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Probleme der Geschichtswissenschaft. Ein Beitrag zur politisch-historischen Bildung | APuZ 41/1979 | bpb.de

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APuZ 41/1979 Probleme der Geschichtswissenschaft. Ein Beitrag zur politisch-historischen Bildung Die Wiederentdeckung der Gewerkschaftsgeschichte. Ein aktueller Streit und seine historischen Hintergründe

Probleme der Geschichtswissenschaft. Ein Beitrag zur politisch-historischen Bildung

Horst Ueberhorst

/ 36 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Der Beitrag will generelle Probleme der Geschichtswissenschaft überhaupt und die besonderen der deutschen Geschichtsschreibung, die sich im Laufe des 19. und 20. Jhrs. zeigten, herausstellen. Die deutsche Geschichtsschreibung war bis zum Zweiten Weltkrieg in eine immer tiefere Krise geraten, aus der sie durch eine scharfe Selbstreflexion herauszuführen, jüngere Historiker sich bemühten. In deren Kritik hatte deutsche Geschichtsschreibung die strengen Forderungen einer wissenschaftlichen Disziplin nur noch bedingt erfüllt, weil 1. die Historiker in ihrer speziellen historischen Situation geglaubt hatten, einen politischen Auftrag zu erkennen, sich in den Dienst einer nationalistischen Erziehung stellen zu müssen, weil sie 2. Geschichtsdeutung auf der Grundlage idealistischer Philosophie getrieben hatten und weil sie 3. historisches Geschehen im wesentlichen als einen eindimensionalen Ablauf von Ereignissen und Entscheidungen „großer Männer" dargestellt hatten. Das Anwachsen der Bedeutung der Naturwissenschaften mit ihren wissenschaftlich exakten Methoden übte seine Wirkung auf eine bestimmte, an sozialen Problemen interessierte Gruppe von Historikern aus. Die im französischen und angloamerikanischen Raum erscheinenden sozialkritischen Arbeiten stimulierten vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg einige deutsche Historiker, sich von der traditionellen Arbeitsweise der Geschichtsschreibung zu lösen und neue Wege zu gehen. Aus einer anfänglichen Gegnerschaft zwischen Historikern, die sich der traditionellen, individualisierenden Methode verpflichtet fühlten, und den soziologisch orientierten, die sich um die Herausarbeitung von Strukturen der menschlichen Gesellschaften bemühten, wird nach harter Auseinandersetzung Kooperation, in der aber beide ihre Eigenständigkeit wahren. Die Grundlagendiskussionen der Geschichtswissenschaftler führten darüber hinaus in den letzten beiden Jahrzehnten zu einem neuen Bewußtsein über Sinn und Aufgabe der Beschäftigung mit Geschichte und gaben dem Interesse der Jugend an geschichtlichen Problemen neue Impulse.

Krise des Geschichtsbewußtseins

Desinteresse an Geschichte bei Schülern und Studenten — deren geringe historische Kenntnisse ihre Lehrer bzw. Professoren oft erschüttern •— auf der einen Seite und hohe Attraktivität von Ausstellungen über politisches und kulturelles Leben vergangener Epochen auf der anderen Seite machen das zwiespältige Verhältnis der jüngeren Generation in der Bundesrepublik zur Historie deutlich. Hat die lange Zeit gültige Geschichtsschreibung Geschichte fragwürdig gemacht, ist die Geschichtsschreibung selbst vielleicht fragwürdig geworden, indes Erinnern an historische Vergangenheit vor allem durch unmittelbare Zeugnisse ein in unserer Gesellschaft durchaus lebendig gebliebenes Bedürfnis ist? «Krise der Geschichtswissenschaft", „Gefahren des Historismus", „Wozu noch Historie?" und ähnliche Formulierungen in der Theoriediskussion von Historikern der Gegenwart zeigen, daß diesen die bisher begangenen Wege der Geschichtswissenschaft tatsächlich fragwürdig geworden sind.

In scharfer Selbstreflexion sitzt eine junge Historikergeneration über ihr Fach zu Gericht.

Ihr Ziel ist vor allem eins: das Fach Geschichte zu einer streng wissenschaftlichen Disziplin zu machen, in der allein die wissenschaftliche Wahrheit überzeugt und die nicht durch außerhalb der wissenschaftlichen Forschung selbst liegende Motive mißbraucht werden kann. In der Grundlagenforschung geht man Fragen wie folgenden nach: Was ist überhaupt Gegenstand der Geschichtswissenschaft? Wie unterscheidet er sich vom Gegenstand der Naturwissenschaft? Welche Methoden sind zu seiner Erfassung nötig? Welche Form der Darstellung verlangt historische Wissenschaft?

Darüber hinaus wird die Frage der Funktion der Geschichte für die Gesellschaft reflektiert, deren Interesse an ihr nur dann wieder lebendig werden kann, wenn sie die Bedeutung der Geschichte für die eigene Gegenwart und Zuunft erkennt. Schließlich wird auch die Sinn-rage nicht ausgeklammert.

Der vorliegende Beitrag will die Entwicklung vor allem der deutschen Geschichtswissenschaft aufzeigen. Im ersten Teil sollen die Momente aufgewiesen werden, die zu ihrer Krise geführt haben. Im zweiten Teil sollen die neuen methodischen Wege und Erkenntnis-ziele dargestellt werden, die zur Klärung des Selbstverständnisses von Geschichtswissenschaft beigetragen haben.

Das Studium der deutschen Geschichtsschreibung vom Anfang des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges gewährt einen höchst aufschlußreichen Einblick in die Stärken und Schwächen der Geschichtswissenschaft. Das Interesse der Deutschen am Historischen wurde durch die Romantik geweckt. Herder hatte ihre Aufmerksamkeit auf die Frage gelenkt: Wie ist das, was wir als kulturelles Gebilde vorfinden, geworden, wie hat sich alles in der menschlichen Wirklichkeit Geschaffene entwickelt? Im Unterschied zu der Aufklärung, die das Gegenwärtige als das höchst Entwickelte schätzte, bekamen die vergangenen Entwicklungsstadien für die Romantiker ihren besonderen Wert. Historisch Vergangenes wurde in seiner Einmaligkeit und Unwiederholbarkeit erkannt und als Besonderheit gewertet. Die universitären Fächer entwickelten ihre eigene Geschichte. Es entstanden Sprachgeschichte, Kunstgeschichte, Rechtsgeschichte, Wirtschaftsgeschichte usw. Jacob Burckhardt, der nicht viel Gutes an seinem Jahrhundert ließ, bescheinigte ihm aber als ein Positivum, daß es „das geborene Jahrhundert der historischen Studien sei, für sie geschaffen wie keines zuvor"

Die Entstehung des Historismus

Die grundsätzlich historische Betrachtungsweise aller kulturellen und politischen Erscheinungen wurde für das 19. Jahrhundert zu einer Weltanschauung, etikettiert als „Historismus". Der Historismus bildete für das deutsche Bildungsbürgertum den geistigen Boden, aus dem Wissen und Erkenntnis wuchsen. Im Gefolge von Niebuhr und Ranke drängten Professoren und Studenten zum Studium der Quellen, um zu erfahren, „wie es wirklich gewesen ist“. Freilich führte dies oft zu einer Anhäufung von Gelehrtenwissen, dessen Unwert Nietzsche in seinen „Unzeitgemäßen Betrachtungen" vom „Nutzen und Nachteil Historie" anprangerte. Ein solches historisches Wissen ist ihm „als kostbarer Erkenntnis-Überfluß und Luxus verwöhnte(r) Müßiggänger im Garten des Wissens“ ernstlich Er schließt verhaßt.

das Vorwort zu seinen Betrachtungen mit den kritischen Worten: „Es gibt einen Grad, Historie treiben, und eine Schätzung derselben, zu bei der das Leben verkümmert und entartet." Diese Worte passen besonders gut auf den mit historischem Faktenwissen angefüllten Bildungsphilister. Einer der großen Vertreter des Historismus war Leopold von Ranke (1795— 1886). Sein Einfluß reichte bis weit ins 20. Jahrhundert hinein. In seiner Nachfolge bekannten sich die bedeutendsten Historiker zu der sogenannten „quellenkritischen" Methode, wonach die strenge Darstellung der Fakten, wie bedingt und unschön sie auch sei, oberstes Gebot geschichtswissenschaftlicher Forschung sein müsse. Nicht als einen die Tat lähmenden Ballast, sondern als hohen geistigen Ansporn empfand Leopold von Ranke die Beschäftigung mit der Historie. Er wurde das große, bis weit in unser Jahrhundert hineinragende Vorbild für die Historiker. Noch 1936 hob Friedrich Meinecke in seiner Gedächtnisrede, die er zum 50. Todestag Rankes hielt, dessen „verstehende" Methode und seine hohe Erzählkunst hervor, mit der es ihm gelang, das Wesen großer Persönlichkeiten einzufangen (als Beispiel nennt er in dieser Rede Napoleon). Aber gerade die verstehende oder hermeneutische Methode und die erzählende Darstellung von Ereignissen wird gegenwärtig als problematisch für die Historiographie angesehen. Methode und Stil Rankes sind bestimmt durch sein geistiges Verwurzeltsein im deutschen, bis in die Goethezeit zurückgehenden Idealismus. Ranke schreibt Universalgeschichte. In ihr sieht er geistige Kräfte, moralische Energien tätig, die man zwar nicht definieren, d. i. unter Abstraktionen bringen, aber wahrnehmen und anschauen kann. Wie in der Kunst sucht er „das Allgemeine unmittelbar und ohne lange Umschweife durch das Besondere darzustellen"

