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Ein sozialistisches Zivilrecht? Die Zivilrechtswissenschaft in der DDR zwischen ideologischer Konsequenz und pragmatischem Kompromiß | APuZ 25/1975 | bpb.de

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APuZ 25/1975 Artikel 1 Ein sozialistisches Zivilrecht? Die Zivilrechtswissenschaft in der DDR zwischen ideologischer Konsequenz und pragmatischem Kompromiß

Ein sozialistisches Zivilrecht? Die Zivilrechtswissenschaft in der DDR zwischen ideologischer Konsequenz und pragmatischem Kompromiß

Jürgen Thomas

/ 59 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Nadi jahrzehntelanger Diskussion wurde am 27. September 1974 in der Volkskammer der DDR der Entwurf für ein neues Zivilgesetzbuch eingebracht. In der vorliegenden Untersuchung wird diese Diskussion in ihren Wandlungen seit dem Kriegsende dargestellt. In der ersten Phase nach 1945 wird die Weiterverwendung der bürgerlichen Rechtsformen (und damit die Nicht-Beschäftigung mit einem neuen sozialistischen Recht) mit einem Lehrsatz von Stalin begründet, der sogenannten Form-Inhalt-These. In der nachfolgenden Periode wird entsprechend der offiziellen Proklamation, daß die Grundlagen des Sozialismus in der DDR im wesentlichen geschaffen seien, vorübergehend der Versuch unternommen, die Rechtswissenschaft radikal zu erneuern und auf ein grundsätzlich neues, sozialistisches Zivilrecht hinzuarbeiten. In der Zeit des neuen ökonomischen Systems ist der größte wirtschaftliche Nutzen der Hauptgesichtspunkt in der juristischen Diskussion, der die Hinwendung der Theorie auf die tägliche juristische Praxis notwendig macht. In der aktuellen Debatte, die jetzt zur Vorlage des Entwurfs für das Zivilgesetzbuch geführt hat, wird vor allem die Abgrenzung zur Bundesrepublik betont. Die ersten Schritte der Entwicklung der zivilrechtlichen Diskussion in der DDR hat bereits Inga Markovits in ihrem Buch: Sozialistisches und bürgerliches Zivilrechtsdenken in der DDR, Köln 1969, dargestellt. Diese Entwicklung wird in der vorliegenden Arbeit weniger unter rechtswissenschaftlichen als unter politologischen Gesichtspunkten untersucht. Darüber hinaus wird besonders über das Wiederaufleben der Diskussion nach dem VIII. Parteitag der SED im Jahre 1971 berichtet. Insgesamt zeigt sich in der rechtswissenschaftlichen Diskussion in der DDR das grundsätzliche Problem, wie in einem ideologisierten Staat die gesellschaftspolitischen Vorstellungen mit den Bedingungen der gesellschaftlichen Realität in Einklang gebracht werden können. Nach dem gegenwärtigen Stand wird dabei trotz einiger verbaler Radikalität der gesellschaftlichen Realität weitgehend der Vorzug gegeben.

Am 27. September 1974 beschäftigte sich die Volkskammer der DDR mit einigen Verfassungsänderungen, die unter anderem die Hinweise auf eine einheitliche deutsche Nation aus der Verfassung der DDR beseitigten und die Verbindung zu den sogenannten sozialistischen Staaten noch deutlicher darstellten. Diese Verfassungsänderungen hatten verständlicherweise in der Bundesrepublik ein umfassendes Echo.

Darüber wurde aber kaum beachtet, daß auf der gleichen Sitzung der Volkskammer nach über zwanzigjähriger Diskussion auch der Entwurf für ein neues Zivilgesetzbuch der DDR zur ersten Lesung vorgelegt wurde. Auch dieses Zivilgesetzbuch ist, ebenso wie die Verfassungsänderung, unter dem Aspekt der Abgrenzung der DDR von der Bundesrepublik zu sehen, wenn auch die Entwicklung bis zu diesem Entwurf in keiner Weise geradlinig erfolgte. Vielmehr machte diese Entwicklung eine Reihe von Wandlungen durch, deren Darstellung Aufgabe dieser Untersuchung ist.

I. Anfänge eines neuen Zivilrechts (1945— 1951)

I. II. III. IV. V. VI. INHALT Anfänge eines neuen Zivilrechts (1945— 1951)

Die Übernahme des bürgerlichen Zivil-rechts (1951— 1958)

Alte Form und neuer Inhalt Das Recht als Instrument der Staatsmacht Ein neues sozialistisches Zivilrecht (1958— 1961)

Eine neue Konzeption Wegbereiter für die kommunistische Zukunft Die Periode des neuen ökonomischen Systems (1961— 1971)

Die Macht der Tradition Durchsetzung der ökonomischen Ziele Nach dem VIII. Parteitag der SED (seit 1971)

Das neue Zivilgesﮄ‚

Als nach dem Zweiten Weltkrieg in der damaligen sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR ein sozialistisches Gesellschaftssystem eingeführt wird, soll sich neben anderen Gesellschaftswissenschaften auch die Rechtswissenschaft an dem Gedankengut der neuen herrschenden Ideologie, des Marxismus-Leninismus sowjetischer Prägung, orientieren. Dies aber ist mit Schwierigkeiten verbunden, da die überwiegende Mehrzahl der Rechtswissenschaftler nicht entsprechend der neuen Ideologie zu denken gewohnt ist und die Anwendung der Prinzipien des Marxismus-Leninismus auf die Rechtswissenschaft also nicht ohne weiteres möglich ist.

Da aber das Recht (insbesondere das Zivil-recht) unter anderem die Beziehungen, der Bürger eines Staates untereinander und gegenüber dem Staat regelt, kann das jeweilige Rechtssystem nicht neutral, unabhängig von den jeweiligen Prinzipien der Gesellschaftsordnung, gesehen werden, sondern ist Ausdruck der jeweiligen Gesellschaftsform. Es ist deshalb nur folgerichtig, daß nach 1945 das bisherige bürgerliche Recht, das im wesentlichen weiterhin in Kraft geblieben ist und zu großen Teilen auch heute noch gültig ist, einer kritischen Betrachtung unterzogen wird.

Ausführliche Überlegungen zur weiteren Geltung des bürgerlichen Rechts in einer sozialistischen Gesellschaft stellt zunächst vor allem Heinz Such an. In mehreren Schriften in den Jahren 1947 bis 1949 entwickelt er Ge-danken, wie aus dem bisher geltenden bürgerlichen Zivilrecht ein neues Zivilrecht hergestellt werden könnte, das den Bedingungen einer sozialistischen Gesellschaft entspricht.

Such geht davon aus, daß ein Rechtssystem sich an den Lebensverhältnissen, die sich insbesondere in den Produktionsverhältnissen ausdrücken, orientieren muß. Die Regeln des bürgerlichen Rechts, die einst durchaus brauchbar gewesen seien, sind dies heute nicht mehr. „Die Einführung der Maschine in die bestehende Produktionsweise und in ihren juristischen Ausdruck, die bürgerliche Rechtsordnung, schuf jenen gewaltigen Widerspruch zwischen Produktivkräften und Produktionsweise, dessen Auswirkungen wir heute unmittelbar erleben. Diesen Widerspruch zu beseitigen, die Produktionsweise und damit die Rechtsordnung diesen modernen Produktivkräften anzupassen, ist die Aufgabe, die der gegenwärtigen Generation gestellt ist."

Wenn die bisher geltenden juristischen Normen also nicht mehr verwendet werden können, so liegt das nicht so sehr darin, daß diese Normen falsch entwickelt worden sind. Vielmehr haben die Veränderungen in den tatsächlichen Verhältnissen dazu geführt, daß ihre Brauchbarkeit eingeschränkt ist. Wenn der Jurist nun, ähnlich wie der Naturwissenschaftler, die juristische Wirklichkeit empirisch auf ihre Lebensbrauchbarkeit untersucht, so ist es möglich, die Rechtswissenschaft entsprechend der Entwicklung der gesellschaftlichen Verhältnisse ebenfalls weiterzuentwickeln. So versteht Such auch die Rechtswissenschaft als eine evolutionäre Wissenschaft, die neues Recht in einem kontinuierlichen Prozeß aus dem bestehenden Recht schafft.

Zwar wird Such kritisiert, weil seine Thesen aus den Gedanken einer „reaktionären" Wissenschaft kontinuierlich eine sozialistische Wissenschaft entwickeln wollen; es wird aber weder eine grundsätzliche Kritik noch (und das vor allem) eine Alternative für die Entwicklung zu einer sozialistischen Rechtswissenschaft veröffentlicht Er wird vielmehr ausdrücklich gelobt dafür, daß er den Versuch unternommen hat, die Rechtswissenschaft vom Standpunkt der marxistischen Ideologie aus weiterzuentwickeln. „Er ist einer der ganz wenigen Vertreter der Rechtswissenschaft, die die ihnen heute als Wissenschaftlern obliegende entscheidende Aufgabe übernommen haben: unser gegenwärtiges und unser neu sich gestaltendes Recht mit der Methode des dialektischen Materialismus zu durchleuchten und die wissenschaftliche Klärung aktueller Rechtsprobleme dem Praktiker abzunehmen." Konkrete Vorschläge, die Such aufgrund seiner Thesen entwickelt, gehen dabei insbesondere von der neuen Situation in der sowjetischen Besatzungszone aus, der Vergesellschaftung der Produktionsmittel und der zentralen Planung.

Es ergeben sich aber ideologische Schwierigkeiten für diese Art der Entwicklung eines neuen Rechtssystems. So wird entsprechend der Feststellung von Marx, wonach „das Recht nie höher sein (kann) als die ökonomische Gestaltung und dadurch bedingte kulturelle Entwicklung der Gesellschaft" davon gesprochen, daß das neue Recht das bürgerliche Recht erst nach dem Sieg des sozialistischen Gesellschaftssystems verdrängen kann. „Dann erst, wenn unser politisches Wollen vom ganzen Volk als das neue Recht erkannt ist, ist das Recht der alten Welt — das bürgerliche Recht — zugrundegegangen. Diese Befreiung von den inneren Fesseln des alten Rechtsbewußtseins kann aber nur dadurch geschehen, daß unsere neuen sozialistischen Gesellschaftsformen, unser neues sozialistisches Gewissen, unsere sozialistische Moral über die alten kapitalistischen den Sieg davon-trägt."

Für die Lösung dieser ideologischen Bedenken geht Such davon aus, daß bereits mit der Einführung der Planung in der Wirtschaft ein neues Verhältnis zwischen Recht und Gesellschaft entstanden ist. Die Planung des gesellschaftlichen Arbeitsprozesses hat eine neue Qualität des Rechts herbeigeführt. „Es ist nicht mehr abstrakte Norm, Ausgleich eines abstrakten Konflikts privater Interessen, Widerspruchslösung eines abstrakten Widerspruchs, sondern Rechtsregel und identisch mit Zielsetzung, mit Zwecksetzung Auf dieser Grundlage spricht Such davon, daß die Rechtsbildung nicht mehr, wie bisher, hinter der Entwicklung des gesellschaftlichen Lebens herhinkt, sondern ihr vorauseilt.

Allerdings wird diese Lösungsmöglichkeit nicht akzeptiert: Da das Recht als eine Erscheinung des gesellschaftlichen Überbaus abhängig ist von der ökonomischen Basis, kann es nicht dieser vorauseilen. Wenn nun die Rechtsbildung der Entwicklung der Produktionsweise vorausgehen würde, würde das Recht, das als Teil des Überbaus eine untergeordnete Rolle spiele, die materielle Basis bestimmen und damit eine übergeordnete Rolle übernehmen. Such wird deshalb vorgeworfen, die Marxschen Thesen des historischen Materialismus überwinden zu wollen. „Eine qualitative Änderung des Rechts liegt also nicht, wie Such meint, darin, daß es als Recht nunmehr die Produktionsweise bestimmt. Es bleibt vielmehr bei der grundlegenden Bedeu-tung der ökonomischen Faktoren." Während Such also im wesentlichen nach einer Lösungsmöglichkeit sucht für den Widerspruch, in der neuen sozialistischen Gesellschaft mit dem alten bürgerlichen Recht leben zu müssen, wird ihm dieser Versuch als ideologische Abweichung vorgeworfen. Für eine praktikable Lösung mußte deshalb erst ein Anstoß von der politischen Ebene kommen.

II. Die Übernahme des bürgerlichen Zivilrechts (1951—'1958)

In der Geschichte der Rechtswissenschaft der DDR kommt es immer wieder vor, daß — ähnlich wie in der sonstigen politischen Entwick6) lung — die DDR auf Einflüsse aus der UdSSR reagiert und entsprechende Vorstellungen übernimmt. So können auch die Widersprüche in der Entwicklung eines neuen sozialistischen Zivilrechts — auf der einen Seite die Weitergeltung der bürgerlichen Gesetze, auf der anderen Seite die Forderung nach einem sozialistischen Recht — gelöst werden, indem Vorstellungen der politischen Führung auf die Rechtswissenschaft übertragen werden. „Unsere Staats-und Rechtswissenschaft befindet sich vor dem entscheidenden Punkt ihrer Entwicklung... Unsere Wissenschaft hinkt der Entwicklung der gesellschaftlichen Verhältnisse nach. Heute sind alle Voraussetzungen dafür vorhanden, aufzuholen und die vor uns stehenden Aufgaben zu lösen.“

Alte Form und neuer Inhalt In Arbeiten über die Sprachwissenschaft hatte Stalin die These von der aktiven Kraft des Überbaus aufgestellt. Wenn die Basis verändert und beseitigt wird, so wird sich daraufhin auch der überbau verändern; die Entstehung einer neuen Basis hat zur Folge, daß anschließend auch ein ihr entsprechender über-bau entsteht. „Der überbau ist das Produkt einer Epoche, in deren Verlauf eine bestimmte ökonomische Basis existiert und tätig ist. Deswegen lebt ein überbau nicht lange, wird er mit der Beseitigung und dem Verschwinden einer bestimmten Basis beseitigt und verschwindet ebenfalls."

Das Recht, das ein Teil des Überbaus ist, wird also durch die Weiterentwicklung der Basis in seinem Inhalt beeinflußt. Gleichzeitig bezeichnet Stalin die Sprache als solche (das heißt die Wörter für sich) als klassenunabhängig. Die Sprache kann, unabhängig von wechselnden Einflüssen der gesellschaftlichen Grundlage, jeder Gesellschaftsordnung dienen. Für die Rechtswissenschaft kann daraus die Folgerung gezogen werden, daß ihr Inhalt (der ja Elemente der Sprache benützt) zwar entsprechend der jeweiligen Gesellschaftsord-nung ausgelegt werden muß, aber dennoch grundsätzlich mit denselben Elementen arbeiten kann wie in einer anderen Gesellschaftsordnung.

Im ökonomischen Bereich geht Stalin davon aus, daß die Warenproduktion in einer sozialistischen Gesellschaft (im Gegensatz zu einer kommunistischen) noch fortbesteht. Solange dieser Übergang von der sozialistischen zur kommunistischen Gesellschaftsordnung noch nicht vollzogen ist, kann sich die Warenproduktion, die als nicht eigentlich kapitalistische Produktionsweise angesehen wird, und der Warenaustausch, der auch im Sozialismus noch notwendig ist, weiterhin nach den Regeln des bürgerlichen Rechts (Zivilrecht, Schulrecht) abspielen, sofern diese Regeln entsprechend den Bedingungen der sozialistischen Gesellschaftsordnung bewußt angewendet werden.

