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Einige Anmerkungen zu der Stellungnahme von B. Rürup | APuZ 27/1979 | bpb.de

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APuZ 27/1979 Wie sicher sind unsere Renten? Fehler der Rentengesetzgebung - Plädoyer für eine Neuordnung Zum Problem der langfristigen Alterssicherung. Risiken und sozialpolitische Optionen. Stellungnahme zu dem Beitrag von Th. Schmidt-Kaier Einige Anmerkungen zu der Stellungnahme von B. Rürup

Einige Anmerkungen zu der Stellungnahme von B. Rürup

Theodor Schmidt-Kaier

/ 13 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Theodor Schmidt-Kaier: Einige Bemerkungen zu der Stellungnahme von B. Rürup Aus Politik und Zeitgeschichte, B 27/79, S. 43— 47

I. Die Rentenversicherung im gesamtgesellschaftlich-gesamtwirtschaftlichen Rahmen

Rürup, der in den ersten drei Abschnitten einige Grundtatsachen der Volkswirtschaft, unseres Rentensystems und unserer Bevölkerungsentwicklung darlegt, ergänzt damit zunächst meinen Beitrag in erfreulicher Weise. Der Leser findet in handlicher Form Begriffe wie Wirtschaftswachstum, Nettoreproduktionsrate, Transfereinkommen, Erwerbspersonenpotential, Rentenniveau usw. und die Rentenformel in ihrer einfachsten Form erläutert. Die grundsätzliche Übereinstimmung der Auffassungen in diesen Abschnitten mit meinem Beitrag ist ebenfalls erfreulich: Für Rürup ist ebenso wie für mich Mackenroths grundlegender Vortrag von 1952 über das Umlageprinzip Ausgangspunkt der Diskussion der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV). Ebenso stellt er gleich eingangs klar heraus, was eine der Grundlagen der bevölkerungsdynamischen Rente ist: die Tatsache, daß für die Gesamtgesellschaft keine zeitliche Einkommensverschiebung möglich ist, sondern nur Einkommensumschichtungen zwischen gleichzeitig lebenden sozialen Gruppen Auch die prinzipielle Einbettung der Altersrenten in den „Drei-Generationen-Vertrag" erkennt Rürup an. Übereinstimmung ist weiter zu konstatieren im Blick auf die „Sünden des Jahres 1972", die sozialpsychologischen Belastungsgrenzen, das Netto-Verfügungseinkommen als Grundlage zur Festsetzung des Renten-niveaus die Notwendigkeit, die gesamten Transfereinkommen zu durchleuchten und in die Festsetzung des Netto-Renten-Niveaus einbeziehen, die Brisanz des sich anhäufenden intergenerativen Konfliktpotentials und die Bedeutung des familienpolitischen „Entscheidungsbedarfs". Auch in der Warnung, gegenwärtig alles zu vermeiden, was kurzfristig sinnvoll erscheint, aber die Lösung des langfristigen Rentenproblems erschwert, sind wir einig. Dazu gehört insbesondere die Vorverlegung des Renteneintrittsalters. Insoweit rekapituliert Rürup weitgehend meine Darlegungen.

In der Beurteilung der bei der GRV aufgelaufenen Defizite neigt Rürup dagegen zur Verniedlichung. Was heißt denn der Satz „dies bedeutet ein nicht zu verantwortendes Risiko für den Zuwachs, kaum aber... für den Bestand an Rentenleistungen" anderes, als daß die Dynamisierung — und das heißt das eingangs von Rürup selbst an die Spitze gestellte Umlage-Prinzip — in Frage gestellt wird! Bemerkenswert ist Rürups Anregung, die Arbeitgeberbeiträge zur Rentenversicherung an die betriebsindividuelle Wertschöpfung anzubinden. Dies könnte zwar die Einnahmen der GRV stabilisieren und einen Teil des Druckes zur Personalrationalisierung wegnehmen, jedoch würde dieser Teil der Einnahmen der GRV voll mit den Ausschlägen der Konjunktur schwanken und für die Betriebe würde sich die Heranziehung zur GRV — im Gegensatz zu deren Funktion — letztlich nur als eine Art Erhöhung der Mehrwertsteuer darstellen. Dennoch ist diese Anregung der weiteren Prüfung wert, da sie eine Möglichkeit eröffnet, den Produktionsfaktor Sachkapital weitgehend systemgerecht in der GRV zu bewerten. Die Bewertung des Produktionsfaktors Mensch (genauer: „Humankapital") für die GRV wird dagegen weitgehend systemgerecht in Lohn bzw. Lebensarbeitszeit vorgenommen

