestimmt. Das ist aber im Bereich des Ostblocks der Fall, nicht nur hinsichtlich des deutschen Volkes in der DDR, sondern auch hinsichtlich aller sozialistischen Staaten gemäß der im Westen so genannten, im Osten allerdings als nicht vorhanden bestrittenen Breschnew-Doktrin Nach dem „Brief zur deutschen Einheit" ist es auch für die Zukunft das Ziel der deutschen Bundesregierung und der BRD, „auf einen Zustand des Friedens in Europa hinzuwirken, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangt". Unter „das deutsche Volk" ist offenkundig die deutsche Nation gemeint. So unverbindlich und praktisch sinnentleert solche Formulierungen auch sind, so zeigen sie doch das von Überzeugung getragene Ringen um das Selbstbestimmungsrecht der deutschen Nation.

Da in aller Regel Selbstbestimmung von Völkern nur durch ein „in Freiheit", womöglich unter neutraler Kontrolle durchgeführtes Plebiszit ausgeübt wird, kann von der Gewährung eines solchen Rechtes an die Deutschen in der DDR bisher trotz Volkskammerwahlen nicht die Rede sein. Ob und inwieweit durch Erscheinungen einer kapitalistischen Staats-und Gesellschaftsordnung Inhalte des Selbstbestimmungsrechtes auch in der Bundesrepublik Deutschland nicht gegeben sind, wie die DDR-Lehre (vor allem Arzinger) behauptet, braucht hier deshalb nicht untersucht zu werden, weil jedenfalls die Staats-und Regierungsform in der Bundesrepublik vom Volk (demos) in Freiheit durch Abstimmung bejaht wird und es sich sogar um ein „plebiscite de tous les jours" handelt. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker gewährt also, insoweit es eine Völkerrechtsnorm darstellt, was wir bejahen, dem deutschen Volk in der DDR auch das Recht, mit dem deutschen Volk in der Bundesrepublik Deutschland zusammen eine „gesamte" deutsche Nation zu sein, also in einem Staat zu leben.

VI. Deutschland als Rechtsbegriff

Wenn die deutsche Nation einen Rechtsanspruch darauf hat, in ihrem Staat zu leben und sich staatlich zu organisieren, so ergibt sich als letzte und wohl am schwersten zu lösende Frage, was für ein Staat das sein kann, ob dieser Staat „Deutschland" ist oder heißen soll, ja, was überhaupt unter „Deutschland" zu verstehen ist. „Deutschland — was ist das eigentlich?" fragen die angesehenen „Bücherkommentare" im Zusammenhang mit zwei Neuerscheinungen zum Thema. Sie zu beantworten, ist auf verschiedenen Ebenen möglich. ja auf der Suche nach einem Rechtsbegriff sind. Immer wieder unternehmen aber Politiker oder politisch orientierte Geographen auf dem Umweg über die Geographie den Versuch, die Geographie vor den politischen Karren zu spannen. Das versucht z. B. Melik hinsichtlich des geographischen Begriffes „Slowenien" oder geschah mit der Einführung des Begriffes der „Catena Mediana" (AlpenHauptkette) als der geographischen — gemeint aber als Zielsetzung auch: politischen — Grenze Italiens Was „Deutschland" geographisch ist, müssen die Geographen beurteilen. Offenbar hat man früher weithin dar-

1. „Deutschland" als geographischer Begriff

Selbstverständlich kann hier ein rein geographischer Begriff nicht interessieren, da wir unter auch Gebiete verstanden, die staatlich nicht zum Deutschen Reich (ab 1871) gehörten, denn im Deutschland-Lied heißt es doch,, Von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt", was als ein geographisch und ethnisch begründetes politisches Programm gelten mochte. Schon Goethe schrieb 1796 „ „Deutschland’ — aber wo liegt es? Ich weiß das Land nicht zu finden." In der Vergangenheit wie auch heute kann man jedoch allenfalls die jeweilige Siedlungsgrenze des deutschen Volkes, dieses ethnisch gesehen, lokalisieren und beschreiben wenn sie auch im übrigen überall zum Nachteil des deutschen Siedlungsbodens zurückgegangen ist, was keineswegs immer auf militärisch-politischen Ereignissen beruht So hat sich der geographische Begriff „Deutschland" nie so recht abgrenzen lassen.

Es ist dabei auch das Phänomen festzustellen, daß sich der geographische Deutschland-Begriff immer wieder und immer mehr eingeengt hat und heute, im Unterschied zu einer noch gar nicht lange vergangenen Zeit, wohl niemand mehr die Schweiz, Österreich, das Elsaß und Liechtenstein zu „Deutschland“ rechnen wird, auch nicht geographisch. Es gab eine Zeit, da wäre die Einengung des geographischen Deutschland-Begriffes durch den rheinischen Separatismus durchaus nicht völlig ausgeschlossen gewesen, worüber eine neue Studie interessante Aufschlüsse gibt

Und hinsichtlich des Saarlandes, das heute zum Deutschland des GG gehört, bestand durchaus die Möglichkeit, daß es auch geographisch nicht mehr zu Deutschland gerechnet würde Ja, heute ist es jedenfalls in weiten Bereichen der an die Bundesrepublik Deutschland angrenzenden Staaten üblich geworden, nur die Bundesrepublik einschließlich Westberlin in Gespräch und Journalistik als „Deutschland" zu bezeichnen, und daß Ostdeutschland, also die Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937, die jenseits der Oder-Neiße-Linie liegen, geographisch zu „Deutschland" gehört, ist außerhalb der Bundesrepublik noch kaum jemandem bewußt; unter „Ostdeutschland" bezeichnet man im politischen und geographischen Jargon und auch z. B. im Österreichischen Rundfunk die DDR.

2. „Deutschland" als völkerrechtlicher Begriff

Auf einigermaßen gesichertem Boden bewegt man sich hingegen, wenn man den völkerrechtlichen Deutschland-Begriff untersucht. Ein Völkerrechtssubjekt mit dem offiziellen Namen „Deutschland" hat es nie gegeben, jedoch gab es die auch völkerrechtlich gängige Bezeichnung „Deutschland" für den deutschen Staat, sei dieser eine bloße Staatenverbindung gewesen wie z. B.der Deutsche Bund und schon vor ihm das Heilige Römische Reich deutscher Nation („deutscher Nation" war ein Zusatz seit dem 15. Jahrhundert) in bezug auf das (von Hugehnann hinreichend erforschte) Phänomen „Deutsches Königreich"

Dieses Deutschland war das Deutsche Reich in den Grenzen vom 31. Dezember 1937, wobei es selbstverständlich durch einen Friedensvertrag, den es bis heute nicht gibt, um Gebiete verkleinert werden kann, die 1937 zum Territorium Deutschlands gehört haben. Es kann auch kaum einem Zweifel unterliegen, daß es in einem solchen Friedensvertrag tatsächlich um solche Gebiete verkleinert werden wird, und es hieße wohl, die Realitäten völlig verkennen, nähme man eine solche völkerrechtliche Neuregelung der deutschen Grenzen nicht als wahrscheinlich an. Hierbei geht es selbstredend nur um die sog.deutschen Ostgebiete, etwas unsystematisch auch Oder-Neiße-Gebiete genannt, die gemäß dem „Bericht über die Dreimächtekonferenz in Berlin" vom 2. August 1945 (auch „Potsdamer Abkommen" genannt) unter polnische bzw. sowjetische Verwaltung gestellt wurden. Man wird auch in der Annahme kaum fehl gehen, daß die sog. Ostverträge vom Jahre 1970 die die Bundesrepublik Deutschland mit Polen und mit der Sowjetunion geschlossen hat und die ratifiziert worden sind, der Anerkennung dieser faktischen Verhältnisse dienen sollen, ohne formell daraus völkerrechtlich relevante Tatbestände werden zu lassen. Tatsächlich kann weder die „normative Kraft des Faktischen", noch die Effektivität im Völkerrecht gegen geltendes Recht aus Unrecht Recht (im Sinne der zuteilenden Gerechtigkeit: iustitia distributiva) schaffen

Tatsächlich besteht das Deutsche Reich als Völkerrechtssubjekt unverändert weiter, und zwar auch nach den Ostverträgen, die ja mit keinem Wort etwa an die Stelle des verheißenen Friedensvertrages mit und über „Deutschland" getreten sind oder nach den dazu abgegebenen Erklärungen des bundesdeutschen Vertragspartners treten sollten. Die nicht selten geäußerte Meinung, daß das Potsdamer Abkommen, das ja nur eine vorbereitende oder provisorische Zwischenregelung „bis zur endgültigen Regelung der Gebietsfragen beim Friedensschluß" (P. VI, Abs. 1) bzw. für die Dauer der „Vorbereitung eines Friedensvertrages mit Deutschland" (P. II Abs. 2 3 I) bedeutet, durch die Ostverträge abgelöst sei kann aus völkerrechtlichen Erwägungen insoweit und solange nicht anerkannt werden, als man sich nicht auf den Standpunkt stellt, das Deutsche Reich sei durch debellatio untergegangen. Derartige Meinungen sind zwar vereinzelt vernehmlich gewesen, in ernst zu nehmender Weise aber nur in einem Lehrbuch des englischen Völkerrechtlers Schwarzenberger Die Mehrheit der deutschen Völkerrechtler, aber auch der Völkerrechtler außerhalb der Bundesrepublik, bejaht den Fortbestand des Deutschen Reiches als Völkerrechtssubjekt über das Kriegsende und über Potsdam hinaus Hierbei können für den Gegenstand dieser Studie die verschiedenen Theorien darüber, was nun angesichts dieses Fortbestandes des Deutschen Reiches als Völkerrechtssubjekt dann die Bundesrepublik Deutschland für eine Rechtsstellung habe, wie z. B. die Kontinuitätstheorie, die Dachtheorie, die Kernstaatstheorie, die Staats-kern-Lehre, die Identitätstheorie(n) oder die Teilordnungslehre außer Betracht bleiben.

Sie können nichts daran ändern, daß das Potsdamer Abkommen unverändert Geltung hat, auch wenn es, da „Deutschland" daran nicht beteiligt war (inter alios pactum), für „Deutschland" nicht völkerrechtlich bindend ist, und also „Deutschland", dem sogar ein ganzer Abschnitt mit der Überschrift „Deutschland" gewidmet ist, fortbesteht. Demgemäß hat z. B. Österreich in seiner Gesetzgebung und Rechtsprechung (die sich durchwegs nur unter dem Gesichtspunkt des sog.deutschen Eigentums mit dieser Frage zu befassen hatte, außerdem hinsichtlich der Dienstrechtsstellung öffentlich-rechtlicher Bediensteter) das Deutsche Reich bis heute als fortbestehend betrachtet, und selbst Prozesse sind in großer Zahl gegen das Deutsche Reich, vertreten durch einen Kurator, geführt worden

Es hieße, die Realitäten verkennen, wollte man aus dem völkerrechtlichen Fortbestand des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 (Pesch betrachtet unbegreiflicherweise einen solchen Fortbestand in den Grenzen vom 7. Mai 1945 für gegeben an, was der communis opinio der Völkerrechtsgemeinschaft ebenso widerspricht wie dem klaren Wortlaut des Potsdamer Abkommens) den Schluß ziehen, daß damit tatsächlich seine Grenzen von 1937 gewissermaßen durch die drei bzw. (später, nach dem völkerrechtlich sehr fragwürdigen und umstrittenen Beitritt Frankreichs) vier Mächte anerkannt und garantiert seien. Hinsichtlich der Grenzen läßt sich viel eher das Gegenteil aus dem Abkommen entnehmen, wobei Potsdam nicht etwa einen Ersatzfrieden bedeutete Unter den vielen Ost-West-Vorurteilen figuriert auch jenes, daß wegen des Wortlautes des Potsdamer Abkommens Deutschland in den Grenzen von 1937 wieder herzustellen sei Nur nationalistische Verblendung kann heute noch ein solches Deutschland als Leitbild oder sogar unumstößlichen juristischen Tatbestand ansteuern Das besagt nicht, daß für die Wandlung dieses völkerrechtlichen Sachverhalts Rechtspositionen aufgegeben werden müssen, die zum Deutschland-Begriff nach dem Völkerrecht gehören. Ein gutes Beispiel bietet hierfür wohl die völkerrechtliche Stellung der Zone B des freien Territoriums Triest (T. L. T.), die durch das Londoner Memorandum von 1954 unter jugoslawische Verwaltung gestellt ist und gewiß nie mehr — kriegerische und andere Umsturzentwicklungen ausgenommen — zu Italien zurückkommen wird, aber völkerrechtlich zum Völkerrechtssubjekt „Italien" gehört Warum sollte man hinsichtlich des Deutschen Reiches, welches die Mächte in Potsdam als „Deutschland" ansahen und bezeichneten, womit sie einen völkerrechtlichen Sachverhalt bestätigten, anders vorgehen?

Es ist die Frage aufzuwerfen, ob durch die Ostverträge und den „Grundvertrag" dieser völkerrechtliche Deutschland-Begriff eine Änderung erfahren hat. Dazu ist von Verfechtern wie Gegnern der Ostverträge viel gesagt und geschrieben worden Ein Blick in die Ost-verträge selbst zeigt aber, daß dem nicht so sein kann. Art. 4 des Moskauer Vertrages lautet: „Dieser Vertrag ... berührt nicht die von ihnen früher abgeschlossenen zweiseitigen oder mehrseitigen Verträge und Vereinbarungen", und Art. 4 des Warschauer Vertrages:

„Dieser Vertrag berührt nicht die von den Parteien früher geschlossenen oder sie betreffenden zweiseitigen oder mehrseitigen internationalen Vereinbarungen". Der Warschauer Vertrag schließt eindeutig das Potsdamer Abkommen mit ein durch die Worte „ . . . oder sie betreffenden . ..", die im Moskauer Vertrag nicht stehen. Aber zu den von ihnen, also auch von der Bundesrepublik Deutschland früher abgeschlossenen Verträgen gehört auch der Deutschland-Vertrag, der davon ausgeht, daß eine endgültige friedensvertragliche Regelung später erfolgen wird. Im „Grundvertrag" heißt es in Art. 9: „Die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Demokratische Republik stimmen darin überein, daß durch diesen Vertrag die von ihnen früher abgeschlossenen oder sie betreffenden zweiseitigen oder mehrseitigen internationalen Verträge und Vereinbarungen nicht berührt werden." Womit freilich unlösbare Widersprüche entstehen, vor allem zwischen den Ostverträgen und dem „Grundvertrag" einerseits und dem Pariser Vertragswerk andererseits.

Demnach ist völkerrechtlich „Deutschland" ein Rechtsbegriff und bedeutet auch nach Ab-Schluß der Ostverträge, die ja auch dann völkerrechtlich nicht beseitigt werden können, wenn verschiedene Verfassungsbeschwerden in der Bundesrepublik gegen das Zustimmungsgesetz zum Vertragsgesetz an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG.) erfolgreich sein sollten das völkerrechtlich nicht untergegangene Deutsche Reich, jedoch ohne Festlegung eines bestimmten Territoriums (maximal mit dem Territorium nach dem Stande vom 31. Dezember 1937). Wenn durch einen Friedensvertrag mit Deutschland, das hierbei deutscherseits durchaus durch die Bundesrepublik und die DDR repräsentiert sein kann, auf der anderen Seite aber als Vertragspartner alle Staaten oder deren Rechtsnachfolger umfassen muß, mit welchen sich das Deutsche Reich durch formelle Erklärung oder via facti im Kriegszustand befunden hat, das Territorium Deutschlands neu bestimmt wird, kann dafür den Deutschen in den abzutretenden Gebieten als Gegenleistung Minderheitsschutz im Sinne eines modernen Volksgruppenrechtes und Sicherung ihrer Menschenrechte ausbedungen werden. Darin liegt vielleicht die Hauptbedeutung dieses juristischen Deutschland-Begriffes.

