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Yom Kippur und seine Folgen Eine Wende zum Frieden? | APuZ 38/1974 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 38/1974 Artikel 1 Yom Kippur und seine Folgen Eine Wende zum Frieden? Analyse der weltpolitischen Machtverteilung Prinzipielle Verhaltensmuster im derzeitigen Entspannungsprozeß

Yom Kippur und seine Folgen Eine Wende zum Frieden?

Alois Friedel

/ 58 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Der 4. Nahostkrieg ist ein Beispiel dafür, daß selbst regionale Kriege im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts globale Folgen haben. Der Krieg, durch eine gleichzeitige Doppel-offensive Ägyptens und Syriens ausgelöst, überraschte Israel in hohem Maße. Er ermöglichte den Angreifern Anfangserfolge und löste im arabischen Raum eine Solidarisierungswelle aus. Insbesondere die gelungene Überquerung des Suezkanals durch die Ägypter kostete Israel den Ruf der Unbesiegbarkeit. Als Israel im Gegenangriff Aussichten auf einen neuen Sieg hatte, wurde die militärische Auseinandersetzung unter dem Drude der beiden Supermächte und unter Einschaltung der Vereinten Nationen politisch beendet. Die erstmalige Anwendung der Ölwaffe verursachte auf dem Energiesektor zwar keine Versorgungskrise, die Olverteuerung hatte jedoch Auswirkungen auf das gesamte weltwirtschaftliche Geschehen. Die anhaltende Preiskrise beschwor sowohl bei den Industriestaaten als auch bei den rohstoffarmen Entwicklungsländern große Zahlungsbilanzschwierigkeiten herauf. Die beiden Kernprobleme des Nahostkonflikts, Rückzug der Israelis aus besetzten arabischen Gebieten und Regelung der Palästinenserfrage, sollen auf dem Verhandlungswege gelöst werden. Durch das amerikanische . Atomgeschenk" an Ägypten kam zu den bestehenden Problemen jedoch nun die nukleare Dimension noch hinzu.

I. Chronischer Konflikt seit 1945

Klaus Ritter:

Analyse der weltpolitischen Machtverteilung ........................................ S. 30

Der jüngste Krieg zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarstaaten, der Yom-Kippuroder Oktoberkrieg 1973, ist die vierte militärische Auseinandersetzung größeren Ausmaßes im Nahen Osten seit 1948. Er ist die vorläufig letzte Eruption im israelisch-arabischen Konflikt, der seit mehr als 25 Jahren den Nahostbereich in permanenter Spannung gehalten und bisher keine endgültige Friedensregelung zwischen Israel und den arabischen Staaten ermöglicht hat

Ein kurzer historischer Rückblick auf die Entstehung und den bisherigen Verlauf des chronischen Konfliktes zeigt, daß die Nahostkonfrontation sich aus Anfängen entwickelt hat, welche die späteren Ereignisse nicht zwangsläufig nach sich zogen. Das Zusammenleben zwischen Arabern und Juden seit dem Einsetzen jüdischer Einwanderung nach Palästina um 1880 verlief zwar nicht problemlos, stand aber anfangs nicht im Zeichen bewaffneter Auseinandersetzungen. Dies änderte sich auch nicht, als sich um die Jahrhundertwende vor allem durch die Initiativen Theodor Herzls der Zionismus organisierte und sich die Gründung einer „öffentlich-rechtlich gesicherten Heimstätte für das jüdische Volk in seiner historischen Heimat“ zum Ziel setzte.

Die eigentliche Konfliktsituation entstand im wesentlichen durch den Zusammenbruch des Osmanischen Reiches, den parallel dazu wachsenden arabischen Nationalismus, die Balfour-Deklaration vom 2. November 1917 und die verstärkte jüdische Einwanderung nach der Übertragung des Palästina-Mandats an Großbritannien durch den Völkerbund am 24. Juli 1922.

Konfliktförderndes Element war die doppelbödige britische Politik zwischen und nach dem Ersten Weltkrieg. Durch die wider-sprüchlichen Erklärungen gegenüber den Arabern — Errichtung eines großarabischen Reiches einschließlich Palästinas (1915) — und gegenüber den Juden — Schaffung einer nationalen Heimstätte in Palästina für das jüdische Volk (1917) — war die britische Mandatsregierung weitgehend zur politischen Bewegungslosigkeit verurteilt. Sie versuchte, bis zur Beendigung des Mandats im Jahre 1947 die sich immer stärker akzentuierenden Spannungen zwischen Juden und Arabern durch Lavieren zwischen beiden Seiten auszugleichen, konnte aber nicht verhindern, daß auf Grund des Teilungsbeschlusses der Vollversammlung der Vereinten Nationen vom 29. November 1947 in Palästina ein Bürgerkrieg zwischen Juden und Arabern ausbrach. Im ersten Nahostkrieg, der unmittelbar nach der Gründung des Staates Israel am 14. Mai 1948 durch das Eingreifen regulärer Verbände von sechs arabischen Staaten — Ägypten, Jordanien, Syrien, Libanon, Irak und Saudi-arabien — sowie arabischer Freischärler in die Kämpfe begann, gelang Israel die Sicherung seiner staatlichen Existenz. Durch Vermitt-lung der Vereinten Nationen kamen im Jahre 1949 Waffenstillstandsabkommen zwischen Israel und den kriegsführenden arabischen Staaten zustande. An Jordanien fielen die von ihm besetzten arabischen Teile Palästinas einschließlich der Altstadt von Jerusalem. Der Gaza-Streifen kam unter ägyptische Verwaltung. Vom Jahre 1950 an steigerte sich die Spannung entlang der Waffenstillstandslinien erneut. Palästinensische Gruppen aus Westjordanien, dem Gazastreifen und von dem Gebiet der syrischen Golan-Höhen verübten auf israelischem Territorium Terror-und Sabotageakte. Damit setzten sie den Teufelskreis von arabischem Terror und israelischem Gegenterror in Bewegung.

Nach dem zweiten Nahostkrieg 1956, dem so-genannten Sinaifeldzug, der mit dem ergebnislos verlaufenen französisch-britischem Suez-Unternehmen gekoppelt war, wurden — erstmals im Nahen Osten — Friedenstruppen der Vereinten Nationen für Kontroll-und Sicherungszwecke eingesetzt.

Im Frühjahr 1967 steigerte sich an der israelisch-syrischen Grenze die Guerillatätigkeit derart, daß ein massierter israelischer Gegen-schlag wahrscheinlicher wurde. Die Kriegsgefahr verstärkte sich, als auf Initiative von Präsident Nasser die arabischen Staaten erneut eine scharfe Konfrontationspolitik gegenüber Israel einschlugen und auf Nassers Forderung hin die Kontrollposten der Vereinten Nationen geräumt werden mußten.

Danach überstürzten sich die Ereignisse. Amtliche ägyptische und syrische Verlautbarungen ließen keinen Zweifel an der arabischen Entschlossenheit, eine Entscheidung im Konflikt zu suchen. Das Ziel war die Vernichtung Israels. Am Morgen des 5. Juni 1967 eröffnete die israelische Luftwaffe überraschend mit Angriffen auf Luftwaffenbasen in Ägypten den Krieg und schaltete weitgehend die ägyp. tischen Luftstreitkräfte aus. Damit fiel schon in den ersten Stunden des Krieges die Entscheidung zugunsten Israels.

Der dritte Nahostkrieg, der sogenannte Sechstagekrieg, brachte Israel große Geländegewinne und veränderte die Frontlinien total. Israel stand fortan auf der Ostseite des Suezkanals, beherrschte die gesamte Sinai-Halbinsel sowie die jordanischen Gebiete westlich des Jordan („Westbank"). Die Altstadt Jerusalems wurde zu israelischem Staatsgebiet erklärt und mit dem westlichen Teil der Stadt vereinigt. Mit der Eroberung der syrischen Festungsanlagen auf dem Golan und der Besetzung des Verkehrsknotenpunktes Kuneitra war für Israel jede unmittelbare militärische Bedrohung ausgeschaltet.

II. Die politische Situation nach dem Sechstagekrieg

I. II. III. IV.

V. VI. VII. VIII.

IX. INHALT Chronischer Konflikt seit 1945 Die politische Situation nach dem Sechstagekrieg Krieg ohne Sieg und Niederlage Krisenmanagement der Supermächte Die Funktion der Vereinten Nationen Weltweite politische Auswirkungen 1. Arabische Staaten 2. Israel 3. Vereinigte Staaten 4. Sowjetunion 5. Europäische Gemeinschaft und NATO 6. Übrige Welt VR China Japan Sonstige Staaten Verändertes Gleichgewicht und Perspektiven im Nahen und Mittleren Osten Dokumentation Literatꓰٽ:

Auf der politischen Ebene hatte der Sechstagekrieg die Fronten im Nahostkonflikt weiter verhärtet. Die arabische Gipfelkonferenz in der sudanesischen Hauptstadt Khartum vom August 1967 führte zur Verhärtung des Stand-punktes: Keinen Frieden mit Israel, keine Verhandlungen, keine Anerkennung. Am 22. November 1967 bemühte sich der VN-Sicherheitsrat mit der Verabschiedung der Resolution 242 um eine Regelung des Nahost-Problems. Die Resolution forderte einerseits den „Rückzug der israelischen Streitkräfte aus Gebieten, die während des jüngsten Konfliktes besetzt wurden, (und die) Einstellung aller Behauptungen oder Formen eines Kriegszustandes sowie die Beachtung und Anerkennung der Souveränität, der territorialen Unversehrtheit und der politischen Unabhängigkeit eines jeden Staates in diesem Gebiet und die seines Rechtes, innerhalb sicherer und anerkannter Grenzen frei von Drohungen und Akten der Gewalt in Frieden zu leben". Sie bekräftigte andererseits die Notwendigkeit, „die freie Schiffahrt auf den internationalen Wasserstraßen des Gebietes zu garantieren, eine gerechte Regelung des Flüchtlingsproblems zu verwirklichen (und) die territoriale Unversehrtheit und die politische Unabhän-gigkeit eines jeden Staates in dem Gebiet durch Maßnahmen sicherzustellen, zu denen die Schaffung entmilitarisierter Zonen zählt" In der Resolution wird ferner der Generalsekretär ersucht, einen Sonderbotschafter für den Nahen Osten zu ernennen, damit ein Abkommen begünstigt wird und Bemühungen unterstützt werden, um eine mit den Bestimmungen und Grundsätzen dieser Entschließung übereinstimmende friedliche und allgemein anerkannte Lösung zu finden

Zum Sonderbeauftragten der Vereinten Nationen wurde der schwedische Diplomat Gunnar Jarring bestellt. Während sich seine Mission in zahllosen Reisen im Nahen Osten erschöpfte und zu keinen konkreten Fortschritten zur Konfliktlösung führte, entluden sich die Spannungen zwischen Ägypten und Israel am Suezkanal im sogenannten Abnutzungskrieg (seit September 1968). Intensive Bemühungen der Vereinigten Staaten führten im August 1970 zur Feuereinstellung am Kanal.

Der amerikanische Außenminister Rogers versuchte, durch einen mehrfach modifizierten Plan Verhandlungen zwischen den Konflikt-staaten in Gang zu bringen. Als wesentliches prozedurales Hindernis erwies sich die Forderung Israels nach direkten Verhandlungen mit den arabischen Staaten. Die Araber bestanden jedoch auf Verhandlungen unter der Ägide der Vereinten Nationen, um jeden Schein einer Anerkennung der staatlichen Existenz Israels zu vermeiden. Als weder direkte noch indirekte Gespräche zwischen den Feindstaaten zustande kamen, sicherte Israel die erlangte Position militärisch ab und weigerte sich, besetzte Gebiete zu räumen

Die Sowjetunion engagierte sich nach dem Sechstagekrieg zunehmend in Ägypten, Syrien und im Irak durch die Gewährung von Militärhilfen. Die nicht unerwünschte Folge war das Wachsen des sowjetischen Einflusses im Nahen Osten. Es gelang der Sowjetunion der Abschluß von Freundschaftsverträgen mit Ägypten (1971) und mit dem Irak (1972). Die Sowjetunion, die aus der „Nicht-Krieg-und Nicht-Frieden-Situation“ politisch den größten Gewinn gezogen hatte, trug — trotz der sichtbaren Verbesserung ihrer Beziehungen zu den Vereinigten Staaten seit Mai 1972 — kaum dazu bei, den Nahostkonflikt beenden zu helfen.

Seit dem Sechstagekrieg vollzogen sich in einigen arabischen Staaten bedeutsame Wandlungen. In Kairo starb am 28. September 1970 Präsident Nasser. Der Tod des „Rais“ erschütterte die arabische Welt. Seinem Nachfolger Sadat gelang es, sich gegen starke innenpolitische Opposition durchzusetzen, seine Präsidentschaft zu festigen und die Position Ägyptens innerhalb der arabischen Welt allmählich wieder zu stärken. Das wiedererwachte ägyptische Selbstbewußtsein demonstrierte Sadat im Juli 1972, als er die sowjetischen Militärberater des Landes verwies. Er drängte verstärkt auf die Rückgewinnung der an Isra-el verlorenen Gebiete und strebte zu diesem Zweck eine Verbesserung der Beziehungen zu Saudiarabien, Syrien und Jordanien an.

— Im Nachbarstaat Libyen hatte im Jahre 1969 ein Offizierputsch die Feudalherrschaft des Königs Idris III. hinweggefegt. Der Führer der Revolutionsjunta, der junge Oberst Gaddafi, entwickelte ein politisches Programm auf orthodox-islamischen Grundsätzen, strebte eine Union mit Ägypten an und steuerte einen scharfen antiisraelischen Kurs.

— Im Königreich Jordanien war es im Verlaufe des Sommers 1970 zu schweren Ausein5

Versetzungen zwischen den immer selbstbe

Kries 1948/49 1948 UN-Teilungsplan Juden— -----------Haifa -----------Jaffa ÄGYPTEN —LIBANON 7 Amman rusalem ___: 1973 seit dem Krieg 1967 EE 8—— besetztet Haita Gebiete — ÄGYPTEN 182**: 25 JAHRE ISRAEL Damaskus SYRIEN Amman O -----Tel Aviv ÄGYPTEN seit dem-------Gaza Haifa Etat LIBANON Amman Jerusalem = d o * 88 Araber

wußter auftretenden palästinensischen Organisationen und der königstreuen Armee gekommen. Im September 1970 vernichtete die Armee Tausende bewaffneter und organisierter Palästinenser, die überlebenden zwang sie zur Flucht nach Syrien und in den Libanon. Ägypten und Syrien brachen daraufhin ihre diplomatischen Beziehungen zu Jordanien ab.

