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Einstellungen saarländischer Schüler gegenüber Osteuropa | APuZ 46/1974 | bpb.de

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APuZ 46/1974 Artikel 1 „Ostkunde" -Geschichte eines politisch umstrittenen Unterrichtsanliegens Einstellungen saarländischer Schüler gegenüber Osteuropa Geschichtsbewußtsein und Menschenbild Ergebnisse eines Vergleichs von Schulbüchern Frankreichs, der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion

Einstellungen saarländischer Schüler gegenüber Osteuropa

Arbeitsgruppe Saarbrücker Geschichtsstudenten

/ 23 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die Untersuchung zeigt die Wirkung des innerhalb und außerhalb der Schule vermittelten Bildes von Geschichte, Kultur, Wirtschaft und politischem Leben der sozialistischen Staaten Osteuropas auf Schüler der 9. Klassen in Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien. Auffallend an den Ergebnissen ist in erster Linie das überaus geringe Wissen der Befragten. Von daher ist kaum eine Basis für die rationale Beurteilung der sozialistischen Staaten gegeben. Die emotional geprägte Einstellung der Schüler ist insbesondere gegenüber der Sowjetunion nach wie vor stark vom überkommenen antikommunistischen Feindbild bestimmt. Auffallend stark sind die Unterschiede bei der Aufschlüsselung nach Schultypen: Hauptschüler stehen den Menschen in Osteuropa eher positiv gegenüber, Gymnasiasten eher negativ. Hier führt ein offensichtlich größeres, aber jeweils einseitig politisch geprägtes und recht diffuses Wissen auch zu stärkeren Vorurteilen. Eine ähnliche Tendenz ergibt sich bei der Aufschlüsselung nach Parteipräferenzen.

Im Wintersemester 1973/74 veranstaltete Prof. Dr. Jörg K. Hoensch, Fachrichtung Osteuropäische Geschichte am Historischen Institut der Universität des Saarlandes, ein Oberseminar zur Thematik „Osteuropa in den-westdeutschen Geschichts-und Geographielehrbüchern (Schulbuchanalyse)". Während sich zwei der vier Arbeitsgruppen mit der Auswertung der in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen und gegenwärtig benutzten Schulbüchern befaßten, untersuchte und interpretierte eine dritte Gruppe die in den einzelnen Bundesländern vorgeschriebenen Lehrpläne und die Rahmenrichtlinien. Unter der Federführung von Arnold John und Rainer Schäfer stellte der vierte Seminararbeitskreis, dem noch Ursula Becker, Monika Ritter, Elisabeth Sossong und Hans-Werner Bachelier angehörten, einen Fragebogen zusammen und führte im Januar 1974 an saarländischen Schulen eine Befragungsaktion durch, deren Ergebnisse hier vorgelegt werden ) *.

Arbeiter untere und mittlere Beamte, Angestellte, Handwerker u. ä.

Akademiker und Angestellte in leitender Position Tab. 1: 45, 9 44, 2 5, 7 v. H. Arbeiter Angestellte v. H. Beamte v. H. Selbständige 49, 4 31, 0 8, 8 7, 5 V. H. v. H. v. H. v. H. Soziale Herkunft Unsere Erhebung Statistisches Landesamt 1970

Gegenstand des Seminars war die Untersuchung des in Schulbüchern und Lehrplänen (Ost-kunde-und Totalitarismus-Erlaß) der Bundesrepublik Deutschland vermittelten Bildes von Geschichte, Kultur, Wirtschaft und politischem Leben der sozialistischen Staaten Osteuropas. Eine Arbeitsgruppe sollte dabei die Wirkung dieses Bildes auf die Schüler prüfen. Diese enge Fragestellung konnte allerdings aus verschiedenen Gründen nicht verifiziert werden: — Die Teilnehmer des Seminars mußten gleichzeitig vorgehen, so daß nicht erst die Ergebnisse der Schulbuchanalysen abgewartet und konkret Fragen daran angeknüpft werden konnten; — auf jeden Fall sollten die drei Schultypen Hauptschule, Realschule und Gymnasium parallel untersucht werden; die Lehrpläne sind aber für die neunten Klassen so unterschiedlich angelegt, daß bestimmte, für die Fragestellung relevante Ereignisse teilweise noch nicht behandelt waren. Deshalb mußte stärker in den Bereich der Allgemeinbildung gezielt werden;

Tab. 2: katholisch evangelisch sonstige nicht beantwortet 74, 0 23, 1 1, 1 1, 8 v. H. V. H. 73, 8 v. H. 24, 1 v. H. keine v. H.

v. H.

Angabe Konfession Unsere Erhebung Statistisches Landesamt 1970

— es wurde von der Vorüberlegung ausgegangen (und dies erwies sich nach der Auswertung als richtig), daß man die Wirkung des Faktors Schulunterricht auf die Meinungsbildung der Schüler allein mit dieser Befragung nicht von den anderen Faktoren wie Elternhaus und Massenmedien isolieren könne.

Tab. 3: männlich weiblich nicht beantw. 52, 1 46, 1 1, 8 v. H. 51, 1 v. H. v. H. 48, 9 V. H. v. H. Geschlecht Unsere Erhebung Statistisches Landesamt 1970

Aufgrund dieser Vorüberlegungen wurde der Fragebogen unabhängig von den Ergebnissen der Schulbuchanalysen konzipiert, denn aus verschiedenen bekannten Untersuchungen ergaben sich wertvolle, richtungweisende Hinweise bei der Formulierung der Fragen

Hauptschule Realschule Gymnasium Tab. 4 337 90 189 8 805 2 373 4 372 °/o 3, 82 3, 79 4, 32 9. Klasse von unserer Erhebung erfaßte Schüler Gesamtschülerzahl für das Saarland (Ang.

des Kultusministeriums März 1974)

Die Antworten der Schüler in dieser Untersuchung sind also auf ihre in Elternhaus, Schule und aus Medien erhaltenen Informationen zurückzuführen. Auf die Schule bezogen heißt das: die Ergebnisse zeigen einerseits die Wirkungen auch des Unterrichts, vor allem aber die Grundlagen, auf denen der Unterricht aufbauen muß. Hierin liegt der Wert der Untersuchung und die Chance für die Schule: Wie ist manchen zutage tretenden Vorurteilen durch eine entsprechende Ausrichtung von Schulbüchern, Lehrplänen und Unterricht entgegenzuwirken?

Russen Polen Jugoslawen Ungarn Tschechen Franzosen 60 (58, 82 °/o)

60 (58, 20 °/o)

64 (65, 28 °/o)

80 (76, 80%)

67 (66, 33%)

89 (82, 77%) Tab. 5: Sympathie/Antipathie-Frage (absolute Nennungen plus Prozentwerte auf Stichprobe bezogen) 26 (25, 49%)

12 (11, 64%)

8 (8, 16%)

4 (3, 84%)

10 (9, 90%)

8 (7, 44%) 7 (6, 86%) 17 (16, 49%)

9 (9, 18%)

4 (3, 84%)

7 (6, 93%)

7 (6, 51 %) 9 (8, 82%) 14 (13, 58%) 17 (17, 34%) 16 (15, 36%) 17 (16, 83%)

3 (2, 7犰ٝ?

Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit beruhen auf der Befragung von 616 saarländischen Schülern der neunten Klassen der Schultypen Hauptschulen, Realschule, Gymnasium. Die Schulen wurden ausgewählt unter Mithilfe der Statistiker des saarländischen Kultusministeriums. Dabei wurden — wie die Kontrolle durch die Antworten der Schüler beweist — optimale Streuungen erreicht bei der sozialen Herkunft, der Konfession und dem Geschlecht.