In der Auseinandersetzung mit seinem Kritiker Heinrich Leo sagt Ranke: „In und mit dem Ereignis habe ich den Geist Gang und desselben darzustellen versucht und jenem seine bezeichnenden Züge abzugewinnen mich angestrengt. Überzeugt, daß dies das wesentlichste Moment in dem poetischen und künstlerischen Ausdruck sei, hielt ich es für erlaubt, auch in der Historie einen solchen Versuch zu machen." Diesem ästhetischen Gesetz der Kunst verpflichteten Stil gelingt die Schilderung großartiger und schrecklicher Szenen. Die individuellen Entscheidungen und Handlungen der großen geschichtlichen Persönlichkeiten, die einzelnen Ereignisse bilden den Stoff der Darstellung. Die Auswahl dieses Stoffes aber ist gebunden an die Quellen, die ihn überliefern, und diese selbst werden in einer strengen Kritik auf ihre Echtheit hin geprüft. Die Forderung Rankes, historische Forschung unmittelbar an den kritisch geprüften Quellen zu treiben — das sind z. B. Memoiren, Tagebücher, Gesandtschaftsberichte, Berichte von Augenzeugen—, hat auch heute noch Gültigkeit, wenn man auch seine ideengeschichtliche Deutung und seinen erzählenden Stil ablehnt.

Das Erbe Rankes Die von Ranke ins Leben gerufene Geschichtsschreibung wurde zur Tradition für alle namhaften Historiker des 19. Jahrhunderts, von seinen unmittelbaren Schülern Georg Waitz und Heinrich von Sybel angefangen über J. G. Droysen und Wilhelm Dilthey bis zu Heinrich Rickert und Gerhard Ritter, die noch im 20. Jahrhundert — zuletzt Gerhard Ritter auf dem ersten Historikertag nach dem Zweiten Welt-krieg zu Marburg (1951) — die individualisierende Methode der Geschichtsschreibung, d. h. das Sichtbar-und Erkennbarmachen des Geschichtsverlaufs als eine in der Zeit sich bildende Kette von Ereignissen verteidigte. Die Verteidigung des auf Individualisierung beruhenden Prinzips der Geschichtsschreibung trat auf den Plan, als sich im Laufe des 20. Jahrhunderts eine andere Wissenschaft etablierte, die sich mit der menschlichen Gesellschaft und deren Veränderung im Laufe der Geschichte beschäftigte, nämlich die Sozialwissenschaften. Ehe auf die Auseinandersetzung der beiden Wissenschaftszweige eingegangen werden kann, muß auf zwei Momente der traditionellen Geschichtsschreibung hingewiesen werden, die zu gefährlichen Folgen führten und sie in Mißkredit brachten. Das eine ist die Verbindung mit der idealistischen Philosophie, das zweite der Einsatz von Historikern für eine nationale Politik.

Philosophie und Geschichte gehen im 19. Jahrhundert eine enge Verbindung ein. In der nachkantischen idealistischen Philosophie Fichtes und Hegels wird Geschichte zu dem Bewußtseinsinhalt, in dem der Geist sich immer deutlicher selbst erfährt. Für Hegel offenbart sich die logische Vernünftigkeit des Bestehenden vor allem im Historischen. Die Stufen der historischen Entwicklung, die sich, eben weil sie eine logische ist, nach dem dialektischen Prinzip vollzieht, stellen einen immer höheren Grad des. zu sich selbst kommenden Bewußtseins und damit zu einem immer höheren Grad von geistiger Freiheit dar. Eine große Rolle in Hegels Philosophie spielt der Begriff des objektiven Geistes, der auch für die Deutung der Geschichte wichtig wurde. Unter objektivem Geist versteht Hegel „den übergreifenden Lebenszusammenhang der Individuen, der, nicht von diesen erzeugt, vielmehr den Boden bildet, aus dem sie geistig hervorgehen."

Die höchste Verwirklichung des objektiven Geistes, dessen die Vernunft menschliche fähig, ist der Staat, für Hegel der preußische Staat. In ihm sieht er die Verwirklichung der sittlichen Idee schlechthin. Für ihn ist der preußische Staat die spezifische Leistung des deutschen Volksgeistes, so wie in anderen Epochen der Weltgeschichte andere Völker ihren Beitrag in der Arbeit der Staatenbildungen leisteten und leisten werden. Mit diesem Bedeutungszuwachs stieß Geschichte in metaphysische Bereiche und nahm einen erhabenen Charakter an. Reinhart Koselleck bringt in einem 1971 in der „Historischen Zeitschrift" erschienenen Aufsatz „Wozu noch Historie?" einen wortgeschichtlichen Exkurs, der den Bedeutungswandel des Begriffs „Geschichte" erhellt und der auf die Gefahr hinweist, die von dem Einströmen idealistischer Elemente in seinen Inhalt ausging.

Bis kurz vor der Französischen Revolution war „Geschichte" Pluralform von „das Geschichte" und „die Geschieht" und meinte Berichte über Begebenheiten, Personen und Schicksale. Dieser Geschichtsbegriff, so Koselleck, erfährt um 1770 einen Bedeutungswandel, eine transzendentale Wende führt zur Geschichtsphilosophie des Idealismus, für den Geschichte eine subjektive Bewußtseinskategorie wird, durch die alle zu machende Erfahrung vermittelt wird. Von hier aus weiterentwickelt wurde Geschichte zur „Geschichte an sich"; sie nahm eine metaphysische Bedeutung an, wurde substantiiert oder gar personifiziert und von Historikern und Politikern naiv und unreflektiert in oft emphatischen Wendungen mit den Epitheta heilig, gerecht, allweise, allmächtig belegt und angerufen, um gerechtes oder vermeintlich gerechtes Tun zu bezeugen oder vor ihr als der Richterin zu rechtfertigen. Hitler und seine Gefolgsleute machten reichlich Gebrauch von solchen beschwörenden Anrufen. Ein bis zum Zusammenbruch des Dritten Reiches in diesem Sinne häufig verwendeter Geschichtsbegriff erschwerte natürlich den Zugang zu einer kritischen Geschichtswissenschaft. Ebenso verhängnisvoll wie die Verbindung der idealistischen Philosophie wirkte sich das Vermengen der nationalen Frage und die oft konkrete politische Arbeit der Historiker für die Geschichte aus. Zu Beginn des Jahrhunderts, vor allem nach der Niederlage von 1806, sollte in den Deutschen durch ein historisches Bewußtsein nationales Bewußtsein geweckt und gestärkt werden. „Unter den Mitteln, den deutschen Geist wieder zu heben", heißt es in den „Reden an die deutsche Nation" (1808), „würde es ein sehr kräftiges sein, wenn wir eine begeisternde Geschichte der Deutschen hätten." Auch nach den Befreiungskriegen bleibt für viele Verantwortliche die Hinwendung zur eigenen Geschichte ein notwendiges Stimulans, um in den Deutschen ein nationales Selbstbewußtsein zu erzeugen. So hatte sich der Reichsfreiherr vom Stein 1815 mit Goethe in Verbindung gesetzt, um mit ihm den Plan zur Herausgabe von Quellen und Urkunden zur deutschen Geschichte zu besprechen. 1819 gründete vom Stein in Frankfurt a. M. die Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde. Bezeichnenderweise stellte er deren Arbeit unter das Motto: Sanctus amor patriae dat animum. Geschichte im Dienst einer nationalen Politik, das ist das Kennzeichen der Arbeit einer Reihe von namhaften Historikern. Am wenigsten ist dies noch das Merkmal der Rankeschen Geschichtsschreibung, den die deutsche Geschichte weniger interessierte als die europäische bzw. „abendländische" und der schon im Vorwort zu der „Geschichte der romanischen und germanischen Völkervon 1494 bis 1514" die der Historie beigemessene Funktion, „die Mitwelt zum Nutzen zukünftiger Jahre zu belehren" von sich gewiesen hatte. Dennoch unterbreitete auch er in seiner „Historisch-politischen Zeitschrift" den Lesern staatspolitische Überlegungen, die für das 19. Jahrhundert charakteristisch waren. Auch für ihn war es ein politisch erstrebenswertes Ziel, den starken Staat und eine von einem gebildeten Beamtentum getragene Staatsverwaltung zu schaffen. Zeitgenössische Vorstellungen über freiheitliche Verfassungen tat er als Schwärmerei ab. Nicht übersehen werden kann auch die Absicht einer politischen Wirkung durch die Vorträge, die er vor dem König Maximilian II. von Bayern hielt, und den anschließenden Gesprächen mit ihm.

Georg Niebuhr (1776— 1831) hat praktische politische Arbeit im dänischen und preußischen Staatsdienst ausgeübt und wird Vertrauensmann des Freiherrn vom Stein für die Finanzen.

Friedrich Christoph Dahlmann (1785— 1860), als Professor in Göttingen 1833 zur Redaktion des hannoverschen Staatsgrundgesetzes berufen, wird Führer der Göttinger Sieben (1837) und betrachtet seine Lehrtätigkeit an der Bonner Universität im Sinne einer politischen Erziehungsaufgabe. Ziel seiner Lehre in Wort und Schrift wird die Neugestaltung des deutschen Reiches unter preußischer Führung.