3. Das zweigeteilte Deutschland

Verfassungsrechtlich umfaßte der deutsche Nationalstaat — ein Pseudo-Nationalstaat, da er niemals das ganze deutsche Volk umschloß — seit jeher, d. h., seit es kein Reich mehr gibt, nie das ganze deutsche Volk. Nur das deutsche Reich des Mittelalters umschloß, neben anderen Völkern oder Volksteilen das deutsche Volk, obwohl auch damals immer noch Teile davon außerhalb geblieben sind (z. B. Siebenbürger Sachsen). Das Regnum Teutonicum war sowohl ein Reich der Deutschen (mit einem System eines gestuften Gefüges von Abhängigkeiten im Sinne Liermann's) als auch ein ausgewogenes System von Zuordnungen verschiedener Völker zueinander unter einem deutschen Dach Daß es staats-wie völkerrechtlich „Deutschland" war, wurde schon gesagt. Dasselbe gilt vom Deutschen Bund, obgleich diesem bereits weniger Staaten deutscher Bevölkerung angehört haben als dem Regnum Teutonicum. Hingegen war das Bismarcksche Reich trotz der offensichtlichen Bemühungen um eine nationalstaatliche deutsche Einigung zwar verfassungsrechtlich „Deutschland", ließ aber weite Teile dessen, was damals zur deutschen Nation in dem hier entwickelten Sinne gerechnet wurde, außerhalb („kleindeutsche Lösung"). Man hätte schon damals von einem zweigeteilten Deutschland sprechen können, da die Teilung (durch Königgrätz) erzwungen war. (Von zweigeteilten Staaten kann man nur sprechen, wenn die Zwei-oder Mehrteilung gegen den Willen des selbstbestimmungsberechtigten, auf NationsVerwirklichung ausgerichteten Volkes durch militärische oder sonstige äußere Gewalt herbeigeführt und aufrechterhalten wird.) Trotz der Bezeichnung „Deutsches Reich" war das Zweite deutsche Kaiserreich vom einstigen Reichsgedanken weit entfernt, zumal es Schauplatz vielfach ungehinderter Aktionen der Verachtung und Diskriminierung nichtdeutscher Volks-gruppen war, was heute noch so sehr nachwirkt, daß noch immer Ost-West-Vorurteile da und dort vorhanden sind, die abgebaut werden müssen

Auch vom Weimarer Staat ließe sich sagen, daß er Deutschland zwei-oder mehrgeteilt habe hinnehmen müssen, denn Österreich und das Sudetenland blieben entgegen dem erklärten Willen des dort lebenden deutschen Volkes zufolge des Machtspruches der Sieger außerhalb dieses deutschen Staates Das hat heute nur noch historische Bedeutung, denn weder Österreich noch die Sudetengebiete gehören mehr zu einem zwei-oder mehr-geteilten rechtlich begriffenen Deutschland.

Wenn heute von einem zweigeteilten oder auch mehrfach geteilten Deutschland als Rechtsbegriff gesprochen wird, so bezieht sich dies nur auf das Deutschland der beiden deutschen Staaten, also der Bundesrepublik und der DDR. Daß Berlin nicht dazu gehört, ergibt sich daraus, daß Ost-Berlin zur DDR gehört, seitdem sich die vier Mächte offenbar darauf geeinigt haben, ihre Kontrollfunktion nur noch über West-Berlin auszuüben, West-Berlin aber (entgegen einer — allerdings wechselnden — Meinung der DDR-Regierung) kein dritter deutscher Staat und auch keine selbständige politische Einheit, sondern auf Abruf der Bundesrepublik Deutschland zugehörig ist

Daß die Sudetengebiete heute, obwohl das Münchner Abkommmen vorwiegend als völkerrechtlich gültig zustande gekommen angesehen wird nicht unter die begriffliche Zwei-oder Mehrteilung Deutschlands fallen, wird wohl von niemandem ernstlich bestritten. (Daß eine rückwirkende Anerkennung der Nichtigkeit des Abkommens weder völkerrechtlich möglich noch auch volks-und nationalpolitisch vertretbar ist, steht auf einem anderen Blatt.) Bezüglich der Ostgebiete („OderNeiße-Gebiete“) kann nach dem bereits Gesagten von einer Zwei-oder Mehrteilung juristisch (im Gegensatz zur faktischen Lage) nicht gesprochen werden, solange kein Friedensvertrag mit Deutschland im Sinne der Verheißung des Potsdamer Abkommens (und des Deutschland-Vertrages) geschlossen ist. Außerdem sind diese Gebiete ja kein eigener Staat (der völkerrechtliche Begriff der Zwei-oder Mehrteilung setzt das Vorhandensein zweier oder mehrerer Staaten oder doch quasi-staatlicher Gebilde voraus), sondern lediglich okkupiert bzw. polnisch oder sowjetisch verwaltet (die Analogie zur Zone B des T. L. T. drängt sich wiederum auf). Auch die Ostverträge haben daran nichts geändert; denn sie haben zwar bisherige Demarkationslinien zu Grenzen — gemeint offenbar Staatsgrenzen — erklärt, dies aber aus der Absicht heraus, auf jegliche Gewalt zugunsten einer Änderung der bestehenden Linien (1t. Potsdamer Abkommen) ein für allemal zu verzichten. Es steht also die Friedenssicherung bzw.der Gewaltverzicht im Vordergrund und insofern bedeuten die Ostverträge tatsächlich einen bedeutenden Beitrag zur Friedenssicherung in Europa, falls durch sie die sowjetische, polnische oder anderer Staaten Sorge vor deutscher Revanche oder deutschen Gewalt-maßnahmen anderer Natur ein für allemal beseitigt wurde. Nur unter einem solchen Gesichtspunkt kann auch die Anerkennung heute bestehender sonstiger Grenzen in Europa (also z. B.der Grenze zwischen den Six Counties und der Republik Irland, zwischen Bulgarien und Jugoslawien im mazedonischen Streit-Raum oder zwischen Spanien und Großbritannien in Gibraltar) verstanden werden, denn was sollte die Bundesrepublik Deutschland veranlassen, diese höchst ungewissen Grenzen zu garantieren, wenn nicht ihr erklärter Wille, ohne Rücksicht auf die staats-und völkerrechtliche Lage aus keiner Grenzfrage eine Friedensbedrohung entstehen zu lassen. Somit bleibt das Problem „Ostgebiete" für dn juristischen Deutschland-Begriff einer endgültigen Klärung vorbehalten.

Es ergibt sich nun der Deutschland-Begriff als Rechtsbegriff aus der Zweiteilung Deutschlands nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 — daß dieses Deutschland ein Rechtsbegriff war, steht wohl fest — auf zwei deutsche Staaten, nämlich die Bundesrepublik Deutschland und die DDR. Daß es sich um Staaten handelt, steht außer jeder Diskussion, gleichgültig wieviele Staaten völkerrechtlich die DDR anerkennen oder nicht. Die Anerkennung ist ja nicht konstitutiv für die Existenz eines Staates Die Zweiteilung von Staaten oder von staatsähnlichen Rechtsgebilden ist eine nach dem Zweiten Weltkrieg aufgetretene, politisch bedingte Erscheinung, mit welcher man sich auseinandersetzen muß. Die Betonung eines einheitlichen Staates wie z. B. für China oder für Vietnam und jüngst auch für Korea läßt sich nicht übersehen. Die Fachwissenschaft in der Bundesrepublik sagt nicht selten, es gebe jenseits der Ostgrenze der Bundesrepublik „das andere Deutschland", sieht in dem „Mit-der-Teilung-Leben" eine gemeindeutsche Aufgabe oder auch eine Spaltung, die schließlich zum doppelten Europa führe In der DDR wendet man sich dem Nationalstaatsproblem an sich zu und sieht die Teilung Deutschlands ebenfalls nur als ein Provisorium an, dies freilich mit umgekehrten Vorzeichen wie in der Bundesrepublik. In beiden Fällen ist man zur Erkenntnis gelangt, daß für den Nationsbegriff das Territorium viel von seiner früheren Starre verloren hat. Darauf haben Autoren wie Rudolf Laun schon früher und Max Hildebert Boehm nach dem Zweiten Weltkrieg hingewiesen. Allerdings sollte diese Relativierung des nationalen Territoriums nicht so weit gehen, daß daraus ein „Staat auf Rädern" wird In diese Gefahr würde man aber „Deutschland" bringen, wenn man einerseits sein Territorium ohne friedensvertragliche Regelung ein-schrumpfen ließe und den Rest durch Zweiteilung in voneinander völlig unabhängige, völ-kerrechtlich souveräne Staaten (jeder mit UN-Mitgliedschaft) gegen den Willen der deutschen Nation aufteilen wollte

Es wird deutlich, daß sich jedenfalls in der Bundesrepublik gerade bei den Initiatoren der Ostverträge das kundgibt, Bemühen die -„Ein heit Nation" wahren der zu und „ganz Deutschland" in die Zukunft hinüberzuretten. Man muß diese Bemühungen im Licht der aufgezeigten völkerrechtlichen Gegebenheiten beurteilen. Denn das GG gibt dazu keine Auskunft, weil es zwar von einer Bundesrepublik Deutschland spricht, also jedenfalls „Deutschland" voraussetzt, aber nur für die darin genannten Länder gilt und jedenfalls sogar nach Art. 146 außer Kraft tritt, sobald für das gesamte Deutschland eine neue Verfassung in Kraft tritt, „die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist." Auch die Ostverträge bilden kein Hemmnis gegen diese Art der Wiedervereinigung. Eine Anerkennung der DDR durch die Bundesregierung schließt diese Wiedervereinigung nicht aus, während sie einer Ausdehnung des Geltungsbereiches nach Art. 23 GG im Wege stünde, da es dann keine „anderen Teile Deutschlands" mehr gäbe, auf die das GG nach Art. 23 Satz 2 noch ausgedehnt werden könnte.

Da nun aber Deutschland völkerrechtlich weiterbesteht und unter „Deutschland" das Deutschland in den Grenzen vom 31. Dezember 1937 sowohl nach dem Potsdamer Abkommen als auch nach dem mit den drei Westmächten geschlossenen Deutschlandvertrag zu verstehen ist kann auch die Tatsache der Teilung und der Existenz von zwei deutschen Staaten nichts daran ändern, daß Deutschland heute so wenig wie je zuvor ein rein geographischer oder nur ein geographischer Begriff ist. Weder ein bundesdeutscher noch ein DDR-Gesetzgeber könnte etwas, was die Allierten zur Grundlage ihrer gesamten Politik gemacht haben, beseitigen. Und da Deutschland kein geographischer Begriff ist, kommt auch dem Territorium in den Grenzen vom 31. Dezember 1937 keine ausschlaggebende Bedeutung zu, vielmehr nur die Bedeutung, daß von diesem Deutschland „in den Grenzen vom 31. Dezember 1937 auszugehen ist". Der Satz „nemo plus iuris transferre potest quam ipse habet" kommt auch hier zur Anwendung. Kein partikulärer deutscher . Gesetzgeber kann über Rechte verfügen, die ihm gar nicht anheimgegeben sind, und die deutsche Bundesregierung will das gewiß auch nicht, sonst würde sie nicht mit solcher Zähig-keit an den „innerdeutschen Beziehungen", an „ganz Deutschland", an der „gesamtenNation“ festhalten, wobei freilich in bezug auf den Deutschland-Begriff sowohl die Ostverträge als auch der „Grundvertrag" einer gefährlichen Relativierung dienen. Die Vor-und Randbemerkungen zum Vertragsgesetz, durch welches der „Grundvertrag" seine verfassungsrechtliche Bestätigung erhält und womit die Bundesregierung ihren Willen und ihr Bekenntnis zu einem ganzen „Deutschland" ausdrückt, werden von vielen als Bestätigung dafür genommen werden. So heißt es etwa im Vorblatt zum Vertragsgesetz: „Dieser Vertrag hat das Ziel, über das organisierte Nebeneinander der beiden Staaten in Deutschland zu einem Miteinander zu kommen. „Der Lösung dient die mit dem Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen eingeleitete Politik einer umfassenden. Zusammenarbeit." Solche jeder rechtlichen Ausdeutung unzugänglichen Formulierungen lassen ein verzweifeltes Bemühen erkennen, Deutschland als rechtliches Gebilde, wie es hier verstanden worden ist,, in eine friedlichere Zukunft hinüberzuretten. Die französische Terminologie spricht aber nicht von einem „Grundvertrag" (Traite de fond), sondern von einem traite fondamental (Grundlegender Vertrag) und erkennt damit besser als die deutsche politische Terminologie, welch weitreichende RechtsWirkungen der „Grundvertrag" haben wird oder doch haben kann

Und da es sich bei Deutschland gerade wegen der faktischen Teilung („zweigeteiltes Deutschland") um eine Einheit handelt, von der ja sogar beide Verfassungen das Wort „Deutschland" oder „ganzes (deutsches) Volk" bzw.

„Nation" gebrauchen, da man sonst von einer Zweiteilung nicht einmal reden müßte (Osterreich-Ungarn war kein zweigeteilter Staat und niemand hat das behauptet besteht Deutschland auch in einer Zeit vielleicht noch stärker betonter Teilung unverändert als Rechtsbegriff weiter. Es handelt sich um einen elastischen Begriff. Geht die DDR unter, so dehnt sich automatisch die Bundesrepublik auf das deutsche Volk in der DDR, sofern es deutsche Nation sein und zu ihr gehören will, aus, wird also im Vollsinn „Deutschland" gemäß dem Auftrag in der Präambel und nach Art. 146 GG. Auch der umgekehrte Vorgang ist durchaus denkbar. Allerdings muß in beiden Fällen die Einschränkung gemacht werden, daß das Selbstbestimmungsrecht des deutschen Volkes im Sinne eines Willens zur deutschen Nation nicht übersehen werden darf. Deutschland als Rechtsbegriff ist nur denkbar, wenn das deutsche Volk als deutsche Nation auch den Willen zu Deutschland hat und diesen Willen in freier Entscheidung („freely" im Sinne von Art. 1 der Menschenrechts-Welt-pakte, denen im übrigen ja auch die sowjetische Doktrin grundsätzlich zustimmt und zwar auch frei von jeglicher Diskriminierung äußern kann und äußert. Das ist heute in der DDR allerdings noch nicht möglich.

VII. Schlußbemerkung

Diese Abhandlung wird manchem zu theoretisch sein. Man wird einwenden, daß die Wirklichkeit — zufolge der „normativen Kraft des Faktischen", zufolge der Effektivität im Völkerrecht oder zufolge einer teils aktiv betriebenen, teils im Wege der auch der Rechtswissenschaft wohl bekannten „Hinnahme" —über „Deutschland" hinweggeschritten sei, daß es weder ein deutsches Volk noch eine deutsche Nation noch ein Deutschland mehr gebe, außer in kleinsten Dimensionen, wie etwa jener der Bundesrepublik Deutschland mit Deutschen, die auf dem Weg zum anethnischen Europäer oder Weltbürger seien, daß „Deutschland" entweder nur noch ein geographischer Begriff oder aber ein Ausstellungsobjekt für das Ethnographische Museum in Berlin sei.

Aber bisher haben sich immer noch auch die Rechtspositionen als Realitäten von großer Wirkung und auch Dauer erwiesen, mögen sie auch weithin geleugnet oder als professorale Spitzfindigkeiten abgetan worden sein. Wer als deutschsprachiger Österreicher das Phänomen der so groß ausgebreiteten und vielfach aufgefächerten Diskussion über Deutschland und seine ethnischen und nationalen Grundlagen beobachtet, kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß dabei viel zu heftig reine Glaubensartikel vorgetragen und natürlich dann auch als solche verteidigt werden und daß darüber einerseits die immanenten Schranken des Rechts — und zwar auch der präpositiven Normen, wie sie vor allem dem Selbstbestimmungsrecht der Völker und daher auch des deutschen Volkes nicht fehlen — unbeachtet bleiben oder unbewußt nicht einmal wahrgenommen werden und andererseits viel zu wenig an die Tatsache gedacht wird, daß Deutschland auch ein Rechtsbegriff, ja vielleicht nur ein Rechtsbegriff ist, der aber für das deutsche Schicksal entscheidende Bedeutung hat.

Fussnoten

Fußnoten

  1. NJW 1957 1253; JZ. 1957 574 ff.

  2. Schlußprotokoll zum Viermächte-Abkommen. über Berlin vom 3. 6. 1972, womit dieses Abkommen - „Bulletin" des Presse-und Informationsamtes der Bundesregierung, Sonderausgabe Nr. 127 v. 3. 9. 1971 - in Kraft gesetzt wurde, s. „Bulletin" Nr. 82 S. 1125 v. 6. 6. 1972.

  3. Harold S. Johnson, Self-Determination within the Community of Nations, Leiden (A. W. Sijthoff) 1967, S. 103 f.; Winrich v. Biittersdorf, Das internationale Plebiszit, Hamburg (Hamburger öffentlich-rechtliche Nebenstudien Bd. 10) und Frankfurt 1965.

  4. Wilhelm Grewe, Das Grundgesetz. Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Bundesrepublik Deutschland, II, DRZ. 1949, S. 313 f.; v. Mangoldt-Klein, Das Bonner Grundgesetz, 2. Aufl., Bd. I, Berlin 1957, S. 48.

  5. Einzelne Populärausgaben haben das Bundesgesetzblatt korrigiert und ein kleines „d" verwendet, so die Ausgabe in Nr. 1683 von Goldmanns Gelben Taschenbüchern: Deutsche Verfassungen, München 1965.

