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Die Vermögensbildung der Arbeitnehmer in der Gesetzgebung des Deutschen Bundestages | APuZ 36/1977 | bpb.de

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APuZ 36/1977 Probleme der Vermögensbildung aus der Sicht der Gewerkschaften Probleme der Vermögensbildung aus der Sicht der Arbeitgeber Erwiderung auf H. -G. Guski, Probleme der Vermögensbildung aus der Sicht der Arbeitgeber Erwiderung auf H. Adam, Probleme der Vermögensbildung aus der Sicht der Gewerkschaften Die Vermögensbildung der Arbeitnehmer in der Gesetzgebung des Deutschen Bundestages

Die Vermögensbildung der Arbeitnehmer in der Gesetzgebung des Deutschen Bundestages

Karl-Peter Frauenkron Siegfried Gerl

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Zusammenfassung

Seit der ersten Wahlperiode befaßt sich der Deutsche Bundestag mit der Vermögensbildung der Arbeitnehmer sowohl in seiner Gesetzgebungsarbeit als auch in allgemeinen politischen Auseinandersetzungen über Regierungserklärungen und die jeweilige Haushaltspolitik. Trotz vielfältiger Meinungsverschiedenheiten (die mehr in den hier nicht dargestellten allgemeinen Debatten zum Ausdruck kamen) war es immer der erklärte gemeinsame Wille der Bundestagsfraktionen, eine gerechtere Vermögensverteilung zugunsten der Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen zu erreichen. In der Gesetzgebung wurde dabei der Sparförderung in verschiedenen Formen der Vorzug gegeben, während die eigentliche Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivkapital nur in Ansätzen verwirklicht wurde. Schon der erste Deutsche Bundestag hat unter sozial-und gesellschaftspolitischen Kriterien die Förderung des Wohnungsbausparens beschlossen. Die damals geschaffenen Regeln über diese Sparform wurden in der Folge ausgestaltet und entsprechend der jeweiligen wirtschaftlichen Situation modifiziert. Eine vergleichbare Entwicklung ist auch für das vom dritten Bundestag verabschiedete Sparprämiengesetz feststellbar. Die Steuergesetzgebung flankierte diese Maßnahmen. Die eigentliche Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer begann mit dem Vermögensbildungsgesetz vom 18. Juli 1961. Die noch heute vertretenen Modelle des betrieblichen Miteigentums, des Investivlohns oder zur Bildung überbetrieblicher Fonds wurden vom Gesetzgeber nicht aufgegriffen. Vielmehr förderte man die Festlegung von Beträgen, die den Arbeitnehmern neben ihrem Lohn zugewandt wurden — zunächst durch Steuerund Abgabenfreiheit und ab 1970 durch ein Zulagensystem. Der Personenkreis der förderungswürdigen Arbeitnehmer war ebenso Gegenstand parlamentarischer Auseinandersetzungen wie die Tariffähigkeit der vermögenswirksamen Leistungen. Die Bedeutung der Betriebsräte wurde weiter gestärkt und der Anlagekatalog erweitert.

Die Förderung der Vermögensbildung nimmt in der parlamentarischen Arbeit des Deutschen Bundestages breiten Raum ein. Dies gilt sowohl für die durch Gesetzentwürfe und Anträge ausgedrückten konkreten Ziele als auch für programmatische Absichtserklärungen, begründet auf den jeweiligen Parteiprogrammen. Sie finden sich in Regierungserklärungen und Aussprachen sowie in den einschlägigen Haushaltsdebatten. Auch bei der Behandlung von Steueränderungsgesetzen, vor allem den Einkommensteuerreformen, werden die steuerliche Begünstigung der unterschiedlichen Spartätigkeiten und/oder Vermögensbildungsver-träge der Steuerpflichtigen, die einen Teil der Vermögensbildungspolitik realisieren sollen, erörtert.

Sowohl eine breit gestreute Vermögensbildung für jedermann als auch die besondere Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer sollen nach dem übereinstimmenden Willen der Fraktionen des Deutschen Bundestages eine gerechtere Vermögensverteilung bewirken. Die Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivvermögen spielt hierbei eine maßgebliche Rolle.

I. Die allgemeine Förderung der Vermögensbildung

Diese Maßnahmen erfolgten zum Teil parallel zu den Förderungsmaßnahmen zur Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand. Sie wurden weiterentwickelt und gelten noch fort.

1. Die ersten Anregungen zur Förderung der Vermögensbildung kamen im Hinblick auf die Förderung des Wohnungsbaus aus dem Parlament selbst. Bereits im März 1950, also in der 1. Wahlperiode, faßte der Bundestag eine Entschließung, die Bundesregierung möge einen Gesetzentwurf vorlegen, der den kleinen Wohnungsbausparern eine gewisse Vergünstigung gegenüber der für große Einkommensbezieher vorteilhafteren steuerlichen Regelung gewähren sollte. Als Termin für das Inkrafttreten dieses Gesetzes war der l. Juli 1950 vorgeschlagen worden. Die Bundesregierung erklärte auf eine Interpellation der SPD-Fraktion im November 1950, daß ein solcher Gesetzentwurf außerhalb des Steuersystems liegen würde. Nach einer Zwischennachricht des Bundesfinanzministers vom Januar 1951 legte die Bundesregierung dem Ausschuß für Wiederaufbar und Wohnungswesen den Entwurf einer Gesetzesvorlage vor, wonach für das Wohnungssparen eine Prämie von 25 v. H. vorgesehen war, aber die steuerliche Vergünstigung des § 7 c des Einkommenssteuergesetzes in der damals gültigen Fassung wegfallen solle. Die Aussprache im Ausschuß führte dazu, daß die Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP und BP im Juli 1951 einen Gesetzentwurf einbrachten, der vom Deutschen Bundestag in der Sitzung am 13. September 1951 an den Ausschuß für Wiederaufbau und Wohnungswesen überwiesen wurde.