Georg Gottfried Gervinus (1805— 1871), ebenfalls in Göttingen politisch tätig gewesen, stellt sich als Historiker bewußt in Gegensatz zu Rankes universalhistorischer Geschichtsschreibung und schreibt eine Geschichte des 19. Jahrhunderts, in der die Geschichte der Deutschen im Mittelpunkt steht.

Desgleichen schreibt Ludwig Häusser (1818 bis 1867) vaterländische Geschichte. Der Titel „Deutsche Geschichte vom Tode Friedrichs des Großen an“ zeigt die Ausrichtung des Interesses auf die nationalen Probleme.

Geschichte im Dienste des deutschen Nationalismus Am stärksten verbindet sich nationalstaatlich politisches Denken mit Geschichtsschreibung bei Heinrich von Treitschke (1834— 1896). Durch seine fast völlige Taubheit an einer öffentlich-politischen Tätigkeit gehindert, wird er publizistischer Mitarbeiter Bismarcks. Von 1871— 1884 ist er trotz seiner Behinderung Mitglied des Reichstages. Treitschke hat sich in seiner Tätigkeit als Historiker immer zugleich auch als politischer Erzieher verstanden. Politische Erziehung aber bedeutete für ihn Erziehung zu der Überzeugung, daß nur ein zentralistisch gelenkter nationaler Macht-staat, wenn auch an ethische Grundsätze gebunden, das erstrebenswerte politische Ziel für die Deutschen sein müsse. Seine Reden und Aufsätze sowie seine „Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert" fordern allesamt den starken Staat, das hieß für ihn in der damaligen Situation ein Staat unter Führung Preußens. Zugleich sind für ihn „die Männer der Tat" die eigentlichen historischen Helden. In seinem Bemühen um die Realisierung seines deutschen Machtstaatsgedankens führte er einen heftigen Kampf gegen Marxismus und Judentum. So half er mit, den Boden für einen deutschen Nationalismus zu bereiten, der erst durch den Zweiten Weltkrieg gebrochen wurde. Seine fünfbändige „Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert", die vom deutschen Bürgertum bewundert und gefeiert wurde und die das Geschichtsbild der Deutschen entscheidend mitbestimmte, hat im Ersten Weltkrieg in aller Welt als Beweis für das preußisch-deutsche Machtstreben gegolten und den Deutschen sehr geschadet.

In diesem Zusammenhang darf auch J. G. Droysen (1808— 1886) nicht vergessen werden, der Mitglied des Frankfurter Parlaments war und gerade in der Zeit dieser Tätigkeit ein begeisterter Parteigänger Preußens und seiner Politik wurde. Die 14 Bände seiner „Geschichte der preußischen Politik" bezeugen seinen fast schwärmerischen Glauben an die politische Sendung Preußens.

Dieses von den Historikern geförderte nationalistische Geschichtsbewußtsein der Deut-B sehen sah sich noch einmal bestätigt, als Hindenburg und Hitler sich 1933 vor der Potsdamer Garnisonskirche die Hand reichten. Nicht ohne Grund hat man Professoren und Geschichtslehrer für das nationale Unglück der Deutschen mitverantwortlich gemacht, zumal ihnen in der bürgerlichen Gesellschaft die Rolle zukam, bei gegebenen Anlässen in Fest-reden durch historische Reminiszenzen das Nationalgefühl zu entflammen.

Neben der mächtigen Strömung des Historismus — noch 1924 verteidigte Friedrich Meinecke ihn in seinem Werk „Die Entstehung des Historismus" als eine notwendige Bewegung und bekannte sich selbst zu ihm — brach sich allmählich eine andere wissenschaftliche Disziplin Bahn, deren Forschungsarbeit ebenfalls auf die menschliche Lebenswirklichkeit gerichtet war, nur mit dem Unterschied, daß sie die gesamte Gesellschaft und deren Veränderung umfaßte: die sozialwissenschaftliche Forschung.

Für die Erfassung der durch die Industrialisierung und deren Folgen veränderte Gesellschaft (Landflucht, Entstehung des Arbeiter-proletariats in städtischen Ballungsräumen, ungerechte Besitzverteilung im Frühkapitalismus, Schwierigkeiten der Regierbarkeit von Massengesellschaften) reichten die bisherigen Methoden der historischen Wissenschaften nicht mehr aus. Geschichte als Wissenschaft vom Staat, von den politischen Entscheidungen der Staatsmänner, von den Existenzkämpfen der Staaten in Kriegen und Schlachten und den sie beendenden Verträgen, vorgetragen in chronologisch geordneten, narrativ dargebotenen Ereignisschilderungen, war zur Analyse der neuen gesellschaftlichen Erscheinungen nicht mehr geeignet. Die ersten Erkenntnisse über die Strukturen der neuen Industriegesellschaft kamen aus der Nationalökonomie und der Wirtschaftslehre. Die gesellschaftskritischen Schriften von Karl Marx wiesen die ökonomische Natur der Basis aller Strukturen von menschlichen Gesellschaften nach. Die sozialwissenschaftlichen und sozialgeschichtlichen Untersuchungen mehrten sich. Allerdings schreckten die meisten aus dem Bildungsbürgertum hervorgegangenen Historiker davor zurück, sozialwissenschaftliche Forschungsarbeit zu treiben. Infolge der von Karl Marx aufgeworfenen „sozialen Frage“ und den aus ihr abgeleiteten politischen Forderungen bekamen sozialwissenschaftliche Themen so etwas wie sozialistische Anrüchigkeit. Universitätshistoriker sprachen von Kollegen, die sich mit sozialwissenschaftlichen Problemen beschäftigten, verächtlich als von „Kathedersozialisten“. Wie negativ sozialgeschichtliche Interessen in diesen Kreisen angesehen wurden, geht aus der Tatsache hervor, daß man dem bedeutenden, durchaus konservativ und monarchisch gesinnten Historiker Gustav von Schmöller eine Stelle als Reichsarchivar verwehrte, weil es „bedenklich sei, sie einem sozialistischen Gelehrten ... zu geben“ Auch Jacob Burckhardt sprach ablehnend von den Sozialisten, die mit ihren . Geschichten des Volkes die Geschichte ausdeuten und ausbeuten'

Einflüsse naturwissenschaftlichen Denkens auf die Geschichtswissenschaft im „Lamprechtstreit“

Anstöße, in den Geisteswissenschaften, vor allem den historischen, neue Wege zu gehen, waren auch aus den Naturwissenschaften gekommen, deren Ausbreitung und Bedeutung im Laufe des 19. Jahrhunderts in ungeahntem Tempo zugenommen hatten. Man war geneigt, das Prinzip der Naturwissenschaften, die einzelnen Naturerscheinungen unter Allgemein-begriffe zu bringen und sie auf Gesetze zurückzuführen und dadurch Objektivität der Erkenntnis und sogar Voraussagbarkeit von Erscheinungen zu erreichen, auch auf die Erforschung der Phänomene der menschlichen Gesellschaft und die Historie zu übertragen. Vertreter des philosophischen Materialismus wie Feuerbach, der die gesamte menschliche Lebenswirklichkeit als nur auf materiellen Kräften beruhend erklärte, hatten zu diesem Trend beigetragen. Die Franzosen H. Taine und A. Comte und die Engländer Mill und Buckle hatten der Geschichtswissenschaft schlicht die Aufgabe gestellt, die „Naturgesetze" des Völkerlebens zu suchen.

Trotz einer Reihe von Einzeluntersuchungen über Struktur und Prozesse vor allem im ökonomischen Bereich gab es im 19. Jahrhundert noch keine grundsätzliche Änderung der Methoden in der deutschen Geschichtswissenschaft im Sinne sozialwissenschaftlicher Untersuchungen. H. U. Wehler weist in der von ihm herausgegebenen „Moderne(n) deutsche(n) Sozialgeschichte“ auf erste Forderungen einiger namhafter deutscher Historiker wie Karl Friedrich von Eichhorn, Lorenz v. Stein und Georg Wilhelm von Raumer hin, Ge-schichte nicht nur als Aufeinanderfolge politischer Ereignisse zu studieren, sondern als Geschichte der Gesellschaft. Am radikalsten erklärte L. v. Stein in seiner „Geschichte der sozialen Bewegung in Frankreich" (1850): „Geschichte wird ausgefüllt durch den Kampf der Klassen, der noch ergänzt wird durch den Kampf der Gesellschaftsformen. Geschichte ist Gesellschaftsgeschichte, die alle anderen Kulturmomente in sich aufnimmt und funktionalisiert."

Dennoch — das waren vereinzelte Stimmen. Erst Ende des Jahrhunderts kam es zu einer scharfen Auseinandersetzung beider Denkrichtungen. Sie ist in der Geschichte der Geschichtswissenschaft als „Lamprechtstreit“ bekannt. Er wurde ausgetragen als Streit um die Frage, ob Geschichte als Individualgeschichte oder als Zustandsgeschichte anzusehen sei. Karl Lamprecht hatte in einem Aufsatz über „Das Arbeitsgebiet geschichtlicher Forschung" erklärt: „Wirken aber so die Zustände nicht passiv, sondern aktiv, sind sie nicht minder Ursachen des geschichtlichen Lebens als die Einzelwillen der historischen Persönlichkeiten, so tritt alsbald die Frage auf: welche dieser Willensäußerungen denn die umfassenderen, bestimmenderen für den geschichtlichen Verlauf sind, die zuständlich-kollektiven oder die genial-individuellen? Und da ist nun kein Zweifel: es sind die zuständlichen. Ist dem nun so: sind die kollektivistischen Verursachungen die stärkeren, so kann die Geschichte in den tiefsten Fundamenten nimmermehr auf die Untersuchung der großen Leistungen der Einzelwillen aufgebaut werden; sie kann nur aufgebaut werden auf die breiteste Geschichte der Zustände. Diese sind das prius, ihnen erst folgt, in sie greift ein, in ihnen geborgen ist die Geschichte der genialen, eminenten Personen."

