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Mitbestimmung und politische Sozialisation. Komponenten liberaler Gesellschaftspolitik | APuZ 46-47/1976 | bpb.de

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APuZ 46-47/1976 Mitbestimmung und politische Sozialisation. Komponenten liberaler Gesellschaftspolitik Der Einfluß der Sozialausschüsse der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft auf die CDU. Ein Beitrag zur Parteientheorie Artikel 1

Mitbestimmung und politische Sozialisation. Komponenten liberaler Gesellschaftspolitik

Michael Buse

/ 28 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Ausgehend von einer historisch-systematischen Analyse der Ziele der Mitbestimmungsdiskussion wird festgestellt, daß es eine Hierarchie der Mitbestimmungsziele gibt, an deren Basis die Humanisierung der Arbeitswelt, in deren Mitte die Kontrolle wirtschaftlicher Macht und an deren Spitze die Verwirklichung des Selbstbestimmungsanspruchs steht. In bezug auf diese Zielfunktion der Emanzipation, die der Autor in der parteipolitischen Programmatik schwerpunktmäßig am deutlichsten bei den Freien Demokraten vertreten glaubt, werden die Zusammenhänge zwischen beruflicher Sozialisation, politischer Sozialisation und politischer Beteiligung untersucht, d. h. die Auswirkungen der täglichen Erfahrungen einer (derzeit noch vorherrschenden) Fremdbestimmtheit von Arbeitsinhalten und Arbeitsbedingungen auf die Einstellungen zum politischen System und zur politischen Beteiligung und auf die Bereitschaft zur Ausfüllung der vom Grundgesetz vorausgesetzten Rolle des mündigen Aktivbürgers. Dabei werden Ergebnisse aus einem empirischen Forschungsprojekt über die Determinanten der politischen Beteiligung dargestellt, die deutliche Hinweise enthalten auf einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Grad der Fremdbestimmtheit am Arbeitsplatz und der politischen Entfremdung, der Bereitschaft zur politischen Beteiligung sowie der tatsächlichen Beteiligung von Bürgern an Prozessen der politischen Willensbildung. Diese negativen Einstellungen und die mangelnde Bereitschaft zur politischen Beteiligung insbesondere bei den Arbeiterschichten werden auf ein Defizit an demokratischer politischer Sozialisation zurückgeführt, die zu einem erheblichen Teil auch durch die der Arbeiterschicht spezifischen Bedingungen der beruflichen Sozialisation, d. h.der Fremdbestimmtheit des Arbeitsprozesses und der mangelnden Mitbestimmungsmöglichkeit dort bedingt sind. Eine Verbesserung der Mitbestimmungsregelungen — soweit sie dem einzelnen Arbeitnehmer im Betrieb ein größeres Maß an Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung erlauben — wird als Ansatzpunkt für die Schaffung der Voraussetzungen dafür angesehen, daß die demokratische Idealvorstellung eines mündigen Aktivbürgers von einem größeren und über alle sozialen Schichten gleichmäßiger verteilten Anteil der Bevölkerung verwirklicht werden kann.

Vorbemerkung

Abbildung 1

Nachdem die sozial-liberale Koalition im Dezember 1975 ihren Kompromißvorschlag zur Unternehmens-Mitbestimmung vorgelegt und die CDU/CSU-Fraktion diesem zugestimmt hatte, verschwand das bisher aktuelle und virulente Thema der Mitbestimmung schon bald aus der politischen wie auch der wissenschaftlichen Diskussion. Die Gründe hierfür mögen einerseits in der überraschenden Einmütigkeit gelegen haben, mit der Regierung und Opposition dieses Reformvorhaben über die letzten parlamentarischen Hürden gebracht haben, zum anderen aber darin, daß nun, nachdem ein gewisser Abschluß des politischen Willensbildungsprozesses erreicht war, erst einmal Erfahrungen mit der neuen Mitbestimmungsregelung gesammelt werden müssen, bevor die Diskussion sinnvollerweise wieder aufgegriffen werden kann. Dieser Zeitpunkt ist aber auch geeignet, sich in einem Rückblick der Ziele zu besinnen, die mit diesem Reformwerk verbunden waren, da an ihnen letztlich die Ergebnisse und der Erfolg zu messen sind. Dies soll in dem folgenden Beitrag unter dem besonderen Blickwinkel der Verbindung zwischen Mitbestimmung, politischer Sozialisation und politischer Beteiligung, die eine wesentliche Komponente liberaler Gesellschaftspolitik darstellt, versucht werden.

I. Ziele der Mitbestimmungsdiskussion

Abb. 1: Betriebshierarchie und Fremdbestimmung am Arbeitsplatz

Zielebenen Wenn man die Entwicklung der Mitbestimmungsdiskussion betrachtet, deren Ursprünge im Fabianismus und dessen Konzeption in der industrial democracy 1) liegen und deren weitere Höhepunkte in der Entwicklung des ADGB-Konzeptes, der daran anknüpfenden gewerkschaftlichen Mitbestimmgsdiskussion nach 1945, der Diskussion um die Montan-Mitbestimmung und letztlich in der Weiterentwicklung der Mitbestimmungskonzeptionen in der ersten sozial-liberalen Koalition zu sehen sind, so wird eines deutlich: über die Vielzahl der im Verlauf dieser Entwicklung hervorgebrachten Modelle für die Verwirklichung der Mitbestimmung am Arbeitsplatz und in den Unternehmen hinweg lassen sich konsistent drei Globalziele der Mitbestimmungsforderungen identifizieren Es sind dies: a) Mitbestimmung als Instrument der Humanisierung der Arbeitswelt Die Mitbestimmung wird hier als eine, wenn auch nicht alleinige Voraussetzung für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Betrieb und für eine verbesserte Durchsetzung der Interessen der Arbeitnehmer angesehen. Wenn auch dieses Ziel im wesentlichen den Konzepten der Mitbestimmung am Arbeitsplatz eigen ist, hat es doch auch eine Bedeutung für die betriebliche oder Unternehmens-mitbestimmung. b) Mitbestimmung als Kontrolle wirtschaftlicher Macht Diese Zielbestimmung ist vor allem darauf gerichtet, den Arbeitnehmern Einfluß auf all die Entscheidungen im Rahmen eines Betriebes oder eines Unternehmens zu geben, die für ihre ökonomische Existenzgrundlage als abhängig Beschäftigte (im weiteren Sinne auch als Konsumenten von Wirtschaftsgütern) von Bedeutung sind. Hierzu gehören neben den Entscheidungen über Art, Ausrichtung und Umfang der Produktion auch Entscheidungen über Art und Umfang der Investitionen, über Stillegungen und Zusammenschlüsse. c) Mitbestimmung als Voraussetzung für die Emanzipation des einzelnen Das Recht auf Selbstbestimmung leitet sich aus dem im Grundgesetz verankerten Grundrecht der Würde des Menschen ab, das eben nicht allein auf die Wahl der politischen Repräsentanten beschränkt ist, sondern auch dort Gültigkeit beansprucht, wo der Schwerpunkt des menschlichen Lebens liegt: bei seiner Arbeit. Mitbestimmung am Arbeitsplatz, im Betrieb und im Unternehmen soll daher das Maß der Fremdbestimmung der Arbeit auf das funktional notwendige beschränken. 2. Die historische Dimension der Ziele Diese drei Globalziele der Mitbestimmungsdiskussion lassen sich in fast allen Modellen und Konzeptionen der Mitbestimmung nachweisen, wenn auch jeweils mit anderem Gewicht. Die Zielebenen sind jedoch nicht voneinander unabhängig und gleichrangig, sondern lassen sich unter historischen und systematischen Gesichtspunkten in eine Zielhierarchie einordnen. Vom historischen Blickwinkel aus gesehen läßt sich nachweisen, daß zu Beginn der Industrialisierung im Verlauf des 19. Jahrhunderts vor allem die Beteiligung der Arbeitnehmer an der Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen im Vordergrund der Mitbestimmungsdiskussion stand. Erheblichen Anteil an dieser Entwicklung, die zentral in der Tradition der Arbeiterbewegung und der entstehenden Sozialdemokratie stand, hatte auch der deutsche Liberalismus mit Robert von Mohl und Friedrich Naumann, die schon früh die Beteiligung der Arbeitnehmer bei Entscheidungen über die Realisierung von Verbesserungsvorschlägen und über die Festlegung der Arbeitszeit forderten Diese erste Phase der Mitbestimmungsdiskussion fand ihren Ausdruck zunächst in der Forderung nach einer Institutionalisierung von Arbeiter-und Fabrikausschüssen durch die Frankfurter Nationalversammlung und durch die gesetzliche Fixierung dieses Instruments durch das Arbeitsschutzgesetz von 1891 und letztlich durch das Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst von 1916. Kennzeichnendes Merkmal dieser Phase der Mitbestimmungsdiskussion war die Ausrichtung an dem Ziel der besseren Interessenvertretung der Arbeitneh-mer in den Betrieben, die vor allem durch die betriebliche Mitbestimmung erreicht werden sollte. Diese Zielsetzung entsprach auch den konkreten gesellschaftlichen und ökonomischen Bedingungen der Frühzeit der Industrialisierung, während der die Ausbeutung des vielfach ungelernten und damit auch austauschbaren und ungesicherten Industriearbeiter-Proletariats durch menschenunwürdige Arbeitsbedingungen verschärft wurde.