Der Ausschuß hörte zu Fragen der Organisation und der Prämienregelung Vertreter der Arbeitsgemeinschaft der Sparkassen und Giroverbände, der Verbände der öffentlichen und privaten Bausparkassen und der gemeinnützigen Wohnungsbauunternehmen. Es dürfte sich hierbei um eine der ersten, wenn nicht die erste nichtöffentliche Anhörung durch einen Ausschuß des Deutschen Bundestages gehandelt haben. Der mit dem Ausschußbericht vorgelegte Gesetzentwurf, der vom Bundestag in seiner 188. Sitzung am 24. Januar 1952 einstimmig angenommen wurde, sah die Gewährung von Prämien für Bausparleistungen, Sparleistungen (wenn die Sparsummen im Rahmen des Wohnungsbaues oder zum Erwerb von Wohnungseigentum verwendet wurden), den Erwerb von Anteilen und Wohnungsgenossenschaften und lieh für Kapitalansammlungsverträge mit 9 meinnützigen Wohnungsund Siedlungstr gern vor. Die soziale Komponente wurde dadurch betont, daß der Prämienhöchstsatz 400 DM betrug, bei einer prozentualen Staffelung je nach Familienstand von 25 bis 35 v. H. Die steuerlichen Vergünstigungen wurden in der bisherigen Form belassen. Mit dem Gesetz über die Gewährung von Prämien für Wohnungsbausparer (Wohnungsbauprämiengesetz vom 17. März 1952) wurden vom Parlament — zum Teil gegen die Vorstellungen der Bundesregierung — die Grundlagen für die Sparförderung auf Prämienbasis geschaffen, die in modifizierter Form heute noch Gültigkeit haben.

2. Die 2. Wahlperiode brachte, abgesehen von einer geringfügigen Änderung des Wohnungsbauprämiengesetzes im Rahmen des Gesetzes zur Neuordnung von Steuern vom 16. Dezember 1954, keine Gesetzesinitiativen zur Sparförderung. 3. Erst dem 3. Deutschen Bundestag wurde von der Bundesregierung der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Wohnungsbauprämiengesetzes vorgelegt (Drucksache 264), der die Versagung der Prämie im Falle einer Abtretung des Anspruchs aus dem Bausparvertrag — mit Ausnahme bei völliger Erwerbs-unfähigkeit — zum Inhalt hatte. Durch das Gesetz wurde, gegen den ausdrücklichen Willen der Opposition, die Ansparung von Mietvorauszahlungen von der Begünstigung ausgenommen und die Prämiengewährung mehr auf die mit den Bausparkassen abgeschlossenen Verträge abgestellt. Weiter wurde aufgrund eines von der CDU/CSU-Fraktion vorgelegten

Antrages der Erwerb von Eigenheimen stärker begünstigt. Obwohl die SPD-Opposition mit ihren Anträgen, die die weitere Fassung des Wohnungsbauprämiengesetzes von 1952 wiederherstellen sollten, keinen Erfolg hatte, wurde der Gesetzentwurf vom Parlament am 20. Juni 1958 einstimmig angenommen.

Eine weitere Änderung der Begünstigung von Bausparverträgen brachte das Steueränderungsgesetz vom 30. Juli 1960. Das Parlament beschloß eine Erhöhung der Sperrfrist auf acht Jahre für Bausparverträge und die Einschränkung prämienbegünstigter Beiträge.

Gleichzeitig mit dem Gesetzentwurf zur Änderung des Wohnungsbauprämiengesetzes fegte die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes über die Gewährung von Prämien für Sparleistungen (Sparprämiengesetz) vor.

Bei der Beratung dieses Gesetzentwurfs sprach sich die SPD-Fraktion gegen die Einbeziehung des Erwerbs von Aktien und Investmentanteilen und für die Aufnahme des Erwerbs von Genossenschaftsanteilen in die Sparförderung aus. Die Mehrheit folgte jedoch diesem Antrag nicht. Begünstigt wurden bestimmte Sparbeiträge, die auf fünf Jahre festgelegt wurden. Das Gesetz vom 5. Mai 1959, das die Gewährung einer Sparprämie von 120 DM für Ledige und 240 DM für Verheiratete brachte, war ein weiterer Schritt in die Richtung der allgemeinen Förderung der Vermögensbildung durch Prämiengewährung, ohne die bisherige Zweckbindung der Wohnungsbauförderung. 4. Die nächsten Initiativen auf dem Gebiet der Vermögensbildung durch Sparförderung gingen in der 4. Wahlperiode wiederum vom Parlament aus. Der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion zur Änderung des Sparprämiengesetzes (Drucksache IV/273) zielte u. a. auf die Gleichbehandlung von Ledigen und Verheirateten sowie auf eine Festlegungsfrist von nur sechs Jahren ab. Der Entwurf der CDU/CSU-Fraktion hatte die Förderung der kinderreichen Familien als Schwerpunkt. Entsprechend dem Ausschußbericht beschloß der Bundestag als wesentliche Änderung die Staffelung der Prämiensätze und der Prämienhöhe zur Begünstigung von kinderreichen Familien. Die Vorschläge der SPD-Fraktion wurden nach eingehender Debatte im Hinblick auf eine angestrebte generelle Reform der Sparförderung zurückgestellt. Weiter lehnte die Mehrheit des Parlaments den Antrag der Opposition ab, über den Ersterwerb von Wertpapieren aus der öffentlichen Hand hinaus den Erwerb solcher Wertpapiere generell in die Sparförderung miteinzubeziehen. Das gleiche galt für die Begünstigung von Immobilienfönds. Der Gesetzentwurf wurde gegen eine Stimme bei zwei Enthaltungen verabschiedet.

Das Zweite Gesetz zur Änderung des Sparprämiengesetzes basierte auf einem Entwurf der Bundesregierung (Drucksache IV/1654) und hatte die Hinausschiebung der Auslauffrist der Prämienbegünstigung bis zum Ablauf des Jahres 1964 zum Inhalt. Die Vorlage war unstrittig und wurde vom Bundestag einstimmig verabschiedet. Der ebenfalls von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf des Steueränderungsgesetzes 1964 (Drucksache IV/2400) sah u. a. die Umgestaltung der staatlichen Sparförderung durch die Begrenzung des Umfangs der Sparbegünstigung für die Bezieher hoher Einkommen im Rahmen der Sonderausgaben sowie eine Änderung des Wohnungsbauprä37 miengesetzes und des Sparprämiengesetzes vor. Die Ausschußberatungen führten zu einer Unterteilung des Gesetzentwurfs in das Steueränderungsgesetz 1964, das im wesentlichen die Änderungen des Einkommensteuer-und des Sparprämiengesetzes zur Folge hatte und in das Steueränderungsgesetz 1965 mit den übrigen Gesetzesänderungen. Die vorgesehene Änderung des Wohnungsbauprämiengesetzes wurde vom Parlament deshalb nicht verwirklicht, weil die im Regierungsentwurf vorgesehene Umgestaltung der staatlichen Sparförderung auf Beschluß der Koalitionsfraktionen ausgeklammert wurde.