Für Lamprecht ist „die Entwicklung der Staats-geschichte ... nicht der Anfang geschichtlicher Wissenschaft, sondern das Ende" Zur Abwehr des Vorwurfs eines staatsfeindlichen sozialistischen Denkens schrieb er: „Nicht staatsfeindlich ist darum die neue Richtung, sondern nur bedacht, das Verständnis des Staates zu vertiefen." Den heftigsten Streitpunkt bildete die Behauptung Lamprechts, daß zwischen der Entstehung eines Geschichtsbildes durch die traditionelle Geschichtsschreibung und einer historischen Sagenbildung nur ein gradueller, aber kein prinzipieller Unterschied sei, darauf anspielend, daß bei der „verstehenden" Methode der Historiker nur mit Hilfe der Phantasie ein Abbild historischer Wirklichkeit zustande komme, in dem „die innersten Motive und Strebungen der Handelnden ... nur vermutungsweise zu rekonstruieren seien.“

Der traditionellen Geschichtswissenschaft fehlt für Lamprecht die wissenschaftliche Exaktheit Diese erhofft er sich von den neuen Methoden der Erfassung gesamtgesellschaftlicher Zustände, bei denen der Vergleich eine Rolle spielt Voller Optimismus sieht er dieser neuen Entwicklung entgegen. „Für das kulturgeschichtliche Gebiet (hier die Bezeichnung für die gesamtgesellschaftlichen Zustände) dagegen läßt sich eine Zukunftvorstellen, die auf dem Wege psychologisch-induktiver Durcharbeitung eines massenhaften, in sich wesentlich gleichartigen Materials zu vollkommene-ren wissenschaftlichen Wahrheiten führt, und von ihrem Emportauchen muß ein neuesZeitalter der Geschichtswissenschaften erwartet werden.“ Damit werden die Methoden der Psychologie und der Soziologie als Methoden für die neue Geschichtswissenschaft gefordert.

Gegensatz Naturwissenschaft — Geisteswissenschaft

Von jetzt ab kam der Methodenstreit unter den Geschichtswissenschaftlern nicht mehr zur Ruhe. Manche Historiker gerieten in ein ausgesprochenes Dilemma, wenn sie einerseits zugaben, daß in der historischen Wirklichkeit der einzelne von größeren, ihn umfassenden Mächten abhängig sei, die zu erforschen für die Geschichte höchst wichtig sei, sie andererseits aber darauf beharrten, daß die Geschichtsschreibung nicht mit den Methoden der Sozialwissenschaften arbeiten dürfe, sondern ihre eigenen spezifischen anwenden müsse.

Ein Beispiel für ein solches Dilemma gibt von Below, der heftig gegen die Soziologie polemisiert, dann aber versucht, mit Hilfe eines umfassenden Begriffs, den er in seiner romantisch-historischen Sehweise „Volksgeist nennt, die „historischen Individualitäten" aus „ihrem großen Zusammenhang zu erklären“ Die Zuflucht zu einem solchen irrationalen Erklärungsgrund mußte natürlich diejenigen unter den Historikern, die nach Wissenschaftlichkeit für ihre Disziplin riefen, suspekt erscheinen. Bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts verschärfte sich die Konfrontation zwischen traditioneller Geschichtsschreibung und Sozialwi Jahrhunderts verschärfte sich die Konfrontation zwischen traditioneller Geschichtsschreibung und Sozialwissenschaft. Sie spitzte sich erneut auf den Gegensatz Naturwissenschaft — Geisteswissenschaft zu.

Drei Geschichtsphilosophen, W. Dilthey, W. Windelband und Heinrich Rickert, kamen den Traditionalisten zu Hilfe und wurden von diesen als „treue Waffenhilfe" zur „Verteidigung und Befestigung geschichtlicher Auffassung“ 19) begrüßt. Die menschliche Gesellschaft und ihre Geschichte, so argumentierten sie, könnten nicht durch Gesetze wie Naturerscheinungen erklärt werden. Was in der menschlichen Geschichte als Begebenheit erscheine, sei einmalig, in seiner Besonderheit nicht wiederholbar und könne deshalb nicht unter allgemeine Begriffe gebracht werden, die sie erklären. In „Der Aufbau der geschichtlichen Welt" erklärt Dilthey: „In der äußeren Natur wird der Zusammenhang in einer Verbindung abstrakter Begriffe den Erscheinungen unterlegt. Dagegen der Zusammenhang in der geistigen Welt wird erlebt und nachverstanden. Der Zusammenhang der Natur ist abstrakt, der seelische und geschichtliche aber ist lebendig, lebensgesättigt“ 20)

Ebenso erklärt Rickert in „Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung": „Die Geschichte kann, auch als Wissenschaft, die Wirklichkeit niemals mit Rücksicht auf das Allgemeine, sondern immer nur mit Rücksicht auf das Besondere und Individuelle darzustellen versuchen. Das Individuelle und Einmalige ist allein wirklich geschehen, und nur eine Wissenschaft, welche von dem einmaligen wirklichen Geschehen selbst redet, darf Geschichtswissenschaft genannt werden."

Windelband grenzte die Geschichtswissenschaft als „ideographische" von den Naturwissenschaften als „nomothetische“ voneinander ab.

Weiterwirken Rankescher Tradition

Trotz vieler überzeugender sozialwissenschaftlicher Arbeiten, die auch im gesellschaftlichen und historischen Leben Gesetzmäßigkeiten aufspürten, blieb die Abwehrhaltung namhafter Historiker gegenüber den als zu positivistisch abgewerteten Sozialwissenschaften weiter bis in die fünfziger Jahre bestehen. Noch auf dem ersten Historikertag nach dem Zweiten Weltkrieg formulierte G. Ritter, sich zugleich auf F. Meinecke berufend: „Zu den wichtigsten Voraussetzungen deutscher Historie gehörte von Anfang an ihre streng individualisierende Methode. Friedrich Meinecke hat sie geradezu den , Kern des modernen Historismus'genannt, im Gegensatz zum generalisierenden, auf Allgemeinbegriffe zielenden Denken des Rationalismus. Jede geschichtliche Erscheinung in ihrer Besonderheit und aus den besonderen, nicht wiederholbaren Voraussetzungen ihrer jeweiligen Epoche zu verstehen, das wurde der Ehrgeiz unserer Historie.“

Diese Äußerungen bezeugen nicht nur eine bestimmte wissenschaftliche Auffassung, sie beruhen zugleich auf einer politischen Haltung. Das wird deutlich in einervon Ritterverfaßten Betrachtung zum Internationalen Kongreß der Geschichtswissenschaft in Rom 1955. Darin heißt es: „Die westeuropäische Geschichtswissenschaft ist in ihrem Bemühen, den Kollektiverscheinungen des geschichtlichen Lebens gerecht zu werden ... vielfach unsicher geworden in der Beurteilung des Verhältnisses von Individuum und Masse, von Freiheit und Gebundenheit, von ökonomischen und politischen Faktoren." Er bedauert die Entfremdung der Historiographie gegenüber der politischen Geschichte und fährt dann fort: „Denn wie soll sich der Westen in seiner geistigen Eigenart gegenüber dem Sowjetsystem behaupten, wenn er selbst unsicher wird in seiner Einschätzung der Bedeutung ökonomisch-sozialer Motive des geschichtlichen Lebens, d. h. wenn er selbst in Gefahr gerät — bewußt oder unbewußt —, in materialistische Gedankengänge abzugleiten. Ich möchte es für eine besondere Aufgabe deutscher Geschichtswissenschaft halten (die von idealistischen statt positivistischen Tradi-tionen herkommt), sich solchen Gefahren entgegenzusetzen."

W. Schulze stellt mit Erleichterung fest, daß die deutsche Geschichtsschreibung die ihr von Ritter gestellte Aufgabe nicht erfüllte und mehr und mehr die Wege beschritt, die die Geschichtswissenschaft im französischen und anglo-amerikanischen Raum schon längst gegangen war. G. Ritter kann als der letzte namhafte Vertreter idealistischer Geschichtsschreibung angesehen werden. Gerade in dem Jahrzehnt, in dem er die oben zitierte Warnung aussprach, geschah auch in Deutschland der entscheidende Durchbruch, bei dem es von der Konfrontation zur Kooperation der beiden Disziplinen Geschichte und Sozialwissenschaften kam.

Wegbereiter moderner Sozialgeschichte

Dem folgenden Überblick über die entscheidenden Arbeiten muß allerdings noch eine kurze Zusammenfassung der Gedankengänge dreier Historiker vorangestellt werden, die gleichsam schlagen die Brücke zwischen Lamprecht und den Modernen: Gustav Schmöller (1838— 1917), Hintze (1861— 1940) und Otto Max Weber (1864— 1920).