  6. Vgl. folgende grundlegenden neueren Werke: Heinz Kloss, Grundfragen der Ethnopolitik im 20. Jahrhundert, Bad Godesberg und Wien 1969; Harald Haarmann, Soziologie der kleinen Sprachen Europas, Bd. I (Dokumentation) Hamburg 1972, Bd. II (Analysen) für 1973 in Vorb. (das Werk ist eine Forschungsarbeit der Kommission für Sprachfragen der europäischen Einigung); Theodor Veiter, Das Recht der Volksgruppen und Sprachminderheiten in Österreich, Wien 1970 (die ethnosoziologische Grundlegung zu Beginn umfaßt 162 Seiten); Christoph Pan, Grundelemente zur Theorie der Ethno-Soziologie, in Teil-band 3/II des „Systems eines internationalen Volksgruppenrechts", hrsg. v. Th. Veiter, Wien 1972, S. 281 ff.; Michel Rimet, Contacts. Interferences ethniques et culturelles, Montpellier 1969; in Le Havre erscheint die „Revue de l'Ethnopsychologie" (Institut Havrais de la Psychologie des Peuples), die allerdings oft recht massiv kritisiert wird (z. B. durch Alain Fenet in „Europa Ethnica", Heft 3/1972).

  7. Wortlaut in „Bulletin", Bonn, v. 22. 5. 1970, und in „Texte zur Deutschlandpolitik", Bd. V, Bonn (BM. f. innerdeutsche Beziehungen), S. 100 ff.; dort-selbst auch die sehr massiven Gegenäußerungen des DDR-Ministerratsvorsitzenden Stoph; nach~haltige Kritiken kamen und kommen aber auch aus den Kreisen der Vertriebenenverbände — s. dod, Bonn, 14. Jg., Nr. 26 v. 16. 8. 1972 — und aus führenden Kreisen der CDU/CSU-Opposition: s.

  8. GBl. d. DDR Teil I, S. 199 ex 1968. Wortlaut mit kritischen Kommentar in „Ulbrichts Grundgesetz. Die sozialistische Verfassung der DDR", hrsg. v. Dietrich Müller-Römer, Köln 1968; der amtliche Großkommentar, hrsg. v. Klaus Sorgenicht, Wolfgang Weichelt, Tord Riemann und Hans-Joachim Semler, 2 Bde, Berlin (Ost) 1969, verfaßt von einem Autorenkollektiv, läßt erkennen, daß unter „deutscher Nation" die Staatsangehörigen sowohl der BRD wie der DDR verstanden werden — es ist, S. 201, sogar von der BRD als einem Separatstaat die Rede —, daß es aber Aufgabe des Volkes der DDR sein wird, der ganzen deutschen Nation den Weg in eine Zukunft des Friedens und des Sozialismus zu weisen.

  9. DDRGB 1. 1 S. 505 v. 7. 10. 1949.

  10. Friedrich Spiegel-Schmidt, Volk, in: Evangelisches Staatslexikon, Stuttgart und Berlin 1966, marg. 2442 ff., mit wichtigen Literaturhinweisen.

  11. Vgl. Joseph Ratzinger, Die Einheit der Nationen. Eine Vision der Kirchenväter, Salzburg und München 1971. Unter „Nationen" versteht Ratzinger die Völker im ethnischen Sinne; Rudolf Lange, Theologie der Heimat. Ein Beitrag zur Theologie der irdischen Wirklichkeiten, Salzburg und Freilassing 1965, geht, wie es dem Thema (Heimat) entspricht, von Völkern und Volksgruppen als den heimatberechtigten Gemeinschaften aus, sieht aber „Volk" doch nicht nur als irdische Wirklichkeit, sondern auf die jenseitige ewige Heimat hin angelegt.

  12. Max Hildebert Boehm, Das eigenständige Volk, Göttingen 1932, Neudruck Darmstadt 1965; ders., Das eigenständige Volk in der Krise der Gegenwart, in: Bausteine zur Ethnopolitik, Wien 1971 (es handelt sich um eine posthum herausgegebene, noch vom Verfasser besorgte Neubearbeitung des 1. Teiles von „Das eigenständige Volk"). Othmar Spann, Vom Wesen des Volkstums. Was ist deutsch?, Berlin und Wien 19293.

  13. Hans Joachim Beyer, Zur Einführung, H. 1, S. 1— 16, in: Ausländsdeutsche Volksforschung, Stuttgart 1937, mit dem Hinweis, daß die Nationalstaatsidee die Lebensbedingtheiten des Gesamtdeutschtums verwirkliche und mit Polemiken gegen Wenzel Jaksch, weil dieser eine brüderliche Zusammenarbeit zwischen Tschechen und Sudetendeutschen wünsche, und Hugo Hantsch (damals Vorsitzender des Österreichischen Verbandes für volksdeutsche Auslandsarbeit), weil er „Volk" nicht rassisch, sondern seelisch-geistig bzw. kulturell sehe. Es sei aber nicht übersehen, daß Hans Beyer (der Vorname Joachim ist weggefallen) heute eine durchaus weltbürgerliche Volkstheorie vertritt: Wandlungen des nationalen Gedankens und seiner Erscheinungsformen, in: Weltgeschichte der Gegenwart, Bern und München, Bd. II, Die Erscheinungen und Kräfte der modernen Welt, o. J. (1967?). Gustav Adolf Metnitz, ein Kärntner Historiker von Rang (heute in Bayern lebend, Schreibweise: Gustaf), wandte sich in seinem extrem nationalistisch-deutschen Buch „Hundert Millionen Deutsche schaffen Raum", Graz 1942, S. 60, aus diesem ethnokratischen Volksbegriff heraus gegen „Erscheinungen wie Seipel, Schreiber, Grentrup, unter den Jüngeren Veiter", die mit kirchlich bedingten Volksdeutungen bewußt Zwietracht, in die Völker trügen.

  14. Fernando Sarrailh De Ihartza, Manifeste de l'ethnocratie, 1. Aufl. 1965, 2. Aufl. 1971, Vinkeveen (Niederlande) (Ed. Fringilla). De Ihartza ist Verfasser des umfangreichen Werkes „Vasconia" (mit dem bezeichnenden Untertitel „Estudio dialectico de una nacionalidad"), Buenos Aires (Ed. Norbait) 1962. Vgl. hierzu auch den informativen Artikel in der NZZ, Fernausg. Nr. 86 v. 28. 3. 1969, „Wurzeln des baskischen Nationalismus". Freilich wird ein Volk wie das baskische durch die rücksichtslose Unterdrückung (jedenfalls eine solche in Spanien) auf den Weg ethnokratischer, extrem nationalistischer Ideen gedrängt. S. hierzu: Kenneth Medhurst, The Basques, Report No. 9 der „Minority Rights Group", London 1972. Dazu die laufenden Informationen in der Zeitschrift „Euskal Elkargoa", St. Jean-de-Luz.

  15. Erstmals findet sich — nach Heraud — das Wort „ethnie" vor dem Ersten Weltkrieg bei Vacher de Lapouge in einem Buch „Les slections sociales". Große Verbreitung bekam es durch Georges Montadon mit dem 1935 in Paris erschienenen Werk „L'Ethnie Francaise". In der amtlichen französischen Regierungspublikation „Les minorites nationales en Europa Centrale et Balkanique", Paris 1946, wird es als selbstverständlich vorausgesetzt. Francois Fontan, Ethnisme, Nice (Selbstverlag) 1962, leitete einen dynamischen Begriff daraus ab. Vgl. auch die grundlegenden Werke von Guy Heraud, L'Europe des Ethnies, Paris 1963 (deutsche, geänderte Ausgabe „Die Völker als die Träger Europas", Wien 1967), und von dem Wallonen Charles Becquet, L’ethnie francaise d'Europe, Paris 1963. — Es wurde auch versucht, das Wort unübersetzt in andere Sprachen einzuführen, so ins Deutsche durch Wilhelm Mühlmann, Rassen, Ethnien, Kulturen, Neuwied 1964, und ins Italienische durch Guy Heraud, Popoli e lingue d'Europa, Milano 1966, wo konsequent von „etnia" die Rede ist. Doch war diesen Bemühungen bisher kein Erfolg beschieden; die Fondation Charles Plisnier, Brüssel, gibt gemeinsam mit der Association europeenne de l'Ethnie frangaise eine Zeitschrift „l’ethnie francaise" heraus.

  16. Christoph Pan, Südtirol als volkliches Problem. Grundriß einer Südtiroler Ethno-Soziologie, Wien 1971.

  17. Vgl. das Stichwort „Demokratie" in Bd. 8 der neuen „Großen Sowjetenzyklopädie", Moskau 1972.

  18. Vgl. die grundlegende Studie von Heinz Kloss, Der multinationale Staat, in: Bd. 3/II „System eines internationalen Volksgruppenrechts", Wien, 1972; Veroboj Vildomec, Multilingualism, Leiden 1963.

  19. Deutschsprachige Fassung bearbeitet von Wilhelm Winkler, Hamburg (Deutsche Akademie für Bevölkerungswissenschaft) 1960, Nr. 333.

  20. Vgl. Karl Gottfried Hugeimann, Das nationalitätenrecht des alten Österreich, Sammelwerk, Wien 1934; Robert A. Kann, Das Nationalitätenproblem der Habsburgermonarchie, 2 Bde., Graz 1964; Hugo Hantsch, Die Nationalitäten-frage im alten Österreich, Wien 1953; am umfassendsten müssen aber die bisherigen 7 Bände des Austrian History Yearbook (1965— 1971) gelten, die die Rice University, Houston/Texas, herausgegeben hat, und die ausschließlich dem Nationalitätenproblem und -recht der Habsburgermonarchie gewidmet sind und viel auch zur Geschichte der Volkstheorie im Nationalitätenstaat enthalten.

  21. Vgl. Edmund Schweißguth, Jugoslawien, in: Fragen des mitteleuropäischen Minderheitenrechts, Herrenalb-Tübingen 1967, S. 33; Ustav Socijalisticke Federativne Republike Jugoslavije, Beograd 1963, Sammlung der einschlägigen Verfassungstexte.

  22. Vgl. hierzu den Harmel-Bericht des Centre Harmel, insbesondere Doc. no. 326 (Rapport Final) und viele andere Dokumente des Centre Harmel, von verschiedenen Verfassern zusammengestellt (ab 1952); ferner Albert Verdodt, Volksgruppenrecht in Belgien, in Vorb. in Bd. 3/III des „System eines internationalen Volksgruppenrechts", Wien—• Stuttgart.

  23. Cyril Hegnauer, Das Sprachenrecht der Schweiz, Zürich 1947; Peter Schäppi, Der Schutz sprachlicher und konfessioneller Minderheiten im Recht von Bund und Kantonen. Das Problem des Minderheitenschutzes, Zürich 1971; Theodor Veiter, Die Verfassungswirklichkeit des schweizerischen Föderalismus, in: Bundesstaat auf der Waage, Salzburg und Wien 1969; ders., Le droit de libre disposition du peuple jurassien — Das Selbstbestimmungsrecht des jurassischen Volkes im Berner Jura, Wien und Delemont 1971.

  24. E/CN. 4/Sub. 2/214/221/Rev. 1, New York 1967.

  25. The Crimean Tatars and Volga Germans, Bd. 6 der Reports der „Minority Rights Group", London 1971; Alfred Bohmann, Menchen und Grenzen, Bd. 3 (Sowjetunion), Köln 1971; ders., Völker und Volksgruppen in der Sowjetunion, in: Außenpolitik, Hamburg, H. 11/71, S. 682; Lew Gurwitsch, Die deutsche Volksgruppe in der Sowjetunion, in: Montrealer Nachrichten, Montreal, v. 23. 1. 1971. Der in Moskau lebende Autor meint, 70 0/0 der Sowjetdeutschen sprächen deutsch. Vgl. ferner die Übersicht in „Europa Ethnica", Wien, Jg. 1971, S. 171, vgl. auch das neue Buch von Otto R. Ließ, Sowjetische Nationalitätenpolitik als weltpolitisches Konzept, Bd. 12 der Reihe Ethnos, Wien 1972; Boris Meissner, Sowjetföderalismus und nationale Struktur der Sowjetunion, in Vorb. in Bd. 3/III des System eines internationalen Volksgruppenrechts, Wien—Stuttgart; Karl Stumpp, Die Auswanderung der Deutschen nach Rußland, Tübingen (Selbstverlag Autors, Autenriethstr. 16)

  26. Hans Harmsen, Aktuelle Probleme der Integration von Spätaussiedlern in der BRD, in: A. W. R. -

  27. K. Zielonogorski in der exilpolnischen Zeitschrift „Kultura" (Paris), Jahrgang 1972, über die „Autochthonen", in Deutsch übersetzt nachgedruckt in „Sudetenpost" (Linz), Nr. 14 v. 21. 7. 1972. Umfassend hat sich mit den „Autochthonen", also zurückgebliebenen Deutschen, die vielfach nicht mehr deutsch können, aber sich als Deutsche bekennen, jedoch trotz Warschauer Vertrag, nämlich der diesem angeschlossenen „Information der Regierung der Volksrepublik Polen", P. l— 3, bezüglich einer Ausreise solcher sich als Deutsche fühlender Personen, die nach polnischer Auffassung polnische, nach bundesdeutscher aber deutsche Staatsangehörige sind bzw. geblieben sind, Alfred Bohmann, in Bd. I von „Menschen und Grenzen", Köln 1970, befaßt, dies auch unter detailreicher Nachweisung von Ziffern.

  28. Der Europarat stellt nur solche weibliche Angestellte ein, die ihre Englisdi-Kenntnisse in England erworben und durch Prüfungen nachgewiesen haben; Bewerberinnen mit amerikanischem Englisch können nicht aufgenommen werden.

  29. Johann Wilhelm Mannhardt, Bausteine zur Volkswissenschaft, Stuttgart 1965, besonders mit dem Aufsatz „Wissenschaft vom Volk", S. 55. Max Hildebert Boehm, a. a O. („Das eigenständige Volk"); ders.: Europa Irredenta, Berlin 1923.

  30. Vgl. hierzu Othmar Spann, Gesellschaftslehre, posthume, von Horst Kitzmantel neu kommentierte 4. Aufl., Bd. 4 der neuen Gesamtausgabe, Graz 1969, S. 546— 568, mit der Definition, daß Volkstum eine geistige Gemeinschaft sei, deren Gezweiungsinhalte vielfältiger Natur sind (Kultur, Sprachgleichheit, Volkstumsmitgliedschaft usw.).Die Spannsche Lehre, die ein geschlossenes philosophisches System ist und - obwohl von NS-Staat so wütend bekämpft, daß jeder nur einigermaßen prominente Anhänger derselben (nach der polemischen Auseinandersetzung mit Alfred Rosenberg in den „Nationalsozialistischen Monatsheften") Anwärter auf das Konzentrationslager (Walter Heinrich, Othmar Spann selbst) oder Ermordung (Heinz Rutha, Fih. v. Ketteier) war - auch heute noch nachhaltig fortwirkt (Jahrestagungen der „Gesellschaft für Ganzheitsforschung" in Filzmoos bzw. Weißenbach a. Attersee, Zeitschrift für Ganzheitsforschung), hat durch ihre romantische Volks-lehre, die vor allem die sudetendeutsche Jugend völlig erfaßte, unbeabsichtigt zur Sudetenkrise 1938 und in der Folge zum Zweiten Weltkrieg beigetragen. Dabei war ihrem zutiefst humanistischen Denken jegliche Gewaltlösung der zwischen Völkern bestehenden Spannungen von ihrer Geist-Gegründetheit her völlig fremd. Aber gerade die Romantik oder Neoromantik in der Volkstheorie bringt politische Gefahren mit sich. Als Spann-Schüler fühlt sich der Verfasser von romantischen Gedankengängen nicht frei: Theodor Veiter, „Volk" im Strukturwandel unserer Zeit, in der Wandervogel-Zeitschrift „Der neue Bund“, Linz, Jg. 1969, S. 67 ff.; ders., Die Rechte von Völkern und Volksgruppen im Lichte der katholischen Gesellschaftslehre, in: Europa Ethnica, Wien, Jg. 1967, H. 1. Doch muß die romantische oder neoromantische Volkstheorie im Atomzeitalter überwunden werden, zumal sie vielfach - Spann beweist dies, denn vor ihm gingen Martin Spahn, Karl C. von Loesch, Viktor v. Geramb, Paul Loebe ähnliche heute als Irrwege erkannte Wege - „Volk" und „Volkstum" identifiziert, was vergleichsweise etwa so ist, als wolle man die Symptome einer Krankheit mit dieser gleichsetzen. Romantische Volkstheorien findet man heute eigentlich nur noch in der sowjetischen Volkswissenschaft: Tschislennost'rasselenje narodow mira (Zahl und Siedlungen der Völker der Welt), herausgegeben von C. I. Bruk, Moskau 1962, vor allem in der Einleitung (S. 7); M. I. Kulitschenko, Die nationalen Verhältnisse in der UdSSR und die Tendenzen ihrer Entwicklung, Moskau 1972; S. Gililow, W. I. Lenin - der Organisator des sowjetischen multinationalen Staates, Moskau 1972; W. E. Malantschuk, Die geschichtliche Erfahrung der russischen KP zur nationalen Frage und zur Entwicklung der nationalen Verhältnisse in der UdSSR, Moskau 1972; A. K. Azizjan, Die Leninsche Nationalpolitik in ihrer Entstehung und Aktion, Moskau 1972. - Während diese Werke alle Ende 1972 zur 50-Jahrfeier der Sowjetunion erschienen sind (einige deutlich propagandistisch, ist zuvor schon erschienen: Insessa Senuschkina, Die sowjetische Nationalitätenpolitik und die bürgerlichen Historiker. Das Werden des sowjetischen multinationalen Staates (1917- 1922) in der modernen amerikanischen Geschichtsschreibung, Moskau 1971.

