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Banken -Reform oder Verstaatlichung | APuZ 23/1975 | bpb.de

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APuZ 23/1975 Artikel 1 Banken -Reform oder Verstaatlichung

Banken -Reform oder Verstaatlichung

Diethard B. Simmert

/ 49 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die in anderen Ländern schon lange diskutierte Problematik „Macht der Banken“ war bis Ende der sechziger Jahre in der öffentlichen Diskussion der Bundesrepublik Deutschland ein ziemlich untergeordnetes Thema. Dies hat sich nun entscheidend geändert: Die Formel von der Macht der Banken und die Forderung nach Verstaatlichung der Banken haben beachtenswertes Gewicht in der politischen Diskussion erlangt. Als Begründung für diese Forderung wird vor allem auf die gebündelten Einflußmöglichkeiten der Banken auf die Wirtschaft durch Kreditvergabe, Mitgliedschaft in Emissionskonsortien, Beteiligungen, starke Vertretung in den Aufsichtsräten sowie durch das Depotstimmrecht hingewiesen. Auf diese Weise könnten die Banken auf die wirtschaftliche und politische Entwicklung in unserem Land ohne demokratisch legitimierte Kontrolle einwirken. Häufig wird auch im Rahmen der jüngsten Diskussion um eine staatliche — direkte — Investitionslenkung ein verstaatlichter Bankenapparat als mögliches Instrument zur Einwirkung auf die Investitionen genannt. Nadi einer ausführlichen Analyse der volkswirtschaftlichen Schlüsselstellung der Banken im Finanzierungsprozeß und der Struktur des Bankwesens der Bundesrepublik wird den immer wieder angeführten Einwirkungskanälen (Beteiligungen, Depotstimmrecht, Aufsichtsratspräsenz, Emissionspolitik, Beherrschung der Effektenmärkte, ungezügelte Kredit-politik) — soweit möglich — empirisch nachgegangen und im einzelnen überprüft, ob möglichem Machtmißbrauch durch Ein-und Beschränkung unter Festhalten am Universalbanksystem oder durch Verstaatlichung zu begegnen ist. Im Anschluß hieran wird über die Erfahrungen mit verstaatlichten Banken in ausgewählten Ländern (Frankreich, Italien, Österreich) berichtet. Nirgendwo ist in diesen Ländern der Bankenapparat zu einer umfangreichen zentralen Investitionslenkung genutzt worden. Der Einfluß des Staates auf die Geschäftspolitik der Banken blieb verhältnismäßig gering. Die Analyse der verschiedenen Aspekte der Macht der Banken zeigt, daß zur Beseitigung der zu Recht kritisierten Mißstände unseres gegenwärtigen Bankensystems eine Bankenverstaatlichung kein taugliches Mittel ist. Sämtliche Mißstände lassen sich mit „handfesten“ Reformen abstellen. Bei der Frage, ob ein verstaatlichter Bankenapparat tatsächlich als Instrument der Investitionslenkung geeignet ist, wird auf die in der wissenschaftlichen Diskussion noch völlig offenen Probleme hingewiesen und schließlich die Meinung vertreten, daß, wenn schon die direkte Investitionslenkung als sinnvoll und machbar angesehen wird, der bereits vorhandene öffentlich-rechtliche Banksektor, der den größten Teil des gesamten Kreditangebots beeinflußt, hierfür zunächst voll ausreicht.

1. Verstaatlichung als politische Forderung

INHALT 1. Verstaatlichung als politische Forderung 2. Die volkswirtschaftliche Schlüsselstellung der Banken 3. Die Struktur des Bankwesens in der Bundesrepublik Deutschland 4. Zur Begründung der Bankenverstaatlichungsforderung im einzelnen Kritik am Universalbanksystem Kritik an den Beteiligungen der Banken Kritik am Vollmacht-oder Depotstimmrecht Kritik an der Aufsichtsratspräsenz der Bankvertreter Kritik an der Emissionspolitik der Banken Kritik an der Beherrschung der Effektenmärkte Kritik am „Unterlaufen der Geldpolitik der Bundesbank“ durch die Banken 5. Erfahrungen mit verstaatlichten Banken in Europa Frankreich Italien Österreich 6. Bankenverstaatlichung als „Problemlösung“? 7. Alternativen zur Bankenverstaatlichung Ausgewählte Literaturhinweise zum Problemkreis „Bankenmacht“

Die Verstaatlichung der Banken ist eine alte Forderung der sozialistischen und sozialdemokratischen Bewegung. Schon die Forderung im Kommunistischen Manifest nach „Zentralisation des Kredits in den Händen des Staats durch eine Nationalbank mit Staatskapital und ausschließlichem Monopol" zeigt dies deutlich. In nahezu allen Parteiprogrammen der sozialistischen Parteien Westeuropas ist diese Verstaatlichungsforderung (i. d. R. als Nationalisierung bezeichnet) fest verankert. So findet man sie beispielsweise nicht nur in Frankreich im gemeinsamen Regierungsprogramm der Sozialistischen Partei und der Kommunistischen Partei vom 29. Juni 1972, sondern auch im so-genannten „Green Paper" der Labour Party vom August 1973. Selbst auf den beiden letzten Kongressen der regierenden Sozialdemokraten in Schweden — einem Land mit sowieso schon großem Staatseinfluß auf die Kreditwirtschaft — ist die Forderung nach Verstaatlichung der Geschäftsbanken zunehmend lauter geworden und hat für den nächsten Parteitag im Jahre 1976 erheblich größere Erfolgsaussichten ins offizielle Parteiprogramm aufgenommen zu werden als bisher.

Deutsche Bank AG • Aktien-kapital in Mio, DM Augsburger Kammgarn-Spinnerei, Augsburg ..................... 14, 0 Bayerische Elektrizitätswerke, München......... 22, 0 Bergmann-Elektrizitätswerke AG, Berlin....... 70, 0 Daimler-Benz AG, Stuttgart ........................ 951, 3 Didier-Werke AG, Wiesbaden................... 68, 0 Hapag-Lloyd, Hamburg 116, 0 Hoffmann’s Stärke-fabriken AG, Bad Salzuflen............... 7, 5 Philipp Holzmann AG, ..................................... 36, 0 Karstadt AG, Essen .... 300, 0 Maschinenfabrik Moenus AG, Frankfurt/M................... 4, 0 Pittier Maschinen-fabrik AG, Langen .... 18, 0 Schuhfabrik Manz AG, Bamberg ...................... 1, 6 Süddeutsche Zucker-AG, Mannheim..................... 78, 0 Dresdner Bank AG Quelle: Wirtschaftswoche Nr. 19, 4. Mai 1973 Aktien-kapital in Mio.

DM Eduard Ahlborn AG, Hildesheim................... 3, 0 Dortmunder Union Schultheiß-Brauerei AG, Berlin u. Dortmund .... 148, 4 Goldpfeil Krumm AG, Offenbach..................... 4, 0 Hapag-Lloyd AG, Hamburg/Bremen........ 116, 0 Isola Werke AG, Düren 3, 0 Kaufhof AG, Köln....... 300, 0 Kempinski Hotel-betriebs-AG, Berlin.... 11, 0 Lübecker Flender-Werke AG, Lübeck .... 20, 0 Metallgesellschaft AG, Frankfurt/M............. .. 206, 7 Pittier Maschinenfabrik AG, Langen................. 18, 0 Portland-Zementwerke Heidelberg AG, Heidelberg.................... 108, 0 F. Reichelt AG, Hamburg....................... 4, 8 Westfälische Zellstoff AG, Gronau (Westf.) .. 16, 0 Vereinigte Kammgarn-spinnerei AG, Bremen 10, 0 Vereinigte Schmirgel-u. Maschinenfabriken AG, Hannover..................... 2, 7 Wayss & Freytag AG, Frankfurt/M.

Mehr als 50 °/o:

Gehe & Co. AG, München....................... 5, 4 — Anfang 1973 veräußert — Grün & Billinger AG, Mannheim..................... 22, 5 Hageda AG, Köln........ 8, 5 Nordwolle Beteiligungs-und Grundbesitz-AG, Bremen ........................ 4, 8 Commerzbank AG Aktien-kapital in Mio.

DM Karstadt AG, Essen ... 300, 0 Kaufhof AG, Köln........ 300, 0 Brauerei Isenbeck AG, Hamm .......................... 6, 0 Dampfschiffahrts-Gesellschaft „Neptun“, Bremen ......................... 7, 0 Dortmunder Stifts-Brauerei Carl Funke AG, Dortmund............. 4, 0 Hannoversche Papierfabriken Alfeld-Gronau vormals Gebr. Woge, Alfeld (Leine) ............. 24, 0 Hochtief AG für Hoch-

und Tiefbauten, vorm. Helfmann, Essen......... 27, 9 Kempinski Hotel-betriebs-AG, Berlin .... 11, 0 Kaiser-Brauerei AG, Hannover........... . ....... 2, 7 Stern-Brauerei Carl Funke AG, Essen......... 15, 4 Mehr als 50 °/o:

H. Maihak AG, Hamburg...................... 3, 0 Die mehr als 25 vH betragenden Beteiligungen der Großbanken an Industrieunternehmen Tabelle 5

Die Verstaatlichung oder Überführung von Unternehmen bzw. Wirtschaftszweigen in Gemeineigentum hat ihren Platz auch im Rahmen einer sozialdemokratischen Wirtschaftsund Gesellschaftspolitik in der Bundesrepublik Deutschland. Im Godesberger Programm ist ausdrücklich eine Überführung von Unternehmen in Gemeineigentum vorgesehen, wenn diese sich außerhalb des Wettbewerbs befinden: „Wo mit anderen Mitteln eine gesunde Ordnung der wirtschaftlichen Machtverhält-nisse nicht gewährleistet werden kann, ist Gemeineigentum zweckmäßig und notwendig." Dies gilt allerdings nur als „letztes" Mittel, wenn andere Mittel nicht wirken.

Funktion 1. Abs, Hermann, J., Dr. rer. pol. h. c., Frankfurt ........ ehern. Vor-

Standssprecher 2. Ulrich, Franz Heinrich, Düsseldorf ... Vorst, vors.

3. Burgard, Horst, Dr., Königstein/Ts... Vorst. mitgl.

4. Christians, F. W„ Dr. jur., Meerbusch-Büderich ... Vorst. mitgl.

5. Ehret, Robert, Dr.

jur., Königstein/Ts.

Vorst. mitgl.

6. Feith, Hans, Dr.

jur., Frankfurt.... Vorst. mitgl.

7. Guth, Wilfried, Dr.

rer. pol., Frankfurt Vorst. mitgl.

8. Herrhausen, Alfred, Dr. rer. pol., Dipl. -Kfm., Dortmund-Gartenstadt Vorst. mitgl.

9. Kleffei, Andreas, Di., Düsseldorf ... Vorst. mitgl. 10. Leibkutsch, Hans, Dr. jur., Frankfurt Vorst. mitgl. 11. Mertin, Klaus, Dr.

rer. pol., Dipl. -Kfm., Neuenhain/Ts.. Vorst. mitgl. 12. Thierbach, Hans Otto, Kronberg/Ts. Vorst. mitgl.

13. Vallenthin, Wilhelm, Dr. jur., Falkenstein/Ts...... Vorst. mitgl. ehemalige und amtierende Vorstandsmitglieder: Übersicht AR-Vorsitz Zahl der Aufsichtsratsmandate stellv. Ehren-vor-Mitglied Ehrenmitglied

sitzender gesamt 11 1 Aufsichtsratsmandate von Großbankenvertretern bei inländischen Unternehmen A. Deutsche Bank AG 4 9 2 3 4 5 4 2 3 6 1 1 6 50 4 2 2 4 2 2 2 4 3 1 3 2 31 2 2 5 6 7 4 8 6 4 2 1 4 51 11 11 (12) (12) 6+ 11 E 15 9 11 15 11 14 10 2 5 12 143

Als Hauptmotiv bei all diesen Bestrebungen wird die für sozialistische Parteien nicht zu akzeptierende „Macht der Banken" genannt, worunter vor allem die unzureichende demokratische Legitimation der wirtschaftlichen Macht der Banken verstanden wird.

B.

1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. Dresdner Bank AG Richter, Hermann, Dr. rer. pol., Industrieberater, Düsseldorf ........... Ponto, Jürgen, Frankfurt ............. Funktion ehern. Vor-standsvors. Vorstands-Sprecher Bresser, Karl-Ludwig, Dr. jur., Düsseldorf ........... Vorst. mitgl. Decken, Christoph von der, Dr. jur., Wohltorf (Lauenb.) Vorst. mitgl. Diel, Rolf, RA, Düsseldorf ........... Vorst. mitgl. Haeusgen, Helmut, Frankfurt ........ Vorst. mitgl. Hagenmüller, Karl Friedrich, Dr. rer.

pol. habil., Universitätsprofessor, Königstein/Ts.. Vorst. mitgl. Leeb, Wolfgang Th., München .... Vorst. mitgl.

Meier-Preschany, Manfred, Dr. rer.

pol., Königstein/Ts. Vorst. mitgl. Rantzau, Cai Graf zu, Düsseldorf .... Vorst. mitgl. Röller, Wolfgang, Dr. rer. pol., Neu Isenburg... V... o.. rst. mitgl. ehemalige und amtierende Vorstandsmitglieder: AR-Vorsitz Zahl der Aufsichtsmandate stellv. AR-Vorsitz Mitglied Ehrenmitglied Ehren-vor- sitzender gesamt 6 4 1 1 1 3 1 2 3 2 24 1 1 1 1 1 2 3 3 2 2 /17 2 6 7 4 7 8 7 4 2 5 2 54 10 13 9 6 8 12 10 7 5 10 5 95

Diese in den genannten und auch in anderen Ländern schon lange diskutierte Problematik „Macht der Banken" war bis Ende der sechziger Jahre in der öffentlichen Diskussion der Bundesrepublik Deutschland dagegen noch ein ziemlich untergeordnetes Thema. In den letzten Jahren hat sich dies jedoch entscheidend geändert: Die Formel von der Macht der Ban-ken und die Forderung nach Verstaatlichung der Banken sind zwei in der aktuellen wirtschaftspolitischen und politischen Diskussion nun überaus gängige Sujets. Sieht man einmal von einer Argumentation auf der Basis marxistischer Theorie ab, so werden im wesentlichen folgende Gründe für die Forderung nach Verstaatlichung der Banken angeführt: 1. Die Banken haben über diverse Kanäle die Möglichkeit, Einfluß auf die Entscheidungen der übrigen Wirtschaft zu nehmen. Auf diese Weise können die Banken auf die wirtschaftliche und politische Entwicklung in unserem Land ohne demokratisch legitimierte Kontrolle einwirken. Die Bankenverstaatlichung soll diese zu starke Machtposition beseitigen. 2. Im Rahmen der jüngsten Diskussion um eine staatliche Investitionslenkung und -kontrolle wird häufig ein verstaatlichter Bankenapparat als mögliches Instrument zur Einwirkung auf die Investitionen im Unternehmens-bereich genannt. Auf diesem Wege könne die notwendige Kontrolle über die regionale, sektorale und personelle Kreditgewährung ausgeübt werden. 3. Im Zusammenhang mit Zusammenbrüchen von einigen, zumeist kleinen Banken (Herstatt, Baukredit-Bank etc.) wurde die Frage gestellt, ob nicht allein Banken, hinter denen der Staat steht, ihre Einleger wirksam vor Verlusten schützen.