Damit war die von der SPD-Fraktion bereits seit längerer Zeit geforderte Harmonisierung der Sparförderung erneut hinausgeschoben worden. Dies führte dazu, daß die Opposition der durch die Änderung des Sparprämiengesetzes vorgesehenen generellen Begünstigung des Erwerbs von Wertpapieren zwar der Sache nach zustimmte aber die punktuelle Lösung heftig kritisierte. Das gleiche galt für den Wegfall der Befristung des Sparprämien-gesetzes, weil dadurch nach Auffassung des Sprechers der SPD-Fraktion, Dr. Eppler, die Harmonisierung der Sparförderung auf unbestimmte Zeit verschoben wurde. Daß das Steueränderungsgesetz 1964 dennoch einstimmig verabschiedet wurde, lag nicht zuletzt an den — wenn auch von der Opposition als nicht ausreichend angesehenen — zahlreichen steuerlichen Verbesserungen, so z. B.: Senkung des Steuersatzes auf 19 v. H., Erhöhung des Arbeitnehmerfreibetrages auf 240 DM, des Sonderausgabenpauschbetrages auf 936 DM und anderem. Diese Maßnahmen der Steuersenkung wurden von allen Fraktionen bewußt im Zusammenhang mit der Sparförderung gesehen. Durch den Wegfall der Ersterwerbsklausel für Wertpapiere im Sparprämiengesetz wurde auf die Zweckbestimmung, dem Kapitalmarkt neue Mittel zuzuführen, zugunsten der Sparförderung verzichtet. 5. Die von der CDU/CSU/FDP-Koalition getragene Bundesregierung brachte in der 5. Wahlperiode den Entwurf des Steueränderungsgesetzes 1966 (Drucksache V/1068) ein, dem ein Gesetzentwurf der CDU/CSU-Frak-tion auf Drucksache V/1096 folgte. Die Bildung der Großen Koalition 1966 führte dazu, daß die nunmehr zur Opposition gewordene FDP-Fraktion die von ihr ursprünglich mitgetragenen Vorschläge zur Sparförderung zwar nicht generell ablehnte, aber doch abzuandern suchte.

Die inzwischen die Regierung mittragenden Sozialdemokraten billigten die in den Aus-

schußberatungen modizifierten Vorschläge zur Sparförderung. Sie sahen in den Änderungen der Sonderausgabenregelung sowie des Wohnungsbauprämiengesetzes und des Sparpr. miengesetzes durch die Einschränkung der Kumulierungsmöglichkeit und die Verlängerung der Sperrfristen einen Schritt in die Richtung der von ihnen seit langem geforderten Harmonisierung der Sparförderung und eine stärkere Betonung der sozialen Komponente Auch wenn das Parlament die Vorschläge der Regierung, insbesondere die einzelnen Sper.fristen, abschwächte, so brachte das Steueränderungsgesetz 1966 vom 23. Dezember 1966 insgesamt eine erste Einschränkung der Spar-! förderung. Anfang 1969 legte die Bundesregierung den Entwurf eines Zweiten Steueränderungsgesetzes 1968 (Drucksache V 3890i vor, der vom Bundestag entsprechend dem Vorschlag des Finanzausschusses als Steueränderungsgesetz 1969 verabschiedet wurde. Bei der Beratung dieses Gesetzentwurfs, der u. a. im Bereich der Vermögensbildung die Sparförderung für Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen durch eine Erhöhung der Wohnungsbau-und Sparprämie sowie die Gewährung von einkommensabhängigen Zusatzprämien vorsah, herrschte zu diesem Punkt weitgehend Übereinstimmung.

Die Behandlung der Gesetzentwürfe der CDU CSU-Fraktion (Drucksache V/3401), mit denen eine Lockerung des Kumulationsverbotes durch Einführung eines gemeinsamen Höchstbetrages erreicht werden sollte, sowie die der SPD-Fraktion (Drucksache V/3986), die eine Prämiengewährung auch für Tilgungsleistungen auf Bauspardarlehen anstrebte, endete mit der Überweisung an die Ausschüsse. 6. In der 6. Wahlperiode wurde vom Parlament lediglich ein Gesetz verabschiedet, das die allgemeine Sparförderung betraf. Das Gesetz zur Änderung des Sparprämiengesetzes vom 3. Juli 1972, zu dem die Oppositionsfraktion der CDU/CSU einen Entwurf (Drucksache VI/2135) eingebracht hatte, erweiterte den Katalog der sparprämienbegünstigten Anlage-möglichkeiten entsprechend dem in dieser Wahlperiode bereits verabschiedeten Dritten Vermögensbildungsgesetz. Der Gesetzentwurf wurde vom Parlament einstimmig gebilligt Weitere Anträge der Oppositionsfraktion betreffend die Privatisierung von Bundesunternehmen im Rahmen der Vermögensbildung (Drucksache VI/1434) sowie die betriebliche Gewinn-und Kapitalbeteiligung der Arbeitnehmer (Drucksache VI/3613) wurden vom Parlament nicht mehr behandelt oder lediglich an die Ausschüsse überwiesen. 7. Während der 7. Wahlperiode wurden im Rahmen der Beratungen des Steueränderungsgesetzes 1973, des Steuerreformgesetzes und des Bundessozialhilfegesetzes verschiedene Anträge, vornehmlich von der Opposition, behandelt, die aber letztlich nicht zu gravierenden Änderungen der gesetzlich geregelten Vermögensbildung führten. Als neue Möglichkeit der Vermögensbildung wurde aufgrund des von der Opposition vorgelegten Entwurfs eines Gesetzes zur Vermögens-und Eigentumsbildung im sozialen Wohnungsbau (Drucksache 7/294) und des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zur Förderung von Wohnungseigentum und Wohnbesitz im sozialen Wohnungsbau (Drucksache 7/577) vom Parlament mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen zunächst der bis zuletzt heftig umstrittene Regierungsentwurf verabschiedet. Der Entwurf sollte als wesentliche Neuerung den Mietkauf mit der Möglichkeit des Nachsparens und für den Wohnbesitzbriefinhaber die Übernahme des wirtschaftlichen Eigentums und damit die Inanspruchnahme der Steuervorteile aus der steuerlichen Verlustzuweisung eines Fonds vorsehen. Beide Lösungen wurden von der Opposition heftig attackiert, weil diese darin die Abkehr von der bisher gültigen Maxime des Zweiten Wohnungsbau-gesetzes, nämlich privates Eigentum breit zu streuen, sah.