  31. W. E. Mühlmann, „Volk", in: Wörterbuch der Soziologie, Stuttgart 1969, S. 1248.

  32. Emerich Francis, Ethnos und Demos, Berlin 1965; Florian Znaniecki, Modern Nationalities. A sociological study of how nationalities evolve, Urbana 1952.

  33. Joseph H. Fichter, Grundbegriffe der Soziologie, Wien 1968, S. 69 ff.

  34. Noch heute von Wichtigkeit: Wilhelm Schmidt, Rasse und Volk. Ihre allgemeine Bedeutung. Ihre Geltung im deutschen Raum, Salzburg 19352, mit grundlegenden Ausführungen — S. 136 ff. — über Wesen und Wandel des deutschen Volkes. Schmidt flüchtete 1938 in die Schweiz, da er die NS-Rassenlehre bekämpfte.

  35. Internationaler Pakt betreffend wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte; Internationaler Pakt betreffend bürgerliche und politische Rechte. Beide beschlossen von der Gen. Vers. d. VN zu 2200 A (XXI) am 16. 12. 1966, abgedruckt im UNO-Doc. A/CONF. 32/4 „Droits de 1'Homme" 1968. Vgl. dazu an grundlegender Literatur. Andreas K h o 1 , Zwischen Staat und Weltstaat, Wien—Stuttgart 1969; Felix Ermacora, Diskriminierungsschutz und Diskriminierungsverbot in der Arbeit der Vereinten Nationen, Wien 1971: Heinz Kloss (Hrsg.), Beiträge zu einem System des Selbstbestimmungsrechts, Wien 1970.

  36. Vgl. neuerdings die historische Übersicht zur Jurafrage bei Roland Beguelin, Le Rveil du peuple jurassien 1947— 1950, 2. Aufl. Delemont 1972; Hans Peter Henecka, Die jurassischen Separatisten, Meisenheim am Glan 1972 (Bd. 3 der Studia Ethnologica) vgl. weiter Alfred Cobban, National Self-Determination, London 1944; Harold S. Johnson, Self-Dertermination within the Community of Nations, Leiden 1967.

  37. Entgegen J. W. Bruegel, Un domaine nglig — La protection des minorites, Studie für das Expertenkomitee für Menschenrechte des Europarates, DH/exp (71) 12 v. 17. Juni 1971 (gedruckt in deutscher Ausgabe und etwas geändert auch im „EuropaArchiv", Jg. 1972), ist „Volksgruppenrecht" (Bruegel unterstreicht das Wort), keineswegs eine Erfindung des deutschen Nationalsozialismus, um die demokratischen Staaten in den Umsturz zu führen und einen (illoyalen) „Staat im Staate" zu schaffen. Obwohl Bruegel's Studie in manchem sehr beachtliche Abschnitte aufweist und wissenschaftlichen Rang hat, übersieht sie mit minimalen Ausnahmen die gesamte seit 1945 erschienene deutsche Literatur zum Volksgruppenrecht und vermeidet auch jeden Hinweis auf die große Fülle nichtdeutscher Werke und Organisationen, die aus wohlerwogenen, wissenschaftlich heute wohl kaum mehr widerlegbaren Gründen teils neben, teils anstelle von „nationaler Minderheit" die Bezeichnung „Volksgruppe" verwenden. Im übrigen wurden die Worte „volksdeutsch", „Volksdeutsche" und „Volksgruppe" von dem 7 Jahre im deutschen KZ angehaltenen sudetendeutschen sozialdemokratischen Führer Waldemar Quaiser schon längst vor dem Aufkommen des Nationalsozialismus verwendet und stammt der Ausdruck „volksdeutsch" von Theodor Heuss (Nachweis bei Veiter, Das Recht der Volksgruppen und Sprachminderheiten in Österreich", 1970, S. 46.

  38. Jean-Baptiste Duroseile, Le conflit de Trieste 1943- 1954, Brüssel 1966; Alessandro Pizzorusso, Le minoranze nel diritto pubblico interno, 2 Bde, Milano 1967. Bogdan C. Novak, Trieste 1941- 1954, Cicago 1970 (derzeit das bestdokumentierte Werk zum Thema).

  39. Zu diesem siehe: Fritz Münch, Der Minderheitenartikel im Menschenrechtstext der Vereinten Nationen, in Bd. 3/II „System eines internationalen Volksgruppenrechts", Wien 1972, S. 64 ff.; Egon Schwelb, International Protection of Human Rights: Nobel Symposium 7, Stockholm 1968, S. 107 ff. In Art. 27 wird besonders auf die Rechte ethnischer Minderheiten auf ihre „community with their group" hingewiesen, was doch nichts anderes bedeutet, daß es sich um ethnische Gruppen, somit Volksgruppen handelt. Daß das Wort „Gruppe" in Verbindung mit ethnischer Kennzeichnung entgegen der Meinung Bruegel’s nichts Nationalsozialistisches ist, erhellt am besten die Studie des führenden israelischen Fachmannes J. J. Lador-Lederer, International Group Protection, Leiden 1968.

  40. Wenn der „Sprachdienst", herausgegeben von der „Gesellschaft für deutsche Sprache", damals Lüneburg (heute Bonn), in H. 7, Juli 1963, das Stichwort „Heimat" dahin erläutert, daß es dieses (als rührselige Heimatliebe) erst seit dem 19. Jahrhundert gebe, es politisch reaktionär und nur ein Ersatz für die verlorengegangene Beziehung zur Umwelt sei und geraden Wegs in den Nationalsozialismus mit seinen furchtbaren Folgen der Blut-und-Boden-Mystik geführt habe, so dürfte das eine sehr vereinzelte Auffassung sein. Hingegen wird noch heute um den völkerrechtlichen Begriff „Recht auf die (angestammte) Heimat" deshalb gerungen, weil sich damit bestimmte politische Forderungen der (deutschen, italienischen, karelischen usw.) Vertriebenen auf Rückkehr in ihre angestammte Heimat verbinden, Forderungen, die sehr wesentlich mit einem gefühlsbefrachteten Volksbegriff Zusammenhängen, der beim US-Amerikaner — Schmelztiegel-Theorie — weitgehend fehlt. Eine sachgerechte und leidenschaftslose Definition des (deutschen) Rechtsbegriffes „Heimat" gibt der französische Minderheitenfachmann Marc Lengereau: La notion de „Recht auf die Heimat" dans la pense allemande contemporaine (Allemagne de l'Ouest, 1946— 1970), in: Revue d'Allemagne, Paris, Sonderheft Jg. III, nr. 3, sept. 1971 („L’Allemagne et les pays de Lest"), S. 490— 523. Die Studie ist ein geänderter Auszug aus der nahezu gleich betitelten, jedoch auch Österreich mit einbeziehenden Diss.des Autors 1970 an der Universität Grenoble. Sie blieb bisher in der BRD unbegreiflicherweise völlig unbekannt.

  41. Statt vieler: Anita Pittoni, L’Anima di Trieste, Firenze 1968; Theodor Veiter, Soziale Aspekte der italienischen Flüchtlinge aus den adriatischen Küstengebieten, in: „Festschr. f. Hans Schmitz", Wien 1967; Sereno Detoni, Ritorno a Zara, Udine 1971.

  42. Zu Bismarck s. Theodor Schieder und Ernst Deuerlein (Hrsg.), Reichsgründung 1870/71, Stuttgart 1970. Es handelt sich um durchaus objektive Beiträge verschiedener Autoren. Beachtlich die Rede des Bundespräsidenten Heinemann zur Reichsgründungsfeier 1970 (abgedruckt im „Bulletin") mit wohl nicht ganz zu Unrecht nachhaltiger Kritik an dem Bismarck’schen Deutschland-bild. Mario Alberti, L’irredentismo senza romanticismi, 2. Aufl. Como 1936, entwirft wohl wider seinen Willen — er war Finanzminster in der faschistischen Ära — ein abschreckendes Bild des ethnokratischen italienischen Volksdenkens. Für Österreich möge die sorgsame historische Arbeit genügen von Eduard Winter, Romantismus, Restauration und Frühliberalismus im österreichischen Vormärz, Wien 1968. Welche heute welken Blüten damals der ethnokratische Volksbegriff trieb, ist aus unzähligen Werken zu entnehmen, die dem Deutschtum („am deutschen Wesen soll die Welt genesen") gewidmet waren, z. B. Gustav Strakosch-Grassmann, Geschichte der Deutschen in Österreich-Ungarn, 2 Bde, Wien 1895, und noch bis in die Zeit des NS-Reiches reicht das vielbändige Werk von Adolf Spanner (Hrsg.), Das deutsche Volk, Leipzig und Berlin 1935 mit Bilderatlas. Es handelte sich dabei um geradezu elitäre Publikationen, die uns heute nicht mehr viel sagen.

  43. wobei zur Regionaltagung der FUEV, die vom 7. bis 10. 9. 1972 in Tarvis (Tarvisio) bzw. Camporosso in Valcanale (Saifnitz, Zabnice) stattfand, zu lesen war: „Sempre si mventono nuove minoranze" (Immer wieder erfindet man neue Minderheiten). Die Ladiner des Friaul (Friulaner) selbst betrachten sich aber als sprachliche und teilweise auch ethnische Volksgruppe; s. die in Furlanisch und Italienisch verfaßte Schrift „Friül, popul e lenghe — Friuli, popolo e lingua", Udine 1972, und die 1972 im 10. Jahr erscheinende Monatsschrift „INT-FURLANE" (Udine, Arti Grafiche). Seit Juni 1972 erscheint auch für die Entfaltung der romanischen Sprachminderheiten des Alpenbogens (Furlanisch, Ladinisch, Rhätoromanisch, Okzitanisch usw.) in Udine die aufwendige Zeitschrift „ARC".

  44. Sie hat bisher zwei umfangreiche Bände eines „System eines internationalen Volksgruppenrechts", Wien-Stuttgart 1970 und 1972, herausgebracht.

  45. Guy Heraud, Pour un droit linguistique compare, in: Rev. internationale de droit compare, 1971, no. 2, S. 309 ff., mit Anführung der in verschiedenen Staaten und Kontinenten bestehenden Forschungsinstitute, die sich dieser Rechtsvergleichung widmen.

  46. Herve Lavenir, Naissance de l’Europe des regions, Bull, du Centre Europeen de la Culture. no. 2 1957/68; Heraud, L'Europe des ethnies, Paris (SERED) 1963 (deutsch: Wien 1967); ders., Qu'est-ce que 1'ethnisme?, Nalinnes-lez-Charleroi 1967; ders., Die Rolle der Nationen in Europa, 3. Aufl., Andernach 1967; ders., Philosophie de 1’ethnisme, Nalinnes-lez-Charleroi 1969; Charles Becquet, L’Ethnie francaise, Paris 1963; Jaques-Yvan Morin, Liberte nationale et federalisme, Montreal 1964; Allessandro Pizzorusso, Le minoranze nel diritto pubblico interno, 2 Bde., Milano 1967; Ernesto Sestan, Venezia Giulia. Lineament! di una storia etnica e culturale, Bari 1965; Harold S Johnson, Self-Determination within the Community of Nations, Leiden 1967; Everett Lee Millard, Freedom in a Federal World, New York 19612; Robert Lafont, Sur la France, Paris 1968; August Viatte, La Francophonie, Paris 1969; Albert Verdoodt, Zweisprachige Nachbarn, Wien 1968; Nazario Nazzari, Stichwörter „Finlandia", „Fiume", „Frisia", „Galizia", „Galles", „Germania" usw. in der noch im Erscheinen begriffenen Neuauflage der Enciclopedia Italiana (Turin). Nazzari arbeitet als Vertreter einer (in Italien) bedrohten provinzialromanischen Sprache in der A. I. D. L. C. M.'mit; Francois Fontan, Ethnisme — Vers un nationalisme humaniste, Nice 1961; J. -J. Lador-Lederer, International Group Protection, Leiden 1968; Heinz Kloss, Grundfragen der Ethnopolitik im 20. Jahrhundert, Wien und Bad Godesberg 1960; ders., Der multinationale Staat, in Bd. 2/II des „System eines internationalen Volksgruppenrechts (hrsg. v. Th. Veiter), Wien 1972, SS. 189 ff.

  47. Karl Gottfried Hugeimann, Stämme, Nation und Nationalstaat im deutschen Mittelalter, Bd. I, Stuttgart 1955. Bde II und III, die Wilhelm Wegener, Saarbrücken, der Herausgeber der Hugeimann-Festschrift (2 Bde, Aalen 1959), die den Jubilar noch knapp vor seinem Tode erreichte, herausgeben wollte, sind nicht erschienen, obwohl Bd. II nahezu druckreif wäre bzw. gewesen wäre.

  48. Man denke an die Westschweiz mit Zillung (Schloß Chillon), Stäffis a. S. (Estavayer-le-Lac), Wistelach (Vully), an Rofreit (Rovereto) im Bistum Trient, an städtische Vorposten in Norditalien wie Wiesenthain (Vicenza), Worms (Bormio), Bern (Verona), Vielgereuth (Folgaria), oder an Laibach (Ljubljana, Mitterburg (Pisino, Pazin) usw.

  49. Machiavelli sah in „Volk" nichts Ethnisches, sondern nur plebs oder allenfalls demos: Niccolo di Bernardo dei Machiavelli, II Principe, Erstausgabe, Florenz 1516. Man hat Machiavelli freilich zu Unrecht des „Machiavellismus" — skrupellose, an keine moralischen Grundsätze gebundene Machtpolitik des Fürsten bzw.des Staates — bezichtigt, so z. B. Friedrich d. Gr. in seinem „Antimachiavell". Das zeigen auch seine „Discorsi sopra la prima decade di Tito Livio", ferner das Buch über Machiavelli von Werner Kaegi (Basel).

  50. Mario Alberti, a. a. O.; Dante, Hölle, 20. Gesang, 61— 64.

  51. Federico Chabod, L'Idea di nazione, Bari 1967.

  52. Vgl. hierzu das wichtige Dokumentarwerk von Theodor Schieder und Ernst Deuerlein, Reichs-gründung 1870/71, Stuttgart 1970.

  53. C. A. Macartney, National States and National Minorities, London 1934.

  54. Für die Literaturhinweise s. Th Veiter, Nationale Autonomie, Wien 1938, und ders., Volk, Volksgruppe, Nation, Wien 1966 (bzw. 1970) mit deutlichem Wandel der Auffassungen, die der Verf.früher hatte.

  55. Peter Nasarski, Deutsche Jugendbewegung in Europa, Köln 1967. Werner Hellwig schrieb ein grundlegendes Buch über die Wandervogel-Bewegung („Die blaue Blume des Wandervogels", Gütersloh 1960). Beides sind reine Erinnerungswerke von hohem Dokumentationswert.

  56. Guido Zernatto, Vom Wesen der Nation, Wien 1966. Diese nachgelassene Studie erschien in Fragmenten schon etwas vorher in „. . . kündet laut die Zeit" in Graz); Karl Renner, Die Nation: Mythos und Wirklichkeit, Wien 1964.

  57. A. a. O., Osterreich . . ., S. 41.

  58. Hier kann nicht untersucht werden, ob und inwieweit und zu welcher Zeit die Stimmbürger beider Staaten den später (13. 3. 1938) in völkerrechtswidriger Weise und auch unter dem Gesichtspunkt des österreichischen Verfassungsrechts — s. Adolf Merkl, Okkupation oder Annexion?, in: Festschr. f. Karl Kummer, Wien 1965, S, 425 ff. — herbeigeführten „Anschluß" Österreichs an das Deutsche Reich gebilligt hätten, obwohl kaum zweifelhaft ist, daß sich vor dem Jahre 1933 hierfür eine weit überwiegende Mehrheit in Österreich (ob auch im Deutschen Reich, ist weniger gewiß) dafür ergeben hätte: Nachweisungen bei Kleinwächter-Paller, Die Anschlußfrage, Wien 1930. Die große Zahl mehr oder weniger einseitiger Werke, die in Österreich zum 50jährigen Bestand der Bundesverfassung 1970 erschienen sind, zeigt, daß es sich bei der Anschlußfrage in ihrer historischen Entwicklung um ein Thema handelt, das auch heute noch keineswegs enttabuisiert ist.