-In Syrien gelangte im Rahmen der Herrschaft der Baath-Partei Verteidigungsminister Assad zur Macht. Er verstärkte die Beziehungen zur Sowjetunion, die für die Modernisierung der Streitkräfte durch umfangreiche Waffenlieferungen sorgte. Assad versuchte ferner, durch Unterstützung, aber auch durch Kontrolle der palästinensischen Organisationen die syrische Position im arabischen Bereich zu verbessern.

-Im Libanon kam es zu mehreren schweren Krisen, die durch die Anwesenheit und Aktionen der palästinensischen Organisationen im Lande ausgelöst wurden. Die von der libanesischen Regierung herbeigeführte militärische Auseinandersetzung zwischen ihren Streitkräften und den palästinensischen Organisationen im Mai 1973 brachte das Land an den Rand einer Katastrophe.

Während Präsident Sadat seit Mitte 1972 versuchte, Bewegung in die „kein Frieden-kein Krieg" -Situation im Nahen Osten zu bringen und dabei im Falle des Scheiterns politischer Bemühungen immer offener mit einem Krieg gegen Israel drohte, trieben die Aktionen der palästinensischen Widerstandsgruppen mit einer Intensivierung des Terrors gegen Israel auf dem Territorium dritter Staaten die Krisensituation im Nahen Osten auf eine neue Explosion zu Die organisierten Palästinenser glauben, mit ihren Aktivitäten das Bewußtsein der Weltöffentlichkeit aufrütteln zu können; damit mahnten sie gleichzeitig ihr Mitspracherecht bei einer Konfliktlösung im Nahen Osten an.

III. Krieg ohne Sieg und Niederlage

! 2, 1 Ü 5. 4 ii ii in iiiij 15, 3 iiiii 15, 8 2090 • 310 DIE ARABER UND ISRAEL Einwohner 1972 Wirtschaftsleistung 1972 in Millionen in $je Einwohner (z. T. geschätzt) LIBYEN iiiiiiiiiiii TUNESIEN ALGERIEN 310 -MAROKKO SUDAN • 110 i 34, 8 ÄGYPTEN 13, 1 2200 ISRAEL SAUDI-KUWAIT ARABIEN • 230 LIBANON SYRIEN JORDANIEN IRAK ü 6, 7 I • • II 12, 5 4230 10, 1 0280 II Iiiiii 0340 iiiii i ii iii ii i iiiiiiiiiiii HIHI ijiii 16, 5 iiiiii I 10, 9 I in HII iii iii

Der ägyptische Präsident Sadat plante im Jahre 1973 keinen Krieg mit dem Ziele der Niederwerfung, Besetzung und Zerstörung Israels, wie es bis 1970 noch der Plan arabischer Staaten gewesen war. Er setzte vielmehr auf einen begrenzten koordinierten Zweifrontenkrieg im Rahmen eines weitläufigen politischen Kalküls. Er wollte durch eine Veränderung der strategischen Lage ein Faustpfand für politische Verhandlungen gewinnen, darüber hinaus die Vereinigten Staaten ins Krisenmanagement über den Krisenherd Nahost zwingen und zugleich die seit dem Sechstagekrieg verletzte arabische Ehre wie-derherstellen. Ohne Mitwirken der Vereinigten Staaten mußte jeder Versuch scheitern, Israel zur Herausgabe von Gebieten, die es seit 1967 besetzt hielt, zu veranlassen. Nur ein Krieg und die damit verbundene Gefahr der Ausweitung der Konfrontation auf die Supermächte konnte eine entscheidende Einwir-kung der Vereinigten Staaten auf ihre Schutzmacht Israel erzwingen. Unter diesem Aspekt arrangierte sich Sadat mit König Feisal von Saudiarabien und betrieb gemeinsam mit dem syrischen Präsidenten Assad im September 1973 die Versöhnung mit König Hussein von Jordanien. In größter Geheimhaltung bereitete Sadat alsdann mit dem verschworensten Feind Israels, Syrien, dessen Hauptinteresse ebenfalls der Wiedergewinnung der 1967 verlorenen Gebiete galt, die Doppeloffensive vor.

Für die Israelis kam der ägyptisch-syrische Angriff vom 6. Oktober 1973 unerwartet; er stieß deshalb auf ungenügend abwehrbereite israelische Fronten. Der Überraschungseffekt war besonders groß, weil die Araber in dem von ihnen streng eingehaltenen Fastenmonat Ramadan und ausgerechnet am höchsten jüdischen Feiertag, Yom Kippur (Versöhnungsfest), massive Frontalangriffe über den Suezkanal hinweg in den Sinai hinein und auf den Golan-Höhen starteten. Sowohl das Element der Überraschung — nach Clausewitz „das Mittel zur Überlegenheit“ — als auch die israelische Fehleinschätzung des Gegners hatten strategische Auswirkungen. Einerseits wurden die Kampfmoral der arabischen Truppen und das militärische Können ihrer Offi7 ziere nach einer jahrelangen, intensiven sowjetischen Ausbildung unterschätzt; andererseits war das Vorhandensein und die Wirksamkeit der von der Sowjetunion gelieferten Panzer-und Boden-Luft-Abwehrraketensysteme neuester Bauart nicht genügend bekannt. Erst nach Tagen konnten die Israelis den zeitlichen Vorsprung der Angreifer trotz rascher Mobilmachung wieder einigermaßen wettmachen. Die arabischen Anfangserfolge, die ägyptische Überquerung des und Suezkanals die syrischen Geländegewinne auf dem Golan, kosteten die dennoch den Ruf der Israelis Unbesiegbarkeit. Erst nach der Stabilisierung der Lage in Syrien — die Israelis hatten im Gegenangriff . Landtasche'von 600 Quadratkilometer dazugewonnen — konnte der Schwerpunkt an ägyptische Front verlagert werden. Hier fiel nach einigen Tagen er-bitterster Panzerschlachten, die an Umfang an die des Zweiten Weltkrieges erinnerten, am 16. Oktober 1973 mit dem gewagten übersetzen israelischer Verbände auf das Westufer des Suezkanals die strategische Entscheidung. Durch die rasche Ausweitung des israelischen Brückenkopfes auf dem Westufer des Kanals konnten das zusammenhängende Netz der ägyptischen Flugabwehrsysteme ausgeschaltet und die Versorgungswege zu den östlich des Kanals stehenden Truppen unterbrochen werden. Die Trennung der beiden ägyptischen Armeen in der Wüste von ihrem Nachschub, die faktisch einer Einkesselung gleichkam, hätte schon des Wassermangels wegen innerhalb kurzer Zeit die physische Vernichtung des ägyptischen Heeres bedeutet.

Als diese Entwicklung sich abzuzeichnen begann, begnügten sich beiden Supermächte, denen seit Beginn der Auseinandersetzungen an einer Regionalisierung des Krieges lag, nicht mehr mit logistischen Interventionen auf dem Luft-und Seewege Vor allem die Sowjetunion strebte eine beschleunigte Herstellung der Waffenruhe an. Parteichef Breschnew und Außenminister Kissinger, der zum 20. Oktober auf sowjetischen Wunsch nach Moskau gebeten worden war, suchten gemeinsam nach Möglichkeiten zur politischen Beendigung des Krieges, die den Arabern weitere Demütigungen ersparen und den Israelis einen neuen Sieg versagen sollte. Nur ein „Nicht-Sieg-und Nicht-Niederlage-Ergebnis" konnte die „Nicht-Krieg-und Nicht-Frieden-Situation" überwinden helfen, weil nur dadurch der Weg zu Verhandlungen mit den „Konfliktpartnern“ frei wurde.

IV. Krisenmanagement der Supermächte

Ergebnisse des israelisch-ägyptischen und des israelisch-syrischen Truppenentflechtungsabkommens.

Auf der Basis eines Dreipunkteplanes, den der sowjetische Ministerpräsident Kossygin während seines Aufenthaltes in Kairo vom 16. bis 19. Oktober mit Sadat abgesprochen hatte handelte am 20. und 21. Oktober Kissinger mit dem sowjetischen Parteichef Breschnew die Grundlagen für einen Waffenstillstand und die künftige Lösung des Konfliktes im Nahen Osten aus. Fortan zeigten sich beide Supermächte als „Weltgendarmen" — jedoch ohne militärischen Einsatz — und erwirkten ohne weitere Konsultationen am 22. Oktober im Weltsicherheitsrat die Annahme ihres gemeinsam erarbeiteten Waffenstillstandsvorschlages (Resolution 338).

In der Resolution 338 werden alle an den Kämpfen beteiligten Parteien aufgerufen, das Feuer einzustellen und die militärischen Aktionen innerhalb von zwölf Stunden in den Positionen zu beenden, die sie gerade innehaben, ferner nach der Feuereinstellung die Sicherheitsresolution 242 vom 22. November 1967 in allen Teilen in Kraft zu setzen und sofort „unter geeigneter Schirmherrschaft“ /appropriate auspices) Verhandlungen einzuleiten, die auf die Schaffung eines gerechten und dauerhaften Friedens im Nahen Osten hinzielen 7a).

Die weltweite Meinung, die Krise sei auf ihrem Höhepunkt gelöst worden, war jedoch irrig. Der Waffenstillstand war mehr als brüchig, weil sich beide Seiten nicht daran hielten; vor allem wollten die Israelis ihre Position auf dem „afrikanischen" Ufer verbessern. Als Präsident Sadat in seiner verzweifelten Lage am 24. Oktober amerikanische und sowjetische Truppen zur Überwachung der Feuereinstellung an der Suez-Front anforderte, trieb die Situation ihrem kritischen Höhepunkt zu: Die Sowjets wollten dieser Bitte entsprechen und hielten bereits Luftlandedivisionen transportbereit auf ihren Flugplätzen Die Vereinigten Staaten lehnten jedoch eine sowjetische und amerikanische militärische Präsenz in dieser unstabilen Gegend der Welt entschieden ab.

Als eine unübersehbare Lage entstand, löste Präsident Nixon nach Konsultierung seines Außen-und seines Verteidigungsministers am 25. Oktober 0 Uhr 10 (Ortszeit) die weltweite Alarmbereitschaft für die konvent (Ortszeit) die weltweite Alarmbereitschaft für die konventionellen und strategischen Streitkräfte aus, um seinem politischen Willen demonstrativ Nachdruck zu verleihen. In einer Presseerklärung teilte der amerikanische Außenminister Kissinger am selben Tage, dem sogenannten „schwarzen Donnerstag", mit, die Vereinigten Staaten betrachteten sich nicht in einer Konfrontation mit der Sowjetunion. In der Frage der Truppenentsendung motivierte Kissinger die amerikanische Ablehnung dahin gehend, daß es unvorstellbar sei, die Rivalität der Weltmächte auf das Gebiet des Nahen Ostens zu übertragen oder ein militärisches Kondominium der Weltmächte in dieser Region herzustellen. Noch entschiedener sei die amerikanische Ablehnung hinsichtlich der einseitigen Entsendung von Streitkräften irgendeiner Großmacht, insbesondere einer Nuklearmacht. Die Vereinigten Staaten seien aber bereit, einer internationalen Streitmacht der Vereinten Nationen unter der Bedingung zuzustimmen, daß daran keine Truppen der Ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates beteiligt werden 9).

Erst als die beiden Supermächte am 25. und 27. Oktober in zwei weiteren Sicherheitsresolutionen 10) sich und die übrigen Ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates vom Dienst im UN-Friedenskorps freistellten, wich die Gefahr, die lebhaft an die Kuba-Krise des Jahres 1962 erinnerte.

V. Die Funktion der Vereinten Nationen

Abbildung 6

Die Resolutionen 338, 339, 340 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen zur Herstellung des Waffenstillstandes (vom 22. und 24. Oktober) sowie die einschlägigen Beschlüsse wurden jeweils mit 14 von 15 Stimmen angenommen. Der Vertreter der VR Chi-na enthielt sich der Stimme, legte also kein Veto ein, sondern begnügte sich mit einem verbalen Protest gegen das „eigenwillige Vorgehen" und die „Kondominium" -Haltung der Vereinigten Staaten, insbesondere aber der Sowjetunion Der Beschluß des Sicherheitsrates vom 25. Oktober zur Entsendung einer Friedenssicherungstruppe in den Nahen Osten wurde rasch durchgeführt. Am 27. Oktober einigte sich der Sicherheitsrat auf eine Stärke von 7 000 Mann bereits am selben* Tage trafen die ersten Kontingente an der Frontlinie vor Suez ein.

Die Situation der Friedenstruppe ist im Vergleich zu ihrem Einsatz nach dem Sinaifeldzug (195b) " dersartig, denn erstmals stimmten im Nuen Osten beide Kriegsparteien ihrer Stationierung zu. Auch das Interesse der beiden Supermächte, die in Ismailia bzw. Jerusalem je 15 Offiziere als Beobachter unterhalten, ist unmittelbarer. Ferner haben die Friedenstruppen klare Aufträge: Bis zum Abschluß des israelisch-ägyptischen Truppenentflechtungsabkommens (18. Januar 1974) übernahmen sie Versorgungsaufgaben für die Stadt Suez und die eingekesselten ägyptischen Truppen am Ostufer des Suezkanals; dann wurde ihnen die Überwachung der Pufferzonen im Sinai übertragen. Seit Abschluß des israelisch-syrischen Truppenentflechtungsabkommens (7. Juni 1974) überwachen 1250 Mann der UNO-Truppen die Einhaltung der Waffenruhe auf einem engbemessenen Streifen auf den Golan-Höhen, der als Puffer-zone beiderseits der Linie Berg Hermon-Kuneitra-Rafid gebildet worden ist 12a).

Symbolisch wurde die Rolle der Vereinten Nationen durch die Präsenz des Generalsekretärs Waldheim bei Beginn der Genfer Friedenskonferenz (Dezember 1973) aufgewertet. Auch das „Friedenszelt" der Vereinten Nationen am Kilometerstein 101 erlangte zeitgeschichtliche Bedeutung, weil hier der erste unmittelbare Kontakt zwischen ägyptischen und israelischen Generälen nach 25 Jahren ermöglicht wurde. Eine deutliche Wandlung im Verhalten der Kriegführenden zueinander zeichnete sich ab.