Bemerkenswert ist überhaupt, daß Rürup über der Betonung der durchaus berechtigten ökonomischen Aspekte der Rente die demographische, historische und soziale Dimension weitgehend vernachlässigt. Der sog. Generationenvertrag, wie er bei uns in Gestalt der GRV ausgebildet ist, ist eben keineswegs „eine ökonomische Notwendigkeit", sondern — wie ein Blick auf die Vielfalt der Arten der Alterversorgung früherer Zeiten und anderer Länder lehrt — nur eines der vielen, unter bestimmten wirtschaftlich-sozialen Verhältnissen möglichen Systeme.

So ist auch die Funktion des Rentensystems als gesamtökonomischer Stabilisierungsfaktor zwar sehr bedeutsam, jedoch nur sekundär. Ebensowenig ist „die Geschmeidigkeit seiner Ankoppelung an den ökonomischen Wertschöpfungsprozeß" das „entscheidende volkswirtschaftliche Qualitätskriterium" sondern die dauerhafte ökonomische Versorgung der Alten einschließlich der sozialpsychologischen Sicherheit. Gerade dies und nur dies bringt jenes Vertrauen hervor, ohne welches der Prozeß des Wirtschaftswachstums niemals auf Dauer zu sichern ist.

II. Bevölkerungsentwicklung und gesamtwirtschaftlich-gesamtgesellschaftliche Folgen

Auch in der Darstellung der Ergebnisse und Probleme der Bevölkerungsprognosen ist zunächst weitgehende Übereinstimmung zu konstatieren, wenngleich anzumerken ist, daß die Koordinierte Bevölkerungsvorausschätzung (Basis 1975) als Grundlage von Rürups Tabelle 1 und 2 leider überholt ist; die Entwicklung ist von der „realistischen" Variante (deutsche Bevölkerung mit R„ = 0. 65) auf die pessimistische Variante b (Halbierung der Nachwuchs-Generation Ro = 0. zugelaufen. Nicht zu vergessen auch, daß der Übergang von wachsender zu schrumpfender Bevölkerung bzw. das Ausmaß des Schrumpfens nicht allein durch den Zuzug von Ausländern, sondern auch von Deutschen aus dem Osten stark verzögert bzw. gemildert wurde und wird .

Mit dem Hinweis auf den Unterschied zwischen Erwerbspersonenpotential und Bevölkerungsanteil im erwerbsfähigen Alter wird ein wichtiger Punkt berührt. Die Unterschiede zwischen der Vorausschätzung des Er-werbspersonenpotentials und des erwerbsfähigen Bevölkerungsanteils erweisen sich jedoch als belanglos über die wichtigste Variable, das Angebot an Arbeitsplätzen, vermag der Wirtschaftstheoretiker langfristig eben kaum etwas auszusagen