Der Bundesrat verweigerte seine Zustimmung und erreichte nach der Anrufung des Vermittlungsausschusses durch die Bundesregierung, daß die besondere Förderung des Dauerwohnbesitzes und der Wohnbesitzwohnung gestrichen wurde. Dennoch verweigerte der Bundesrat den Kompromißvorschlägen erneut seine Zustimmung. Daraufhin wurde der Ver-

mittlungsausschuß zum dritten Male, diesmal vom Bundestag auf Beschluß der Mehrheitsfraktionen, angerufen. Der dritte Vorschlag des Vermittlungsausschusses, der lediglich noch die Rechtsform des Wohnbesitzes und für den Sozialmieter ein Dauerwohnrecht mit Vermögensbeteiligungspapier und entsprechenden Steuervergünstigen vorsieht, wurde vom Parlament dann einstimmig gebilligt. Dieser in der Gesetzgebung sehr seltene Fall, daß der Vermittlungsausschuß von allen drei an der Gesetzgebung beteiligten Verfassungsorganen angerufen wird, verdeutlicht, welche politische Bedeutung die Frage der Vermögensbildung in der parlamentarischen Arbeit hat.

8. Neben diesen gesetzlichen Maßnahmen, die im wesentlichen die Unterstützung der Vermögensbildung durch Prämiengewährung und Steuervorteile zum Inhalt hatten, sind noch drei direkte Maßnahmen zur breiten Vermögensstreuung zu erwähnen:

Bereits in der 2. Wahlperiode waren die Ausgabe von Volksaktien, die Privatisierung des Volkswagenwerkes und das Investmentsparen Gegenstand, wiederholter Anfragen und Debatten im Parlament. In der 63. Sitzung des Dritten Deutschen Bundestages im Februar 1959 wurde aufgrund einer Großen Anfrage der FDP-Fraktion (Drucksache 617) zur Privatisierung des Volksvermögens u. a.der Beschluß der Bundesregierung, eine Kapitaler-höhüng bei der Preußag durch Ausgabe von 30 Millionen DM Volksaktien mit eingeschränktem Stimmrecht zu privatisieren, eingehend diskutiert. Dabei wurde sowohl von der FDP als auch von der SPD-Fraktion einerseits eine Verschleuderung des Volksvermögens befürchtet und andererseits nicht ausgeschlossen, daß der Aufkauf der Aktien durch kapitalkräftige Interessenten letztlich, entgegen der beabsichtigten Vermögensstreuung, zu wirtschaftlichen Machtkonzentrationen führen würde.

Ebenfalls in der 3. Wahlperiode wurde mit dem von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf (Drucksache 102) vom Parlament die Privatisierung des Volkswagenwer-kes beschlossen. Bei der Beratung dieses Entwurfs wurde von der SPD-Fraktion der niedrige Ausgabekurs kritisiert. Das Gesetz vom 21. Juli 1960 wurde vom Parlament mit Mehrheit verabschiedet.

Der von der Bundesregierung in der 4. Wahlperiode gestellte Antrag auf Teilprivatisie-rung der Veba (Drucksache IV/2861), dem ein weiterer Antrag auf Ausgabe zusätzlicher Aktien folgte, war im Parlament in den Grundzügen nicht umstritten. Die SPD-Oppositionsfraktion äußerte Bedenken wegen des ihrer Ansicht nach nicht vorgesehenen Sozialbonus. Dem Antrag wurde bei einigen Stimmenthaltungen entsprochen.

Die CDU/CSU-Opposition legte in der 6. Wahlperiode einen Antrag zur Privatisierung der Vereinigten Industrieunternehmen AG (VIAG) vor, der vom Parlament ohne Aussprache an die Ausschüsse überwiesen wurde.

II. Die besondere Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer

1. Das Gesetz zur Vermögensbildung der Arbeitnehmer vom 18. Juli 1961

Trotz der vielfältigen Maßnahmen des Gesetz-gebers während der 1. bis 3. Wahlperiode, Anreize zur Vermögensbildung gerade von Beziehern kleinerer und mittlerer Einkommen zu schaffen, wurde in weiten Kreisen der Arbeitnehmerschaft die Forderung erhoben, die Vermögensbildung der Arbeitnehmer insbesondere mit geringen Einkommen zu fördern. Dieses Anliegen machten sich auch alle Fraktionen des 3. Bundestages zu eigen (vgl. Ausschußbericht Drucksache 2744), da diesem Personenkreis vielfach die Sparfähigkeit für die allgemeinen Förderungsmaßnahmen fehlte. Sowohl unter vermögenspolitischen als auch unter gesellschaftspolitischen Kriterien hatten Gruppen und Parteien über die Bildung betrieblichen Miteigentums oder die Einführung des Investivlohns diskutiert. Von gewerkschaftlicher Seite war außerdem vorgeschlagen worden, Fonds für überbetriebliches Miteigentum zu schaffen. Nach nahezu 20 Jahren sind diese Formen der Vermögensbildung keineswegs überholt. Sowohl innerhalb als außerhalb des Parlaments werden diese Formen der Vermögensbildung immer wieder als Zielvorstellungen der Politik angesprochen.

Die eigentliche konkrete parlamentarische Arbeit zur Vermögensbildung der Arbeitnehmer begann mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung, den diese im November 1960 dem Bundesrat (Drucksache 314/60) und im Januar 1961 dem Bundestag (Drucksache 2390) zuleitete. Eine lebhafte und grundsätzlich geführte Debatte kennzeichnete die Beratungen dieses Gesetzentwurfs, wie die Protokolle der 141. und 161. Sitzung sowie der Ausschußbericht beweisen. Entgegen dem üblichen parlamentarischen Brauch, die Beschlußempfehlung des federführenden Ausschusses im großen und ganzen zu übernehmen, erfuhr diese in der 2. Lesung noch erhebliche Korrekturen, wobei die Vorstellungen der mitberatenden Ausschüsse für Wirtschaft und Mittelstandsfragen stärker zum Durchbruch kamen. In der Schlußabstimmung fand das Gesetz schließlich eine breite Mehrheit; nur die Fraktion der FDP stimmte dagegen. Damit konnte das Erste Vermögensbildungsgesetz für Arbeitnehmer am 1. August 1961 in Kraft treten.

Der Gesetzentwurf hatte sich nicht für eines der damals diskutierten Vermögensbildungsmodelle entschieden. Die gesetzliche Verankerung einer Bildung betrieblichen Miteigentums und die damit verbundene Vertretung der Arbeitnehmer in Werk-oder Sozialgenossenschaften lehnte man ab, weil — abgesehen von kaum lösbaren eigentumsrechtlichen und sozialpolitischen Fragen — dem eigentlich zu begünstigenden Arbeitnehmer ein doppeltes Risiko aufgebürdet worden wäre: Vom Bestand des arbeitgebenden Betriebes wäre dann sowohl sein Arbeitsplatz als auch seine Einlage abhängig gewesen.