Schmöller, von der Nationalökonomie herkommend, aber auch der Geschichtswissenschaft zugewandt, meint, „daß ein großer Teil alles geschichtlichen Stoffes wirtschaftlicher und sozialer Art ist, von der Geschichte chronologisch und erzählend, von den Staatswissenschaften (die damalige Bezeichnung für Wirtschafts-und Gesellschaftswissenschaften) theoretisch und zusammenfassend vorgeführt wird" Für Schmöller ist es Aufgabe der Gesellschaftswissenschaften, Klassifikationen, Regelmäßigkeiten, kausale Zusammenhänge herzustellen, deren aufgestellte Hypothesen dann von der Geschichtswissenschaft mit Hilfe der vergleichenden Methode überprüft werden müßten. Der historische Vergleich hat für ihn eine Art wissenschaftliche Ersatzfunktion, die dem Experiment in den Naturwissenschaften gleichkommt. „Die zunehmende Vergleichung ersetzt das fehlende Experiment, läßt die Abstufung gradueller Zunahme gewisser kausaler Faktoren erkennen, konstatiert die Wahrscheinlichkeit gleicher Ursachen, gibt allein das Mittel an die Hand, die großen sozialen und wirtschaftlichen Bewegungen und Veränderungen mit einiger Wahrscheinlichkeit vorauszusehen." Schmöllers Erkenntnisinteresse am Allgemeinen, an der Ableitung typischer Formen, an der Formulierung von Regelmäßigkeiten und Gesetzen und die Forderung der Kooperation von historischen und soziologischen Wissenschaften gaben einen weiteren Anstoß zu gegenseitiger Respektierung.

Otto Hintze sah im historischen Leben generelle und individuelle Vorgänge, aber so miteinander vermischt, daß sie nicht getrennt voneinander mit zwei verschiedenen Methoden erfaßt und aus wenigen Elementen erklärt werden könnten. Wie Lamprecht ging es ihm aber darum, „daß die historische Wissenschaft auf die breite Basis einer möglichst in die Tiefe reichenden sozialpsychischen Forschung gesetzt werden muß“, um „nicht nur die aufgesetzten Ketten und Gipfel, sondern auch den Grundstock des Gebirges ... kennenzulernen" Die Kooperation der beiden Disziplinen wurde von Hintze nicht so verstanden, daß eine der anderen untergeordnet wäre, etwa Geschichte als Datenlieferantin der Soziologie; beide sollten sich ergänzen in dem Sinne, „daß der Geschichte die Erforschung und Darstellung der konkreten Sinnzusammenhänge des sozialen Handelns zufällt, während die Soziologie sich mit den (Ergebnissen der Geschichte) auf Grund ihrer gebildeten Abstraktionen zu beschäftigen hat" Für Hintze haben beide Forscher unterschiedliche Interessen und Erkenntnisziele, die nicht verwischt werden dürfen. So verwende, der Historiker den Vergleich, um Gegenstände „in ihrer Individualität schärfer zu erfassen", der Soziologe dagegen tue dies, um „ein Allgemeines zu finden, das dem Verglichenen zugrunde liegt“ Für den Historiker, der das Spezifische seiner Wissenschaft gewahrt sehen wollte, der sich aber der Forderung nach Erforschung seines Gegenstandes auch mit Hilfe soziologischer Methoden nicht verschließen wollte, waren diese Gedankengänge Hintzes wegweisend.

Einen weiteren Schritt der Öffnung der Geschichtswissenschaft zur Herausarbeitung ge-nereller Regeln tat der Historiker Max Weber mit der Einführung seines Begriffs des „Idealtypus", den er zwar als reines Gedankenbild definiert, mit dessen Hilfe sich aber der ökonomische Charakter historischer Erscheinungen bestimmen läßt, wie dies z. B. durch den Idealtypus „Stadtwirtschaft" zur Erkennung der ökonomischen Verhältnisse einzelner mittelalterlicher Städte möglich wird, je nachdem, „wie nahe oder wie fern die Wirklichkeit dem Idealbild steht“ Mit dieser Methode stellte sich Max Weber einerseits gegen die Historiker im Gefolge Rankes, die meinten, daß man in der Geschichte keine allgemeinen Regeln und Begriffe aufstellen könnte, weil die Objekte der Geschichte zu vielfältig und überdies in ständiger Veränderung seien. Andererseits lehnte er es ab, die Idealtypen zu realen Kräften der Geschichte zu machen, womit er marxistische historische Kategorien zurückwies. Schulze sieht darin einen Grund, warum Max Weber nach dem Kriege in der Bundesrepublik auf die Historiker eine starke Wirkung ausübte. Für Max Weber steht die Typenbegriffe bildende und generelle Regeln suchende Soziologie zwar „im Gegensatz zur Geschichte, welche die kausale Analyse und Zurechnung individueller, kulturwichtiger Handlungen, Gebilde und Persönlichkeiten erstrebt" aber sie steht für ihn zugleich in einem unlösbaren Funktionszusammenhang mit ihr. So fand die soziologische Verfahrensweise offizielle Anerkennung von Seiten eines Historikers.

Einflüsse französischer Geschichtstheoretiker bzw. Historiker

Noch ein paar Worte zu den Anstößen, die für die bundesrepublikanische Geschichtswissenschaft aus dem internationalen, d. h.dem oben zitierten anglo-amerikanischen und französischen Raum kamen. (In der DDR gab es für die Historiker keine andere Möglichkeit als die oktroyierte Übernahme der Denkkategorien des historischen Materialismus auf der Grundlage des Marxismus-Leninismus, der allerdings auch der Bundesrepublik Vertreter fand. Man erinnere sich an den Ruf linksintellektueller Studenten: Marx an die deutschen Universitäten!)

Die eine Denkrichtung ist die der Behavioristen oder Physikalisten, die ihre Wurzeln zwar schon bei materialistischen Historikern der Aufklärung hat, neuerdings aber wieder aus dem anglo-amerikanischen Raum kommt. Die Behavioristen vertreten radikal die Ansicht, daß die Vorgänge in der Natur und Geschichte von prinzipiell gleichem Charakter sind. Sie gehen von der Annahme aus, daß, da der Mensch ein dreidimensionales Objekt in Raum und Zeit ist, er deshalb auch den Naturgesetzen unterworfen sei. Deshalb könne auch die Geschichte, d. i.der Bericht von dem, was er getan hat, mit Hilfe von Naturgesetzen, besonders biologischen und psychologischen, erforscht werden. Noch aber, so Isaiah Berlin in seiner Untersuchung „Geschichte als Wissenschaft", sei es den Vertretern dieser Richtung nicht gelungen, „die biologischen und physiologischen Zustände und Prozesse menschlicher Wesen auf der einen Seite mit ihren gleichfalls beobachtbaren Verhaltensmustern auf der anderen Seite (so zu) verbinden, daß man daraus ein kohärentes System von Regelmäßigkeiten erstellen könnte, ableitbar von gleichsam wenigen allgemeinen Gesetzen, so daß man die historischen Prozesse, als reinen Kausalgesetzen gehorchend, erklären und sie in die Zukunft voraussagen könnte“

Eine zweite, vor allem von einer Reihe französischer Historiker der Gegenwart begründete Grundlagentheorie fordert eine totale Quantifizierung der Geschichte mit Hilfe von Methoden, die zunächst von den Wirtschaftshistorikern angewandt wurden. Nicht Ereignisse sind Gegenstand historischer Forschung, sondern Statistiken. Was quantifizierbar ist, wird in Reihen gebracht. Der Vergleich der Reihen, so Francois Furet, ergibt hochinteressante Er-'kenntnisse. Die Darstellung dieser Erkenntnisse schließe jede Willkür aus, wie sie bei der Interpretation von Ereignissen (vnements) möglich sei. Mit Hilfe moderner Datenspeicherung durch den Computer vermag der Historiker aus den Archiven Daten abzurufen, diese in Reihen zu bringen und die Reihen miteinander zu vergleichen. Deshalb auch die Bezeichnung „serielle Geschichtswissenschaft“ (Terminus von Pierre Chaunu). In der französischen Geschichtswissenschaft haben z. B. in den letzten Jahrzehnten Vergleiche von Preislisten mit demographischen Reihen über die Entwicklung der Bevölkerungszahl zu neuen Erkenntnissen über das „wirtschaftliehe ancien rögime“ geführt. Ebenso wertvolle englische und französische Arbeiten gibt es über die vorindustrielle Gesellschaft und die industrielle Revolution, die mit Hilfe der seriellen Methode erstellt wurden. In früherer Geschichtsschreibung kaum benutzte Daten, wie sie z. B. in Pfarregistern, von Präfekturen erhobenen Statistiken, notariellen Heiratsverträgen im modernen Europa, Daten der amerikanischen Präsidentschaftswahlen vorhanden sind, werden von diesen Historikern in vergleichbare chronologische Reihen gebracht, die analysiert und zur Herausarbeitung bestimmter Probleme der gesellschaftlichen Veränderungen gedeutet werden.

So fruchtbar aber auch die serielle Methode hinsichtlich der von ihr eingebrachten Erkenntnisse sein mag, die Selbstreflexion der Geschichtswissenschaft, die eine Theorie ihrer Grundlagen überprüft, wird die Grenzen dieser Methoden erkennen müssen. Erstens ist nicht alles in der Geschichte quantifizierbar; viele Phänomene sind rein qualitativer Natur. Zweitens fehlen in vielen geschichtlichen Abschnitten, z. B. im Altertum, Daten, die zu Reihen zusammengestellt werden könnten. Drittens würde Geschichte auf rein politökonomische Fakten reduziert. Viertens zerstükkelt diese Methode Geschichte und gibt ein Gesamtbild preis. Serielle Geschichtsschreibung wird vor allem von Historikern bevorzugt, die an einer problemorientierten Geschichtsforschung interessiert sind.