In der Beurteilung der gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen des Bevölkerungsrückgangs ist zunächst weitgehende Übereinstimmung festzustellen. Man hätte sich freilich eine Auseinandersetzung mit den Gedankengängen von Abschnitt V. 4. meines Beitrags gewünscht, z. B. Vorschläge zur Behebung der bis in die 90er Jahre erwarteten Unterauslastung des Erwerbspersonenpotentials Anschließend führt Rürup einmal mehr Modelle mit angenommenen jährlichen Produktivitätszuwächsen zwischen 2 und 4 Prozent vor, um nachzuweisen, daß selbst im ungünstigsten Fall das Realeinkommen je Einwohner kaum abnimmt. „Diese höhere Ergiebigkeit (Produktivität) ist Folge des vielgestaltigen technologisch-organisatorischen Fortschritts." Ja, woher kommt dieser Fortschritt denn? Von selbst? Von den über 50jährigen, die 2030 über 48 Prozent des Volkes ausmachen? Oder von der nicht vorhandenen Jugend? Und wie werden die Erwerbstätigen auf die Depossedierung durch die Alten reagieren? Die mangelhafte Berücksichtigung der sozialpsychologisch-historischen Dimension wird deutlich Dies tritt noch mehr in Rürups Betrachtungen zur Einkommensverteilung zwischen den Generationen zutage. Die von Nell-Breuning und mir (Abschnitt IV. 2 und V. 1) schlüssig diskutierten Probleme der gerechten Lasten-verteilung zwischen Familien mit Kindern und Kinderlosen werden einfach totgeschwiegen. Das Problem der intergenerativen Lastenverteilung wird relativiert, indem von nur „rechnerisch richtigen" Ergebnissen geredet wird, deren Ergebnisse „wegen der Unbestimmbarkeit nahezu aller relevanten Faktoren alles andere als sicher" sei. Hier ist Gelegenheit, die Bedeutung solcher Entwicklungsmodelle klarzumachen. Gewiß, viele Modell-Parameter sind mehr oder minder unsicher, angefangen von der zukünftigen Geburtenrate selbst Aber worauf es ankommt, ist, daß unter diesen Modellannahmen langfristig katastrophale Entwicklungen eintreten. Insbesondere werden sie eintreten, wenn die heutigen Parameter ein bis zwei Generationen weitergelten, d. h. wenn die Politiker die Dinge laufen lassen, wie sie jetzt sind. „Die Rentner des Jahres 2030 leben alle schon und lassen sich daher sehr gut voraus-schätzen. Das gleiche gilt für einen Teil der Arbeitskräfte. Es gibt einen noch bedeutsameren Grund: Modellrechnungen haben nämlich die wichtige Aufgabe, Warnlichter zu setzen, illusionäre Ziele zu korrigieren und gangbare Wege für mögliche Ziele aufzuzeigen. Ob der Politiker die Signale zur Kenntnis nimmt, ist eine andere Sache. Wesentlich . .. erscheint mir, daß es nicht verzeihlich wäre, wenn Politiker solche Warnlichter deshalb gerne übersehen möchten, weil sie auf Entwicklungen hinweisen, die erst dann akut werden, wenn sie nicht mehr in der Verantwortung stehen oder gar schon verstorben sind. . . Die Langfristigkeit demographischer Prozesse läßt kein Ausweichen zu" Ein Wissenschaftler, der in solcher Situation den Ernst der Lage für die Politiker relativiert, handelt gegen das Ethos der Wissenschaft. übrigens sind die Relativierungs-Argumente auch sachlich unzutreffend:

1) „Ob die relative Ausweitung des Finanz-bedarfs für die Alterssicherung zu einer entsprechenden Erhöhung der Beiträge führt, 10 hängt vom Finanzierungssystem ab." Nach Mackenroths ökonomischem Grundprinzip müssen sie jedenfalls „aus der laufenden Wertschöpfung der jeweiligen Erwerbsbevölkerung entnommen werden" und wirken auf diese genau wie die entsprechende Beitragserhöhung. 2) „Dem steigenden Altenquotient steht ein sinkender Jugendquotient gegenüber. Wenn man einmal für einen Jugendlichen durchschnittlich gleich hohe Aufwendungen wie für ältere Personen unterstellt, dann sinkt in der Variante a die relative gesamtwirtschaftliche Belastung für Jugendliche und Alte bis 2015 und steigt erst bis 2030 wieder auf das heutige Niveau." Die einfache Addition der Jugend-und Altenlast ist aber, worauf ich bereits hinwies unzulässig. Nach Wander sind die Kosten, ein Kind von 0— 20 Jahren zu unterhalten, über ein Drittel höher als die Kosten für die Unterhaltung eines 60jährigen bis zu seinem Tod. Gesamtwirtschaftlich ist der Entlastungseffekt infolge der sinkenden Jugendlast bis 2010 verpufft. Schlimmer noch: irgendeine Generation nach uns muß wieder zur bestandserhaltenden Geburtenrate Ro = 1 zurückkehren, weil eben sonst das deutsche Volk exponentiell ausstirbt. Diese Generation aber trifft dann die von uns selbst stammende Altenlast und gleichzeitig eine unerträglich hohe Kinderlast Dies ist der Übergang von der freiwilligen zur erzwungenen Kinderlosigkeit (point of no return).