VI. Weltweite politische Auswirkungen

1, Arabische Staaten Durch das Erfolgserlebnis am Anfang des Krieges gelangten die Araber zu einem neuen Selbstverständnis. Der Kriegsverlauf gab ihnen ihre Selbstachtung, ihre Würde, ihr Selbstvertrauen wieder. Die drei bisher verlorenen Kriege wurden aus dem Bewußtsein verdrängt. Bei der Einschätzung der arabischen Position Israel gegenüber steht im Vordergrund, daß die israelische Armee den Mythos der Unbesiegbarkeit nunmehr verloren hat. Der Erfolg der arabischen Armee im Oktoberkrieg wurde von Präsident Sadat als .der erste wirkliche arabische Sieg seit 500 Jahren" bezeichnet.

Mit dem „Sieg an den Fahnen“ entstand bald nach Kriegsbeginn eine Solidaritätsbewegung im arabischen Raum, die sich von Saudiarabien bis nach Algerien und Marokko erstreckte.

Die zunehmend sich ausweitenden pan-arabischen nationalistischen Strömungen waren begleitet von einer Renaissance des Islam.

Die im Orient immer enge Verquickung von Religion und Politik wurde sowohl im „Heiligen Krieg" als auch bei der Anmeldung handfester Wirtschaftsinteressen sichtbar.

Ägypten konnte seine Führungsrolle unter den Arabern zurückgewinnen. Sein Einfluß auf die Olländer wuchs stark. Sadat, „der Held des 6. Oktober“, gilt nun als der zielbewußte Staatsmann, dem das gelang, was Nasser angestrebt hatte: die Rückeroberung ägyptischen Territoriums, vor allem des SuezKanals. Die Wiederinbetriebnahme des Suezkanals ist nämlich für Ägypten nicht nur ein Prestigeobjekt. Angesichts der hohen Kosten für Räumung, Erweiterung und Vertiefung der Wasserstraße stellt sich die Frage der Rentabilität, die nur gesichert erscheint, wenn ein beachtlicher Teil der Handelsschiffe anstelle der Kap-Route wieder die Suez-Route wählen würde. Die Öffnung des Kanals ist zudem von großer strategischer Bedeutung für alle Mittelmeer-Anrainer und für die Supermächte. Vor allem die sowjetische Marine, die angeblich seit 1969 ihre Präsenz im Indischen Ozean verneunfacht haben soll könnte durch Ersparung des Afrika-Umweges (2 200 Seemei-len) ihre strategische Position wesentlich verbessern. Das Siegesgefühl hat die arabischen Staaten bei der Gipfelkonferenz in Algier vom 26. — 28. November 1973 beflügelt und sie auf ihren Maximalforderungen beharren lassen, nämlich auf dem Rückzug Israels aus allen besetzten arabischen Gebieten und aus Jerusalem sowie auf der vollen Wiederherstellung der nationalen Rechte des palästinensischen Volkes. In vier getrennten Schlußerklärungen wandten sich die arabischen Staatschefs an „die afrikanischen, die blockfreien, die sozialistischen und die westeuropäischen Staaten“ Den Afrikanern wurde Hilfe für ihren nationalen Befreiungskampf und wirtschaftlicher Fortschritt, Abbruch der Beziehungen der Teilnehmerstaaten sowie Olboykott gegenüber der Südafrikanischen Republik, Portugal und Rhodesien zugesagt. Die Blockfreien wurden an den Beschluß ihrer 4. Gipfelkonferenz in Algier (5. — 9. September 1973) erinnert, allein und im Rahmen der Vereinten Nationen einzelne und kollektive Maßnahmen gegen Israel zu ergreifen. Die sozialistischen Staaten, einschließlich der VR China, erfuhren Dank für ihre Unterstützung. Den Europäern wurden die „ersten Anzeichen eines besseren Verständnisses der arabischen Sache“ testiert; sie wurden aufgefordert, sich mit allen Mitteln für den Rückzug Israels aus den besetzten arabischen Gebieten und die Wiederherstellung der palästinensischen Rechte einzusetzen.

Die Konferenz in Algier beschloß gegen den Widerstand der jordanischen Delegation, die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) als einzige legitime Vertretung des palästinensischen Volkes anzuerkennen. Die „Rechte des palästinensischen Volkes“ wurden jedoch nicht näher definiert. König Hussein präzisierte im Juli 1974 in Übereinkunft mit Präsident Sadat seinen Standpunkt in der Palästinenserfrage dahin gehend, daß er die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) als legitimen Vertreter der Palästinenser nur außerhalb seines haschemitischen Königreiches betrachte. Hussein erhob damit auch den Vertretungsanspruch über die Palästinenser in Westjordanien, das — unabhängig von der Besetzung durch Israel — von Jordanien als integraler Bestandteil seines Staatsgebietes angesehen wird

Nicht nur die militärischen Anfangserfolge sondern auch die — wider Erwarten — erzielten Ergebnisse beim Einsatz der „politischsten Waffe“, der Olwaffe, erfuhr das arabische Selbstverständnis eine besondere Aufwertung. Der Beschluß der Vertreter der Erdöl exportierenden arabischen Staaten (OAPEC) vom 17. Oktober 1973, ihre Olproduktion bis zur Befreiung der von Israel im Jahre 1967 besetzten Gebiete und der Wiederherstellung der Rechte des palästinensischen Volkes einzuschränken, sowie eine 17prozentige Preiserhöhung für Rohöl und anschließende Boykottmaßnahmen gegenüber den Vereinigten Staaten und den Niederlanden erzeugten bei dem ölabhängigen westeuropäischen Industriestaaten und in Japan schockartige Befürchtungen. Der Westen drohte nicht mit Gegenmaßnahmen, obwohl die Abhängigkeit der Araber von westlichen besonders von europäischen Importen eine solche Möglichkeit gestattet hätte Als einige Industrieländer Alleingänge um einen Vorzugsplatz bei der Ölversorgung unternahmen, setzte sich die Preisschraube erneut in Bewegung.

Die erste Auswirkung der „Energiekrise* war eine Olverteuerung, die sich auf die industriellen Erzeugerpreise übertrug. Vor allem die Chemische und die Metallindustrie, die Textilindustrie und die Bauwirtschaft der westlichen Industriestaaten wurden betroffen. Bei der Automobilindustrie wurde infolge von Absatzschwierigkeiten im Inland und durch den Rückgang des Exports eine Drosselung der Produktion unausweichlich.

Die Ölkrise war zu keinem Zeitpunkt eine Versorgungskrise. Sie blieb eine Preiskrise. Längerfristig befürchten die Bundesrepublik Deutschland und andere westliche Industriestaaten das Aufkommen einer Arbeitslosigkeit, eine Verschlechterung der Konjunktur-lage in besonders energieabhängigen Industrien sowie das Schrumpfen oder den Stillstand des Wirtschaftswachstums. Wie Walter J. Levy in seinem mit Zahlenangaben belegten Aufsatz „Neureiche, die die Welt erschüttern" zu Recht gesagt hat, ist das, was sich in Wirklichkeit abspielt, eine gewaltige Verlagerung von Wohlstand in die Olländer. Nach seinen Worten würden die ölexportierenden Staaten einen immer größer werdenden Anteil der Wirtschaftsressourcen der Welt besitzen aufgrund einer oligopolistischen Olpacht, deren Erträge die Kosten um das 50-bis 60-fache übersteigen. Obendrein würden, da sich die mit diesen Geldern getätigten Auslandsinvestitionen in Regierungsbesitz und unter Regierungskontrolle der Ölländer befinden, politische Pressionen erleichtert. Man müßte mit Erschütterungen des Weltwährungs-und des Weltwirtschaftssystems rechnen, die alle bisherigen Krisen als harmlos erscheinen lassen.

Die westlichen Industriestaaten, die am meisten herausgefordert sind, wissen, daß bei der sich abzeichnenden Entwicklung nationale Alleingänge nicht weiterhelfen. Bei der Ener-

giekonferenz von 13 Energiestaaten in Washington (11. bis 13. Februar 1974) wurde ein enges Zusammenwirken zwischen Westeuropa und Japan mit den Vereinigten Staaten empfohlen. Die Außenminister der neun EG-Staaten beschlossen jedoch am 4. März 1974 in Brüssel ein Phasenprogramm für eine europäisch-arabische Zusammenarbeit auf wirtschaftlichem, politischem und kulturellem Gebiet. Audi der Plan einer Konferenz der EG mit arabischen Staaten, der Anfang Juni 1974 in Brüssel auf Ministerebene gefaßt wurde, steht im Widerspruch zu der ursprünglich von Kissinger betriebenen Politik, jede Solidarisiening der arabischen Länder — der konservativen und der revolutionären Staaten — zu verhindern.

Noch Widersprüchlicheres ereignete sich auf der Energiekonferenz im Rahmen der Vereinten Nationen. Sie wurde vor ihrem Beginn (9. April 1974) zu einer Rohstoffkonferenz umfunktioniert, um einer Konfrontation der ölreichen und ölarmen Entwicklungsländer aus dem Wege zu gehen. Den Industriestaaten sollte die Schuld an der durch die Olpreiserhöhung teilweise hoffnungslos gewordenen Lage in Ländern der Dritten Welt aufgebürdet werden. Der algerische Staatspräsident Boumedienne, der Initiator der Rohstoffkonferenz, forderte vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen die Nationalisierung der Bodenschätze und Agrarprodukte, Preis-und Lieferkontrollen nach dem Muster, das sich bei den Olproduzenten „bewährte“, sowie . Schluß mit der Ausbeutung durch die Mächte des Imperialismus und der multinationalen Konzerne“

Die Olwaffe, die die Araber gegen die westlichen Industrienationen richteten, wies vom Einsatz her sowohl strategische als auch erpresserische Züge auf. Es bleibt allerdings fraglich, ob mit Hilfe dieser Waffe — im Sinne der Ausführungen von Boumedienne — der Umsturz des Weltwirtschaftsystems wirklich eingeleitet werden sollte. Aufgrund der Ergebnisse der Reisen Bundeskanzlers Brandt nach Algerien und Ägypten (April 1974) könnte dies ebensowenig gesagt werden wie vom Ergebnis der Nahostreise Präsident Nixons (Juni 1974); denn beide Male kam ein zuvor noch nie so deutlich artikuliertes Interesse der arabischen Staaten an einer umfassenden Zusammenarbeit zur Sprache. In der Folge fand dieses Interesse seinen Niederschlag in den langfristigen deutsch-ägyptischen oder ägyptisch-amerikanischen Wirtschaftsvereinbarungen. Das Bedürfnis nach vermehrter wirtschaftlicher Zusammenarbeit, nach technischer Wissensvermittlung und Industriehilfe, teilweise auch nach Kapitalhilfe, ist bei fast allen arabischen Staaten unverkennbar. Für Europa scheinen sich dabei Präferenzen abzuzeichnen.

Eine Aufwertung besonderer Art erfuhren die arabischen Staaten dadurch, daß seit dem 1. Januar 1974 Arabisch neben Englisch, Französisch, Spanisch, Russisch und Chinesisch zur sechsten offiziellen Sprache bei den Vereinten Nationen erklärt wurde 2. Israel Israel geriet durch den Yom-Kippur-Krieg in eine politische Isolierung. Als seit 1970 vier afrikanische Staaten ihre diplomatischen Beziehungen zu Israel aufkündigten, zeigte sich, daß die Zeit nicht auf Israels Seite war. Nach Kriegsausbruch im Oktober 1973 offenbarte sich weltweit, wie wenig Freunde es in der Not besaß: mehr als zwanzig afrikanische Staaten, (darunter fast ganz Schwarzafrika) mit denen es diplomatische Beziehungen unterhielt, brachen ihre Verbindung ab

Schlomo Na'aman, ein israelischer Historiker, beurteilt die veränderte Lage wie folgt: „Im Verlauf weniger Wochen haben wir den Erdrutsch mit Österreich mitgemacht und den . Continental drift'Afrikas — weg von Israel. Behaupten möchte ich, daß das kleine Österreich uns mehr verletzt hat als der große kollektive Abfall ganz Afrikas. Wirtschaftlich und politisch gesehen, sind die Hartholzwälder, die Diamantenfelder und Investitionsverluste in Afrika wie auch die Einbuße an Prestige wahrscheinlich schwerwiegender als das, was wir an Österreich verloren, aber nur was Österreich uns antat, hat uns innerlich erregt. Im Zusammenhang mit dem, was wir von Frankreich, England und selbst der Bundesrepublik Deutschland hinnehmen mußten, sind wir in eine tiefe Krise geraten, die wir uns nicht verhehlen dürfen: Wir hatten mehr Mitgefühl und mehr Verständnis erwartet; wir lebten im Glauben, daß wir, die wir das Schicksal der Tschechoslowaken 1938/39 oder der Engländer im Bombenkrieg, Hollands und Frankreichs im Widerstand genau so tief wie diese mitgefühlt hatten, die gleiche Sympathie finden würden.“

Der Krieg bewies die völlige Abhängigkeit Israels von den Vereinigten Staaten, vor allem im Hinblick auf die Lieferungen bzw. Ersatzlieferungen von Waffen und Waffensystemen.

Das israelische Wirtschaftsleben erlitt durch die Einberufung der meisten berufstätigen Männer zum Wehrdienst schwere Schäden. Nur durch die Elastizität der Israelis auf wirtschaftlichem Gebiet und die im Januar 1974 begonnene Truppenentflechtung in Ägypten trat in der Zwischenzeit eine spürbare Erleichterung und Erholung ein. Die Folgen der Produktionsverluste während der letzten drei Monate des Jahres 1973 sind unausgeglichene Budgets, geringere Wettbewerbsfähigkeit und ein Absinken des Bruttosozialproduktes. Auch die hohen Kriegskosten und die seit Ende Januar 1974 wegen Streichung von Subventionen gestiegenen Lebenshaltungskosten sowie die drastischen Steuererhöhungen tragen zu einer Senkung des israelischen Lebensstandards bei

Die im Zusammenhang mit dem Kriege und seinen Folgen eingetretene Polarisierung in der Bevölkerung fand ihren Niederschlag im Ergebnis der auf den 31. Dezember 1973 verschobenen Knessetwahlen. Die Zahl der »Falken“ wuchs beispielsweise bei den längerdienenden Soldaten spürbar und Ministerpräsidentin Golda Meir hatte große Schwierigkeiten bei der Bildung der neuen Regierung. Dies alles, insbesondere das Bewußtsein, nur als begrenzter Sieger aus dem Krieg hervor, gegangen zu sein, hatte Rückwirkungen auf die innenpolitisch höchst aktuelle Diskussion über den ersten Bericht des Kriegsuntersuchungsausschusses (Agranat) vom 2. April 1974. Dieser Bericht belastete den israelischen Generalstabschef und den Chef des militärischen Nachrichtendienstes sowie andere hohe Militärs mit der persönlichen Verantwortung für die Ereignisse am Vorabend des Krieges bzw. für die Fehleinschätzung der Lage, sprach aber Ministerpräsidentin Golda Meir und Verteidigungsminister Moshe Dayan von der Schuld am operativen Versagen der Heeresleitung frei Die Kommission hatte nicht die Aufgabe, ein Urteil über die parlamentarisch verantwortlichen Politiker abzugeben. Dennoch war das Entsetzen in Israel über die Kommissionsbefunde so groß, daß Golda Meir sich am 11. April 1974 zum Rücktritt veranlaßt sah.