Damit kann sich also auch Such rehabilitiert fühlen: „Der Fortbestand der Warenproduktion in unserer Ordnung bedingt, daß zahlreiche Formen der einzelnen Schuldverhältnisse, die der juristische Ausdruck der Verhältnisse der Warenproduktion sind und in der einfachen und kapitalistischen Warenproduktion entstanden, in unserer Ordnung zur Festigung und Entwicklung der sozialistischen Produktionsverhältnisse benutzt werden und ausgenutzt werden können.“

Diese Überlegungen fließen dann in der These von der allmählichen Veränderung gesellschaftlicher Verhältnisse zusammen, wobei also eine evolutionäre Weitergestaltung der Gesellschaft akzeptiert wird. Es handelt sich darum, daß unter sozialistischen Verhältnissen die gesellschaftliche Entwicklung nicht mehr auf dem Wege von Umwälzungen (Revolutionen) vor sich geht, sondern eben auf dem Wege allmählicher Veränderungen (Evolutionen). Dabei wird das Alte nicht einfach beseitigt, sondern seine Natur wird unter Anpassung an das Neue verändert und für die Entwicklung des Neuen ausgenutzt.

Für die Rechtswissenschaft wird auf dieser Grundlage die Form-Inhalt-These entwickelt. Die alten bürgerlichen Gesetze, die in der DDR ja weitgehend in Kraft geblieben sind, werden vom Sozialismus mit neuem Inhalt gefüllt und sind dadurch nicht mehr bürgerliches, sondern sozialistisches Recht. Der Inhalt der alten Gesetze wird mit diesem neuen sozialistischen Inhalt so sehr verändert, daß man nicht mehr nur von einer Auslegung der Gesetze sprechen könne, sondern daß die Gesetze von vornherein einen neuen, sozialistischen Charakter erhalten hätten. „Wenn man davon ausgeht, daß mit der neuen staatlichen Ordnung die von dem neuen Staat sanktionierten übernommenen Gesetze einen neuen Inhalt erhalten haben, dann ist dieser inhaltliche Wandel bereits mit der Änderung der Staatsordnung eingetreten. “

Das Zivilrecht der DDR, das sich nun aus alten (bürgerlichen) Gesetzen und neu erlassenen Gesetzen zusammensetzt, ist damit einheitlich sozialistisches Recht. Die alten und die neuen Gesetze gehören zusammen und sind alle unter allen Umständen anzuwenden.

Das neue Zivilrecht, das vom übernommenen Zivilrecht abgeleitet wird, wird dabei im Gegensatz zur bürgerlichen Rechtswissenschaft nicht als Privatrecht (im Gegensatz zum öffentlichen Recht) gesehen. Diese Unterscheidung wird als Ausdruck des kapitalistischen Privateigentums an den Produktionsmitteln abgelehnt. Dennoch wird das Zivilrecht der DDR in der Praxis nicht viel anders als das Privatrecht im bürgerlichen Recht definiert. Das entscheidende Merkmal für die Abgrenzung des Zivilrechts insbesondere vom Verwaltungsrecht wird die rechtliche Gleichstellung der Beteiligten. Als grundlegender Be-reich, bei dem das Zivilrecht in Anwendung kommen soll, wird die Regelung von Vermögensverhältnissen gesehen, bei denen „die Beteiligten eine juristisch gleiche Stellung einnehmen, wobei die Abgrenzung gegenüber dem Verwaltungsrecht durch den Hinweis auf den Charakter dieser Vermögensbeziehungen als Ware-Geld-Beziehungen erfolgt"

Dabei ergibt sich allerdings die Schwierigkeit, den Austausch von Produktionsmitteln innerhalb der volkseigenen Wirtschaft, bei denen der Staat der Eigentümer bleibt, unter das Zivilrecht einzuordnen. Wegen dieser Übertragungsfunktion sind nach Stalin Produktionsmittel keine Waren. Als Ware wird dabei ein Erzeugnis der Produktion bezeichnet, das an jeden beliebigen Käufer verkauft werden kann, wobei der bisherige Warenbesitzer durch den Verkauf der Ware das Eigentumsrecht an ihr verliert. Da aber Produktionsmittel faktisch wie Waren sind, muß nach einer Begründung gesucht werden, warum Produktionsmittel rechtlich als Waren angesehen werden können, obwohl sie es ideologisch nicht sind. Man kommt deshalb zu der Lösung, daß das Zivilrecht bei der Regelung von Eigentumsverhältnissen und der staatlichen Verteilung von Waren und Produktionsmitteln angewendet werden soll, sofern sie der Form nach wie Ware-Geld-Beziehungen sich darstellen.

Die juristische Gleichstellung der Beteiligten bringt über die Einbeziehung der Austausch-beziehungen der volkseigenen Wirtschaft auch den Staat in die Stellung eines Objekts des Zivilrechts, wobei allerdings die Stellung des Staates als Träger des Volkseigentums gegenüber dem Bürger als Objekt des Zivil-rechts stärker gewertet wird. Bei einem Interessengegensatz zwischen den Interessen des Staates und denen des einzelnen Bürgers wird das Interesse des Staates als das Interesse al-* ler Bürger angesehen; deshalb ist der Staat entsprechend zu bevorzugen. „Es ist richtig, daß dort (auf dem XX. Parteitag der KPdSU; J. Th.) auf die Bedeutung des Schutzes der Interessen und Rechte der Bürger hingewiesen wurde; eine Gleichstellung des persönlichen Eigentums mit dem sozialistischen Eigentum hinsichtlich des Schutzes wurde jedoch nicht gefordert... Da das sozialistische Eigentum die Grundlage unseres Staates ist und das persönliche Eigentum vom sozialistischen Eigentum abgeleitet ist, bedarf das sozialistische Eigentum eines besonderen Schutzes." Die rechtliche Beurteilung des Eigentums hängt also nicht von der Qualität des Eigentums ab, sondern von der Person des Eigentümers.

Davon ausgehend werden auch weitere Eigenheiten des bürgerlichen Rechts beibehalten. Das subjektive Recht bleibt als das Recht des einzelnen Bürgers, das die Entfaltung der eigenen Persönlichkeit in gewissem Umfang schützt, erhalten. „Das subjektive Recht ist eine gesetzlich anerkannte, bestimmte, mögliche Verhaltensweise einer Person." Und bei der Eigentümerstellung des Menschen, die als die ökonomische Voraussetzung für seine gesellschaftliche Anerkennung als Persönlichkeit angesehen wird, gibt es zwar Unterschiede zur bürgerlichen Auffassung vom Eigentum, und sie werden auch aufgezeigt: „In der Deutschen Demokratischen Republik ist die formale Gleichheit: bewegliche Sache = bewegliche Sache, unbewegliche Sache = unbewegliche Sache der ökonomischen Wirklichkeit entsprechend überwunden." Aber solche Unterschiede werden auf politischem und ökonomischem Gebiet gemacht; die juristische Theorie nimmt keine Unterscheidung im Begriff des Eigentums vor.

So wird das bisher geltende bürgerliche Recht im wesentlichen übernommen; Unterschiede in der Anwendung der bürgerlichen Gesetze in der sozialistischen Gesellschaftsordnung werden vor allem wirtschaftlich begründet. Das neue Zivilrecht beinhaltet zwar auch einige neue Gesetze; vor allem ist es aber die neue Interpretation der alten bürgerlichen Gesetze.

Das Recht als Instrument der Staatsmacht Wie alle gesellschaftlichen Bereiche jede und Wissenschaft hat auch die Rechtswissenschaft der DDR der allgemeinen politischen Zielvorstellung in ihrer jeweiligen Auslegung zu dienen und bei der Entwicklung des Sozialismus mitzuarbeiten. „Wie der Jurist in den Gesamtprozeß des gesellschaftlichen Lebens hineingestellt wird und ein Aufgabengebiet innerhalb des gesamten Arbeitsplans der Gesellschaft erhält, so muß auch die Rechtswissenschaft zu einem Teilgebiet der umfassenden Gesellschaftswissenschaft werden." Zu Beginn der Entwicklung in der DDR ist der wesentliche Punkt die neue sozialistische Gesellschaftsordnung selbst. Neben den neuen Besitzverhältnissen an den Produktionsmitteln ist die Planung das deutlichste Merkmal dieser neuen Ordnung. Damit wird die Entwicklung eines neuen Rechts notwendig. Aus ideologischen Gründen werden jedoch Suchs Vorstellungen für ein neues Recht, das sich an den Bedingungen der Planung ausrichtet, nicht akzeptiert. Diesen Vorstellungen wird entgegengehalten, daß damit die Meinung vertreten würde, das Recht sei weiter entwickelt als die Gesellschaft; „Es ist eine höchst naive Meinung — der Marx im . Gothaer Programm'mit aller Schärfe entgegen-tritt — daß die Änderungen der Grundlage der Gesellschaft vom Recht ausgehen könnten. Das Recht ist immer nur die Frucht und zwar die höchste, die letzte, die reifste Frucht der ökonomischen und kulturellen Entwicklung der Gesellschaft." In der Reaktion auf Stalins Linguistik-Briefe wird die eigenständige Rolle des gesellschaftlichen Überbaus auch vom Recht als Teil des Überbaus wahrgenommen. Denn wenn auch der überbau von der Basis hervorgebracht wird, so ist er nicht nur Spiegelbild der Basis und gegenüber dem Charakter der Gesellschaftsordnung gleichgültig. „Im Gegenteil, einmal auf die Welt gekommen, wird er zu einer gewaltigen aktiven Kraft, trägt er aktiv dazu bei, daß seine Basis ihre bestimmte Form annimmt und sich festigt, trifft er alle Maßnahmen, um der neuen Gesellschaftsordnung zu helfen, der alten Basis und den alten Klassen den Rest zu geben und sie zu beseitigen.“

Damit wird der überbau und auch das Recht als ein Mittel der herrschenden Klasse, also nun der Arbeiterklasse bzw.der führenden marxistisch-leninistischen Partei angesehen, ihre Ziele in der Gesellschaft durchzusetzen. Damit wird für die weitere Entwicklung der Rechtswissenschaft die politische Wirksamkeit des Rechts das entscheidende Kriterium. Ihr Hauptgewicht liegt nicht auf dem Gebiet der Rechtswissenschaft selbst, sondern im Bereich der Politik.

Auch die Rechtswissenschaft entwickelt sich in einem dialektischen Prozeß: Zunächst (in der bürgerlichen Gesellschaft) stimmen der Inhalt des Rechts und seine Formen überein; dann erhält die alte (bürgerliche) Form einen neuen (sozialistischen) Inhalt; dann wird für diesen neuen Inhalt auch eine neue (sozialistische) Form geschaffen. Für den Anfang der sozialistischen Entwicklung in der DDR muß deshalb lediglich das bürgerliche Recht entsprechend den Bedingungen der sozialistischen Gesellschaftsordnung neu definiert werden.

Da die bürgerlichen Gesetze jetzt der Arbeiterklasse dienen, können sie als sozialistisches Recht angesehen werden und in der sozialistischen Gesellschaft angewendet werden. Denn entscheidend sind nicht die Formalia der bürgerlichen Gesetze, sondern die Frage, wie diese Gesetze angewendet werden. Dies führt sogar so weit, daß auch die Begriffe des weitergeltenden BGB, die auf den Anschauungen der bürgerlichen Gesellschaft beruhen, uminterpretiert werden, so daß ihre Verwendung in der sozialistischen Gesellschaft der DDR gesichert ist. „Unter guten Sitten sind zu verstehen die Anschauungen der jeweils herrschenden Klasse, in der DDR die Anschauungen der Arbeiter und Bauern und deren Verbündeten."

Damit sind Überlegungen, welche Aufgaben das Zivilrecht im Hinblick auf die Entwicklung zur kommunistischen Gesellschaft übernehmen könnte und müßte, überflüssig. Mit Hilfe des Rechts wird ein neuer Menschentyp nicht angestrebt. Vielmehr soll der Bürger dazu gebracht werden, den politischen und gesellschaftlichen Erfordernissen des Staates zu dienen. Mit Hilfe des Rechts sollen die Arbeitsdisziplin, die Staatsdisziplin, die Kritik und Selbstkritik und andere Bestandteile der „sozialistischen Moral" gestärkt werden. Damit ist das Recht nur Hilfsmittel für politische Zwecke. Die Erziehung zum sozialistischen Menschen soll in erster nicht die Rechtstheorie, sondern die Handhabung des Rechts durch die Gerichte übernehmen.

So sprechen die Rechtswissenschaftler zwar weitgehend von der neuen sozialistischen Moral, zu der auch das Recht beitrage. Im übrigen arbeiten sie aber mit den alten bürgerlichen Rechtsformen, und die politischen Zielvorstellungen finden in die zivilrechtliche Diskussion kaum Eingang. „Es ist nicht Sache des Zivilrechts, den Menschen in seiner ganzen Würde und Ethik, in seiner Geistigkeit und Körperlichkeit darzustellen — das ist Aufgabe der Philosophie, der Medizin, der Kunst und Literatur und so fort. Das Zivil-recht interessiert der Mensch eben nur in sei-ner Eigenschaft als Subjekt bestimmter Rechtsverhältnisse.“

Damit ergibt sich kein wesentlicher Unterschied gegenüber der Unterscheidung des bürgerlichen Rechts in öffentliches und privates Recht. „Wir finden ... hier die formellen Elemente der herkömmlichen Abgrenzung des Privatrechts wieder, wobei jedoch die alte gewohnte Vermögenskonzeption übertragen wurde auf die neue sozialistische Struktur der ökonomischen Basis.“

So kann in dieser Periode nicht von einem grundsätzlich neuen Zivilrecht gesprochen werden. Die Hauptaufgabe der Rechtswissenschaft soll nicht die Weiterentwicklung des Rechts sein, sondern entsprechend den Grundbedingungen in einer sozialistischen Gesellschaft soll die Brauchbarkeit des Rechts für die Politik von Partei und Regierung untersucht werden. Das Recht soll in erster Linie ein Hebel zur Durchsetzung und Festigung der ökonomischen Entwicklung sein. Damit ist der wesentliche Punkt, das Zivil-recht zu einer starken Waffe im Kampf für den Aufbau der sozialistischen Gesellschaftsordnung zu machen, damit es bei der Herstellung der Einheit Deutschlands nach den Prinzipien der SED helfen und die für die Justiz und die Leitung der Wirtschaft der DDR erforderlichen Kader ausbilden kann.

Das Recht darf nicht die Wissenschaft des Rechts sein, die sich mit wissenschaftlichen Methoden um die Weiterentwicklung des Rechts kümmert. Das Recht muß der Durchsetzung politischer Ziele dienen; die Wissenschaftlichkeit kann nur eine Ergänzung sein, die die aus politischen Gründen gefragten Argumente liefert.

III. Ein neues sozialistisches Zivilrecht (1958— 1961)

Bei dieser Methodik in der Rechtswissenschaft wird aber der letzte Teilschritt des dialektischen Prozesses nicht vollzogen. Dadurch, daß der sozialistische Inhalt das bürgerliche Recht zum sozialistischen Recht selbst gemacht hat, erübrigt sich die Suche nach einem eigenen sozialistischen Recht. Dies führt zur Kritik der SED an der Entwicklung der Rechtswissenschaft, die sich nur unzureichend von der bürgerlichen Vergangenheit gelöst habe. Ihr wird vorgeworfen, hinter der politischen Entwicklung des Landes zurückgeblieben zu sein. In der weiteren rechts-wissenschaftlichen Diskussion soll deshalb auch der dritte Schritt des dialektischen Prozesses durchgeführt werden: Für die weiter entwickelte sozialistische Gesellschaft reichen die alten bürgerlichen Rechtsnormen nicht mehr aus, sondern es müssen neue, sozialistische Normen, ein neues sozialistisches Zivilrecht geschaffen werden.