Schließlich darf die internationale Wirkung des französischen Historikers und Theoretikers der Geschichtswissenschaft Fernand Braudel nicht übersehen werden. Er prägte zum ersten Mal den für die moderne Geschichts-und Sozialwissenschaft wichtigen Begriff der „Strukturgeschichte“. Die „histoire structurale" zielt im Unterschied zur „histoire övönementielle" (Ereignisgeschichte) „auf die Herausarbeitung der Geschichte der sozialen Gruppen und Institutionen oder wirtschaftlichen Konjunkturen“

In seinem Werk „La mditerrane et le monde möditerranöen ä lpoque de Philipp II“ entwarf Braudel auf drei Ebenen die geographischen, klimatischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Strukturen dieses Lebensraumes in einer bestimmten Epoche, aus denen sich ein großartiges Gesamtbild ergibt. Die politischen „Ereignisse" werden erst auf der dritten Ebene eingefügt und offenbar nicht so überzeugend dargestellt wie der sie tragende strukturelle Unterbau. Denn die Kritik seiner deutschen Gegner entzündete sich gerade an diesem Teil. Zu den Strukturen einer Epoche gelangt der Historiker nach Braudel, wenn er die Zeit, die am Denken des Historikers klebt „wie die Erde am Spaten des Gärtners" gleichsam verlangsamt, wenn er die Institutionen, Herrschaftsverhältnisse, wirtschaftliche Konjunkturzyklen, Sozialordnungen in sehr lange andauernden Zeitläufen betrachtet (la longue dure). Die Strukturgeschichte steht zwischen der Ereignisgeschichte (histoire vnementielle), die nur eine schnelle und oberflächliche Zeitabfolge in einer Richtung kennt, und den Produkten der Soziologen, die sich das geschichtliche „Leben wie einen Mechanismus vorstellen, dessen Bewegung man anhalten kann, um in aller Ruhe ein unbewegliches Bild davon zu präsentieren“ Der Historiker soll die gesellschaftliche und historische Wirklichkeit weder extrem in der einen noch in der anderen Richtung betrachten. In der „histoire lentement rythme" enthüllt sich die gesamte Lebens-wirklichkeit eines Kulturraumes und deren Veränderungen. In dieser Geschichte haben alle Faktoren mit Langzeitwirkung, wie z. B. das Klima, die Bodenbeschaffenheit, die Wirtschaftsstruktur usw., Platz, die auch die politische Geschichte mitbestimmen. Braudels Werk fand starke Beachtung bei den jüngeren Historikern der Bundesrepublik und förderte die Annäherung zwischen Sozial-und Geschichtswissenschaft.

Kooperation zwischen Geschichte und Sozialwissenschaft

Diese Annäherung, die auf dem Historikertag zu Marburg (1951) mit Referaten von Freyer, Landshut und Schieder begonnen hatte, nahm ihren Fortgang. Vor allem drei Historiker trieben die Kooperation voran: Otto Brunner, Werner Conze und Theodor Schieder. Brunner übernahm von Braudel den Begriff Strukturgeschichte und modifizierte ihn, Conze prägte den Begriff Sozialgeschichte, und zwar im Sinne einer Geschichte, die über eine Sektorwissenschaft Geschichte des Sozialen (Arbeiterbewegung, soziale Frage) hinausgeht und die historische Wirklichkeit und deren Veränderung vor allem auf dem Hintergrund von Kollektivphänomenen und gesellschaftlichen Strukturen erfaßt. Jürgen Kocka untersucht in seiner Arbeit „Sozialgeschichte — Strukturgeschichte — Gesellschaftsgeschichte" (1975) diesen vielgebrauchten Begriff und kommt zunächst zu der Feststellung, daß es ihm an Klarheit und Präzision fehle. Als wichtigste Begriffsinhalte legt er dann folgendes fest: ä) . daß er auf alle Bereiche geschichtlicher Wirklichkeit angewandt werden kann, also auf den Bereich des Sozialen wie auf den der Politik, auf die ökonomische Entwicklung wie auf das Reich der Ideen etc.“ b) Für diese Betrachtungsweise stehen die „Verhältnisse" und „Zustände“, die überindividuellen Entwicklungen und Prozesse, weniger die einzelnen Ereignisse und Personen im Vordergrund; sie lenkt den Blick eher auf die Bedingungen, Spielräume und Möglichkeiten als auf die menschlichen Handlungen selber, sie beleuchtet eher Kollektiv-phänomene als Individualitäten, sie macht Wirklichkeitsbereiche und Phänomene zum Gegenstand der Forschung, die eher durch Beschreibung und Erklärung als durch hermeneutisch-individualisierendes Sinnverstehen zu erschließen sind; sie interessiert sich vor allem für die relativ dauerhaften, . harten', nur schwer veränderbaren Phänomene, für Wirklichkeitsschichten mit langsamer oder sehr langsamer Veränderungsgeschwindigkeit, nicht so sehr für Wirklichkeitsbereiche, die sich schnell ändern und Wandlungsanstößen nur geringen Widerstand entgegenstellen, c)

Schließlich zielt diese Betrachtungsweise oft auf die Erfassung übergreifender Zusammenhänge, das heißt „auf den gesamtgeschichtlichen Prozeß in seinem synchronen, wohl aber auch in seinem diachronen Zusammenhang"

Theodor Schieder untersucht aufs neue die Möglichkeiten für die Anwendung des Typus-begriffs in der Geschichtsforschung und verbindet diesen mit dem Strukturbegriff. Die von ihm entwickelten drei Arten von Typenbildung sind: „ 1.der Strukturtypus — zur begrifflichen Erfassung sozialer und politischer Strukturen (für geschichtliche Erscheinungen in Ruhe), 2.der Verlaufstypus — zur Kennzeichnung überindividueller Ereignisfolgen, 3.

der Gestalttypus — zur Herausarbeitung der überindividuellen Züge bei historischen Persönlichkeiten" sie sollen der Analyse der historischen Wirklichkeit in dem Sinne dienen, daß sowohl die Bedeutung der übergreifenden sozialen Strukturen als auch die der Persönlichkeiten erkannt und dargestellt wird.

Hans Freyer fordert die Erfassung der gesellschaftlichen Wirklichkeit mit Hilfe historischer und soziologischer Begriffsbildung, da diese Geschehen und Ordnung zugleich sei. Sozialwissenschaften und Geschichte erscheinen so aufeinander zugeordnet und angewiesen, obwohl ihre unterschiedlichen Forschungsansätze nicht übersehen werden dürfen.

Ralf Dahrendorf hat dies treffend formuliert: „Der Versuch der soziologischen Theorie geht dahin, den Fluß der Geschichte zum Stehen zu bringen, ihr Material durch den erkennenden, ordnenden, rationalisierenden Geist der Wissenschaft in einen Strukturzusammenhang zu erheben und damit den Menschen aus der passiven Eingebundenheit in die Geschichte zu befreien. Das Dilemma der Theorie liegt in dem Problem, wie das Element der Bewegung, des Konfliktes und des Wandels auf der Ebene der analytischen Abstraktion wieder in ihre Modelle eingefügt werden kann, das heißt, wie theoretische Analyse dem wesentlich prozessualen Charakter der sozialen Realität gerecht werden kann."

Auf dem Freiburger Historikertag 1967 wurde die interdisziplinäre Diskussion fortgesetzt. Schieder sprach von der Annäherung komplementärer, aber autonomer Disziplinen, Borchardt vom Konzept der „arbeitsteiligen Einheit“. Hans Mommsen forderte zunächst noch die Lösung einer Reihe von Problemen, die sich mit der Übernahme sozialwissenschaftlicher Modelle für den Historiker ergäben. Schulze weist auf die große Offenheit hin, die seither die Diskussion zwischen beiden Gruppen bestimmt. Seitdem gäbe es eine echte Kooperation zwischen beiden Disziplinen, vor allem seit 1971 an den neugegründeten Universitäten mit „gesellschaftswissenschaftlichen" Fachbereichen. Andererseits hatten die Geschichtswissenschaftler durch strenge Selbst-reflexion ihr Selbstbewußtsein zurückgewonnen, so daß sie gegenüber den Sozialwissenschaftlern erneut die Notwendigkeit spezifisch historischer Betrachtungsweisen gegenüber bestimmten Phänomenen vergangener Epochen betonten. Es wurden u. a. gefordert: Erstens die Beachtung der Singularität von Erscheinungen, zweitens die Beachtung der nicht restlosen Reduzierbarkeit personeller Entscheidungen auf gesellschaftliche Strukturen, drittens die Beachtung der Resultate vergleichender quellenkritischer Forschung, die ein Eliminieren von Fakten um einer System-bildung willen nicht zulassen darf. Ferner wird gefordert, daß politische Phänomene fremder Epochen mit Hilfe historischer Theorien zu erfassen und nicht mit solchen, die allzu stark von der Gegenwart her gedacht sind.

Christian Meyer macht das Letztere am Beispiel der römischen Republik klar, in der System, Funktion, Wirken und Bedeutung der Parteien nicht von den modernen Parteien her verstanden werden können, sondern einer besonderen historischen Parteientheorie bedürfen.