UdSSR Polen Jugoslawen Ungarn Tschechen Franzosen 01 13 04 02 23 24 01 02 11 07 04 24 01 02 04 07 01 04 02 07 24 01 02 07 13 04 24 04 01 07 25 37, 8 20, 0 8, 9 7, 8 6, 7 6, 7 38, 7 12, 6 6, 5 6, 5 5, 4 5, 4 40, 9 14, 8 11, 4 10, 2 38, 4 18, 6 14, 0 7, 0 7, 0 40, 9 15, 9 10, 2 5, 7 5, 7 5, 7 34, 3 24, 2 23, 2 5, 1 Tab. 6: Begründungskategorien zur Sympathie/Antipathie-Frage Kategorie Prozentwerte

Bei der Auswahl der Schulen wurde auch Wert auf eine richtige Stadt-Land-Relation gelegt, doch versagte für diesen Bereich die Kontrolle, weil erstens die Schüler sich nicht in der Lage zeigten, die Einwohnerzahl ihres Heimatortes anzugeben, und zweitens die genau zum Befragungszeitpunkt durchgeführte Gebietsreform Verwirrung stiftete.

1 zum Freund haben wollen 2 seine Schwester heiraten 3 als Klassenkameraden wollen 4 als Nachbar haben wollen 5 im Heimatort wohnen lassen 6 in der BRD haben wollen 7 aus der BRD ausweisen Mittelwert 41 5 21 7 14 8 6 2, 961 Tab. 7: 44 2 19 8 19 5 1 2, 745 31 2 24 3 19 13 5 3, 371 34 13 24 5 14 11 1 2, 892 40 13 20 2 13 5 4 2, 649 67 5 20 4 4 5 1 1, 981 Soziale Distanz Russen Der Schüler würde einen . . . Polen Jugoslawen Ungarn Tschechoslowaken Franzosen

Die Streuung unter den Schultypen selbst geht aus folgender Tabelle hervor:

Saarbrücken-Prag -Hamburg Saarbrücken-Warschau -Rom Saarbrücken-Moskau -Gibraltar Tab. 8: Prag weiter 65, 7 v. H. Warschau weiter 39, 9 v. H.

Moskau weiter 32, 3 v. H. Hamburg weiter 2, 4 v. H.

Rom weiter 15, 6 v. H. Gibraltar weiter 26, 0 v. H. 8, 6 v. H. 23, 2 v. H. 16, 9 v. H. 27, 6 v. H. 10, 7 v. H. 31, 0 v. H. Entfernungsschätzung (vgl. S. 19) Entfernung richtig nicht beantwortet

Es liegt also eine leichte Uberrepräsentation der Gymnasiasten vor Einstellungen der Schüler Um die Einstellungen der Schüler gegenüber den Osteuropäern zu ermitteln, wurden vier Testfragen angewandt: Als erstes sollten die Schüler entscheiden, ob ihnen die Osteuropäer sympathisch oder unsympathisch seien. Ihre Meinung sollten sie begründen. Zweitens mußten die Schüler aus einer Liste von 165 Eigenschaften diejenigen ankreuzen, die ihnen für Osteuropäer charakteristisch zu sein schienen Als drittes benutzte die Arbeitsgruppe die von Bogardus entwickelte. Soziale Distanz-skala Die Ergebnisse aus dieser Skala sollten eventuelle Integrationsschwierigkeitenvermitteln, die Osteuropäer in der Bundesrepublik vorfänden, bzw. angeben, wieweit die Testperson einen Osteuropäer an sich herankommen ließe. Als zusätzliche Kontrolle für die soziale Distanz schätzten die Schüler die Entfernung zu von Saarbrücken gleich weit entfernt liegenden ost-und westeuropäischen Städten. Nach Allport 4) besteht ein Zusammenhang zwischen geschätzter Entfernung und — Einstellung. Für die Befragung wurden die osteuropäischen Völker ausgewählt, die unseres Erachtens am stärksten im Bewußtsein der Schüler stehen mußten: Russen, Polen, Tschechen, Ungarn, Jugoslawen. Als westliches Vergleichsvolk wurden die Franzosen gewählt. Um die Schüler zeitlich und in ihrer Konzentration nicht zu überfordern, prüften wir im Einstellungsteil nur jeweils ein Land, während sich der Wissensteil auf alle sechs Länder bezog. Entsprechend beträgt die Stichprobe im Einstellungsteil um 100, im Wissensteil dagegen 616.

Tab. 9: zu Europa zu Asien zu Eurasien sonstige nicht beantwortet 16, 9 v. H. 18, 2 v. H. 41, 6 v. H.

6, 2 v. H. 17, 2 v. H. Das Wissen der Schüler Frage: Zu welchem Erdteil gehört die UdSSR?

Die Schüler hatten die Möglichkeit, ihre Einstellung (ob sympathisch oder unsympathisch) frei zu begründen. Diese Begründungen wurden in Kategorien gefaßt, von denen die relevant gewordenen im Folgenden aufgeführt sind:

1 Stadt 2 Städte 3 Städte 4 Städte 5 Städte 6 Städte 7 Städte 8 Städte nicht beantwortet Mittelwert Tab. 10: 231 134 84 44 18 5 1 3 96 2, 039 342 37 17 5 2 — 1 — 212 1, 248 143 63 105 106 116 45 10 -14 14 3, 279 161 36 9 8 — — 1 — 401 1, 391 313 1 1 — — — — — 315 1, 010 391 29 6 2 1 1 — — 430 1, 130 Frage: Nenne Städte in folgenden Ländern: .. . 1 UdSSR Zahl der genannten Städte 1 Polen ! Frankreich Jugoslawien Ungarn CSSR

Erklärungen der Kategorien:

Tab. 11: Länder, die genannt wurden DDR Bulgarien Rumänien Albanien sonstige keine Nennung 32, 3 v. H. 31, 9 v. H. 29, 3 v. H. 10, 6 v. H. 21, 8 v. H. 34, 9 v. H. Frage: Welche außer den vorgegebenen Landern gehören noch zu Osteuropa?

01 Menschen wie wir alle 02 kein Urteil ohne persönliche Bekanntschaft positive Eigenschaften 07 persönliche Bekanntschaft — positiv 11 haben mir nie etwas getan 13 politisch negativ 21 Medienbild positiv 23 positiv mit politischem Vorbehalt (z. B. „Die Polen sind genauso ein Volk wie wir, nur daß sie halt Kommunisten sind) 24 sonstiges 25 Nachbarland Einstellung der Schüler zu den Russen Die Russen haben mit Abstand den höchsten Wert bei der Antipathie. Bei den Begründungskategorien tritt als zweithöchster Wert die Kategorie 13 (politisch negativ) auf, die sonst nur noch bei den Tschechen, allerdings mit deutlich geringerem Wert, zu finden ist. In dieselbe Richtung zielt die Kategorie 23 (positiv mit politischem Vorbehalt), die ausschließlich bei den Russen auftaucht.

Erdgas Stahlprodukte Getreide Lebensmittel Radios Automobile Kleidung Fernsehgeräte 66, 4 v. H. 34, 7 v. H. 30, 2 v. H. 28, 7 v. H. 22, 9 v. H. 22, 2 v. H. 21, 0 v. H. 17, 4 v. H. Automobile Kleidung Fernsehgeräte Radios Lebensmittel Kohle Stahlprodukte Getreide 49, 4 V. H. 34, 2 v. H. 30, 1 v. H. 26, 6 v. H. 26, 5 v. H. 26, 4 v. H. 26, 2 V. H. 15, 2 v. H. Tab. 12: Frage: Welche der folgenden Güter bezieht die Bundesrepublik Deutschland äus den Ländern Osteuropas bzw. welche von den aufgezählten Gütern lie犰ٝ?

Die negative Wertung im politischen Bereich manifestiert sich am deutlichsten bei den den Russen zugelegten Eigenschaften: radikal revolutionär Kriegshetzer gute Politiker undemokratisch.