Abb. 4: Fremdbestimmung am Arbeitsplatz und Beteiligungsbereitschaft

Die zweite Phase der Mitbestimmungsdiskussion ist wirtschaftsgeschichtlich vor allem durch die Entwicklung vom Konkurrenz-zum Monopolkapitalismus, d. h. durch eine starke Konzentration des Kapitals, durch die Bildung und Konsolidierung großer Wirtschaftsimperien, durch den wirtschaftlichen Kampf um monopolistische oder marktbeherrschende Positionen gekennzeichnet. In dieser Zeit werden die Mitbestimmungsforderungen insbesondere von Seiten der Gewerkschaften und der Sozialdemokratie um die Forderung nach einer überbetrieblichen gesamtwirtschaftlichen Mitbestimmung erweitert, die ihren wesentlichen Ausdruck in dem Konzept der Wirtschaftsdemokratie des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes von 1928 fanden. Uber die Erweiterung bisher schon errungener Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer im Betrieb hinaus wurde hierbei insbesondere die paritätische Vertretung der Arbeitnehmerschaft in den Bezirks-und Reichswirtschaftsräten gefordert Diese Erweiterung der Mitbestimmungsforderungen hatte zum Ziel, seitens der gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmerschaft eine Kontrolle der wirtschaftlichen und politischen Machtstellung der neu entstandenen Wirtschaftsimperien zu ermöglichen. Auf Grund der Erfahrungen der engen Verbindung zwischen der deutschen Wirtschaft und dem Nationalsozialismus, insbesondere auf dem Rüstungssektor, hat diese Zielsetzung der Kontrolle wirtschaftlicher Macht auch in den gewerkschaftlichen und sozialdemokratischen Vorstellungen von überbetrieblicher Mitbestimmung durch Bildung paritätisch besetzter Wirtschafts-, Handwerks-und Landwirtschaftskammern sowie von Landeswirtschaftsräten und einem Bundeswirtschaftsrat eine erhebliche Rolle gespielt. Zu Beginn der Diskussion in der Bundesrepublik stand dort auch stets noch die Forderung nach der Verstaatlichung von Schlüsselindustrien.

Abb. 5: Fremdbestimmung am Arbeitsplatz und Partizipationsgrad

Die Wiederaufnahme der Mitbestimmungsdiskussion in der Bundesrepublik war gegen Ende der sechziger Jahre mit den Forderungen nach einer Reform des Betriebsverfas-sungsgesetzes und der Einführung einer Mitbestimmung auf Unternehmensebene in weiten Bereichen noch stark von den beiden Zielsetzungen der Durchsetzung von Arbeitnehmerinteressen und der Kontrolle von wirtschaftlicher Macht bestimmt. Besondere Impulse hat die Diskussion aber gerade auch in der konsequenten Verbindung von Mitbestimmung am Arbeitsplatz und Mitbestimmung in Unternehmen dadurch gefunden, daß der Aspekt der Emanzipation und Selbstbestimmung der Arbeitnehmer stärker in den Mittelpunkt der Auseinandersetzung gerückt wurde. Mitbestimmungsforderungen wurden zum Teil auch dadurch begründet, „daß die Demokratie in Deutschland teilweise im Formalen steckengeblieben ist und sich noch nicht in der notwendigen Breite und Stabilität auf eine gesellschaftliche Basis gründet" Diese, wenn nicht neue, so doch stärker hervorgehobene Zielsetzung der Mitbestimmungsdiskussion in neuerer Zeit ist wohl am deutlichsten in Fritz Vilmars Konzept der „multifrontalen Demokratisierungsstrategie" zum Ausdruck gebracht worden Sie ist aber auch im Zusammenhang mit der generelleren, politischen und wissenschaftlichen Partizipationsdiskussion zu sehen, die ihren Ausgangspunkt in der „außerparlamentarischen Opposition" der zweiten Hälfte der sechziger Jahre hatte und ihre praktisch-politische Fortsetzung in der Bürgerinitiativ-Bewegung fand 3. Die systematische Dimension der Mitbestimmungsziele Diese historische Bestimmung der Zielebenen der Mitbestimmungsdiskussion läßt sich noch durch eine systematische Bestimmung ergänzen, indem man diese Zielsetzungen mit den ihnen zugrunde liegenden menschlichen Grundbedürfnissen vergleicht. Diese Bedürfnisse oder Motivationen stellen ein komplexes Wirkungsgefüge einer Vielzahl von Faktoren dar, die in einer gegebenen Umweltbeziehung das Verhalten von Personen bestimmen und menschliches Handeln ist stets darauf gerichtet, eine mangelhafte Befriedigung dieser Bedürfnisse zu vermeiden oder auszugleichen. Nach Maslov lassen sich vier Gruppen von menschlichen Grundbedürfnissen unterscheiden: a) Physische Bedürfnisse: Nahrung, Kleidung, Wohnung.

b) Sicherheitsbedürfnisse: Schutz und Sicherheit gegen alle äußeren Bedrohungen für die Befriedigung seiner physischen Bedürfnisse.

c) Soziale Bedürfnisse: Der Wunsch nach gesellschaftlichem Kontakt und Austausch mit seinen Mitmenschen und nach sozialer Anerkennung. d) Das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung: Das Bedürfnis nach Verwirklichung und Entfaltung der im Individuum angelegten Potentiale hinsichtlich der kreativen, spontanen und kontemplativen Fähigkeiten

Die hierarchische Ordnung dieser Grundbedürfnisse beruht darauf, daß die niedrigen Bedürfnisarten zunächst mit einem akzeptablen Grad an Befriedigung erfüllt sein müssen, bevor die höherrangigen Bedürfniskategorien für das Handeln bestimmend werden können. In diesem Sinne sind die einzelnen Bedürfnis-arten aufeinander aufgebaut Dies ist jedoch nicht allein in dem profanen Sinne zu verstehen, daß, je mehr Wünsche dem Menschen erfüllt werden, desto mehr neue Wünsche hinzutreten, sondern vielmehr in dem Sinne, daß die Befriedigung der Bedürfnisse auf Nahrung, Kleidung und Sicherheit die Voraussetzung für das Streben nach sozialer Anerkennung und individueller Selbstverwirklichung sind.