Die Investivlohnpläne, die eine Festschreibung derjenigen Teile von Lohnerhöhungen vorsahen, die aus gesamtwirtschaftlicher Sicht nicht in bar ausgezahlt und im Unternehmen bzw. bei Investmentgesellschaften festgelegt werden sollten, fanden ebenfalls keinen Eingang in generelle gesetzliche Regelungen. Sie hätten u. a. eine Bevorzugung der in Großbetrieben Beschäftigten bedeutet. Auch volkswirtschaftliche Bedenken gegen eine möglicherweise übertriebene Selbstfinanzierung der Großunternehmen und eine Überwälzung der Kosten auf die Preise spielten dabei eine maßgebliche Rolle.

Die Bildung überbetrieblichen Eigentums durch zwangsweise Abschöpfung der Selbstfinanzierungsquote bei Großunternehmen für einen gemeinsamen Sozialfonds, der seinerseits Investmentzertifikate an Arbeitnehmer verteilen sollte, wurde nicht Gegenstand des Gesetzgebungsverfahrens, weil die Sozial-fonds eine beherrschende wirtschaftliche Machtposition hätten erlangen können, die mit dem System der sozialen Marktwirtschaft unvereinbar gewesen wäre. Vielmehr wurde damals der noch heute anerkannte Weg eingeschlagen, zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer eine Festlegung der Beträge anzustreben, wie sie als regelmäßige oder einmalige Zuwendungen der verschiedensten Art, auch in der Form von Ergebnisbeteiligungen bereits von vielen Betrieben gewährt wurden. Die vermögenswirksame Anlage dieser Zuwendungen wurde daher begünstigt.

In diesem Zusammenhang war die Frage von erheblicher Bedeutung, ob durch die staatliche Förderung von zusätzlichen betrieblichen Leistungen eine nicht gerechtfertigte Unterscheidung der Arbeitnehmerschaft in Großun-B ternehmen und in Klein-und Mittelbetrieben geschaffen würde. Diese Bedenken wurden vor allem vom Ausschuß für Mittelstandsfragen und im Plenum von der Opposition erhoben. Im Ausschußbericht legte der Berichterstatter Franzen jedoch dar, daß auch mithelfende Familienangehörige begünstigt werden könnten, bzw. daß arbeitsintensive mittelständische Betriebe durch die Ergebnisbeteiligung ein wirksames Mittel zur Kostensenkung besäßen. Ferner gebe die Grenze von DM 312, — auch den kleineren Unternehmen die Chance, ihren Arbeitnehmern vermögenswirksame Leistungen zu gewähren. Andererseits hatte der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Regierungsentwurf kritisiert, daß dieser Betrag eine echte Vermögensbildung nicht erlaube. In der 1. Lesung (141. Sitzung) hat der Abg. Katzer (CDU/CSU) dagegen die Geringfügigkeit der Summe von 312 DM dahin gehend relativiert, als er ihr den damaligen Durchschnittsmonatsverdienst eines Arbeitnehmers von 502 DM gegenüberstellte. Trotz dieses niedrigen Betrages befürchtete besonders die SPD ein Sozialgefälle zwischen den Arbeitnehmern verschiedener Betriebe.

Der hiervon ausgehende Vorschlag der SPD, durch allgemeine Tarifverträge den Kreis der begünstigten Arbeitnehmer zu erweitern, fand nicht die Zustimmung der Mehrheit. Wenn auch die Regierungsparteien die Ordnungsfunktion der Gewerkschaften nicht leugneten, so sahen sie dennoch in einer Ausdehnung der Begünstigten durch Tarifvertrag eine mögliche Überbelastung kleinerer und mittlerer Betriebe. Zwar hatte der Arbeitsausschuß mit Mehrheit dem Plenum auch den Werks-tarifvertrag, der der Betriebsindividualität Rechnung tragen sollte als eine weitere Vereinbarungsform zur Annahme empfohlen; in der 2. Lesung wurde er jedoch mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP, die besonders einer tarillichen Regelung widersprach, wieder gestrichen. Maßgeblich hierfür war, daß die Erzwingbarkeit eines Werktarifvertrages durch den Arbeitskampf möglicherweise eine Über-forderung des mittelständischen Bereichs bedeutet hätte. Stattdessen sollten die Gewerkschaften „ihre Betriebsräte“ (Abg. Katzer) subsidiär unterstützen, Betriebsvereinbarungen — die nur ohne Arbeitskampf Zustande-kommen können — abzuschließen. Im übrigen hielt man die Anlageform von Ergebnisbeteiligungen usw. nicht für arbeitskampffähig.

Hinsichtlich schon bestehender Tarifverträge, 2 B. über die Pensionskasse in der Bauwirtschaft, wies die SPD (Abg. Junghans) darauf hin, daß diese Arbeitnehmer aus der gesetzlichen Regelung . herausfallen'würden, weil für sie bereits 312 DM als zukunftssichernde Anlage sozialversicherungsfrei seien. Für sozialpolitisch unvertretbar hielt die SPD dagegen die Möglichkeit, innerhalb der Arbeitnehmerschaft nach bestimmten Kriterien zu differenzieren. Hierdurch könnten Spannungen innerhalb der Belegschaft entstehen. Der Wirtschaftsausschuß hingegen hatte eine noch stärkere Differenzierungsmöglichkeit angeregt, deren Grenzen nur im Willkürverbot liegen sollten. Der Arbeitsausschuß hat sich mehrheitlich für die Lösung des Regierungsentwurfs entschieden.

Auch die Problematik des Anlagenkatalogs (Prämiensparen, Wohnungsbauprämiensparen und der Erwerb von Belegschaftsaktien) wurde eingehend behandelt. Der Arbeitsausschuß folgte einer Anregung des Wirtschaftsausschusses, Leistungen, die der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer als Aufwendungen des Arbeitnehmers zur Begründung einer Darlehns-forderung gegen den Arbeitgeber erbringt, unter Vereinbarung einer Sperrfrist von fünf Jahren als vermögenswirksame Leistung anzuerkennen. Einer Anregung des Ausschusses für Mittelstandsfragen, auch Einzahlungen auf Lebensversicherungsverträge, die auf mindestens fünf Jahre festgelegt werden sollten, in die Anlageformen einzubeziehen, folgte der Arbeitsausschuß und das Plenum nicht, obwohl die FDP dafür plädierte. Maßgeblich für die Ablehnung war, daß die Lebensversicherungsbeiträge schon über die Lohnsteuerfreiheit gefördert würden. Eine Einbeziehung hätte eine damals nicht erwünschte Kumulation auf 624 DM erbracht. Auch der Vorschlag der SPD, den Erwerb von Belegschaftsaktien nicht weiter zu fördern, weil dieser eine zu starke Bindung an das arbeitgebende Unternehmen bedeute, verfiel der Ablehnung. Die damalige Regierungsfraktion der CDU/CSU verfocht dagegen den Partnerschaftsgedanken, der gerade in der Beteiligung am eigenen Unternehmen zum Ausdruck komme. In 2. Lesung wurde der Anlagekatalog um die Möglichkeit erweitert, öffentlich geförderte Eigenheime zu entschulden.