Funktion c. Commerzbank AG 1. Lichtenberg, Paul, Frankfurt............. Vorstandssprecher 2. Behrenbeck, Rudolf, Dr. jur., Frankfurt ........................ Vorst, mitgl.

3. Brands, Helmut, Dr. jur., Rechtsanwalt, Bankdirektor, Düsseldorf........... Vorst. mitgl.

4. Deuss, Peter, Dr.

jur., Hamburg .... Vorst. mitgl.

5. Dhom, Robert, Dipl. -Volksw., Mammolshain/Ts. Vorst. mitgl.

6. Jahn, Wolfgang, Dr. rer. pol., Dipl. -

Volksw................... Vorst. mitgl.

7. Knappertsbusch, Götz, Königstein (Ts.)...................... Vorst. mitgl.

8. Niederste-Ostholt, Heinz, Dipl. -Kfm., Dir., Düsseldorf ... Vorst. mitgl.

9. Reckel, Annin, Bankdir., Hamburg Vorst. mitgl. 10. Spiegel, Raban Frhr. v., Dr. jur., Bankdir., Rechtsanwalt, Hamburg Vorst. mitgl. 11. Terrahe, Jürgen, Dr. jur., Bankdir., Frankfurt............. Vorst. mitgl. amtierende Vorstandsmitglieder: D. Summe A bis C 35 ) AR-Vorsitz 4 1 4 2 3 14 88 stellv.

AR-Vorsitz 2 2 1 2 4 4 2 2 3 1 23 71 Zahl der Aufsichtsmandate Mitglied 7 2 7 3 5 4 2 7 6 4 2 49 154 Ehrenmitglied 11 Ehren-vor- sitzender (12) gesamt 13 4 9 5 9 12 4 » 9 8 2 86 324 ! Quelle: Leitende Männer der Wirtschaft 1973, Darmstadt 1973, Geschäftsberichte. Der Verfasser dankt Frau Hensel (WSI, Düsseldorf) für die mühevolle Erstellung dieser Übersicht.

In der aktuellen Diskussion muß darüber hinaus exakt geklärt werden, welche Form der Verstaatlichung gemeint ist. So ist der Ruf nach Verstaatlichung mit wechselndem Inhalt verbunden. Er kann implizieren: — die Übertragung der privaten Eigentums-titel an den Staat ohne Änderung der Rechtsform und ohne (wesentliche) Einflußnahme auf die Geschäftspolitik der Banken (wie z. B. in Frankreich und Österreich); — die Überführung privater Banken in bereits existierende öffentlich-rechtliche Institute (also Ausweitung des öffentlich-rechtlichen Bankensektors); — die Ersetzung nicht nur der privaten durch öffentliche Eigentumstitel, sondern vor allem Einflußnahme auf die Geschäftspolitik, voran die Kreditgewährung, zur Verwirklichung gesellschaftspolitischer Ziele (einschließlich gesellschaftlicher Kontrolle) in einem System zentraler staatlicher Investitionslenkung.

1. Banque Nationale de Paris a) Bilanzsumme .............

b) Bilanzgewinn............. 2. Credit Lyonnais a) Bilanzsumme .............

b) Bilanzgewinn ........ 3. Socit Generale a) Bilanzsumme .............

b) Bilanzgewinn............. Gruppe 51 664 104 — — — — 1969 nicht konsolidiert 47614 78 44183 67 37238 56 Gruppe 110 415 231 95 607 160 — — 1972 nicht konsolidiert 101734 138 92733 135 60 409 (1971)

114 (1971)

Gerade die letztgenannte Forderung steht im Zentrum der aktuellen Verstaatlichungsdebatte in der Bundesrepublik Deutschland. So hat z. B.der Außerordentliche Landesparteitag der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands Nordrhein-Westfalen am 28. Oktober 1973 beschlossen: „Zum nächsten Bundesparteitag wird folgender Antrag eingebracht: Banken, die mittels Kreditgewährung die Investitionsentscheidung beeinflussen und damit große wirtschaftliche Verfügungsmacht in wenigen anonymen Händen konzentrieren, sind zu vergesellschaften, d. h. in Eigentum der öffentlichen Hand zu überführen und demokratisch zu legitimieren." Weitergehende Vorstellungen und Argumente zur Gestaltung des vergesellschafteten Bankwesens werden von den Jungsozialisten vorgetragen. Zusammenfassend kann man sie wie folgt umreißen:

Man will keine staatliche Superbank mit Unterabteilungen für die verschiedenen Regionen, Wirtschaftszweige und Aktivitäten. Die derzeitige „Bankenbürokratie" soll nicht durch eine „Staatsbürokratie", bei der Beamte die Banken verwalten, ersetzt werden. Auch in Zukunft sind Konkurrenzprozesse erforderlich. Bei der Überführung der Banken in Gemeineigentum — also Verstaatlichung im Sinne von „Vergesellschaftung" — seien zwei Voraussetzungen zu erfüllen: a) Exakte Zielvorgaben, z. B. über Ausmaß und Zusammensetzung der zu finanzierenden Investitionen. Sie bedingen eine „hinreichend durchformulierte gesellschaftliche Investitionsrahmenplanung", die unter Beteiligung der gesellschaftlichen Gruppen Prioritäten setzt. Man ist sich über die Schwächen einer derartigen Planung durchaus im klaren: „Alle Erfahrungen mit konkreten Wirtschaftssystemen zeigen jedoch, daß die zwangsweise Anbindung der Wirtschaftseinheiten — auch beispielsweise des gesamten Kreditbereichs — an eine zentrale Planungsbehörde erhebliche Nachteile im Hinblick auf Effizienz und Innovationsfähigkeit der Wirtschaft hätte. Deshalb ist es sinnvoll, dem Bankenbereich Autonomie und damit Fähigkeit zur selbständigen Initiative zu belassen.“ b) Gesellschaftliche Kontrolle. Sie ist im Hinblick auf die offenbare Schwäche der vorigen Voraussetzung besonders wichtig zur Verwirklichung der gesellschaftlichen Ziele. Sie erfolgt nicht durch die Staatsbürokratie, sondern parB lamentarisch durch „die Besetzung der Auf-sichts-und Wahlgremien der Banken durch Vertreter gesellschaftlicher Gruppen: Vertreter der staatlichen Sphäre, also von Parlament und Regierungen, Vertreter der Gewerkschaften und der Arbeitnehmer der Banken, Vertreter anderer Wirtschaftsbereiche und der -Spa rer“. Die gesellschaftlichen Gruppen sollen le-diglich über grundlegende Zielsetzungen befinden. Im Hinblick auf Detailentscheidungen sollen die Banken autonom bleiben und weiterhin selbständige Initiativen entwickeln.

Neben der generellen Notwendigkeit, im Rahmen einer zentralen staatlichen Investitionslenkung die Banken zu verstaatlichen (oder im Sinne der Jungsozialisten zu „vergesellschaften“), wird die Macht der privaten Banken — insbesondere der Großbanken — vor allem mit — den gebündelten Einflußmöglichkeiten auf die Wirtschaft durch Kreditvergabe, Mitgliedschaft in Emissionskonsortien, Beteiligungen, starke Vertretung in den Aufsichtsräten sowie durch das Vollmachtstimmrecht und — den Möglichkeiten von Interessenkonflikten (zwischen den Interessen des Unternehmens und des Publikums im Wertpapiergeschäft, zwischen den eigenen Interessen der Bank und denen der Publikumskundschaft im Wertpapiergeschäft, zwischen den Interessen des Einlagenbereichs und des Wertpapierbereichs)

begründet.

2. Die volkswirtschaftliche Schlüsselstellung der Banken

Kreditinstitute (= Banken) ..... Versicherungs-

Unternehmen ..... Bausparkassen :........ Ende 1972 1 060 112 62 Ende 1973 1 178 127 70 Ende 1974 1 297 142 77 Quelle: Monatsberichte der Deutschen Bundesbank, Oktober 1974, S. 12, 37, 52

Seit es Banken gibt, standen sie im Kreuzfeuer der Kritik der Öffentlichkeit. Ihre für die breite Masse schwer durchschaubaren Transaktionen und ihre „merkwürdige" Fähigkeit, Geld aus dem Nichts zu schaffen, begegneten schon immer viel Mißtrauen. Als eine der wichtigsten gesamtwirtschaftlichen Aufgaben eines Bankensystems in einer modernen arbeitsteiligen Wirtschaft kann die optimale Versorgung der Wirtschaft mit den erforderlichen Finanzierungsmitteln angesehen werden; hierbei sind insbesondere die Möglichkeiten der Einflußnahme der Banken auf die Aufbringung und Verwendung von Finanzierungsmitteln sowie auf die Erhaltung eines funktionsfähigen Kapitalmarktes zu berücksichtigen.

Einmal treten die Banken als Vermittler zwischen Kapitalanbietern und -nachfragern auf (Vermittlungsfunktion); ihre Funktion beschränkt sich jedoch nicht auf ein bloßes „Weitereichen" der Einlagen an Kreditnehmer, sondern liegt vielmehr darin, aufgrund der Einlagenbildung (und der Zahlungsgewohnheiten der Privaten) Kredite zu „schöpfen". Diese Kreditschöpfungsmöglichkeiten der Banken werden in allen entwickelten Ländern mittels des geld-und kreditpolitischen Instrumentariums der jeweiligen Notenbank kontrolliert. Die Transformationsfunktion der Kreditinstitute (= Banken) liegt darin begründet, daß sie die unterschiedlichen Vorstellungen und Wünsche der Kapitalanbieter und -nachfrager tendenziell ausgleichen. Je besser den Banken aufgrund ihrer besonderen Möglichkeiten (Spezialisierung, breite Risikostreuung, Staats-aufsicht etc.) die Transformation kleiner, liquider und weitgehend risikolos anzulegender Ersparnisse in große, vielfach längerfristig in Anspruch genommene, bis zu einem gewissen Grade stets risikobehafteter Kredite gelingt (Betrags-, Fristen-und Risikotransformation), um so wirksamer und quantitativ bedeutsamer wird der Finanzvermittlungsprozeß innerhalb einer Volkswirtschaft.

Gliedert man unsere Volkswirtschaft in Sektoren, so ist festzustellen, daß (Ende 1971) bei den privaten Haushalten 85 vH der Gesamtforderungen gegenüber dem finanziellen Sektor (Banken und Finanzintermediäre), allein 60 vH gegenüber den Banken bestehen; den Unternehmen der Anteil der Bankkredite allein schon mehr als 60 vH der gesamten Verbindlichkeiten ausmacht.

Schon daraus wird ersichtlich, daß die vom Unternehmenssektor benötigten Finanzierungsmittel überwiegend vom finanziellen Sektor zur Verfügung gestellt werden, während die privaten Haushalte ihre Ersparnisse überwiegend den finanziellen Institutionen anvertrauen.

Die zentrale Stellung im finanziellen Sektor der Bundesrepublik Deutschland nehmen dabei die Banken ein. Dies wird schon bei einem groben Vergleich der Finanzaktiva der wichtigsten finanziellen Institutionen in der Bundesrepublik klar:

Aktiva im finanziellen Sektor der Bundesrepublik Deutschland (in Mrd. DM)

Zusammenfassend können als die volkswirtschaftlichen Punktionen der Banken in der Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland angesehen werden — die Besorgung des Zahlungsverkehrs, — die Eröffnung von Finanzierungsmöglichkeiten und damit Mitwirkung an der Gestaltung des Finanzierungsspielraums der Wirtschaftssubjekte und schließlich — die Eröffnung von Geldanlagemöglichkeiten (Sicht-, Termin-und Spareinlagen, Effektenemissionen und Effektenkommissionsgeschäfte).

Als Hauptträger des Finanzierungsprozesses innerhalb der Wirtschaft nehmen die Banken — in der ganzen Welt — eine Sonderstellung ein, die aber wiederum ihre staatliche Beaufsichtigung und ihre direkte Abhängigkeit von den Maßnahmen der Notenbank zur Folge hat, So ist in der Bundesrepublik Deutschland — die Deutsche Bundesbank bemüht, mit ihrem kreditpolitischen Instrumentarium das Verhalten der Banken entscheidend zu beeinflussen; — das Bankenaufsichtsamt für das Kreditwesen gesetzlich verpflichtet, „Mißständen im Kreditwesen entgegenzuwirken"; es besitzt dazu umfangreiche Einsichtsund Einwirkungsmöglichkeiten; — das Bundeskartellamt um eine Mißbrauchsaufsicht bemüht.

3. Die Struktur des Bankwesens in der Bundesrepublik Deutschland

Bankengruppe Kreditbanken 3) 364 1 917 2 281 314 5 540 5 854 313 5 697 6010 + 156 + 3 Großbanken . 8 787 795 6 2 841 2 847 6 2 919 2 925 + 78 + 3 Regionalbanken und sonstige Kreditbanken 3) . 96 1020 1 116 119 2 357 2 476 121 2 426 2 547 + 71 + 3 Zweigstellen ausländischer Banken 4) ...

15 6 21 35 28 63 42 30 72 + 9 + 14 Privat-bankiers ’) .. 245 104 349 154 314 468 144 322 466 -2 0 Girozentralen 5) 14 191 205 12 350 362 12 347 359 -3 -1 Sparkassen ... 871 8 192 9 063 776 15 791 16 567 741 16 073 16 814 + 247 + 1 Zentralkassen •) 19 89 108 13 97 110 13 93 106 -4 -4 Kreditgenossenschaften 7) ........ 11 795 2 305 14 100 5 743 13 137 18 880 5 481 13 687 19168 + 288 + 2 Realkreditinstitute ............

Private Hypotheken-banken ........

Öffentlich-

rechtliche Grundkreditanstalten .... Teilzahlungskreditinstitute 3) Kreditinstitute mit Sonderaufgaben ............... Bausparkassen 8) ..........

Private Bausparkassen ..

öffentliche Bausparkassen .......... In der Monatlichen Bilanz-statistik nicht erfaßte Banken-gruppen ........... Kapitalgesellschaften ........

Wertpapier-sammelbanken ........ Bürgschaftsbanken und sonstige Kredit-institute ........ Kredit-Insti-

tute 44 25 19 194 16 42 5 7 30 1957 Bank-stellen Zweigstellen insgesamt 19 8 11 225 34 2 —— 1 1 — nach Bankengruppen — 63 33 30 50 44 5 8 31 Stand am Jahresende Kreditinsti-Bank-stellen Zweigstellen

insgesamt 43 28 15 419 165 18 18 15 3 88 33 8 47 1972 *) 26 18 8 409 28 8 8 1 1 — 69 46 23 574 163 46 26 23 '3 89 34 8 47 42 28 14 18 18 15 3 91 34 8 49 1973 1973 Veränderung der Zahl der Bank-stellen Zweigstellen gegen Vorjahr insgesamt Anzahl * 28 20 8 29 16 16 1 1 — Tabelle 1 70 + 1 + 1 48 + 2 + 4 22 -1 -4 422 585 + 11 + 2 47 + 1 + 2 34 + 8 + 31 31 + 8 + 35 3 92 + 3 + 3 35 + 1 + 3 8 49 + 2 + 4 Insgesamt........ 13 359 12 974 26 333 7 190 35 387 42 577 6 892 36 393 43 285 + 708 + 2 (Erläuterungen siehe Seite 8) Zahl der Kreditinstitute und ihrer Zweigstellen

Der Grundstein für die heutige Struktur der Kreditwirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland wurde im vergangenen Jahrhundert gelegt. Infolge des starken Partikula-rismus war anfangs der Privatbankier ein wichtiger Träger der Kreditwirtschaft. Daneben erlangten die Sparkassen eine nicht unbedeutende Stellung. Im Laufe der Industrialisierung entstanden seit Mitte des Jahrhunderts die Aktienbanken (Großbanken und große Regionalbanken) wie auch die Kreditgenossenschaften als Selbsthilfeeinrichtungen der Landwirtschaft und der gewerblichen Wirtschaft. Diese historische Entwicklung hat eine beträchtliche Vielfalt in der organisatorischen Struktur des deutschen Bankensystems geschaffen. Bei aller Vielfalt jedoch herrscht der Typ des universell ausgerichteten Kreditinstituts, die Universalbank, vor. In einem solchen „Universalbankensystem" betreiben die Banken grundsätzlich alle bankmäßigen Geschäfte. Diese sehr unterschiedlichen Aktivitäten umfassen neben dem traditionellen Einlagen-und Kreditgeschäft insbesondere das Emissionsgeschäft, den Wertpapierhandel und die Beteiligung an Unternehmen.