Frau Meirs Nachfolger, der frühere General Yizhak Rabin, ordnete schon kurz nach seiner Amtsübernahme als Ministerpräsident schwere Vergeltungsaktionen gegen Guerillazentren im Libanon an, da von dort palästinensische Selbstmordkommandos nach Israel eingedrungen waren und vom April bis Juni 1974 vier Massaker in Schulen und Wohngegenden angerichtet hatten. 49 Israelis verloren dabei das Leben

Der vorübergehende kriegsähnliche Zustand im Juni und Anfang Juli 1974 zwischen Israel und dem Libanon ist teilweise eine Folge des am 31. Mai unterzeichneten israelisch-syrischen Truppenentflechtungsabkommens. Durch zusätzliche, nicht veröffentlichte Absprachen zwischen den Vertragspartnern und durch die Errichtung von UNO-Kontrollen in der Puffer-zone verlor Syrien für die palästinensischen Widerstandsgruppen seinen Wert als Ausgangspunkt für Kommandounternehmen gegen Israel. Als letzte Aktionsbasis blieb der Südlibanon, dessen Grenze zu Israel kaum geschützt und bewacht war.

Die rasche Aufeinanderfolge palästinensischer Terroraktionen und die israelischen Gegenschläge in Form von Luftwaffen-und Artillerieeinsätzen stellte die libanesische Regierung vor die Wahl zwischen zwei Übeln, den Ausbruch eines Bürgerkriegs im Falle der Bekämpfung der Kommandoverbände oder die Hinnahme israelischer Vergeltungsaktionen. Die libanesische Regierung entschied sich für das letztere angesichts ihrer Erfahrungen im Mai 1973. Sie lehnte auch die Angebote zur Stationierung arabischer Hilfstruppen ab, weil sie befürchtete, eine Veränderung des Kräfte-verhältnisses könnte den Israelis als Vorwand für einen Präventivschlag dienen Da auch andere arabische Staaten nicht daran interessiert waren, Libanon, das sich seit 1949 aus allen Nahostkriegen herausgehalten hatte, zum neuen Kriegsschauplatz werden zu lassen, trat wieder Ruhe ein.

Israel ist im Augenblick wegen der Kriegsfolgen im Innern uneins und wegen der palästinensischen Massaker stark verunsichert. Dennoch konnte die Regierung die Zustimmung der Knesset zum Truppenentflechtungsabkommen mit Syrien finden, welches die Räumung Kuneitras einschloß. Der Vorrat der Verhandlungspositionen Syrien gegenüber wäre damit fast erschöpft, wenn Israel darauf beharrt — wie es Ministerpräsident Rabin in einem Newsweek-Interview Anfang Juli 1974 erklärte — die 1967 besetzten Golan-Höhen unter keinen Umständen, nicht einmal in Zusammenhang mit einem Friedensvertrag, an Syrien zurückzugeben

Israel wird künftig sein Heil nicht mehr in absoluter Sicherheit suchen können. Weitergehende Entflechtungsabkommen und neue Phasen der Genfer Friedenskonferenz zwingen dazu, der politischen Stabilität den Vorrang zu geben, nicht aber militärisch zu handeln. Dies entspricht angesichts der eingetretenen Isolierung und möglicher nuklearer Entwicklungen im arabischen Raum einem Akt politischer Vernunft. 3. Vereinigte Staaten Die Interessen der Vereinigten Staaten im Nahen und Mittleren Osten, erkennbar an der Präsenz der 6. Flotte im Mittelmeer und der 7. Flotte im Persischen Golf und im Indischen Ozean, sind seit langem vielseitiger Natur. Sie reichen weit über das eigentliche Krisen-gebiet — Israel, Ägypten, Jordanien, Syrien, Libanon — hinaus. Einerseits ist die Sicherung der Lebensfähigkeit des Staates Israel ein Grundprinzip der Politik der Vereinigten Staaten, andererseits ist das wirtschaftliche und strategische Interesse so stark, daß Washington um einen Ausgleich in der Gesamtregion, einem Wetterwinkel der Politik, bemüht sein muß.

Henry Kissingers fünf Nahost-Reisen zwischen Oktober 1973 und Mai 1974 spiegeln das amerikanische Ausgleichsinteresse nach dem Yom-Kippur-Krieg wider. Seine beim Aushandeln der israelisch-ägyptischen und israelisch-syrischen Truppenentflechtungsvereinbarungen angewandte „Pendeldiplomatie" bedeutet eine Respektierung orientalischer Tradition. Im Gegensatz zu Europa ist es im arabischen Raum üblich, schwierige und prestige-beladene Probleme durch Einschaltung eines für alle Seiten vertrauenswürdigen Vermittlers zu lösen. Bei der Nahost-Mission des schwedischen UN-Beauftragten Jarring war diese Möglichkeit entfallen, weil Israel auf direkten Verhandlungen beharrte. Dieses Prinzip der direkten Verhandlungen mußte Israel nach dem Vierten Nahostkrieg aufgeben. Israel konnte dem amerikanischen Außenminister, der sich als Verhandlungsvermittler anbot und der für diese Rolle auch das Vertrauen auf arabischer Seite besaß, nicht die Zustimmung verweigern; denn durch das israelische Verhalten nach dem ersten Waffenstillstand (22. Oktober 1973) waren die Vereinigten Staaten in eine Lage gedrängt worden, die nach der Auslösung des weltweiten Alarms (25. Oktober) von der amerikanischen Öffentlichkeit als Nuklearkrise empfunden werden konnte.

Dem diplomatischen Geschick Kissingers gelang es bei seiner Tätigkeit in den verschiedenen arabischen Hauptstädten, die alten Vorurteile, Amerika wolle nur reglementieren, sowie Konfliktherde (wie in Vietnam) mit Gewalt elimineren, zu widerlegen. Kissinger stellte unter Beweis, daß die Vereinigten Staaten im Falle Israels nicht einseitig Partei ergriffen. Bei jeder Station der Nahostreise Präsident Nixons im Juni 1974 zeigte sich der nachhaltig verstärkte amerikanische Einfluß in einem Gebiet, in dem vor dem Oktoberkrieg teilweise der diplomatische Verkehr mit Washington abgebrochen (Ägypten, Syrien) und weitgehend die sowjetische Position dominierend war. Durch Nixons Besuch wurde über Kairo hinaus das amerikanische Verhältnis mit der arabischen Welt neu bestimmt und durch politische, wirtschaftliche und finanzielle Absprachen verfestigt.

Den beiden ungelösten Problemen des Nahostkonfliktes, Rückzug der Israelis und Regelung der Palästinenserfrage, wurde von amerikanischer Seite ein drittes hinzugefügt, das Nuklearproblem. Ohne vorhergegangene amerikanisch-israelische Konsultationen wurde anläßlich des Nixon-Besuches in Kairo/Ägypten die Lieferung eines 600-MegawattReaktors einschließlich Kernbrennstoff zugesagt. Trotz der später erfolgten gleichlauten-den amerikanischen Offerte und der Zusage einer langfristigen Militärhilfe an Israel kam es zu erhitzten israelischen Diskussionen über die Gefahren eines möglichen Mißbrauchs der friedlichen Kernenergie seitens der Ägypter, die bei ungenügenden oder beschränkten amerikanischen Kontrollen in den Besitz von Nuklearwaffen kommen könnten.

Die amerikanischen Erklärungen, daß ihre bereits 35 Staaten gewährte friedliche Nuklear-unterstützung bisher nirgends mißbraucht worden wäre und die beruh Staaten gewährte friedliche Nuklear-unterstützung bisher nirgends mißbraucht worden wäre 33), und die beruhigenden Ausführungen Ministerpräsident Rabins in der Knesset (19. Juni) 34) konnten die Befürchtungen vieler nicht ausräumen, daß die neue nukleare Dimension auf lange Sicht die gesamte strategische Lage im Nahen Osten verändern würde. Sie relativiert nämlich den Wert der konventionell überlegenen israelischen Streitkräfte und kann angesichts der vorhandenen technischen und finanziellen Möglichkeiten in Kürze ein atomares Wettrüsten im Nahen und Mittleren Osten einleiten 35).

Eine wesentliche Folge der jüngsten Nahostkrise ist aus amerikanischer Sicht die Olpreis.

erhöhung. Mit einem Schlage gab es bei den westlichen Industrienationen keinen DollarÜberhang mehr, sondern eine Dollarlücke. Das zentrale Problem bei der Neugestaltung des Weltwährungssystems war fortan nicht mehr die Frage, wie sich die amerikanische Zahlungsbilanz im Gleichgewicht halten laßt, sondern die Rückführung des „Öldollars" in die Industriestaaten (Recycling) 35a). Die Vereinigten Staaten wurden also durch die 01-Preiserhöhung währungspolitisch nachhaltig entlastet. Sie gewannen damit den Teil ihrer weltpolitischen Handlungsfähigkeit, der seit Anfang der siebziger Jahre eingeschränkt war, zurück. Sie hatten auch bei ihrer Friedensinitiative Erfolg; ihr Prestige als Supermacht war voll wiederhergestellt. 4. Sowjetunion Die Parteinahme der Sowjetunion im Vierten Nahostkrieg zugunsten der arabischen Staaten, der sich auch andere Staaten des War-schauer Paktes anschlossen ist darauf zurückzuführen, daß sie sich nach dem Prestigeverlust in Ägypten im Sommer 1972 zur Wiederherstellung des alten Ansehens und Einflusses gezwungen sah. Andererseits mußte die Sowjetunion eine neue arabische Niederlage verhindern, um einer Diskreditierung des Wertes sowjetischer Hilfen und Waffen entgegenzuwirken. Unter diesen Gesichtspunkten ist das sowjetische Engagement bis an die Grenze der Intervention und die Zurückhaltung beim Festlegen von Bedingungen für weitere Verhandlungen nach dem Eintreten der Waffenruhe verständlich.

In dieser Lage konnten die Sowjets die eigene Position bei den Arabern insgesamt nicht verbessern, da nur die Vereinigten Staaten ausreichend Mittel und Einfluß hatten, die Israelis von der Militär-zur Außenpolitik zurück-zuzwingen. Auch war es der Sowjetunion nicht möglich, zunächst etwas gegen die Ergebnisse des „ehrlichen Maklers" Kissinger auf dem Gebiete der Konfliktlösung einzuwenden. Das israelisch-ägyptische Auseinanderrücken brachte die Sowjetunion dem schon lange erstrebten Ziele näher, sich durch den Suezkanal den Zugang zum Indischen Ozean und zum Persischen Golf zu sichern, die Erdölerzeuger-Staaten von den Flanken her zu umfassen und insgesamt mehr Einfluß im süd-asiatischen Bereich zu gewinnen.

Die Sowjets versuchten, ihren verminderten Einfluß in Ägypten — einem Knotenpunkt der Weltstrategie — durch diplomatische Offensiven andernorts wettzumachen. Der sowjetische Außenminister Gromyko kümmerte sich persönlich um die Rückenstärkung der Syrer bei den fast fünf Wochen dauernden israelisch-syrischen Truppenentflechtungsverhandlungen. Syrien blieb dadurch — ähnlich dem Irak — eine zuverlässige Bastion Moskaus. Der Kreml hätte es wohl lieber gesehen, wenn die Entflechtungsgespräche nicht in Damaskus und Jerusalem geführt worden wären, sondern in Genf, dem Ort der Friedenskonferenz. Dort hätten nämlich die sowjetischen Vertreter am Verhandlungstisch mitwirken können und die Rolle des Friedensstifters wäre nicht zum zweiten Male ausschließlich den Vereinigten Staaten zugefallen.

Nachdem Israel auf einen libanesischen An-trag hin am 15. April 1974 vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen wegen der „Verletzung der territorialen Integrität und der Souveränität des Libanon“ verurteilt worden war”), vermehrten sich die sowjetischen Hilfsangebote an Beirut. Die palästinensischen Kommandos im Südlibanon, denen jeweils nach den Massakern die israelischen Vergeltungsschläge galten, waren schon mit sowjetischen Waffen ausgerüstet. Sie sollen bereits im Besitz einfacher tragbarer sowjetischer Luftabwehrraketen (SAM gewesen sein Der Führer der PLO, Jassir Arafat, erhielt im Juli eine Einladung in die sowjetische Hauptstadt, während ein Besuch des ägyptischen Außenministers in Moskau vom Kreml vertagt, dann auf den Oktober verschoben wurde. Arafat konnte allerdings sein Ziel, die Anerkennung der PLO als einzige Vertretung der Palästinenser, nicht erreichen. Moskau nutzte auch die Gegnerschaft zwischen Sadat und Gadaffi, die im und nach dem Oktoberkrieg, besonders durch die undurchsichtige Rolle Gadaffis im Zusammenhang mit dem Überfall von Terroristen auf* die Technische Militärakademie in Kairo (18. April 1974) feindschaftliche Züge bekam. Nadi Beginn dieses „kalten Krieges" konnte die Sowjetunion ihren Einfluß in Libyen ausweiten. In Algerien, das sich spätestens seit dem Besuch Boumediennes in Peking (Ende Februar/Anfang März 1974) dem sowjetischen Einfluß entzogen hatte startete Ende Mai der Kreml mit dem Besuch des sowjetischen Verteidigungsministers Gretschko, der eine persönliche Botschaft Breschnews überbrachte, eine neue diplomatische Offensive. Es galt, verlorenes Terrain zurückzugewinnen.