Zu Beginn dieser neuen Periode zeigt sich die SED unzufrieden mit der bisherigen Entwicklung, da in der Staats-und Rechtswissenschaft ein Einbruch der bürgerlichen Ideologie erfolgt sei. Auf der Babelsberger Konferenz wird deshalb die bisherige Entwicklung ausführlich kritisiert, und im weiteren Verlauf der Diskussion über die Entwicklung der Rechtswissenschaft werden Vorstellungen für ein gänzlich neues Zivilrecht vorgetragen. Eine neue Konzeption Die alten Normen, die bisher in begrenztem Umfang im sozialistischen Staat hätten verwendet werden können, würden sich nun schädlich auf die Entwicklung in der soziali-stischen Gesellschaft auswirken. Zwischen der bürgerlichen und der sozialistischen Gesellschaft bestehen grundsätzliche Unterschiede, so daß die bürgerlichen Rechtsnormen eben nicht nur formalen Charakter, sondern auch eine inhaltliche Bedeutung besitzen. Wegen der Beharrlichkeit von einmal ausgearbeiteten Formen würden sie sich insgesamt negativ auf die Entwicklung in der sozialistischen Gesellschaft auswirken. „Es ist bekannt, daß einmal ausgearbeitete Formen die Tendenz haben, zu erstarren und im Sinne eines bürokratischen Mechanismus sich zu verfeinern. Diese Tendenzen werden begünstigt durch die alten bürgerlich-reaktionären Traditionen.“

Für das neue Zivilrecht, das nun geschaffen werden soll, stellt sich die Frage nach den Kriterien, welche Bereiche des Rechts zum Zivilrecht zugeordnet werden sollen. Dabei wird das Abgrenzungskriterium des bürgerlichen Zivilrechts, das für den Wirkungsbereich der Ware-Geld-Beziehungen Gültigkeit habe und in erster Linie ein Recht des gleichberechtigten Güteraustausches sei, abgelehnt, da dies ein typisch kapitalistisches Gesetz sei.

Ebenso wird mit dieser eher wirtschaftspolitisch geprägten Definition zunächst auch das diesem zugrundeliegende juristische Kriterium abgelehnt, nämlich das der rechtlichen Gleichstellung der Partner. Die bisherige Unterscheidung in Zivilrecht und öffentliches Recht wird als lediglich formale Unterscheidung angesehen, die aber noch nichts für den jeweiligen Bereich der gesellschaftlichen Verhältnisse bedeute. Das sozialistische Zivil-recht soll deshalb ganz bestimmte gesellschaftliche Teilbereiche regeln: „Die Gliederung des Zivilgesetzbuches könnte m. E. weitgehend in Anpassung an die tatsächlichen gesellschaftlichen Verhältnisse erfolgen. Die Abschnitte des Zivilgesetzbuches wären dann bestimmten Teilbereichen des menschlichen Lebens gewidmet, so zum Beispiel dem Wohnen (worunter auch die oben genannten Verhältnisse — d. h.der Wohnraumlenkung; J. Th. — fallen, aber auch der genossenschaftliche Wohnungsbau und dgl.), der Einrichtung (worunter Kauf, Abzahlungskauf, Anfertigung, Reparatur u. a. fallen)."

Nicht zum Bereich des Zivilrechts wird aber insbesondere das Recht der volkseigenen Wirtschaft gezählt. Das besondere Wirtschaftsrecht wird als notwendig angesehen, damit die Einheit von Plan, Vertragssystem und wirtschaftlicher Rechnungsführung gewährleistet ist.

Ein spezielles Wirtschaftsrecht war als Planungsrecht zwar auch schon in den Jahren 1949/50 von Such vorgeschlagen worden. Zugunsten eines einheitlichen Zivilrechts war es aber damals abgelehnt worden, wenn auch die entsprechenden Gesetze als Gesamtkomplexe verfaßt worden sind. Jetzt soll die Verstärkung des staatlichen Einflusses auf die Wirtschaft auch rechtstheoretisch abgesichert werden. Die Isolierung der staatlichen Leitung und Planung der Wirtschaft von den juristischen Fragen des Vertragssystems soll beseitigt werden. Das neue Wirtschaftsrecht soll alle diese rechtlichen Regelungen enthalten, die sich mit dem Bereich der Wirtschaft, insbesondere der volkseigenen Wirtschaft befassen. „Das Wirtschaftsrecht ist die Konkretisierung des Staatsrechts auf einem bestimmten Teilbereich gesellschaftlicher Verhältnisse, gesellschaftlicher Tätigkeiten."

Damit wird das Wirtschaftsrecht zu einer Art Verwaltungsrecht, das die Bestandteile der volkseigenen Wirtschaft zu Verwaltungsbehörden macht. Denn der volkseigene Betrieb wird nicht nur als ein wirtschaftlicher Orga-nismus gesehen, sondern als Teil des Staatsapparates, als staatliches Organ, dessen Hauptfunktion in der Durchführung der materiellen Produktion besteht.

So wird das Zivilrecht auf die Regelung der Beziehungen der Bürger untereinander und gegenüber den sozialistischen Organisationen, insbesondere den Handelsorganisationen, beschränkt, wobei zunächst als Hauptgegenstand vom Eigentum ausgegangen wird; da das Volkseigentum im Wirtschaftsrecht geregelt werden soll, wird hier das persönliche Eigentum berücksichtigt. Das Zivilrecht bezieht sich auf „diejenigen gesellschaftlichen Verhältnisse, an denen die Bürger als Träger des persönlichen Eigentums beteiligt sind, und die damit verbundenen persönlichen Beziehungen der Bürger".

In der Folgezeit wird aber das Kriterium des persönlichen Eigentums fallengelassen. Denn wenn auch statt der Unterordnung der Persönlichkeit unter das Eigentum nun die Frage des Eigentums der Persönlichkeit untergeordnet wird, so wird doch in beiden Fällen das Individuum zum Ausgangspunkt genommen. Darin wird aber der Fehler gesehen, denn das neue Zivilgesetzbuch soll das bürgerliche Prinzip der isolierten Individualität überwinden: Das bürgerliche Niveau des Denkens in individuellen Verhältnissen soll überwunden werden, die Fixierung auf abstrakte Personen beendet und die Herausbildung des Kollektivs gefördert werden. Im Mittelpunkt des neuen Zivilgesetzbuches sollen die neuen menschlichen Beziehungen stehen.

Dabei sollen, damit diese neuen menschlichen Beziehungen auch tatsächlich zum Tragen kommen können, für das neue Zivilrecht die Versorgungsbeziehungen der Bürger zur Grundlage genommen werden, denn diese Verhältnisse stehen unmittelbar mit der Befriedigung der materiellen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung in Verbindung. In dieser Form können in das neue Zivilrecht nicht nur Teile des bisherigen öffentlichen Rechts ohne Schwierigkeiten in der Begründung in das Zivilgesetzbuch übernommen werden, wie z. B. die Maßnahmen der staatlichen Wohnraumlenkung. Es ist auch möglich, das neue Zivilgesetzbuch bereits im Hinblick auf das kommunistische Verteilungsprinzip zu gestalten, bei dem nicht die Leistungen, sondern die Bedürfnisse wesentlich sind. „Diese Form der gesellschaftlichen Nutzung von Konsumtionsmitteln ... ist jedoch ein Weg, der sich entwickelt und der zeigt, wie der Übergang vom Anteil des Bürgers am gesellschaftlichen Konsumtionsfonds entsprechend seiner Leistung zur kostenlosen und kollektiven Befriedigung der Bedürfnisse vor sich gehen kann." Mit dieser Definition wird nach der wirtschaftlichen Vergesellschaftung der Produktionsmittel nun auch die Ausrichtung des privaten Rechts an den gesellschaftlichen Interessen angestrebt. „Die neue Konzeption bedeutet schließlich im Verhältnis des persönlichen Eigentums eine Vergesellschaftung des Zivilrechts: An die Stelle des persönlichen Genusses persönlichen Eigentums soll ins Zentrum des Zivilrechts die Befriedigung der Bedürfnisse der Bevölkerung im allgemeinen treten; eine durchaus nicht mehr persönliche Angelegenheit."

Als ein wesentlicher Punkt bei der Gestaltung des sozialistischen Zivilrechts wird dementsprechend die Problematik des subjektiven Rechts angesehen. Das bürgerliche subjektive Recht wird abgelehnt, weil das bürgerliche Menschenrecht der Freiheit nicht auf der Anerkennung des Menschen als gesellschaftlichem Wesen basiert, sondern vielmehr die Trennung des Menschen vom Menschen beinhalte. Das bürgerliche subjektive Recht gebe dem Individuum das Recht zur Ab-28) Sonderung von der Gesellschaft, zur Beschränkung auf sich selbst. Denn auch das Recht des Privateigentums sei das Recht, sein Vermögen ohne Rücksicht auf die anderen Menschen und auf die gesellschaftlichen Bedürfnisse zu genießen und auszunutzen. „Jene individuelle Freiheit, wie diese Nutzanwendung derselben, bilden die Grundlage der bürgerlichen Gesellschaft. Sie läßt jeden Menschen am anderen Menschen nicht die Verwirklichung, sondern vielmehr die Schranke seiner Freiheit finden."

Wegen dieser Trennung des Menschen von der Gesellschaft wird ein individuelles Bedürfnis auf Schutz der Freiheitsrechte abgestritten; vielmehr wird die Bestimmung der sozialistischen Persönlichkeitsrechte auf die Gesellschaft ausgerichtet; sie werden gesellschaftsbezogen dargestellt: Zu den Persönlichkeitsrechten werden das Recht auf Arbeit, das Recht auf Mitwirkung, das Recht auf Bildung gezählt. „Die Mitwirkung an der bewußten Gestaltung des gesamten gesellschaftlichen, kulturellen und vor allem politisch-staatlichen Lebens unserer Republik ist ... das entscheidende, grundlegende Recht der Bürger unserer Republik."

So wird aufgrund der Behauptung, daß die Interessen der Gesellschaft mit den Interessen des Einzelnen in der sozialistischen Gesellschaft übereinstimmen, aus dem subjektiven Recht des einzelnen Bürgers das objektive Recht der Gesellschaft. „Die dem kapitalistischen Recht eigenen Gesetzlichkeiten zwischen objektivem und subjektivem Recht sowie zwischen persönlichen und gesellschaftlichen Interessen (sind) aufgehoben. Die Rechte der Bürger sind unmittelbar Bestandteil des objektiven Rechts und nicht, wie die subjektiven Rechte, von ihm abgeleitet. Ihre Wahrnehmung bedeutet Verwirklichung der objektiven sozialistischen Rechtsordnung."

Diese Gedanken finden ihren Ausdruck auch in der Regelung des Vertragsrechts. Im bürgerlichen Recht werde der Vertrag als die Ausnahme von der Regel angesehen, daß der Mensch innerhalb der Gesellschaft vereinzelt ist. Im bürgerlichen Vertrag und auch an der bisherigen Entwicklung des Vertragsrechts in der DDR wird kritisiert, daß hier das Individuum unabhängig von der Gesellschaft handelt und erst durch zweiseitige Rechtsbeziehungen die Verbindung zwischen Individuum und Gesellschaft wiederhergestellt werden muß.

Wegen dieser Funktion des bürgerlichen Vertrags soll im sozialistischen Rechtssystem im Vordergrund die allgemeine gesellschaftliche Bestimmung der Beziehungen stehen. Die zivilrechtlichen Beziehungen in der DDR, vor allem die Beziehungen zwischen Bürgern und sozialistischem Handel, beginnen nicht erst mit einem speziellen rechtlichen Kontakt und enden auch nicht mit dem Abschluß dieses Kontakts. Das allgemeine Rechtsverhältnis besteht vielmehr grundsätzlich als eine ständige Beziehung eines jeden Individuums zur Gesellschaft.

Insgesamt soll in dieser Periode das Zivil-recht helfen, den Prozeß der gesellschaftlichen Neuordnung auch auf den privaten Bereich auszudehnen und so diesen Bereich, der in der bürgerlichen Gesellschaft die Isolierung des Individuums ermöglicht, dem Einfluß der sozialistischen Gesellschaft zu eröffnen, damit die Menschen auch hier aus ihrer Vereinzelung gelöst werden.

Wegbereiter für die kommunistische Zukunft Nachdem in der Anfangsphase der rechtswissenschaftlichen Diskussion die Wissenschaft lediglich die für die Durchsetzung politischer Ziele nötigen Argumente liefern mußte, sollen sich Staats-und Rechtswissenschaft der DDR künftig an ihre „eigentliche" Aufgabe machen und bei der Entwicklung sozialistischen. Gedankenguts mitarbeiten. So wird das Verhältnis zwischen Form und Inhalt nicht mehr eher statisch wie in der vorhergegangenen Periode, sondern in erster Linie dynamisch gesehen. Der dritte Schritt des dialektischen Prozesses, der bisher vernachlässigt worden ist, soll begonnen werden.

Der Widerspruch, bürgerliche Rechtsnormen in einem sozialistischen Staat zu verwenden, soll vollständig gelöst werden. Dazu soll die Erarbeitung des neuen Zivilrechts dienen, wobei dieses sozialistische Zivilrecht in erster Linie als unbürgerliches Zivilrecht gedacht ist. Gleichzeitig soll es die politische Funktion erhalten, die Bevölkerung in die gesellschaftlichen Organisationen einzubeziehen. Wegen der Ablehnung des Individualismus in der sozialistischen Gesellschaft soll es nicht mehr die Funktion haben, die individuellen Interessen des Bürgers zu schützen; vielmehr sollen seine individuellen Interessen vergesellschaftet werden.

Mit Hilfe des Zivilrechts soll deshalb der Einzelne in die Gesellschaft einbezogen werden. Mit dem Mitgestaltungsrecht des Bürgers in gesellschaftlichen Kollektiven soll er aus seinem Einzeldasein gelöst und als gesellschaftliches Wesen an der Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft aktiv beteiligt werden. „Es ist dies ein das neue Zivilrecht beherrschendes sozialistisches Prinzip, daß der Kreis der Werktätigen, der die genannten Institutionen (der Bedürfnisbefriedigung; J. Th.) in Anspruch nimmt und nutzt, kollektiv auf deren Arbeit aktiv gestaltend und kontrollierend einwirkt."

Die Übereinstimmung zwischen individuellen und gesellschaftlichen Interessen wird sogar noch weiter geführt. Das Recht soll im Sozialismus so gestaltet werden, daß es zum einen dieser Übereinstimmung entspricht; zum anderen wird damit aber auch gleichzeitig die Weiterentwicklung der sozialistischen zur kommunistischen Gesellschaft und dementsprechend die Weiterentwicklung des Rechts berücksichtigt. Die sozialistischen Rechtsnormen sollen in der künftigen kommunistischen Gesellschaft, in der wegen des allgemeingültigen kommunistischen Verteilungsprinzips und der Übereinstimmung zwischen individuellen und gesellschaftlichen Interessen keine rechtlichen Bindungen mehr nötig seien, als Moralnormen weiter verwendet werden können.