Das Bankensystem der Bundesrepublik Deutschland wird vor allem durch drei Bankengruppen mit unterschiedlichen geschäfts-politischen Zielsetzungen und unterschiedlichen Organisationsstrukturen geprägt: Wir haben 1.den Bereich der privaten Banken, erwerbs-wirtschaftlich orientiert mit der geschäftspolitischen Zielsetzung der Gewinnmaximierung; zu ihm gehören Großbanken, Regionalbanken und Privatbankiers;

2.den Bereich der Kreditgenossenschaften, dem Volks-und Raiffeisenbanken und ihre Zentralkassen angehören; dem Prinzip der Förderung ihrer Mitglieder verpflichtet;

3.den Bereich der Sparkassen und Landesbanken/Girozentralen als öffentlich-rechtliche Institute, in erster Linie aufgrund der gesetzlichen Regelungen aufgabenorientiert. Gemessen an der Zahl der Kreditinstitute (Tabelle 1) hat der Genossenschaftssektor ein starkes Übergewicht; er stellte zum Jahresende 1973 rund 61 vH aller Kreditinstitute. Es folgt mit großem Abstand der Sparkassenbe-reich (22, 5 vH). Auf die privaten Kreditinstitute insgesamt entfällt lediglich ein Anteil von 15, 6 vH; auf die privaten Kreditbanken gar nur ein Anteil von 9, 5 vH. Der hohe Anteil der genossenschaftlichen Institute ist auf die dezentrale Struktur des Genossenschaftssektors zurückzuführen. Nun ist jedoch die Zahl der Kreditinstitute kein Maßstab, um die Bedeutung der einzelnen Bankengruppe zu er-fassen. So hat sich die Zahl der Kreditinstitute seit 1957 nahezu halbiert, während parallel hierzu das Zweigstellennetz stark ausgebaut wurde. Steht beim zahlenmäßigen Rückgang der Kreditinstitute vor allem der Genossenschaftssektor im Vordergrund, ist die Zweigstellenexpansion entscheidend durch den privaten Kreditbankensektor (hier vor allem die Großbanken) hervorgerufen worden.

Wegen der sehr unterschiedlichen Größe der einzelnen Kreditinstitute (einschließlich Zweigstellen) kann die relative Bedeutung einer Bankengruppe auf keinen Fall am Anteil der auf sie entfallenden Kreditinstitute ermittelt werden. Ein aussagefähigeres Kriterium kann daher das Geschäftsvolumen (= Bilanzsumme) sein.

Tabelle 3 „Übersicht über die Kreditwirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland" gibt Aufschluß über den Anteil der einzelnen Gruppen an der Gesamtbilanzsumme aller Kreditinstitute. Aus dieser Darstellung läßt sich nicht die Behauptung einer „Übermacht" einer einzelnen Bankengruppe ablesen. Auf den ersten Blick erstaunlich ist, daß der Anteil der privaten Banken — entgegen einer weitverbreiteten Meinung — nur 34 vH ausmacht; darunter der Anteil der im Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik stehenden drei Großbanken (Deutsche Bank, Dresdner Bank, Commerzbank) mit (Erläuterungen zur Tabelle 1 von Seite 7)

’) Ohne Postscheck-und Postsparkassenämter. Außerdem ohne abwickelnde Kreditinstitute, die zur Monatlichen Bilanzstatistik noch während der Abwicklung des Geschäfts Meldungen einreichen, und ohne Annahmestellen, reine Wechselstuben, sog. Geschäftsvermittlungsstellen, Zweigbüros und Vertretungen, aber einschließlich der Sitze für die Geschäftstätigkeit verlagerter Kreditinstitute im Bundesgebiet sowie der juristischen Zweitsitze und weiterer Sitze von Kreditinstituten, sofern dort eine bankgeschäftliche Tätigkeit ausgeübt wird; solche Sitze werden als Zweigstellen erfaßt.

1) Ohne Bausparkassen.

s) Von 1972 an einschl.der rechtlich selbständigen Bausparkassen und ihrer Zweigstellen.

3) In der Monatlichen Bilanzstatistik sind bei den Teilzahlungskreditinstituten Ende 1972 und Ende 1973 weitere 7 Institute mit 240 bzw. 273 Zweigstellen erfaßt, von denen in dieser Zusammenstellung in Anpassung an das Verzeichnis der Kreditinstitute — Vordruck 1035 — Ausgabe 1972 — 3 Institute mit 236 bzw. 269 Zweigstellen in die Gruppe „Regionalbanken und sonstige Kreditbanken" und 4 Institute mit 4 Zweigstellen in die Gruppe „Privatbankiers“ umgruppiert wurden.

4) Die erste Zweigstelle einer ausländischen Bank im Bundesgebiet gilt nach § 53 Abs. 1 KWG als Kreditinstitut; weitere Zweigstellen werden als Zweigstellen erfaßt.

5) Einschl. Deutsche Girozentrale — Deutsche Kommunalbank — sowie der zahlreichen Zweigstellen der ehern. Braunschweigischen Staatsbank, die jetzt als Zweigstellen der Norddeutschen Landesbank Girozentrale weitergeführt werden.

•) Einschl. Deutsche Genossenschaftskasse und DZ-Bank Deutsche Zentralgenossenschaftsbank AG.

7) Einschl. sonstiger nicht in genossenschaftlicher Rechtsform betriebener Kreditinstitute, die dem Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e. V. angeschlossen sind. Bis Dezember 1971 wurden Kreditgenossenschaften (Schulze-Delitzsch) und (Raiffeisen) gesondert erfaßt und in den damaligen Publikationen auch getrennt gezeigt.

8) Seit Ende 1972 werden 15 private Bausparkassen mit ihren Zweigstellen und 3 rechtlich selbständige öffentliche Bausparkassen (in Baden, Württemberg und Hamburg) erfaßt. 9 (Ende 1972) bzw. 10 (Ende 1973) rechtlich unselbständige öffentliche Bausparkassen (Abteilungen oder Anstalten anderer öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute) mit 4 Zweigstellen werden nicht getrennt ausgewiesen.

Quelle: Monatsberichte der Deutschen Bundesbank, November 1974 9, 9 vH. Größeren Anteil hat dagegen die öffentliche Hand: auf sie entfallen 46 vH. Rechnet man hierzu sogar noch die Kredit-institute mit Sonderaufgaben, so kommt sie auf 53, 6 vH. Der Genossenschaftssektor kommt nur auf 12, 4 vH.

Nimmt man nur den eigentlichen Universalbankenbereich — die Spezialbanken verfügen in ihrer Gesamtheit über weniger als 25 vH des Geschäftsvolumens aller Banken —, so teilen sich den Rest — die privaten Banken mit ca. 25 Prozent, — der Genossenschaftssektor mit ca. 12 Prozent und — die Sparkassen und Girozentralen/Landes-

banken mit 40 Prozent.

Allerdings sagen die Anteile am gesamten Geschäftsvolumen nichts über die relative Dominanz bestimmter Bankengruppen in einzelnen Geschäftssparten, welche die Quelle übermächtiger Machtzusammenballung sein könnte, aus. So geht beispielsweise der ständige Hinweis der Großbanken auf ihren geringen Anteil am gesamten Kredit-und Einlagenbestand (vgl. Tabelle 4) ins Leere, weil ihr Übergewicht vor allem aus ihrer starken Stellung im Wertpapierbereich (Beteiligungen) herrührt. Dagegen kann man diesen Zahlen durchaus das nicht wer — und sollte übersehen -den — die sehr starke Stellung der öffentlich-rechtlichen ablesen, zudem Kreditinstitute die noch den Vorteil haben, daß der Sparkassen-bereich unter sich örtlich nicht konkurriert.

Schließlich ist generell vor einer Überschätzung des Aussagewertes des Geschäftsvolumens für die Bedeutung einer Bank zu warnen. Denn in diese Ziffern gehen kaum oder gar nicht folgende Dienstleistungsgeschäfte ein, bei denen die privaten Kreditbanken besonders stark sind:

1. Wertpapierkommissionsgeschäfte 2. Wertpapierkonsortialgeschäfte 3. Zahlungsverkehr 4. Auslandsverkehr Bevor die wichtigsten Machtaspekte im Zusammenhang mit der Verstaatlichungsforderung diskutiert werden, soll ein knapper Über-blick über die strukturellen Eigenarten der verschiedenen Bankgruppen gegeben werden:

Private Kreditbanken Die Gruppe der privaten Kreditbanken faßt sehr Heterogenes zusammen. Alle diese Banken gehören zum Typ der Universalbank. Während sich jedoch die Privatbankiers sowie die meisten kleinen Banken im Rahmen des Universalbankgeschäfts auf bestimmte Geschäftssparten konzentrieren, nehmen die Großbanken und großen Regionalbanken die gesamte Angebotspalette wahr, wobei neben dem Kreditgeschäft (mit besonders starker Stellung bei den kurzfristigen Krediten) dem Dienstleistungsgeschäft (Wertpapierhandel, Emissionen) Bedeutung zukommt.

Bei einem Anteil am gesamten Geschäftsvo-Jumen von knapp unter 26 vH. haben die privaten Kreditbanken am gesamten Kreditgeschäft mit Nichtbanken einen Anteil von ca. 23 vH, darunter an den kurzfristigen Krediten einen Anteil von knapp 50 vH, an den mittel-und langfristigen Krediten einen Anteil von ca. 14, 5 vH.

Die drei Großbanken vergeben bei einem Anteil von 9, 9 vH am gesamten Geschäftsvolumen knapp unter 10 vH der gesamten Kredite an Nichtbanken. An der Gesamtsumme der kurzfristigen Kredite haben sie einen Anteil von 18, 6 vH, an den mittel-und langfristigen Krediten einen Anteil von 6, 3 vH.

Die privaten Kreditbanken besitzen weiterhin am gesamten inländischen Wertpapierbestand der Kreditwirtschaft einen Anteil von ca. 22 vH, darunter die Großbanken einen Anteil von ca. 8 vH. Eine besonders starke Stellung der privaten Banken überhaupt oder der Großbanken im besonderen kann also weder bei der Kreditvergabe noch beim Wertpapierbestand festgestellt werden. Dieses Bild ändert sich jedoch, wenn man innerhalb des Wertpapierbestandes den Aktienbesitz gesondert betrachtet: Die privaten Banken besitzen 87 vH, darunter Großbanken allein 47 vH der gesamten in Bankenbesitz befindlichen deutschen Aktien. Der Anteil des Aktienbesitzes am gesamten Geschäftsvolumen ist allerdings unbedeutend: Er beträgt in der gesamten deutschen Kreditwirtschaft 0, 5 vH, bei den Großbanken 2, 3 vH. Der Aktienbesitz kann also nicht als eine dominierende oder auch nur besonders wichtige Geschäftssparte der Großbanken angesehen werden. Gleichwohl, in dem Maße, in dem der Aktienbesitz aus Mehrheiten oder qualifizierten Minderheitsbeteiligungen besteht, könnte er, insbesondere in Verbindung mit der Ausübung des Vollmacht(Depot-) stimmrechts, eine wichtige Machtquelle darstellen.

Zur Untemehmensbeteiligung durch Aktienbesitz kommen noch die Finanzbeteiligungen. Diese machen im Durchschnitt der Kreditwirt-schäft 0, 8 vH des Geschäftsvolumens aus, hingegen bei den privaten Kreditbanken 1, 6 vH, bei den Großbanken 1, 82 vH. Die privaten Kreditbanken besitzen 52 vH der Finanzbeteiligungen der Kreditwirtschaft, darunter die Großbanken allein 24 vH.

Bei Aktienbesitz und Finanzbeteiligungen ist also die Stellung der privaten Kreditbanken, insbesondere der Großbanken, im Vergleich zur übrigen Kreditwirtschaft besonders stark.

Sparkassen und Girozentralen Anfänglich beschränkt auf das Spargeschäft, insbesondere mit kleineren Sparern und auf langfristige Ausleihungen, haben sich die Sparkassen und ihre Girozentralen, die Landesbanken, seit Beginn des Jahrhunderts allmählich zu Universalbanken weiterentwickelt — eine Entwicklung, die in den letzten Jahren durch die Geschäftspolitik einiger Landesbanken noch forciert wurde. Die Geschäftsstruktur wird immer noch weitgehend durch die ursprüngliche Konzeption der Sparkassen mitbestimmt, wie sich insbesondere in der relativen Dominanz der langfristigen Kredite zeigt: Bei einem Anteil von 29 vH am gesamten Geschäftsvolumen vergeben die Sparkassen und Girozentralen knapp 40 vH der gesamten Kredite an Nichtbanken, darunter nur 24 vH der kurzfristigen, aber ca. 45 vH der mittel-und langfristigen Kredite. Ein sehr großer Teil der langfristigen Kredite besteht aus Hypothekendarlehen; auf diesem Sektor haben die Sparkassen einen Anteil von 47 vH. Mit 28 vH entspricht ihr Anteil am Wertpapierbestand der Kreditwirtschaft ungefähr ihrem Anteil am Geschäftsvolumen. Vom Aktienbesitz der deutschen Banken sind lediglich 9, 8 vH im Eigentum der Sparkassen und Girozentralen, die wiederum fast ausschließlich bei den Girozentralen konzentriert sind. Von den Finanzbeteiligungen gehören den Sparkassen und Girozentralen 32 vH.

Genossenschaftssektor (Zentralkassen und Genossenschaftsbanken)

Die Genossenschaftsbanken (Schulze-Delitzsch, Raiffeisen) und ihre Zentralkassen haben am Geschäftsvolumen der deutschen Kreditwirtschaft einen Anteil von 12, 4 vH. Circa 11 vH beträgt ihr Anteil an den Krediten an Nicht-banken, wobei sich die Raiffeisenbanken mehr auf die langfristigen Ausleihungen, hingegen die Kreditgenossenschaften Schulze-Delitzsch mehr auf die kurzfristigen Ausleihungen konzentrieren.

Private Hypothekenbanken Am Geschäftsvolumen der deutschen Kredit-wirtschaft haben die privaten Hypothekenbanken einen Anteil von 7, 1 vH. Ihre geschäftlichen Schwerpunkte liegen im Kommunalkredit und im Hypothekendarlehen. Die privaten Hypothekenbanken sind den privaten Kreditbanken in der Regel organisatorisch und in den Eigentumsverhältnissen zugeordnet.

Offentlich-rechtliche Grundkreditanstalten Mit einem Anteil am gesamten Geschäftsvolumen von 4, 7 vH ist die Bedeutung der öffentlich-rechtlichen Grundkreditanstalten nicht groß. Ihr Marktanteil ist zudem rückläufig.