In diesem Zusammenhang mag das Urteil des marxistischen englischen Historikers Eric J. Hobsbawn über die Arbeitsweise von Historikern und Sozialwissenschaftlern von Interesse sein. Hobsbawn, der daran erinnert, daß Marx nicht nur auf die Feststellung der Existenz gesellschaftlicher Strukturen, sondern auch auf diejenige der inneren Dynamik ihrer Veränderungen Wert gelegt habe, tadelt die oft äußerst mechanische Arbeitsweise vieler Sozialwissenschaftler besonders in den Vereinigten Staaten. Im Theoretischen arbeiteten sie mit zu vereinfachten Methoden; sie führten den Prozeß der Geschichte auf einen einzigen Wechsel von der „traditionellen" zur „modernen" bzw. „industriellen" Gesellschaft zurück. Ihre „Modelle lassen das meiste weg, damit man sich auf eine kleine, wenn auch zugegebenerweise lebenswichtige Zeitspanne konzentrieren kann, und vereinfachen und vergröbern dabei selbst in dieser kleinen Zeitspanne die Mechanismen historischer Veränderungen übermäßig" Ferner wirft er den funktionalen und strukturalen Theorien, die Historizität überhaupt leugnen oder „sie in etwas anderes umwandeln“ Unfruchtbarkeit vor. Die grundlegende Frage der Geschichtswissenschaft beziehe sich auf den Entwicklungsprozeß der Menschheit, sie müsse nach den Mechanismen der Transformation von einer Gesellschaftsform in eine andere fragen. Die meisten funktional-strukturalen Analysen beschränkten sich aber auf einen statischen Zu-stand der Gesellschaft. Schließlich wendet sich Hobsbawn gegen diejenige Gruppe der vulgärmarxistischen Sozialwissenschaftler, die zwar in ihre Theorien Elemente der Erklärung für eine Veränderung der gesellschaftlichen Systeme einbauen, die aber der Meinung sind, daß alle Veränderung einem bestimmten Modell von Gesellschaftssystem zustrebe. M. RainerLepsiusforderte 1968 in seinem Diskussionsbeitrag zu einer Tagung des Arbeitskreises für moderne Sozialgeschichte, daß die Geschichtswissenschaft eine Art Kontrollfunktion ausüben müsse gegenüber soziologischen Theorien, in denen der häufige Gebrauch von Typenbegriffen wie „Ständegesellschaft und Klassengesellschaft, Feudalismus und Kapitalismus... heute zu inhaltsleeren, sich jeder historischen Konkretisierung entziehenden Epochebegriffen verfestigt und in soziologischen Darstellungen in unerträglicher Bedeutungsverschwommenheit auftreten" „Soziologisch informierte Geschichtsforschung ... hätte eine wichtige Aufgabe für den soziologischen Erkenntnisfortschritt zu übernehmen: durch den Aufweis der Aussagegrenzen soziologischer Theorien in komplexen Erklärungssituationen, durch den Nachweis unangemessener Kontextinterpretationen durch Soziologen, durch die Konfrontation deduzierter Typologien mit der empirischen Wirklichkeit, durch die Destruktion systematischer Klassifikationen, die den ästhetischen Bedürfnissen von Soziologen oft mehr entsprächen, als sie der Erfassung von historischen Konstellationen dienen."

Die Frage nach einer Kooperation beider Disziplinen wird heute grundsätzlich mit ja beantwortet Darüber hinaus stellt sich die Frage nach der Funktion der Geschichtsforschung für die Gesellschaft und nach ihrem Sinn. Die Gesellschaft in der Bundesrepublik, so Lepsius, gestehe der Geschichtswissenschaft eine dominante Rolle bei der Deutung der jüngsten Vergangenheit zu. Das Interesse der Öffentlichkeit an historischen Arbeiten über den Nationalsozialismus und die Weimarer Republik hat tatsächlich in jüngster Zeit stark zugenommen. Lepsius sieht allerdings ein Nachlassen des Interesses voraus, wenn diese Epoche an Aktualität verloren haben wird und die deutsche Geschichtswissenschaft sich nicht auch der Analyse von über Mitteleuropa hinausgehenden historischen Entwicklungen annehmen wird. Gegenwärtig weckten gesellschaftsbezogene Forschung und Erkenntnisse zwar ein vorrangiges Interesse, besonders im Hinblick auf Umgestaltungsaufgaben, der historische Vergleich mit anderen gesellschaftlichen Verhältnissen aber sei wichtig, um ideologisch verengte Konstrukte und Projekte zu vermeiden. Der Zeitraum für eine vergleichende Geschichtswissenschaft könne nicht groß genug sein. „Der Wert der Geschichte liegt ja auch gerade darin, alternative gesellschaftliche, politische, ökonomische und kulturelle Organisationsformen menschlichen Daseins exemplarisch vorzuführen und damit eine Erweiterung der Bezugssysteme für die Wahrnehmung und Beurteilung der Gegenwart zu bewirken."

Gedanken über Sinn und Bedeutung der Geschichte

Die Frage nach dem Sinn der Geschichte in der Bedeutung einer in der Weltgeschichte selbst verborgenen transzendenten Steuerung der Ereignisse auf ein Ziel hin, wie er noch für Hegel oder Toynbee vorhanden war, wird von den modernen Historikern mit „nein“ beantwortet. So heißt es kurz und klar in Karl Poppers Aufsatz auf die Frage: „Hat die Weltgeschichte einen Sinn?" „Die Weltgeschichte hat keinen Sinn.“ Sinn kann für Popper nur als Aufgabe für den Menschen verstanden werden, Vernünftigkeit in die Welt einzuführen. Eine Hilfe dazu kann die kritische Beschäftigung mit der Vergangenheit geben, die jede Generation neu interpretieren müsse. Denn „wir möchten wissen, in welcher Beziehung unsere Schwierigkeiten zur Vergangenheit stehen, wir möchten den Weg sehen, auf dem wir zur Lösung der von uns erfühlten und erwählten Hauptaufgaben fortschreiten können" Die Erkenntnis der Verbindung von geschichtlicher Gegenwart mit der Vergangenheit einerseits und der Zukunft andererseits und der Wunsch, Gegenwärtiges zu verändern, drängt zur Erforschung des Vergangenen, wenn auch, wie Koselleck es formuliert, „keine unmittelbare Handlungsanweisungen für morgen“ von der Geschichtswissenschaft geliefert werden können.

Jürgen Kocka hat 1977 in einem Diskussionsbeitrag zum Thema „Gesellschaftliche Funktionen der Geschichtswissenschaft" sieben Punkte genannt, die Sinn und Bedeutung historischer Forschung für die Gesellschaft aufzeigen. Kurz zusammengefaßt lauten die Aufgaben: 1. Historische Erkenntnis ist „unabdingbar für das Verständnis, die Erklärung und damit für die richtige praktische Behandlung einzelner Gegenwartsphänomene, indem sie deren (historische) Ursachen und Entwicklungen aufdeckt"

2. Sie ist Vermittlerin modellhafter Kategorien und Einsichten aus entfernteren (wenn auch nicht allzu entfernten) Gegenstandsbereichen, mit denen gegenwärtige Phänomene nicht kausal verbunden sein müssen, deren Prozesse aber „aus gewisser Distanz besser begriffen und demonstriert werden können und damit gegenwärtige eher verständlich machen" 3. Es wird zunächst auf die bedeutende Rolle der „historischen Erinnerung“ in vielen Staaten hingewiesen (200-Jahrfeier in den Vereinigten Staaten, Pflege der präkolumbianisehen Traditionen in Mexiko). Die „historische Erinnerung" aber werde oft zu politischen Zwecken erst geweckt oder wachgehalten oder in eine bestimmte Richtung gelenkt, wobei „mit der historischen Wahrheit nicht gerade zimperlich umgegangen" werde Hier müsse die rationale, mit wissenschaftlichen Methoden arbeitende Historie eine Kontrollfunktion übernehmen.

4. Historische Erfahrung sehr weit entfernter fremder Kulturen vermehre das Wissen um die Vielfalt menschlicher Existenzformen und bewirke im Vergleich zu den gegenwärtigen ein Bewußtsein von Alternativen, das Anstöße geben könne zu einer Prüfung unserer eigenen sozialen und politischen Wirklichkeit im Hinblick auf andere Möglichkeiten.

5. Als Folgerung des in Punkt 4 Gesagten wird trotz einer Akzentuierung der neuen und neuesten Geschichte ein möglichst breites historisches Bewußtsein postuliert.

6. Die Bedeutung der Geschichtswissenschaft wird als notwendiges Korrektiv zu den gene-ralisierenden und systematisierenden Sozial-wissenschaften gesehen, wie dies bei einer Reihe anderer moderner Historiker der Fall ist Sie erziehe besser als die Sozialwissenschaften zu konkretem Denken. Die differenzierte historische Analyse des Einzelfalles verhindere die „Neigung, die Wirklichkeit lediglich unter Prinzipien und Totalentwürfen zu begreifen" 51). Hier wäre auch 1. Berlin zu nennen, der am Beispiel der Französischen Revolution den Unterschied zwischen soziologischer und historischer Erklärungs-und Darstellungsweise aufweist 7. Zu diesen sechs Funktionen der Geschichtswissenschaft für die Gesellschaft, die alle auf die Verwertbarkeit von historischen Erkenntnissen hinauslaufen — als direkte oder indirekte Hilfe bei der Erklärung politischer oder gesellschaftlicher Wirklichkeiten der Gegenwart und als Hilfe zur Findung von Möglichkeiten und Wegen bei erkannter Notwendigkeit einer Veränderung —, fügt Kocka als weitere die weckfreie Beschäftigung mit Historie als Vergnügen bereitende Freizeitbeschäftigung an. (Sicherlich eine Funktion, bei der der Rahmen der Wissenschaftlichkeit nicht unbedingt gewahrt bleibt.) Kocka verzichtet darauf, der Geschichte die Funktion von Identitätsfindung zuzuschreiben, da für ihn dieser Begriff nicht klar genug definiert sei. Identitätsherstellung werde oft versucht mit Hilfe von verwissenschaftlichen Traditionen.