Zusammenfassend ergibt sich das Bild, daß der rasche Ausbau der sowjetischen Positionen Osten im Nahen nach dem Sechstagekrieg infolge des Oktoberkrieges ins Stocken geriet. Die Sowjetunion mußte vor allem in Ägypten schwere Rückschläge hinnehmen. Der Aufbau von Ersatzpositionen im arabischen Raum ist nur bedingt gelungen. Die seit Sommer 1974 verstärkten diplomatischen Aktivitäten der Sowjetunion auf dem Balkan, besonders in Jugoslawien, Rumänien und Bulgarien, lassen vom Ergebnis her noch keine Beurteilung zu. Auch bleibt offen, mit welchem Erfolg letztlich die Sowjetunion im Zusammenhang mit der Zypernkrise taktierte.

Insgesamt wird Moskau im Nahen Osten die Möglichkeit als Trumpf behalten, trotz der Verhandlungsbereitschaft zwischen arabischen Staaten und Israel zu gegebener Zeit die Position der Palästinenser so aufzuwerten, daß der Konflikt nicht endgültig gelöst wird und dadurch ein permanentes Element der Spannung in dieser Region bleibt.

Vor allem für die Sowjetunion, aber auch für die Vereinigten Staaten boten die achtzehn Kampftage im Nahen Osten eine Gelegenheit, ihre neuen Waffen unter Kriegs-, die Big-Lift-Strategie unter Manöverbedingungen zu erproben. Als der Gleichgewichtsverlust drohte, wurden die Sowjets von den Amerikanern ähnlich wie 1962 in der Kubakrise in die Schranken gewiesen. 5. Europäische Gemeinschaft und NATO Die Aussage des früheren Chefs der EG-Kommission, Sicco Mansholt, Europa habe bewiesen, daß es nicht besteht kennzeichnet die konzeptionslose Haltung der neun EG-Staa. ten während der Krisensituation im Vierten Nahostkrieg sehr treffend. Westeuropas Ohnmacht wurde sichtbar, als es — sich im Kriege am Schicksal Israels desinteressiert zeigte, — auf dem Höhepunkt der Krise sich stillschweigend verhielt und es ausschließlich den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion überließ, die Situation in den Griff zu bekommen, — zu pro-arabischen Resolutionen im Hinblick auf die Sicherung des Olbedars schritt, — sich auf der Kopenhagener Konferenz (14. /15. Dezember 1973) nicht auf eine große Strategie, sondern auf die Leerformel „Europäische Identität“ einigte, — den mit Olembargo überzogenen Niederlanden nicht half.

Europa glich in dieser Zeit mehr einem politischen Restposten als einer handlungsfähigen Gemeinschaft. Einige Staaten der EG unterstrichen dies noch mit nationalen Alleingängen, indem sie ohne Konsultation der Gemeinschaft Angebote für Industrieanlagen und Waffenlieferungen für längerfristige 0 zusagen an Olstaaten abgaben und teilweise auf dem Höhepunkt der Schwankungen des Olpreises langfristige Verträge mit ihnen ab-schlossen. Die am 6. November 1973 von der Europäischen Gemeinschaft verabschiedete Erklärung zur Lage im Nahen Osten bekennt sich zu der Auffassung, daß eine Friedensvereinbarung insbesondere auf folgenden Punkten beruhen sollte:

1. Unzulässigkeit des Gebietserwerbs durch Gewalt;

2. Notwendigkeit, daß Israel die territoriale Besetzung beendet, die es seit dem Konflikt von 1967 autrechterhalten hat;

3. Achtung der Souveränität, der territorialen Unversehrtheit und Unabhängigkeit eines jeden Staates in dem Gebiet sowie seines Rechts, in Frieden innerhalb sicherer und anerkannter Grenzen zu leben; 4 Anerkenntnis, daß bei der Schaffung eines gerechten und dauerhaften Friedens die legitimen Rechte der Palästinenser berücksichtigt werden müssen.

Nach der Interpretation des seinerzeitigen Außenministers Walter Scheel stützt sich die Erklärung auf die VN-Resolution 242, gibt sie aber nicht im Wortlaut wieder

Beim Vergleich der EG-Erklärung mit der UN-Resolution 242 lassen sich folgende Unterschiede feststellen, die eher eine pro-arabische als eine pro-israelische Tendenz andeuten:

Zu Punkt 2 der EG-Erklärung: Diese Formulierung schließt sich in der entscheidenden Frage nicht der englischen Version der VN-Resolution 242 („Rückzug aus besetzten Gebieten") an, sondern der französischen („Rückzug aus den besetzten Gebieten").

Zu Punkt 3 der EG-Erklärung: Während sich die EG-Erklärung auf das Prinzip der „Achtung der Souveränität" beschränkt, spricht die VN-Resolution 242 von einer „Achtung und Anerkennung der Souveränität" eines jeden Staates. Die Forderung, „im Frieden innerhalb sicherer und anerkannter Grenzen" leben zu können, erscheint in beiden Resolutionen; der Zusatz „frei von Drohungen und Akten der Gewalt" fehlt jedoch in der EG-Erklärung.

Zu Punkt 4 der EG-Erklärung: In der EG-Erklärung fehlt die in der Resolution 242 enthaltene Forderung, „eine gerechte Regelung des Flüchtlingsproblems zu verwirklichen". Statt dessen wird der weiter gehende Begriff „legitime Rechte der Palästinenser" verwendet.

Da es sich bei der EG-Erklärung um eine „Erklärung der Neun" handelt, kann dahingestellt sein, welche westeuropäischen Staaten auf Grund ihrer proarabischen Einstellung den Ausschlag bei der Endformulierung gegeben haben. In der EG-Erklärung fehlt jegliches Anzeichen von Solidarität mit den Vereinigten Staaten. Es ist möglich, daß damit etwa eine Andeutung von Protest gegen die nicht erfolgten amerikanische Konsultationen während des Krieges, insbesondere bei der Auslösung eines weltweiten Alarms am 25. Okto-ber 1973, zum Ausdruck gebracht werden sollte 44a).

So sehr die „Statistenrolle Europas" im Vierten Nahostkrieg zu beklagen ist, sie ist angesichts der vielen Beziehungen zwischen den westeuropäischen und arabischen Staaten verständlich. Schließlich war es das Ziel der beiden Supermächte bei Kriegsbeginn, eine regionale Ausdehnung des Krieges zu verhindern und sich selbst möglichst aus dem kriegerischen Geschehen herauszuhalten. Die „Detente" zwischen Ost und West sollte auf keinen Fall gefährdet werden. Sie hatte langfristig Priorität. So erfuhr beispielsweise die seit dem 18. September 1973 in Genf tagende Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) keinen Abbruch, und die Konferenz für beiderseitige, ausgewogene Truppenreduzierungen (MBFR) begann termingerecht am 30. Oktober 1973 in Wien.

Die Westeuropäer paßten sich bei Kriegsausbruch der Heraushaltetaktik der Supermächte an. Sie gingen in ihren Überlegungen von einer „Quarantäne" und einer kurzen Dauer des Krieges aus. Die Araber sollten nicht gereizt, die Israelis keinesfalls favorisiert werden.

Aus dieser Position, die zwei Wochen lang gehalten werden konnte, wurden die Europäer jedoch verdrängt, weil beide Supermächte — zunächst nur die Sowjetunion — durch logistische verlänger Interventionen den Krieg -

ten. Die Vereinigten Staaten wünschten bei ihrem Luftbrücken-Unternehmen, europäische Flugplätze für Zwischenlandungen zu benutzen;

sie wollten ferner aus ihren Lagern in Westeuropa, vor allem in der Bundesrepublik Deutschland, den Israelis Ersatz an Waffen und Gerät liefern, das für NATO-Zwecke eingelagert war.

Die Frage des uneingeschränkten Verfügungsrechtes von Alliierten über eingelagertes militärisches Gut auf dem Territorium von Bundesgenossen war vorher in der NATO in der Praxis nie aufgetaucht. Als sie sich im Nahostkrieg stellte, waren die betroffenen europäischen Staaten in einer peinlichen Lage: Einerseits bedeutete die Zustimmung zur logistischen Unterstützung der Israelis die Herausforderung arabischer Olsanktionen, andererseits mußte ein Verbot das ohnehin schon angeschlagene Verhältnis der Europäer zu den Amerikanern im Bündnis noch mehr belasten. Die westeuropäischen Staaten waren sich durchaus bewußt, daß der Krieg „vor der Haustür Europas" stattfand. Sie beriefen sich dennoch im Zusammenhang mit den amerikanischen Zwischenlandeersuchen und Nachschublieferungen nach Israel auf ihren Neutralitätsstatus oder gaben legalistische Erklärungen ab. Vertreter der amerikanischen Regierung brachten über diese Haltung der Bundesgenossen wiederholt ihr Mißvergnügen zum Ausdruck.

Auf deutsch-amerikanischer Seite wurden diese Schwierigkeiten schon früher ausgeräumt. Spätestens seit der NATO-Deklaration von Ottawa (19. Juni 1974) wurden sie im NATO-Bereich insgesamt gelöst. Ziffern der Erklärung besagt: „Die Verbündeten sind überzeugt, daß für die Erreichung ihrer gemeinsamen Ziele die Aufrechterhaltung enger Konsultationen, Zusammenarbeit und gegenseitigen Vertrauens erforderlich sind, und daß dadurch die für die Verteidigung notwendigen und für die Entspannung günstigen Bedingungen, die einander ergänzen, gefördert werden. Im Geiste der ihre Beziehungen kennzeichnenden Freundschaft, Gleichheit und Solidarität sind sie fest entschlossen, einander stets umfassend zu unterrichten und die Gepflogenheit freimütiger und rechtzeitiger Konsultationen mit allen geeigneten Mitteln über Angelegenheiten, die ihre gemeinsamen Interessen als Mitglieder des Bündnisses betreffen, zu stärken, wobei sie bedenken, daß diese Interessen durch Ereignisse in anderen Gebieten der Welt berührt werden können." 45a)

Für die Vereinigten Staaten dürfte auch künftig die Frage der Disponibilität über ihr in Europa eingelagertes Gerät eng mit der Präsenzfrage verknüpft bleiben.

Für die Sowjetunion ergaben sich Interessen-differenzen beim Transport sowjetischer militärischer Güter aus mittel-und südosteuropäischen Staaten im Rahmen des von ihr geführten Bündnisses nicht. Um so mehr dürfte ihr in diesem Zusammenhang erstmals die „Sprengkraitfunktion" eines chronischen ara- bisch-israelischen Konfliktes für das Dreiecksverhältnis Europa-Amerika-Naher Osten klar geworden sein, der sich nicht nur wirt. schaftlich-energiepolitisch auswirken würde 6. Übrige Welt a) VR China Die neue afro-asiatische Politik der VR China basiert auf dem Prinzip der Omnipräsenz, d. h. die Chinesen versuchen, ihre Stellung in Asien und Afrika systematisch auszubauen. Sie unterhalten Beziehungen zu Regimen und Kräften, die sich mit ihnen im Manövrieren zwischen den Supermächten verbinden, verfolgen insbesondere das Zurückdrängen des sowjetischen Einflusses und unterlassen nicht, ihren Anspruch auf eine führende politische Position im Rahmen der Dritten Welt anzumelden.

Während des Vierten Nahostkrieges bezichtigte die VR China die beiden Supermächte vor dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen erneut der Kondominium-Absichten. Sie warf der Sowjetunion vor, durch einen Waffenstillstand, der den Völkern im Nahen Osten aufgezwungen würde, „die lodernden Flammen des gerechten arabischen Volkskrieges gegen die Aggression auszulöschen“ Eine konkrete Hilfeleistung an die Araber konnte die VR China nicht anbieten. Dies wurde von den arabischen Staaten wohl auch nicht erwartet. b) Japan Japans Beziehungen zum Mittleren und Nahen Osten waren auf Grund seiner fast ausschließlichen Abhängigkeit vom Rohölimport stets mehr außenwirtschaftlicher als außenpolitischer Art. Als die Organisation der Erdöl exportierenden arabischen Staaten (OAPEC) am 17. Oktober 1973 das Olembargo verkündete, war die japanische Wirtschaftsstruktur, die ähnlich der europäischen auf billiger, im Überfluß vorhandener Energie aufgebaut ist, existentiell bedroht.

Die Sorge um das wirtschaftliche überleben machen die rasch aufeinander folgenden politischen Erklärungen der japanischen Regierung zur Nahostsituation verständlich. Am 6. November sagte Japan in einer Verbalnote an zehn arabische Staaten die Unterstützung der VN-Resolution 242 zu. Die japanische Erklärung vom 22. November enthielt die Forderung nach dem Abzug der israelischen Streitkräfte aus allen seit dem Kriege von 1967 von Israel besetzten Territorien. Während der stellvertretende japanische Ministerpräsident Takeo Miki zehn arabische Staaten besuchte und sich mit wirtschaftlichen Angeboten um feste Zusagen für ausreichende Ollieferungen bemühte, forderte am 13. Dezember ein Sprecher des japanischen Außenministeriums Israel auf, sich sofort oder in einem frühen Stadium der Genfer Friedenskonferenz auf die Positionen nach dem Sechstagekrieg zurückzuziehen

Vorübergehend sah es so aus, als ob Japan die Beibehaltung seiner Beziehungen zu Israel von einer baldigen Realisierung der VN-Resolution 242 abhängig machen würde Der Abbruch der Beziehungen durch Japan erfolgte jedoch nicht; er hätte eine weitaus schwerere Krise wirtschaftlicher und politischer Art mit den Vereinigten Staaten ausgelöst.

Im Falle Japan zeigt es sich deutlich, wie durch Liefersperren sowie durch politische oder wirtschaftlich manipulierte Krisen ein von Rohstoffen im höchsten Maße abhängiger Industriestaat politisch erpreßbar werden kann. c) Sonstige Staaten Die afrikanischen Staaten, die in und nach dem Vierten Nahostkrieg ihre diplomatischen Beziehungen zu Israel aufkündigten, brachten sich um manchen Vorteil; denn Israel war für viele der Prototyp des Entwicklungshelfers, vor allem auf landwirtschaftlichem Gebiet. Es hatte nicht den Makel, Kolonialmacht gewesen zu sein, und verfügte selbst über eine technologische Ausstattung, die dem Standard der Industrienationen gleichkam.