T eilzahlungskreditinstitute Das deutsche Universalbanksystem hat verhindert, daß spezialisierte Teilzahlungskredit11 Institute in Deutschland eine ähnliche Bedeutung erlangen konnten wie in anderen Staaten. Angesichts eines Anteils am gesamten Ge-schäftsvolumen von 1, 2 vH ist ihre Bedeutung gering.

Kreditinstitute mit Sonderaufgaben Diese heterogen zusammengesetzte Gruppe hat am gesamten Geschäftsvolumen einen Anteil von 7, 6 vH. Sie umfaßt sowohl private als auch öffentlich-rechtliche Kreditinstitute, welche bestimmte Spezialfunktionen erfüllen. Zu den öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten mit Sonderaufgaben zählen etwa die Kreditanstalt für den Wiederaufbau, die Lastenausgleichsbank oder die Landwirtschaftliche Rentenbank.

Dieser kurze Überblick über Marktanteile und Geschäftsstrukturen im Bankwesen der Bundesrepublik Deutschland hat gezeigt, daß — ein eindeutiges Übergewicht einer bestimmten Gruppe (Ausnahme: Beteiligungs-und Aktienbesitz der privaten Banken, vor allem der Großbanken) nirgendwo besteht;

— trotz noch vorhandener Unterschiede in den Schwerpunkten der geschäftlichen Aktivitäten sich sowohl im privaten als auch im öffentlichen Bereich eine extrem ausgeprägte Universalierung herausgebildet hat; — die Frage, ob eine Bank in privater Hand ist oder öffentlich-rechtlichen Charakter hat, für die Geschäftspolitik nur noch von bedingter Bedeutung ist; — der zunehmenden Aufhebung früher üblicher Unterscheidungsmerkmale (Aktienbanken versus Sparkassen) einer Verstärkung des Wettbewerbs entspricht; — dieser Wettbewerb vor allem bei den privaten Kreditbanken stattfindet, die zum einen untereinander, aber auch mit den anderen Bankengruppen konkurrieren; dagegen konkurrieren die Institute des Sparkassen-und des Genossenschaftsbereichs im wesentlichen nur mit Instituten außerhalb der eigenen Gruppe. (Ein gruppeninterner Wettbewerb findet hier wegen der regionalen Aufteilung der Geschäftsbezirke kaum statt.)

Mögliche Quellen unkontrollierter, übermäßiger Machtausübung der privaten Banken wären also eher in bestimmten qualitativen Tatbeständen als in einer besonders hohen Konzentration von Marktanteilen zu suchen.

4. Zur Begründung der Bankenverstaatlichungsforderung im einzelnen

Tabelle 2 Großbanken ........................ Regionalbanken und sonstige Kreditbanken ... Sparkassen .......................... Kreditgenossenschaften .... alle übrigen zusammen .... Ende 1957 98 11 9 0 1 Ende 1972 471 20 20 2 3 Quelle: Errechnet aus Tab. 1. Die Zahlen sind auf-

bzw. abgerundet. Zweigstellen je Kreditinstitut

Kritik am Universalbanksystem Die Frage nach der Macht der Banken müßte eigentlich konkreter lauten; ob der Aktionsradius der Banken — auch unter Berücksichtigung der Sonderstellung, die sie von der Funktion her einnehmen — bei uns zu weit gespannt ist und/oder ob einige Institute so groß und mächtig geworden sind, daß sie allein oder zu wenigen eine beherrschende Stellung am Markt erlangt haben.

Im Gegensatz zu der in den angelsächsischen Staaten gesetzlich vorgeschriebenen (USA) oder traditionsgemäß eingehaltenen (Großbritannien) Trennung des Kredit-und Einlagengeschäftes einerseits und des Wertpapiergeschäftes mit Kunden und des Haltens eigener Industriebeteiligungen andererseits ist in Kontinentaleuropa die Zusammenfassung dieser beiden Sparten zugelassen. In keinem Land der Welt ist das Universalbankensystem so weit ausgeufert wie in der Bundesrepublik Deutschland (vgl. „Überblick: Universalbankensystem in wichtigen Ländern"). Während in der Bundesrepublik Deutschland die ungehemmte Ausdehnung des Geschäftsbereichs der Universalbanken (nach dem Motto: Alles unter einem Dachl) bereits — vor allem politische — Gegenkräfte hervorgerufen hat, ist in den Staaten mit „Trennsystem" das Bestreben der Banken erkennbar, ihren Geschäftsbereich zu erweitern. Allerdings kann keine Rede davonsein, daß die Behörden dort an die Zulassung von Universalbanken deutschen Zuschnitts denken mit dem Recht zum Börsenhandel, großen Industriebeteiligungen und Depotstimmrecht.

Die Vor-und Nachteile des Universalbankensystems, wie es sich in der Bundesrepublik Deutschland zuerst vor allem bei den privaten Großbanken und erst später bei den öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten herausgebildet hat, müssen unter betriebswirtschaftlichen und — nur diese stehen im Zentrum der Verstaatlichungsdebatte — gesellschaftspolitischen Gesichtspunkten gesehen werden. Die betriebswirtschaftlichen Vorteile sind offensichtlich: Durch die Vereinigung der unter-schiedlichen Bankgeschäfte ist ein personal-und kostenmäßiger Ausgleich zwischen den einzelnen Sparten möglich (anders wäre die hohe Zweigstellendichte nicht wirtschaftlich!). Die Kundschaft kann alle ihre bankmäßigen Geschäfte in einem Haus abwickeln und hat daher auch Kostenvorteile.

Gleichzeitig verschärft die universale Angebotspalette den Wettbewerb zwischen den Banken, während dieser bei einer Spezialisierung notwendigerweise abnehmen würde. Die große Zweigstellendichte der Universalbanken verbessert den Absatz von Rentenpapieren. Die durch die Universalierung bewirkte Risikostreuung ist ebenfalls positiv zu bewerten, weil sie die Krisenanfälligkeit des Kredit-gewerbes verringert und die Fähigkeit erhöht, Unternehmenskrisen im Nichtbankensektor zu bewältigen.

Beträchtliche Nachteile dieses Systems, insbesondere in gesellschaftspolitischer Sicht, sind ebenfalls offensichtlich: So eröffnet die theoretisch denkbare konzentrierte Nutzung verschiedener Bankaktivitäten, beispielsweise eine Mehrheitsoder Schachtelbeteiligung an einem Unternehmen, Depotstimmrecht für einen großen Teil der Aktien dieses Unternehmens, Besetzung von Aufsichtsratspositionen im selben Unternehmen, Kreditvergabe an dieses Unternehmen, eventuell noch Emission einer Anleihe dieses Unternehmens verbunden mit einer gezielten, dieses Unternehmen begünstigenden Anlageberatung, beträchtliche Möglichkeiten der wirtschaftlichen Einflußnahme, welche die mit der Kreditvergabe verbundene legitime Einflußnahme auf den Kreditnehmer unter Wahrung der Interessen der Einleger und anderer Kreditnehmer durchaus überschreiten kann.

Weiterhin sind auf Grund des Universalbank-Systems zahlreiche Konflikte zwischen den Interessen von Kunden und Bank möglich, die häufig zu Lasten der Kunden gelöst werden. Da — wie schon beschrieben — beim deutschen Typ der Universalbank Kredit-und Einlagengeschäft einerseits und das Wertpapiergeschäft und Halten von Industriebeteiligungen andererseits in einem Haus betrieben werden, sind folgende Konfliktfälle denkbar: 1. Das Interesse der Bank am Einlagengeschäft (Liquidität) kann dem Interesse des Sparers am Wertpapiergeschäft entgegenstehen. Ob eine Bank in Zeiten angespannter Liquidität immer wertfrei berät, erscheint zweifelhaft. 2. Das Interesse der Bank an Kreditgeschäften steht im Widerstreit mit dem Interesse der Bank am Emissionsgeschäft. 3. Wie selbstlos berät eine Bank ihre Kunden bei Kauf oder Verkauf von Aktien von Gesellschaften, an denen sie auf Grund von Beteiligungen oder Kreditgeschäften ein Eigeninteresse hat? 4. Beim Depotstimmrecht wird die Bank im Zweifel die Interessen des Unternehmens, das ihr Kunde ist oder werden soll, vor die Interessen der Publikumskundschaft setzen. Bei genauer Prüfung wird erkennbar, daß die Vorteile des Universalbankensystems sich bei allen, die Nachteile aber nur bei einigen Banken zeigen. Sowohl von Machtzusammenbal-lungen als auch von ernsthaften Interessen-konflikten kann man nur bei denjenigen bedeutenden Banken sprechen, die größere Industriebeteiligungen halten, gleichzeitig große Mengen von Depotstimmen geltend machen, an der Börse einen wesentlichen Einfluß ausüben und stark in den Aufsichtsräten vertreten sind. Diese gebündelten Aktivitäten treten jedoch nur bei den privaten Groß-und Regionalbanken, den Landesbanken und allenfalls noch bei den größten Privatbankiers auf. Macht der Banken bedeutet also nicht Macht aller Kreditinstitute, sondern bedeutet die Anhäufung von Einwirkungsmöglichkeiten durch einige Großinstitute'unter Ausnutzung aller Möglichkeiten des bei uns praktisch uneingeschränkt geltenden Universalbankensystems. Im folgenden sollen daher die immer wieder angeführten Einwirkungskanäle dargestellt und daraufhin überprüft werden, ob möglichem Machtmißbrauch — falls feststellbar — durch Ein-und Beschränkung unter Festhalten am Universalbankensystem oder durch Verstaatlichung zu begegnen ist.

Kritik an den Beteiligungen der Banken Kritik an einer Verflechtung zwischen Banken und Nichtbankenwirtschaft wird seit langem im Zusammenhang mit Bankbeteiligungen an Industrie-und Handelsunternehmen laut. Diese Beteiligungen, deren Kurswert Ende 1969 mit 7 vH (= 7, 8 Mrd. DM) des Kurs-wertes aller börsennotierten Industrie-und Handelsunternehmen zu beziffern ist, müssen unter Berücksichtigung des Tatbestandes, daß — diese 7 vH ungefähr ein Drittel bis ein Viertel der vom Publikum gehaltenen insgesamt Aktienbestände ausmachen, — die Banken überwiegend „erstklassige“ Unternehmen besitzen (vgl. Tabelle 5 „Die mehr als 25 vH betragenden Beteiligungen der Großbanken an Industrieunternehmen"), und — dieser Bestand sich bei den privaten Kreditbanken konzentriert (vgl. Tabelle 3), zweifellos als gefährlich hoch angesehen werden. Da die Bundesrepublik Deutschland neben der Schweiz das einzige Land ist, in dem der Aktienbesitz von Banken weder verboten (wie z. B. in den USA, in Japan und Belgien) noch wirksam begrenzt (z. B. in Frankreich und Großbritannien) ist, kann diese Entwicklung niemanden verwundern. Zwar findet man im Kreditwesengesetz § 12 eine Beteiligungsbeschränkung (Anlagen in Grundstücken, Gebäuden, Schiffen und Beteiligungen dürfen das Eigenkapital nicht überschreiten), doch enthält der Posten Beteiligungen nur die Finanz-beteiligungen, so daß diese Beschränkung für die Industrie-und Handelsbeteiligungen, die in den Bankbilanzen im Posten Wertpapiere untergebracht werden, unwirksam ist. Der Posten Wertpapiere enthält z. B. bei den drei Großbanken und der Bayerischen Hypotheken-und Wechselbank im Schnitt der letzten drei Jahre Pakete von 10 vH und darüber in folgendem Ausmaß:

Einen Überblick über die bekannten Nichtbankenbeteiligungen der drei Großbanken vermittelt Tabelle 5.

Es ist durchaus eine begründete Vermutung, wenn man davon ausgeht, daß inzwischen auch die großen öffentlich-rechtlichen Landesbanken (vor allem Norddeutsche Landesbank, Westdeutsche Landesbank, Hessische Landes-bank) beträchtliche Beteiligungen erworben haben. Vor allem an dieser Beteiligungspolitik, mit der sie ein engmaschiges Netz von Einfluß über unsere Wirtschaft geworfen haben, entzündet sich eine heftige Kritik an den Banken. Neben dem allgemeinen Problem des Machtmißbrauchs werden folgende Argumente gegen den Beteiligungsbesitz der Banken an Nichtbanken angeführt: — In einer langandauernden wirtschaftlichen Krise sind die Banken aufgrund ihres Beteiligungsbesitzes an Industrieunternehmen doppelt verwundbar, da dann die Erträge aus Beteiligungen und aus dem Kreditgeschäft ausbleiben bzw. sich hohe Verluste in beiden Geschäftssparten ergeben können. Dieses Argument hat beispielsweise in Belgien 1934 wesentlich zur Ausgliederung des Beteiligungsbesitzes der Banken beigetragen. — Beim Bestehen größerer Bankenpakete sind Fusionen leichter durchführbar als bei Streubesitz. Dies verstärkt die ohnehin bestehenden Konzentrationstendenzen in der Wirtschaft und führt zu einer weiteren Schwächung des Wettbewerbs. Damit verschärft sich auch das Problem der Inflation und der Stagflation, da die Instrumente einer gesamtwirtschaftlichen Nachfragesteuerung über Geld-und Fiskalpolitik bei fehlendem Wettbewerb nicht mehr greifen. (Die Unternehmen erhöhen die Preise trotz rückläufiger Nachfrage I)

— Da durch die Bankenbeteiligungen ein relativ hoher Anteil der börsennotierten Aktien in festen Händen liegt und wegen des Schachtel-privilegs nur paketweise und außerhalb der Börse gehandelt wird, ist die Funktionsfähig-keit des Aktienmarktes beeinträchtigt. Der Markt wird zu eng. Es kommt auch bei leichten Ungleichgewichten von Angebot und Nachfrage zu starken Kursausschlägen. — Die Banken könnten durch ihr Effekteneigengeschäft das Geschehen an der Börse wesentlich beeinflussen und auf diese Weise zum Nachteil ihrer Kunden hohe Gewinne einstreichen. Die Banken beeinflussen die Kursentwicklung, wenn und soweit sie Aufträge ihrer Kunden nicht über die Börse leiten. Eine Großbank, die Kaufaufträge ihrer Kunden aus ihren eigenen Aktfenbeständen erfüllt, während sie Verkaufsaufträge in vollem Umfang an die Börse weitergibt, drückt den Kurs, so daß sie ein eventuell begehrtes Aktienpaket billig erwerben kann. Auch die 1 umgekehrte Situation (nur Kaufaufträge der Kunden werden an die Börse weitergeleitet) mit steigenden Kursen kann Gewinnchancen für die Banken bieten. — Interessenkollisionen zwischen dem Effekteneigengeschäft der Banken und der Anlageberatung der Kunden sind möglich. Hierzu einige Beispiele: a) Eine Bank versucht durch gezielte Anlageberatung ihre Kunden zum Verkauf einer bestimmten Aktie zu bewegen, um so unbemerkt relativ billig ein Aktienpaket aufzukaufen. In einem der bisher bekanntgewordenen Fälle („Oberförster Bonse") hat ein Kunde geklagt, weil ihm seine Bank 1953 telefonisch geraten hatte, seine Daimler-Aktien abzustoßen und dafür Lanz-Aktien zu erwerben. Da die Daimler-Aktien stark gestiegen seien, die Lanz-Aktien hingegen nicht, habe sein Aktienbesitz jetzt nur einen Kurswert von DM 5 000, — statt DM 400 000, —. Die Klage wurde abgewiesen, weil der Nachweis nicht erbracht werden konnte, daß die Bank ihre Kundenberatung einheitlich lenkte und die Absicht verfolgte, einen für sie günstigen Aktientausch zu erzielen. b) Ebenso kann in der Anlageberatung versucht werden, die Aktien von Unternehmen, an denen die Bank beteiligt ist oder in deren Aufsichtsrat ein Vorstandsmitglied der Bank sitzt, unterzubringen.