III. Das Konzept der Bevölkerungsdynamischen Rente

Rürup hält die allgemeine Bemessungsgrundlage für das „dynamische Regelglied" in der Rentenformel. Heubeck zeigt, daß insgesamt sogar 17 Faktoren in der Renten-formel geändert werden können und im Zusammenspiel aller verschiedenen Kombinationen 131 071 Änderungsmöglichkeiten des Umlagesystems der GRV bestehen. Weshalb begnüge ich mich nicht mit den so gegebenen Chancen, Fehlentwicklungen zu beseitigen, sondern fordere eine weitere Variable, die Abhängigkeit des Beitragssatzes von der Zahl der Kinder? Weil die bisherige GRV von vornherein ein auf die Dauer unrealistisches Ziel anstrebt: sie will isoliert die Versorgung der Alten garantieren, ohne das Aufziehen von Jungen einzubeziehen. Die Kinderabschläge vom Rentenbeitrag koppeln die Altersversorgung mit dem Aufziehen der Jungen in natürlicher und ökonomisch transparenter Weise; der „Drei-Generationen-Vertrag" der Großfamilie von einst wird damit in die moderne GRV übertragen. Niedrige Kinderabschläge werden nichts bewirken, sehr hohe Kinderabschläge werden aber vielleicht sogar zu unerwünscht hohen Kinderzahlen führen. Die bevölkerungsdynamische Rente legt daher die Höhe der Kinderabschläge nicht von vornherein fest, sondern koppelt sie an eine grundlegende gesamtgesellschaftlich-gesamtwirtschaftliche Zielgröße: die Volkszahl. Dabei ist es nicht einmal nötig, sich auf eine optimale Volkszahl festzulegen, sondern nur auf die Richtung und evtl. Stärke der gewünschten Veränderung: Zunahme, Konstanz, Abnahme. Die Nettoreproduktionsrate ist das zuverlässigste Maß dieser Veränderung.

Es ist erstaunlich, daß in dem rein ökonomisch motivierten Artikel Rürups an dieser Stelle plötzlich ethische Bedenken auftauchen, daß solche Politik „zu tief in die individuelle bzw. familiäre Intimsphäre eingreifen würde". Sie greift ebensowenig in die individuelle Intimsphäre ein wie die Regeln des BGB und des Marktes beim Kauf oder Verkauf eines Hauses; denn die bevölkerungsdynamische Rente setzt einzig und allein wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Und diese Rahmenbedingungen sind durch die langfristigen Aspekte der Gesamtgesellschaft diktiert Die Kirchen jedenfalls sehen keine ethischen Bedenken in dieser, vielmehr in ganz anderer Richtung: „Wer sich der finan-ziellen Belastung auf der einen Seite des Generationenvertrags weitgehend entzieht (Verzicht auf Kinder), muß sich auf der anderen Seite (Altersversorgung) entsprechend stärker verpflichten lassen." — „Aus Gründen der sozialen Gerechtigkeit sind Wege zu suchen, mehr als bisher Erwerbstätige, die keine Kinderlasten zu tragen haben, an den Lasten zu beteiligen, die Eltern bei der Erziehung und Ausbildung von Kindern auf sich nehmen. Ihr heutiger Einsatz schafft die Grundlage für die späteren Renten aller." Im Kern ist das der Entwurf kinderabhängiger Rentenbeiträge.