Das Auskunitsrecht der Arbeitnehmer über die Höhe der Ergebnisbeteiligung wurde sehr ausführlich beraten. Während der Abg. Jung-hans für die SPD forderte, das Auskunftsrecht im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes zu lösen, wollte die FDP (Abg. Dr. Starke) dem Betriebsrat kein Beteiligungsrecht einräumen, das über die im Betriebsverfassungsgesetz enthaltenen Befugnisse hinausgehe. Die Vertreter der CDU/CSU, insbesondere der Abg. Dr. Burgbacher, plädierten für eine dem Betriebsverfassungsgesetz nachgebildete Lösung, wonach von den Arbeitnehmern gewählte Beauftragte die notwendigen Auskünfte erfragen konnten. Die Beauftragten erhielten den gleichen Funktionsschutz wie Betriebsratsmitglieder. Eine Bestimmung der Beauftragten durch den Betriebsrat, wie es der Bundesrat vorgeschlagen hatte, griff der Arbeitsausschuß nicht auf, weil zum einen der Betriebsrat bereits ermächtigt sei, das Auskunftsverfahren in einer BetriebsVereinbarung anders zu gestalten, und zum andern der Gestaltungsspielraum nicht von vornherein zu sehr eingeengt werden sollte. 2. Das Zweite Vermögensbildungsgesetz vom 2. Juli 1965

Schon im November 1964 legten die Fraktion der SPD (IV/2684) und im Dezember 1964 die Bundesregierung (IV/2814) Gesetzentwürfe für ein Zweites Vermögensbildungsgesetz vor, die noch intensiver als das Erste Vermögens-bildungsgesetz in verschiedenen Gremien beraten worden sind. Da die beiden Gesetzentwürfe in wesentlichen Punkten übereinstimmten, konnten in der 3. Lesung (179. Sitzung) der Abg. Scheppmann für die CDU/CSU vorbehaltlos und der Abg. Folger (SPD) für seine Fraktion «nach Abwägung der Verbesserungen und der noch vorhandenen Mängel“ ebenfalls die Zustimmung geben. Die FDP-Abgeordneten Deneke und Schmidt (Kempten) hatten das Beratungsverfahren als nicht gründlich genug kritisiert und bedauert, daß ihre Argumente nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Abg. Schmidt (Kempten) hatte für seine Fraktion sogar beantragt, die beiden Gesetzentwürfe und den Ausschußbericht wieder an die Ausschüsse zurückzuverweisen, weil insbesondere die verfassungsrechtliche Problematik von Tarifverträgen über vermögenswirksame Leistungen nicht ausreichend geklärt sei. Dieser Antrag wurde gegen die Stimmen der FDP und einiger Mitglieder der CSU abgelehnt. Bei der Schlußabstimmung konnte Vizepräsident Schöttle dennoch feststellen: „Das Gesetz ist in 3. Lesung mit großer Mehrheit bei drei Enthaltungen angenommen.“

Als wesentliche Neuerungen, die in den parlamentarischen Beratungen aus den beiden Entwürfen herausgearbeitet wurden, sind hervorzuheben, daß nunmehr 1. auch die in Tarifverträgen vereinbarten vermögenswirksamen Leistungen nach Maßgabe des Gesetzes gefördert werden können; 2. jedem Arbeitnehmer ermöglicht wurde, Teile seines Arbeitslohnes frei von der Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen an. zulegeni 3. auch die Angehörigen des öffentlichen Dienstes in den Geltungsbereich des Gesetzes einbezogen wurden;

4.der einzelne Arbeitnehmer die freie Wahl der Anlage im Rahmen der gesetzlichen Anlagemöglichkeiten hat;

5. Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge bei vermögenswirksamen Leistungen ganz abgeschafft wurden;

6.den mittelständischen Arbeitgebern die Zahlung vermögenswirksamer Leistungen steuerlich erleichtert wurde.

Nach dem Bericht der Abg. Müller (Remscheid) (CDU/CSU) und Folger (SPD) (Drucksache IV/3224) hat sich „der Arbeitsausschuß auch eingehend mit dem Vorschlag befaßt, Tarifverträge über vermögenswirksame Leistungen nur zu fördern, wenn eine Eigensparleistung der Arbeitnehmer vorgesehen sei. Diesen Vorschlag hatte der Ausschuß für Mittelstandsfragen gemacht; er fand jedoch weder eine Mehrheit im beteiligten Wirtschaftsausschuß noch im federführenden Arbeitsausschuß. Wesentliches Argument war der Respekt vor der Tarifautonomie der Sozialpartner; hiernach sollten diese festlegen können, ob eine Eigensparleistung erforderlich sei. Da die gesetzlich vorgesehene Öffnung für tarifliche Regelungen den Anwendungsbereich des Gesetzes erweitern sollte, hätte ein weiteres gesetzliches Erfordernis eine psychologische Barriere auf dem Weg zur Eigentumsbildung in Arbeitnehmerhand errichten und mögliche Tarifabschlüsse verhindern können. Als weiteres Argument wurde erstmals festgehalten, daß die „Zuwendungen des Arbeitgebers kein Geschenk, sondern Arbeitsentgelt besonderer Art" seien. Das mögliche Erfordernis einer Eigensparleistung hätte schließlich bei der damaligen günstigen Arbeitsmarktsituation Lohnerhöhung ausgelöst, was eine weitere Belastung der Arbeitgeber bedeutet hätte.

Die Bemühungen des Ausschusses, aus den beiden Entwürfen eine mehrheitsfähige Vorlage zu machen, verursachte sowohl Abstriche als auch Ergänzungen zum jeweils ursprüngB lieh eingebrachten Entwurf von Bundesregierung und Opposition. Von den wesentlichen Änderungsanträgen, die von der FDP in 2. Lesung (179-Sitzung) wieder eingebracht wurden, sollte vor allem auf die Streichung der Vereinbarungsfähigkeit vermögenswirksamer Leistungen durch Tarifverträge und der kollektiven Verfügungsbefugnis über Lohnbestandteile des einzelnen Arbeitnehmers hingewirkt werden. Ein weiterer Antrag der FDP, auch Lebensversicherungen in den Katalog aufzunehmen — wie sie dies schon beim ersten Vermögensbildungsgesetz beantragt hatte —, wurde nicht angenommen, obwohl eine Gruppe von 24 Abgeordneten der SPD einen inhaltlich ähnlichen Antrag für die 3. Lesung einbrachten. Für die Ablehnung dieses Gruppenantrags hatte seitens der SPD-

Fraktion der Abg. Leber plädiert.