Die juristischen Normen sollen die gesellschaftlichen Verhältnisse unmittelbar darstellen und gesellschaftliche WunschVorstellungen aufzeigen, die dann angestrebt werden. Die Rechtswissenschaft wird also direkt einbezogen in die Bestrebungen, die sozialistische Gesellschaft weiterzuentwickeln. Politische Forderungen sollen unmittelbar als juristische Normen aufgestellt werden. Vor allem soll die Vereinzelung des Menschen im bürgerlichen Staat beseitigt werden; die Hauptaufgabe bei der Erziehung der Bürger soll darin liegen, die Bürger in der Gesellschaft, im Kollektiv zu verankern. Während im bürgerlichen Recht die egoistischen Interessen der Menschen im Vordergrund stehen, soll das sozialistische Recht den Menschen auf die Gesellschaft beziehen. „Die Verhaltensregeln des sozialistischen Rechts werden hingegen dadurch gekennzeichnet, daß sie ein Handeln von den Menschen fordern, welches die Menschen vom isolierten, individuellen zum kollektiven, gesellschaftlichen, vom spontanen zum bewußten Denken führt. Damit verleiht es dem menschlichen Handeln eine innere Bewegungskraft, die es auf eine immer höhere Stufe der objektiven Gesetzmäßigkeit der gesellschaftlichen Entwicklung hebt.“

Weil der Einzelne immer als ein möglicher Gegenspieler der Gesellschaft angesehen wird, soll der Wandlungsprozeß vom „ich” zum „wir", der Sieg über den bürgerlichen Egoismus, vor allem über die Vergesellschaftung des Menschen erfolgen. Der Mensch soll das Ziel seiner Existenz nicht allein in seiner Person, sondern erst in der Gesellschaft finden. Die Übereinstimmung zwischen persönlichen und gesellschaftlichen Interessen soll nicht im persönlichen Besitz, sondern nur im kollektiven Luxus erreicht werden. Eben deshalb kann auch das Zivilrecht nicht das Recht des persönlichen Eigentums sein; als das Recht der Konsumtionsbeziehungen soll es gleichzeitig zur Erziehung der Menschen innerhalb der sozialistischen Gesellschaft dienen und auch zur kommunistischen Gesellschaft hinführen können.

IV. Die Periode des neuen ökonomischen Systems (1961— 1971)

In der nachfolgenden Periode beeinflussen die Bedingungen des neuen ökonomischen Systems auch das Rechtsdenken. Das neue ökonomische System der Planung und Leitung der Volkswirtschaft wird eingeführt, als offenkundig wird, daß mit der alleinigen zentralen Planung und Leitung der sozialistischen Wirtschaft die ökonomischen Probleme nur sehr unzureichend gelöst werden können. Die mangelnde Effizienz der DDR-Wirtschaft erfordert eine Reform der volkswirtschaftlichen Organisation. Es wird anerkannt, daß die wirtschaftlichen Möglichkeiten nur dann richtig ausgenutzt werden können, „wenn wir das System der Planung und Leitung so verbessern, daß den Triebkräften der ökonomischen Entwicklung freie Bahn geschaffen wird und zugleich die Hauptfunktionen in ihrer dynamischen Bewegung wissenschaftlich präzise festgelegt werden und ihre Realisierung kontrolliert wird"

Für den Einfluß des neuen ökonomischen Systems auf die zivilrechtliche Diskussion ist dabei besonders wichtig, daß für Arbeiter und Betriebe ein zusammenhängendes und umfassendes System materieller Produktionsanreize geschaffen werden soll.

Diesen Grundforderungen des neuen ökonomischen Systems, daß der höchste ökonomische Nutzeffekt angestrebt werden müsse, muß nun jede wissenschaftliche Diskussion folgen. Auch die Rechtswissenschaft muß dieser Forderung nachkommen, wenn sie auch nach der radikalen Phase nach der Babelsberger Konferenz nur schwer die grundsätzlichen Diskussionen über die ideologischen Funktionen des Rechts aufgeben kann. Nun aber heißt es: „Die vordringlichste aller Aufgaben ist die Ausarbeitung der den neuen Bedingungen und ihren Erfordernissen entsprechenden organisationspolitischen Prinzipien und staatsrechtlichen Formen des neuen ökonomischen Systems der Planung und Leitung der Volkswirtschaft."

Die Macht der Tradition Beendet wird die Babelsberger Periode in der juristischen Diskussion in der DDR durch die Veröffentlichung des Entwurfs der Grundlagen für die Zivilgesetzgebung der UdSSR und der sowjetischen Unionsrepubliken. Dieser Grundlagenentwurf hat im Vergleich zum Stand der Diskussion in der DDR eine weitgehend traditionelle Konzeption. „Vor allem geht der Grundlagenentwurf nicht von der Trennung des Zivilrechts vom Wirtschaftsrecht aus, sondern bestimmt das Zivilrecht traditionell nach dem Merkmal der rechtlichen Gleichordnung, also unter Einrechnung der Austauschbeziehungen der sozialistischen Betriebe untereinander. Damit entspricht die sowjetische Konzeption der ostdeutschen Lehre vor der Babelsberger Konferenz; die seit Babelsberg im Prozeß der Lösung vom bürgerlichen Recht mühsam gewonnenen Erkenntnisse sind ernstlich in Frage gestellt."

Dementsprechend stellt sich die Rechtswissenschaft in der DDR erst langsam auf diesen Entwurf ein. Doch trotz anfänglicher, teilweise heftiger Kritik werden die Vorstellungen der sowjetischen Rechtspolitik von einem einheitlichen Zivilrecht nachvollzogen. Insbesondere die Neuorientierung in der Wirtschaftspolitik im neuen ökonomischen System wirkt sich auf die Zivilrechtsdiskussion aus.

In erster Linie sollen dabei die Grundfragen und auch solche Probleme untersucht werden, wie das Zivilrecht gestaltet werden soll, um als Instrument zur Durchsetzung der Überein-stimmung zwischen gesellschaftlichen und individuellen Interessen in der sozialistischen Gesellschaft zu dienen; dabei soll es auch mithelfen, administrative Züge in der Wirtschaftsleitung zurückzudrängen und durch Anwendung ökonomischer Mittel zu ersetzen. Diese Forderungen bedeuten dann eine Verlagerung entsprechender Bereiche des Rechts vom Gebiet des Verwaltungsrechts bzw.des Wirtschaftsrechts zum Zivilrecht, was sich vor allem in der Ausdehnung der Befugnisse der Betriebe beim Abschluß von Wirtschaftsverträgen auswirkt.

Gerade am Bereich des Wirtschaftsrechts zeigen sich die neuen Überlegungen über das Zivilrecht. Während es in der vergangenen Periode als eigenständiger Rechtszweig angesehen wird, wird es jetzt nach und nach wieder, entsprechend dem sowjetischen Grundlagen-entwurf, als Teil des Zivilrechts angesehen. Nurunehr soll es zu jeder Zeit fehlerhaft gewesen sein, das einheitliche Zivilrecht in ein Zivilrecht der Bürger und ein Recht der sozialistischen Wirtschaft aufzuspalten. Für das Wirtschaftsrecht wird keine theoretische Grundposition mehr gesehen; es sei nicht gelungen, den Bereich dieses Rechtszweigs exakt zu bestimmen. Somit wird die Trennung des Wirtschaftsrechts vom Zivilrecht als künstlich angesehen, für die es keine ernsthaften wissenschaftlichen Argumente gebe.

Allerdings wird diese Position wiederum hauptsächlich theoretisch vertreten, während in der juristischen Praxis das Vertragsrecht eben doch wieder selbständig geregelt werden muß. Denn wegen der grundsätzlichen Schwierigkeiten in der Periode des neuen ökonomischen Systems — auf der einen Seite die selbständige Entscheidung der Betriebe, auf der anderen Seite die administrativen Eingriffe der staatlichen Verwaltung — wird davon ausgegangen, daß die wirtschaftlichen Regelungen nicht von einem einheitlichen Zivilrecht getroffen werden können; mit einem wirtschaftsrechtlichen Vorgehen würden die Probleme nicht nur besser, sondern überhaupt erst bewältigt werden können. So wird das Wirtschaftsrecht zwar theoretisch zunächst dem Zivilrecht zugeordnet, in der Praxis aber stets als eigener Rechtszweig geführt.

Für die Definition des Zivilrechts ergibt sich deshalb wiederum die Frage nach der Abgrenzung. Der sowjetische Grundlagenentwurf unterscheidet dabei zwischen zivilrechtlichen Verhältnissen und solchen der verwaltungsmäßigen Unterordnung: „Auf Vermögensverhältnisse, die auf der verwaltungsmäßigen Unterordnung der einen Partei unter die andere beruhen, sowie auf Steuer-und Haushaltsverhältnisse wird die Zivilgesetzgebung der Union der SSR und der Unionsrepubliken nicht angewandt." Damit wird das Zivilrecht wieder dort angewendet, wo die juristische Gleichstellung der Beteiligten gegeben ist; es wird nicht mehr nach dem jeweiligen gesellschaftlichen Wirkungsbereich gegliedert. Denn nur durch die gleiche Rechtsstellung der Partner kann die ökonomische und ideologische Funktion des sozialistischen Zivilrechts voll verwirklicht werden. Es wird also nicht das politische, das gesellschaftliche Moment, sondern das rein juristische Argument als das wesentliche Prinzip angesehen.

Damit wird wieder die Trennung des Zivil-rechts vom Verwaltungsrecht vorgenommen. Das Zivilrecht wird auch dann angewendet, wenn faktisch, das heißt insbesondere wirtschaftlich eine ungleiche Stellung zwischen den Beteiligten gegeben ist. Denn das Zivil-recht soll dem Bürger bei der Durchsetzung seiner Interessen gegenüber den staatlichen Wirtschaftsorganen helfen; wegen der Über-windung des Widerspruchs zwischen Individuum und Gesellschaft sind die Bürger gegenüber dem staatlichen Vertragspartner gleichgestellt. Dies wird als um so wichtiger dargestellt, als diese rechtliche Gleichstellung keine Gleichstellung zwischen den Partnern im wirtschaftlichen Sinn bedeuten soll.

So gibt es also in der Anwendung des Zivil-rechts keine entscheidenden Gegensätze zum bürgerlichen Zivilrecht, nachdem in der Babelsberger Periode noch nach grundsätzlich neuen Kriterien gesucht worden ist. Das Zivilrecht soll die Grundzüge für alle gesellschaftlichen Bereiche beinhalten. Und die genannten Unterschiede machen das Zivilrecht zu dem Rechtsgebiet, das alle diejenigen Beziehungen rechtlich regelt, die nicht bereits anderweitig geregelt sind — wie im Wirtschaftsrecht.

So ergibt sich mit der zunehmenden Entwicklung eines eigenen Wirtschaftsrechts, daß das Zivilrecht sich auf die Rechtsbeziehungen, an denen die Bürger beteiligt sind, konzentriert; außerdem werden auf der Basis der rechtlichen Gleichstellung der Beteiligten alle diejenigen Bereiche erfaßt, die nicht vom Wirtschaftsrecht speziell geregelt werden. Im Gegensatz zur Babelsberger Periode wird damit das Zivilrecht nicht mehr positiv als das Gesellschaftliche Recht der Bürger, sondern negativ als der Teil des Rechts definiert, der nicht vom Wirtschaftsrecht geregelt wird.

Das Wirtschaftsrecht wird also als neue Disziplin, zusätzlich zu den traditionellen Rechts-bereichen Staatsrecht und Zivilrecht gesehen. Und ebenso wie wegen der Notwendigkeit einer dringlichen Regelung für das Vertragsgesetz das Wirtschaftsrecht konzipiert wird, so entstehen in Zusammenhang mit der Erarbeitung entsprechender Gesetzesbücher als neue Rechtszweige in dieser Zeit das Arbeitsrecht und das Familienrecht, die ebenfalls als neben dem Zivilrecht eigenständige Rechtszweige angesehen werden. Aber wie sich noch zeigen wird, ist diese Aufteilung in verschiedene Rechtszweige im wesentlichen ein verbaler Vorgang, der theoretisch nicht vollkommen untermauert wird, so daß immer wieder die Verbindungen zwischen diesen Gebieten auftreten und gewissermaßen für das Zivil-, Familien-und Arbeitsrecht ein übergeordneter Begriff durchaus sinnvoll wäre. Aber abgesehen von solchen Gesetzeswerken bringt die Zivilrechtswissenschaft der DDR in dieser Zeit keine wesentlichen Neuerungen.

Vielmehr geht die Diskussion über das Zivil-recht hinter die Erkenntnisse der Babelsberger Periode zurück. Zum Beispiel werden die subjektiven Rechte des Bürgers wieder stärker betont. Der Schutz der Rechte der Bürger ist für den Aufbau des Sozialismus unerläßlich. Denn nur wenn der sozialistische Staat den Schutz des sozialistischen Eigentums, die Einhaltung der sozialistischen Rechtsordnung und auch den Schutz des Vermögens und der Rechte seiner Bürger gewährleiste, könne der Sieg des Sozialismus erreicht werden.

Während diese Forderung in der Babelsberger Periode weitgehend ignoriert worden ist, wird nun den subjektiven Rechten des Bürgers stärkere Beachtung geschenkt. „Erst wenn wir damit aufhören, die Begriffe Recht, Pflicht, Anspruch usw. ausdrücklich oder stillschweigend gewissermaßen wesensmäßig mit Isoliertheit, Egoismus usw. zu verbinden, werden wir in der Lage sein, das neue Recht entsprechend den gesellschaftlichen Anforderungen auszuarbeiten.“

In der Periode des neuen ökonomischen Systems soll für die Förderung der gesellschaftlichen Interessen der Einzelne stärker, insbesondere materiell an seiner Arbeit interessiert werden. Dies setzt aber voraus, daß die Ergebnisse seiner Arbeit durch das Zivilrecht geschützt werden.

Wesentlich dafür ist, daß das subjektive Recht tatsächlich ein Recht für jeden Einzelnen ist, das nicht nur im Hinblick auf gesellschaftliche Erfordernisse gewährt wird. Beim persönlichen Eigentum wird zwar weiterhin der Bezug zur Gesellschaft betont; das Eigentum soll das Recht zur gesellschaftlichen Mitarbeit beinhalten. Darüber hinaus wird durch persönliches Eigentum aber auch das Recht gegeben, dieses Eigentum unabhängig von der Gesellschaft im privaten Bereich zu nutzen. Nur dem persönlichen Eigentümer wird das (subjektive) Recht zugestanden, die ihm gehörende Sache zu benutzen und über sie zu verfügen.

Damit wird das subjektive Recht als selbstverständlich vorausgesetzt. Dabei werden die Teile des Zivilrechts, die in der Babelsberger Periode als das wesentliche angesehen wurden, nur noch teilweise zum Zivilrecht gezählt. Die gesellschaftlichen Mitwirkungsrechte treten hinter den subjektiven Rechten des Einzelnen deutlich in den Hintergrund, wie auch in den sowjetischen Grundlagen zum Beispiel die Mitverwaltung sozialistischer Kollektive zum Verwaltungsrecht gezählt wird.

Diese Mitwirkung in Kollektiven dient zwar weiterhin der Einbeziehung des Individuums in die Gesellschaft. Wegen des geringen Interesses der Bürger wird diese Mitwirkung aber nicht mehr politisch nur im Kollektiv gesehen. Vielmehr muß das Zivilrecht dem Bürger durch seine Rechte und Pflichten den Weg zur aktiven Beteiligung zeigen. „Auf der Grundlage der programmatischen Staatsrats-erklärung hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, daß das Grundrecht der Bürger auf Mitwirkung an der Leitung und Gestaltung des gesamten gesellschaftlichen Lebens das wichtigste Grundrecht ist, daß sich in ihm das neue, sozialistische Verhältnis des einzelnen zur Gesellschaft und zum Staat am sichtbarsten auswirkt.“

Damit aber die gesellschaftliche Einbeziehung der Rechte des Einzelnen dennoch betont werden kann, wird bereits die Ausnutzung der subjektiven Rechte als gesellschaftliche Mitwirkung bezeichnet. Die Ausübung des subjektiven Rechts wird nicht nur als Regelung der eigenen Angelegenheiten verstanden, sondern unter der Ausübung wird gleichzeitig die Mitwirkung an der Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens gesehen.