Tab. 13: Amerikaner Russe nicht beantwortet 35, 1 63, 5 1, 5 v. H. v. H. v. H. Frage: Wer war der im Weltraum? erste Mensch

Die an sich positive Bewertung „gute Politiker" ist im Zusammenhang mit den negativen Eigenschaften zu sehen: Offensichtlich herrscht noch die Vorstellung einer direkten Bedrohung durch die UdSSR, die ihre für uns politisch negativ zu wertenden Ziele mit Hilfe geschickter Politiker durchzusetezn weiß. Dazu zwei typische Begründungen: „Die Russen sind Kommunisten, die mit aller Gewalt versuchen, Europa in ihren Herrschaftsbereich zu bekommen, und das wäre das Ende der Freiheit." „Ein einzelner Russe ist mir sympathisch, die Russen als Volk aber unsympathisch, weil sie eine ständige Gefahr für Deutschland sind."

sehr gut gut durchschnittlich mäßig schlecht nicht beantwortet 51, 9 v. FL 34, 3 v. H. 11, 2 v. H.

0, 6 v. H.

— 1, 7 v. H. Tab. 14: Frage: Wie sind deiner Meinung nach die Leistungen der Sportler aus osteuropäischen Ländern?

Die häufig genannten Eigenschaften wie unduldsam stur rücksichtslos herrisch grausam brutal schlau raffiniert unberechenbar hinterlistig derb geheimnisvoll/dunkel deuten vermutlich in die gleiche Richtung.

gutes Training staatliche Förderung Zwang und Drill Staatsamateure Geltungssucht des Staates körperliche Voraussetzungen niedriger Lebensstandard sonstiges 36, 1 v. H. 32, 3 v. H. 13, 9 v. H.

9, 3 v. H.

6, 4 v. H.

4, 5 v. H.

2, 8 v. H. 15, 1 v. H. Tab. 15: Frage: " Welches sind deiner Meinung nach die Gründe für diesen Leistungsstand?

Insgesamt stellen die im Bereich des Sozial-verhaltens durchweg negativen Urteile eine deutliche Korrektur der bei der Sympathie-Antipathie-Frage am häufigsten genannten Begründungskategorie 01 (Menschen wie wir alle) dar. Die Vorurteilsfreiheit, die dort zutage tritt, erweist sich hier als nur scheinbar; in einer demokratischen Gesellschaft erwünschtes Verhalten (Toleranz, Vorurteilslosigkeit) wird nur verbal artikuliert. Bei der Eigenschaftszuordnung, die rein affektive Entscheidung provoziert, zeigen sich sofort die unterschwellig vorhandenen negativen Einstellungen. Auffallend ist, daß man die Russen im Bereich Wissenschaft/Arbeit anerkennt; häufig genannte Eigenschaften sind hier: Arbeitstier gründlich intelligent fortschrittlich Wissenschaftler Volk der Zukunft Auch bei den Begründungen schlägt sich das nieder: „Die Russen sind auf wissenschaftlichem Gebiet mit den Amerikanern am weitesten voran, auch leisten sie auf sportlichem Gebiet sehr viel."

Tab. 16: 1 Nennung 2 Nennungen 3 Nennungen 4 Nennungen 5 Nennungen 6 Nennungen 7 Nennungen keine Nennungen Schlagersänger Regimekritiker Ivan Rebroff sonstige 34, 6 v. H. 15, 7 v. H.

6, 0 v. H.

1, 9 v. H.

0, 6 v. H.

0, 3 v. H.

0, 2 v. H. 40, 6 v. H. 45, 3 v. H. 20, 1 v. H.

8, 3 v. H. 16, 1 v. H. Frage: Nenne einige Wissenschaftler und Künstler aus Ländern Osteuropas Zahl der genannten Wissenschaftler und Künstler Osteuropas Nennungen in Kategorien

Gesamttendenz: Im Bewußtsein der Schüler sind die Russen ein intelligentes, strebsames Volk, das jedoch — kraß ausgedrückt — seine an sich positiven Möglichkeiten dazu verwendet, seine Machtposition auszubauen und daher Bedrohung angesehen wird (Mischung aus Angst und Respekt). Diese Ambivalenz zeigt sich unter der Kategorie „Geltungsbewußtsein/-bedürfnis" als selbstbewußt anspruchsvoll rekordsüchtig ruhmsüchtig Angesichts der starken Antipathie gegenüber den Russen überrascht es nicht, daß die soziale Distanz zu ihnen sehr stark ist:

Tab. 17: Oktoberrevolution Sturm auf die Bastille Ungamaufstand Einmarsch in die CSSR Deutscher Überfall auf Polen Gründung der VR Jugoslawien 29, 2 v. H. 22, 1 v. H.

3, 2 v. H. 17, 2 v. H. 17, 0 v. H.

3, 2 v. H. 10, 9 v. H. 26, 8 v. H. 10, 4 v. H. 12, 5 v. H. 12, 0 v. H. 11, 0 v. H. 59, 9 v. H. 51, 1 v. H. 86, 4 v. H. 70, 3 v. H. 70, 9 v. H. 85, 7 v. H. Frage: In welchem Jahr fanden folgende wichtige Ereignisse statt: ...? richtig falsch nicht beantwortet

Einstellung zu den Polen Das Ergebnis von Wolf daß Polen neben der Sowjetunion am stärksten von allen osteuropäischen Ländern im Bewußtsein deutscher Schüler steht, trifft für unsere Untersuchung nicht zu. Das zeigt sich schon bei der Auswertung der Sympathie-Antipathie-Frage (Tab. 5), wo die Indifferenzquote für Polen am höchsten ist.

UdSSR Polen Frankreich Jugoslawien Ungarn CSSR eine Nennung 30, 4 v. H.

1, 9 v. H. 41, 9 v. H. 27, 3 v. H.

0, 8 v. H. 10, 9 v. H. 2 Nennungen 17, 9 v. H.

— 26, 3 v. H.

— — 2, 1 v. H. mehr als 2 Nennungen 19, 3 v. H.

— 9, 0 v. H.

— — 0, 5 v. H. 32, 6 v. H. 97, 9 v. H. 22, 9 v. H. 72, 7 v. H. 99, 2 v. H. 86, 5 v. H. nicht beantwortet Tab. 18: Frage: Nenne einige Politiker der Gegenwart Ländern! und/oder der Vergangenheit aus folgenden

Bei den Begründungen (Tab. 6) findet sich nur für Polen die Kategorie 11 (haben mir nie etwas getan), was auf Gleichgültigkeit schließen läßt. Dem entspricht der Wert der sozialen Distanz (Tab. 7), der etwa in der Mitte liegt. Die Polen scheinen also weder besonders positiv noch besonders negativ im Bewußtsein der Schüler zu stehen.

Polen UdSSR DDR CSSR Jugoslawien Ungarn Rumänien Bulgarien nicht beantwortet 42, 2 v. H. 39, 8 v. H. 34, 5 v. H. 20, 5 v. H. 12, 5 v. H. 11, 2 v. H.

1, 6 v. H.

1, 2 v. H. 29, 7 V, H. Tab. 19: Frage: Mit welchen Ländern Ost-europas hat die Bundesrepublik Deutschland völkerrechtliche Verträge abgeschlossen?

Zu den Eigenschaftszuordnungen ist zu sagen, daß sich bei den Völkern Polen, Tschechen, Jugoslawen und Ungarn im allgemeinen — zum Positiven wie zum Negativen hin — Blockwerte finden, in der Häufung etwa mittlere Werte zwischen den Russen und Franzosen. Spezifisch werden die Werte — von Einzelfällen, die besonders mit * markiert werden, abgesehen — nur noch beim Vergleich innerhalb dieses Viererblocks. Unter diesen Voraussetzungen wurden Aussagen nur dann getroffen, wenn a) einzelne, aber absolute Spezifität außerhalb des Viererblocks vorlag (Kennzeichnung ) *, b) innerhalb des Viererblocks sich mehrere Spezifika ergaben, die zu einem Komplex zusammengefaßt werden konnten, c) die Spezifika von mindestens 15 Prozent der Befragten einem Volk beigelegt wurden.

richtig Grenze B. R. Deutschland—DDR Grenze B. R. Deutschland—Polen Grenze DDR—UdSSR sonstiges nicht beantwortet 18, 0 v. H. 20, 3 v. H.