Dieser Bedürfnishierarchie entspricht der bisherige geschichtliche Verlauf der Mitbestimmungsdiskussion, die zunächst auf die Befriedigung der materiellen Bedürfnisse (Arbeitszeit, Arbeitsplatzbedingungen, Lohn), dann auf die Sicherheitsbedürfnisse (Kontrolle der wirtschaftlichen Macht, Schutz vor Betriebsstillegungen) und letztlich auf die Verwirklichung der Selbstbestimmung am Arbeitsplatz gerichtet war. Eine solche Hierarchie der Zielsetzungen der Mitbestimmungsdiskussion entspricht aber auch der Entwicklung der konkreten gesellschaftlichen und ökonomischen Bedingungen in Deutschland und Westeuropa; es ist daher verständlich, daß in hochentwickelten Industriegesellschaften mit sozial-staatlich ausgerichteten politischen Systemen, in denen die physischen und auf Sicherheit gerichteten Grundbedürfnisse durch staatliche Leistungen abgesichert sind, die postacquisitiven Werte d. h. auch das Bedürfnis nach sozialer Geltung und Selbstverwirklichung, größeres Gewicht erhalten. 4. Mitbestimmungsziele in der Programmatik der politischen Parteien Während in der politischen Programmatik der CDU die Mitbestimmung vorwiegend durch eine funktionale Zielbestimmung gekennzeichnet ist und auf eine gesteigerte Leistungsfähigkeit der Unternehmen durch „funktionsgerechte Mitbestimmung in partnerschaftlicher Zusammenarbeit" ausgerichtet ist, haben die drei Zielebenen der Mitbestimmung, d. h. Humanisierung der Arbeitswelt, Kontrolle wirtschaftlicher Macht und Emanzipation durch Selbstbestimmung am Arbeitsplatz, in die Parteiprogramme der Sozialdemokraten und Freien Demokraten Eingang gefunden. Obwohl in den Programmen beider Parteien alle drei Zieldimensionen enthalten sind, lassen sich allerdings Unterschiede in der Gewichtung feststellen.

Im Gegensatz zu den Liberalen, die zu der Macht der Gewerkschaften in der Bundesrepublik vielfach ein eher distanziertes Verhältnis hatten stand bei den Sozialdemokraten die Forderung nach Erweiterung der Mitbestimmung stets im Zusammenhang mit der Gewerkschaftspolitik. Bedeutsam ist hier nicht allein, daß die Forderungen der Gewerkschaften und die SPD-Programmatik in wesentlichen Punkten übereinstimmten, sondern vor allem, daß die Mitbestimmung als Bestandteil gewerkschaftlicher Aufgaben aufgefaßt wurde. Dies zeigt sich unter anderem auch darin, daß im Godesberger Programm der Mitbestimmung kein eigenes Kapital gewidmet war und es dort unter der Über-schrift: „Die Gewerkschaften in der Wirtschaft" hieß: „Die Gewerkschaften kämpfen um einen gerechten Anteil der Arbeitnehmer am Ertrag der gesellschaftlichen Arbeit und um das Recht auf Mitbestimmung im wirtschaftlichen und sozialen Leben." Obwohl im Godesberger Programm und in späteren Parteiprogrammen die Mitbestimmung auch unter Bezug auf allgemeinere, emanzipatorische Wertvorstellungen begründet wurde lag doch, entsprechend der Ausrichtung an der gewerkschaftlichen Strategie und dem damit verbundenen Konzept der Gewerkschaft als Gegenmacht, neben dem Ziel der Humanisierung des Arbeitsplatzes die Kontrolle wirtschaftlicher Macht im Zentrum der Mitbestimmungsforderungen. H. J. Vogel hat das in einer Rede über die gesellschaftspolitischen Nahziele der SPD im Juli 1972 verdeutlicht: „Die recht verstandene Demokratisierung im Bereich der Wirtschaft. Dabei geht es nicht um die Störung oder gar Zerstörung vernünftiger Funktionsabläufe und auch nicht um die Atomisierung der Verantwortung. Es geht vielmehr um die Kontrolle der Macht..."

Mit der Betonung der emanzipatorischen Ziel-funktion der Mitbestimmung haben die Freien Demokraten in ihren Freiburger Thesen vom 27. Oktober 1971 neue Akzente gesetzt, indem sie Mitbestimmung am Arbeitsplatz und Unternehmensmitbestimmung auf diese Weise zu einem geschlossenen Konzept verbanden: „Liberale Gesellschaftspolitik kann sich mit einer Mitbestimmung der Arbeitnehmer an der Gestaltung des Arbeitsplatzes und der Arbeitsverhältnisse auf betrieblicher Ebene nicht begnügen. Dasselbe, eher noch verschärfte Spannungsverhältnis, von grundsätzlicher Selbstbestimmung des Arbeitgebers und grundsätzlicher Fremdbestimmung des Arbeitnehmers, besteht auch auf der unternehmerischen Ebene. Selbstbestimmung der Arbeitnehmer verlangt Mitbestimmung bei der Fremdbestimmung durch die Arbeitgeber. Diese Forderung folgt für liberale Gesellschaftspolitik aus dem nicht nur für die Demokratisierung des Staates, sondern auch der Gesellschaft leitenden obersten Grundsatz der Menschenwürde und damit der Achtung der Selbstbestimmung des anderen."

II. Sozialisationsfolgen der Mitbestimmung als Komponente liberaler Gesellschaftspolitik

Abb. 2: Fremdbestimmung am Arbeitsplatz und politische Entfremdung

1. Mitbestimmung und politische Sozialisation Die Bedeutung der Mitbestimmung für die liberale Gesellschaftspolitik rührt aber nicht allein daher, daß mit der Erweiterung der Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer das demokratische Grundrecht auf eine aktive Beteiligung am Willensbildungsprozeß nicht mehr auf den politischen Bereich beschränkt bleibt, sondern auch auf den ökonomischen, d. h.den Bereich des Betriebes und des Unternehmens, ausgedehnt wird. Sie gewinnt ihren entscheidenden Stellenwert vor allem dadurch, daß durch die Demokratisierung der Arbeitswelt die realen Voraussetzungen für eine emanzipatorische Entwicklung stummer Befehlsempfänger am Arbeitsplatz hin zu selbstbewußten, mündigen Bürgern unserer Gesellschaft geschaffen werden. Diese Auswirkungen von Mitbestimmung am Arbeitsplatz und im Unternehmen auf die politische Sozialisation der Arbeitnehmer, d. h. die Sozialisationsfolgen der Mitbestimmung, waren in den Freiburger Thesen der Liberalen Ausgangspunkt der FDP-Mitbestimmungskonzeption. Dort hieß es: „Neben Leistungsdruck und Fremdbestimmtheit der abhängigen Arbeit tritt als weitere Belastung, daß der Arbeitnehmer in Prozesse eingeordnet ist, die er häufig aus Mangel an Information über Gesamtzusammenhänge nur schwer überschauen kann. Das alles führt dazu, daß sich aus den unterschiedlichen Erfahrungen im Betrieb, im Spannungsfeld wechselseitiger über-und Unterordnung, der Zugehörigkeit zu Mehrheiten und Minderheiten, der Einordnung in einem Leistungsver-band, demokratische oder antidemokratische Grundeinstellung und Verhaltensweisen entwickeln."

Die berufliche Sozialisation, d. h. die sozialen Lernprozesse, die ein Arbeitnehmer in seinem Betrieb durchläuft und die seine Einstellungen, sein Verhaltensrepertoire und seine Rollenerwartungen prägen, haben auch Einfluß darauf, ob die politische Sozialisation in demokratischen, undemokratischen oder antidemokratischen Grundlinien verläuft, d. h. ob der einzelne sich zum Untertan, zum „Ohne-Michel" oder zum mündigen, aktiven Bürger entwickelt. Während also familiäre, schulische und berufliche Sozialisation im wesentlichen durch die unterschiedlichen Orte bzw. Agenturen gekennzeichnet ist, in denen das Individuum aufgrund der Erfahrungen mit eigenem Verhalten und seinen Resultaten oder aber durch Übernahme der Erfahrungen anderer diejenigen Grundmuster von Einstellungen, Rollenerwartungen und Handlungsrepertoires erwirbt, die sein gesamtes soziales Verhalten bestimmen, ist das Konzept der „politischen Sozialisation" dadurch gekennzeichnet, daß es, unabhängig Von Ort und Agentur der Sozialisation, alle sozialen Lernprozesse umfaßt, die auf politisches Verhalten gerichtet sind Politisches Verhalten kennzeichnet dabei den Teil des allgemeinen sozialen Verhaltens, der sich in Ausfüllung relevanter Rollen im politischen Willensbildungsprozeß auf das Zustandekommen von gesellschaftlich relevanten und verbindlichen Entscheidungen über Werte und knappe Ressourcen bezieht.