Manipulationen und Interessenkollisionen sind nicht nur im Massengeschäft möglich. Ähnliche Probleme bestehen auch im Pakethandel, wenn z. B. Bankenvertreter über ihre Aufsichtsratsmandate sowohl auf der Käufer-als auch auf der Verkäuferseite stehen (Gelsenberg — RWE — Fall 1969). Es ist zwar bisher noch keinem Außenstehenden gelungen, derartige Praktiken insbesondere vor Gericht nachzuweisen, doch kann man m. E. dieses Argument nicht von der Hand weisen.

Zur Rechtfertigung des Beteiligungsbesitzes der Banken werden eine Reihe von Argumenten ins Feld geführt, die hier der Vollständigkeit halber angeführt und kritisch beleuchtet werden sollen. — Viele Beteiligungen der Banken an Nicht-bankenunternehmen seien nicht freiwillig erworben worden, sondern a) bei der Konsolidierung notleidend gewordener Kreditengagements, b) bei mißglückten Aktienemissionen, c) durch Kurspflege der durch die Bank emi-tierten Aktien.

Hier ist anzumerken, daß gerade die wichtigsten und wertvollsten Beteiligungen der Banken nicht bei solchen Aktionen in den Besitz der Banken gelangt sind.

— Der Wettbewerb in der Kreditwirtschaft verhindere ohnehin eine mißbräuchliche Ausübung des Bankeneinflusses auf die Beteiligungsunternehmen und eine eigennützige Kundenberatung.

— Oft seien Beteiligungen aus nationalem oder europäischem Interesse erworben worden, um eine Überfremdung der Volkswirtschaft zu verhindern. Nur die Großbanken verfügten über das hierzu notwendige finanB zielle Potential. Aus diesem Grund sei es auch nicht möglich, diese Beteiligungen wieder abzustoßen. — Der Erwerb von Beteiligungen sei als Ergänzung des allgemeinen Bankgeschäfts notwendig. Beteiligungen dienten der Vertiefung der Geschäftsbeziehungen und ermöglichten eine intensivere Beratung der Kunden. Beteiligungen trügen weiter zu einer Stabilisierung der Ertragsrechnung bei. Der Erwerb von Beteiligungen sei also nur ein normaler Prozeß der Diversifizierung. Dieses Argument ist insgesamt nicht sehr überzeugend. „Vertiefung der Geschäftsbeziehungen" und „Intensivierung der Beratung“ sind im Grunde nur Umschreibungen für die Einflußnahme auf unternehmenspolitische Entscheidungen. Eine Beteiligung ist nicht notwendig, um die für eine Kreditvergabe erforderlichen Informationen zu erhalten, da Kreditinstitute nach § 18 KWG ohnehin dazu verpflichtet sind, bei Krediten über DM 20 000, — eine Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers zu verlangen. Ob Beteiligungen tatsächlich zu einer Stabilisierung der Ertragsrechnung beitragen, ist dagegen fraglich, da in Zeiten schlechter Geschäftsentwicklung im Kreditgeschäft — wenn z. B. eine erhöhte Zahl von Krediten notleidend wird — auch die Gewinne der Unternehmen stark zurückgehen und Kurs-rückgänge an der Börse einen erhöhten Abschreibungsbedarf mit sich bringen.

Bei den Beteiligungen scheint also eine Begrenzung dringend geboten. Unbedenklich ist nur der sogenannte Pakethandel, d. h. die kurz-und mittelfristige Übernahme Abgabe und von Paketen. Abzulehnen ist dagegen das jahrzehntelange Halten von Paketen zahlreicher erstklassiger Werte, weil dies zu einer Behinderung des Wettbewerbs bei Krediten und zu unnötigen Fusionen führt, den Umlauf guter Aktien verhindert, die Macht einiger großer Kreditinstitute und die ohnehin aus dem Gegensatz Kreditgeschäft/Wertpapiergeschäft resultierenden Interessenkonflikte verstärkt. Folgende einschneidende Änderungen sind notwendig und möglich (z. T. in alternativer Form): 1-Jeder Aktienbesitz von mindestens 10 " Io gilt als Beteiligung, so daß die Begrenzung des § 12 KWG besser greift.

2-Auch Kredite an Unternehmen, an denen eine Schachtelbeteiligung besteht, müssen nach § 12 KWG durch das Eigenkapital gedeckt werden. 3. Beteiligungen bis X-°/o zulässig, bis Y-’/o nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde zulässig, über Y-°/o verboten (Vorschlag zur EG-Harmonisierung des Bankrechts, wobei aber noch keine präzisen Zahlen genannt sind!). 4. Während die bisherigen Vorschläge nur auf eine Kontrolle und Regulierung des Beteiligungsbesitzes hinzielen, sollte auch eine vollständige Trennung zwischen Bankgeschäft und Beteiligungsbesitz diskutiert werden. Dabei könnten die Beteiligungen in besonderen Aktiengesellschaften (closed-end-InvestmentGesellschaften) zusammengefaßt und deren Aktien den Bankaktionären ausgehändigt werden. Für Nichtaktienbanken ist eine angemessene Lösung zu finden. Dies hat allerdings nur Sinn, wenn es gelingt, Überkreuzverflechtungen zwischen den Kreditbanken und den Beteiligungsgesellschaften zu verhindern, sei es in den Besitzverhältnissen, sei es personell bei der Besetzung der Vorstände und Aufsichtsräte. Dies bedürfte der ständigen Überwachung durch eine Aufsichtsbehörde in Verbindung mit entsprechenden vom Gesetzgeber zu schaffenden Eingriffskompetenzen. (Diese könnten vom Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen übernommen werden.)

Die obigen Vorschläge zielen auf eine Kontrolle des Dauerbesitzes von Beteiligungen. Es wäre weiterhin zu prüfen, ob und inwieweit der Handel mit Aktienpaketen einer Beschränkung zu unterwerfen ist. Eine operationale Trennung zwischen der Aktienhaltung zum Zwecke des Handels und zum Zwecke des langfristigen Besitzes wäre hier zumindest vonnöten, gewisser etwa durch die Setzung Fristen.

Eine Quelle möglicher Einflußnahme bilden auch die Investmentfonds der Banken. Zwar dürfen alle von einer Kapitalanlagegesellschaft verwalteten Wertpapier-Sondervermögen insgesamt nicht mehr als 5 °/o des Aktienkapitals einer Gesellschaft erwerben. Andererseits ist die Kapitalanlagegesellschaft für das in ihren Wertpapier-Sondervermögen enthaltene Aktienkapital voll stimmberechtigt. Es sind Fälle denkbar, in denen der Aktienbesitz des Investmentfonds einer Bank trotz gesetzlich beschränkten Anteils an einer bestimmten Gesellschaft das entscheidende „Zünglein an der Waage'bildet. Hier müssen institutioneile Regelungen gefunden werden, die bei der Beschränkung der Beteiligungen der Banken auch die Wertpapierbestände der im Bankenbesitz befindlichen Investmentfonds einzubeziehen. Kritik am Vollmacht-oder Depotstimmrecht Der Vorwurf der unkontrollierten MachtausÜbung der Banken entzündet sich auch an dem Tatbestand, daß Banken über die Stimmrechte der in ihrem Depot befindlichen Kundenaktien in den Hauptversammlungen von nicht wenigen Aktiengesellschaften Mehrheiten besitzen (und damit die Möglichkeit zur Durchsetzung der Verwaltungsanträge zum Nachteil — vor allem — der Kleinaktionäre). Nun existiert die alte Form des Depotstimmrechts, wonach schon vor Jahrzehnten die Banken diese Stimmrechte durch die Bestimmung in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen usurpierten, daß sie diese mangels ausdrücklicher Weisung für alle in ihrem Depot liegenden Kundenaktien ausüben dürfe, nicht mehr. Heute darf eine Bank nur unter folgenden Voraussetzungen das Stimmrecht für die in ihrem Depot befindlichen Aktien ausüben (§§ 128, 135 AktG):

— Eine Bank darf einen Aktionär nur auf Grund einer schriftlichen Vollmacht auf einer Hauptversammlung vertreten; diese Vollmacht gilt längstens fünfzehn Monate und ist jederzeit widerruflich.

— Die Bank hat ihren Depotkunden rechtzeitig vor der Einberufung von Hauptversammlungen die Verwaltungsvorschläge sowie eventuelle Gegenanträge mitzuteilen. Zusätzlich muß die Bank den Depotkunden ihre eigenen Vorschläge für die Ausübung des Stimmrechts zu den einzelnen vorgegebenen Gegenständen der Tagesordnung mitteilen.

— Jeder Depotkunde kann bei — von den Bankvorschlägen — abweichender Meinung die Bank beauftragen, seine eigene Meinung an die Hauptversammlung der entsprechenden Gesellschaft weiterzuleiten.

— In ihren eigenen Hauptversammlungen dürfen bevollmächtigte Banken dieses Stimmrecht nur ausüben, soweit der Aktionär eine ausdrückliche Weisung zu den einzelnen Tagesordnungspunkten erteilt hat

Nach der Konzentrations-Enquete (1964) hatten 343 Kreditinstitute (davon 311; private Kreditbanken und 32 Zentralinstitute des Sparkassen-und Genossenschaftssektors) in den Hauptversammlungen von 425 börsennotierten Gesellschaften durchschnittlich 49, 3 °/o der Stimmen, wobei 41, 2% Depot-stimmrechte und 8, 1 % Eigenstimmrechte waren. 70 % der von den privaten Kreditbanken vertretenen Stimmen entfielen auf die drei Großbanken, in deren Kundendepots insgesamt 55 % der von den Banken verwalteten Aktien ruhten. Diese Verhältnisse werden sich m. E. heute nur in einem Punkt geändert haben: Gegenüber 1964 (als die Stimmenvertretung durch Sparkassen und Genossenschaftsinstitute als insgesamt gering bezeichnet wurde) dürfte durch die inzwischen breiter gewordene Masse von Kleinaktionären — ein typischer Kundenkreis des Sparkassensektors — ein recht großer Anteil des Depot-stimmrechts von staatlichen Banken (Sparkassen und Landesbanken/Girozentralen) ausgeübt werden. Genaue empirische Daten liegen hierzu z. Z. noch nicht vor!

Zur Bewertung des gegenwärtigen Depotstimmrechtssystems: Als positiv wird die eingehende Unterrichtung der Aktionäre und die hohen Präsenzen in den Hauptversammlungen angeführt. Als negativ wird die Beherrschung der Hauptversammlungen (i. d. R. reichen hierzu 40 °/o der kumulierten Depot-und Eigen-stimmrechte) wichtiger Publikumsgesellschaften durch die Banken, regelmäßige Zustimmung der Bankenmehrheit zu den Verwaltungsvorschlägen, Mehrung der Macht einiger — staatlich und privater — Banken und erleichterte Erlangung von Aufsichtsratssitzen erwähnt.

Festzuhalten ist, daß diese dominierende Stellung der Banken auf den Hauptversammlungen der bedeutendsten Aktiengesellschaften ein nicht zu unterschätzendes Machtpotential darstellt. Dabei sollte jedoch nicht übersehen werden, daß die das Depotstimmrecht beschränkenden Bedingungen deswegen in der Praxis kaum Bedeutung erlangten, weil der überwiegende Teil der Kleinaktionäre aus den verschiedensten Gründen hinsichtlich seiner ihm vom Gesetz ermöglichten Weisungsrechte Abstinenz übte. Insofern ergibt sich die aus dem Depotstimmrecht ableitbare Macht der Banken aus der Passivität der Kleinaktionäre. Geht man davon aus, daß in zentralen Fragen, wie z. B.der Gewinnverwendung, die Interessen der Kleinaktionäre und der Verwaltung des Unternehmens entgegengesetzt sind, berücksichtigt man weiter die Tatsache, daß die Banken in der Regel vorschlagen, den Vorschlägen der Verwaltung zuzustimmen, so kann man nicht von der Hand weisen, daß das Depot-Stimmrecht in der gegenwärtigen Form nicht im Interesse der Kleinaktionäre funktioniert. Da die meisten Kleinaktionäre nicht über die notwendigen Fachkenntnisse und Informationen zur Beurteilung der VerB waltungsvorschläge verfügen, werden sie kaum eigene Weisungen erteilen können. Mit der Reform des Aktienrechts 1965 wurden den Banken allerdings Beschränkungen bei der Ausübung des Stimmrechts für ihre Depot-kunden in der eigenen Hauptversammlung auferlegt. Nach § 135 Abs. 2 S. 2 AktG darf ein Kreditinstitut das Stimmrecht in der eigenen Hauptversammlung auf Grund einer Vollmacht des Aktionärs nur dann ausüben, wenn eine ausdrückliche Weisung des Aktionärs zu den einzelnen Gegenständen der Tagesordnung vorliegt. Doch kann die Weisung für alle Tagesordnungspunkte einheitlich in der Formulierung „nach den Vorschlägen der Verwaltung" erteilt werden (Godin— Wilhelmi, Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Auflage, Anmerkung 8 zu § 135 AktG). Es kann also davon ausgegangen werden, daß die angesprochenen Kreditinstitute die Anschreiben an ihre Depot-kunden, die sie auf der eigenen Hauptversammlung vertreten werden, so abfassen, daß der Aktionär bei Inaktivität und geringem Informationsstand der Bank die Weisung erteilt, den Vorschlägen der Verwaltung zuzustimmen.

Zur Zusammensetzung des Aufsichtsrats der drei Großbanken bemerkt der Konzentrationsbericht, daß die Aufsichtsratsvorsitzenden und die Mehrzahl der zu den Aufsichtsratspräsidien gehörenden Personen frühere Vorstandsmitglieder der betreffenden Institute sind. Die übrigen Mitglieder sind im wesentlichen Vertreter von Großunternehmen, so daß eine personelle Rückverflechtung zwischen den Banken und der übrigen Wirtschaft gegeben ist. Eine wirksame Kontrolle der Bankenvorstände durch Aufsichtsrat und Hauptversammlung ist angesichts des breiten Aktionärskreises der Großbanken und der Zusammensetzung des Aufsichtsrates nicht möglich. Das Gros der Depotkunden betraut nach wie vor ihre Bank mit der Vertretung ihres Stimmrechts, ohne ihr Weisungen zu geben, so daß diese das Stimmrecht faktisch wie zuvor nach ihrem Ermessen ausüben kann. Bei den großen deutschen Publikumsgesell-schäften (deren Aktien breit gestreut sind) wie Farben Bayer, Farben Hoechst und BASF verfügten die Banken im Jahr 1972 über rund 90°/der in der Hauptversammlung anwesenden Stimmen. Dabei entfielen allein auf die drei privaten Großbanken rund zwei Drittel der von Banken ausgeübten Depotstimmen.