So zeigt sich in den Definitionen für die verschiedenen Rechtsbegriffe wieder Überein-stimmung mit den entsprechenden bürgerlichen Rechtsbegriffen. Aber wie vor Babelsberg wird diese Ähnlichkeit mit den bürgerlichen Institutionen der gleichen Bezeichnung als nur äußerlich dargestellt. Wegen der Babelsberger Kritik an der Form-Inhalt-These wird allerdings diese Erklärung nur sehr zurückhaltend benutzt; das Problem einer Ähnlichkeit mit bürgerlichen Rechtsformen wird möglichst nicht diskutiert.

Lediglich vereinzelt wird die Veränderung des Inhalts als Rechtfertigung dafür angebracht, daß die alten bürgerlichen Rechtsformen beibehalten werden und somit als sozialistisches Recht anzusehen ist. Denn da das Recht „ein durch staatliche Willensäußerung begründetes Instrument der Rückwirkung auf die Basis darstellt, dessen inhaltliche und formelle Ausgestaltung insoweit von den Interessen und Auffassungen der herrschenden Klasse abhängt, ist das Wesen des Rechts vom Wesen des Staates nicht zu trennen und kann nicht anders geartet sein als dieses. Seinem Wesen, seinem Klassencharakter nach des und ist das gesamte Recht Arbeiter-Bauernstaates von Beginn der sozialistischen Umwälzung an sozialistisches Recht" Damit ist die Entwicklung neuer Rechtsnormen und neuer Vorstellungen vom Zivilrecht nicht mehr dringlich; das alte Zivilrecht kann weiter verwendet werden.

Durchsetzung der ökonomischen Ziele In der Periode des neuen ökonomischen Systems soll das Recht also wieder seiner Funktion als Hilfsmittel der Politik entsprechen. Mit der Fixierung der Rechtswissenschaft auf die Anforderungen des neuen ökonomischen Systems ist aber auch die Frage der rechts-wissenschaftlichen Theorie angesprochen. Als das entscheidende Kriterium für die Wissenschaftlichkeit der Staats-und Rechtswissenschaft wird der Nutzen für den sozialistischen Aufbau angesehen. Nur so kann die Rolle des Rechts, und zwar bezogen auf Form und Inhalt, für den Prozeß der Organisierung des Sozialismus auf allen gesellschaftlichen Gebieten entsprechend der Aufgabenstellung durch die SED ausgenutzt werden. Denn nicht wissenschaftliche Theorie soll betrieben werden-, vielmehr soll die Praxis entsprechend den politischen Forderungen die wissenschaftliche Diskussion bestimmen. „Die Partei verlangt von den Staats-und Rechtswissenschaftlern keine abstrakten Theorien, sondern daß sie, ausgehend von einer exakten Bestimmung des sozialistischen Rechts, dazu beitragen, es immer mehr zu vervollkommnen und zu einem schlagkräftigen Instrument zu machen." soll das der Somit Recht grundsätzlich Wirtschaftsreform des neuen ökonomischen Systems, deren Verwirklichung die SED ja als Aufgabe gestellt hat, dienen. Als Wissenschaftlichkeit wird in der juristischen Arbeit nun nicht mehr die Weiterentwicklung der Rechtswissenschaft betrachtet, sondern die Beschäftigung mit den jeweiligen, und zwar ganz konkreten gesellschaftlichen Verhältnissen, wobei die Aufgaben der ökonomischen Entwicklung der wesentlichste Gesichtspunkt sein sollen.

Unter diesem wirtschaftlich begründeten Hauptziel des Rechts soll aber dennoch das ideologische Ziel, die Veränderung des Menschen zu erreichen, gelöst werden. Zur Lösung dieses Problems werden die Erziehung der Menschen und die Lösung der wirtschaftlichen Aufgaben als eine Einheit betrachtet.

So bedeutet das Zivilrecht jetzt nicht mehr, die Interessen der einzelnen Bürger zu vergesellschaften, sondern mit Hilfe des Rechts soll die Übereinstimmung zwischen privaten und gesellschaftlichen Interessen erst erreicht werden, die bei der Vergesellschaftung bereits vorausgesetzt wird. Die völlige Unterordnung der individuellen Interessen unter die gesellschaftlichen während der Babelsberger Periode wird kritisiert, weil aufgrund der unterschiedlichen wirtschaftlichen Situation durchaus Diskrepanzen zwischen den privaten und den gesellschaftlichen Interessen möglich sein könnten. Dem sozialistischen Staat wird deshalb die Aufgabe gesetzt, durch seine gesamte Tätigkeit, also auch durch die der Rechtswissenschaft, die Übereinstimmung der persönlichen Interessen der Bürger mit denen der gesamten Gesellschaft ständig herzustellen. Diesem Ziel soll nun auch wieder das subjektive Recht und das Vertragsrecht dienen. Während vorher der Vertrag nur eine Konkretisierung des allgemein bestehenden Rechtsverhältnisses war und damit als solcher keine eigene Funktion hatte, dient er jetzt der Verbindung der gesellschaftlichen mit den persönlichen Interessen. Die Bewältigung dieser Aufgabe wird als Prozeß der Lösung von Widersprüchen und Interessenkonflikten angesehen. Jeweils beide Partner müssen ihre Interessen in Übereinstimmung bringen, und das Ergebnis muß zugleich den gesellschaftlichen Erfordernissen entsprechen, wobei die Interessen der beiden Partner miteinander und mit den gesellschaftlichen nicht automatisch zu übereinstimmen brauchen.

Ebenso soll der einzelne Mensch nicht mehr seine eigenen Interessen dadurch durchzusetzen versuchen, daß er gesellschaftliche Interessen vertritt, sondern dadurch, daß er seine eigenen Interessen vertritt, soll er gleichzeitig dem Nutzen der Gesellschaft dienen. Auf diese Weise dient aber das Zivilrecht nicht mehr der Erziehung zum „sozialistischen“ Menschen. Wenn jetzt von der Erziehungsfunktion des Rechts gesprochen wird, so ist damit in erster Linie gemeint, daß der Staat die Einhaltung seiner Rechtsordnung sichern will. Die eigentliche sozialistische Bewußtseinsbildung soll dagegen auf der politischen Ebene erfolgen. „Der Rechtsschutz zugunsten des Leistungsprinzips ist ... nur ein Mittel zur Gewährleistung einer exakten Verwirklichung dieses im Sozialismus herrschenden Verteilungsmodus. Das Hauptmittel hierfür ist die politisch-moralische Erziehung der in der materiellen Produktion tätigen Werktätigen."

Dabei gehört zur sozialistischen Erziehung sogar die Weckung des materiellen Anreizes. Dieses Prinzip, nach dem das ganze neue ökonomische System aufgebaut ist, wird als unbedingt notwendig und entscheidend für die Entwicklung des moralischen Anreizes zur Arbeit angesehen. Die Zivilrechtswissenschaft dagegen verzichtet auf Versuche, den Bürgern sozialistisches Bewußtsein zu vermitteln. Sie bemüht sich vielmehr, die konkreten Rechte und Pflichten der Bürger im Zivil-rechtsverkehr zu diskutieren, wobei zum Beispiel das persönliche Eigentum als ein besonders wichtiges Zivilrecht angesehen wird.

„Die Gegenstände des persönlichen Eigentums sind Bestandteil des sozialistischen Lebens der Werktätigen insofern, als auch sie zur vollen Entwicklung der gesellschaftsschöpferischen Individualität des arbeitenden Menschen beitragen, zur Entwicklung einer hohen Wohnkultur, des sozialistischen Familienlebens wie überhaupt des Gemeinschaftslebens außerhalb der Produktion."

Wenn sich aber die Zivilrechtslehre vor allem mit der Sicherung der individuellen Rechte beschäftigt, um den persönlichen Anreiz des einzelnen Bürgers zu sichern, so ist daneben kaum noch eine Bewußtseinsbildung im Hinblick auf die weitere Entwicklung des Sozialismus möglich. Damit wird auch kein wesentlicher Unterschied zwischen dem sozialistischen und dem bürgerlichen Recht angestrebt; jeweils wird dem Einzelnen das Recht gegeben, sein Vermögen ohne Beziehung zu anderen Menschen, unabhängig von der Gesellschaft zu nutzen.

Damit wird nun von der Rechtswissenschaft keine ideologische Wunschvorstellung wie die völlige Einbeziehung der Bürger in die Gesellschaft vertreten; der letzte Schritt des dialektischen Prozesses, die Schaffung neuer Formen für den neuen sozialistischen Inhalt des Rechts wird nicht mehr angestrebt. Die Argumentationsweise wird den ökonomischen Zielen angepaßt. Entsprechend wird auch die Beschäftigung mit den Problemen einer sozialistischen Rechtssystematik abgelehnt, da sie von den vordringlichen Aufgaben der Rechts-Wissenschaft ohne begründete praktische Notwendigkeit ablenke. „Völlig fehlerhaft ist es aber, ohne begründete praktische Notwendigkeit, abstrakt-dogmatisch, die Systematisierungsfrage zur generellen Grundfrage der Durchsetzung der Dialektik in Staats-und Rechtswissenschaft zu erheben. Eine solche Aufgabenstellung muß unweigerlich von der Bearbeitung der dringlichen praktischen und theoretischen Probleme ablenken und auf fruchtloses, lebensfremdes Theoretisieren orientieren."

Damit werden nun in der Rechtswissenschaft nicht mehr radikale Änderungen angestrebt, die den Forderungen des Marxismus-Leninismus eigentlich entsprechen würden. Der radikale Bruch mit der bürgerlichen Tradition, der in der Babelsberger Periode versucht wird, wird nun nicht vollzogen; vielmehr soll das übernommene, ehemals bürgerliche Recht an die neuen, sozialistischen Gesellschaftsverhältnisse angepaßt werden. Entscheidende Unterschiede zur Anwendung des Rechts in der bürgerlichen Gesellschaft sind nicht zu erkennen; in der rechtswissenschaftlichen Diskussion haben die Bedingungen der gesellschaftlichen Realität den Vorzug vor ideologischen Prinzipien erhalten.

V. Nach dem VIII. Parteitag der SED (seit 1971)

Erst im Zusammenhang mit dem VIII. Parteitag der SED wird die Diskussion über die Entwicklung des Zivilrechts in der DDR in größerem Umfang wieder aufgenommen. Bereits im Bericht des Zentralkomitees der SED weist Erich Honecker auf die Notwendigkeit hin, im Zusammenhang mit der Stärkung der sozialistischen Gesetzlichkeit auch das Zivil-gesetzbuch fertigzustellen. Insbesondere wird immer stärker bemängelt, daß immer noch das BGB von 1896 in Kraft ist, das den Verhältnissen in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in keiner Weise mehr entspreche. „Der Widerspruch zwischen sozialistischer Wirklichkeit auf dem vom Zivilrecht geregelten Bereich unseres gesellschaftlichen Lebens und dem geltenden Recht ist kaum noch durch Interpretation und Auslegung zu überwinden."

Damit dieser Widerspruch tatsächlich überwunden wird, überlegt die Rechtswissenschaft wieder, nach welchen Kriterien das Zivilgesetzbuch aufgebaut werden und welche Bereiche es umfassen soll. Dabei wird diese Diskussion in einem umfassenden Zusammenhang gesehen, nach dem die Rechtswissenschaft ebenso wie die gesamte marxistisch-leninistische Gesellschaftswissenschaft sich wieder stärker Fragen der Klassifizierung zuwenden soll. Diese Klassifizierungsdebatte soll zur Formierung der Kräfte in den Gesellschaftswissenschaften nach dem VIII. Parteitag beitragen; damit soll die Grundlagenforschung wiederbelebt werden und der Kampf der SED für eine „wissenschaftliche Politik" unterstützt werden.

So ist zumindest nach außen hin eine umfangreiche ideologische Begründung für das Wiederaufleben der Zivilrechtsdiskussion gegeben. Es scheint aber dennoch zweifelhaft, inwiefern sich auch tatsächlich eine neue Betrachtungsweise entwickelt hat.

Das neue Zivilgesetzbuch Es zeigt sich, daß die zwanzigjährigen vergeblichen Versuche, die verschiedenen juristischen Disziplinen einzuteilen, sich dahingehend ausgewirkt haben, daß nun nicht mehr mit Hilfe eines einzigen Kriteriums alle Rechtsnormen eingruppiert werden sollen;

eine eindeutige, scharfe Abgrenzung der verschiedenen Gruppen von Rechtsnormen wird nicht mehr für möglich gehalten. So wird jetzt auch eine doppelte Zuordnung bestimmter Materien zu einzelnen Rechtszweigen und entsprechend eine Überlappung einzelner Rechtszweige akzeptiert. In Bemühungen, die Abgrenzung perfektionistisch vorzunehmen, wird sogar die Gefahr gesehen, daß die einzelnen Rechtszweige voneinander isoliert werden und damit das sozialistische Recht an Effektivität verliert. Dies führt deshalb zu der Forderung, „die Gegenstandsdiskussion nicht von den sogenannten Grenzfällen, sondern vom Grundsätzlichen her zu führen, ja sogar fließende Übergänge in Kauf zu nehmen und Entscheidungen über Zuordnungsprobleme unter Verzicht auf eine perfektionistische Abgrenzung im Grenzfall immer wieder neu vorzunehmen. In der Tat kann nur auf diese Weise erreicht werden, daß die Nahtstellen zwischen den Rechtszweigen keine Bruchstellen werden.“

Ebenso werden Bestrebungen kritisiert, nach denen neue Rechtstatbestände, die sich aufgrund der sozialistischen Umgestaltung der Gesellschaft nicht ohne weiteres in die traditionellen Rechtsgebiete einfügen lassen, einfach als neue Rechtszweige konzipiert werden. Auf diese Weise wird vor allem das Zivilrecht zunehmend „atomisiert", weil der zivilrechtliche Charakter entsprechender Regelungen geleugnet wird und die Art des sozialistischen Zivilrechts nicht erkannt wird.

Um die Einheitlichkeit des sozialistischen Rechts werden zu unterstreichen, deshalb einheitliche Regelungen des sozialistischen Zivilrechts angestrebt, deren Verhaltensanforderungen, für alle Bürger und juristischen die Personen als deren Partner gelten sollen, auch zur entsprechenden Anwendung auf vergleichbare und ähnliche Beziehungen anderer Rechtsgebiete herangezogen werden können, vor allem wenn an diesen Rechtsbeziehungen ebenfalls Bürger beteiligt sind und keine abweichenden Sonderregelungen erforderlich erscheinen. Dies drückt sich neben der Entwicklung des neuen Zivilgesetzbuches auch darin aus, daß vor und gleichzeitig mit ihm andere Gesetze, die nur zum Teil Regelungen des BGB ablösen sollen, geschaffen werden, die sich ebenfalls nicht auf ein spezielles Rechtsverhältnis beschränken, sondern allgemeingültige Vorschriften enthalten.

Am interessantesten dürfte dabei sein, daß gleichzeitig mit dem neuen Zivilgesetzbuch ein Gesetz für ein einheitliches Verfahren in Zivil-, Familien-und Arbeitsrechtssachen in Kraft treten soll. Während im Zuge der schrittweisen Erneuerung von Teilen des BGB einzelne Anwendungsbereiche des Rechts als eigenständige Rechtszweige konzipiert worden sind und gegen diese Gliederung, die sich insbesondere auf LPG-, Familien-und Arbeitsrecht bezieht, kaum theoretische Einwände erhoben werden, so wird mit der Diskussion über ein solches Verfahrensgesetz anerkannt, daß einheitliche, grundsätzlich geltende Rechtsvorschriften nicht nur in Bezug auf einen Rechtszweig, sondern auch darüber hinaus notwendig sind; diese prinzipielle Vereinheitlichung macht deutlich, daß auch nach Konzipierung eigener Rechtszweige immer noch übergeordnete Richtlinien, wenn auch nicht ausdrücklich im Rahmen des Zivilrechts, so doch in engem zeitlichen und thematischem Zusammenhang, vorgesehen werden.