Während im Bereich der Schule, deren Bedeutung für die politische Sozialisation seit langem anerkannt ist, und dies in der Einbeziehung der politischen Bildung in die Lehrpläne berücksichtigt worden ist hat sich für den Bereich der beruflichen Sozialisation die Erkenntnis über den engen Zusammenhang zwischen beruflicher und politischer Sozialisation noch nicht in gleicher Weise durchgesetzt. Zwar ist dieser Zusammenhang in vielen Reden und Veröffentlichungen engagierter Politiker und Wissenschaftler immer wieder behauptet und auch schlüssig begründet bisher aber noch nicht nachgewiesen worden, wenn man von Berichten über die Einführung neuer Modelle der Arbeitsorganisation und Mitbestimmung (vornehmlich aus dem skandinavischen Raum) und deren Auswirkungen auf die Zufriedenheit der Arbeitnehmer absieht. Vielmehr scheinen frühere Untersuchungen über die Auswirkungen der Mitbestimmung im Montanbereich zu zeigen, daß die postulierten Sozialisationsfolgen der Mitbestimmung bei den betroffenen Arbeitnehmern überhaupt nicht oder nicht in dem erwarteten Umfang nachzuweisen sind Abgesehen davon, daß das Montan-Mitbestim-

mungsmodell allein, d. h. ohne eine Ergänzung um eine wirksame Mitbestimmung am Arbeitsplatz, nur in geringem Maße Auswirkungen zeigen kann, die für den Menschen am Arbeitsplatz unmittelbar erfahrbar sind, scheint der Versuch, die Sozialisationsfolgen der Mitbestimmung in einem relativ kurzen Zeitraum von ihrem gesellschaftlichen Umfeld zu isolieren, wenig aussichtsreich. Paul G. Schmitz weist hier auf folgendes Problem hin: Geht man von „der Theorie kognitiver Sozialisation aus, daß die formalen Strukturen im Gegensatz zu den inhaltlichen schon sehr früh festgelegt sind und sich in der späteren Entwicklung kaum verändern lassen, dann überraschen die Befunde der fehlenden Veränderungen mancher kognitiver Orientierungsstile trotz veränderter Umweltbedingungen nicht. . . Erst die persönliche Bedeutsamkeit, die erwarteten Erfolgsaussichten [der Mitbestimmung] und die kumulative Verstärkung aus anderen gesellschaftlichen Bereichen kann die Passivität und Apathie der Lohnabhängigen abbauen und so langfristig politisches Bewußtsein zeitigen“ 2. Fremdbestimmung am Arbeitsplatz, politische Entfremdung und politische Apathie Wenn aber der Zusammenhang zwischen der Einführung der Mitbestimmung und den erwarteten Sozialisationsfolgen — solcherart isoliert — empirisch kaum nachzuweisen ist, muß der Versuch, empirische Belege für die postulierten Zusammenhänge zu finden, auf einer anderen Ebene angesetzt werden. Hierfür bietet sich zunächst an, von der Begründung der Mitbestimmungsforderungen ausgehend, an dem Zusammenhang zwischen der täglichen Erfahrung der Fremdbestimmung am Arbeitsplatz und der politischen Entfremdung und politischen Apathie anzusetzen, wenn auch der empirische Nachweis über Art und Intensität der Beziehung dieser Faktoren hier nicht geführt werden kann. Das liegt nicht allein an den stets angegebenen „Platzgründen", sondern vor allem daran, daß gerade in diesem Bereich die empirische Sozialforschung ein erhebliches Defizit aufzuweisen hat In einem anderen empirischen Forschungsprojekt, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert wird und an dem der Verfasser beteiligt ist haben sich aus der Analyse der Determinanten politischer Beteiligung Hinweise ergeben, die die Hoffnung rechtfertigen, den Zusammenhang zwischen Fremdbestimmung am Arbeitsplatz, politischer Entfremdung und politischer Apathie auch empirisch stringent nachweisen zu können. Unter dem Vorbehalt, daß es sich hierbei um Fragestellungen handelt, die erst im Nachhinein an eine sehr spezielle Untersuchung herangetragen worden sind, sollen diese Ergebnisse hier kurz dargestellt werden.

Um den Zusammenhang zwischen Fremdbestimmung am Arbeitsplatz und politischer Entfremdung/pohtischer Apathie deutlich zu machen, wurden die befragten Personen zunächst nach ihren Berufspositionen in Berufsgruppen zusammengefaßt, die sich in eine formale Betriebshierarchie einordnen lassen und die dadurch gekennzeichnet sind, daß die Angehörigen der verschiedenen Gruppen ein jeweils unterschiedliches Maß an Freiheit in der Gestaltung der Arbeitsziele, des Arbeitsablaufs und der Arbeitsbedingungen haben. Ungelernte Arbeiter liegen dabei auf der untersten Stufe dieser Hierarchie, während Facharbeiter schon aufgrund ihrer fachlichen Qualifikation gewisse Freiheitsräume haben. Beamte und Angestellte der mittleren Leitungsebene und Meister haben meist einen fachlich oder organisatorisch abgegrenzten Bereich, in dem sie selbständig und eigenverantwortlich tätig sind, während die Unternehmer, die leitenden Angestellten, die Beamten im höheren Dienst und die akademischen freien Berufe an der Spitze dieser Skala stehen. Nicht einordnen in diese Betriebshierarchie der Berufsgruppen lassen sich die Hausfrauen, die Auszubildenden und die Rentner, da sie nicht oder noch nicht oder nicht mehr im Produktionsprozeß stehen. Das gilt ebenso für die kleinen selbständigen Gewerbetreibenden, Vertreter und Handwerker, die in keiner ausgeprägten Betriebshierarchie stehen. Aus dieser Kategorisierung ergibt sich das nebenstehende Schema.

Dieses Schema, das die Unterschiede im Grad der Fremdbestimmung bzw. Selbstbestimmung am Arbeitsplatz und im Unternehmen erfassen soll, kann natürlich keine Skala im eigentlichen Wortsinn sein, da es weder aufgrund einer konkreten Analyse der betrieblichen Realität der befragten Personen entwik-kelt noch auf seine Übereinstimmung mit der tatsächlichen Situation der einzelnen Berufsgruppen überprüft wurde. Dies muß einer gesonderten empirischen Untersuchung Vorbehalten bleiben. Das Schema stellt jedoch ein heuristisch brauchbares Instrument dar, um wahrscheinliche Zusammenhänge aufzuzeigen und sinnvolle Hypothesen für spätere Untersuchungen zu entwickeln. Nur in diesem Sinne wollen wir es hier benutzen.

Die relevanten Hypothesen, die der Entwicklung der Stufenleiter der Fremdbestimmung im Betrieb zugrunde liegen, sind: — je höher der Grad der Fremdbestimmung am Arbeitsplatz, desto höher ist der Grad der politischen Entfremdung; — je höher der Grad der Fremdbestimmung am Arbeitsplatz, desto niedriger ist die Bereitschaft zum politischen Engagement; — je höher der Grad der Fremdbestimmung am Arbeitsplatz, desto geringer ist der tatsächliche Grad an bisher realisierter politischer Beteiligung (Partizipationsgrad) 31a)Obwohl die Grundgesamtheit für unsere Analyse der „Stufenleiter der Fremdbestimmung im Betrieb" aufgrund der Unmöglichkeit, Hausfrauen, Rentner, kleine Selbständige und Auszubildende in diese Skala einzuordnen, sehr klein geworden ist, lassen dennoch die Ergebnisse wegen ihrer Eindeutigkeit eine Aussage über den Zusammenhang zwischen Fremdbestimmung am Arbeitsplatz und politischer Sozialisation zu. Schaubild 2 zeigt deutlich, daß zwischen dem Grad der Fremdbestimmung am Arbeitsplatz und dem Grad der politischen Entfremdung eine eindeutig positive, fast lineare Beziehung besteht. Das heißt, daß in dem Maße, wie für die unterschiedlichen Personengruppen der Grad der Fremdbestimmung am Arbeitplatz zunimmt, auch der Grad der politischen Entfremdung größer wird. Politische Entfremdung ist hierbei eine generelle Einstellung zum politischen System und zur politischen Beteiligung, die dadurch gekennzeichnet ist, daß sie ein allgemeines Unbehagen, Unverständnis und Mißtrauen gegenüber allen Dingen, die mit Politik Zusammenhängen, insbesondere gegenüber den politischen Akteuren, thematisiert. „Der politisch Entfremdete fühlt sich in der Politik nicht vertreten" und sieht keine Möglichkeit, sich politisch zu beteiligen. Dementsprechend ist auch seine tatsächliche politische Beteiligung.