Dieser Entwurf wird von Rürup als mechanistisch abqualifiziert. Ist ihm nicht bekannt, daß jedes Lebewesen, jede gesunde Ökologie durch eine Vielzahl fein abgestimmter Prozesse mit negativen Rückkoppelungen existiert? Nur Krebswachstum geht ohne negative Rückkoppelung vor sich. Auch das Spiel von Angebot und Nachfrage in einem gesunden Markt zeigt das Phänomen negativer Rückkoppelung. Rürup meint eine Lücke im Rückkoppelungsprozeß gefunden zu haben, wenn die Kinderzahlen deutlich über Ro = 1 ansteigen würden. Negative Rückkoppelung bedeutet: hat man eine bestimmte erwünschte Reproduktionsrate, z. B. Roo = 1 und die zulässige Schwankungsbreite AR, festgelegt, so fallen die Kinderabschläge positiv aus, wenn RRoo -ARo ist, werden mit wachsendem Ro kleiner und kleiner und schließlich negativ (aus Abschlägen werden also Zuschläge), wenn Ro> Roo +AR„ ist. Ist Mathematik so schwer?

Mit dieser Bemerkung erledigt sich auch alles, was über ökonomische Rahmenbedingungen gesagt wird. Der gewünschte individuelle Lebensstandard geht (unter anderem) ein in die Abschätzung der optimalen Volkszahl und damit in die Festlegung des gewünschten Roo, und zwar innerhalb einer rationalen Diskussion.

Alle wissen jetzt: der Bevölkerungsprozeß beeinflußt das Rentensystem. Neu ist nur die reziproke Erkenntnis: das Altersversorgungssystem (bei uns die GRV) beeinflußt auch den Bevölkerungsprozeß. Die bevölkerungsdynamische Rente macht Gebrauch von dieser Erkenntnis

Ein wenig zu leicht macht es sich Rürup mit der Frage: führt der Kinderabschlag, führen finanziell-ökonomische Konditionen zur Änderung der Geburtenzahl? Eine Nutzen/Kosten-Analyse von Kindern für Ehepaare sowie die in diesem Punkt stets gleichen Ergebnisse aller bisherigen Umfragen liegen meinem Konzept zugrunde und nicht etwa die historische Korrelation, wie Rürup den Anschein erweckt. Inzwischen hat die in zahlreichen Arbeiten ausgebaute angelsächsische „ökonomische Fruchtbarkeitstheorie" auch in Deutschland Fuß gefaßt Ich habe einige Bevölkerungsvorgänge geschildert, die die ökonomische Fruchtbarkeitstheorie in jüngster Zeit illustrieren (Abschnitt V. 6) — warum will sie Rürup nicht zur Kenntnis nehmen?

Die Nutzen/Kosten-Analyse der ökonomischen Fruchtbarkeitstheorie umfaßt materielle und nicht-materielle Nutzen und Kosten. Kinder gibt es ja schließlich aus verschiedenen Gründen, nicht allein wegen der Altersversorgung. Daher der Hinweis, daß zur Lösung unseres Bevölkerungsproblems — außer der Reform der GRV — ein ganzer Kranz von Maßnahmen angezeigt ist

Fussnoten

Fußnoten

  1. Diese These wird eingeschränkt, wenn man Investitionen und Verschuldungen im Ausland in Betracht zieht (vgl. Abschnitt V. 4 meines Beitrags). In diesem Zusammenhang erweisen sich Investitionen im Ausland zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch im Hinblick auf die mittel-und langfristige Sicherung unseres Rentensystems als zweckmäßig. Voraussetzung dafür ist natürlich die politische Sicherheit solcher Investitionen und die Freiheit und Stabilität des Weltmarktes auf lange Sicht. Auch eine erhebliche Verstärkung der Entwicklungshilfe — freilich nicht als verlorene Zuschüsse — im europäischen und außereuropäischen Rahmen erscheint so sinnvoll. Man würde damit zugleich die wirtschaftliche Misere der Entwicklungsländer mildern, zu deren Hauptursachen ja stets die unserer demographischen Problematik gerade entgegengesetzte Problematik massiver Geburtenüberschüsse zählt. Schließlich würde eine solche Entwicklungspolitik nach dem Motto „Nicht die Menschen zu den Maschinen,