2, 3 v. H.

1, 6 v. H. 21, 1 v. H. Tab. 22: Frage: Was versteht man unter der Oder-Neiße-Linie? 36, 7 v. H.

Für die Polen zeigt unsere Eigenschaftsliste, anders als bei Becker und Wolf 7), keine Häufungen bei negativen Begriffen des Sozialverhaltens. Vielmehr ist der Pole ein gewissenhafter Arbeiter (Arbeitstier, gründlich, pflichtbewußt), religiös , * sogar mit einem Anflug von Kultur (kultiviert, schönheitsliebend).

Tab. 20: Frage: Welcher Staat hatte in der Geschichte am meisten unter den Russen zu leiden? Polen Deutschland DDR B. R. Deutschland CSSR Ungarn sonstige nicht beantwortet 26, 2 v. H. 13, 3 v. H. 6, 6 v. H. 3, 4 v. H. 12, 5 v. H. 2, 5 v. H. 12, 4 v. H. 31, 5 v. H. 23, 3 v. H.

Die Hypothese Wolfs, das antislawische Vorurteil habe sich von den Russen auf die Polen übertragen, wird vom Ergebnis dieser Untersuchung nicht gestützt.

ein kein nicht beantwortet 52, 4 v. H. 30, 5 v. H. 17, 0 v. H. Tab. 23: Frage: Ist Alexander Dubcek ein/kein kommunistischer Politiker?

Die Einstellung zu den Jugoslawen Es überrascht zunächst der Widerspruch zwischen der relativ positiven Einstufung in der Sympathie-Frage (Tab. 5) und dem hohen Wert der sozialen Distanz (Tab. Letzterer Negativ-Wert wird bestätigt durch die den Jugoslawen beigelegten Eigenschaften. Es herrscht das Bild eines ungebildeten und unkultivierten, armen und schmutzigen Südländers vor (lebhaft, temperamentvoll, heißblütig), mit dem man nicht zurechtkommt (schwierig ) *. Möglicherweise wird diese negative Einschätzung durch das Gastarbeiterimage hervorgerufen. Unsere Hypothese, daß Jugoslawien als Reiseland positiv abschneiden würde, hat sich nicht bestätigt. Vielleicht hätte die Einbeziehung eines vergleichbaren westeuropäischen Landes wie Spanien oder Italien (ebenfalls Gastarbeiter-und Reiseländer) eine deutlichere Aussage darüber möglich gemacht

Partei Verfassung Militär Partei und Militär Partei und Verfassung sonstiges nicht beantwortet 55, 4 v. H. 19, 0 v. H.

9, 9 v. H.

2, 4 v. H.

1, 0 v. H.

0, 8 v. H. 11, 5 v. H. Tab. 21: Frage: In der Bundesrepublik Deutschland legt eine Verfassung (das Grundgesetz) die Rechte und Pflichten von Staat und Bürger fest. Wer tut dies in den Ländern Ost-europas? Bitte ankreuzen: Partei, Verfassung, Militär?

Die Einstellung zu den Ungarn Die Ungarn fallen aus dem Rahmen der osteuropäischen Länder heraus: sie haben den höchsten Sympathiewert und den niedrigsten Antipathie-Wert von allen osteuropäischen Völkern. Der Antipathiewert ist sogar noch niedriger als bei den Franzosen (Tab. 5). Allerdings ist die Zahl derer, die diese Frage für Ungarn nicht beantwortet haben,, ziemlich hoch. In krassem Widerspruch dazu steht der relativ hohe Wert der sozialen Distanz (etwa gleich mit den Russen, Tab. 7). Vermutlich findet dieser Widerspuch darin eine Erklärung, daß das allgemeine Medienbild von Ungarn zwar positiv ist (in Tab. 6 taucht die Kategorie 21 „Medienbild positiv" bei sonst keinem Volk auf), man aber nicht bereit ist, das auf den persönlichen Bereich zu übertragen. Bestätigt wird diese Vermutung bei der Auswertung der Eigenschaftliste. Hier herrscht das Bild des südländischen (Häufungen bei lebhaft, temperamentvoll, heißblütig *, geselligen, leichtlebigen (Arbeitsbegriffe fehlen) Völkchens von Händlern (Handelsvolk ) *, Handwerkern (handwerklich begabt ) und Bauern (Volk von Bauern ) * mit viel Gefühl (gefühlsbestimmt, ) m. usikalisch Die Ungarn sind natürlich ’ und anspruchslos.

richtig Vertrag B. R. Deutschland—Polen sonstiges nicht beantwortet 13, 8 v. H.

3, 6 v. II. 21, 9 v. H. 60, 7 v. H. Tab. 24: Frage: Was ist der Warschauer Pakt?

So ergibt sich das Klischee von Ungarn als dem Land der Operette. Eine Parallele zu dem Ergebnis der Eigenschaftsliste kann noch in dem häufigen Vorkommen der Begründungskategorie 04 „positive Eigenschaften" gesehen werden, die für Ungarn nach Frankreich den zweithöchsten Wert erreicht. Politische Gesichtspunkte treten bei der Einschätzung der Ungarn im Gegensatz zu den andern osteuropäischen Völkern nicht auf. Darin zeigt sich auch, daß der Aufstand von 1956, der in der Untersuchung von Wolf 1963 das Ungarnbild entscheidend prägte, für die Schüler heute keine Bedeutung mehr hat.

Tab. 25: Von Flüchtlinge Heimatvertriebene trifft nicht zu 7, 0 v. H.

2, 6 v. H. 86, 5 v. H. Der soziale Hintergrund den Eltern der Schüler sind:

Die Einstellung zu den Tschechoslowaken Obwohl die Tschechoslowaken den positivsten Wert bei der sozialen Distanz unter allen osteuropäischen Völkern haben (Tab. 7), manifestiert sich dies bei der Sympathie-Frage weniger deutlich (Tab. 5). Bei der Eigenschaftsliste, in der sich nur Häufungen bei Begriffen des Sozialverhaltens zeigen, findet sich eine ähnlich unentschiedene Tendenz. Begriffen wie kameradschaftlich, zuverlässig, anständig steht eine Häufung bei unberechenbar gegenüber. Eine Fortsetzung des eigenartig diffusen Bildes von den Tschechoslowaken zeigt sich auch im politischen Bereich. Nach der Untersuchung von Wolf (1963), wo der Aufstand von 1956 zu einer überaus positiven Einschätzung der Ungarn geführt hatte, konnte ein paralleles Ergebnis für die Tschechoslowaken in Nachfolge der sowjetischen Intervention 1968 erwartet werden, da der zeitliche Abstand zwischen politischem Ereignis und Befragung im vorliegenden Fall noch geringer war. Erstaunlicherweise findet sich aber für die Tschechoslowaken in Tab. 6 die Kategorie 13 „politisch negativ", die ansonsten nur noch bei den Russen auftaucht. Andeutungen dafür, daß die sowjetische Intervention die Einstellung zu den Tschechoslowaken positiv geprägt hat, finden sich allenfalls in den relativ häufigen Nennungen der Eigenschaften opferbereit, schicksalsergeben und tapfer.

Tab. 26: Von nein ja, wo in Rußland in Frankreich sonstwo nicht beantwortet aber nicht angegeben Kriegs-teil- nehmer 37, 8 v. H. 15, 4 v. H. 9, 4 v. H.

2, 4 v. H.

6, 5 v. H. 28, 4 v. H. Kriegsgefangene 32, 6 v. H.

5, 8 v. H. 10, 6 v. H.

2, 4 v. H.

6, 3 v. H. 42, 2 v. H. den Vätern der Schüler waren

Die Einstellung zu den Franzosen Im Gegensatz zu der von Wolf 9) konstatierten Ambivalenz bei den Franzosen zeigt sich bei unserer Befragung eine eindeutig positive Bewertung mit hoher Sympathiequote, und seltenen Antipathiebezeugungen. Die Zahl der Nichtbeantwortungen ist auffallend gering (Tab. 5).