Nicht ganz so eindeutig ist die Beziehung zwischen dem Grad der Bereitschaft zur politischen Beteiligung und dem Grad der Fremdbestimmung, da hier die Werte für ungelernte Arbeiter und Facharbeiter einerseits, sowie mittlere Angestellte und leitende Angestellte andererseits eng zusammenliegen. Der Bruch liegt hier zwischen den Arbeiter-Positionen und den Angesteilten-Positionen, was als Hinweis darauf gewertet werden könnte, daß die generellere und in der Regel über Be-

rufsstatus, Bildungsgrad und/oder Einkommen erfaßte Schichtzugehörigkeit der Personen in diesem Fall das Differenzierungskriterium darstellt. Bemerkenswert ist hier allerdings, daß die Bereitschaftswerte für die vier Berufsgruppen alle über dem Durchschnitt der Gesamtstichprobe liegen. Der Grund dafür liegt in der extrem niedrigen Beteiligungsbereitschaft der Hausfrauen und Rentner, für die, als außerhalb des Produktionsprozesses stehend, das Konzept des aktiven mündigen Bürgers noch keine Geltung erlangt zu haben scheint. Bei der politischen Entfremdung liegen die Werte für die Bevölkerungsgruppen deutlich höher, bei der realisierten Beteiligung niedriger als bei Personen, die in einem formellen Arbeitsverhältnis stehen

Besondere Bedeutung für das Entstehen von Beteiligungsbereitschaft und deren Umsetzung haben die relevanten Verhaltenserwartungen (hier von Freunden), die bezüglich eines politischen Engagements wahrgenommen werden: Erwarten meine Freunde, daß ich politisch aktiv werde, und wenn ja, halte ich das für wichtig? Diese Verhaltenserwartungen stabilisieren Verhalten im sozialen Umfeld und sind daher Prädikatoren für tatsächliches Verhalten. Hier finden wir wieder eine ausgeprägt negative, fast lineare Beziehung zwischen den Erwartungen hinsichtlich politischen Engagements und dem Grad der Fremdbestimmung am Arbeitsplatz.

Am deutlichsten ausgeprägt ist diese lineare (negative) Beziehung beim Partizipationsgrad als einem nach der Schwierigkeit der Beteiligungsformen gewichteten Index, der bisherige Beteiligung mißt. Hier zeigt sich, daß mit steigendem Grad der Fremdbestimmung am Arbeitsplatz der Partizipationsgrad stark abnimmt. Dieser gewichtige Partizipationsgrad, den wir den Persönlichen Partizipationsindex (PPI) genannt haben, summiert nicht einfach alle bisher realisierten Beteiligungsformen, sondern gewichtet die einzelnen Beteiligungsformen nach dem Grad der notwendigen Initiative, dem Engagement, der Konventionalität und der Akzeptanz. So erhält die Teilnahme an einer Wahlversammlung den Schwierigkeitsgrad 4, 5 (4, 0 = Minimum), während die Mitarbeit in einer Bürgerinitiative einen Schwierigkeitsgrad von 10, 5 (12 = Maximum) zugewiesen bekam. Dieses Instrument des PPI erfaßt den Grad der politischen Aktivität daher differenzierter als die Summe völlig unterschiedlicher Aktivitäten, darf aber nicht mit Macht oder Einfluß gleichgesetzt werden, da die „schwierigsten" Beteiligungsformen nicht unbedingt die „wirksamsten" sein müssen. Es mißt jedoch den Grad, in dem der einzelne seine Rolle als Aktivbürger in unserer Gesellschaft ausfüllt, und die Ergebnisse weisen auf einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Fremdbestimmung am Arbeitsplatz, der politischen Entfremdung und der Ausfüllung dieser aktiven Bürgerrolle hin. 3. Der mündige Aktivbürger als Voraussetzung und Ziel einer demokratischen Gesellschaft Dieser aktive und mündige Bürger ist in einer offenen, liberalen Gesellschaftsordnung jedoch zugleich Ziel und Voraussetzung der Gesellschaftspolitik. Es läßt sich an vielen Stellen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung unseres Grundgesetzes zeigen, daß dieser mündige Bürger in seiner Rolle als gleichberechtigter, aktiver Teilhaber am Prozeß der politischen Willensbildung Voraussetzung für den demokratischen Anspruch unserer gesellschaftlichen und politischen Ordnung ist. Das gilt ebenso für die Wahrnehmung des aktiven wie des passiven Wahlrechts, für die Beteiligung an der Aufstellung der Kandidaten für die repräsentativen Organe, für die Mitarbeit in den politischen Parteien und auch für die Mitarbeit an Organisationen und Aktionen im Vorfeld der verbindlichen politischen Entscheidungsfindung, wie z. B. in Bürgerinitiativen. Doch wie sieht es mit diesem mündigen Bürger in der gesellschaftlichen Realität aus? Mit Ausnahme der Wahrnehmung des passiven Wahlrechts sind die im politischen System der Bundesrepublik Deutschland vorgesehenen Beteiligungsformen bisher nur in so geringem Umfang wahrgenommen worden, daß der für die westlichen Demokratien kennzeichnende Befund der politischen Apathie auch für die Bundesrepublik als zutreffend angesehen werden muß Zwar legen neuere Untersuchungsergebnisse der Partizipationsforschung die Vermutung nahe, daß der Anteil der politisch völlig Inaktiven mit 70 bis 80 °/o deutlich zu hoch angesetzt ist, aber es zeigt sich, daß bei Aktivitäten, die einen mehr als nur minimalen Einsatz von Energie, Zeit und finanziellen Mitteln erfordern, der Kreis der Aktiven mit 15 bis 20 % eher noch enger zu ziehen ist

Dieser Befund der politischen Apathie, d. h., daß die Bundesbürger von den vorhandenen Beteiligungsformen in unserem politischen System kaum Gebrauch machen, weist darauf hin, daß eine Reihe von Grundvoraussetzungen unserer demokratischen Ordnung bisher noch nicht verwirklicht worden sind und daß der mündige Bürger bisher nur unverwirklichter Anspruch geblieben ist. Dieser Befund der politischen Apathie, daß vier Fünftel der bundesrepublikanischen Bevölkerung ihre Beteiligungsrechte im Rahmen unserer demokratischen Ordnung nicht aktiv wahrnehmen, wird noch dadurch verschärft, daß die kleine Schar der politisch Aktiven nicht etwa einen repräsentativen Querschnitt aus der gesamten Bevölkerung darstellt, sondern sich vorwiegend aus Angehörigen der mittleren und oberen sozialen Schichten zusammensetzen.