Ohne Druck finanzstarker arabischer Staaten (z. B. Libyen) und der Sowjetunion auf die Organisation afrikanischer Staaten (OAU) ist die fast gleichzeitige Aufkündigung der diplomatischen Beziehungen mit Israel durch mehr als zwanzig afrikanische Staaten nicht zu erklären. Es wäre sonst kaum vorstellbar, daß sich beispielsweise Äthiopiens Herrscher, Kaiser Haile Selassie, den eine enge und traditionsreiche Freundschaft mit Israel verbindet, zu einer solchen Maßnahme entschlossen hätte

Die auf der Gipfelkonferenz in Algier (26. — 28. November 1973) den Afrikanern von arabischen Königen und Staatschefs zum Dank zugesagte wirtschaftliche Unterstützung wurde bereits anläßlich einer Konferenz der arabischen Erdölminister am 22. /23. Januar 1974 in Kairo von einer Abordnung der OAU angemahnt Die afrikanischen Vertreter drängten auf eine Senkung der Olpreise, deren Höhe für sie und für alle übrigen Entwicklungsländer existenzgefährdend ist Die arabischen Olminister lehnten aus Gründen einer Nichtdiskriminierung den Preisnachlaß ab, stellten aber langfristige Anleihen zur Finanzierung der Ollieferungen in Aussicht.

Bei der islamischen Gipfelkonferenz in Lahore, auf der vom 24. bis 26. Februar 1974 die führenden Politiker aus 37 afrikanischen und asiatischen Staaten zusammentrafen, standen das Nahostproblem und die Olpreisfrage im Mittelpunkt der Erörterungen. Der pakistanische Premierminister, Zulfikar Ali Bhutto, warnte auf der Konferenz vor dem Verlust der Einheit der Dritten Welt durch eine Aufteilung in reiche Olstaaten und entwicklungsbedürftige Länder Libyens Präsident Gaddafi brachte einen Sonderpreis für O 1 in Vorschlag, der nur für „islamische Bruderländer“ sowie für Entwicklungsländer gelten sollte. Eine Entscheidung blieb jedoch aus; statt des-sen beschlossen die Konferenzteilnehmer die Bildung eines Ausschusses, der den Entwicklungsländern bei ihren durch die Preissteigerungen hervorgerufenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten in Zukunft helfen sollte In einer Nahost-Palästina-Resolution schlossen sich die in Lahore vertretenen islamischen Staaten den seit der Algier-Konferenz bekannten arabischen Maximalforderungen an.

Unter dem Drude der arabischen Ölpreispolitik brachen schon im ersten Halbjahr 1974 fast überall in den Entwicklungsländern die mühsam ausbalancierten Handelsbilanzen zusammen. Die Folgen waren für Industrie und Landwirtschaft verheerend: Aus Devisenmangel mußten langfristig geplante industrielle Vorhaben oft kurz vor der Fertigstellung angehalten werden, und die landwirtschaftlichen Erträgnisse sanken wegen der enorm gestiegenen Transport-und Düngemittelkosten.

Seitdem die Aussichten auf billigeres öl für Entwicklungsländer erloschen sind und seit die nahöstlichen Feindstaaten miteinander verhandeln, zweifeln manche afrikanische Regierungen, ob sich der Abbruch der Beziehungen zu Israel gelohnt habe. Einige afrikani-sehe Politiker wollten denn auch die OAU. Gipfelkonferenz in Mogadischu vom 11. -16. Juni 1974 zu einem Tribunal über die reichen Araber machen Dies scheiterte jedoch daran, daß den 34 ölimportierenden Staaten von den Ölstaaten ein Soforthilfekredit in Höhe von 130 Mio. Dollar eingeräumt wurde. Diese kleine Summe — auf jeden Staat entfallen etwa 4 Mio. Dollar — kann kaum ausreichen, Staaten wie Kenia oder Senegal, von einer Wiederaufnahme der Beziehungen zu Israel abzuhalten

Nach dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen des größten Teils der schwarzafrika-nischen Staaten zu Israel befürchtete Jerusalem, asiatische Regierungen könnten sich zu ähnlichen Schritten bewegen lassen. Dies trat jedoch nicht ein. Inzwischen könnte eine solche Gefahr jedoch in Lateinamerika drohen; Staaten wie Argentinien, Brasilien, Mexiko und Uruguay werden von Arabern mit „Dlgeldern" für Wirtschaftsinvestitionen umworben. Arabischerseits sind wohl schon Erfolge zu verzeichnen. Es soll bereits gelungen sein, bei einem Teil der mittel-und südamerikanischen Staaten das bisher freundschaftliche Verhältnis zu Israel in eine Politik der „Unparteilichkeit" gegenüber Israel und den arabischen Staaten umzustellen

VII. Verändertes Gleichgewicht und Perspektiven im Nahen und Mittleren Osten

Seit Mitte der fünfziger Jahre, vor allem jedoch seit dem Sechstagekrieg 1967, konnte die Sowjetunion die Lage mehrerer arabischer Staaten, insbesondere Ägyptens, Syriens und des Irak, unter dem Vorwand der Unterstützung des arabischen Kampfes gegen Israel zu ihren Gunsten ausnutzen. Die Sowjetunion veränderte so das weltpolitische Gleichgewicht. Es gelang ihr, sich im Nahen Osten ein politisches und militärisches Einflußgebiet zu schaffen, das an die frühere Vormachtstellung Großbritanniens in diesem Raum erinnert.

In der sowjetischen Planung bildet Ägypten mit dem Suezkanal geostrategisch das unerläßliche Mittelstück zwischen Schwarzem Meer und Indischem Ozean. Unter diesem Aspekt finanzierte die Sowjetunion trotz innerpolitischer Widerstände zahlreiche Waffenkäufe Ägyptens und auch Syriens, obgleich sie an Ort und Stelle keine echten Kontrollen ausüben und sich auch nicht durch eine kommunistische Partei machtpolitisch absichern konnte. Sie ging das Risiko ein angesichts der politischen und strategischen Verlockungen: Zugang zum Indischen Ozean, Verkürzung der Ölversorgungswege, Drehscheibe, von der aus sich in asiatischer Richtung die chinesischen und in europäischer Richtung die amerikanischen Kreise stören lassen; Alibi für Moskaus „konsequen-* tes Kampfbündnis" mit den Entwicklungsländern der Dritten Welt Die als Folge des Sechstagekrieges eingetretene ständige Präsenz einer sowjetischen Eskadra im östlichen Mittelmeer drängte die 6. amerikanische Flotte zwar keineswegs in die Defensive; aber an der ohnehin schwachen Südflanke der NATO, am »weichen Unterleib Europas", erwuchs ein neues störendes Element.

Die seit 1948 Israel gegenüber eingenommene Haltung der Vereinigten Staaten, die faktisch einer Garantieerklärung gleichkam, hatte eine gewisse politische Isolierung im arabischen Raum zur Folge. Die Regierung ihrer konnte nie an eine Lockerung Beziehungen zu Israel oder gar an die Preisgabe dieses von ihm wirtschaftlich und militärisch in hohem Maße abhängigen Staates denken. Sie wußte sehr genau, daß in höchster Not israelische Verzweiflungsakte nicht ausgeschlossen Eine Sprengung werden können.

des Assuan-Staudammes würde sich noch relativ gering ausnehmen gegenüber einem Einsatz nuklearer Mittel, deren Besitz Israel seit längerem nachgesagt wird

Die Bemühungen der Vereinigten Staaten um den Abbau der israelisch-arabischen Spannungen und um das Zustandekommen eines echten Friedens sollten auch zur Beendigung der amerikanischerseits ungewünschten Isolierung in arabischen Staaten beitragen. Dieses Ziel wurde durch eine Verschiebung des Gleichgewichts zugunsten der Vereinigten Staaten schon weitgehend erreicht. In Ägypten entstand beispielsweise eine Lage, bei der die Vereinigten Staaten — nicht mehr die Sowjetunion — künftig die Hauptrolle spielen, und zwar dank — ihrem größeren Wirtschaftspotential;

— ihrer technischen und organisatorischen Überlegenheit, aber auch dank der Zuneigung der arabischen Gesellschaften zum „kapitalistisch" -liberalen Gesellschafts-und Weltbild; — dem Ergänzungsverhältnis zwischen westlichem Energiebedarf und arabischen Entwicklungsbedürfnissen

Offensichtlich erinnerte daher die Sowjetunion wiederholt — zuletzt anläßlich des Besuches ihres Außenministers Gromyko in Kairo im April 1974 — Ägypten an die Bündnis-pflichten und warnte vor Distanzierungsabsichten. Aber Ägypten hatte längst der Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten Vorrang eingeräumt; denn von der Sowjetunion kann Ägypten nur Waffen, durch amerikanische Vermittlung jedoch von den Israelis besetztes Land zurückbekommen. Der Nixon-Besuch bestätigte dies und brachte zusätzlich das Atomgeschenk. Der amerikanische Alarm am 25. Oktober 1973 hat wahrscheinlich dazu beigetragen, daß die Sowjetunion am Nil nicht militärisch präsent ist, so daß Ägypten mit den im Vierten Nahostkrieg freigesetzten Eigenschaften unter Sadats Führung eine Verständigung mit Israel — allerdings nicht um jeden Preis — sinnvoller finden kann als eine Fortführung des Krieges. Die Ägypter trugen seit 1948 die Hauptlast des Kampfes gegen Israel. Das bedeutete: hohe Menschenverluste, große finanzielle Einbußen, Aufschub der lebenswichtigen Aufbauarbeiten, große Verteidigungslasten, niedriger Lebensstandard für eine Bevölkerung von fast 36 Millionen, die jährlich um eine Million wächst Ägyptens Orientierung zum Westen hin braucht keineswegs den Bruch mit der Sowjetunion einzuleiten. Präsident Sadat versucht vielmehr, sein Land unabhängiger zu machen und die im Vierten Nahostkrieg gewonnenen neuen Optionen außen-und wirtschaftspolitisch zu nutzen. An der engeren Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten und mit den westeuropäischen Industriestaaten ist er vor allem aus Gründen des Aufbaus einer effektiven Wirtschaftsstruktur interessiert. Die sowjetische Regierung befürchtet, daß andere arabische Staaten dem ägyptischen Beispiel folgen könnten: In Syrien ist zwar das Ansehen und der Einfluß der Sowjetunion seit dem Oktoberkrieg gewachsen, dennoch ist nicht zu übersehen, daß in der syrischen Außenhandelsstatistik die Europäische Gemeinschaft an erster Stelle steht, nicht der Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe. Im Irak herrscht Mißvergnügen darüber, daß im Austausch von O 1 gegen Ware der Vorteil auf Seiten der Sowjets liegt, welche das irakische O 1 zu Höchstpreisen wieder verkaufen und dafür harte westliche Devisen verdienen

Das Drängen der Sowjetunion nach strategischen und energiepolitisch wirksamen Positionen am Persischen Golf wird auch seitens der Monarchen in den Golfstaaten mit großem Mißtrauen verfolgt. Die Scheichs sind teilweise innenpolitisch stark verunsichert, teilweise ist ihr Herrschaftsgebiet von Rebellen bedroht, denen sie aus Mangel an eigenen Streitkräften kaum Einhalt gebieten können. Die Interessen der Scheichs gelten aber auch der sicheren und gewinnbringenden Anlage ihres durch die Verdreifachung des Olpreises fast uferlos wachsenden Geldvermögens, für das sich in den eigenen, nur schwach besiedelten Ländern keine zukunftsträchtigen Objekte bieten.

Der Schah von Persien versucht zusehends, das politische Vakuum, das im Mittleren Osten seit der Räumung der britischen Positionen eintrat, auszufüllen. Er ist auf Grund einer mehr als 30 Millionen zählenden Bevölkerung und mit Hilfe der ihm durch die Olpreiserhöhung zufließenden Milliardenbeträge in der Lage, sein Land politisch, militärisch und wirtschaftlich auf die Zukunft vorzubereiten. Sein ehrgeiziges Ziel ist, den Iran zu einem neuen großen industriellen Machtzentrum auszubauen und damit ein „Japan des Nahen Ostens“ zu schaffen Mit dem Erwerb eines Viertels der Anteile der Fried. Krupp Hütten-werke in Essen (Juli 1974) schuf der Iran ein Anlagemodell für die Olmilliarden, die die internationale Finanzszene bereits radikal verändert haben — und im nächsten Jahrzehnt noch weiter verändern werden.

Die Bildung eines neuen politischen und wirtschaftlichen Gravitationszentrums im Iran beeinträchtigt die Position Indiens. Auch das Aufsteigen Indiens zur Atommacht dürfte diese politische Gewichtsverlagerung nicht aufhalten, denn der Iran könnte zum Nachvollzug angeregt werden. Der Kauf von fünf Kernkraftwerken in Frankreich im Juni 1974 entspricht keineswegs dem derzeitigen iranischen Energiebedarf. Weiterreichende Motive müs.sen also hierfür ausschlaggebend gewesen sein. Ein machtpolitischer Aufstieg des Iran an der Südflanke der Sowjetunion entspricht durchaus den Interessen der Olstaaten Kuwait und Saudiarabien, die die freie Zufahrt zum Persischen Golf strategisch abzusichern trachten. Diese Politik entlastet zugleich die in diesem Gebiet nicht unmittelbar engagierten Vereinigten Staaten.