  59. Bundeskanzler Willy Brandt in den „ 20 Kasseler Punkten" bzw.den grundsätzlichen Ausführungen in der Vormittagssitzung des Kasseler Treffens vom 21. 5. 1970: „Bulletin des Presse-und Informationsdienstes der Bundesregierung" vom 22. 5. 1970, Bd. V der „Texte zur Deutschlandpolitik" des BM. f. innerdeutsche Beziehungen, Bonn 1970, S. 96 ff. Besonders markant ist in diesem Zusammenhang der „Brief zur deutschen Einheit", mit fast gleichlautendem Wortlaut einmal als Note der deutschen Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Moskauer Vertrag der Sowjetregierung übergeben (Bulletin des Presse-und Informationsamtes der Bundesregierung, Nr. 107 /S. 1057 v. 12. 8. 1970) und einmal als ein ebensolcher Brief an das Staatssekretariat beim Ministerrat der DDR anläßlich der Unterzeichnung des sog. Grundvertrages am 21. 12. 1972 (Bulletin, Nr. 171 /S. 2009 v. 22. 12. 1972).

  60. Am deutlichsten hat dies Fritz von Hippel, Die Perversion von Rechtsordnungen, Tübingen 1955, vor allem S. 156 f., herausgearbeitet, wobei freilich dieselbe Perversion von Rechtsordnungen in anderen totalitären Staatssystemen, insbesondere jenen marxistisch-leninistischer Ausformung, vollkommen mit Stillschweigen übergangen wird. Zur notwendigen Ergänzung vgl. das Dokumenten-werk von Schenk, Kommunistische Grundsatz-erklärungen 1957— 1971, Köln 1972.

  61. La protection internationale des minorites sous le regime de la Socit des Nations, UNO-Doc. E/CN. 4/SUB. 2/6; Etüde sur la valeur juridique des engagements en matiere de minorite, UNO-Doc. E/CN. 4/367. Kommentar dazu: Francois Branchu, Le probleme des minorites en droit international depuis la seconde guerre mondiale, Diss. Univ. Lyon (Rechtsfakultät) 1959.

  62. UNESCO, Doc. 11 C/Resolutions. Konvention v. 14. 12. 1960.

  63. Doc. E/CN. 4/Sub. 2/214/Rev. 1 und E/CN. 4/Sub. 2/221/Rev. 1.

  64. Vgl. das auch heute noch bedeutsame, sehr objektive Buch von Christoph v. Imhoff, Imperialismus oder völkische Politik, Berlin 1937. Der Autor ist heute besonderer Fachmann für Mittelmeerfragen. 67) Man denke an das Buch von Brüdigam, Aber der Schoß ist fruchtbar noch, Frankfurt 1965; ähnlich Harry Pross, Die Zerstörung der deutschen Politik, Dokumente 1871— 1933, Fischer-Bücherei 1959.

  65. Im Russischen gibt es neben „national" in diesem Sinne auch noch „völkisch“, was aber 1t.der Großen Sowjetenzyklopädie wie auch nach dem Großen deutsch-russischen Wörterbuch (ebenfalls im Verlag der Sowjetenzyklopädie) einen „chauvinistischen" Beigeschmack hat, wie heute eben auch im Deutschen.

  66. Doc. E/CN. 4/Sub 2/85, S. 6 der franz. Ausg.

  67. A. a. O. (Südtirol als volkliches Problem. Grundriß einer Südtiroler Ethno-Soziologie, Wien 1970, S. 43).

  68. H. L. Koppelmann, Nation, Sprache und Nationalismus, Leiden 1956; ähnlich, aber vorsichtiger, Florian Znaniecki, Modern Nationalities, Urbana 1952.

  69. Vgl. Paul Serant, La Bretagne et la France, Paris 1971; Jacques Brossard, Le territoire quebecois, Montreal 1970; Jean-Louis Davant, Histoire du Pays Basque, Bayonne 1970; für die Katalanen sei auf die Geschichte des Autonomie-statuts und dessen Wortlaut bei Th. Veiter, Nationale Autonomie, Wien 1938, verwiesen, ferner auf die Übersicht bei R. Boix, Die Katalanen, in: Manfred Straka (Hrsg.), Handbuch der europäischen Volksgruppen, Wien 1970, S. 133 ff.; Hugo Mihsliwetz, Die Kurden — Volk ohne Staat, Wien (Selbstverlag des Kurdischen Studentenvereins in Österreich) 1972.

  70. Die Slowakische Staat, obwohl im wesentlichen eine Schöpfung des deutschen nationalsozialistischen Regime und seiner Wiener Mitarbeiter (Dr. Flor, Dr. Hammerschmidt), war vom slowakischen Volk heißt ersehnt: Milan Stanislao Durica, La Slovacchia e le sue relazioni politiche con la Germania 1938— 1945, Padova 1964; ders., L'Autonomia della regione Slovaca, Padova (Centro di Studi sull’Europa Orientale) 1967; ders., Die slowakische Politik 1938/39 im Lichte der Staatslehre Tisos, Bonn 1967. Jörg K. Hoensch, Die Slowakei und Hitlers Ostpolitik, Köln 1965, meint zu Unrecht, der slowakische Staat sei nur auf Hitlers Anordnung hin entstanden. Die Kritik des Slowaken Ferdinand Durcansky, Die völker. rechtliche Stellung der Slowakischen Republik, in der von Th. Veiter herausgegebenen Festschr.

  71. Völkerrechtlich fehlerhaft war die Gründung des Unabhängigen Staates Kroatien (Nesavizna Drzava Hrvatska). Dieser Staat war auch nicht unabhängig und auch völkerrechtlich — im Gegensatz zur Slowakei — nicht anerkannt. Dennoch entsprach sein Entstehen dem uralten Streben der Kroaten nach einem Staat eigener Nation. Das wird wissenschaftlich sehr sorgsam dargestellt bei Jere Jareb, Pola stoljeca hrvatske politike (Ein halbes Jahrhundert kroatischer Politik), Buenos Aires 1960.

  72. Die Slowenen hatten nur wenige Tage eine eigene Staatsregierung Anfang Mai 1945. Vgl. Cyril Zebot, Slovenija — vceraj, danes, jutri 2 Bde, Washington (Selbstverlag) bzw. Klagenfurt 1967 und 1969. Man wird aber schwerlich übersehen können, daß auch die Schaffung der SR Slowenien im föderalistischen Staatsverband Jugoslawiens (Verfassung von 1963) dieser Verwirklichung des Nationsgedankens im Staat entspricht; vgl. ferner Sergij Vilfan, Rechtsgeschichte der Slowenen, Graz 1968.

  73. Art. 1 der beiden Menschenrechts-Weltpakete, UN-Doc. 2200 (XI) vom 16. 12. 1966.

  74. Hans Kohn, Die Idee des Nationalismus, deutsche Ausgabe bei S. Fischer 1962.

  75. Eugen Lemberg, „Nationalismus" in WB. d. Soziologie, 1955; ders., Europäische National-ideen und der europäische Nationalismus, in: Kölner Zschr. f. Soziologie, Jg. 1951/52.

  76. S. hierzu Werner Pfeifenberger, Die Vereinten Nationen, Salzburg-München 1971; Kurt Rabl, Die Völkerrechtsgrundlagen der modernen Friedensordnung, Teil I (1967) und Teil II (1969), Hannover (Niedersächsische Landeszentrale für Politische Bildung).

  77. Stichwort „Nation“, von Heinz Horst Schrey, 5. Aufl., Stuttgart-Berlin 1965.

  78. Vgl. hierzu Richard W. Cottam, Nationalism in Iran, Pittsburgh 1964; D. Howard, Syria’s new nationalities move towards democracy, in: New Middle East, März-April 1972; K. -P. Misra, Intrastate imperialism — The case of Pakistan, in: Journal of Peace Research, No. 1, 1972; P L. Berghe, Ethnicity — The African experience, in: International social Science journal (UNESCO), No. 4, 1971; K. Whiteman, Guinea in West African politics, in: The World today, August 1971; P. Chauleur, Dix ans d'independance africaine, in: Etudes, Paris, Jan. 1971; J. Wolf, Faut-il rayer la Gambie de la carte?, in: Jeune Afrique, 1. Sept. 1970; R. W. Johnson, Sekou Toure and the Guinean revolution, in: African Affairs, Okt. 1970; F. R. Golino, Patterns of Libyan national identity, in: Middle East Journal, No 24, Sommer 1970; Niklaus Scherk, Dekolonisation und Souveränität. Die Unabhängigkeit und Abhängigkeit der Nachfolgestaaten Frankreichs in Schwarzafrika, Wien 1969; Otto Molden, Zweikampf um das Gelbe Reich, Wien 1968; Das Ende der Kolonialzeit und die Welt von morgen, Stuttgart 1961 (Sammelwerk). Bassam Tibi, Nationalismus in der Dritten Welt am arabischen Beispiel, Frankfurt 1971.

  79. Theodor Schieder und Peter Burian (Hrsg.), Sozialstruktur und Organisation europäischer Nationalbewegungen, München-Wien 1971.

  80. Hierzu grundlegend: Federico Chabod, L'Jdea di nazione, Bari 1967 (s. o. Anm. 53).

  81. Zur Zeit der Österreichisch-Ungarischen Monarchie waren die Klein-und Mittelstädte Österreichs aus Gründen eines alldeutschen Nationalismus von Bismarckverehrung überschwemmt, obwohl Bismarck ein Verfechter der kleindeutschen Lösung und also ein Gegner eines Pan-Germanismus war. Es gab bis 1919, teilweise sogar noch bis weit darüber hinaus, kaum eine Stadt, die nicht ihren Bismarckplatz, ihre Bismarckstraße oder — Klagenfurt — ihren Bismarckring hatte. In Ungarn gab es die ähnlich begründete Straßen-benennung nach Kossuth Lajos (vgl. Friedrich Walter — Harold Steinacker, Die Nationalitäten-frage im alten Ungarn und die Südostpolitik Wiens, München (1959).

  82. Womit nichts gegen Patenschaften gesagt ist, die der Völkerversöhnung oder, jedenfalls in Westeuropa, der Schaffung eines Vereinten Europa dienen (z. B. Innsbruck-Grenoble). Diese Patenschaftsstädte sind heute übrigens in einer Association internationale des villes jumeles vereinigt. Die Patenschaftsstädte und „Gemeinden im Exil", die die italienische Flüchtlinge aus den adriatischen Küstengebieten in Italien gefunden bzw. eingerichtet haben, dienen, obwohl es Exil-bürgermeister etwa von Zara, Albona usw. in italienischen Obhutstädten gibt, praktisch nur der Erinnerungspflege, ähnlich wie vergleichbare Einrichtungen der deutschen Vertriebenen aus Ost-mitteleuropa. (Nicht zu verwechseln mit den eine erfolgreiche und in der Praxis auch sehr glückliche Realität darstellenden, wenn auch wenig zahlreichen Vertriebenenstädten: Georg Klemt, Die Entwicklung von Vertrebenenstädten in der Bundesrepublik Deutschland, in : A. W. R. -Bulletin, Wien, H. 3/1972.)

  83. Der Osterr. Verwaltungsgerichtshof hat jüngst in zwei grundlegenden Fällen — Asylgewährung nach der Genfer Flüchtlingskonvention — ausgesprochen, daß die Rechte nach der Konvention nicht in Anspruch genommen werden können, wenn dadurch Art. 2, Z. 4 der Charta der VN (Regelung internationaler Streitigkeiten mit friedlichen Mitteln; Verbot von Angriffen gegen die Unabhängigkeit eines Mitgliedstaates der VN, dies auch nach Kap. 1 Art. 1 Z. 2 der Charta) verletzt würde: Erkenntnisse ZI. 744/71 v. 7. 12. 1971 und ZI. 185/72 v. 16. 5. 1972.

  84. Heinz Kloss (Hrsg.), Beiträge zu einem System des Selbstbestimmungsrechts der Völker, Wien 1971; Boris Meissner (Hrsg.), Das Selbstbestimmungsrecht der Völker in Osteuropa und China, Köln 1968; Harold S. Johnson, Self-Determination within the Community of Nations, Leyden 1967 („Nations" bedeutet hier ambivalent sowohl „Staaten" wie auch „Nationen" in dem in dieser Abhandlung dargestellten Sinne. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker richtet sich grundsätzlich gegen den Staat: Armbruster, Artikel „Selbstbestimmungsrecht" im WB d. VR, hrsg. v. Strupp-Schlochauer, 2. Aufl.); Boris Meissner und Theodor Veiter, Das Selbstbestimmungsrecht nach sowjetischer und westlicher Lehre, Wien 1967; der führende Fachmann in der DDR für Selbstbestimmungsfragen, Rudolf Arzinger, Das Selbstbestimmungsrecht im allgemeinen Völkerrecht der Gegenwart, Berlin (Ost) 1966, reklamiert ebenfalls, obwohl bei ihm der Inhalt des Selbstbestimmungsrechts weniger im Recht auf den eigenen Staat als im Recht auf den eigenen sozialistischen Staat liegt, die Einigung bzw. Wiedervereinigung, dies freilich nicht auf der Grundlage eines freien Plebiszits; v. Biittersdorf, Das internationale Plebiszit, Hamburg 1965; Kurt Rabl (Hrsg.), Inhalt, Wesen und gegenwärtige praktische Bedeutung des Selbstbestimmungsredits der Völker, München 1964 (Bd. 2, 1965), behandelt Einzelfälle); durchaus „westlich" ist die wichtige Studie von Milan Bulajic, Pravo na samoopredjeljenje u Drustvu Naroda i u Ujednjenim Nacijama (1917— 1962) (Das Recht auf Selbstbestimmung im Völkerbund und in den Vereinten Nationen 1917— 1962), Beograd 1963. Rita Hauser, International Protection of Minorities and the Right of Self-Determination, in: Israel Yearbook on Human Rights 1971, Tel Aviv 1972.

  85. Hermann Raschhofer, Selbstbestimmungsrecht und Völkerbund, Köln (Verlag Wissenschaft und Politik) 1969; Fritz Richert, Die nationale Welle, Stuttgart (Seewald) 1966; Peter Alter, Die irische Nationalbewegung zwischen Parlament und Revolution, München-Wien (Oldenbourg) 1971; „The Significance of Freedom", Celtic League annual, Dublin/Baile Ath Cliath 1969.

  86. Paul Zinsli, Vom Werden und Wesen der mehrsprachigen Schweiz, Bern 1965; Walther Burckhardt, Das Verhältnis der Sprachen in der Schweiz, Küsnacht/ZH 1938; Theodor Veiter, Die Verfassungswirklichkeit des schweizerischen Föderalismus, in: Bundesstaat auf der Waage, Salzburg — Wien — Zürich, 1969. — Es kann allerdings nicht übersehen werden, daß die Jurassier im Kanton Bern von großem Unbehagen erfüllt sind und jedenfalls den Kanton Bern nicht'als „ihren" (Glied) staat betrachten. Vgl. als neueste wissenschaftliche Literatur hierzu: Theodor Veiter, Das Selbstbestimmungsrecht des jurassischen Volkes im Berner Jura, Wien 1971; La Reveil du peuple jurassien, Delemont (hrsg. von Roland Beguelin) 1972; Hans Peter Henecka, Die jurassischen Separatisten, Studia Ethnologica, Meisenheim/Glan 1972.

  87. Vgl. Theodor Veiter, Die Rechtsstellung der Sprach-und Volksgruppen in der Bundesrepublik Deutschland, in: Europa Ethnica, Wien 1969, S. 65 (mit der wesentlichen Literatur); ders., Die Rechtsstellung der sorbischen Volksgruppe in der DDR, in dem in Anm. 87 genannten Sammelwerk von Meissner (Hrsg.); Tone Glavan, Luziski Srbi, Ljubljana 1966.

  88. W. E. Mühlmann, Stichwort „Volk", im WB d. Soziologie, Stuttgart 1969, mit Hinweisen auf Begriffsunklarheiten; Friedrich Spiegel-Schmidt, Stichwort „Volk" im Evangelischen Staatslexikon, Stuttgart 1966, mit einer — sehr objektiven — Literaturauswahl; ob der Begriff in der marxistisch-leninistischen Theorie gleich gesehen wird, mag zu bezweifeln sein, obwohl der Herausgeber-Artikel „Die Interessen des Volkes — höchstes Gebot" in „Neue Zeit", Moskau, Nr. 40, Okt. 1972, so etwas mit andeutet.

  89. 3. Aufl. Berlin 1929.

  90. Vgl. hierzu das Stichwort „Die Italiener in Jugoslawien" in dem von Manfred Straka bearbeiteten „Handbuch der europäischen Volksgruppen", Wien—Stuttgart 1971.