  2. Ich weise hier auch auf die Leitsätze zum Beschluß des BVG vom 30. 3. 1977 hin: „Ob die Dienstbezüge der Beamten einschließlich der Alters-und Hinterbliebenenversorgung ausreichend ... sind, läßt sich nur anhand des Nettoeinkommens beurteilen ... Die derzeitigen Dienstbezüge der Beamten und Soldaten mit mehr als zwei Kindern in allen Besoldungsordnungen und -gruppen gewährleisten diesen nicht mehr ein auch nur annähernd gleiches Lebensniveau wie ihren nicht durch die Kosten des Unterhalts und der Schulund Berufsausbildung der Kinder belasteten rang-gleichen Kollegen."

  3. Vgl. These 2 in Abschnitt VII meines Beitrags.

  4. Rürup, S. 25.

  5. Rürup behauptet, daß die Zuwanderung von Ausländern jüngerer Jahrgänge „eine wichtige, aber unberücksichtigte Variable“ sei; dazu Schmidt-Kaier 1978, a. a. O., S. 77; „Einwanderung bietet keinen Ausweg aus dem Dilemma. Um den Rentenbelastungsquotienten auf dem heutigen Stand zu halten, wären gegen 2030 weit über 10 Millionen zusätzliche Personen im erwerbstätigen Alter (und zusätzlich zum gegenwärtigen Ausländeranteil) erforderlich. Kein einziges europäisches Land vermag solche Bevölkerungsüberschüsse hervorzubringen; unter den an Europa angrenzenden Ländern dürften allein die Türkei und Ägypten nach Volkszahl und Fruchtbarkeit ausreichen. Abgesehen vom quantitativen Problem bleibt jedoch die Frage, ob diese Einwanderer — ob überhaupt oder ob rasch genug — die erforderlichen Qualifikationen erreichen, um den Wirtschaftsprozeß einer hochtechnisierten Gesellschaft in solch breitem Maße mitzutragen. Und schließlich muß man sich klar darüber sein, daß alsdann weit mehr als ein Drittel der Gesamtbevölkerung ausländischer Herkunft wäre, so daß ein Integrationsprozeß aussichtslos wird." Im übrigen bedeutet Einwanderung wiederum nichts anderes als ein Verschieben heutiger Lasten auf zukünftige Generationen. Die Kosten dieser Lasten werden fällig, wenn die jung eingewanderten Arbeitskräfte ins Rentenalter kommen.

  6. Deutsches Erwerbspersonenpotential (1975 = 100) ergibt nach Rürup Tab. 2 (Bevölkerungsmodelle aus BT 8/680 entnommen): 2 000 2 015 2 030 Modell a 97 87 67 b 96 80 54 c 100 100 94 bzw. die 15— 64jährigen gemäß Tab. 1, BT 8/680 vom 24. 6. 1977, ebenfalls 1975 = 100: 2 000 2 015 2 030 Modell a 97 87 69 b 95 79 55 c 101 101 95 Die Unterschiede sind sicher geringer als die Unsicherheiten ir der Vorausschätzung der Erwerbs-quote.

  7. Vgl. Rürup, Anm. 17.

  8. Rürup, Anm. 19.

  9. . .. sowie die Verweigerung der Diskussion der auf S. 5 von mir gestellten Fragen.

  10. Mit zu den unsichersten Parametern dürfte der von Rürup bis 2030 unkritisch zu jährlich 3 Prozent angenommene Zuwachs der Pro-Kopf-Produktivität sein. Man denke nur an gewisse Prognosen des Club of Rome über die Grenzen des Wachstums.