Der Iran als ein neues, militärisch unabhängiges und wirtschaftlich fundiertes, aber westlich orientiertes Kraftfeld am Zugang zum Indischen Ozean durchkreuzt das Konzept der sowjetischen Südpolitik. Er stoppt die sowjetische „Einkreisungspolitik" gegenüber der VR China. Er hindert Moskaus „Griff an den Olhahn“ und enthüllt die zunehmende Abhängigkeit auch der Sowjetunion vom arabischen

Diese Perspektiven verändern herkömmliche Klischees. Die'Entwicklung im Nahen und Mittleren Osten, die entscheidend von den geostrategisch wichtigen und volkreichen Staaten, Ägypten und Iran, bestimmt wird, muß keineswegs zum Nachteil des Westens und zum Vorteil des Ostens verlaufen. Sie hängt allerdings wesenlich von der jeweiligen personellen Konstellation in den politischen Führungsgremien dieser Staaten ab. Die westlichen Optionen haben sich seit dem Yom-Kippur-Krieg erweitert. In den arabischen Staaten kommt immer mehr die Devise zur Geltung, die man in Kairo schon kurz nach Nassers Tod (1970) im Vertrautenkreise Sadats hören konnte, daß man die Sowjets zwar zum Krieg, die Amerikaner aber zum Frieden brauche

VIII. Dokumentation

1, Resolution 242 (1967) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen über die Lage im Nahen Osten vom 22. November 1967

Der Sicherheitsrat, — in Bekundung seiner ständigen Sorge über die ernste Lage in Nahost, — in Betonung der Unzulässigkeit, Gebiete durch Krieg zu erwerben, und der Notwendigkeit, für einen gerechten und dauerhaften Frieden zu arbeiten, in dem jeder Staat des Gebietes in Sicherheit leben kann, — in Betonung ferner, daß alle Mitgliedstaaten durch die Annahme der Charta der Vereinten Nationen die Verpflichtung eingegangen sind, in Übereinstimmung mit Artikel 2 der Charta zu handeln, 1. bekräftigt, daß die Erfüllung der Grundsätze der Charta die Errichtung eines gerechten und dauerhaften Friedens in Nahost verlangt, der die Anwendung der beiden folgenden Grundsätze einschließt:

(i) Rückzug der israelischen Streitkräfte aus Gebieten, die während des jüngsten Konflikts besetzt wurden;

(ii) Einstellung aller Behauptungen oder Formen eines Kriegszustandes sowie die Beachtung und Anerkennung der Souveränität, der territorialen Unversehrtheit und der politischen Unabhängigkeit eines jeden Staates in diesem Gebiet und die seines Rechtes, innerhalb sicherer und anerkannter Grenzen frei von Drohungen und Akten der Gewalt in Frieden zu leben; 2. bekräftigt ferner die Notwendigkeit, a) die freie Schiffahrt auf den internationalen Wasserstraßen des Gebiets zu garantieren;

b) eine gerechte Regelung des Flüchtlingsproblems zu verwirklichen;

c) die territoriale Unversehrtheit und die politische Unabhängigkeit eines jeden Staates in dem Gebiet durch Maßnahmen sicherzustellen, zu denen die Schaffung entmilitarisierter Zonen zählt; 3. ersucht den Generalsekretär, einen Sonderbeauftragten zu ernennen, der sich nach dem Nahen Osten begeben soll, um dort mit den betroffenen Staaten Verbindung aufzunehmen und zu unterhalten, damit ein Abkommen begünstigt wird und Bemühungen unterstützt werden, um eine mit den Bestimmungen und Grundsätzen dieser Entschließung übereinstimmende friedliche und allgemein anerkannte Lösung zu finden; 4. ersucht den Generalsekretär, dem Sicherheitsrat so bald wie möglich über den Fortschritt der Bemühungen des Sonderbeauftragten zu berichten.

Quelle: Vereinte Nationen, 15. Jg„ H. 6/1967, S. 203. 2. Resolution 338 (1973) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen vom 22. Oktober 1973 betr. Feuereinstellung im israelisch-arabischen Krieg Der Sicherheitsrat 1. fordert alle an den gegenwärtigen Kämpfen beteiligten Parteien auf, unverzüglich, spätestens zwölf Stunden nach der Verabschiedung dieses Beschlusses, in den Stellungen, die sie jetzt halten, jedes Feuer einzustellen und alle militärischen Handlungen zu beenden; 2. fordert die beteiligten Parteien auf, unmittelbar nach der Feuereinstellung mit der Erfüllung der Resolution 242 (1967) des Sicherheitsrats in allen ihren Teilen zu beginnen;

3. beschließt, daß sofort und gleichzeitig mit der Feuereinstellung Verhandlungen zwischen den beteiligten Parteien unter geeigneter Schirmherrschaft eingeleitet werden, die auf die Schaffung eines gerechten und dauerhaften Friedens im Nahen Osten abzielen.

Quelle: Europa-Archiv, 29. Jg., F. 14/1974, S. D 313. 3. Erklärung der Regierungen der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft zur Lage im Nahen Osten vom 6. November 1973

Die neun Regierungen der Europäischen Gemeinschaft haben ihren Gedankenaustausch über die Lage im Nahen Osten fortgesetzt. Sie betonen, daß die nachstehenden Ansichten nur ein erster Beitrag ihrerseits zur Suche nach einer umfassenden Lösung des Problems sind; sie sind wie folgt übereingekommen:

1) Sie treten nachdrücklich dafür ein, daß die Streitkräfte beider Seiten im Nah-ost-Konflikt gemäß den Entschließungen 339 und 340 des Sicherheitsrats sofort zu den Stellungen zurückkehren, die sie am 22. Oktober innehatten. Sie glauben, daß eine Rückkehr zu diesen Stellungen eine Lösung anderer drängender Probleme im Zusammenhang mit Kriegsgefangenen und der ägyptischen dritten Armee erleichtern wird.

2) Sie hegen die feste Hoffnung, daß im Anschluß an die Verabschiedung der Resolution 338 vom 22. Oktober durch den Sicherheitsrat endlich Verhandlungen über die Wiederherstellung eines gerechten und dauerhaften Friedens im Nahen Osten mittels Verwirklichung aller Teile der Sicherheitsrats-Resolution 242 beginnen werden. Sie erklären sich bereit, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um zu diesem Frieden beizutragen. Ihrer Auffassung nach müssen diese Verhandlungen im Rahmen der Vereinten Nationen stattfinden. Sie erinnern daran, daß die Charta dem Sicherheitsrat die Hauptverantwortung für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit übertragen hat. Dem Rat und dem Generalsekretär fällt bei der Herstellung und Wahrung des Friedens mittels Verwirklichung der Sicherheitsrats-Entschließungen 242 und 338 eine besondere Rolle zu. 3) Sie sind der Auffassung, daß eine Friedensvereinbarung insbesondere auf folgenden Punkten beruhen sollte:

I. Unzulässigkeit des Gebietserwerbs durch Gewalt;

II. Notwendigkeit, daß Israel die territoriale Besetzung beendet, die es seit dem Konflikt von 1967 aufrechterhalten hat;

III. Achtung der Souveränität, der territorialen Unversehrtheit und Unabhängigkeit eines jeden Staates in dem Gebiet sowie seines Rechts, in Frieden innerhalb sicherer und anerkannter Grenzen zu leben;

IV. Anerkenntnis, daß bei der Schaffung eines gerechten und dauerhaften Friedens die legitimen Rechte der Palästinenser berücksichtigt werden müssen. 4) Sie erinnern daran, daß gemäß Entschließung 242 die Friedensregelung Gegenstand internationaler Garantien sein muß. Sie sind der Auffassung, daß Garantien dieser Art unter anderem durch die Entsendung friedenserhaltender Streitkräfte in die in Artikel 2 (c) der Entschließung 242 vorgesehenen entmilitarisierten Zonen verstärkt werden müssen. Sie stimmen darin überein, daß solche Garantien von hervorragender Bedeutung bei der Regelung der Gesamtsituation im Nahen Osten gemäß der Entschließung 242 sind, auf die der Rat in der Entschließung 338 Bezug nimmt. Sie behalten sich das Recht vor, in diesem Zusammenhang Vorschläge zu unterbreiten. 5) Sie erinnern bei dieser Gelegenheit an die vielfältigen Bande, die seit langem zwischen ihnen und den Anrainerstaaten des südlichen und östlichen Mittel-meeres bestehen. In diesem Zusammenhang bekräftigen sie die Pariser Gipfel-Erklärung vom 21. Oktober 1972 und erinnern daran, daß die Gemeinschaft beschlossen hat, im Rahmen eines globalen und ausgewogenen Vorgehens Vereinbarungen mit diesen Ländern auszuhandeln.

Quelle: Bulletin des Presse-und Informationsamtes der Bundesregierung, Nr. 146, 14. November 1973.

IX. Literaturhinweise

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Fussnoten

Fußnoten

  1. Vom Verfasser erscheint in Kürze eine Studie über den Gesamtkomplex des Yom-Kippur-Krieges unter dem Titel: „Der 4. Nahostkrieg. Regionaler Konflikt — Globale Folgen", München 1974.

  2. Vereinte Nationen, H. 6/1967, S. 203. Die Resolution 242 geht auf einen Entwurf von Lord Caradon zurück und stellt eine Notlösung dar. Anders als der englische Text verlangt die französische ebenso wie die spanische und russische Fassung den Rückzug der Israelis „aus den während des jüngsten Konflikts besetzten Gebieten" — also aus allen. Vgl. dazu Harald Vocke, Es geht um die Grenzen Israels, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) v. 24. Oktober 1973. Zum Textvergleid siehe UN Security Council Off. Records Year 22. 1967. Supp. S. 8f. Englische Version: . With drawal of Israel armed forces from territones occupied in the recent conflict.“ Französische Version: „Retrait des forces armees israliennes des territoires occupes lors du recent conflit."

  3. Vereinte Nationen, H. 6/1967, S. 203.

  4. Die vereinzelt betriebene und im Knesset-Wahljahr 1973 vermehrt geforderte jüdische Kolonisierungspolitik wurde nicht nur von Arabern als Annexionspolitik gedeutet, vgl. Lothar Ruehl, Israels letzter Krieg, Hamburg 1974, S. 128.

  5. Einen guten Überblick über die Geschichte, die soziale Struktur und die politischen Ziele der ver-Schiedenen palästinensischen Organisationen vermittelt die Studie von Rolf Tophoven, Fedayin-Guerinla ohne Grenzen, Frankfurt/Main 1974, S. 25 ms 62; erschienen auch als Heft 97 der Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung,

  6. Bereits am vierten Kriegstage begann die Sowjetunion mit der Lieferung von Nachschub und Ersatzteilen an Ägypten und Syrien. Die Vereinigten Staaten zogen mit der Errichtung einer Luft-und Seebrücke nach Israel sofort nach.

  7. Vgl. Gerhard Konzeimann, Die Schlacht um Israel. Der Krieg der Heiligen Tage, München 1974 S. 118 f.

  8. Uber Motivation und Zeitpunkt der Auslösung des amerikanischen Alarms finden sich in der Literatur abweichende Darstellungen, die die Situation zwischen dem 23. und 25. Oktober sehr undurchsichtig erscheinen lassen: Vgl. Konzeimann, a. a. O., S. 183 ff. Vgl. ferner (AFP-Meldung) „Sowjetische Truppen im Oktoberkrieg einsatzbereit?, in: FAZ, 18. April 1974. Vgl. Lothar Ruehl, a. a. O., S. 138 ff.; ferner Walter Laqueur, Confrontation. The Middle East War and World Politics, London 1974, S. 173— 180; sowie Ben Porat, Uri Dan, Jonathan Gueffen, Eli Landau u. a., Kippour, (Paris) 1974, S. 209 f. und William E. Griffith, The Fourth Middle East War, the Energy Crisis and US-Policy, in: Orbis, Vol. XVII, Nr. 4 (Winter) 1974, S. 1167 f.

  9. Vgl. Security Council Resolution 340, 341, in: The Departement of State Bulletin, Vol. 69, Pr. 1974, 12. November 1973, S. 604 f„ sowie den Bericht des UN-Generalsekretär über die Aufstellung der Friedenstruppe gern. Resolution 340, in: ebda, S. 605 f.

  10. Diese Art Polemik genügte zugleich zur erneuten Geltendmachung des Führungsanspruchs Chinas als dritte Weltmacht.

  11. Die Friedenstruppe sollte zunächst für sechs Monate im Nahen Osten stationiert sein. Die UN-Vollversammlung genehmigte einen Etat in Höhe von 30 Mio. Dollar. Im April 1974 wurde die Stationierungsdauer verlängert. Zu diesem Zeitpunkt standen 6 788 Mann im Dienste der Friedenstruppe im Nahen Osten, die dem Generalsekretär der Vereinten Nationen unmittelbar untersteht und vom finnischen General Ensio Siilasvuo befehligt wird. Die Truppe setzt sich aus unterschiedlich großen Kontingenten folgender Staaten zusammen: Österreich, Kanada, Finnland, Ghana, Indonesien, Irland, Nepal, Panama, Peru, Polen, Senegal, Schweden.

  12. Sadat rühmt „ersten arabischen Sieg in 500 Jahren", in: FAZ, 20. Februar 1974. Der 6. Oktober soll von diesem Jahr an ägyptischer Nationalfeiertag werden. Vgl. Ägyptens „Öffnung”, in: Neue Zürcher Zeitung, 21. Juli 1974.

  13. Äußerung des Befehlshabers der VI. amerikanischen Flotte, Admiral Bagley, zit. nach: Der Spie-

  14. Außer den Delegationen von 16 arabischen Staaten — König Hussein ließ sich vertreten — nahm auch der Chef der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Yassir Arafat, an der Konferenz teil. Irak und Libyen blieben der Konferenz bewußt fern, da sie den Waffenstillstand als eine Kapitulation im Kampf gegen Israel ansahen.

  15. Auf dieser Forderung beharrt vor allem König Feisal von Saudi-Arabien, der finanzkräftigste aller arabischen Staatschefs, aus religiösen und politischen Gründen.

  16. Vgl. Europa-Archiv, 28. Jg„ F. 24/1973, S. Z 266 f.

  17. Laut MENA (Kairo) steht im gemeinsamen Kommunique über die Gespräche Königs Husseins mit Präsident Sadat vom 18. Juli 1974 folgende Formulierung: „Beide Länder anerkennen die Palästinensische Befreiungsorganisation als den legalen Repräsentanten des palästinensischen Volkes, ausgenommen diejenigen, die im jordanischen haschemitischen Königreich leben." (übers.) — Vgl. dazu: Wer vertritt die Palästinenser in Ostjordanien?, in: FAZ, 20. Juli 1974; ferner: Arafat nennt Sadat und Hussein Verräter. Die PLO-Führung beharrt auf ihrem Alleinvertretungsanspruch (Reuter-Meldung), in: FAZ, 26. Juli 1974.

  18. Zum Unterschied von OPEC und OAPEC vgl. Zivilmacht Europa — Supermacht oder Partner?, hrsg. v. Max Kohnstamm, Wolfgang Hager, Deutsche Fassung v. Ruprecht Paque, Frankfurt a. M. 1973, S. 349 f.: Die OPEC (Organization of Petroleum Exporting Countries) umfaß 11 Länder (4 nichtarabische: Indonesien, Iran, Nigeria, Venezuela und 7 arabische: Abu Dhabi, Algerien, Irak, Kuwait, Libyen, Qatar, Saudi-Arabien). Die arabischen OPEC-Länder sind mit drei weiteren arabischen Staaten (Ägypten, Bahrain, Syrien) zur OAPEC (Organization of Arabic Petroleum Exporting Countries) zusammengeschlossen.