  91. Robert Lafont, La revolution regionaliste, Paris (Gallimard) 1967; Pierre Fougeyrollas, Pour une France Föderale, Paris (Denoel) 1968; Robert Lafont, Sur la France, Paris (Gallimard) 1968; vgl. auch die Erklärungen De Gaulles vom 18. 6. 1940 „La nation nous la servons, l'Etat nous nous en servons, si nous en avons les moyens" (zit. bei Fougeyrollas, a. a. O., S. 30); Andre Zanotto, Histoire de la Vallee d'Aoste, Aosta (Ed.de la Tourneuve) 1968; Marc Lengereau, La Vallee d'Aoste, Paris 1969; Charles Becquet, L'ethnie franaise d'Europe, Paris 1963.

  92. s. „The Crimean Tatars and the Volga Germans", No. 6 der Reports der Minority Rights Group, London, 1971. Vgl. Anm. 27.

  93. Nur im schweizerischen Teil des Samnauntales und in Tarasp ist die angestammte Bevölkerung bayrisch-österreichisch und spricht Tiroler Mundart, und in einigen Grenzgebieten gegenüber Südbaden ist die Mundart dem Schwäbischen angenähert, gehört aber damit dennoch im weiteren Sinne zum Alemannischen (Schwäbisch-Alemannischen).

  94. Diesem Ziel dient die in Salzburg erscheinende kleine Monatsschrift „Die österreichische Nation". Vgl. ferner: Albert Massiczek (Hrsg.), Die österreichische Nation zwischen zwei Nationalismen, Wien

  95. Solche Bemühungen werden in „Die österreichische Nation" in der Rubrik „Die Sprache des Österreichers" allmonatlich sichtbar, ferner — bearbeitet von Jakob Ebner — „Wie sagt man in Österreich? Wörterbuch der österreichischen Besonderheiten", Mannheim (Duden-Taschenbücher) 1969, mit zahlreichen Verwechslungen von Wienerisch mit Austro-Bajuvarisch und gänzlicher Nicht-berücksichtigung des österreichischen Alemannischen und des Kärntner Fränkischen; vgl. weiter das für Schulen amtlich herausgegebene „österreichische Wörterbuch", dem Identifikationen von Wiener Dialektausdrücken mit der Hochsprache an-zulasten sind.

  96. Vgl. hierzu A. C. v. Breycha-Vauthier, Die Zeitschriften der österreichischen Emigration 1934 bis 1946, Wien 1960. Dazu die vom selben Autor (Direktor der Völkerbundbibliothek und später der UN-Library in Genf und derzeit Direktor der Wiener Diplomatischen Akademie) herausgegebene Studie „Und sie trugen Österreich in die Welt", Wien 1962. ,

  97. Von Karl Renner auch noch in seinem posthumen Buch über die Nation (s. o.); Kurt Schuschnigg, Dreimal Österreich, Wien 1937, aber auch noch in seinem Erinnerungswerk „Im Kampf gegen Hitler. Die Überwindung der Anschlußidee", Wien; Josef Klaus, Macht und Ohnmacht in Österreich, Wien 1971 (mit einer gewissen Einengung auf den Begriff des deutschen Sprachvolkes); Bruno Kreisky, Das viergeteilte Deutschland, in: Der Monat, Berlin, Maiheft 1970. Eine übersichtliche Sammlung von Aussprüchen und Erklärungen führender österreichischer Politiker, Dichter, Publizisten und Wissenschaftler der Gegenwart mit dem Bekenntnis der Zugehörigkeit der Österreicher zum deutschen Volk ist die Schrift von Günther Berka, Gibt es eine österreichische Nation?, Wien (Eckartschriften, Nr. 7) 1961. — Auf dem Lerbach-'Seminar des Gustav Stresemann-Instituts zur Deutschlandfrage wurde in der Arbeitsgruppe IV „Das Selbstbestimmungsrecht des deutschen Volkes" definiert wie folgt: „Dem deutschen Volk gehören außer der Bevölkerung von BRD und DDR die in den Ostgebieten verbliebene Bevölkerung sowie die Österreicher und die Deutsch-Schweizer an. Das in der Präambel des GG, Art. 146 GG oder im Brief zur deutschen Einheit angesprochene deutsche Volk als Träger eines völkerrechtlichen Selbstbestimmungsanspruchs umfaßt die Österreicher und Deutsch-Schweizer nicht. Sie haben ihr Selbstbestimmungsrecht dahingehend ausgeübt und üben es täglich aus, daß sie dem österreichischen bzw. Schweizer Staatsverband angehören." (Diese Feststellungen mit den Diskussionsbeiträgen werden 1973 veröffentlicht.)

  98. Vgl. die in Anm. 90 zit. Literatur. Für die Ruhrpolen — eine Zuwanderungsminderheit — vgl. die auch heute noch wichtigen Abschnitte darüber bei Hugo Wintgens, Der völkerrechtliche Schutz der nationalen, sprachlichen und religiösen Minderheiten, Stuttgart 1930. Im „Handbuch der europäischen Volksgruppen", Wien 1970, wünschten, wie dort zu lesen steht, die Polen in der Bundesrepublik (praktisch vorwiegend Ruhrpolen), obwohl sie sich selbst als Volksgruppe und nicht nur als Minderheit betrachten — so W. Broniwoj-Orlinski in seinem Referat über die Polen in Deutschland auf der Regionaltagung der FUEV in Flensburg vom 8. bis 11. Mai 1972 (s. „Europa Ethnica", Wien, H. 2/1972) — nicht erwähnt zu werden. Ihr Dachverband ist der Zwiazek Polakow w Niemczech.

  99. S.den äußerst kritischen Beitrag des sehr kompetenten Autors Günter Schoeppe, Das Lagerproblem im deutschen Asylverfahren, in: A. W. R. -Bulletin, 1972, S. 97.

  100. Vgl. hierzu die äußerst gründliche Darstellung bei Heinz Kloss, Grundfragen der Ethnopolitik im 20. Jahrhundert, Bad Godesberg und Wien 1969. Bezüglich der „heimatlosen Ausländer" s. Rudolf Wierer, Probleme der heimatlosen Ausländer in der Bundesrepublik Deutschland, Gräfelfing 1960, und Gustav Hennyey, Die Lage der heimatlosen Ausländer in der Bundesrepublik Deutschland, in: A. W. R. -Bulletin, Wien, 1972, S. 135.

  101. Vgl. hierzu an grundlegender neuerer Literatur: Otto Kimminich, Der internationale Rechtsstatus des Flüchtlings, Köln 1962; Leopold Bolesta-Kodziebrodski, Le droit d'asile, Leyden 1962; Atle Grahl-Madsen, The Status of Refugees in International Law, Bd. I, „Refugee Character" Leyden 1966 (Bd. II „Asylum, Entry and Sojourn", ebda. 1972); Walter Schätzel — Theodor Veiter (Hrsg.), Handbuch des internationalen Flüchtlingsrechts, Wien 1960; Paul Weis, Le concept du rfugi en droit international, Clunet 1960, S. 928— 1001; neuerdings die wichtige Ausarbeitung einer Asylrechtskonvention des Carnegie Endowment for International Peace (Bellagio-Colloquium 13. — 19. 4. 1971 und 12. — 15. 1. 1972), UNO-Doc. E/5138/Add. 1 v. 2. 7. 1972.

  102. Vom 27. 11. 1961, öBGBl. 1962/283.

  103. ÖBGBl. 1962/12.

  104. Umsiedler-und Vertriebenen-Entschädigungsgesetz, öBGBl. 1962/77. Vgl Hermann Hiltscher, Entschädigungsgesetze, Wien 1963; ferner die juristische Definition des vertriebenen Volksdeutschen in der österreichischen Rechtsprechung bei Theodor Veiter, Die Flüchtlingskonvention in der österreichischen Rechtsprechung, in: Jur. Blätter, Wien 1972, S. 349. Für den bundesdeutschen Rechts-bereich ist immer noch grundlegend die vom UNHCR verfaßte gutachtliche Äußerung über den Flüchtlingsbegriff im Zusammenhang mit den deutschen Entschädigungsgesetzen in: Rechtsprechung zum Wiedergutmachungsrecht, Frankfurt/M, April 1968.

  105. In den gängigen Kommentaren von Maunz-Dühring, v. Mangoldt-Klein, Giese, Grewe u. a. m. findet sich hierzu kein Hinweis. In der Taschenbuchausgabe „Deutsche Verfassungen" des Goldmann-Verlages, München 1965, wird „deutsches Volk" mit Kleinschreibung geschrieben, jedoch nach Auskunft des Verlages zufolge eines Irrtums. Vgl. hierzu Theodor Veiter, Deutschland und das deutsche Volk als Rechtsbegriffe, in: Internationales Recht und Diplomatie, Köln, Jg. 1967, S. 31 ff.

  106. Texte bei Friedrich Berber, Völkerrecht. Dokumentensammlung, München 1967, Bd. II; vgl. ferner Ingo v. Münch, Dokumente des geteilten Deutschland, Stuttgart 1968 (mit nur unvollständiger Wiedergabe des Potsdamer Abkommens, das übrigens in der österreichischen Judikatur richtiger nicht als Abkommen bezeichnet wird, sondern als „Potsdamer Beschlüsse"); Fritz Faust, Das Potsdamer Abkommen, Frankfurt 19644; Stefan Doernberg (Hrsg.), Potsdamer Abkommen, Berlin (Ost) 1971 (formeller Herausgeber: „Historische Gedenkstätte des Potsdamer Abkommens").

  107. Die Nichtigerklärung des Anschlusses Österreichs auch durch die Bundesrepublik erfolgte im Rahmen des Zweiten Gesetzes zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit vom 17. 5. 1956, BGBl. I S. 431, im Vorspruch mit der Feststellung, „daß das Reichsgesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich vom 13. März 1933 (RGBl. I S. 237) außer Kraft getreten ist." Wann es außer Kraft trat, wird nicht gesagt. Schätzel, Das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht, Berlin 19582, sagt (S. 322) mit Recht daß dieser Vorspruch nur politische Bedeutung habe, da niemand daran zweifle, daß Österreich wieder ein selbständiger Staat geworden sei.

  108. Vom 16. 4. 1871, RGBl. S. 64.

  109. Vom 11. 8. 1919, RGBl. I S 1383.

  110. Theodor Schieder — Ernst Deuerlein (Hrsg.), Reichsgründung 1870/71, Stuttgart 1970, darin bes.der Beitrag von Deuerlein über „Die Konfrontation von Nationalstaat und national bestimmter Kultur". Für Weimar soll nicht unerwähnt bleiben: Gustav erschien noch zur Zeit der Monarchie); Karl Renner, Nation und Staat, Leipzig und Wien 1968; Ernest Renan, Qu'est-ce qu'une nation, Paris 1882. Mit Renan's Nationsbegriff beschäftigt sich heute vor allem die frankokanadische Literatur-, Pasquale Stanislao Mancini, Della nazionalitä come fondamento del diritto delle genti, Torino 1851.

  111. Vgl. Bernhard Doerdelmann (Hrsg.), Minderheiten in der Bundesrepublik, München 1969, mit dem etwas polemischen Beitrag von Wolf Litt-mann, Juden in Deutschland.

  112. Vgl. hierzu die sehr sorgsame Arbeit von Jacob Robinson, International Protection of Minorities: A Global View, in: Israel Yearbook on Human Rights", Bd. I, 1971, Tel Aviv, S. 61 ff.

  113. Rüdiger Ruhnau, Danzig. Geschichte einer deutschen Stadt, Würzburg 1971; Christian Th. Stoll, Polens Zugang zum Meer über Danzig, Hamburg 1966.

  114. S. „München 1938. Dokumente sprechen", München 1964; Gutachten zum Münchner Abkommen, hrsg. v. Sudetendeutschen Rat, München 1967; Armbruster-Klein-Münch-Veiter, Gutachten zum Münchner Abkommen, in: A. W. R. -Bulletin 1966, S. 59; Charles Rousseau, L'Accord de Munich et le Droit International, Paris 1965, und Rudolf Bistricky, Nad tfemi smlouvani, vertreten im Prager „Casopis pro mezinärodni prävo, Jg. 1966 bzw. 1963, einen gegenteiligen Standpunkt.

  115. Vgl. außer der in Anm. 90 zit. Literatur noch: Theodor Veiter, Die Sorben, in: Maurach-Rosenthal (Hrsg.), Fragen des mitteleuropäischen Minderheitenrechts, Herrenalb 1967, S. 265; Povl Skadegard, Die sorbische Volksgruppe in der DDR, in: Handbuch der europäischen Volksgruppen, Wien 1970, S. 511; Beno Cyz, Casowa dokumentacija 1945 bis 1960, Bautzen/Budysin 1965; Autorenkollektiv, Die Sorben, Bautzen/Budysin 19662.

  116. In der österreichischen politischen Terminologie wird aus Gründen, die mit der Abwehr des Vorwurfs eines Pangermanismus Zusammenhängen, ab und zu hinsichtlich der Südtiroler gesagt, diese seien keine deutsche, sondern eine österreichische nationale Minderheit: Österreichisches Weißbuch zur Südtirolfrage, 1961; „Das Menschenrecht", Wien, Sept. 1972. Vgl. im übrigen hierzu das eben erschienene, geradezu monumentale Werk von Werner Wolf, Südtirol in Österreich. Die Südtirolfrage in der österreichischen Diskussion, Würzburg 1972.

  117. Vom 7. 10. 1949, DDRGB 1. I S. 505 (Fassung vom 12. 9. 1960).

  118. GBl. I, S. 199.

  119. Vom 20. 2. 1967, GBl. I, S. 3. Hierzu erging am 16. 10. 1972 ein Gesetz zur Regelung von Fragen der Staatsbürgerschaft, GBl. I S. 265, wonach DDR-Bürger, die vor dem 1. 1. 1972 „unter Verletzung der Gesetze des Arbeiter-und Bauern-Staates" die DDR verlassen und ihren Wohnsitz nicht wieder in der DDR genommen haben sowie ihre Abkömmlinge (unter analogen Voraussetzungen) mit dem 17. Oktober 1972 die Staatsbürgerschaft der DDR verlieren. Das scheint nicht für die Bejahung der Existenz einer deutschen Nation zu sprechen.

  120. Alexander N. Makarov, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht, Frankfurt/M. 19712.

  121. So entschied jüngst die liechtensteinische Verwaltungsbeschwerde-Instanz (VBI) am 9. 8. 1972, VBI 1971/69, im Falle eines DDR-Flüchtlings; ähnlich Österreich: Zschr. f. Rechtsvergleichung, Wien, 1966, S. 246.

  122. Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik. Dokumente, Kommentar, 2 Bde, Berlin (Ost) 1969.

  123. DDRGB 1. I, S. 867.

  124. Außer den bereits mehrfach erwähnten und oben (Anm. 54) zitierten Werken einschließlich jener von Christ, Deuerlein, Veiter, Kloss, Mannhardt, Pan, Fontan, Becquet, Serant wäre noch als sehr maßgebend (obzwar in der Literaturauswahl einseitig) zu nennen das Sammelwerk „L'idee de nation" des Institut international de Philosophie politique, in: Annales de Philosophie politique, No. 8, Paris 1969 (in deutsch und englisch), dort vor allem der Beitrag von J. J. Chevalier, L'idee de Nation et l'idee d'Etat, und Alexandre Passerin d'Entreves, Frederic Chabod et l'idee de nationalite.

  125. Zu Wortschatz und Wortwahl in der politischen Sprache der DDR s. Hans H. Reich, Sprache und Politik, München 1968, mit sehr kurzer Wiedergabe des Stalinschen Nationsbegriffes; Joseph M. Bochenski — Gerhart Niemeyer, Handbuch des Welt-Kommunismus, Freiburg/München 1958 (teilweise überholt und von Einseitigkeit nicht frei); R. N. Carew-Hunt, Wörterbuch des kommunistischen Jargons, Herder-Taschenbuch Nr. 35. Solchen Schlagworten wendet sich auch Fritz von Hippel in seinem klassischen Buch, Die Perversion von Rechtsordnungen, Tübingen 1955, zu. Er untersucht nur die nationalsozialistische Perversion von Rechtsbegriffen einschließlich „Nationalismus", doch läßt sich dies beliebig auch auf die Perversion im Bereich marxistisch-leninistischer Diktaturen anwenden. — Beispiele liefert aber vor allem die marxistisch-leninistische Rechtsliteratur selbst, z. B. in „Staat und Recht", Potsdam-Babelsberg (so etwa in dem für unser Thema interessanten Beitrag von Karl Becher, Grundfragen der völkerrechtlichen Regelung internationaler Wirtschaftsbeziehungen, Nr. 7/1972.

  126. Texte zur Deutschlandpolitik, Bd. V, Bonn 1970, S. 100.

  127. „Das gesamte Deutsche Volk bleibt aufgefordert, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden".

  128. Vgl. Gottfried Zieger, Das Staatsbürgerschaftsgesetz der DDR, Frankfurt/M. 1969.

  129. „Das Nationale Dokument", beschlossen auf dem „Nationalkongreß“ in Berlin (Ost) am 16. und 17. Juni 1962, Schriftenreihe des Staatsrates der DDR Nr. 3/1962.