Das sozialistische Recht und damit auch das Zivilrecht soll dabei den gesellschaftlichen Anforderungen genügen. Entsprechend der dem VIII. auf Parteitag der SED formulierten Hauptaufgabe soll es zur „weiteren Erhöhung des materiellen und kulturellen Lebensniveaus des Volkes auf der Grundlage eines hohen Entwicklungstempos der sozialistischen Produktion, der Erhöhung der Effektivität, des wissenschaftlich-technischen Fortschritts und des Wachstums der Arbeitsproduktivität" beitragen. Die dafür nötigen materiellen Anreize sollen auch juristisch abgesichert werden, damit mit ihrer Hilfe das gesamtgesellschaftliche Interesse durchgesetzt werden kann. „Das sozialistische Recht ist so zu gestalten, daß es zur vollen Entfaltung der Vorzüge und Triebkräfte der sozialistischen Gesellschaft beiträgt. Das geschieht, indem es die gesellschaftlichen Erfordernisse sowie die Bedürfnisse und Interessen der Werktätigen in sich aufnimmt und durch die Festlegung von staatlich verbindlichen Verhaltensanforderungen sowie durch deren Verwirklichung das Denken und Handeln der Werktätigen auf die Durchsetzung des gesellschaftlich Notwendigen lenkt."

Für die entsprechende Erhöhung der Wirksamkeit der sozialistischen Rechtsordnung wird deshalb die Beseitigung der Rechtsnormen gefordert, die dem Stand der gesellschaftlichen Entwicklung nicht mehr entsprechen. Denn das sozialistische Recht soll für die Lösung der Aufgaben des VIII. Pareitags zielgerichtet und effektiv eingesetzt werden. Die verbindlichen Entscheidungen und ihre strikte Einhaltung sollen dem sozialistischen Staat bei der Verwirklichung seiner Politik helfen.

Insbesondere soll das Zivilrecht eine Anleitung zum eigenverantwortlichen Handeln der Beteiligten sein und dabei auch gerichtliche Auseinandersetzungen soweit wie möglich ersparen. Das sozialistische Recht soll das tägliche eigenverantwortliche Handeln im Sinne der hierfür gesetzten Maßstäbe fördern; deshalb dürfen die juristischen Normen „nicht isoliert von der in einem Rechtsverhältnis verankerten Verbindung von gesellschaftlichen, kollektiven und persönlichen Interessen betrachtet werden" So wird das sozialistische Recht als Instrument bewußter Gesellschaftsgestaltung gesehen, das die staatlichen Aufga-ben in sich aufnimmt und über das Handeln der Menschen umsetzen soll.

Wenn nun der Gegenstand der betreffenden rechtlichen Regelung das Hauptkriterium für die Zuordnung zu einem Rechtszweig ist, dann wird sich das Zivilgesetzbuch, das das eigenverantwortliche Handeln des Bürgers bei der Gestaltung sozialistischer zwischenmenschlicher Beziehungen regeln soll, mit der Rechtsstellung des Bürgers in Beziehungen zur Befriedigung seiner materiellen und kulturellen Bedürfnisse beschäftigen. Wenn hier der Bürger des sozialistischen Staates in den Mittelpunkt gestellt werden soll, so wird sich das Zivilgesetzbuch mit den Versorgungsund Betreuungsverhältnissen des Bürgers beschäftigen, und zwar zunächst ohne Rücksicht auf das ökonomische Wesen dieser Verhältnisse. „Das Zivilrecht richtet sich zunächst an alle Bürger und ihre Partner in ihren rechtlich verbindliche Verhaltenspflichten umfassenden Beziehungen zu anderen Bürgern, zu Kollektiven und zu ihnen gegenüber gleichberechtigten juristischen Personen im allgemeinen gesellschaften Zusammenleben, insbesondere bei der Versorgung und Betreuung durch die hierzu berufenen Betriebe und Einrichtungen und bei der kollektiven Mitgestallung dieser Beziehungen. Es regelt die Rechte, ihren Schutz und die Pflichten bei der selbständigen Wahrnehmung der wechselseitigen Interessen in diesen Beziehungen einschließlich der Wiedergutmachung zugefügter Schäden."

Dabei ist aber zu berücksichtigen, daß nicht alle Bereiche der Versorgungs-und Betreuungsverhältnisse durch planmäßige Anwendung des Zivilrechts geregelt werden können, sondern daß die Rechtsbeziehungen der Bürger untereinander, also eben der Bereich dos Zivilrechts, auch durch nicht-planmäßige BeZiehungen gekennzeichnet ist; z. B. die Regulierung von Schadensfällen oder von Erb53) Schaftsangelegenheiten werden grundsätzlich nicht von der staatlichen Leitungs-und Planungstätigkeit beeinflußt. Ihre Abwicklung beruht fast ausschließlich auf den persönlichen Interessen der Bürger untereinander. Neben diesen Bereichen werden zum Zivil-recht nach dem Kriterium der Versorgungsund Betreuungsverhältnisse auch Rechtsverhältnisse auf den Gebieten des Wohnungswesens, der Dienstleistungen und des Kaufrechts gezählt.

So ist inzwischen weitgehend unumstritten festgelegt, daß sich das Zivilrecht mit den Beziehungen der Bürger beschäftigt, die für die Befriedigung ihrer Bedürfnisse wesentlich sind. Der Gegenstand des Zivilrechts sind solche Beziehungen, „die der . Entwicklung und Gestaltung der materiellen und geistig-kulturellen Lebensbedingungen der Bürger zur allseitigen Entfaltung ihrer Persönlichkeit’ in der sozialistischen Gesellschaft dienen. Dabei (werden) gleichzeitig die zentrale Leitung und Planung von Prozessen mit dem eigenverantwortlichen Handeln der Bürger, der Versorgungsbetriebe und der Betreuungseinrichtungen (verbunden)"

Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, daß in diesen Beziehungen nicht nur ökonomische Aspekte zum Tragen kommen, sondern daß sie von komplexer Natur sind und in ihnen politische, ideologische, kulturelle, ästhetische und ökonomische Gesichtspunkte gesehen werden.

Denn bei der zivilrechtlichen Regelung auf dem Gebiet der Befriedigung der individuellen Bedürfnisse der Bürger sind neben den organisierten Ware-Geld-Beziehungen, die zum Aufbau des Kommunismus beitragen sollen, auch nicht-organisierte Beziehungen von Bedeutung. Allerdings bestehen auch zwischen den nicht-organisierten Beziehungen und den planmäßigen Elementen der Bedürfnisbefriedigung wechselseitige Beziehungen. Denn wenn ein Bürger zum Zwecke der Bedürfnisbefriedigung Vertragsbeziehungen eingehen und hierdurch subjektive Rechte begründen möchte, hängt ihre Realisierung davon ab, welche Menge, Sortimente, Qualitäten und Leistungsarten er wünscht und welche unter Berücksichtigung der regionalen Verteilung zur Verfügung stehen, um die gesamte Nachfrage zu befriedigen, und wie sich die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft entwickelt. Aber auch die Tatsache, daß solche subjektiven Rechte, die in der gleichen Form wie schon zwanzig Jahre zuvor definiert werden, nur unter Berücksichtigung der gesamtgesellschaftlichen Verhältnisse verwirklicht werden können, wird nicht als Widerspruch zu subjektiven Rechten angesehen, denn für eine solche Auffassung wird im Wesen des sozialistischen Rechts keine Grundlage gesehen.

Somit werden die subjektiven Rechte weiterhin anerkannt. Dabei werden zunächst die Grundrechte, das Mitwirkungsrecht, das Eigentumsrecht und die Rechte angesehen, die die Achtung und den Schutz der Persönlichkeit als einen Aspekt der Persönlichkeitsentwicklung sichern. Hierzu werden auch diejenigen subjektiven Rechte gezählt, die bereits eine Konkretisierung der Grundrechte darstellen, wie zum Beispiel das Recht auf ein bedarfsgerechtes Angebot oder das Recht, in einer Organisationsform des Handels mitwirken zu können, damit z. B. ein volles Sortiment gewährleistet werde.

Andere subjektive Rechte sind solche, die erst durch Zivilrechtsverhältnisse entstehen und dabei teils einem vom Gesetzgeber vorgezeichneten Weg folgen, teils selbst gestaltet werden, ohne daß dabei allerdings Prinzipien oder Grundregeln des sozialistischen Zivilrechts verletzt werden dürften. Hier handelt es sich insbesondere um die Rechte als Mieter, Vermieter, Käufer, Verkäufer usw. sowie zunehmend um solche Rechte und Pflichten, die in den Beziehungen der Bürger bei der Bedürfnisbefriedigung von Bedeutung sind, wenn sie auch nicht in einer allgemeinen Regelung zusammengefaßt sind. So werden auch heute noch die subjektiven Rechte der Bürger akzeptiert, und zwar ohne daß dabei an eine Vergesellschaftung ihrer Interessen gedacht würde.

Dies ist nicht einmal bei der Ausgestaltung des Mitwirkungsrechts zu sehen. Zwar bezieht sich — entsprechend den Grundlagen einer sozialistischen Ideologie — das Zivil-recht auch darauf, daß sich an der Mitwirkung und Mitgestaltung der Entwicklung von Institutionen, die der Bedürfnisbefriedigung dienen sollen, Kollektive beteiligen. Aber auch dem einzelnen Bürger wird dies mit der Teilnahme gewährt, damit seine speziellen Rechte (allerdings auch seine Pflichten) verwirklicht werden könnten. „Tatsache ist, daß auch dem einzelnen Bürger durch die Verfassung der Auftrag erteilt ist, das gesellschaftliche Leben mitzugestalten, und daß die Wahrnehmung subjektiver Rechte und Pflichten des Bürgers in den meisten Fällen zumindest objektiv über den einzelnen Konfliktfall hinaus im Sinne einer Mitgestaltung Bedeutung erlangt. Und schließlich ist zu berücksichtigen, daß auch die kollektiven Organisationsformen der Mitwirkung zum großen Teil auf der Grundlage subjektiver Rechte und Pflichten realisiert werden, also kollektive und individuelle Mitgestaltung einander bedingen."

Ein weiterer Aspekt ist, daß die Befriedigung der Bedürfnisse der Bevölkerung nicht mehr ausschließlich über das Leistungsprinzip erfolgt, also im Rahmen von Ware-Geld-Beziehungen. Denn in zunehmendem Maße werden die kulturellen und materiellen Bedürfnisse direkt aus „gesellschaftlichen Fonds" gedeckt, und dieser Anteil wächst beständig. Es wird deshalb gefordert, daß das Zivilrecht rechtzeitig die entsprechenden Rechtsformen entwickelt Hier klingt ganz vorsichtig die Vorstellung an, daß das sozialistische Zivil-recht auch die Entwicklung zur kommunistischen Gesellschaft berücksichtigen müsse; dieser Aspekt wird aber in der aktuellen Diskussion nicht betont, sondern weitgehend vernachlässigt.

Ein weiterer wesentlicher Teil des Zivilrechts wird in der Regelung persönlicher Rechte gesehen. „Die von der sozialistischen Zivil-rechtswissenschaft gewonnene Erkenntnis, daß nicht allein durch Ware-Geld-Beziehungen bestimmte Verhältnisse, sondern auch persönliche Rechte zum Regelungsbereich des Zivil-rechts gehören, die keinen . Vermögensaspekt'haben und nicht auf dem Leistungsprinzip beruhen — wie das Recht des Bürgers auf Achtung seiner Persönlichkeit, seiner Ehre, seines Ansehens, seines Bildes, seines Namens usw. (wobei Schadenersatzverpflichtungen im Falle der Verletzung dieser Rechte nicht ausgeschlossen sind) —, ist Ausdruck der neuen Qualität des sozialistischen Zivilrechts und macht auch insoweit die gegenüber dem bürgerlichen Privatrecht bestehenden fundamentalen Unterschiede deutlich."

Das neue Zivilgesetzbuch soll also diese Rechte unter seinen Schutz stellen, ohne sie allerdings näher auszugestalten. Dazu ist aber festzustellen, daß diese Bezeichnung der persönlichen Rechte als „Ausdruck der neuen Qualität des sozialistischen Zivilrechts" etwas weit hergeholt erscheint. Denn gerade diese persönlichen Rechte sind durchaus auch* im bürgerlichen Recht ausdrücklich gesichert. Auf diese verbale Abgrenzung des „sozialistischen" Zivilrechts vom bürgerlichen Privat-recht soll jedoch erst weiter unten ausführlicher eingegangen werden.

So werden zwar die grundsätzlichen Schwerpunkte im ZGB insofern etwas neu geregelt, als die Befriedigung der Bedürfnisse der Bürger und die Sicherung persönlicher Rechte als Kernpunkt angesehen werden. Dennoch kann nicht davon gesprochen werden, daß nun etwas grundsätzlich Neues geschaffen wird. Denn die Beziehungen der verschiedenen natürlichen und juristischen Personen und die Wahrung der persönlichen Rechte werden, wenn auch vielleicht etwas allgemeiner gehalten, auch im bürgerlichen Recht geregelt.

Abgrenzung von der Bundesrepublik Deutschland Dennoch wird in der theoretischen Diskussion nach dem VIII. Parteitag als wesentlicher Gesichtspunkt die Abgrenzung vom bürgerlichen Gesetzbuch betont. Wegen der langen Anwendung des BGB in der DDR wird dem Zivilrecht häufig die Fähigkeit abgesprochen, neue, sozialistische Verhältnisse auf neue, sozialistische Weise zu erfassen und rechtlich zu regeln. Das BGB erscheint mit seinen spezifischen Mitteln und Methoden viel zu festgelegt und nicht mehr geeignet, Änderungen, die den gesellschaftlichen Erfordernissen entsprechen, durchzuführen. Diese ideologische Schwierigkeit dürfte auch ein bestimmender Grund gewesen sein für die Entwicklung eines selbständigen Rechtszweigs Arbeitsrecht, während ein neues sozialistisches Zivilrecht durchaus grundsätzliche Regelungen für verschiedene Rechtsgebiete, in denen vergleichbare und ähnliche Verhaltensanforderungen geboten sind, angewendet werden kann. „Während auf arbeitsrechtliche Beziehungen die Bestimmungen des geltenden Zivilrechts mit Recht keine entsprechende Anwendung finden können, da das BGB den Erfordernissen des sozialistischen Arbeitsrechts grundsätzlich widerspricht, bedarf es einer solchen Abgrenzung zu einem sozialistisch gestalteten Zivilrecht nicht."

Dadurch ergibt sich auch, daß dem sozialistischen Zivilrecht vorgeworfen wird, es sei legitimer Erbe des bürgerlichen Privatrechts. Denn neben dem Weiterbestehen des BGB werden gleichzeitig neue Rechtszweige, insbesondere das Arbeits-, das Familien-, das LPG-und das Wirtschaftsrecht begründet. Und bei der Behandlung besonderer, bisher vom Zivilrecht geregelter gesellschaftlicher Verhältnisse will man oft den Beweis antreten, daß diese Beziehungen mit dem Zivil-recht nichts zu tun hätten. Und so wird jede Gelegenheit wahrgenommen, die Abgrenzung der DDR zur Bundesrepublik zu verdeutlichen: Wenn das Rechtsanwendungsgesetz, das über die Anwendung in-oder ausländischen Rechts entscheidet, in Kraft tritt und damit entsprechende, das BGB ergänzende Regelungen außer Kraft gesetzt werden, so wird auch darin die weitere Abgrenzung der sozialistischen Rechtsordnung vom Recht der Bundesrepublik betrieben.