Ein Entschließungsantrag der FDP zur 3. Lesung über die Vermögensbildung im öffentlichen Dienst wurde an die Ausschüsse überwiesen. Die vom Arbeitsausschuß modifizierte Entschließung nahm das Plenum in der 191. Sitzung einstimmig an. Danach sollte die Bundesregierung durch Verhandlungen mit den Ländern eine einheitliche Anwendung des Zweiten Vermögensbildungsgesetzes für den öffentlichen Dienst sicherstellen und noch 1965 einen Gesetzentwurf zur Zahlung vermögenswirksamer Leistungen für Beamte, Richter, Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit vorlegen.

3. Das Gesetz zur Änderung des Zweiten Gesetzes zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer vom 3. September 1969 Während der Zeit der Großen Koalition brachten sowohl die Fraktion der CDU/CSU (V/3402) als auch die Bundesregierung (V/3532) Gesetzentwürfe mit dem Ziel ein, die Anwendung des Zweiten Vermögensbildungsgesetzes in der Praxis zu erleichtern. Die beteiligten Ausschüsse billigten diese Zielsetzung, indem sie, dem Regierungsentwurf folgend, in der Sozialversicherung mögliche Härten beseitigten, den Arbeitsaufwand der beteiligten Stellen verminderten und eine Reihe von Zweifelsfragen beseitigten. Aus dem Entwurf der Fraktion der CDU/CSU übernahm der Ausschuß zusätzlich folgende wichtige Änderungen:

a vermögenswirksame Leistungen sollten nicht auf prämienbegünstigte Höchstbeträge nach dem Sparprämiengesetz und Wohnungsbauprämiengesetz angerechnet werden;

b) der steuerliche Abzugsbetrag für Arbeitgeber, die ihren Arbeitnehmern vermögenswirksame Leistungen gewähren, wurde von damals 800 DM auf höchstens 3 000 DM im Kalenderjahr erhöht.

Die vom Arbeitsausschuß aus den beiden Entwürfen so erarbeitete neue Gesetzesfassung (Drucksache V/4327) wurde vom Plenum in der 240. Sitzung am 18. Juni 1969 einstimmig in 2. und 3. Beratung angenommen und nach Zustimmung des Bundesrates am 5. September 1969 verkündet.

4. Das Dritte Vermögensbildungsgesetz vom 27. Juni 1969 Im April 1970 brachte die neue Bundesregierung einen Entwurf ein, der im wesentlichen darauf abstellte, den Betrag auf 624 DM zu verdoppeln und anstelle der Befreiung von der Lohnsteuer sowie den Sozialversicherungsbeiträgen ein Zulagensystem von 30 % der vermögenswirksamen Leistungen einzuführen (Drucksache VI/601). In der 1. Lesung (42. Sitzung) wurde diese Vorlage zusammen mit dem Entwurf der Fraktion der CDU/CSU über ein Beteiligungslohngesetz (Drucksache VI/616)

behandelt. Der federführende Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung hat in öffentlichen Informationssitzungen zu beiden, im System voneinander abweichenden, Entwürfen eine Vielzahl von Sachverständigen gehört.

Wegen der unterschiedlichen weiteren Ausschußbehandlüng wird über das Beteiligungslohngesetz gesondert berichtet. In den Ausschußberatungen erhielt der Regierungsentwurf ein völlig neues Gesicht, wie der Bericht des Abg. Dr. Schellenberg, der sowohl als Vorsitzender als auch als Berichterstatter maßgeblichen Einfluß auf die Beratungen nahm, ausweist (Drucksache VI/860 und zu VI/860).

Die schon im Regierungsentwurf vorgesehene Arbeitnehmersparzulage von 30 ’/o wurde ebenso einstimmig gebilligt wie die Verdoppelung des Begünstigungsrahmens. Bedenken, daß vielen Arbeitnehmern die Sparfähigkeit dafür fehle, wurde entgegengehalten, daß im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens schon starke Impulse auf die Tarifvertragsparteien ausgegangen seien und dadurch nunmehr neben freiwilligen Leistungen des Arbeitgeber« tarifliche Leistungen gezahlt werden könnten.

Auf Antrag von SPD und FDP wurde zugun43 sten kinderreicher Familien einstimmig die Sparzulage auf 40 0/o erhöht und nicht, wie im Regierungsentwurf noch vorgesehen, ein um 50 0/o erhöhter Begünstigungsrahmen eingeführt. Erstmals wurden bei Stimmenthaltung der CDU/CSU abweichend vom Regierungsentwurf die Bezieher von Einkommen über 24 000 DM als Alleinstehende und 48 000 DM als Eheleute von der Förderung der Vermögensbildung ausgeschlossen. Lebensversicherungsverträge wurden über den Regierungsentwurf hinaus in den Anlagekatalog aufgenommen. Ferner hat der Ausschuß einstimmig einen neuen Typ eines vermögenswirksamen Sparvertrages beschlossen. Der Rahmen -der Steuervergünstigungen für Kleinbetriebe wurde von 3 000 DM auf 6 000 DM jährlich erhöht. Ebenfalls einstimmig wurde die Transparenz der staatlichen Sparförderung verbessert. Trotz der Vielzahl der vom Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung beschlossenen Ergänzungen ging der Ausschuß von Mehrkosten im Entstehungsjahr 1971 in Höhe von nur 50 Millionen DM aus. Ergänzungsanträge stellte die Opposition zugunsten der Einbeziehung von Selbständigen und von Behinderten, die Nachteile über die Anrechnung bei Sozialleistungen erführen. Beide Anträge wurden von SPD und FDP abgelehnt.