Als vordergründig müssen die oben genannten Vorteile des augenblicklichen Systems bezeichnet werden: Die Unterrichtung der Kunden könnte auch anders gesichert werden, die Präsenz ist nur scheinbar (wie leicht hätte es eine Regierung, der die Stimmen der Nicht-wähler von befreundeter Seite zugeführt würden!). Vertreter der privaten Banken (Christians, Ponto), der ständigen Angriffe müde, haben mehrfach erklärt, daß sie nicht am Depotstimmrecht „kleben", wobei sie natürlich wissen, daß eine neue Regelung nicht einfach wäre (zumal die ausländischen Regelungen auch keine sinnvolle Lösung für uns darstellen).

Eine, vollständige Beseitigung des Depot-Stimmrechts bzw. Vollmacht-Stimmrechts kommt sicher nicht in Frage, da dies sehr niedrige Repräsentanzen in den Hauptversammlungen der großen Publikumsgesellschaften zur Folge hätte und häufig zu Zufallsmehrheiten bei wichtigen Entscheidungen führen muß. Es wäre möglich, bereits mit einem sehr kleinen Aktienpaket maßgeblichen Einfluß auf die Geschäftspolitik der Unternehmen auszuüben.

Folgende Möglichkeiten zur Verstopfung bzw. Reduzierung dieser Machtquelle werden diskutiert: — die 1965 im Bundestag abgelehnte Regierungsvorlage, welche vorschlug, daß das Kreditinstitut vor jeder Hauptversammlung eine explizite schriftliche Weisung des Aktionärs zur Stimmabgabe einholen muß (hier erscheint jedoch Skepsis angebracht: eine möglicherweise hierdurch bewirkte Stimmenthaltung eines großen Teils der Kleinaktionäre könnte den Großaktionären, darunter auch den Banken, neue Macht zufließen lassen), — eine gesetzliche Beschränkung des Stimmanteils, den eine Bank durch Eigenstimmen und Depotstimmrecht ausüben darf, auf einen bestimmten Prozentsatz, der unter 25 0/o liegen sollte, — die Gründung von gesonderten Aktiendepotorganisationen, welche öffentlich-rechtlicher Kontrolle unterliegen und als einzige delegierte Stimmrechte ausüben dürfen, was gleichzeitig ein Verbot des Depotstimmrechts der Banken bedeutet.

Für den Aktionär würde sich in diesem Fall gar nicht viel ändern. Statt an eine Bank, würde er sein Stimmrecht an einen öifentlich bestellten Treuhänder delegieren. Der Bestellungsmodus und die Position der Vorstände solcher Aktiendepotorganisationen wäre aller-19 dings institutionell besonders sorgfältig zu regeln, damit weder der Staat noch irgendeine gesellschaftliche Gruppe die Möglichkeit einseitiger Einflußnahme erhält. Die Unabhängigkeit der Treuhänder muß gewahrt werden. Da eine Finanzierung der Kosten dieser Institutionen über Steuern politisch sicher nicht vertretbar ist, müßten sie den Aktionären, die sich vertreten lassen, entsprechende Gebühren in Rechnung stellen. Ein Betrag von 0, 5 bis 1 °/o des Kurswertes dürfte hier sicherlich ausreichend sein.

In welcher Form auch immer die dringende Reform der Stimmrechtsausübung realisiert wird, eine Bankenverstaatlichung vermag das zugrunde liegende Problem nicht zu lösen (abgesehen davon, daß ein nicht geringer Teil des Depotstimmrechts heute bereits von staatlichen Banken wahrgenommen wird).

Kritik an der Aufsichtsratspräsens der Bankenvertreter Die These von der Macht und dem Machtmißbrauch der Banken wird auch mit personellen Verflechtungen zwischen Banken und Unternehmen aus Industrie und Handel begründet. Wie schon beim Depotstimmrecht sind offizielle Daten über die Aufsichtsratspräsenz der Bankenvertreter nur in der Konzentrations-Enquete enthalten. Nadi diesen Angaben hatten im Jahre 1960 100 Banken bei 445 börsennotierten Aktiengesellschaften außerhalb des Bankbereichs 795 Aufsichtsratsmandate von insgesamt 3 014 (ohne Arbeitnehmervertreter), d. h. 26, 4 °/o; dabei entfielen auf 11 private Kreditbanken 75 °/o, auf die drei Großbanken 52 % der Mandate. Neuere Untersuchungen liegen nicht vor; doch kann man davon ausgehen, daß die Verhältnisse — allerdings auch hier mit der Einschränkung, daß sich der Anteil der Landesbanken/Girozentralen in den Industrieaufsichtsräten vermutlich nicht unwesentlich erhöht hat — strukturell gleichgeblie-ben sind. Der Konzentrations-Enquete ist leider nicht zu entnehmen, inwieweit und unter welchen Umständen die Bankenvertreter einen beherrschenden Einfluß in den Aufsichtsräten ausüben. Der Spekulation ist hier viel Raum gegeben. Eine Analyse dieses Einflusses ist dringend geboten.

Die 1965 erfolgte Revision des Aktiengesetzes (§ 100) beschränkte die Zahl der Aufsichtsratsmandate für den einzelnen, nicht jedoch für das jeweilige Institut: 1. Jeder darf höchstens 10 Aufsichtsratsmandate innehaben.

2. Der Vorstand eines abhängigen Unternehmens darf nicht Aufsichtsratsmitglied der Mutter sein.

3. Verbot der Uberkreuzüberwachung.

Auch nach dieser Begrenzung der Kumulation von Aufsichtsratsmandaten in einer Person ist der Einfluß der Banken nicht schwächer, sondern eher noch stärker geworden. Die Zahl der Mandate, die eine Bank auf sich vereinigen kann, ist durch die Aktienrechtsnovelle von 1965 nicht begrenzt worden, obschon dies im Interesse der personellen Entflechtung gelegen hätte. Die Banken besitzen daher nach wie vor die Möglichkeit, die Zahl ihrer Vorstandsmitglieder zu erweitern oder leitende Angestellte (wie z. B. bei der Deutschen Bank die „Direktoren mit Generalvollmacht"), die unterhalb des Vorstands arbeiten, für Aufsichtsratsposten vorzuschlagen. Die Gesamtzahl der auf diese Gruppe von leitenden Angestellten entfallenden Aufsichtsratsmandate läßt sich z. Z. nicht feststellen. Insofern hat die Aktienrechtsnovelle nur zu einer Verschleierung der personellen Verflechtung geführt.

In bezug auf die Kontrolle insbesondere der Großbanken selber sind Uberkreuzverflechtun-gen besonders problematisch, aber auch besonders undurchsichtig. Bereits der Konzentrationsbericht stellte eine weitgehende Unabhängigkeit der Vorstände der Großbanken fest, die durch die breite Streuung des Aktienbesitzes bedingt ist. Auch nach dem mit der Reform des Aktienrechts 1965 erfolgten Verbot für ein Kreditinstitut, das Stimmrecht in der eigenen Hauptversammlung auszuüben, es sei denn, eine ausdrückliche Weisung des Aktionärs zu den einzelnen Punkten der Tagesordnung liegt vor, vertreten die Großbanken gemeinsam weitaus die Mehrheit des Aktienkapitals auf ihren eigenen Hauptversammlungen. Die vor allem im Zusammenhang mit dem Depotstimmrecht vertretene These: „über das Depotstimmrecht kontrollieren die deutschen Großbanken auch sich selbst“ ist daher wohl nicht ganz von der Hand zu weisen. Dies erleichtert überdies die vom Konzentrationsbericht festgestellte personelle Rückverflechtung zwischen den Vorständen und Aufsichtsräten der Großunternehmen und der drei Großbanken.

Die Vermutung, Aufsichtsratsmandate von Bankenvertretern rekrutierten sich ausschließlich auf dem Boden von Depotstimmrechten und Beteiligungsbesitz, ist sicherlich falsch. Die Mandate sind in zahlreichen Fällen mit der für industrielle Unternehmen nützlichen Sachkenntnis und Erfahrung der Bankenvertreter begründbar (viele Unternehmenskrisen sind ja auch auf nicht eine ausreichende Kontrolle durch den Aufsichtsrat zurückzuführen). Bei manchen betroffenen Unternehmen mag auch das Motiv eine Rolle spielen, über eine personelle Verflechtung die Fremdkapitalbasis zu sichern. Sicherlich ist die Kumulation von Aufsichtsratsmandaten bei bestimmten Instituten (vgl. Übersicht hierzu) sehr bedenklich, doch ist zu berücksichtigen, daß bei der erwünschten und notwendigen Änderung beim Depotstimmrecht der und bei Beteiligungspolitik der Banken Zahl der Bankenaufsichtsratsmandate die (von der paritätischen Mitbestimmung und deren Konsequenzen für die „Herrschaftsverhältnisse“ bei den Banken einmal ganz abgesehen) zurückgehen. Zur Prophylaxe für eine dennoch verbleibende Bankenmacht Änderungen könnte man an folgende denken:

— Bankenvertreter dürfen im Aufsichtsrat eines Nichtbankunternehmens nie mehr als 20 vH der gesamten Mandate auf sich vereinigen. — Bei der Wahl eines Bankenvertreters zum Aufsichtsratsvorsitzenden ist Zweidrittelmehrheit erforderlich.

— Publizitätspflicht der von Bankenvertretern wahrgenommenen Mandate in den Geschäfts-berichten der Banken.

Ganz sicherlich würde eine Verstaatlichung der privaten Banken an dem hier zugrunde liegenden Problem nichts ändern, denn — abgesehen davon, daß die derzeitigen öffentlich-rechtlichen Banken in starkem Ausmaß in den Industrieaufsichtsräten schon vertreten sind — durch die bloße Übertragung des Einflußpotentials auf verstaatlichte Banken ist das Kontroll-, aber auch nicht das Qualifikationsproblem gelöst.

Kritik an der Emlssionspolitik der Banken Im Rahmen der Diskussion über die Macht der Banken wird verschiedentlich, wenn auch nicht in erster Linie, die Stellung der Banken im Emissionsgeschäft angegriffen. In der schon mehrfach genannten Konzentrations-Enquete von 1964 wurde festgestellt, daß bei den Anleiheemissionen von Industrie-und Handels-unternehmen die Großbanken in 88 0/0 der Fälle Konsortialführer waren mit einem Anteil an der gesamten Emissionssumme von 66%. Die Verhältnisse bei Aktenemissionen, die nicht untersucht wurden, werden damals kaum anders gewesen sein.

Abgesehen von dem mächtigen Vordringen einiger Landesbanken, insbesondere der Westdeutschen Landesbank, werden die Verhältnisse heute ähnlich sein. Nach den Ermittlungen der Konzentrations-Enquete war auch eine Erstarrung der Emissionskonsortien festzustellen. Damals wie heute liegen sowohl die Konsortien auch als die Konsortialquoten weitgehend fest. Unabhängig von den grundsätzlichen Vor-und Nachteilen dieses Emissionssystems (nach Meinung des Verfassers überwiegen die Vorteile) ist dieser mangelnde Wettbewerb bei den Emissionskonsortien unbefriedigend. Als Abhilfe könnte daran gedacht werden, sowohl den Wettbewerb mehrerer Konsortien um dieselbe Emission anzufachen als auch die Quoten innerhalb der Konsortien durch Ausbietung zu ermitteln. Außerdem könnte der Bund (mit seinen Sondervermögen) als einer der größten Emittenten am Anleihemarkt selbst die Dinge in Bewegung bringen. Ansätze sind dazu schon bei einigen Anleihen gemacht worden. Auch hier ist nicht zu erkennen, wie eine Verstaatlichung der privaten Banken (selbstverständlich sind die großen öffentlich-rechtlichen Banken in den Emissionskonsortien vertreten) das zugrunde liegende Problem lösen soll. Sinnvoll wäre eine solche Verstaatlichung nur, wenn im Rahmen einer zentralen Investionslenkung der Effektenemissionen als besser aus steuerbar angesehen würde.

Kritik an der Beherrschung der Effektenmärkte Nur in der Bundesrepublik Deutschland und in der Schweiz haben die Banken sowohl das Monopol, Kundenaufträge in börsennotierten Wertpapieren anzunehmen, als auch das Recht zum Handel an der Börse selbst.

In anderen Ländern sind die Banken entweder nicht zum Börsenhandel zugelassen (USA, England, Frankreich, Italien, Belgien, Japan), dürfen keine Kundenaufträge in Aktien entgegennehmen (USA, Japan) oder stehen bei Kundenaufträgen und an der Börse im Wettbewerb mit Maklern (Niederlande). So zeigt sich auch auf diesem Gebiet bei uns die Ausweitung des Universalbanksystems bis zur äußersten Grenze.

Damit ist bei uns der Interessenkonflikt der Banken quasi institutionalisiert, indem sie der ständigen Versuchung ausgesetzt sind, die Abwicklung von Kundenaufträgen mit eigenen Börsengeschäften zu kompensieren. Es ist sicherlich unrealistisch, kurzfristig an diesem Prinzip etwas zu ändern. Der Interessenkonflikt könnte jedoch auf längere Sicht beseitigt werden _ durch Verbot des Börsenhandels der Banken, oder (falls die Zulassung zum Börsen-handel bestehen bleiben soll)

— durch Verbot für Banken, an der Börse Kundenaufträge mit eigenen Geschäften oder mit anderen Kundenaufträgen zu kompensieren.

Kritik am „Unterlaufen der Geldpolitik der Bundesbank" durch die Banken Immer wieder ist in der „Verstaatlichungsdebatte" den privaten Banken vorgeworfen worden, sie könnten „auf Grund ihrer eigenen Interessen und auf Grund ihrer Machtposition die Geldpolitik der Bundesbank durchkreuzen"; m. a. W., sie würden mittels ihrer Geldschöpfungsfähigkeit die Finanzierung der Preissteigerungen — und damit den Inflationsprozeß — überhaupt erst ermöglichen. Diese These ist m. E. symptomatisch für eine mehr mit ideologischem Sendungsbewußtsein als mit Sachkenntnissen geführte öffentliche Diskussion. Tatsache ist, daß der Restriktionskurs der Bundesbank bis März 1973 im System fester Wechselkurse durch die auf Grund der unbeschränkten Devisenankaufspflicht der Bundesbank nahezu unvermeidlich hereinfließenden Liquiditätsströme unterlaufen wurde. Die Bundesbank hatte also durch diese offene außen-wirtschaftliche Flanke die volkswirtschaftliche Liquidität nicht voll unter Kontrolle. Daß die Banken diese „übermäßige" Liquidität entsprechend ihrem Unternehmenszweck für die Alimentierung der Kreditexpansion benutzten, ist ihnen allen Ernstes wohl nicht anzukreiden. Mit funktionierender außenwirtschaftlicher Absicherung (Übergang zum System flexibler Wechselkurse und damit Befreiung der Bundesbank von der Devisenankaufspflicht) hat die Bundesbank die Banken nun „hart an der Kandare", wie jedermann 1974 verfolgen konnte. Die Bundesbank hat nun die Liquidität (Zentralbankgeldmenge), die die Banken für ihre Geld-und Kreditschöpfung brauchen, voll unter Kontrolle. Sie kann damit die KreditExpansion der Banken wesentlich bestimmen.

Diese neu gewonnene „Macht der Bundesbank“ wird nun wiederum von vielen kritisiert. Es wird u. a.der Bundesbank vorgeworfen, sie hätte 1974 ihre Machtmittel (radikale Drosselung der Liquiditätszufuhr) zu stark eingesetzt und wäre daher für einen beträchtlichen Teil der z. Z. bestehenden Arbeitslosigkeit verantwortlich; obendrein würde diese konjunkturpolitische Macht (die Bundesbank ist eine autonome Institution und von Weisungen der Regierung nicht abhängig) demokratisch nicht legitimiert.