So geht auch aus jeder eigentlich positiven Aufstellung von Kriterien für das Zivilrecht eine negative Abgrenzung zum bürgerlichen Recht hervor. Auch für die Befriedigung der individuellen Bedürfnisse, als deren Regelungsbereich das Zivilrecht angesehen wird, wird der gesellschaftliche Charakter betont. „Eines der wesentlichsten Merkmale der Versorgungsbeziehungen ist, daß sie — obwohl sie in der Regel zum Zwecke der individuellen Bedürfnisbefriedigung eingegangen werden — gesellschaftlichen Charakter tragen. Das ergibt sich daraus, daß die individuelle Bedürfnisbefriedigung ein Merkmal der menschlichen Reproduktion überhaupt ist, der Mensch aber in erster Linie gesellschaftliches Wesen ist; folglich kann auch seine psychische und physische Reproduktion nur eine gesellschaftliche Angelegenheit sein." Unter dieser Betrachtungsweise wird den individuellen Rechten im neuen Zivilgesetzbuch wieder ein gesellschaftlicher Zusammenhang aufgezwungen.

So ist das Hauptkriterium für die Entwicklung des neuen Zivilgesetzbuches die Abgrenzung von der bürgerlichen Rechtsordnung. Dazu gehört auch, daß das Recht der verschiedenen sozialistischen Staaten aneinander angepaßt werden soll. Obwohl in allen diesen Staaten im wesentlichen die gleichen wirtschaftlichen und besonders die gleichen wirtschaftspolitischen Bedingungen gegeben sind, vor allem durch die weitgehende Verstaatlichung der Produktionsmittel, sind in den verschiedenen Staaten aufgrund der unterschiedlichen historischen Ausgangsposition und der unterschiedlich starken Verhaftung eines Volkes in seiner Geschichte die juristischen Bedingungen sehr unterschiedlich. In der rechtlichen Diskussion gilt es deshalb, die rechtlichen Bestimmungen der verschiedenen sozialistischen Staaten anzugleichen.

Zwar haben diese Bestrebungen noch keinen Niederschlag im Entwurf für das Zivilgesetzbuch gefunden. Im Zusammenhang mit der Konzipierung selbständiger, von der Tradition gelöster Rechtsvorschriften ist aber von Bedeutung, daß solche Überlegungen neben der Abgrenzung vom bürgerlichen Recht auch die Einbeziehung in ein überstaatliches Recht der sozialistischen Länder mitberücksichtigen. Dies soll hier nicht näher ausgeführt werden; aber diese Bestrebungen stimmen mit der Änderung der Verfassung der DDR, wie sie am 27. September 1974 vorgenommen wurde, zumindest in den Grundzügen überein.

Radikale und pragmatische Überlegungen Aber genauso wie in der Frage einer einheitlichen deutschen Nation erscheint es zumindest zweifelhaft, ob mit Hilfe theoretischer Überlegungen herkömmliche Gedankengänge überwunden werden können. Diese Zweifel beginnen bereits bei der Diskussion über die Einteilung des Rechts in die verschiedenen Rechtszweige. Dabei sehen die Rechtswissenschaftler der DDR selbst, daß die Klassifizierungsdebatte durch das Fehlen eines einheitlichen überzeugenden Kriteriums ziemlich fragwürdig ist. „Deshalb erfolgt die Klassifizierung notwendigerweise subjektiv, wobei — wie die Erfahrungen überall in der Wissenschaft zeigen — den nachhaltigsten Einfluß Tradition und Überlieferung ausüben."

Dies wird sogar im Hinblick auf den selbständigen Rechtszweig Wirtschaftsrecht festgestellt. Denn obwohl das Wirtschaftsrecht in der Praxis stets als selbständiger Zweig geführt wird und gesetzliche Regelungen in diesem Bereich unabhängig von der Zuordnung zu anderen Rechtszweigen getroffen werden, so gibt es dennoch bisher keine einheitliche und allgemein anerkannte theoretische Grundlage für die wirtschaftsrechtliche Gesetzgebung Damit haben die vergangenen theoretischen Überlegungen über die Selbständigkeit des Wirtschaftsrechte keine Auswirkungen auf die juristische Praxis gehabt, sondern die Praxis hat über die weitgehende Unabhängigkeit entschieden.

Unter diesen Aspekten zeigt sich in der Diskussion um das Zivilgesetzbuch wieder der alte Streit, inwiefern alte, ehemals bürgerliche Rechtsvorschriften in der sozialistischen Gesellschaft weiter verwendet werden könnten. Dabei soll dieser Streit jetzt zunächst einmal wieder radikaler entschieden werden: „Die sozialistische Gesellschaft ist ein noch junger, dynamischer, sich ständig entwickeln-der gesellschaftlicher Organismus. Ihr Wachstum, ihr Reifeprozeß durchläuft verschiedene Stadien, in denen sich selbstverständlich — wie in jeder Entwicklung — ein ständiger Kampf des Neuen gegen das Alte vollzieht. Dabei ist das Alte nun schon nicht mehr einfach das vom Kapitalismus Hinterlassene, sondern auch von uns selbst geschaffene, das gestern noch genügte, seinen Zweck voll erfüllte, morgen aber veraltet, zum Hemmnis geworden sein kann, also heute durch das Bessere, der neuen Entwicklungsetappe Gemäße ersetzt werden muß."

Aus dieser Formulierung könnte nun zunächst die radikalere These herausgelesen werden, daß die „entwickelte sozialistische Gesellschaft", wie die Entwicklung der DDR seit den 60er Jahren bezeichnet wird, die Formen, die die Rechtswissenschaft der DDR in den Anfangsjahren der sozialistischen Gesellschaft entwickelt hat, ebenso vernichten muß wie die vom Kapitalismus übernommenen. Aber hier wird gleichzeitig darauf hingewiesen, daß in jeder Gesellschaft eine Weiterentwicklung der Form, also auch der Rechtsformen vorgenommen wird. Entsprechend muß auch die sozialistische Gesellschaft ihre Normen den neuen Erfordernissen ständig anpassen, also evolutionär tätig werden. So ist in diesem verbalen Radikalismus tatsächlich eher eine pragmatische Haltung zu sehen.

Mit dieser Einschränkung sind auch Auffassungen zu sehen, die die neue Form als unerläßlich betrachten. Denn dem Klassencharakter des Rechts werde die Auffassung nicht gerecht, es komme nur auf den Inhalt, nicht aber auf die Form an. „Es stimmt zwar, daß unmittelbar nach der sozialistischen Revolu-tion auch manche alten Rechtsformen ausge nutzt werden. Doch erstens ist es unerläßlich gerade auf wesentlichen Gebieten unmittelbai mit der Revolution neue Rechtsformen einzusetzen — man denke nur an die Institutior der Sowjets! —, und zweitens wendet der sozialistische Staat mit der Festigung der sozialistischen Ordnung auf allen Gebieten immer mehr die dem Sozialismus eigenen Formen an — ich erinnere hier an den neuen Vertrags-typ Liefervertrag’, an das neue Verhältnis zwischen Plan und Vertrag, an das Kolchosrecht usw. In dieser Entwicklung zeigt sich die Dialektik von Form und Inhalt, die Richtigkeit der These Lenins: , Die Form ist wesentlich!'“

So wird das sozialistische Recht und damit auch das Zivilrecht als Mittel zur Weiterentwicklung der sozialistischen Gesellschaft dargestellt. Das sozialistische Recht soll zur Bildung eines sozialistischen Bewußtseins beitragen; mit der Tatsache, daß dies am ehesten möglich ist, wenn die Verhaltensanforderungen auf den verschiedenen gesellschaftlichen Gebieten möglichst einheitlich geregelt sind, wird auch die übergeordnete Funktion des Zivilrechts begründet, und es sollen nur solche Unterschiede zugelassen werden, die in der Besonderheit der zu regelnden Beziehungen begründet und aus der Gesamtsicht heraus notwendig sind.

Nur auf diese Weise kann das sozialistische Recht seine Funktion bei der Erziehung der Bürger zu sozialistischen Persönlichkeiten wahrnehmen. Denn mit der Wahrnehmung seiner subjektiven Rechte und Pflichten soll der Bürger zum Schutz und zur Mehrung des sozialistischen Eigentums beitragen; er soll sich an der Gestaltung seiner sozialistischen Eigentümerbefugnisse (Besitz, Nutzungs-und Verfügungsbefugnis) am sozialistischen Eigentum beteiligen; die Bedürfnisbefriedigung soll verstärkt auf die Inanspruchnahme gesellschaftlicher Fonds gerichtet werden; und schließlich sollen die Bedürfnisse der Bürger als Ausgangspunkt der Planung dienen — womit wieder der Zusammenhang mit der staatlichen Leitungstätigkeit hergestellt wäre, über die Mitwirkung an Institutionen der Bedürfnisbefriedigung ist also wieder die Beteiligung der Bürger an der Gesellschaft sichergestellt, wenn auch — wie oben erwähnt — diese Mitwirkung auch individuell geschehen kann. Da die Bürger ihre Bedürfnisse durch Inanspruchnahme gesellschaftlicher Möglichkeiten im Regelfall in eigener Verantwortung befriedigen, soll in erster Linie politische, die insbesondere die ideologische Arbeit bewirken, daß diese Inanspruchnahme immer -wie der im Interesse der Entwicklung sozialistischer Persönlichkeiten geschieht.

Dies wird auch mit gesetzlichen Mitteln unterstützt: „Bei bestimmten Leistungsarten, z. B. bei Elektroinstallationen, wird eine Pflicht zum Vertragsabschluß nur gegenüber den im Versorgungsbereich wohnenden Bürgern anzuerkennen sein. Bei der Masse der Konsumgüter und Dienstleistungen wird es derartige Verbindungen zwischen Zivilrechtsverhältnissen und territorialer Struktur der Versorgung nicht geben. Entscheidend ist aber, daß solche Verbindungen stets als mögliche Gestaltung des Zivilrechts in Betracht gezogen werden.“ Somit ist klar: Zwar geht die Rechtswissenschaft als Gesellschaftswissenschaft verbal zunächst davon aus, daß die Bürger von sich aus die (beschränkten) gesellschaftlichen, insbesondere wirtschaftlichen Möglichkeiten berücksichtigen. Gleichzeitig wird aber darauf hingewiesen, daß die gesellschaftlichen Belange den Vorrang haben. Damit wird das Zivilrecht als Recht der Beziehungen zur Bedürfnisbefriedigung und zur Sicherung persönlicher Rechte relativiert.

In dieser Hinsicht erscheint auch die angestrebte Weiterentwicklung zur kommunistischen Gesellschaft in anderem Licht. „Unter Berücksichtigung verschiedenartiger Faktoren erfolgt eine völlige oder teilweise Befriedigung bestimmter individueller Bedürfnisse mittels gesellschaftlicher Fonds. Der Ware-Geld-Austausch tritt in entsprechendem Maße in den Hintergrund und büßt einen Teil seines Gewichts ein. Statt dessen tritt ein Aspekt in den Vordergrund, der herkömmlicherweise in den Ware-Geld-Beziehungen und in den ihnen entsprechenden Rechtsverhältnissen keine Rolle spielte: der Aspekt der Versorgung."

Hier werden die Verhältnisse in der kommu -nistischen Gesellschaft angestrebt, wo nicht mehr das Leistungsprinzip, sondern lediglich das Verteilungsprinzip wesentlich ist. Wenn aber, eben deutlich wurde, zum Verteilungsprinzip dies auf dem Gesetzeswege und mit politisch-ideologischer Erziehung übergegangen werden soll, so erscheint es zumindest sehr zweifelhaft, ob dann tatsächlich die Bedürfnisse der Bürger berücksichtigt werden oder ob das Recht nicht eher dazu dient, die Bedürfnisse der Bürger an die sehr beschränkten materiellen Möglichkeiten des sozialistischen Staates in der Versorgung und Betreuung der Bürger anzupassen, statt die Leistungen des Staates an die Ansprüche der Bürger anzugleichen.

Allerdings haben diese theoretischen Vorstellungen von der Funktion des Zivilrechts kaum Auswirkungen auf die tatsächliche Gestaltung des neuen Zivilrechts. In den Äußerungen der DDR-Wissenschaftler werden zwar häufig wieder die gleichen Vorstellungen vertreten wie während der Babelsberger Periode. Das Zivilrecht soll nicht das Recht der Ware-Geld-Beziehungen, sondern das Recht der Bedürfnisbefriedigung sein; es soll zur Mitwirkung der Bürger an den entsprechenden gesellschaftlichen Institutionen bei-tragen und damit auch der Weiterentwicklung zur kommunistischen Gesellschaft dienen. Gleichzeitig wird aber, und das im Gegensatz zu Babelsberg, das Recht des einzelnen Bürgers bestätigt; seine subjektiven Rechte, mit denen er seine individuellen Interessen durchsetzen soll, werden gewahrt; und auch die Mitwirkung an den gesellschaftlichen Institutionen kann und soll individuell ausgeübt werden. Diese Einschränkungen der ideologischen Forderungen führen deshalb auch dazu, daß das sozialistische Zivilrecht kaum wesentliche inhaltliche Änderungen zum bürgerlichen Zivilrecht aufweist.

Das entscheidende Merkmal der derzeitigen Diskussion in der Rechtswissenschaft der DDR ist also vordergründig eine Radikalisierung in den theoretischen Äußerungen, die die weitere Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft zum Kommunismus unterstützen soll. In der Praxis beschränkt sich die Rechtswissenschaft aber darauf, die politisch geforderte Abgrenzung der DDR zur Bundesrepublik in den juristischen Normen zu verwirklichen, auch wenn dabei keine neuen Vorstellungen berücksichtigt werden. Von einem neuen sozialistischen Zivilrecht kann deshalb nur sehr bedingt gesprochen werden.

VI. Die Diskrepanz zwischen Ideologie und Praxis

Es zeigt sich also, daß die Rechtswissenschaft in der DDR jeweils verschiedene Hauptziele anstrebt. Diese Ziele sind aber nicht durch die rechtswissenschaftliche Theorie aufgestellt, sondern Auswirkungen der politischen Aufgabenstellung. „Das Hauptanliegen der Vervollkommnung der Gesetzgebung besteht darin, die gesellschaftsgestaltende Rolle des sozialistischen Rechts zu aktivieren, seine Wirksamkeit als Instrument des sozialistischen Staates zur politischen, ökonomischen und sozialistischen Umgestaltung der Gesellschaft und damit seine Rolle als Regulator gesellschaftlicher Beziehungen zu erhöhen."

So wird unter politischen Aspekten in der gesamten bisherigen Entwicklung in der DDR in der Zivilrechtsdiskussion immer wieder davon gesprochen, daß ein neues sozialistisches Recht geschaffen werden müsse. Aber nur in der Babelsberger Periode sind echte Ansätze zu einer vollkommen neuen Bestimmung des Rechts zu sehen; nach den Anforderungen des Marxismus-Leninismus sind diese Ansätze nur als folgerichtig zu bezeichnen. Aber auch hier haben die Zivilrechtler immer Schwierig-keiten, die theoretischen Versuche in praktische Bestimmungen umzusetzen, die sich von entsprechenden Bestimmungen im bürgerlichen Recht auch tatsächlich unterscheiden.