  19. Vgl. Die Energiekrise. Episode oder Ende einer Ära? Eine Diskussion zwischen Ralf Dahrendorf, Helmut Schmidt, Carl Friedrich von Weizsäcker u. a„ Hamburg 1974, S. 62 (Schaubild: Wo die Araber kaufen). Die Araber importierten 1973 aus der EG (aus allen westlichen Ländern): Chemikalien 65 (83) v. H. Maschinen und Fahrzeuge 55 (80) v. H. Industrielle Fertigwaren 40 (65) v. H. Nahrungsmittel insgesamt 26 (49) v. H. Getreide 22 (74) v. H.

  20. Die Zeit, 15. März 1974.

  21. Zit. in: Hilfe für die Ärmsten?, in: Die Zeit, 19. April 1974.

  22. Die Finanzkalamitäten der Vereinten Nationen dürften hierbei wohl nur am Rande eine Rolle gespielt haben.

  23. Laut „Weltgeschehen" (Internationales Europa-forum, Berichtszeitraum Oktober-Dezember IV/73, München 1974, S. 517 f.) waren es folgende Staaten: Niger, Ruanda, Dahomey, Obervolta, Äquatorial-Guinea, Kamerun, Tansania, Zentralafrikanische Republik, Madagaskar, Äthiopien, Gambia, Nigeria, Zambia, Sierra Leone, Senegal, Ghana, Gabun, Kenia, Liberia, Elfenbeinküste, Botsuana. Hiervor befristeten Äthiopien, Senegal, Ghana, Gabun, Kenia und Liberia den Abbruch der Beziehungen bis zur Räumung der besetzten Gebiete durch Israel bzw. bis zu einem Friedensschluß.

  24. Schlomo Na’aman, Jüdische und israelische Gesellschaftsstrukturen in ihrer europäischen Verbundenheit, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 1/74, 5. Januar 1974, S. 15.

  25. Nach derzeitigen Schätzungen hat der israelische Produktionsverlust vom Oktober bis Dezember 1973 etwa eine Mrd. Dollar gekostet. Das israelische Zahlungsdefizit für 1973 wird sich auf etwa 1, 5 Mrd. Dollar belaufen. (1972: 1, 075 Mrd. Dollar). Nach David Spanier, in: The Times; zit. in: Die Welt, 5. Februar 1974.

  26. Der israelische Finanzminister Pinchas Sapir hat in seiner Etatrede vom 14. März 1974 in der Knesset die Kriegskosten auf rd. 18 Mrd. Mark veranschlagt und eine notwendige Senkung des Lebensstandards um 5°/angekündigt. Vgl. dazu FAZ, 16. März 1974, sowie Die Welt, 16. März 1974, und Neue Zürcher Zeitung, 17. März 1974.

  27. Vgl. dazu: Rücktritt von Israels Generalstabschef Elazar. Schwere Vorwürfe des Kriegsunterst chungsausschusses, in: Neue Zürcher Zeitung 4. April 1974. Der zweite Agranat-Bericht, der am 4. Juli 1974 der Knesset übergeben wurde, ist geheim. Er behandelt die Ereignisse während der ersten Kriegstage. Ein dritter Agranat-Bericht ist in Vorbereitung.

  28. Vgl. Dietrich Strothmann, Der andere Krieg Israel will nicht mit dem Terror leben, in: Die Zeit, 5. Juli 1974.

  29. Vgl. Carl E. Buchalla, Der Libanon zwischen den Mühlsteinen, in: Süddeutsche Zeitung, 16. /17. Juli 1974.

  30. Vgl. das Interview (Rabin's Long Road to Peace) m: Newsweek, 8. Juli 1974, S. 24— 26.

  31. *üSb. er die seit langem von den Vereinigten Staaten abgelehnten israelischen Wünsche nach einem großen Kernkraftwerk — ähnlich verhielt sich die Sowjetunion gegenüber Ägypten — und den plötzlichen Wandel der amerikanischen Politik berichtet ausführlich Rolf Blitzer, U. S. made its atom offer to Cairo, in: The Jerusalem Post, 19. Juni 1974. Interessant ist die Änderung des Untertitels dieses Artikels bei der späteren Ausgabe von „Bid to iorestall Soviets" in „Bid to penetrate Arab World". — Vgl. ferner Manfred F. Schröder, Israel zwischen Frieden und Alptraum, in: Süddeutsche Zeitung, 18. Juni 1974.

  32. Vgl. Mideast Nuclear Deals, in: International Herald Tribune, 20. Juni 1974.

  33. Vgl. Fataler Fehler, in: Der Spiegel, 1. Juli 1974. Vgl. ferner Josef Joffe, Billigbombe für jedermann?, in: Die Zeit, 5. Juli 1974. Amerikanische Wissenschaftler halten es für möglich, daß die Zahl der Nuklearwaffenmächte innerhalb von zehn Jahren auf etwa 24 anwachsen könnte. Vgl. Nuclear Threat to World Mounting, in: International Herald Tribune, 23. Juli 1974.

  34. Im offiziellen Schrifttum der DDR zählt der Vierte Nahostkrieg zu den „bewaffneten imperialistischen Aggressionen seit 1945“. Es handelte sich angeblich um eine „konterrevolutionäre und neokolonialistische Aggression Israels mit Waffen-und Söldnerhilfe der USA und der BRD gegen Ägypten und Syrien". Die „Beteiligungsform des BRD-Imperialismus" war eine „variantenreiche und massive Aggressionshilfe". Vgl. Zeittafel bewaffneter imperialistischer Aggressionen seit 1945 (Teil III, Md-Nr. 102), in: Militärwesen (Berlin-Ost), H. 5/1974, S. 96.

  35. Vgl. Archiv der Gegenwart vom 31. Mai 1974, S. 18717 f. Der Anschlag des palästinensischen Selbstmordkommandos auf ein israelisches Wohnhaus in Kiriyat Shmona (18 Tote, 16 Verletzte) fand im Resolutionstext keine Erwähnung, weil die Mehrheit im Rate sich der Gleichsetzung des Terroraktes mit dem israelischen Gegenschlag widersetzte.

  36. Bei der Sonderkonferenz des Verteidigungsrates der Arabischen Liga in Kairo am 10. Juli 1974 beharrten die Palästinenser darauf, daß ihnen zum Schutz ihrer Lager Luftabwehrraketen im Werte von 60 Mio. DM zur Verfügung gestellt würden. Die libanesische Regierung legte jedoch Wert auf Luftabwehrsysteme im Befehlsbereich ihrer Streitkräfte. Laut Jerusalem Post vom 1. Juli 1974 besitzen die palästinensischen Kommandotruppen die (sowjetische) SAM 7.

  37. Ziel des Überfalles soll gewesen sein, einen Militärputsch in Ägypten und Sadats Sturz einzuleiten; vgl. Europa-Archiv, 29. Jg., F 11/1974, S. Z 116.

  38. In dem gemeinsamen chinesisch-algerischen Kommunique vom 2. März 1974 werden die „israelische Aggression" sowie „der Wettstreit zwischen den Großmächten" als Ursache des Nahost-Konflikts bezeichnet; vgl. Europa-Archiv, 29. Jg., F. 7/1974, S. Z 74.

  39. Vgl. Interview mit Sicco Mansholt, in: Die Welt, 8. Januar 1974. Vgl. ferner Fritz Ullrich Fad Europa als Restposten, in: FAZ, 13. Februar 197

  40. Vgl. Fritz Ullrich Fade, Europa als Restposten, in: FAZ, 13, Februar 1974.

  41. Erklärung der Regierungen der Mitgliedstaaten “ er Europäischen Gemeinsdiaften zur Lage im Na*ueinv O 29s. teJng voFm 26/1. 9N 74o. vsemDbe 3r 0. 1973, in: Europa-Ar

  42. Vgl. Deutscher Bundestag, 7. Wahlperiode, 87 Sitzung, 20. März 1974, S. 5710. Vgl. Fußnote 2.

  43. Karl Wilhelm Berkhan, Probleme der Sicherheitspolitik und ihrer Auswirkungen auf die Bundesrepublik, in: Die Neue Gesellschaft, 20. Jq., H. 12/1973, S. 960.

  44. Jen-min Jih-Pao, Nackte Demonstration der Machtpolitik, 26. Oktober 1973, zit. bei Peter Dittmar, Der Nahost-Krieg und die DDR, in: Deutschland-Archiv, 6. Jg., H. 11/1973, S. 1137.

  45. Vgl. Europa-Archiv, 29. Jg., F. 1/1974, S. Z 5.

  46. Beim Abschluß einer Konferenz der OAPEC-Länder in Wien erklärte am 18. November 1973 der saudiarabische Erdölminister Yamani, wenn Japan seine Nahostpolitik nicht revidiere und seine Beziehungen zu Israel nicht abbreche, müsse es alle Hoffnung aufgeben, vom arabischen Erdölboykott ausgenommen zu werden. Vgl. Weltgeschehen (Interationales Europaforum, Berichtszeitraum Oktober-Dezember IV/73), München 1974, S. 511.

  47. Konkrete Vorteile waren für Äthopien die israelische Ausbildung und Waffen und für Israel die Beobachtung der Meerengen zwischen Rotem Meer und Indischem Ozean sowie die Position Äthiopiens an der Südflanke der arabischen Welt. Vgl. dazu den aufschlußreichen Aufsatz von J. Bowyer Bell, Das Horn Afrikas. Ein strategisches Magnetfeld von zunehmender Bedeutung, in: Beiträge zur Konfliktforschung, 4. Jg., H. 2/1974, S. 43— 81, bes. S. 77 f.

  48. Die Ministerratssitzungen der OAU befaßten sich Ende Februar 1974 in Addis Abeba und Anfang April in Kampala erneut mit den Auswirkungen der Olpreiserhöhungen.

  49. Die für die ölabhängigen Entwicklungsländer anfallenden Mehrausgaben für O 1 in Höhe von 10 Mrd. US-Dollar übersteigen die gesamte Entwicklungshilfe, die im Jahre 1973 etwa 8, 5 Mrd. US-Dollar erreichte. Vgl. hier zu Helmut Schmidt, Die Energiekrise — Eine Herausforderung für die westliche Welt, Rede vor der Roosevelt-University in Chicago am 13. März 1974, in: Bulletin des Presse-und Informationsamtes der Bundesregierung, Nr. 35, 14. März 1974.

  50. Vgl. Redemanuskript, hrsg. von der pakistanischen Botschaft, in Bonn, 26. Februar 1974, S. 3 f.

  51. Vgl. Europa-Archiv, 29. Jg., F. 6/1974, S. z 72. Als erster stellte der Schah von Persien, der an der Konferenz in Lahore nicht teilgenommen hatte, Ende März 1974 der Weltbank einen Kredit in Höhe von 200 Mio. US-Dollar zugunsten der Dritten Welt zur Verfügung. Vgl. Klaus-Peter Schmidt, ölpreise — Geschäft ist Geschäft, in: Die Zeit 19. April 1974.

  52. Vgl. Solche Freunde, in: Der Spiegel, 24. Juni 1974, S. 81.

  53. Vgl. Risse im arabisch-afrikanischen „Block', in: Neue Zürcher Zeitung, 20. Juli 1973.

  54. Vgl. Israelischer Terrainverlust in Lateinameka?, in: Neue Zürcher Zeitung, 27. März 1974. Vgl. ferner Robert Peters, Wachsender arabischer Einfluß in Lateinamerika?, in: FAZ, 30. Juli 1974.

  55. Vgl. Andreas Kohlschütter, Wettlauf mit Kissinger. Moskau sucht nach einer neuen Nahost-Strategie, in: Die Zeit, 8. März 1974.

  56. Vgl. Nadav Safran, The War and the Future of the Arab-Israeli-Conflict, in: Foreign Affairs, Vol. 52, Nr. 2, S. 225.

  57. Vgl. Arnold Hottinger, Der vierte arabisch-israelische Krieg und seine politischen Folgen, in: Europa-Archiv, 29. Jg., F. 3/1974, S. 92.

  58. Vgl. Heinrich Ludwig Kaster, Friedenspläne nach dem Oktober-Krieg, in: Die politische Meinung, 19. Jg., Jan. /Febr. 1974, S. 76 f.

  59. Vgl. Kohlschütter, a. a. O.

  60. Vgl. Klaus Mehnert, Auf einer Woge von O 1 zu neuer Macht, in: Deutsche Zeitung, 12. April 1974; vgl. ferner Theo Sommer, Iran — Großmacht schon morgen? In: Die Zeit, 29 März 1974; und ders., „Ich stehe links von den Linken“, Irans Schah: Ein Reformer auf dem Thron, in: Die Zeit, 5. April 1974.

  61. Vgl. William E. Griffith, A new Persian Empire’ in: Chrisian Science Monitor, 25. Januar 1974. Vgl ferner Ursula Braun, Iran als Führungsmacht im Mittleren Osten, in: Europa-Archiv, 29. Jg-, F 11/1974, S. 373— 382.

  62. Die großen Olreserven der Sowjetunion sind aus geographischen, technologischen und finanziellen Gründen nur schwer und langfristig erschließbar. Erst um 1990 — also zehn Jahre nach der amerikanischerseits erreichten Energie-Autarkie — rechnen westliche Experten wieder mit einer sowjetischen Erdölunbahängigkeit. Vgl. dazu Kohlschütter, a. a. O.

  63. Vgl. L. Ruehl, a. a. O., S. 148.

Weitere Inhalte

Alois Friedel, Dr. phil., geb. 1924, Studium an den Universitäten München, Marburg, Bonn und Heidelberg. Nadi Truppen-und Stabsdienst in der Bundeswehr sowie einer Referenten-Tätigkeit am Institut für Wissenschaft und Politik in Eggenberg seit 1971 Gutachter für Militär-und Sicherheitspolitik beim Deutschen Bundestag. Veröffentlichungen u. a.: Unsere Symbole, 1963; Deutsche Staatssymbole, 1968; Mitherausgeber von: Sicherheitskonferenz in Europa, 1972; Studien und Aufsätze über zeit-und kriegsgeschichtliche, militärische und sicherheitspolitische Themen.