  11. K. Schwarz, Die langfristige Entwicklung der Rentenbelastung. Ein Beispiel für die Bedeutung von Modellrechnungen der Bevölkerungsentwicklung. Vortrag auf der Tagung der Ev. Akademie Tutzing am 28. 10. 1978. Veröffentlicht in: Deutsche Rentenversicherung (Hrg. Verband Dt. Rentenversicherer) D 20230 F, Ausgabe 1/79.

  12. Rürup, S. 35.

  13. Rürup, S. 23.

  14. Schmidt-Kaier, Abschnitt I. 2, S. 5

  15. H. Wander 1978, ifo-schnelldienst 34/78, S. 21;, dort weitere Literatur. Eigene Untersuchungen sind im Gange. Vorläufiges Ergebnis ist, daß der Gesamtbelastungsquotient zunächst sinkt, zwischen 2010 und 2015 den heutigen Wert wieder erreicht und danach steil emporschießt.

  16. Sollen z. B. erst 2030 wieder bestandserhaltende Kinderzahlen herrschen (Ro = 1, aber alsdann bei einer Gesamtzahl des deutschen Volkes von 37 Mill.), so wird die Gesamtlast von Alten und Kindern über doppelt so groß wie 19791

  17. Rürup, S. 24.

  18. G. Heubeck, Finanzierungsprobleme der Rentenversicherung, a. a. O., S. 9.

  19. Es ist zu bedauern, daß Rürup wiederum der Diskussion aus dem Wege geht. Ich hatte dem ethischen Aspekt .den ganzen Abschnitt VI gewidmet.

  20. „Diskussionsbeitrag" des Kommissariats der deutschen katholischen Bischöfe vom 14. 5. 1979.

  21. Bevölkerungspolitik und Rentenlast. Aktueller Kommentar Nr. 3 der Kammer der Ev. Kirchen in Deutschland für soziale Ordnung vom 14. 3. 1978.

  22. Rürup, S. 31, vgl. auch Schmidt-Kaier 1978, S. 83.

  23. Der Fall R„ > R, o + A R„ d. h. zu hoher Reproduktionsrate ist zwar nicht bei uns, aber in vielen Entwicklungsländern aktuell. Anders ausgedrückt: würde man etwa in Indien eine staatlich garantierte Altersversorgung einführen, so würde eine Hauptursache der hohen Geburtenzahlen wegfallen, nämlich die Hoffnung auf Altersversorgung durch wenigstens einen Nachkommen, der es zu etwas bringt.

  24. „Eine Regelung ohne Rückkoppelung, wie wir sie heute haben, führt zu Absurditäten, sie ist schlechthin widersinnig. Für mich neu war Ihre Erkenntnis der bevölkerungspolitischen Dynamik der Rentenversicherung; für mich war die Bevölkerungsentwicklung die unabhängige, die Rente die abhängige Variable; von Ihnen habe ich gelernt, auch die umgekehrte Beziehung zu sehen und in die Überlegungen einzubeziehen, die Bevölkerungsentwicklung als die abhängige, die Rente als die unabhängige Variable; erst beides zusammen ergibt ein vollständiges Bild." Briefliche Mitteilung von O. v. Nell-Breuning vom 18. 10. 1978.

  25. Schmidt-Kaier 1978, a. a. O., S. 78; siehe auch Abschnitt V. 1.

  26. H. Wander, Ökonomische Theorien des generativen Verhaltens, Schriftenreihe BMJF Bd. 63, 1979, S. 6.

  27. Vgl. z. B. Schmidt-Kaier in: Protokoll 8/1340 des Landtages Nordrhein-Westfalen, Anhörung des Ausschusses für Jugend, Familie und politische Bildung am 6. 2. 1979, S. 29 f., S. 35; ferner K. Schwarz, Ansatzpunkte einer Bevölkerungspolitik unter Berücksichtigung der Ursachen des Bevölkerungsrückgangs. Unveröffentlichter Vortrag vor der Ecole Nationale d'Administration in Paris, Dez. 1978.

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