  130. A. a. O. (vgl. Anm. 132), S. 110 f.

  131. Fritz Schenk (Hrsg.), Kommunistische Grundsatzerklärungen 1957— 1971, Köln 1972; weitere Erklärungen in „Texte zur Deutschlandpolitik", Bonn (BM. f. innerdeutsche Beziehungen).

  132. Vgl. die umfassende Dokumentarübersicht in „Die Deutsche Demokratische Republik und die Vereinten Nationen", hrsg. in der Sehr. R. „Dokumente der DDR 1971“ von der Liga für die Vereinten Nationen in der DDR, Dresden 1971. Die Aufnahme beider deutscher Staaten in die UNO ist das erklärte Ziel des „Grundvertrages" (s. Punkt 20 des „Vergleiches des Grundvertrages mit den 20 Punkten von Kassel" im „Bulletin", Nr. 156 /S. 1857 v. 10. 11. 1972).

  133. Vgl. Henn-Jüri Uibopuu, Die sowjetische Doktrin der friedlichen Koexistenz als Völkerrechtsproblem, Wien 1971, mit zahlreichen Hinweisen auf sowjetische Literatur; Boris Meissner-Theodor Veiter, Das Selbstbestimmungsrecht nach westlicher und sowjetischer Lehre, Wien; Hans Werner Bracht, Ideologische Grundlagen der sowjetischen Völkerrechtslehre, Köln 1964, bes. S. 62 ff.; R. Maurach — B. Meissner (Hrsg.) Völkerrecht in Ost und West, Stuttgart 1967, darin bes.der Beitrag von Bernard Dutoit über Souveränitätsbeschränkungen, S. 71 ff.; Predrag Vranicki, Historija marksisma, 2 Bde, Zagreb 1971 (bes. Bd. II, Beitrag von Peto Poglavlje, Marksizem u suvrenenom penodu, S. 418); Harry Ott, Zum Klassencharakter der Außenpolitik der DDR, in: Deutsche Außenpolitik, Berlin (Ost), Jg. 1972, S. 421; Herbert Kröger, Der Klassen-inhalt der staatlichen Souveränität, ebda, S. 452; A. I. Poltorak, Zur neuen Qualität der Souveränität sozialistischer Staaten, ebda., S. 683.

  134. Helmut Rumpf, Die Frage nach der deutschen Nation, in: Zschr. f. Politik, Köln, Jg. 1971, S. 146.

  135. Sehr wichtig hierbei sein Zitat von Alexander Evertz, Der Abfall der evangelischen Kirche vom Vaterland, 19664 (Notgemeinschaft der evangelischen Kirchen). Es fehlt aber ein Zitat in bezug auf ähnliche Erscheinungen im katholischen Bereich. Hier bietet sich an das Dokumentarbuch des Wiener Oberstaatsbibliothekars Egon Hanel, über alles die Wahrheit, Würzburg 1966.

  136. Veiter, Das Recht der Volksgruppen usw., S. 21 ff.

  137. Bulletin des Presse-und Informationsamtes der Bundesregierung, Nr. 72/S. 1037 v. 18. 5. 1972.

  138. Eberhard Menzel, Die ersten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu den Ostverträgen von 1970, in: JZ 1972, Nr. 17, S. 501, Anm. 3.

  139. Trotz Beifügung im BGBl. 1972 II S. 35 bzw. 361.

  140. Vgl. hierzu die maßgebenden Dokumente in der amerikanischen Regierungsdokumentation (des State Department) „Dem Frieden entgegen”, Salzburg 1946 (Veröffentlichung T. C. /217 in Übersetzung der Zentral-Übersetzungsstelle des Staats-sekretariates der USA); Stephan Verosta, Die internationale Stellung Österreichs 1938— 1947, Wien 1947; Blair G. Ewing, Peace Through Negotiation. The Austrian Experience, Washington, D. C. 1966, mit einer Fülle unbekannt gewesenen Dokumentationsmaterials. 144) Dokumentarisch dargestellt von Gerhard Neu-reiter, Keine Rede von deutscher Volksgemeinschaft, in: Salzburger Nachrichten v. 23. 9. 1972: Klagenfurter Programm von 1957: „Wir ... bekennen uns zur deutschen Volks-und Kulturgemeinschaft..." — Programm von Bad Ischl 1968: „Wir bekennen uns zur demokratischen Republik Österreich und zur deutschen Volks-und Kulturgemeinschaft." — Villacher Manifest 1972: „Für Österreich bietet sich in Fortsetzung einer in Jahrhunderten erlernten Verständigungsrolle vor allem die große Aufgabe an, weltweit zu einem Träger und Mittler deutscher und europäischer Kultur zu werden." Abgesehen von der gezielten Diskriminierung der volksbewußten Slowenen in Kärnten durch einen Teil ausgesprochen deutschnationaler Gruppen (nicht nur der FPÖ) — verdeutlicht in der konzertierten Beseitigung aller doppelsprachigen Ortstafeln in Südkärnten in den 205 im Bundesgesetz BGBl. 1972/270 genannten Ortschaften —, tritt eine deutsch-nationale Tendenz in Österreich im deutschen Nationalstaatssinne kaum noch in Erscheinung, nicht einmal dort, wo das Bekenntnis zum deutschen Volk sehr betont herausgestellt wird wie in den „Eckartschriften“, Wien, in dem Monatsmagazin „Neue Ordnung (Wien und Graz), im „Eckartboten", Wien, in „Die Aula", Graz, und in „Lot und Waage" des Alpenländischen Kulturverbandes Süd-mark bzw.des Allgemeinen Deutschen Kulturverbandes, Graz, wobei es sich ausnahmslos um ernst zu nehmende Publikationen handelt. Nur die unbedeutende NDP, ein österreichisches Pendant zur deutschen NPD, jedoch mit viel rechtsradikaleren Zügen, dürfte diese Entwicklung nicht mitgemacht haben.

  141. Vgl. Eberhard Menzel, Das Potsdamer Abkommen und die Ostpolitik der Bundesregierung, in: Potsdam und die deutsche Frage, Köln 1970, S. 114; Manfred Zuleeg, Die Oder-Neiße-Grenze aus der völkerrechtlichen Sicht von heute, in: Zschr. f. Rechtspolitik, München 1969, S. 226; Hans Schoenberg, Germans from the East, Leiden 1970; in etwa auch: Hiddo M. Jolies, Zur Soziologie der Heimat-vertriebenen und Flüchtlinge, Köln 1965; Bruegel, a. a. O.

  142. Vgl. die lückenlose Darstellung in „Les transferts internationaux de populations", hrsg. vom franz. Ministere de l'Economie nationale, Paris 1946. s. auch Hellmuth Hecker, Die Umsiedlungsverträge des Deutschen Reiches während des Zweiten Weltkrieges, Frankfurt 1971.

  143. Ammon Rubinstein, War and the Rule of Law: The Israeli Experience, in: Israel Yearbook on Human Rights 1971, Tel Aviv 1971; Younes Rabais Altamemi, Die Palästinaflüchtlinge und die Vereinten Nationen, Wien 1973 (mit einer Fülle von Detailmaterial über die Ausdehnung des israelischen Nationalterritoriums seit der „Jüdischen Heimstätte" bis zum 6-Tage-Krieg).

  144. Vgl, hierzu das — allerdings teilweise oberflächlich und einseitig gearbeitete Buch von Dietmar Kreusel, Nation und Vaterland in der Militär-presse der DDR, Stuttgart 1971.

  145. Text bei Rolf Quist, Ostpolitik, Völkerrecht und Grundgesetz, Starnberg 1972. Vgl. auch die Erläuterungen im „Bulletin", Nr. 145 /S. 1737 v. 18. 10. 1972.

  146. Wortlaut des Abkommens mit den vereinbarten Verhandlungsprotokollen in: Bulletin des Presse-und Informationsamtes der Bundesregierung, Nr. 127/1971, S. 1360, und bei Quist, a. a. O., S. 183.

  147. Vom 16. 12. 1966, RES. 2200 A (XXI). Vgl. hierzu die maßgebliche Literatur bei Andreas Khol, Zwischen Staat und Weltstaat, Wien 1969.

  148. RES.der GenV, d. VN vom 14. 12. 1960, 1514 (XV).

  149. Gundolf Fahl, Die Gibraltarfrage. Entwicklung und Rechtslage, ZAOR, Bd. 30, 1970, S. 427; Theodor Veiter, Gibraltar — Anwendungsfall des völkerrechtlichen Vertreibungsverbots, A. W. R. -Bulletin, Jg. 1970, S. 2. Beide mit umfassenden Literaturhinweisen, einschließlich der spanischen.

  150. Schweizerisches Bundesblatt Nr. 37 v. 18. 10.

  151. Vor allem Heinz Kloss (Hrsg.), Beiträge zum Selbstbestimmungsrecht der Völker, Wien 1970; Kurt Rabl, Das Selbstbestimmungsrecht der Völker, München 1963; ders. (Hrsg.), Studien und Gespräche über Selbstbestimmung und Selbstbestimmungsrecht, Bd. 1, München 1964, Bd. 2 1965; Günther Decker, Das Selbstbestimmungsrecht der Nationen, Göttingen 1955 (juristisch zu wenig durchdacht); Boris Meissner, Sowjetunion und Selbstbestimmungsrecht, Köln 1962; Harold S. Johnson, Self-Determination within the Community of Nations, Leiden 1967.

  152. A. a. O., S. 57. Nach Quist ist selbst die Staatsform der Diktatur oder des Totalitarismus mit dem Selbstbestimmungsrecht der Völker vereinbar.

  153. Boris Meissner, Die „Breschnew-Doktrin“, Köln 1969. Die oben zit. Beiträge in „Deutsche Außenpolitik" über Souveränität lassen aber erkennen, daß es eine derartige Doktrin über „beschränkte Souveränität" gibt.

  154. Freiburg i. Br. Nr. 3/1972, S. 16.

  155. Rudolf Walter Leonhardt, Deutschland, Luzern 1972; Heinz Ludwig Arnold (Hrsg.), Deutsche über die Deutschen, München 1972.

  156. Anton Melik, Slovenija. Geografski Opis, Bd. 1, Ljublana, 19632. Melik, führender Fachgelehrter, bezieht in das slowenische Land (slovensko ozemlje) Triest, Görz (Gorizia, Gorica), das Klagenfurter Becken usw. mit ein (Karte auf S. 193). — Die „Catena Mediana" als Nordgrenze Italiens wurde von Paolo Vinassa 1919 („Politica" 11/124— 29) erstmals entwickelt und seither immer wieder gefordert: Näheres in „Catena Mediana", in: Neue Politik, Zürich 1951, H. 8/16 und 18/19. Italien umfaßt danach auch die Kantone Wallis, Tessin, Graubünden, Teile der Kantone Uri und St. Gallen sowie die österreichischen Gebiete Osttirol und Bundesland Kärnten.

  157. Zit. bei Arnold (Hrsg.), a. a. O., Arnolds Sammelwerk ist wohl die umfassendste und eindringlichste Zusammenstellung von mannigfachen Zeugnissen über den verwirrenden Begriff „Deutschland".

  158. Vereinzelt wurde das sogar deskriptiv, aber ethnopolitisch gewichtet versucht, so in: Die südostdeutsche Volksgrenze, Berlin 1934 (hrsg. v. Friedrich Heiß); neuerdings: Manfred Straka, Deutsche in aller Welt, Wien (N-. 19 der Eckartschriften) 1966. Manfred Straka arbeitet im Auftrag der FUEV an einer europäischen Volkstums-und Sprachenkarte, die 1973 in Wien erscheinen soll. Ansonsten wird nur von der Sowjetunion eine (in vier Teilen hergestellte) derartige Karte etwa alle vier Jahre für Mittelschulen neu herausgegeben. Einem geographischen mit abgegrenzten Deutschlandbegriff diente auch die Darstellung des „Handwörterbuchs des Grenz-und Auslandsdeutschtums", Kiel, von dem drei Bände (I, II und III) 1933 bis 1938 erschienen und von Folgebänden bzw. einem Nachtragsband nur Bruchstücke vorliegen, einige davon als Vorabdrucke, andere nur als Mikrofilme von Bürstenabzügen (derzeit in us-amerikanischen Archiven, wo sie aber erhältlich sind).

  159. Verklungene deutsche Ortsnamen geben Hinweise — s. auch oben Anm. 50 — Nanzig-Nancy, Mömpelgard-Monbeliard, Neuenstadt-La Neuveville, Stäffis am See-Estavayer-le-Lac, Zillung-Chil-Ion, Augst-Aosta (Aoste), Bern-Verona, Wiesenthain-Vicenza, Rofreit-Rovereto, Radmannsdorf-Radovljica, Karfreit-Caporetto/Kobarid, Mitterburg-Pazin/Pisino, St. Veit am Pflaum-Fiume, Stuhlweißenburg-Szekesfehervär, Neusohl-Banskä Bystrica

  160. Beim Elsaß mögen die Dinge angesichts der durch systematische Entnationalisierung und Assimilierung, verbunden mit ethnischer Diskriminierung der volksbewußten Elsässer hervorgerufenen Volkstumsbetonung eines Teiles der Elsässer etwas anders liegen, obwohl die Hauptentwicklung dieselbe ist wie in Österreich: Albert Verdoodt, Zweisprachige Nachbarn, Wien 1968; Harry Wilkens-Weyland, Der Kultur-und Sprachenkampf an Deutschlands Westgrenzen, Brüssel 1971; Pierre Pflimlin — Rene Uhrich, L'Alsace. Destin et volonte, Paris 1963. Zur gesellschaftlichen Diskriminierung der Elsässer s. Paul Bernhardt, Elsässisches Narrenpaddelboot, Mundolsheim 1970.

  161. Harry R. Wilkens-Weyland, Kein Recht auf Autonomie. Der linksrheinische Separatismus im Rheinland, an der Ruhr, Saar und Pfalz, von 1792 bis in die Gegenwart, Starnberg 1972 (mit Angabe der wichtigsten, auch der französischen Literatur).

  162. Johannes Hoffmann, Das Ziel war Europa — Der Weg der Saar 1945— 1955, München und Wien 1963.

  163. K. G. Hugeimann, a. a O., Stämme, Nation usw., Stuttgart 1955; ders., Volk und Staat im Wandel deutschen Schicksals, Essen 1940 (Sammelwerk); Albrecht Randelzhofer, Völkerrechtliche Aspekte des Heiligen Römischen Reiches nach 1648, Berlin 1967. Vgl. ferner Eckard Müller-Mertens, Regnum Teutonicum, Wien—Köln—Graz 1970.

  164. Nochmals sei auf den einzigen authentischen deutschsprachigen Text in der amtlichen amerikanischen Übersetzung des State Department, Salzburg 1946, hingewiesen. Eine ähnlich authentische deutsche Fassung ist im Amtsblatt des Kontrollrates in Deutschland, 1945, Ergänzungsheft S. 13 (Berber, a. a. O., S. 2290). Beide Texte weichen jedoch erheblich voneinander ah.

  165. Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über die Grund

  166. Daß die Rechtspositivisten entgegengesetzten Grundideen folgen, sei nicht übersehen, so vor allem Günther Winkler, Wertbetrachtung im Recht und ihre Grenzen, Wien-New York 1969; Charles De Visscher, Les effectivites du droit international public, Paris 1967. Gegen einen solchen extremen Rechtspositivismus: Fritz Münch, Brauch und Mißbrauch der normativen Kraft des Faktischen, in: Jahrbuch der Albertus-Universität zu Königsberg/Pr., Bd. 15, Würzburg, S. 29; Adalbert Langer, Die normative Kraft des Faktischen bei Georg Jellinek, in: Festschr. f. Hans Schütz, München 1970; Theodor Veiter, Naturrecht und Rechtspositivismus im Völkerrecht der Gegenwart, in: Kirche, Recht und Land, Festschr. f. Adolf Kindermann, Königstein/Ts und München 1969; W. H. Balekjian, Die Effektivität und die Stellung nicht anerkannter Staaten im Völkerrecht, Den Haag 1970 (mit besonderer Bezugnahme auf die Deutschlandfrage).

  167. Zur Problematik vgl. „Potsdam und die deutsche Frage", Köln 1970, mit dem bereits erwähnten Beitrag von Eberhard Menzel und — entgegengesetzten Inhaltes — von Ernst Deuerlein, Alexander Fischer und Gerhard Wettig; Dieter Radau, Moskau, Bonn, Warschau, Glückstadt 1971; Andrzej J.

  168. Georg Schwarzenberger, A Manual of International Law, London 19675, S. 58 -(mit einigen Literaturhinweisen); auf deutscher Seite wird außer in einem kaum bekannten Text von Lewald als Gegenthese gegen F. A. Mann die Debellations-These wohl nur aus Unkenntnis der Völkerrechtslage da und dort vertreten, so z. B. bei Ludwig Pesch, Die west-östliche Nation. 12 Lektionen für die Deutschen, Stuttgart 1965, mit im übrigen bemerkenswerten Ausführungen über die Unklarheit des Begriffes „Deutschland".