Als gesicherte Erkenntnis der bisherigen empirischen Partizipationsforschung läßt sich der Leitsatz aufstellen: „Je geringer der soziale Status einer Person ist, desto geringer ist auch die Bereitschaft zur politischen Beteiligung." Auf diese Weise ergibt sich das gesellschaftspolitisch folgenschwere Paradoxon, daß gerade die wirtschaftlich und sozial benachteiligten Gruppen, die eine Verbesserung ihrer Lage im wesentlichen nur durch eine staatliche Intervention erhoffen können, sich an der politischen Willensbildung kaum oder gar nicht beteiligen. Auf diese Weise hat es den Anschein, daß die Verwirklichung des liberalen Ideals eines selbstbewußten und mündigen Bürgers in unserer gesellschaftlichen Wirklichkeit allein den oberen und mittleren sozialen Schichten vorbehalten wäre. Doch wie läßt sich dieser Befund der politischen Apathie, dieses Defizit an politischer und gesellschaftlicher Emanzipation erklären? Die empirisch gesicherte Erkenntnis, daß die Bereitschaft zum aktiven politischen Engagement von der sozialen Schichtzugehörigkeit bestimmt wird enthält einen entscheidenden Hinweis auf die wichtigsten Gründe für dieses Defizit an politischer Mündigkeit. Hier zeigt sich, daß trotz eines formell existenten und auch sehr breit gefächerten Angebots an Beteiligungschancen, dieses aufgrund einer Reihe von restriktiven Bedingungen nur unvollständig wahrgenommen werden kann und daß diese restriktiven Bedingungen von Angehörigen der Ober-und Mittelschichten leichter überwunden werden können als von Angehörigen der Unterschichten.

Diese Restriktionen für die Realisierung der politischen Beteiligungsrechte lassen sich auf drei Ebenen darstellen:

1. Auf der Ebene der politischen Kommunikation, d. h. konkret bei der Wahrnehmung von Konflikten, Interessenlagen, Problemlösungen und Handlungsmöglichkeiten;

2. auf der Ebene der politischen Einstellungen und der Bereitschaft zur politischen Beteiligung;

3. auf der Ebene der Umsetzung allgemeiner Beteiligungsbereitschaft in konkretes Handeln.

Auf der Ebene der Wahrnehmung ist es zunächst die mangelnde Transparenz politischer und insbesondere administrativer Prozesse, die eine aktive und breitgestreute politische Beteiligung behindert. Insbesondere im Lokal-teil unserer Zeitungen zeigt sich, daß die angebotenen Informationen über gesellschaftliche Probleme und alternative Lösungsmöglichkeiten für deren Überwindung nur in unzureichendem Umfang verfügbar gemacht werden Dieser Faktor kann jedoch nicht allein auf die Dimension des Informationsangebots reduziert werden, da schon sehr bald deutlich würde, daß durch eine Vergrößerung des In-formationsangebots nicht nur wenig gewonnen wäre, sondern vielmehr die ungleiche Verteilung von Partizipationschancen eher noch verschärft würde, da die Kapazität der Informationsverarbeitung im wesentlichen als Funktion des jeweiligen Bildungsniveaus angesehen werden muß

Politische Einstellungen (wie etwa der oben thematisierte Komplex der politischen Entfremdung) werden Inder empirischen Sozialforschung vielfach als Merkmale von Personengruppen angesehen, die zur Erklärung und Vorhersage von Verhalten dienen. Den Politikwissenschaftler muß aber darüber hinaus interessieren, welche gesellschaftlichen und politischen Strukturen zum Entstehen und zur Verfestigung solcherart partizipationsfeindlicher Einstellungsmuster beitragen. Hierbei stellt die Art der politischen Berichterstattung in unseren Massenmedien, die sich in der Regel nicht auf gesellschaftliche Probleme und alternative Lösungsmöglichkeiten bezieht, sondern vielmehr auf schon vollzogene Entscheidungen und Maßnahmen, ebenfalls einen wichtigen Grund für die mangelnde politische Beteiligung dar. Zoll spricht hier von einer Art Hofberichterstattung, die bei den Bürgern nur eine Zuschauerhaltung, nicht aber die Bereitschaft zu aktivem Engagement entstehen läßt Dies gilt natürlich um so mehr, wenn der einzelne auf nur wenige Informationsquellen, wie etwa die Bildzeitung oder das lokale Heimatblättchen, angewiesen ist. Entscheidende Bestimmungsfaktoren für die Bereitschaft zur politischen Partizipation sind aber auch die Einstellungen zum politischen Prozeß allgemein und zu den Erfolgsaussichten einer Beteiligung an diesem Prozeß im besonderen. Die vielfach beobachtete Folgenlosigkeit von Partizipationsbestrebungen, die auch heute noch bestehende mangelnde Bereitschaft der Entscheidungsträger, Initiativen aufzugreifen, die nicht über die üblichen Kanäle der politischen Willensbildung verlaufen, sowie die Erfahrung des Scheiterns an finanziellen Restriktionen oder fehlender Zuständigkeit dürften dabei nicht gerade zur Verfestigung partizipationsfreundlicher Einstellungen führen. Unpolitische, antidemokratische und autoritäre Einstellungen in der Bevölkerung wirken der Bereitschaft zur politischen Beteiligung entgegen. Dabei ist zu beachten, daß aufgrund der in den verschiedenen sozialen Schichten vorherrschenden Erziehungsstile soziale Unterschichten „in der Regel autoritärer im Sinne von konventionalistisch verlaufender Erziehung" unterworfen sind.

Hinsichtlich der Umsetzung eventuell bestehender Beteiligungsbereitschaft in konkretes Beteiligungshandeln sind weiterhin die spezifischen Persönlichkeitsmerkmale des einzelnen von Bedeutung Mangelndes Selbstwertgefühl, ein zu geringes Vertrauen in die eigene Handlungskompetenz, das Gefühl von sozialer Desintegration und politischer Ohnmacht gehören zu den entscheidenden Restriktionen für politische Beteiligung. Daß diese Faktoren jedoch nicht nur persönlich-individueller Natur, sondern auch strukturell bedingt sind, soll durch den Hinweis verdeutlicht werden, daß die alltägliche Erfahrung der Ohnmacht in einer fremdbestimmten Arbeitswelt, in einem autoritären Bildungssystem oder gegenüber einer undurchschaubaren und obrigkeitsstaatlichen Bürokratie wohl kaum zu partizipationsfreundlichen Einstellungen insbesondere bei dem Teil der Bevölkerung führen dürfte, der aufgrund bestehender sozialer Sprachbarrieren, mangelndem Informationszugang und geringer Artikulationsfähigkeit im Prozeß der politischen Willensbildung benachteiligt ist. 4. Das Defizit an demokratischer politischer Sozialisation Insgesamt wirken alle diese Faktoren als Restriktionen für eine in unserem politischen System vorausgesetzte und auch notwendige Intensität der politischen Beteiligung durch alle Bevölkerungsgruppen, d. h. als Barriere für die Verwirklichung des mündigen Bürgers. Im Rahmen sozialwissenschaftlicher Untersuchungen, insbesondere psychologischer Natur, stellen sich diese Bedingungsfaktoren auf der Ebene des handelnden Individuums jeweils nur als persönliche Bedingungsfaktoren, als Merkmale der einzelnen Person dar. Der Soziologe und Politikwissenschaftler kann jedoch auf dieser personenbezogenen Ebene nicht stehenbleiben, sondern muß vielmehr versuchen, die gemeinsamen Merkmale und Bestimmungsgrößen zu identifizieren, die auf gesellschaftliche Strukturbedingungen zurückzuführen sind. Unter einer derartigen Betrachtungsweise der restriktiven Bedingungen für politische Beteiligung ist festzuhalten, daß sowohl im Bereich des unzureichenden Informationsangebots und der mangelnden Informationsverarbeitungskapazität wie auch in der Nachweisbarkeit von partizipationsfeindlichen Einstellungen, insbesondere bei den sozialen Unterschichten, und auch letztlich bei den persönlichkeitsgebundenen Barrieren für die Umsetzung der Beteiligungsbereitschaft die entscheidenden Faktoren auf einem Defizit an demokratischer politischer Sozialisation beruhen.