Tab. 27: keine ja, aber nicht angegeben wo in der DDR in der UdSSR sonstwo 73, 7 v. H.

1, 1 v. H. 13, 5 v. H.

0, 3 v. H.

1, 1 v. H. Von den Schülern hatten Verwandte in Osteuropa

Während bei den Sympathiebekundungen für osteuropäische Völker meist die Begründung 01 „Menschen wie wir alle" gegeben wurde, sind die Franzosen in erster Linie wegen ihrer positiven Eigenschaften sympathisch (Tab. 6). Dem entspricht die Auswertung der Eigenschaftsliste: leichtlebig gesellig gemütlich tolerant Geist u. Witz intelligent redegewandt humorvoll charmant höflich galant Schmeichler temperamentvoll lebhaft künstlerisch, musikalisch schönheitsliebend anspruchsvoll modisch kameradschaftlich treu zuverlässig kinderlieb tierlieb Träumer hübsche Frauen Im Gegensatz zu Osteuropa spielt für die Beurteilung Frankreichs der politische Aspekt in den Äußerungen der Schüler keine Rolle. Allerdings dürfte der stillschweigende politische Konsens mit eine Voraussetzung für die überaus positive Beurteilung sein.

Tab. 28: Gastarbeiter Brieffreund Urlaub Flüchtlinge sonstige Bekanntschaften nicht beantwortet nein ja, aber nicht angegeben welche 73, 7 v. H.

3, 4 v. H.

5, 7 v. H.

3, 6 v. H.

1, 6 v. H.

0, 6 v. H.

5, 7 v. H.

5, 7 v. H. Von den Schülern hatten Kontakte Osteuropäern

Im Vordergrund stehen Eigenschaften des Sozialverhaltens. Es herrscht das Bild des charmanten, höflichen und geselligen Franzosen mit Geist und Witz vor, der aber nicht besonders pflichtbewußt und arbeitsam ist. Das gleiche Ergebnis brachte die Untersuchung von Becker 10). Seiner Hypothese, daß diese positive Einstellung kaum durch persönliche Kon-takte mit Franzosen zustande gekommen sei, konnte unsere Arbeitsgruppe nicht folgen, da 23, 2 v. H.der Befragten die Franzosen aufgrund persönlicher Bekanntschaft als sympathisch bezeichneten (Tab. 6). Das aber ist in diesem Falle geographisch bedingt.

gut schlecht gar nicht Kategorie 4 nicht beantwortet 3, 9 v. H.

8, 6 v. H.

5, 0 v. H. 18, 2 v. H. 64, 3 v. H. Tab. 29: Die Bekannten aus Osteuropa äußerten sich über die Regierungen ihrer Länder:

Der positiven Einschätzung entspricht der Wert der sozialen Distanz. Hier schneiden die Franzosen am besten ab (Tab. 7).

Tab. 30: Saarbrücker Zeitung Bild Quick Stern Spiegel Bravo sonstige (meist Popmagazine) 59, 3 v. H. 22, 6 v. H.

5, 5 v. H. 11, 8 v. H.

8, 2 v. H. 37, 5 v. H. 35, 9 v. H. Von den Schülern lesen:

Das Ergebnis bei dem Städtepaar Prag-Hamburg ist normal. Für unseren Zusammenhang ist es nur unter Vorbehalt zu betrachten, da die Eigengruppe generell positiv bewertet wird und dementsprechend die Stadt im eigenen Land als näher eingeschätzt wird.

Tab. 31: Spielfilme Krimis Western Sport Nachrichten Unterhaltung Quiz politische Sendungen 64, 8 v. H. 42, 9 v. H. 41, 0 v. H. 30, 5 v. H. 19, 9 v. H. 19, 9 v. H.

7, 3 v. H.

5, 8 v. H. Von den Schülern sehen am häufigsten: sehen im Fern-zu

Das Paar Rom-Warschau ist aussagekräftiger, weil die Problematik der Eigengruppe hier nicht mit hineinspielt. Rom als Hauptstadt eines westlichen Verbündeten liegt für den Schüler näher als Warschau.

Tab. Fernsehen Zeitung Radio Schule Bücher Familie ’ sonstige nicht beantwortet 62, 4 v. H. 39, 8 v. H. 30, 7 v. H. 15, 6 v. H. 10, 7 v. H.

8, 3 v. H.

2, 5 v. H.

2, 6 v. H. 32: Informationen über Osteuropa die Schüler vorwiegend aus: beziehen

Obwohl Moskau in den Massenmedien häufig erwähnt wird und daher sicher stärker im Bewußtsein der Schüler steht als Gibraltar, wird es von ca. einem Drittel der Befragten als weiter entfernt angesehen. Dabei ist außerdem bemerkenswert, daß ebenfalls ein Drittel der Schüler überhaupt keine Angaben über die Entfernung von Saarbrücken nach Moskau oder Gibraltar machen konnte. Insgesamt war die Entfernungsschätzung eine Bestätigung der für die osteuropäischen Länder konstatierten hohen sozialen Distanz-werte. Auffallend ist, daß weniger als die Hälfte aller Schüler die Frage richtig beantwortet haben. Ein relativ hoher Prozentsatz gab überhaupt keine Antwort. Ein Teil (6, 2 °/o) hat verworrene Vorstellungen von der geographischen Lage der UdSSR (z. B. lag für manche die UdSSR in Rußland, Nordeuropa etc.). Die Annahme, daß die UdSSR von den Schülern entsprechend den etwas fragwürdigen Informationen einiger Schulbücher (Lenin mit mongolischem Einschlag) ganz nach Asien verlegt würde, bestätigte sich nicht. Ein etwa gleicher Prozentsatz gab Europa an.

Tab. 33: SPD CDU FDP DKP NPD gar keine weiß nicht nicht beantwortet 35, 7 v. H. 29, 4 v. H.

7, 1 v. H.

1, 3 v. H.

0, 8 v. H.

8, 8 v. H. 13, 5 v. H.

3, 4 v. H. Bei Bundestagswahlen Schüler wählen: würden die

Allgemein kann man feststellen, daß die Angaben ausgesprochen spärlich waren. Ein größeres Wissen bestand nur bei Frankreich, mit Abstand auch noch bei der Sowjetunion. Alle anderen osteuropäischen Länder fallen dagegen sehr stark ab, meist taucht höchstens die Hauptstadt auf, bei Jugoslawien werden auch einige Ferienorte genannt. Mehr als 50 Prozent der Schüler konnten hier keine zusätzlichen Länder nennen. Unter den genannten Ländern steht die DDR an erster Stelle, obwohl sich nirgends im Fragebogen ein derartiger Hinweis befand. Daraus kann man schließen, daß die DDR nicht mehr als Teil Deutschlands bzw. Mitteleuropas betrachtet wird, sondern für die Schüler zum Ausland bzw. zu Osteuropa zählt.

Tab. 34: Volksschule Realschule Gymnasium Universität nicht beantwortet 68, 3 v. H. 10, 2 v. H.

9, 6 v. H.

6, 7 v. H.

5, 2 v. H. 74, 4 v. FI.

9, 4 v. H.

7, 0 v. H.

2, 9 V. H.

6, 3 v. H. Schulbildung der Eltern a) Vater b) Mutter

Die Bundesrepublik liefert nach Meinung der Befragten hochwertige technische Produkte, bezieht dafür aber aus dem Osten Rohstoffe und Agrarprodukte. Obwohl in den Eigenschaftslisten den Russen Attribute wie Wissenschaftler, intelligent, Volk der Vernunft beigelegt wurden, erscheinen die osteuropäischen Länder als Agrarstaaten und Rohstoff-lieferanten, die Bundesrepublik wird in technischer Hinsicht als überlegen angesehen.