  169. F. A. Mann, The Present Legal Status of Germany, in: The international Law Quarterly, London, Autumn 1947; ders., Deutschlands Rechtslage 1947— 1967, in: JZ 1967, Heft 19, S. 585, und Heft 20, S. 617 (dagegen gerichtet die bereits erwähnte Abhandlung von Walter Lewald, Das Problem Gesamtdeutschland und der Status von Berlin, in:

  170. Leicht faßlich zusammengestellt bei R. Quist, a. a. O., S. 26 ff. Quist bestreitet den Fortbestand des Deutschen Reiches (Fortbestandstheorie) über die deutschen Staatengründungen (BRD , DDR) 1949 hinaus, ohne dafür aber völkerrechtliche Beweisführung anzutreten.

  171. Näheres bei Theodor Veiter, Die Rechtsstellung des fremden, insbesondere des deutschen Privateigentums in Österreich, Wien 1958 (auch mit zahlreichen Ausführungen zur Fortbestandstheorie), und Gerhardt Plöchl — Josef Vlcek, Die Rechtsvorschriften über das deutsche Eigentum in Österreich, Wien 1959. Zu § 8 des Beamten-Überleitungsgesetzes (B-UG) mit seiner Verweisung der nicht auf einen Dienstposten der neu gebildeten Personal-stände an das Deutsche Reich s. Viktor Hackl, Die Dienstpragmatik, Wien 19614; ferner Theodor Veiter, Potsdam und der völkerrechtliche Vertrag zu Lasten Dritter, in dem von Boris Meissner herausgegebenen Sammelwerk über das Postdamer Abkommen, Bd. 4 der „Völkerrecht!. Abhandlungen", Wien—Stuttgart 1973 (im Erscheinen).

  172. Vgl. außer Fritz Faust, Das Potsdamer Abkommen und seine völkerrechtliche Bedeutung, a. a. O., vor allem Ernst Deuerlein, Deklamation oder Ersatzfrieden? Die Konferenz von Potsdam 1945, Stuttgart 1971.

  173. Vgl. hierzu das in Vorbereitung befindliche Sammelwerk, hrsg. v. Boris Meissner, über das Potsdamer Abkommen, Bd. 4 der „Völkerrechtlichen Abhandlungen", Wien—Stuttgart s. Anm. 175.

  174. Nur der Kuriosität halber sei hier genannt: Georg Banszerus, Deutschland ruft Dich, Höxter/Weser (Selbstverlag), mit Verteidigung der „Heimholungs" -Politik des nationalsozialistischen Deutschland; ähnlich Siegfried Gebert, Kann Verzicht dem Frieden dienen?, Vaterstetten 1972 (mit unserer Einschränkung, daß der Vorwort-Autor Bolko v. Richthofen über jeden Vorwurf extremen Deutschnationalismus erhaben ist).

  175. Diego De Castro, II problema di Trieste, Bologna 1952; Jean-Baptiste Duroseile, Le conflit de Trieste 1943— 1954, Brüssel 1966; Bogdan C. Novak, Trieste 1941 — 1954, Chicago 1970.

  176. Knut Ipsen, Sinn und Rechtsfolgen des Art. 4 der Ostverträge, in „Ostverträge, Berlin-Status, Münchener Abkommen, Beziehungen zwischen der BRD und der DDR", Kieler Symposium vom März 1971, Hamburg 1971; Otto Kimminich, Der Moskauer Vertrag vom 12. August 1970, Hamburg 1972; Wilhelm Wengler, Der Moskauer Vertrag und das Völkerrecht, JZ 1970, S. 632; Eberhard Menzel, Die Ostverträge von 1970 und der „Deutschland“ -Begriff des Grundgesetzes, DOV 1972, S. 2; Helmut Steinberger, Völkerrechtliche Aspekte des deutsch-sowjetischen VertragsWerkes vom 12. August 1970, in: ZAOR 1971, H. 1— 2, S. 64 (mit umfassender Literatur); Alfred Schickel, Fragen, Argumente und Probleme zur Ostpolitik, München 1972 (mit konstruktiven Alternativ-Vorschlägen) ; Boris Meissner (Hrsg.), Die deutsche Ostpolitik 1961— 1970. Kontinuität und Wandel, Köln 1970.

  177. Führendes Beschwerdeverfahren ist jenes des Minderjährigen Marian Franke.

  178. Eckhard Müller-Mertens, Regnum Teutonicum. Wien—Köln—Graz (Böhlau) 1972.

  179. Die von Preußen ausging: Ulrich Scheuner, Der Staatsgedanke Preußens, Wien—Graz—Köln 1965.

  180. Gerhard Beier, Ost-West-Vorurteile in der politischen Bildung, Frankfurt, 1971. — Die umgekehrt im kommunistischen Herrschaftsbereich bestehenden Vorurteile gegenüber dem Westen, vor allem der BRD, sind weniger gesellschaftlicher als vielmehr politischer Natur (mit Übergewicht der Außenpolitik). Nachweise bei Alfred Domes (Hrsg.), Reformen und Dogmen in Osteuropa, Köln 1971. — Die im deutschen Volk bestehenden Vorurteile gegenüber den angeblich inferioren Slawen sind heute vor allem auch in Österreich, das einst als Muster ethno-politischer Toleranz galt, lebendig und verstärken sich gefährlich. Das scheint auch aus dem österreichischen Vorbehalt bei der Ratifikation der Konvention über die Beseitigung aller Formen der Rassendiskriminierung, BGBl. 1972/377 v. 20. Oktober 1972, hervorzugehen, wonach aus Gründen der verfassungsgesetzlich verankerten Meinungsfreiheit Art. 4 der Konvention (Verbot von Rassenhaß-Propaganda und Aufreizung zu Diskriminierungen gegenüber Personen anderer ethnischer Herkunft) dem Vorbehalt unterliegt.

  181. Die bis heute umfassendste Dokumentation hinsichtlich derartiger Willenserklärungen findet sich bei Umberto Zanotti-Bianco und Andrea Caffi, La pace di Versailles. Note e documenti, mit 20 ethnografischen und politischen Karten, Rom 1919.

  182. Der DDR-Völkerrechtler Rudolf Arzinger erwähnt in seiner Abhandlung „Das völkerrechtliche Selbstbestimmungsrecht und seine Subjekte in Deutschland“, in: Deutsche Außenpolitik, 1966, S. 910, Berlin überhaupt nicht, sondern befaßt sich nur mit dem „Selbstbestimmungsrecht in beiden deutschen Staaten“. Allerdings schrieb Arzinger knapp zuvor ein Buch: R. Arzinger — W. Poegel, Westberlin — selbständige politische Einheit, Berlin (Ost) 1965. Der Vertrag über die Grundlagen und Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik — sog. Grundvertrag, unterzeichnet am 21. 12. 1972 — („Bulletin“, Sonderausgabe Nr. 155 /S. 1841 v. 8. 11. 1972, mit Dokumenten zur Einleituna des Ratifikationsverfahrens „Bulletin“ Nr. 172 /S. 2017 v. 28. 12. 1972) bezieht auch Berlin (West) mit ein („Bulletin“ Nr. 155 /S. 1850 v. 8. 11. 1972).

  183. Vgl. dazu noch: Erhard Spengler, Zur Frage des völkerrechtlich gültigen Zustandekommens der deutsch-tschechoslowakischen Grenzneuregelungen von 1938, Berlin 1967.

  184. Hubert Hofmann (Hrsg.), Die Entstehung des modernen souveränen Staates, Köln — Berlin 1967; Emst Zivier, Die Nichtanerkennung im modernen Völkerrecht, Berlin 196); Jochen Abr. Frowein, Das de facto-Regime im Völkerrecht. Eine Untersuchung zur Rechtsstellung „nichtanerkannter Staaten" und ähnlicher Gebilde, Köln 1968.

  185. In den Abhandlungen über zweigeteilte Staaten wird China meist übersehen. Vgl. daher Erich Röper, Geteiltes China. Eine völkerrechtliche Studie, Mainz 1967. Auch China hat, mutatis mutandis, sein Berlin, nämlich Hongkong und Macao. Für Vietnam kann noch immer auf die Arbeit von Gerhart Hammerbacher verwiesen werden: Die völkerrechtliche Stellung Vietnams. Ein Beitrag zur Problematik der völkerrechtlichen Situation geteilter Staaten, Augsburg und Vaduz 1959. Was Korea anlangt, so finden sich alle erforderlichen Angaben bei Gilbert Caty, Le Statut juridique des Etats divises, Paris 1969. Caty behandelt aber am ausführlichsten das zweigeteilte Deutschland, wobei er trotz Vorhandenseins zweier deutscher Staaten eben einen einheitlichen Rechtsbegriff Deutschland annimmt.

  186. Klaus-Eberhard Murawski, Der andere Teil Deutschlands. Geschichte und Staat, München und Wien 1967; Erich Müller-Gangloff, Mit der Teilung leben, München 1965; ders., Vom gespaltenen zum doppelten Europa. Acht Thesen zur deutschen Ostpolitik, Stuttgart 1970; Hans-Günther Parplies, War Deutschland doch teilbar? Zu den Rechtsfolgen der Ostverträge, in: „actio" (eine deutsche Studentenzeitschrift), Bonn, Nr. 1/2 Jg. 1972, S. 5; obwohl nicht in erster Linie der Beziehung BRD—DDR, sondern den Oder-Neiße-Gebieten nach den Ost-verträgen gewidmet, kommt der meisterhaft untermauerten Studie von Ottobert L. Brintzinger, Verfassungsrechtliche Aspekte der Ostverträge, in: Schleswig-Holsteinische Anzeigen, Teil A Nummer 6, v. 1. 6. 1972, auch für die Zweiteilungsfrage große Bedeutung zu.

  187. R. Arzinger — G. Brehme, Völkerrechtliche Probleme der jungen Nationalstaaten, Berlin (Ost)

  188. Rudolf Laun, Der Wandel der Ideen Staat und Volk als Äußerung des Weltgewissens, Barcelona und Berlin 1933.

  189. Max Hildebert Boehm, Nationalitätsprinzip und soziologisch-juridischer Strukturwandel des ethnischen Territoriums im modernen Europa, in der (ersten) Festschrift für Rudolf Laun, Hamburg 1948, S. 36, wobei mit Recht auf die überragende Bedeutung von Launs Buch von 1933 verwiesen wird.

  190. Außenminister Walter Scheel gebrauchte m. W. diesen Ausdruck erstmals in bezug auf Polen in „Der Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen", hrsg. vom Presse-und Informationsamt der Bundesregierung, Bonn 1970, S. 47, indem er sagte: „Das Trauma, ein , Staat auf Rädern'sein zu sollen, ist der Furcht vor der Nichtexistenz benachbart." Damit sollte die sog. neue deutsche Ostpolitik im besonderen in bezug auf Polen, das nach dem Zweiten Weltkrieg durch die Abtretung fast der Hälfte des Staats-gebietes an die Sowjetunion bei gleichzeitiger Hinzugewinnung der Verwaltung ähnlich umfangreicher Gebiete im Westen östlich der Oder-Neiße-Linie — Staat auf Rädern — als Beitrag zur Beseitigung eines solchen Gefühls, ein Staat auf Rädern zu sein, mit begründet werden. Otto Kimminich, Ein Staat auf Rädern. Zur verfassungsrechtlichen Lage der Bundesrepublik Deutschland, in: „Politische Studien", München, Sonderheft Oktober 1972, S. 11.

  191. Vgl. hierzu die sehr sorgsamen Ausführungen von Vojin Dimitrijevic, Dve nemacke drzave i ranije clanstvo Nemacke u medjunarodnim organizacijama i visestranim ugovorima, in: Jugoslovenska Revija za medjunarodno pravo, 1966 no.

  192. Näheres zum Potsdamer Deutschland-Begriff bei Harry S. Truman, Memoiren, Bd. I, Stuttgart 1955, S. 346.

  193. „Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik", mit Zusatz-protokoll, verschiedenen Briefwechseln, Erklärungen usw., als Broschüre herausgegeben vom Presse-und Informationsamt der Bundesregierung, Bonn, Nov.

  194. „Le Monde" No. 8690 v. 22. 12. 1972. (Auch der Ausdruck „accord interallemand" wird gebraucht, tritt aber durchwegs hinter „traite fendamental" zurück, dies mit recht).

  195. Vgl. Richard G. Plaschka und Karlheinz Mack, Die Auflösung des Habsburgerreiches, Wien 1970 (Sammelwerk); dazu die bisher 7 Bände des von John F. Rath herausgegebenen „Austrian History Yearbook", Houston, Texas — eine wahrhaft monumentale Buchreihe, der in Europa nichts Gleichwertiges gegenübersteht.

  196. Vgl. Kasimierz Grzybowski, Soviet Public International Law, Leyden 1970, bes. S. 40, 142 und 498.

  197. Die Rassendiskriminierungsverbote umfassen auch jegliche Diskriminierung wegen ethnischer Herkunft (origine ethnique, ethnic origin), was eine unterschiedliche Behandlung Deutscher — in der BRD, in der DDR und in den Oder-Neiße-Gebieten — hinsichtlich der Ausübung ihrer Menschenrechte einschließlich des Selbstbestimmungsrechts ausschließt. S. Natan Lerner, The U. N. Convention on the Elimination of All Forms of Racial Discrimination. A Commentary, Leyden 1970.

Weitere Inhalte

Theodor Veiter, Dr. jur., geb. am 22. 9. 1907 in München. Jura-Studium 1926— 1931 an den Universitäten München, Grenoble und Wien. 1929— 1934 (z. T. neben dem Studium) Sekretär im österreichischen Bundesrat. 1934— 1938 Redakteur der Amtlichen Nachrichtenstelle, Wien, und zugleich Pressekonsulent des österreichischen Bundesministeriums für Unterricht. 1938 Gestapohaft und bis 1940 Verbot jeder Art von Berufsausübung außer jener eines Hilfsarbeiters. Ab 1947 juristischer Sachbearbeiter des Osterr. Forschungsinstituts für Wirtschaft und Politik in Salzburg. Seit 1949 in Feldkirch als Anwalt tätig. Ab 1963 Wissenschaftlicher Generalsekretär der AWR (Association for the Study of the World Refugee Problem), Straßburg bzw. Vaduz (Beratender Status bei der UNO und beim Europarat). 1961 Assistent an der Universität Würzburg (Institut für Völkerrecht und Internationale Beziehungen). Seit 1966 Honorarprofessor für Gesellschaftslehre und Nationalitätenrecht sowie Völkerrecht (Beziehungen des deutschen Volkes zu seinen östlichen Nachbarn) an der Phil. -Theol. Hochschule Königstein/Ts. — Völkerrechtsberater der FUEV (Föderalistische Union der Europäischen Volksgruppen, Kopenhagen) und der A. I. D. L. C. M. (Association internationale pour la defense des langues et cultures menacees), Perpignan und Chur. — Mitglied des Minoritätenbeirates der österreichischen Liga für Menschenrechte, Wien. — Verantwortlicher Redakteur des „A. W. R. -Bulletin" (Wissenschaftliche Vierteljahreszeitschrift der AWR), Wien. — Mitherausgeber der Vierteljahres-zeitschrift „Europa Ethnica", Wien. — Mitglied der 1972 von dem österreichischen Bundeskanzler errichteten Kommission für die Lösung der Volksgruppenfragen in Kärnten. Leiter der Arbeitsgruppe „Volksgruppenrecht" der Studiengruppe für Politik und Völkerrecht im BdV, Bonn. Veröffentlichungen u. a.: Die Slowenen in Kärnten. Geschichte, Rechtslage, Problemstellung, Wien 1936; Nationale Autonomie, Wien 1938; Gesetz als Unrecht, Wien 1949; Das Volksgruppenrecht als elementarer Baustein für ein Vereinigtes Europa, München 1967; Die Italiener in der Österreichisch-Ungarischen Monarchie, Wien und München 1965; Parteien, Proporz und Staat, Bregenz 1959; Das Recht der Volksgruppen und Sprachminderheiten in Österreich, Wien 1970; Vertreibung, Zuflucht, Heimat (Sammelwerk), Wien 1962; Handbuch des internationalen Flüchtlingsrechts (gemeinsam mit Walter Schätzel), Wien 1960; Die Menschenrechte: Entwicklung — Stand — Zukunft (Sammelwerk, gemeinsam mit Friedrich Klein), Wien 1966; Das Selbstbestimmungsrecht nach westlicher und östlicher Lehre (gemeinsam mit Boris Meissner), Wien 1969; Asylrecht als Menschenrecht (Sammelwerk), Wien 1969; System eines internationalen Volksgruppenrechts (Sammelwerk), Band I Wien 1970, Band II Wien 1972.