Während man unter dem Begriff der Sozialisation alle „Lernprozesse, durch welche ein Individuum jene Verhaltensmuster, Normen und Erwartungswerte anderer erwirbt, die es befähigen, bestimmte Rollen in einer Gesellschaft zu übernehmen und gleichzeitig seine Identität zu finden" versteht, bezeichnet der Prozeß der politischen Sozialisation insbesondere den Bereich des sozialen Lernens und Erfahrens, der sich auf politische Rollen und politische Sachverhalte bezieht. Insofern ist die Aufarbeitung von Defiziten der demokratischen politischen Sozialisation auch ein Problem der politischen Bildung, wie das auch lange Zeit in der amerikanischen Prtizipa-tionsdiskussion gesehen wurde (etwa bei Pranger) So wichtig dieser Aspekt auch ist, ausreichend ist er aber nicht. Wirklich stabile Einstellungs-und Handlungsmuster werden nicht nach dem Prinzip des „Nürnberger Trichters" vermittelt, sondern vielmehr durch unmittelbare, persönliche Erfahrung als Ergebnis und Folgewirkung von eigenem sozialen Handeln erworben. In dieser Interaktion zwischen Einstellungsmustern als Determinanten für soziales Handeln einerseits und der Erfahrung der Folgewirkungen sozialer Interaktionsprozesse in der gesellschaftlichen Realität als Ursache der Verstärkung und Festigung bestehender Einstellungen andererseits zeigt sich eines jener Elemente, die die Verfestigung bestehender Herrschaftsund Abhängigkeitsstrukturen und die Aufrechterhaltung des gesellschaftlichen Status quo sichern. Die Erfahrung mangelnder Mitbestimmungsmöglichkeiten in den Schulen, die Fremdbestimmung der Lerninhalte in Schule und Berufsausbildung, die tägliche Erfahrung der Ohnmacht gegenüber anonymen Bürokratien, die tägliche Fremdbestimmung von Arbeitsinhalten und Arbeitsprozessen am Arbeitsplatz, ständig wiederkehrende Erfahrungen des Ausgeliefertseins an Konjunkturschwankungen mit allen Auswirkungen für Sicherheit und Familie, die Manipulation durch Massenmedien und Werbung und die Erfahrung der Zerstörung unserer Städte durch Bodenspekulation und ökonomische Nutzungsimperative — dies alles stellt jenen Prozeß des „lebenslangen Lernens" in einem zynisch verkehrten Sinne dar, der eben jene Barrieren für die Verwirklichung der politischen Mündigkeit aufrechterhält und verstärkt, die eine Beseitigung der gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Abhängigkeitsverhältnisse mit einer breiten Basis der Unterstützung durch die Bevölkerung verhindern.

III. Mitbestimmung und demokratische politische Sozialisation

Abb. 3: Fremdbestimmung am Arbeitsplatz und Verhaltenserwartung

Diese Aufzählung hatte vorwiegend den Zweck klarzumachen, daß der Mangel an politischer Mündigkeit, der auf einem Defizit an politischer Sozialisation beruht, nicht allein in unseren Köpfen, d. h. in unserem Wissen oder in unserem Bewußtsein verankert ist, sondern vor allem auch in den gesellschaftlichen Verhältnissen. Wenn dieses Ziel des mündigen Bürgers als Voraussetzung einer offenen, liberalen Gesellschaftsordnung verwirklicht werden soll, dann muß dieses Defizit an politischer Sozialisation nicht nur in Elternhaus, Schule und beruflicher Bildung aufgearbeitet werden, sondern dann müssen vor allem in dem eminent wichtigen gesellschaftlichen Bereich des Arbeitslebens die realen Voraussetzungen geschaffen werden, die den einzelnen zu einer erweiterten Erfahrung von Selbstbestimmung durch Mitbestimmung führen.

Die Ausdehnung der Mitbestimmung auf größere Teile der Arbeitnehmerschaft und die Verbesserung der Modelle der Mitbestimmung gewinnen daher durch ihre Folgewirkung auf Einstellungen und Verhaltensweisen gerade der unteren und mittleren Schichten eine wichtige gesellschaftliche Bedeutung. Die Umwandlung von fremdbestimmten Befehlsempfängern am Arbeitsplatz in Menschen, die durch die Mitbestimmung in Betrieb und den Unternehmen an Entscheidungsprozessen über den Arbeitsprozeß beteiligt werden, wird insgesamt ihr Selbstbewußtsein stärken und soziale und politische Apathie im weitesten Sinne abbauen. Da es in den Sozalwissenschäften heute als gesicherte Erkenntnis gilt, daß der Anpassungszwang an die betrieblichen Organisations-und Herrschaftsstrukturen, die Monotonie und die Fremdbestimmung der Arbeitswelt weitgehend zur politischen Apathie und zur mangelnden politischen Beteiligung der Bürger beigetragen haben, kann man erwarten, daß eine Veränderung dei Stellung des Menschen im Arbeitsprozeß Folgen auch für ihr gesamtgesellschaftliches Verhalten haben wird Unter diesem Gesichtspunkt erhält die Lösung der Mitbestimmungsfrage, soweit sie dem einzelnen Arbeitnehmer im Betrieb ein größeres Maß an Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung erlaubt, durch ihre zu erwartenden Sozialisationsfolgen einen weit über den ökonomischen Bereich hinausragenden Stellenwert für die liberale Gesellschaftspolitik, die auf eine Demokratisierung aller Bereiche unserer Gesellschaft zielt.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Rainer Siegelkow, Wirtschaftsdemokratie, in: Ulrich v. Alemann (Hrsg), Partizipation — Demokratisierung — Mitbestimmung. Problemstand und Literatur in Politik, Wirtschaft, Bildung und Wissenschaft. Eine Einführung, Opladen 1975, S. 118; für die neuere Entwicklung vgl.: Berndt-Jürgen Wendt, Industrial Democracy. Zur Struktur der englischen Sozialbeziehungen, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 46/75.'

  2. Paul G. Schmitz, Mitbestimmung auf Unternehmensebene, in: Alemann, a. a. O., S. 142.

  3. Günter Apel, Mitbestimmung — Grundlagen, Ziele, Wege, München 1969, S. 70.

  4. Joachim Lieser, Der Mensch im Mittelpunkt? Thesen und Dokumente zur Mitbestimmung, Köln 1971, S. 16 f.; Wolfgang J. Mommsen, Liberalismus und liberale Idee in Geschichte und Gegenwart, in: Kurt Sontheimer (Hrsg), Möglichkeiten und Grenzen liberaler Politik, Düsseldorf 1975, S. 35 f.

  5. Siegelkow, a. a. O., S. 121 f.

  6. Ebenda.

  7. Berndt-Jürgen Wendt, Wirtschaftliche Mitbestimmung — Ein Problem unserer Wirtschaftsund Sozialordnung, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 41— 42/69, S. 5.

  8. Fritz Vilmar, Strategien der Demokratisierung, 2 Bde, Darmstadt/Neuwied 1973.

  9. Vgl. hierzu u. a.: Heinz Grossmann (Hrsg), Bürgerinitiativen. Schritte zur Veränderung? Frank-fürt/M. 1971; Sebastian Haffner u. a., Bürger initiativ, Stuttgart 1974; Horst Zillessen, Bürgerinitiativen im repräsentativen Regierungssystem, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 12/74.

  10. Vgl. Hans Thomae, Die Motivation menschlichen Handelns, Köln 1966.

  11. A. H. Maslow, Deficiency Motivation and Growth, in: R. C. Teevan und R. C. Berney (Hrsg), Theories of Motivation in Personality and social Psychology, New York 1964.

  12. George E. Berkeley, The Administrative Revolution. Notes on the Passing of Organization Man, Englewood Cliffs, N. J. 1971, S. 15 t.

  13. Hanns Friedrich Lorenz, Verwaltung in der Demokratie. Eine Einführung in die moderne Verwaltungswissenschaft, München 1972, S. 20— 29.

  14. Max Kaase, Bedingungen unkonventionellen politischen Verhaltens in'der Bundesrepublik Deutschland. Vortrag, gehalten auf dem Kongreß der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft in Duisburg 1975, Ms. S. 3 und 18.

  15. Vgl. Berliner Programm der CDU, 2. Fassung (1971), Ziffer 72, in: Siegfried Hergt (Hrsg), Partei-programme, Opladen 1973, S. 133. Für eine detailliertere und differenzierte Darstellung der Ziel-konzeptionen, vgl. v. Voss u. a., Partnerschaft und Parität. Modellstudien zur Mitbestimmung und Vermögensbildung in Unternehmen und Wirtschaft, Bonn 1974.