Tab. 35:

13 Jahre 14 Jahre 15 Jahre 16 Jahre 17 Jahre 6, 8 v. H. 54, 4 v. H. 28, 4 v. H.

7, 5 v. H.

1, 1 v. H. Alter der Schüler

Bezeichnend scheint uns außerdem, daß für den Export in erster Linie Konsumgüter genannt werden.

Tabelle 36: es bekundeten für die Russen Sympathie die Begründungskategorie „politisch negativ" wählten für die Russen als sozialer Distanz-wert ergab sich für die Russen 86, 1 v. H. 8, 1V. H. 2, 385 3, 625 44, 4 v. H. 34, 5 V. H. SPD-Wähler CDU-Wähler

Mit fast 99 Prozent ist diese Frage am häufigsten beantwortet worden, allerdings liegt der Prozentsatz der Beantwortungen bei vorgegebenen Lösungsmöglichkeiten generell höher. Die Frage wurde von ca. zwei Drittel der Schüler richtig beantwortet, wobei zu beachten ist, daß die Wahrscheinlichkeit einer richtigen Antwort bei 50 Prozent liegt. Als Gründe für den hoch eingeschätzten Leistungsstand geben zwei Drittel der Schüler gutes Training und staatliche Förderung an, wobei diese Angaben weitgehend wertungsfrei erfolgen. Negative Tendenzen treten bei einem Drittel der Befragten zutage: Zwang und Drill, in diesem negativen Zusammenhang auch der Begriff Staatsamateure sowie Geltungssucht des Staates; letzteres entspricht unserem Ergebnis für die Eigenschaftszuordnung bei den Russen.

Tab. 37: Sympathie mit den Ungarn bekundeten „positive Eigenschaften" als Begründungskategorie wählten für die Ungarn kein Urteil ohne persönliches Kennen wollten abgeben 100, 0 v. H. 77, 8 v. H. 22, 2 v. H. 11, 8 V. H. 11, 1 v. H. 35, 3 v. H. SPD-Wähler CDU-Wähler

Zunächst fällt die hohe Zahl der Nichtbeantwortungen auf (40%); rund ein Drittel der Schüler konnte nur einen Wissenschaftler bzw. Künstler angeben. Unter den Nennungen stehen Schlagersänger (z. B. Karel Gott) im Vordergrund. Auch Frank Schöbel aus der DDR wurde zu den osteuropäischen Künstlern gezählt, was eine interessante Parallele zu Tab. 11 darstellt, in der die DDR eindeutig zu den osteuropäischen Ländern gerechnet wurde. Immerhin 8, 3 Prozent der Schüler hielten Ivan Rebroff für einen osteuropäischen Künstler.

Tab. 38: Unterschicht Mittelschicht Oberschicht 55, 7 v. H. 41, 2 v. H.

1, 4 v. H. 34, 1 v. H. 51, 1 v. H. '11, 5 v. H. SPD-Wähler CDU-Wähler

Nur 16, 1 Prozent gaben „klassische“ Künstler (Tolstoi, Strawinsky) an. In der Kategorie „sonstige" wurde aus aktuellem Anlaß auch recht häufig der Name Kohoutek genannt. Auf tagespolitische Ereignisse ist wohl auch der hohe Prozentsatz an sogenannten Regimekritikern zurückzuführen, wobei hier hauptsächlich Alexander Solschenizyn angeführt wurde. Auch diese Frage blieb weitgehend unbeantwortet; bei keiner der Einzelfragen überstieg die Zahl der Antworten 50 Prozent. Dazu kommt ein hoher Prozentsatz falscher Antworten, so daß sich insgesamt ein erschreckendes Unwissen zeigt. Der Ungarnaufstand und die Gründung der Volksrepublik Jugoslawien sind fast vollkommen unbekannt, obwohl gerade zum Zeitpunkt unserer Befragung der 30. Jahrestag der Gründung der VR Jugoslawien gefeiert wurde und die Massenmedien ausführlich darüber berichteten. Halbwegs bekannt (d. h. bei jedem 6. Schüler) sind der Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes in die CSSR und der Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen.

a) Vater Volksschule Realschule Gymnasium Universität b) Mutter Volksschule Realschule Gymnasium Universität 77, 8 v. H. 10, 4 v. H.

5, 4 v. H.

2, 4 v. H. 82, 4 v. H.

7, 2 V. H.

3, 2 v. H.

2, 3 v. H. 59, 3 v. H. 12, 6 v. H. 12, 6 v. H. 10, 4 v. H. 64, 3 v. H. 13, 2 V. H. 12, 1 v. H.

3, 8 v. H. SPD-Wähler CDU-Wähler

Erstaunlicherweise liegen die Prozentzahlen der richtigen Antworten für die Oktoberrevolution höher als für den Sturm auf die Bastille, obwohl letzteres laut Stoffplänen schon in der Schule behandelt sein sollte und das Wissen der Schüler über Frankreich sonst allgemein größer ist. Überhaupt war versucht worden, solche Ereignisse zu erfragen, die unserer Meinung nach eher der Allgemeinbildung und dem politischen Interesse dieser Altersstufe entsprechen als konkretem Schulwissen.

Obwohl zumindest von den Massenmedien her die Spitzenpolitiker der einzelnen Länder bekannt sein müßten, zeigt sich ein ähnlich desolates Bild wie bei der vorhergehenden Frage. Außer für die UdSSR und Frankreich wußten drei Viertel der Schüler und mehr keine Politiker zu nennen. Diese Länder sind auch die einzigen, bei denen mehr als eine Nennung auftaucht, wobei Pompidou und Breschnew an der Spitze stehen. Einigermaßen bekannt ist sonst nur noch Tito für Jugoslawien.

Entgegen den Erwartungen war der Bekanntheitsgrad der Politiker des Prager Frühlings sehr gering; dies ist um so erstaunlicher, als Alexander Dubcek später im Fragebogen noch erwähnt wurde.

Zu Polen ist zu bemerken, daß es in der nächsten Frage (Abschluß völkerrechtlicher Verträge) am häufigsten genannt wird, was erwarten ließe, daß zumindest einige der beteiligten Politiker bekannt sein müßten; dies ist aber nicht der Fall.

Diesem Ergebnis sollte jedoch nicht allzuviel Aussagekraft beigemessen werden, da die Schüler wahrscheinlich aus den vorgegebenen Ländern geraten haben. Trotzdem war der Prozentsatz der Nichtbeantwortungen noch recht hoch. Im Vergleich zu anderen Fragen tauchen aber immerhin verhältnismäßig viel richtige Antworten auf. Analog zu den Tabellen 11 und 16 wird auch hier die DDR zu Osteuropa gezählt.

Entgegen der Erwartung, wurde diese Frage von ca. einem Viertel der Schüler mit Polen beantwortet. Die Vermutung, daß Deutschland (Bundesrepublik Deutschland, DDR und Deutschland) für die Schüler das Land ist, das am meisten unter den Russen zu leiden hatte, hat sich nicht bestätigt. Auch die Intervention der Sowjetunion in der CSSR und der Ungarn-Aufstand haben sich kaum oder so gut wie gar nicht im Bewußtsein festgesetzt.

Nur wenige Schüler wissen, daß es auch in osteuropäischen Ländern eine Verfassung gibt, über die Hälfte erkennt der Partei politische Allgewalt zu. Analog der politisch negativen Einstellung der Schüler gegenüber den Russen sehen 10 Prozent sogar das Militär als entscheidende Macht an.

Nur 18 Prozent der Schüler wußten, was die Oder-Neiße-Linie ist, die übrigen hatten entweder gar keine oder sehr vage Vorstellungen: 24 Prozent gaben zumindest an, daß es sich um eine Grenze handelt; dabei verwechselten 20 Prozent die Oder-Neiße-Linie mit der Grenze zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR. Die in der Diskussion um die neue Ostpolitik wieder hochgespielte Frage um die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als polnischer Westgrenze scheint angesichts dieses Ergebnisse bei den Schülern keine große Resonanz gefunden zu haben. Völlig apolitisch rezipiert immerhin ein Fünftel der neuen Generation den Begriff Oder-Neiße-Linie (als Kanal, Schleuse etc.).