Unabhängig von dieser sachlichen Klarstellung, was die Banken als Inflationsverursadier angeht, zeigt jedoch darüber hinaus ein Blick in die nach Bankengruppen aufgegliederte Kreditstatistik, daß in den vergangenen Jahren die privaten Kreditbanken unterdurchschnittliche Kreditexpansionsraten hatten, während der gesamte öffentlich-rechtliche Bankenbereich überdurchschnittliche aufwies.

Angesichts der nun wirksamen Kontrolle der Kreditgewährung der Banken konnte überdies der bereits vorliegende Gesetzesentwurf zur Erweiterung des Notenbankinstrumentariums ad acta gelegt werden. Sicherlich gibt auch das Kreditgeschäft für sich genommen einige Möglichkeiten zur Einflußnahme auf die übrige Wirtschaft, da die Entscheidung einer Bank, ob für bestimmte Investitionen Kredite zur Verfügung gestellt werden sollen, ein wichtiges Datum für die Investitionsund Finanz-politik einer Unternehmung darstellt. Bei der Kreditvergabe üben daher die Banken in der Tat eine beträchtliche wirtschaftliche Macht aus. Aber diese Macht ist vom Gesetzgeber gewollt. Das Kreditwesengesetz fordert ausdrücklich die Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers gegenüber der kreditgebenden Bank. Es ist die Pflicht der Bank, den Kredit zu verweigern, wenn die Bonität des Kreditnehmers nicht hinreichend erscheint. Mißbrauch könnte mit der Kredit-verweigerung nur bei monopolisiertem Kreditangebot getrieben werden, nicht aber bei den herrschenden Wettbewerbsverhältnissen. Wird ein Kredit bei einer Großbank verweigert, so kann ihn der Kreditnehmer bei hinreichender Bonität ohne weiteres bei einer anderen Bank oder Sparkasse erhalten. Daher dürfte bei funktionierendem Wettbewerb in der Kredit-wirtschaft das Kreditgeschäft allein kaum das Problem der Machtkonzentration bei den Banken aufwerfen.

5. Erfahrungen mit verstaatlichten Banken in Europa

Kreditbanken Sparkassensektor Genossenschaftssektor Realkreditinstitute Sonstige Kreditinstitute mit Sonderaufgaben Großbanken ........................................................... Regionalbanken und sonstige Kreditbanken .... Zweigstellen ausländischer Banken ..................... Privatbankiers, Spezial-, Haus-und Branchen-banken ................................................ . .................. Girozentralen (einschließlich Deutsche Giro-zentrale) ..................................... ........................... Sparkassen ............................................................. Zentralkassen (einschließlich Deutsche Genossenschaftskasse) .. . . ..................................................... Kreditgenossenschaften ......................................... Private Hypothekenbanken.................................... öffentlich-rechtliche Grundkreditanstalten ......... Teilzahlungskreditinstitute ....................................... Postsparkassenund Postscheckämter ................. Zusammenfassung:

Private Kreditwirtschaft (ohne Genossenschaft!. Sektor) ........................................................................

Genossenschaftlicher Sektor ............................................................................

öffentliche und halböffentliche Kreditwirtschaft ...........................................

Kreditinstitute mir Sonderaufgaben ................................................................. Quelle: Deutsche Bundesbank, Monatsberichte Tabelle 3 Anteil an der Bilanzsumme aller Kredit-institute in vH 9, 9 11. 2 2, 4 2, 2 16, 9 22, 3 3, 8 8, 6 7, 1 4, 7 1, 2 2, 1 7, 6 34, 0 12, 4 46, 0 7, 6 Übersicht über die Kreditwirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland

Einen bemerkenswerten Anteil verstaatlichter Banken am gesamten Bankwesen haben in Europa vor allen Dingen Frankreich, Italien und Österreich. Ein kurzer Überblick soll über die Begründung, Politik und Entwicklungsperspektiven der verstaatlichten Banken in diesen Ländern Auskunft geben:

Frankreich Neben der Banque de France wurden 1945 auch die vier großen Depositenbanken (die Socit Generale, der Credit Lyonnais, die Banque Nationale pour le Commerce et l’Industrie und der Comptoir National d’Escompte de Paris) verstaatlicht; außerdem wurde die Bankenaufsicht verstärkt, die Kreditkontrollen ausgebaut und die Arbeitsteilung der Banken (in Depositen-und Beteiligungsbanken) gesetzlich fixiert.

Unter den zahlreichen, teils widersprüchlichen Begründungen für die Verstaatlichung lassen sich zwei Hauptargumente anführen: Einmal sah man in der Tätigkeit der Großbanken einen quasi-öffentlichen Dienst, zum anderen wollte man eine wirksame Geld-und Kredit-politik der Banque de France erreichen.

Folge der Verstaatlichung war zunächst eine Erstarrung der Bankenstruktur und der Bank-techniken. Die Depositenbanken konzentrierten sich auf das kurzfristige Geschäft, und zwar sowohl im Passivbereich (überwiegend Annahme von Sichteinlagen) wie auch im Aktivgeschäft mit Schwerpunkt im Wechselkredit. Die Beteiligungsbanken betätigen sich überwiegend im langfristigen Bereich, vor allem in der Finanzierung von Gründungen und Erweiterungen durch Übernahme von Beteiligungen und Durchführung von Emissionen; sie waren sehr eng mit der französischen Großindustrie verbunden. Der langfristige Kredit-bedarf der Wirtschaft konnte von den Geschäftsbanken nicht annähernd gedeckt werden. Deshalb kam es zur Gründung öffentlicher bzw. halböffentlicher Spezialinstitute, denen der Zugang zu längerfristigen Geldern, vor allem zu Spareinlagen, offenstand.

Durch die Reformwelle der Jahre 1965 bis 1967 wurde der staatliche Dirigismus schließlich etwas gelockert und die Konkurrenz im Bankensektor gefördert. Ziel dieser Reformen war:

— ein größerer Beitrag des Bankwesens zur Modernisierung der Wirtschaft — Entlastung des Staates von vielen ihm in der Vergangenheit zugefallenen Finanzierungsaufgaben — Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der französischen Wirtschaft im internationalen Vergleich.

Vor allem wurden wichtige Geschäftsbeschränkungen aufgehoben: Die Depositenbanken durften nun auch Einlagen mit einer Laufzeit von über zwei Jahren annehmen und bis zu sieben Jahren ausleihen. Außerdem konnten sie sich jetzt bis zu 20 v. H. an Einzelunternehmen beteiligen. Beteiligungen und Wertpapiere durften nun in Höhe des gesamten Eigenkapitals (bisher 75 v. H.) erworben werden. Die Beteiligungsbanken erhielten umgekehrt das Recht, in das kurzfristige Geschäft einzusteigen. Neue Banktechniken wurden zugelassen, neue Sparformen eingeführt, bisherige Vorschriften teilweise liberalisiert und die Bankkonditionen schrittweise freigegeben.

Die Folge war einmal ein starker Trend zum Universalbanksystem und ein besonders ausgeprägter Konzentrationsprozeß. Beide Erscheinungen wurden vom Staat noch gefördert, da sie das Konzept einer kräftigen Expansion der französischen Wirtschaft wesentlich begünstigten. Die Grenzen zwischen Depositenbanken (mit umfangreichem Filialnetz) und Beteiligungsbanken (meist ohne Filialen) sind kaum noch vorhanden. So haben die drei verstaatlichten Institute (ihre Zahl war 1966 durch Fusion zweier Institute reduziert worden) Beteiligungsbanken gegründet, z. B. die Banque Nationale de Paris, die Banque pour l'Expansion Industrielle (BANEXI), während umgekehrt die führenden Beteiligungsbanken, die Paribasund die Suez-Gruppe, führende Depositenbanken, nämlich die Banque de l'Union Parisienne bzw.den Credit Industriel et Commercial erwarben. Folge des Konzentrationsprozesses: Während vor 10 Jahren 12 Bankgruppen über ca. 75 v. H.der Bilanzsumme aller Geschäftsbanken verfügten, hielten Ende 1972 6 Bankgruppen einen Anteil an der gesamten Bilanzsumme von mehr als 80 v. H. Innerhalb dieser 6 Bankgruppen dominieren freilich die nationalisierten Banken:

die Banque Nationale de Paris hat einen Anteil an der Bilanzsumme der 6 Gruppen von rd. 25 v. H., alle drei Institute zusammen von etwa 70 v. H. Die drei nationalisierten Großbanken haben die Rechtsform der Aktiengesellschaft (Socit anonyme), unterliegen dem Handelsrecht und der vollen Steuerpflicht, stehen untereinander in Konkurrenz und werden privatwirtschaftlieh geführt. Das bedingt schon der Wettbewerb mit den privaten Banken, insbesondere mit den beiden sehr stark expandierenden Gruppen Paribas und Suez. Sie sind Filialbanken mit nunmehr ausgeprägtem Universalbankcharakter. Sie vereinigen etwa die Hälfte des Geschäftsvolumens aller französischen Geschäftsbanken auf sich. Ihre Entwicklung verläuft sehr dynamisch, wie ein Vergleich der Bilanzsummen zwischen 1969 und 1972 zeigt untenstehende Tabelle (Zahlen in Mill. FF).

Das Managment der nationalisierten Banken besteht fast ausschließlich aus ehemaligen „inspecteurs des finances“, also Spitzenkräften mit Verwaltungserfahrung. Sie werden vom Finanzminister ernannt. Eine direkte staatliche Einflußnahme auf die Geschäftspolitik ist in den letzten Jahren nicht festzustellen, die Expansion und starke Betätigung auch im internationalen Bereich kommt aber der „offiziellen" Linie der französischen Wirtschaftspolitik sehr entgegen. Zwar sind, nach Ansicht von Kennern des französischen Bankwesens, die drei Institute in ihrer Geschäftspolitik weniger elastisch als viele private Geschäftsbanken, jedoch dürfte dieser Mangel weniger auf die Tatsache zurückzuführen sein, daß der Staat alleiniger Anteilseigner ist, als vielmehr auf ihre Größe. Immerhin hielten sie in der erweiterten europäischen Gemeinschaft Ende 1971 die Plätze 3, 6 und 11. Die Banque Nationale de Paris lag — nach der Bilanzsumme — also noch vor der größten Bank der Bundesrepublik, der Deutschen Bank.

Die besonders starke Stellung der drei nationalisierten Banken beruht im wesentlichen auf ihrer Größe, die ursächlich mit dem Depositengeschäft, insbesondere dem weitverzweigten Filialnetz verbunden ist. Insofern unterscheiden sie sich nicht wesentlich von anderen europäischen Großbanken. Wenn einzelne Geschäftsbereiche, z. B. das Emissionsgeschäft, noch nicht so stark ausgebaut sind, so liegt das insbesondere an der früher gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitsteilung und nicht an einer — staatlich verordneten — Zurückhaltung. Es läßt sich im Gegenteil gerade feststellen, daß alle drei Banken mit großer Dynamik in alle Geschäftsbereiche vorstoßen. Dazu gründen sie häufig private Institute, die sich — vor allem auf internationaler Ebene — freier betätigen können.

Besondere gesamtwirtschaftliche Ziele, die Vorrang vor den betriebsinternen Zielen Rentabilität und Liquidität hätten, können — zumindest in den letzten Jahren — nicht festgestellt werden, sieht man von der — staatlich sehr erwünschten — Wachstumsideologie ab. Dabei ist gerade in jüngster Zeit der Zug zu größerer Marktwirtschaft zumindest auf Teilgebieten deutlich. Bemerkenswert ist außerdem, daß 10°/#des Grundkapitals dieser Ban„ken 1973/74 durch Ausgabe von Belegschaftsaktien reprivatisiert wurden. Diese Teilpriva-tisierung (Maßnahme im Rahmen der soge-nannten Participation) signalisiert jedoch keine Wende in der Eigentumspolitik gegenüber den Großbanken, da der Staat auch künftig mindestens 75 °/o des Aktienkapitals behalten will.

Italien Etwa 80 Prozent des italienischen Bankwesens werden direkt (42, 7 °/o) oder indirekt vom Staat kontrolliert. Hauptursache dafür waren die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise auf den italienischen Staat, der 1931 den Insti-tuto Mobiliare Italiano (Imi) zur Bereitstellung mittel-und langfristiger Anleihen gründete und 1933 den Instituto per la Ricostruzione Industriale (Iri) für die Mobilisierung von Bankenbeteiligungen. Bedeutende Banken Italiens hatten sich in Unternehmen eingekauft, die vom Zusammenbruch bedroht waren. Um einen Bankrott größten Ausmaßes abzuwehren, mußte der Iri die Banken von ihren Beteiligungen befreien.

So erklärt sich die (auch heute noch) ansehnliche Iri-Beteiligung von 80 bis 90 Prozent an den drei Großbanken Banco di Roma, Banco Commerciale Italiana und Credito Italiano. Diese Banken unterstehen (über den Iri) dem Schatzministerium. Sie sind im Gegensatz zur größten italienischen Bank, Banca Nationale del Lavoro (öffentlich-rechtlich), Aktiengesellschaften.

Obwohl der Einfluß des Staates äuf den Bank-apparat weit reicht, ist er nicht für ein zentrale Wirtschaftssteuerung genützt worden. Der Wettbewerb auf dem Bankensektor wurde nicht eliminiert. Das Management der öffentlichen Banken agiert im Rahmen der allgemeinen Bankenaufsicht weitgehend autonom. Das erklärt nicht zuletzt die Haltung der kommunistischen Partei Italiens (KPI). Angesichts des beträchtlichen staatlichen Engagements in der Wirtschaft laufen ihre Forderungen nicht auf Erweiterung hin eine der Staatsbeteiligung -aus. Ihre Intentionen gehen vielmehr in Richtung auf eine entschiedene zentrale staatliche Investitionslenkung, von der in Italien bislang wenig zu beobachten ist. Österreich Durch das Verstaatlichungsgesetz vom 26. Juli 1946 wurden die drei größten Banken des Landes, Creditanstalt-Bankverein, Österreichische Länderbank und Österreichisches Credit-Institut, in das Eigentum des österreichischen Staates überführt.

Ein wesentlicher Verstaatlichungsgrund war die Furcht vor der Übernahme des gesamten Bankeigentums durch die sowjetische Besatzungsmacht. Denn österreichische Großbanken gehörten vor 1946 in erster Linie deutschen und französischen Großaktionären. Die Verhinderung einer russischen Beschlagnahme deutschen Vermögens durch die schnelle Verstaatlichung war mithin ein taktisches Manöver. Bei der österreichischen Länderbank, die vor dem sogenannten Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich im französischen Besitz war, wollte man den ausländischen Einfluß auf die Leitung dieser Bank abfangen. 1957 kam es bei der Creditanstalt-Bankverein und der österreichischen Länderbank zu einer Teilprivatisierung. Der Bund gab insgesamt 40 Prozent ab; 30 Prozent gingen als stimmrechtslose Vorzugsaktien an das breite Publikum und zehn Prozent als Stammaktien an Institutionen, die mit den damaligen Koalitionsparteien eng verbunden waren.

Auch nach der Verstaatlichung behielten die Großbanken die Form der Aktiengesellschaft bei. Wichtiger ist, daß der direkte Einfluß des Staates auf die Geschäftsleitung verhältnismäßig gering blieb. Nach wie vor werden die Banken wie Privatbanken geleitet. Auch die indirekte Kontrolle über die Personalpolitik hat nicht zu einer Vernachlässigung des Gewinnstrebens als Maßstab einer erfolgreichen Geschäftspolitik geführt.