In den übrigen Perioden wird dagegen schon der Versuch kaum unternommen, das bürgerliche Recht durch ein neues sozialistisches Recht zu ersetzen. Hier beschränkt sich die Rechtswissenschaft vor allem darauf, die Übernahme des bürgerlichen Rechts mit Argumenten des Marxismus-Leninismus zu begründen, aufgrund der neuen gesellschaftlichen Verhältnisse habe auch das Recht einen neuen Charakter erhalten. Und auch in der aktuellen Situation werden zwar die juristischen Normen neu formuliert, ohne daß aber auch eine neue Grundkonzeption zu sehen wäre. Entscheidende Unterschiede zur Anwendung des Rechts in der bürgerlichen Gesellschaft sind nicht zu erkennen.

Vereinzelt wird diese Problematik auch von der DDR-Rechtswissenschaft gesehen. Rechts-vorschriften, die im Prozeß der Anpassung an neu herangereifte gesellschaftliche Verhältnisse entstanden sind, werden, jedenfalls teilweise, als nicht mehr geeignet angesehen, die neuen gesellschaftlichen Verhältnisse progressiv zu gestalten. „Bei der weiteren VerB vollkommnung unserer Rechtsordnung muß zugleich darauf aufmerksam gemacht werden, daß Schwierigkeiten — zu einem gewissen Grad auch aus traditionellen Gründen — auftreten. Neue gesellschaftliche Verhältnisse, Prozesse der Erscheinungen sowie teilweise veraltete Begriffe (Rechtsinstitute), die dem oft nicht annähernd oder nur sehr unvollständig entsprechen, sind rechtlich zu bewältigen." Da aber auch für die Gestaltung des neuen Zivilgesetzbuches keine entsprechen-den Konsequenzen gezogen wurden, steht die Rechtswissenschaft der DDR in der praktischen Umsetzung der neuen sozialistischen Rechtsnormen durch die Rechtsordnung der DDR immer noch am Anfang.

So zeigt sich in der rechtswissenschaftlichen Diskussion der DDR das grundsätzliche Problem, wie in einem ideologisierten Staat die weltanschaulichen Vorstellungen und die Bedingungen der gesellschaftlichen Realität in Einklang gebrach); werden können. Beim gegegenwärtigen Stand derDiskussion wird dabei trotz einiger vordergründiger verbaler Radikalität der gesellschaftlichen Realität weitgehend der Vorzug gegeben.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vor allem in den Aufsätzen: „Marxismus und Interessenjurisprudenz", in: Neue Justiz 1947, S. 229 ff.; „Die Ursachen des Versagens der Rechtswissenschaft", in: Neue Justiz 1948, S. 61 ff.; „Jenseits von Materialismus und Idealismus?", in: Neue Justiz 1948, S. 203 ff.; und in seiner Dissertation: Wirtschaftsplanung und Sachmängelhaftung, Leipzig 1949. Quellenangabe bei I. Markovits, Sozialistisches und bürgerliches Zivilrechtsdenken in der DDR, Köln 1969, S. 14 Fußnote 2.

  2. H. Such, „Marxismus und Interessenjurisprudenz", a. a. O., S. 236.

  3. Nadi I. Markovits, a. a. O., S. 17.

  4. H. Benjamin, „über das Verhältnis von Produktionsverhältnissen und Rechtsverhältnissen", in: Neue Justiz 1949, S. 305 ff., hier: S. 305.

  5. K. Marx, Kritik des Gothaer Programms, Marx/Engels-Werke Band XIX, Berlin 1962, S. 24.

  6. K. Polak, Justizerneuerung. Wege zu einer demokratischen Justiz, Berlin 1948, S. 65 f.

  7. H. Such, „Recht und Rechtswissenschaft im Zweijahresplan“, in: Neue Justiz 1949, S. 178 ff.; hier: S. 180.

  8. H. Benjamin, „über das Verhältnis ...", a. a. O., S. 306.

  9. K. Polak, „Zur Theoretischen Konferenz über Fragen der Staats-und Rechtswissenschaft am 15. und 16. Dezember in Leipzig", in: Neue Justiz 1951, S. 532.

  10. J. W. Stalin, Marxismus und Fragen der Sprachwissenschaft, München 1968, S. 26 (Erstveröffentlichung 1950).

  11. H. Such, „Die Lehre von den Schuldverhältnissen im Lichte der Arbeit J. W. Stalins über . Ökonomische Probleme des Sozialismus in der UdSSR'", in: Staat und Recht 1953, S. 49ff.; hier: S. 59.

  12. H. Benjamin, „Grundsätzliches zur Methode und zum Inhalt der Rechtsprechung", in: Neue Justiz 1951, S. 150 ff.; hier: S. 152.

  13. H. Wiemann, „Bericht über die Sitzung des Instituts für Zivilrecht der Humboldt-Universität zu Berlin am 28. Oktober 1952", in: Neue Justiz 1952, S. 549 f.

  14. H. Kleine, „Nochmals zur Frage des gutgläubigen Erwerbs von Volkseigentum bei Gebrauchsgegenständen", in: Neue Justiz 1957, S. 327 ff.; hier: S. 329.

  15. G. Dornberger u. a., Das Zivilrecht der Deutschen Demokratischen Republik, Allgemeiner Teil, unter der Redaktion von H. Kleine, Berlin 1955 (zitiert: Zivilrecht — Allg. Teil), S. 130.

  16. M. Posch, in: Zivilrecht — Allg. Teil, ebda. S. 254.

  17. H. Such, „Recht und Rechtswissenschaft a. a. O., S. 181.

  18. K. Polak, Justizerneuerung ..., a. a. O., S. 65.

  19. J. W. Stalin, Marxismus und Fragen ..., a. . a O.,'S. 7.

  20. G. Klinger, in-, Zivilrecht — Allg. Teil, a. a. O., S. 136.

  21. H. Nathan, „Der allgemeine Teil des Zivilrechts, Betrachtungen im Zusammenhang mit dem Erscheinen des I. Bandes der Darstellung des Zivilrechts“, in: Staat und Recht 1956, S. 507 ff., hier: S. 511.

  22. M. Posch, Neugestaltung des Kaufrechts, Berlin 1961, S. 39.

  23. Staats-und rechtswissenschaftliche Konferenz in Babelsberg am 2. und 3. April 1958.

  24. Protokoll der staats-und rechtswissenschaft-liehen Konferenz in Babelsberg am 2. und 3. April 1958, Berlin 1958, S. 8.

  25. F. Enderlein, „Wir brauchen ein Zivilgesetzbuch neuer Art“, in: Staat und Recht 1959, S. 598 ff.; hier: S. 601.

  26. G. Dornberger, „Die Aufgaben der Abteilung Wirtschaftsrecht“, in: Staat und Recht 1959, S. 270 ff.; hier: S. 283.

  27. H. Such — diese Äußerung wird wiedergegeben in: „Wissenschaftliche Beratung im Ministerium der Justiz über die Schaffung eines Zivilgesetzbuches", in: Neue Justiz 1958, S. 738 ff.; hier: S. 739.

  28. G. Dornberger, „Die Rolle der sozialistischen Hausgemeinschaften bei der Verwaltung des volks-eigenen Wohnungsfonds", in: Staat und Recht 1959, S. 1476 ff.; hier: S. 1485.

  29. I. Markovits, a. a. O., S. 79.

  30. K. Marx, Zur Judenfrage, Marx/Engels-Werke, Band I, Berlin 1967, S. 364.

  31. W. Ulbricht, Programmatische Erklärung des Vorsitzenden des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik, Walter Ulbricht, vor der Volkskammer am 4. Oktober 1960, Berlin 1960, S. 40.

  32. H. Oberländer, „Zur Regelung der Pflichten des sozialistischen Handels im künftigen Zivilgesetzbuch", in: Neue Justiz 1961, S. 13 ff.; hier: S. 15.

  33. G. Bley/W. Drews/F. Jansen, „Gedanken zum Gegenstand des sozialistischen Zivilrechts", in: Staat und Recht 1960, S. 305 ff.; hier: S. 313.

  34. J. Leymann, „Zum Wesen des sozialistischen Rechts in der Deutschen Demokratischen Republik", in: Staat und Recht 1959, S. 1351 ff.; hier: S. 1373.

  35. W. Ulbricht, Das Programm des Sozialismus und die geschichtliche Aufgabe der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, Referat auf dem VI. Parteitag der SED Berlin, 15. bis 21. Juni 1963, mit Schlußwort des Genossen Walter Ulbricht und Programm der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, Berlin 1963, S. 82.

  36. „Der VI. Parteitag der SED und die Aufgaben der Deutschen Akademie für Staats-und Rechtswissenschaft . Walter Ulbricht'“, Leitartikel in: Staat und Recht 1963, S. 1057 ff.; hier: S. 1063. Dieser Leitartikel beruht im wesentlichen auf den Ausführungen des damaligen Rektors der Akademie, Prof. Dr. Kröger.

  37. In: Sowjetskoje gossudarstwo i prawo, Sowjet-staat und Sowjetrecht 1960 Nr. 7, S. 3 ff.; deutsche Übersetzung von W. Jupaschewsky in: Staat und Recht 1960, S. 1563 ff.

  38. I. Markovits a. a. O., S. 102.

  39. Der sowjetische Grundlagenentwurf (dt.), a. a. 0., S. 1563.

  40. A. Grandke, „Einige Fragen der Weiterführung des Grundrechts der Bürger auf Mitwirkung bei der Leitung und Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens durch das Zivilrecht", in: Staat und Recht 1962, S. 306 ff.; hier: S. 311.

  41. Ebd. S. 307.

  42. R. Schüssler in der Besprechung von Petzold, Grundzüge der sozialistischen Gesetzgebung in der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1962, in: Staat und Recht 1963, S. 698 ff.

  43. T. Schönrath, „Das sozialistische Recht — Instrument des einheitlichen, bewußten Handelns der Gesellschaft unter Führung der Partei der Arbeiterklasse", in: Staat und Recht 1962, S. 1776 ff.; hier: S. 1778.

  44. G. Springer, „Zum persönlichen Eigentum der Bürger", in: Probleme des sozialistischen Zivil-rechts, Berlin 1963, S. 80 ff.; hier: S. 97.

  45. K. Hofmann/H. Püschel, „Die Bedeutung des sozialistischen Leistungsprinzips in den vom Zivil-recht der DDR geregelten gesellschaftlichen Verhältnissen", in: Staat und Recht 1962, S. 1343 ff.; hier: S. 1348.

  46. G. Görner/I. Wagner, „Die schöpferische marxistisch-leninistische Arbeit in der Staats-und Rechtswissenschaft für die Verwirklichung der nationalen Aufgabe in der DDR ist mit Dogmatismus und Revisionismus unvereinbar", in: Staat und Recht 1962, S. 1541 ff.; hier: S. 1547.

  47. 15. bis 19. Juni 1971.

  48. J. Klinkert, „Die Bedeutung des Gegenstands des sozialistischen Zivilrechts für die Gesetzgebung“, in: Neue Justiz 1973, S. 607 ff.; hier: S. 607.

  49. Ebd. S. 609.

  50. E. Wonecker, Bericht des Zentralkomitees an den VIII. Parteitag der SED, Berlin 1971, S. 38.

  51. G. Bley/U. Dähn, „Gesetzgebung und Weiterentwicklung der sozialistischen Rechtsordnung", in: Staat und Recht 1973, S. 1730 ff.; hier: S. 1730.

  52. H. Püschel, „Die Beweislast im Zivilrecht", in: Neue Justiz 1973, S. 344 ff.; hier: ’ S. 347.

  53. M. Posch, „Zusammenhänge zwischen den Gegenstandsbestimmungen des Zivilrechts und anderer Rechtszweige“, in: Neue Justiz 1973, 716 ff.; hier: S. 719.

  54. H. Kellner, „Probleme des Gegenstands des sozialistischen Zivilrechts“, in: Neue Justiz 1974, S. 196 ff.; hier: S. 197.

  55. Siehe Anm. 15; vgl. auch D. M. Genkin/S. N. Bratus/L. A. Lunz/I. B. Nowizki, Sozialistisches Zivilrecht Band I, Berlin 1953, S. 126; jetzt «itiert bei M. Mühlmann, „Probleme der Gestaltung des sozialistischen Zivilrechts in der DDR“, in: Staat und Recht 1974, S. 80 ff.; hier: S. 85.

  56. R. Kosewähr/A. Marko, „Zur zivilrechtlichen Stellung der Bürger in den Versorgungsbeziehungen", in: Neue Justiz 1974, S. 287 ff. (Teil 1) und S. 326 ff. (Teil 2); hier: S. 326 (Hervorhebung im Original).

  57. Auf den ideologischen Hintergrund dieser Entwicklung unter Berücksichtigung der Tatsache, daß auch in der bürgerlichen Gesellschaft die „gesellschaftlichen Fonds" im Rahmen des Wohlfahrtsstaates sich vergrößern, kann hier nicht eingegangen werden.

  58. J. Mandel, „Gedanken zur rechtlichen Regelung der medizinischen Betreuungsverhältnisse", in: Neue Justiz 1973, S. 76 ff.; hier: S. 78.

  59. M. Posch, „Zusammenhänge zwischen a. a O., S. 720.

  60. R. Kosewähr/A. Marko, „Zur zivilrechtlichen Stellung .. a. a. O., S. 287 (Hervorhebung im Original).

  61. M. Kemper/W. Panzer/G. Pflicke/H. Rudolph, „Stellung und Funktion des Wirtschaftsrechts und der Wirtschaftsrechtswissenschaft", in: Staat und Recht 1974, S. 596 ff.; hier: S. 597.

  62. Freilich werden auch im bürgerlichen Recht komplexe rechtliche Regelungen ohne Rücksicht auf die Abgrenzung verschiedener Rechtsgebiete getroffen.

  63. Lamberz, „über die Aufgaben von Agitation und Propaganda bei der weiteren Entwicklung der Beschlüsse des VIII. Parteitags“, in: Agitation und Propaganda nach dem VIII. Parteitag der SED, Berlin 1972, S. 33; zitiert nach: G. Krüger, „Neue Maßnahmen zur Vereinfachung des gerichtlichen Verfahrens in Zivil-, Familien-und Arbeitsrechts-sachen“, in: Neue Justiz 1973, S. 107 ff.; hier: S. 108.

  64. W. Seiffert, „Theoretische Probleme der Herausbildung des Sozialistischen Internationalen Wirtschaftsrechts", in: Staat und Recht 1972, S. 368 ff. (Teil 1); „Sozialistische Wirtschaftsintegration und rechtliche Regelung", S. 581 ff. (Teil 2); „Der Prozeß der Herausbildung des Rechtssystems der Sozialistischen Wirtschaftsintegration", S. 1305 ff. (Teil 3); hier: s. 308f.

  65. M. Mühlmann, „Probleme der Gestaltung des a. a. O., S. 84.

  66. H. Kellner, „Probleme des Gegenstands a. a. O., S. 198.

  67. G. Bley/U. Dähn, „Gesetzgebung und Weiterentwicklung der sozialistischen Rechtsordnung“, in: Staat und Recht 1973, S. 1730 ff.; hier: S. 1730.

  68. G. Feige, „Das sozialistische Recht — staatliches Instrument der Beschleunigung des wissenschaftlidi-technischen Fortschritts", in: Staat und Recht 1973, S. 1858 ff.; hier: S. 1865.

Weitere Inhalte

Jürgen Thomas, geb. 1948; zur Zeit Studium der Mathematik und Politologie an der Technischen und der Freien Universität Berlin; Mitbegründer der Liberalen Unabhängigen Studenten (LUSt) an der Technischen Universität Berlin und als ihr Vertreter an führender Stelle in der akademischen Selbstverwaltung der Technischen Universität Berlin tätig.