Die Arbeitsgruppe hatte an sich erwartet, daß die Schüler infolge der Berichterstattung unserer Massenmedien über die Ereignisse des Prager Frühlungs in Dubcek einen Antikommunisten sehen würden. Wie jedoch schon andere Fragen gezeigt haben, stehen die Vorgänge in der SSR kaum mehr im Bewußtsein der Schüler (vgl. Tab. 17) und Dubcek ist nur wenigen bekannt (vgl. Tab. 18). Das steht in krassem Mißverhältnis zu den über 80 Prozent Beantwortungen bei dieser Frage. Es ist also anzunehmen, daß der Großteil der Schüler geraten hat. Ähnlich der Oder-Neiße-Linie herrschen auch über den Warschauer Pakt größtenteils unklare oder gar kenne Vorstellungen, was sich am deutlichsten darin zeigt, daß 60 Prozent der Schüler überhaupt nicht antworteten. Außerdem geht der Anteil der absurden Vorstellungen (polnisches Parteigebäude etc.) weit, über die Zahl der richtigen Antworten hinaus.

Die Bearbeiter hätten sich gewünscht, daß zu diesen Fragen statistische Vergleichswerte vorgelegen hätten, um die Angaben der Schüler zu überprüfen. Solche Unterlagen waren jedoch nicht zugänglich.

Zweifelhaft erscheinen uns die häufig angegebenen Kontakte nach Osteuropa (Brief-freundschaft, Freundin u. ä.). Hier schlägt offensichtlich ein gewisses Renommiergehabe durch, was auch unten für die Lesegewohnheiten (vgl. Tab. 30) zu konstatieren ist.

Ein besonderer Fall liegt in Tab. 29 bei der angegebenen Kategorie 4 vor. Obwohl die Schüler angeben, weder Verwandte noch Bekannte in osteuropäischen Ländern zu besitzen, fühlten sich ca. 20 Prozent der Schüler verpflichtet, angebliche Äußerungen von Osteuropäern wiederzugeben, in denen sich wohl ihre eigene Meinung wiederspiegelt. Wie aus Tab. 32 hervorgeht, beziehen die Befragten ihre Informationen über Osteuropa vorwiegend aus Rundfunk, Fernsehen und Zeitschriften. Dagegen fällt die Schule als Informationsquelle stark ab. Allerdings widersprechen dem die Angaben in Tab. 31, wonach nur 5, 8 Prozent der Schüler politische Sendungen im Fernsehen verfolgen und nur knapp ein Fünftel die Nachrichten. Auswirkungen auf die „Information" der Schüler hat sicher auch die hohe Quote bei Spielfilmen, was ja am Ungarnbild konkret faßbar wurde.

Zu den Lesegewohnheiten ist zu sagen, daß die Saarbrücker Zeitung als regionales Monopolblatt naturgemäß an der Spitze steht, gefolgt von Bravo, anderen Popmagazinen (die hauptsächlich unter der Rubrik „sonstige" aufgeführt wurden) und der Bildzeitung. Angesichts dieser Informationsbasis sind das geringe und wenig fundierte Wissen sowie die im ersten Teil des Fragebogens zutage getretenen Einstellungen der Schüler erklärlich.

Die Aufschlüsselung der Ergebnisse nach Schultypen Hauptschüler und Gymnasiasten vergeben bei der Sympathie-Antipathie-Frage das Prädikat sympathisch im wesentlichen gleich für die Länder UdSSR, Polen und CSSR. Die Differenz beträgt nie mehr als zwei Prozent. Frankreich wird von den Hauptschülern sympathischer (+ 7, 1 v. H.), Ungarn und vor allem Jugoslawien werden unsympathischer (— 7, 8 v. H.; — 9, 5 v. H.) beurteilt.

Damit müssen für das negative Südländer-Gastarbeiter-Bild der Jugoslawen vor allem die Hauptschüler verantwortlich zeichnen. Der unmittelbare Kontakt zu jugoslawischen Gastarbeiterkindern, der bei Hauptschülern zweifellos in größerem Umiang gegeben ist, baut also eher Barrieren auf als ab. Dieses Ergebnis wird durch den Sozialen-Distanz-Wert erhärtet, wo ein eklatanter Unterschied auftritt: Gymnasiasten 2, 633, Hauptschüler 3, 630.

Das negativere Bild der Hauptschüler von den Ungarn manifestiert sich ebenfalls in der sozialen Distanz (Gymnasiasten 1, 697: Hauptschüler 2, 130). Man kann das einmal auf das allgemein schlechtere Image des Südländers bei den Hauptschülern (siehe Jugoslawien) zurückführen, andererseits darauf, daß das die Einstellung zu Ungarn hauptsächlich prägende Medienbild die Gymnasiasten in höherem Maße erreicht (siehe unten zu den Informationsquellen über Osteuropa).

Daß Frankreich von den Hauptschülern zunächst sympathischer beurteilt wurde, wird durch das Ergebnis der Sozialen-Distanz-Frage wieder relativiert. So verbleiben wesentliche Unterschiede in der Einstellung allein für Ungarn und Jugoslawien.

Die Realschüler wurden in ihren Einstellungen nicht überprüft, da ihre proporzbedingte Anzahl sowieso schon gering ist und durch die Aufteilung auf die einzelnen Länder jeweils auf einen Wert geschrumpft wäre, der zuverlässige Aussagen nicht mehr gewährleistet hätte.

Bei der Auswertung des Wissens bildete sich fast durchgängig die Hierarchie Gymnasiasten — Realschüler — Hauptschüler. Auf Fragen mit politischem Moment sprachen ganz besonders die Gymnasiasten, aber auch die Realschüler an. Drei Ergebnisse seien hierfür angeführt, auch weil sie symptomatisch sind für die Struktur der jeweiligen politischen Einstellungen: 1. Die Gymnasiasten sind die einzigen, bei denen der Einmarsch der Warschauer-Pakt-Staaten in die ÖSSR noch im Bewußtsein steht:

— 34, 2 v. H.der Gymnasiasten, aber nur 8, 3 v. H.der Hauptschüler (14, 3 v. H.

der Realschüler) konnten unsere Frage nach dem Zeitpunkt der Invasion beantworten; — 30, 6 v. H.der Gymnasiasten, aber nur 4, 7 v. H.der Hauptschüler (11, 0 v. H.

der Realschüler) kannten Dubek;

— bei der Frage, wer am meisten unter den Russen zu leiden hatte, nennen 23, 2 v. H.der Gymnasiasten die ÖSSR (Hauptschüler 7, 1 v. H., Realschüler 9, 9 v. H.).

2. Polen hatte nach Meinung der Gymnasiasten (33, 1 v. H.) und der Realschüler (34, 1 v. H.) am meisten unter den Russen zu leiden, während es bei den Hauptschülem die Deutschen sind (Hauptschüler 26, 7 v. H., Gymnasiasten 23, 7 v. H., Real. schüler 11, 0 v. H.).

3. 70, 1 v. H.der Gymnasiasten (Realschüler 67 v. H.) meinen, daß in Osteuropa die Partei Rechte und Pflichten der Bürger bestimmt, aber nur 49, 4 v. H.der Hauptschüler. Hierbei ist zu beachten, daß die Antworten der Gymnasiasten und Realschüler auf dem Hintergrund wenigstens rudimentärer politischer Kenntnis gegeben wurden, während die Hauptschüler zum Großteil wohl geraten haben, was aus der hohen Prozentzahl der unsinnigen Antwort Militär (13 v. H.) und, der trotz Vorgaben hohen Nichtbeantwortungsquote (Hauptschüler 14, 8 v. H., Gymnasiasten 3, 7 v. H.)

sowie dem politischen Nichtwissen bei den anderen Fragen hervorgeht.