Fazit Die Bankenverstaatlichungen sind überwiegend unter besonderen Voraussetzungen (Kapitalmangel nach 1945, Weltwirtschaftskrise, Beschlagnahmegefahr) vorgenommen und inzwischen teilweise wieder zurückgenommen worden.

Der verstaatlichte Bankenapparat ist nirgendwo zu einer umfangreichen zentralen Investitionslenkung genutzt worden. Der Einfluß des Staates auf die Geschäftspolitik ist verhältnismäßig gering. Die verstaatlichten Banken handeln weitestgehend nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen, ihre Geschäfts-und Gewinnentwicklung ist im wesentlichen mit derjenigen der Privatinstitute vergleichbar. Sie vereinigen auf sich eine sehr starke Macht-konzentration (vor allem in Frankreich), da vergleichbare Gegengewichte (wie sie z. B. in der Bundesrepublik durch den Wettbewerb zwischen den privaten Banken, Sparkassen/Landesbanken und Kreditgenossenschaften) fehlen.

6. Bankenverstaatlichung als „Problemlösung"?

Tabelle 4 Bilanzsumme ........................ Kredite an Nichtbanken ........................ Einlagen von Nichtbanken ........................ Beteiligungen........................ Großbanken Kreditbanken (einschließlich Großbanken) Quelle: Deutsche Bundesbank; Zahlen wurden auf-bzw. abgerundet. Girozentralen und Sparkassen Genossenschaften und Zentralkassen 10 10 13 26 Anteil der Bankengruppen an wichtigen Bilanzpositionen (Stand Ende 1974) 25 23 25 54 39 40 42 34 13 10 15 12

Die voranstehende Analyse der verschiedenen Aspekte der Macht der Banken hat gezeigt, daß zur Beseitigung der zu Recht kritisierten Mißstände unseres gegenwärtigen Bankensystems eine Bankenverstaatlichung kein taugliches Mittel ist. Sämtliche Mißstände lassen sich mit „handfesten“ Reformen abstellen. Für eine 'Verstaatlichung im engeren Sinne (Ausweitung des öffentlich-rechtlichen Bereichs, ohne Einflußnahme auf die Geschäftspolitik) gibt es keine überzeugende Begründung. Ganz sicher könnte nicht angeführt werden, daß ein weiterer Ausbau des öffentlichen Bankensektors als „Countervailing Power“ zu den privaten Banken angezeigt sei. Dafür haben die öffentlichen Banken (vor allem Sparkassen und Landesbanken/Girozentralen) bereits heute eine zu starke Stellung. Gravierende Nachteile bei einer solchen Verstaatlichung wären — die Schwächung des Wettbewerbs in der Kreditwirtschaft bei zunehmender Konzentration des Eigentums in öffentlicher Hand; es ist nicht zu leugnen, daß der Wettbewerb im Kreditgewerbe z. Z. mindestens im Kreditgeschäft, im Einlagengeschäft und im übrigen Dienstleistungsbereich relativ gut funktioniert. Gerade die immer vollständigere Entwicklung zum Universalbanksystem hin, die in den letzten zehn Jahren stattgefunden hat, bewirkte eine weitere Verstärkung des Wettbewerbs. Insbeondere das Bestehen verschiedener Institutsgruppen mit unterschiedlicher Zielsetzung, die alle Universalbanken sind, hat hierzu beigetragen. Das Problem der Macht der Banken ist hauptsächlich nur ein Problem von ca. 3 bis 10 Privatbanken (den drei Großbanken, einigen wenigen Privatbankiers und Regionalbanken).

— das zunehmende Kontrollproblem im öffentlich-rechtlichen Bankbereich; der Staat dürfte derzeit nicht in der Lage sein, den Bankenapparat zu übernehmen und wirksam zu kontrollieren, da ihm die personellen Voraussetzungen hierzu fehlen.

Diese Lösung würde nicht nur nicht die Bankenmachtfrage in den Griff bekommen, sondern darüber hinaus ein wichtiges Entmachtungsmittel, den Wettbewerb zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Banken, abbauen.

Anders ist natürlich die Bankenverstaat-

lichungsforderung im Zusammenhang mit der aktuellen (staatlichen) Investitionslenkungsdebatte zu beurteilen. Geht man davon aus, daß die — indirekte — Lenkung der Investitionen über die Preise, die sich an den Märkten nach Angebot und Nachfrage bilden, nicht oder auf Grund der wachsenden Bedeutung der externen Effekte (Differenz zwischen privater und gesellschaftlicher Rentabilität) nicht mehr zu einer optimalen Allokation der Ressourcen führt, will man weiter nicht von dezentralen Entscheidungen auf Unternehmensebene und vom Privateigentum an Produktionsmitteln abgehen, so stellt sich die Frage nach den geeigneten Instrumenten für eine staatliche Einflußnahme auf die Investitionsentscheidungen auf Unternehmensebene.

Es bietet sich an, über einen verstaatlichten Bankenapparat von der Finanzierungsseite her auf die Investitionsentscheidungen Einfluß zu nehmen. Hierbei könnten über die Zurverfügungstellung oder die Nichtzurverfügungstellung von Finanzmitteln für bestimmte Projekte sowie über die Gestaltung der Kredit-konditionen Daten für die Investitionsentscheidungen der Unternehmen gesetzt werden. Eine Beeinflussung der Investitionsstruktur in die gewünschte Richtung wäre möglich. Ob allerdings ein verstaatlichter Bankenapparat tatsächlich als Instrument der Investitionslenkung geeignet ist und wie das neue Instrument in der Praxis eingesetzt werden kann, ist in der aktuellen wissenschaftlichen Diskussion noch völlig ungeklärt. Auch stellt sich die Frage, ob verstaatlichte Banken ihre Kredit-entscheidungen auf Grund politischer Kriterien oder auf Grund von cost-benefit-Uberlegungen treffen können und von wem diese Entscheidungskriterien formuliert werden sollen. Es besteht die Gefahr, daß im Endeffekt auch die verstaatlichten Banken Investitionsprojekte im wesentlichen danach beurteilen, ob mit einem Rückfluß des investierten Kapitals und einer angemessenen Verzinsung zu rechnen ist, d. h. nach marktmäßigen Kriterien. Dem Staat steht bereits gegenwärtig ein äußerst reichhaltiges Instrumentarium zur regionalen und sektoralen Steuerung der Investitionen zur Verfügung, das nur nicht immer hinreichend und systematisch genug genutzt wird. Was gegenwärtig in erster Linie fehlt, das sind nicht Instrumente, sondern eine hinreichende staatliche Steuerungskapazität, welche vorhandene Instrumente auch systematisch zu nutzen versteht. Eine Steuerung der In-29 vestitionen ist gegenwärtig möglich mit Hilfe (kein erschöpfender Katalog)

— der Instrumente des Stabilitätsund

Wachstumsgesetzes — der Geldpolitik der Bundesbank — von Zinssubventionszuschüssen und -zulagen

— von ERP-Krediten — von Auflagen und einschränkenden Rahmenbedingungen (etwa Umweltschutzauflagen, Baugenehmigungen, etc.).

Der Staat ist gegenwärtig nicht imstande, die ihm zur Verfügung stehenden Instrumente sinnvoll und koordiniert einzusetzen, wie etwa ein Blick auf die überaus schleppende Durchführung der Gemeinschaftsaufgabe der „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" und langfristigen staatlichen Aufgabenplanung zeigt. Darüber hinaus ist zu fragen, ob eine Verstaatlichung der Banken überhaupt eine wesentliche Änderung der Wirtschafts-und Gesellschaftsordnung mit sich bringt. Das Beispiel Frankreich, wo die Großbanken seit langer Zeit verstaatlicht sind, beweist das Gegenteil. Es macht auch deutlich, daß die gesellschaftspolitischen Wirkungen einer Verstaatlichung entscheidend von der politischen Situation abhängig sind. Verstaatlichung der Banken allein bringt daher keine Lösung.

Ein wichtiger, in der Bankenverstaatlichungsdebatte überhaupt noch nicht diskutierter Aspekt ist die Kostenfrage. Art. 15 GG läßt die Überführung von Produktionsmitteln in Gemeineigentum zum Zwecke der Vergesellschaftung zu, bestimmt aber gleichzeitig, daß in dem Gesetz, das die Überführung in Gemeineigentum regelt, Art und Ausmaß der Entschädigung festgelegt sein müssen. Eine entschädigungslose Enteignung ist nicht möglich, will man nicht das Grundgesetz mit Dreiviertelmehrheit ändern. Nach Art. 14 Abs. 3 GG ist die Entschädigung unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten festzusetzen. Weiter steht den Betroffenen wegen der Höhe der Entschädigung im Streitfälle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen. Eine Schätzung der Höhe der Entschädigungszahlung ergab einen Betrag von ca. 13 Mrd. DM, wobei diese Zahl nur als Untergrenze angesehen werden darf.

Damit erreicht sie fast den Betrag der durch die Steuerreform 1975 erwarteten Mindereinnahmen des Staates.

Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß eine Verstaatlichung der privaten Banken die meisten Probleme nicht löst, sogar einige erhebliche Nachteile mit sich bringt und selbst im Rahmen der Investitionslenkung mehr Probleme aufwirft als sie zu lösen vorgibt.

7. Alternativen zur Bankenverstaatlichung

1. Neben dem Einlagen-und Kreditgeschäft ist die Abwicklung von Kundenaufträgen in börsennotierten Aktien sowie der Besitz von Beteiligungen an Industrie-und Handelsunternehmen mit gewissen Beschränkungen zulässig:

Deutschland (führend im Besitz von Beteiligungen)

Niederlande Schweiz (keine gesetzlichen Beschränkungen) 2. Neben dem Einlagen-und Kreditgeschäft ist der Besitz von Industrie-und Handelsbeteiligungen zulässig:

Frankreich (Beschränkung der Beteiligung)

Großbritannien (Beschränkung der Beteiligung)

Spanien 3. Neben dem Einlagen-und Kreditgeschäft ist weder die Abwicklung von Kundenaufträgen in börsennotierten Aktien noch der Besitz von Industrie-und Handelsbeteiligungen zulässig: USA Japan Belgien Überblick: Universalbankensystem in wichtigen Ländern

Die kritischen Ausführungen zur Frage der Bankenverstaatlichung bedeuten keineswegs — dies sei noch einmal ausdrücklich betont —, daß nicht alle Anstrengungen unternommen werden sollten, die zu starken Machtpositionen der Banken zu beseitigen. Bei der Diskussion der einzelnen Machtquellen sind dazu jeweils Änderungsvorschläge vorgestellt worden, die m. E. in ihrer Gesamtheit geeignet sind, vorhandene „Machtauswüchse“ zu beschneiden und gleichzeitig den Wettbewerb effizienter zu machen. Einschneidende Reformen bei den Beteiligungen der Banken, beim Depotstimmrecht und bei der Aufsichtsratspräsenz von Bankenvertretern — alles Tatbestände, die nicht konstitutiv zum Universalbankensystem gehören — machen jedoch keineswegs die Aufgabe des ansonsten leistungsfähigen Universalbankenprinzips notwendig.

Zusätzlich sollte man — die Kreditanstalt für den Wiederaufbau zu einer Bundesentwicklungsbank ausbauen, um für gesamtwirtschaftlich vordringliche Finanzierungsvorhaben Kredite zu „weichen" Konditionen zur Verfügung zu stellen;

— die vorhandenen Steuerungsmöglichkeiten über den öffentlich-rechtlichen Banksektor ausbauen und konsequenter als bisher wahmeh-men.

Wenn man eine direkte Investitionslenkung als sinnvoll und machbar ansieht, dann müßte zunächst einmal dieses Instrumentarium hierfür voll ausreichen, da damit bereits der größte Teil des gesamten Kreditangebots in der Bundesrepublik durch den Staat beeinflußt wird.

Um weitere Bankpleiten nach Möglichkeit zu verwenden und einen verstärkten Schutz der Einleger sicherzustellen, könnten die Rechte der Bankenaufsicht verstärkt werden. U. a. sollte man in diesem Zusammenhang prüfen, ob nicht das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen in bestimmten Fällen Prüfungen selbst vornehmen und Vorschriften zur Ausgestaltung Kontrollsystems der des internen Banken erlassen sollte. Dazu wäre es natürlich erforderlich, die personelle Ausstattung des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen in qualitativer und quantitativer Hinsicht zu erweitern.

Last but not least dürfte sich mit der Einführung der paritätischen Mitbestimmung die Situation im Kreditgewerbe entscheidend ändern, da dann die Hälfte der Sitze im Aufsichtsrat der privaten Banken von Arbeitnehmervertretern eingenommen werden, die über eine demokratische Legitimation verfügen und zu einer Kontrolle des Vorstands in der Lage sind.

Ausgewählte Literaturhinweise zum Problemkreis „Bankenmacht"

Deutsche Bank .. Dresdner Bank .. Commerzbank .. Bayerische Hypotheken-und Wechselbank ... Buchwerte in Mill.

DM 883 681 424 754 in vH der Bilanzsumme 2, 51 2, 6 1, 87 4, 02 in vH des Eigenkapitals 46, 1 50, 0 38, 8 80, 8

Nicht Großbanken sollten Politik machen, Streitgespräch zwischen H. -G. Zempelin und W. Roth, in: DIE ZEIT vom 26. 4. 1974.

W. Roth, Die Kreditinstitute jetzt enteignen, in: Die Wirtschaftswoche, 25. 1. 1974, S. 56.

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R. Wittgen (Hrsg.), Neuzeitliche Bankpolitik — Analysen und Meinungen aus der deutschen Kreditwirtschaft — Frankfurt a. M. 1974.

M. Hein/H. Flöter, Materialien zum Machtpotential der Banken, Diskussionsbeiträge Nr. 2 (Juli 1973), Nr. 5 (März 1974) und Nr. 8 (August 1974) des Instituts für Banken und Industrie, Geld und Kredit der Freien Universität Berlin.

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B. Mülhaupt, Zum Problem der Bankenverstaatlichung, in: Öffentliche Wirtschaft und Gemein-wirtschaft, Heft 1/1974, S. 13 ff.

Fussnoten

Weitere Inhalte

Diethard B. Simmert, Diplom-Volkswirt, geb. 1944, wissenschaftlicher Referent im Wirtschafts-und Sozialwissenschaftlichen Institut des DGB, Düsseldorf; Hauptarbeitsgebiete: Geld, Kredit, Währung und allgemeine Wirtschaftspolitik; verantwortlicher Redakteur der WSI-Mitteilungen, Herausgeber der Lehrbuchreihe „Problemorientierte Einführungen“ im Bund-Verlag, Köln. Veröffentlichungen u. a.: (mit R. Skiba) Schleichende Inflation — Theoretische Erklärungsansätze und ihre Problematik, in: WWI-Mitteilungen 11/1971; Com-ment resondre le probleme monetaire?, in: Le monde diplomatique, Dec. 1971; Stabilisierungspolitische Konzeptionen, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 46— 47/72; (mit K. H. Ketterer) Geldpolitik und New Liberalism, in: Wirtschaftsdienst 5/1973; Potentialorientierte Kreditpolitik (I) und (II), in: Sparkasse 9 und 10/1973; Überlegungen zur Reform der Geld-und Kreditpolitik, in: WSI-Studie Nr. 27, Köln 1974; (mit Duwendag, Ketterer, Kösters, Pohl) Lehrbuch der Geldtheorie und Geldpolitik — Eine problemorientierte Einführung, Köln 1974.