Die Sparförderung Selbständiger, eine Reform der Sparförderung, sowie die Einführung statistischer Erhebungen wurden in einer Entschließung der Bundesregierung aufgegeben. Dennoch blieb das Dritte Vermögensbildungsgesetz bis heute nahezu unverändert. 5. Das Beteiligungslohngesetz (Antrag der CDU/CSU-Fraktion Drucksache VI/616)

Der zusammen mit dem Entwurf der Bundesregierung zum Dritten Vermögensbildungsgesetz in 1. Lesung und im Hearing des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung behandelte Antrag der Fraktion der CDU/CSU für ein Gesetz über die Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivvermögen und zur Verbesserung der Kapitalstruktur der Wirtschaft, insbesondere des Mittelstandes (Drucksache VI/616), wurde vom 6. Bundestag nicht abschließend behandelt und hat sich daher nach der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages mit Ablauf der 6. Wahlperiode erledigt. Wie der Abg. Dr. Schellenberg in seinem Bericht zum Dritten Vermögensbildungsgesetz (zu VI/860) ausführte, konnte keine einheitliche Meinung sowohl der Sachverständigen als auch der Fraktionen erreicht werden, so daß die Fraktion der CDU/CSU schließlich beantragt hatte, in weitere Beratungen ihres Gesetzentwurfs erst einzutreten, wenn die Voten der beteiligten Ausschüsse (Wirtschaft, R-nanzen) hierzu vorlägen.

Der unter anderem von den Abgeordneten Katzer, Dr. Burgbacher, Vogt und Pieroth (CDU/CSU) in 1. Lesung begründete Entwurf zielte darauf ab, die Arbeitnehmer ausnahmslos in der Weise am Zuwachs des Produktivitätsvermögens zu beteiligen, daß ein gesetzlicher Beteiligungslohn zweckgebunden in Beteiligungswerten angelegt werden sollte. Diese Leistungen sollten auch auf Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder Einzelverträgen beruhen können. Die Anlage sollte zwingend Beteiligungswerten erfolgen, um so die Finanzstruktur der Wirtschaft im Interesse von Vollbeschäftigung, Wirtschaftswachstum und Preisstabilität zu verbessern. Die Förderung sollte ebenfalls durch ein Zulagesystem erfolgen, wie sie das Dritte Vermögensbildungsgesetz vorsah; im übrigen sollte das Zweite Vermögensbildungsgesetz Grundlage sein.

Bei den internen Beratungen des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung teilte die Mehrheit die Bedenken, die von den meisten Sachverständigen gegen den Entwurf der Fraktion der CDU/CSU vorgebracht worden waren: Eine gesetzliche Verpflichtung zum Sparen beeinträchtige die Tarifautonomie der Sozial-partner. Die vorgesehene Verpflichtung der Arbeitnehmer, im wesentlichen Beteiligungspapiere (Aktien, Investmentzertifikate, Kuxe, Wandelschuldverschreibungen, Optionsanleihen und ähnliche) — für Arbeitnehmer ohne ausreichende Sparrücklage z. T.sehr risiko-reiche, komplizierte und schwer durchschaubare Papiere — zu erwerben, sei höchst bedenklich. Außerdem bestehe die Gefahr starker Kurssteigerungen zugunsten der Altaktionäre bei Anlagezwang in Beteiligungspapieren. Schließlich sei das Problem der Einbeziehung von Selbständigen nicht geprüft. ausreichend Demgegenüber wiesen einige Sachverständige und die Abgeordneten der Fraktion der CDU CSU auf folgende Vorzüge hin: Durch den Gesetzentwurf könnten auch diejenigen Arbeitnehmer an der Vermögensbildung teilhaben, deren Arbeitsverhältnisse weder rechtlich noch tatsächlich von einem Tarifvertrag erfaßt würden. Die Tarifautonomie werde nicht beeinträchtigt, da die Sozialpartner ihre Verhandlungen auf dem gesetzlichen Sparsok kel aufbauen könnten. Die Festlegung der vermögenswirksamen Leistungen in Beteili-B gungspapieren ermögliche ferner allen Bevölkerungsschichten, am Produktivvermögen der Wirtschaft teilzuhaben. Schließlich bewirke die gesetzliche Verpflichtung zu den vorgesehenen Anlagearten eine Verbesserung der Kapitalstruktur der Wirtschaft

Die Bedenken der Mehrheit des Ausschusses wurden andererseits dadurch verstärkt, daß die Bundesregierung Mehrbelastungen von 5, 2 Milliarden DM jährlich für die Anwendung des Gesetzes errechnet hatte, während die Mehrausgaben für das Dritte Vermögens-bildungsgesetz im Höchstfall 600 Millionen DM ausmachen sollten.

6. Das Gesetz über vermögenswirksame Leistungen für Bundesbeamte, Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit vom 20. Juli 1970

Durch das Zweite Vermögensbildungsgesetz war schon die Möglichkeit geschaffen worden, daß auch Angehörige des öffentlichen Dienstes in den Kreis der begünstigten Personen einbezogen werden konnten. Ein Gesetz, das auch die Zahlung vermögenswirksamer Leistungen vorsah, wurde indes weder vorgelegt noch verabschiedet, obwohl der Bundestag einstimmig die Bundesregierung in der 191. Sitzung der IV. Wahlperiode aufgefordert hatte, noch 1965 einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Diesem Verlangen kam nun die Bundesregierung im Mai 1970 nach. Ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion, die Begrenzung auf die unteren Gehaltsgruppen (A 1 bis A 8) zu streichen, wurde aus Haushaltsgründen abgelehnt. Im März 1971 jedoch fiel auch diese Begrenzung aufgrund eines Vorschlags des Innenausschusses (Drucksache VI/1885 und zu VI/1885).

7. Das Betriebsverfassungsgesetz vom 15. Januar 1972

Auch dieses für die Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen bedeutsame Gesetz enthält eine Bestimmung über die Vermögensbildung der Arbeitnehmer, über den Regierungsentwurf hinaus beschloß der Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung mit überwiegender Mehrheit auf Antrag der CDU/CSU-Fraktion, im Betriebsverfassungsgesetz ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß durch freiwillige Betriebs-vereinbarungen Maßnahmen zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer zulässig seien. Hierdurch sollte einmal die Bedeutung, die der Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer zumißt, unterstrichen und zum andern ermöglicht werden, daß auch andere Formen der Vermögensbildung, als sie das Dritte Vermögensbildungsgesetz vorsieht, in den Betrieben vereinbart werden können (zu Drucksache VI/2729 § 88 Nr. 3).

Fussnoten

Weitere Inhalte

Karl-Peter Frauenkron, Dr. jur., geb. 1933, Regierungsdirektor bei der Planungsgruppe Gesellschaftspolitik des rheinland-pfälzischen Sozialministeriums; 1964 bis 1967 Justitiar für Arbeitsrecht in der Großindustrie; bis 1970 Bundesanstalt für Arbeit; 1970 bis Sommer 1977 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Sekretariat des Bundestagsausschusses für Arbeit und Sozialordnung. Veröffentlichungen u. a.: Das arbeitsgerichtliche Beschlußverfahren in betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeiten. Zuständigkeit und Beteiligte, Düsseldorf 1967; Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz, Stuttgart 1972.