Daraus ergeben sich tendenziell folgende politische Einstellungen:

— Die Gymnasiasten sehen Osteuropa als einen Block mit Parteidiktaturen, der von der mächtigen Sowjetunion gewaltsam zusammengehalten wird (aktuelle Erfahrung ÖSSR), die eine mögliche Gefahr für die Eigengruppe darstellt.

— Die Realschüler sehen ebenfalls Parteidiktaturen, die aktuelle Erfahrung ÖSSR fehlt fast völlig; die Sowjetunion wird als mögliche Gefahr für die Eigengruppe kaum angesehen.

— Die Hauptschüler haben entweder keine oder verschrobene Vorstellungen von Osteuropa, aber es erscheint ihnen irgendwie als mögliche Gefahr für die Eigengruppe.

Polen spielt zwar als „Opfer" der Sowjetunion bei den Gymnasiasten und Realschülern eine relativ bedeutende Rolle (siehe oben unter 2), aber wohl als Erfahrung aus dem Geschichtsunterricht (polnische Teilungen?), und dürfte deshalb nicht so bestimmend für die negative Einstellung gegenüber der Sowjetunion sein. Die von den Schülern meist gelesene Zeitung ist die Saarbrücker Zeitung, gefolgt von Bravo und Bild. Für SZ, Stern und Spiegel, die „Bildungsblätter", ergibt sich die übliche Hierarchie (Gym. -RS-HS), während sie bei Bravo genau umgekehrt ist. Konstant oft wird „Bild" gelesen.

Die Informationen über Osteuropa beziehen die Schüler vornehmlich aus dem Fernsehen. Bei Fernsehen und Büchern bildet sich die übliche Hierarchie. Bei der Schule liegt sie genau umgekehrt; die Hauptschüler werden also nach eigenen Angaben noch weitaus stärker von der Schule geprägt als die anderen.

Die meisten Gymnasiasten würden die CDU wählen (39, 5 v. H.), Realschüler 22, 0 v. H., Hauptschüler 25, 4 v. H. Daß hier ein Zusammenhang besteht mit dem o. a. politischen Vorurteil gegenüber der Sowjetunion (Osteuropa), wird die folgende Aufschlüsselung nach Parteipräferenz beweisen. SPD würden vor allem die Realschüler (44, 0 v. H.) und die Hauptschüler (39, 3 v. H., Gymnasiasten 24, 7 v. H.) wählen. Potentielle F. D. P. -Wähler sind die Realschüler zu 11, 0 v. H., die Gymnasiasten zu 10, 5 v. FI. und die Hauptschüler zu 4, 1 v. H. Die Aufschlüsselung der Ergebnisse nach Parteienpräferenz Hier ist das Ergebnis so durchsichtig, daß wir in einem repräsentativen Querschnitt die Ergebnisse einfach vergleichend nebeneinander stellen können. Es werden nur die beiden großen Parteien verglichen, weil uns die empirische Basis bei den anderen zu gering schien, um daraus Aussagen abzuleiten.

Aber nicht nur in politischer Hinsicht, sondern auch sonst verhalten sich die potentiellen CDU-Wähler ablehnend-reservierter. Als Beispiel hierfür sei Ungarn angeführt, das von den befragten Schülern bei den vorangegangenen Fragen niemals unter einem politischen Aspekt gesehen wurde.

Selbst bei unserem Nachbarland Frankreich bleiben diese Unterschiede bestehen.

Im Wissensteil bildet sich durchweg die Hierarchie CDU-Wähler — SPD-Wähler, die auch für den Informationshintergrund gilt: das erklärt sich aus dem hohen Anteil von CDU-Wählern bei den Gymnasiasten. Nur einmal schlägt die Wissens-Hierarchie um: 57, 7 v. H.

der potentiellen CDU-Wähler (51, 1 v. H.der SPD-Wähler) halten den Ostblock für eine Parteidiktatur.

So wird es verständlich, daß 28, 0 v. H.der CDU-Wähler (13, 1 v. H.der SPD-Wähler) von den osteuropäischen Künstlern und Wissenschaftlern die Regimekritiker kennen und 10, 4 v. H. (6, 8 v. H.der SPD-Wähler) Verwandte oder Bekannte in Osteuropa haben, die sich schlecht über die Regierungen ihrer Länder äußern; außerdem gehören 22, 5 v. H.der CDU-Wähler (14, 9 v. H.der SPD-Wähler) dieser Kategorie von Befragten an, die zwar keine Verwandten oder Bekannten in Osteuropa haben, aber deren Meinung kennen — also ihre eigenen Urteile auf fiktive Leute projizieren.

Für den sozialen Hintergrund gilt, daß CDU vor allem Kinder aus der Oberschicht, SPD vor allem Kinder aus der Unterschicht wählen würden:

Entsprechend besser ist auch die Bildung der Eltern potentieller CDU-Wähler:

Tab. 39: Das Bild von Schülern über/Osteuropa — das sich aus einem äußerst lückenhaften Mosaik von zudem noch häufig diffusen Informationen szusammensetzt, kann sicherlich nicht von heute auf morgen verändert werden — was umgekehrt auch für die den Schülern osteuropäischer Länder vermittelten Vorstellungen und Vorurteile über Deutschland gilt. Beispielhaft für das Bemühen um eine Veränderung dieses Zustands sind die Kontakte von ! deutschen und polnischen Wissenschaftlern — sowohl im Rahmen der schon längere Zeit bestehenden deutsch-polnischen Schulbuchkonferenz wie auch von universitären Forschungsprojekten. Mit ihrer Hilfe soll das in beiden Ländern sehr unterschiedliche Geschichtsbild, zumal das der jüngsten Vergangenheit, überprüft und gegebenenfalls revidiert werden. Auf dieser Grundlage wäre dann auch die Vermittlung eines vollständigen Wissens möglich; eine Veränderung der Einstellungen bedarf aber sicherlich darüber hinaus noch mehr als nur der Bereitstellung möglichst objektiver Informationen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. R. Kühnl (Hrsg.), Geschichte und Ideologie, Reinbek 1973; G. Berndt/R. Strecker (Hrsg.), Polen — ein Schauermärchen oder Gehirnwäsche für Generationen, Reinbek 1971; W. Hofmann, Stalinismus und Antikommunismus. Zur Soziologie des Ost-West-Konflikts, Frankfurt 19704; außerdem standen uns einige ältere empirische Untersuchungen zur Verfügung, an deren Fragestellungen wir uns zum Teil anlehnten: K. C. Becker, Einstellungen deutscher Schüler gegenüber Franzosen, Polen und Russen, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie (KZSS) 1972, S. 737— 757; H. E. Wolf, Stellungnahmen deutscher Schüler zu osteuropäischen Völkern, KZSS 1963, S. 478— 511.

  2. Wir verwandten die Eigenschaftsliste von K. S. Sodhi/R. Bergius (Nationale Vorurteile, Berlin 1953, S. 28; siehe dazu aber gesamtes Kapitel I. Fragestellung und Methode). Diese Liste wurde allerdings vorher mit Hilfe von 25 Quierschieder Haupt-schülern für das Verständnis von Schülern unseres Jahrgangs modifiziert.

  3. E. S. Bogardus, Social Distance and its Origins, Journal of Applied Sociology 1925, S. 301. Wir verwandten die von Rose Zeligs für Jugendliche entwickelte Modifikation, die Becker, a. a. O., S. 746, übernommen hat.

  4. G. W. Allport, Die Natur des Vorurteils, Köln 1971, S. 52.

  5. Bei den kursiv gesetzten Eigenschaften handelt es sich um ein Stereotyp (mindestens 30 v. H.der Befragten haben einem Volk diese Eigenschaften zugelegt).

  6. Wolf, a. a. O., S. 480.

  7. Becker, a. a. O., S. 742; Wolf, a. a. O., S. 488.

  8. Vgl. dazu auch die stark differierende Haltung von Gymnasiasten und Hauptschülern unten.

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