  16. Vgl. hierzu etwa Wolfgang Mischnick, Bundestagsreden, hrsg. von Horst Dahlmeyer, Bonn 1973, S. 1973, S. 105 und, 223.

  17. Grundsatzprogramm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (1959), in: Hergt, a. a. O., S. 51.

  18. Im Godesberger Programm der SPD hieß es darüber hinaus auch noch: „Der Arbeitnehmer muß aus einem Wirtschaftsuntertan zum Wirtschaftsbürger werden", und im Programm von 1972 dann: „Demokratie kann nicht nur auf den staatlichen Bereich begrenzt werden." In: Hergt, a. a. O., S. 51 und 88.

  19. A. a. O„ S. 106.

  20. Die Freiburger Thesen der Liberalen, in: Hergt, a. a. O., S. 230.

  21. Ebenda, S. 227.

  22. Vgl. die Definition bei Paul Ackermann (Hrsg.), Politische Sozialisation, Opladen 1974, S. 9.

  23. Dem Verf. ist die Problematik und die Vielfältigkeit der in der Wissenschaft gebräuchlichen Politikbegriffe an dieser Stelle durchaus bewußt. In Anlehnung an Lehmbruch, Einführung in die Politikwissenschaft, 4. Aufl. 1971, S. 17, wird hier ein empirisch-analytischer Begriffstyp vorgezogen. Vgl. hierzu auch: Alemann/Forndran, Methodik der Politikwissenschaft, Stuttgart 1975, S. 30— 36.

  24. Kennzeichnend hierfür sind etwa in Nordrhein-Westfalen die Einrichtung des Lehrfaches Sozialwissenschaft und die „Richtlinien für den Politik-unterricht" hrsg vom Kultusminister des Landes Nordrhein-Westfalen. Düsseldorf, Okt. 1974.

  25. viele andere siehe -Für Fritz Vilmar, Demokra tisierung der Wirtschaft. Am Beispiel der Mitbestimmung, in: Martin Greiffenhagen (Hrsg), Demokratisierung in Staat und Gesellschaft, München 1973, S. 206.

  26. Vgl. u. a. Kerstin Kießler und Wolfgang Scholl, Partizipation und Macht in aufgabenorientierten Gruppen, Frankfurt/M. 1976, insbes. S. 86— 99.

  27. Hier ist vor allem die Untersuchung von Viggo Graf Blücher zu nennen: Integration und Mitbestimmung. Hauptergebnisse, Tabellenauswahl und Methodennachweis einer Untersuchung des Emnid-Instituts. Untersuchungsreihe zum Thema: Wirksamkeit der erweiterten Mitbestimmung auf die Arbeitnehmer, Sennestadt 1966.

  28. Paul G. Schmitz, Mitbestimmung auf Unternehmensebene, a. a. O., S. 154.

  29. So auch Reimer Grönemeyer, Integration durch Partizipation? Arbeitsplatz/Wohnbereich: Fallstudien, Frankfurt/M. 1973, S. 83 ff.

  30. Es handelt sich hierbei um die Untersuchung „Determinanten der politischen Beteiligung", die von der Studiengruppe Partizipationsforschung am Seminar für Politische Wissenschaft der Universität Bonn durchgeführt wird und deren Ergebnisse bis Ende 1976 vorliegen werden.

  31. Die Daten, die zur Überprüfung der Hypothesen herangezogen werden, sind Mitte 1975 im Rahmen einer Befragung von Bürgern aus der Kernstadt von Andernach/Rhein zu Problemen der Altstadtsanierung erhoben worden. Die Erhebung wurde von der Studiengruppe Partizipationsforschung durchgeführt und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert.

  32. Für die Variable „Politische Entfremdung" wurde die hierfür von Ellwein/Zoll entwickelte Skala verwendet. Vgl. Thomas Ellwein und Ralf Zoll, Politische Bildung und empirische Sozialforschung, in: Materialien zur politischen Bildung 1973, Heft 1, S. 34— 55. Die übrigen Skalen wurden im Rahmen des genannten Forschungsprojekts der Studiengruppe Partizipationsforschung von Reinhard Oppermann entwickelt.

  33. Ellwein/Zoll, a. a. O., S. 45.

  34. Vgl. hierzu das Konzept der nicht konflikt-und orqanisationsfähigen Interessengruppen bei Claus Offe, Politische Herrschaft und Klassenstrukturen. Zur Analyse spätkapitalistischer Gesellschaftssysteme, in: Gisela Kress und Dieter Senghaas (Hrsg), Politikwissenschaft. Eine Einführung in ihre Probleme, Frankfurt/M. 1969, S. 169 ff.

  35. Gisela Zimpel, Politische Beteiligung, in: Axel Görlitz (Hrsg), Handlexikon zur Politikwissenschaft, Reinbek 1972, S. 329.

  36. Erich Reigrotzki, Soziale Verflechtungen in der BRD, Tübingen 1966, S. 56.

  37. Sidney Verba und Norman H. Nie, Participation in America. Political Democracy and Social Equality, New York 1973, S. 31— 43.

  38. Michael Buse und Wilfried Nelles, Formen und Bedingungen der Partizipation im politisch-administrativen Bereich. — In: Alemann, a. a. O., S. 44 f.

  39. Verba/Nie, a. a. O., S. 14.

  40. Ralf Zoll, Wertheim III. Kommunalpolitik und Machtstruktur, München 1974, S. 147— 215.

  41. Buse/Nelles, a. a. O., S. 51.

  42. Zoll, a. a. O.

  43. Vgl. Wilfried Nelles, Strukturelle Bedingungen für die Wirkung von Partizipation, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 7/75, S. 28— 38.

  44. Klaus Horn, Zur Überwindung politischer Apathie, in: Greiffenhagen, a. a. O., S. 213.

  45. Lester W. Milbrath und Walter W. Klein, Persönlichkeitsmerkmale und politische Beteiligung, in: Gisela Zimpel (Hrsg.), Der beschäftigte Mensch. Beiträge zur sozialen und politischen Partizipation, München 1970, S. 185— 191.

  46. Franz Weinert, Schule und Beruf als institutionelle Sozialisationsbedingungen, in: Carl-Friedrich Graumann (Hrsg), Sozialpsychologie, 1. Hbbd., Göttingen 1972, S. 826.

  47. Robert J. Pranger, The Eclipse of Gitizenship. Power and Participation in Contemporary Politics, New York 1968, auszugsw. abgedr. in: Zimpel, a. a. O., S. 233— 241.

  48. Fritz Vilmar, Demokratisierung der Wirtschaft. Am Beispiel der Mitbestimmung, in: Greiffenhagen, a. a. O., S. 206.

Weitere Inhalte

Michael J. Buse, Dr. phil., Bachelor of Arts, geb. 1944; Studium der Politikwissenschaft, Geschichte, Volkswirtschaft und Staatsrecht in Mainz, Toronto/Kanada und. Bonn; seit Juni 1973 wissenschaftlicher Angestellter, und Lehrbeauftragter am Seminar für Politische Wissenschaft der Universität Bonn. Nebenamtlicher Mitarbeiter und Dozent für verschiedene Einrichtungen der außerschulischen politischen Bildung. Nebenamtliche Forschungs-und Beratungstätigkeit vor allem im verwaltungswissenschaftlichen Bereich. Veröffentlichungen: Bibliographie zur Politischen Planung, Baden-Baden 1974 (mit Dina v. Dewitz); Integrierte Systeme staatlicher Planung. Theoretische Grundlagen und praktische Erfahrungen im internationalen Vergleich, Baden-Baden 1974; Einführung in die Politische Verwaltung, Stuttgart 1975 (Urban TB 220); Sozio-kulturelle Bedingungen und Formen der politischen Beteiligung in der Gemeinde, in: Politische Bildung 7 (1974) 3; Formen und Bedingungen der Partizipation im politisch-administrativen Bereich (mit Wilfried Nelles), in: U. v. Alemann (Hrsg.), Partizipation — Demokratisierung — Mitbestimmung, Opladen 1975.