Für Jörn Rüsen dagegen ist Geschichtswissenschaft „eine institutionalisierte Erinnerungsleistung", die für eine zukunftsfähige Selbst-identifizierung der sie tragenden Gesellschaft notwendig ist Allerdings muß diese „durch Geschichtswissenschaft erbrachte Erinnerung vernünftig" sein Dazu bedarf es einer ständigen intensiven Selbstreflexion der Geschichtswissenschaft. Die systematische Selbstreflexion der Geschichtswissenschaft wiederum ist Aufgabe der „Historik", der die Aufgabe zufällt, ständig die Grundlagen der Geschichtswissenschaft zu überprüfen und der Frage nachzugehen, ob und wieweit gesellschaftliche Veränderungen auch die Grundlagen der Wissenschaft mit verändern und ob die gewandelten Grundlagen nicht auch Erkenntnisfortschritte im Sinne der Geschichtswissenschaft gebracht haben.

Der Prozeß der Selbstreflexion der Geschichtswissenschaft hat den Methodenstreit weitgehend geklärt. Fest steht, daß zur Wahrheitsfindung in der Erforschung der Probleme der menschlichen Gesellschaft und ihrer Entwicklung in der Zeit die Methoden beider Disziplinen angewandt werden müssen: die der Sozialwissenschaften mit ihrem auf die Findung allgemeiner Gesetze ausgerichteten Erkenntnisziel und diejenigen einer Geschichtsschreibung, die auf die Herausarbeitung der individuellen Besonderheiten der Erscheinungen unserer menschlichen Lebenswirklichkeit in den verschiedenen Zeiten angelegt ist. Emst Topitsch formulierte 1956 die gegenwärtige Abhängigkeit der beiden Disziplinen so: „Geschichte ohne Soziologie ist blind. Soziologie ohne Geschichte ist leer." * H. U. Wehler fordert in der Einleitung zu „Moderne deutsche Sozialgeschichte" ständige kritische Selbstreflexe nicht nur für die Historiker im engeren Sinne, sondern auch für die Sozialwissenschaftler, die Sozialgeschichte treiben, damit nicht an Stelle „der obrigkeitsgläubigen, staatsfrommen Geschichtsschreibung“ der Vergangenheit der „ebenso bedrohliche Irrweg einer unkritisch historisch vorgehenden Sozialgeschichte" trete.

Damit ist schon gesagt, was das „Fach Geschichte" nicht sein darf. Um der Wahrheitsfindung willen darf es keine anderen als wissenschaftlichen Antriebe für historische Forschung und Lehre geben. Das „Fach Geschichte" darf weder dem Zweck einer politischen Erziehung zu nationalistischer Gesinnung dienen, noch darf es helfen, den Boden für die Bildung neuer Ideologien zu bereiten. Der Lehrende muß dem Lernenden die Resultate seiner Forschung mit aller Offenheit und Entschiedenheit ohne Beschönigung oder Weglassung einzelner Fakten darlegen.

Oft werden in der Beschäftigung mit Geschichte Entscheidungshilfen für die Gegenwart und Zukunft gesucht Das kann natürlich nicht heißen, daß man in der Geschichte konkrete Handlungsanweisungen für bestimmte Situationen finden kann. In dem Gespräch, das Bundeskanzler Helmut Schmidt auf der diesjährigen Berliner Funkausstellung mit Bürgern führte, äußerte eine junge Gesprächsteilnehmerin für ihre Generation die Befürchtung, in der Zukunft möglicherweise ebenso wie ihre Eltern politische Fehlentscheidungen treffen zu können. Die Antwort konnte sinngemäß nur lauten, daß eine historische Aufar-beitung der Geschichte lediglich zu der Erkenntnis führen kann, wie man es nicht machen darf. Praktische Einzelvorschriften sind nicht zu gewinnen, aber nur eine durch historische und gesellschaftliche Kenntnisse geschärfte historische Vernunft vermag frei von geistigen Zwängen sinnvolle Entscheidungen in jeweils neuen Situationen zu fällen.

Beschäftigung mit Geschichte sollte aber auch nicht nur auf die jüngste deutsche Zeitgeschichte: Weimarer Republik, Nationalsozialismus, Zweiter Weltkrieg — so notwendig dies ist — beschränkt bleiben. M. Rainer Lepsius fordert eine Erweiterung der „Objektauswahl der historischen Forschung" über die mitteleuropäischen Entwicklungen hinaus, z. B. die Erforschung der Unterschiede in den westlichen und östlichen Gesellschaften und der „Dritten Welt". Erst eine solche komparative Analyse der gesellschaftlichen, politischen und historischen Gegebenheiten werde die Bedeutsamkeit der Geschichtswissenschaft erhöhen. Der Verfasser fügt hinzu: wahrscheinlich auch das Interesse der jungen Generation. Der ehemalige Bundespräsident Walter Scheel und sein Nachfolger Karl Carstens haben beide auf die Notwendigkeit für das deutsche Volk hingewiesen, sich wieder einer intensiven Beschäftigung mit der Geschichte zuzuwenden, sicherlich um der Selbsterkenntnis und Selbstfindung, aber auch um des Verständnisses für andere Völker und Gruppen der menschlichen Gesellschaft willen. Das Studium der Geschichte kann das Bewußtsein wecken von den Möglichkeiten des Zusammenlebens, der Konfliktvermeidung, der Hilfeleistung zur Gestaltung von lebenswertem Leben in der gesamten Völkergemeinschaft.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Jacob Burckhardt, Weltgeschichtliche Betrachtungen. Mit einem Nachwort von Alfred v. Martin, Krefeld 1948, hier . Nachwort S. 303

  2. Friedrich Nietzsche, Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben, in: Friedrich Nietzsches Werke, Auswahl in zwei Bänden, Band 1, Stuttgart 1939, S. 31.

  3. Karl Brandi, Geschichte der Geschichtswissenschaft, Universitätsverlag Bonn 1947, S. 110.

  4. Zit. nach Brandi, a. a. O„ S. l 10/111

  5. Von den schöpferischen Kräften der Weltgeschichte heißt es: „Sie blühen auf, nehmen die Welt ein, treten heraus in dem mannigfaltigsten Ausdruck, bestreiten, beschränken, überwältigen einan-der, in ihrer Wechselwirkung und Aufeinanderfolge, in ihrem Leben, ihrem Vorgehen oder ihrer Wiederbelebung, die dann immer größere Fülle, höhere Bedeutung, weiteren Umfang in sich schließt, liegt das Geheimnis der Weltgeschichte.“ L. v. Rauke Die großen Mächte (1833), S. 51/52; hrsg. v. Hans Hot mann, Kröners Taschenbuchausgabe.

  6. Wilhelm Windelband, Lehrbuch der Geschichte der Philosophie, Tübingen 1935, S. 517.

  7. Reinhart Koselleck, Wozu noch Historie, in: Historische Zeitschrift 212 (1971), S. 1— 18.

  8. Zit. nach K. Brandi, a. a. O., S. 107.

  9. Zit. nach Brandi, a. a. O., S. 109.

  10. Hans-Ulrich Wehler (Hrsg.), Moderne deutsche Sozialgeschichte, Köln 1976, S. 11.

  11. J. Burckhardt, a. a. O„ S. 10.

  12. Zit. nach H. -U. Wehler, a. a. O.. S. 10.

  13. Karl Lamprecht, Das Arbeitsgebiet geschichtlicher Forschung, in: Die Zukunft, Jhrg. IV (1896), Nr. 27, S. 2.

  14. Ebenda, S. 25.

  15. Ebenda.

  16. K Lamprecht, Deutsche Geschichte, Bd. 4, Berlin 1921s, S. 133f.

  17. Ebenda.

  18. Georg v. Below, Deutsche Geschichtsschreibung von den Befreiungskriegen bis zu unseren Tagen, Berhin-München 19242, Vorwort S. IX.

  19. Zit nach Schulze, a. a. O„ S. 31.

  20. ebenda.

  21. Gerhard Ritter, Gegenwärtige Lage und Zukunftsaussichten deutscher Geschichtswissenschaft, Historische Zeitschrift 170 (1950), S. 7f.

  22. Auszugsweise Wiedergabe bei W. Schulze, Soziologie und Geschichtswissenschaft, S. 96/97.

  23. Ebenda, S. 97.

  24. Gustav Schmöller, Uber einige Grundfragen der Sozialpolitik und der Volkswirtschaftslehre, Leipzig 19042, S. 315— 317.

  25. Ebenda, S. 319.

  26. Otto Hintze, Soziologie und Geschichte. Gesammelte Abhandlungen zur Soziologie, Politik und Theorie der Geschichte, Hrsg. G. Oestreich (Gesammelte Abhandlungen Bd. 2), Göttingen 1964, S. 320.

  27. Ebenda, S. 249.

  28. Ebenda, S. 251.

  29. Max Weber, Gesammelte Aufsätze zur Wissen-19512ssehr Hrsg. J. Winckelmann, Tübingen

  30. Ebenda, S. 545f.

  31. Isaiah Berlin, Geschichte als Wissenschaft, in: Seminar: Geschichte und Theorie (Hrsg. Hans Michael Baumgartner u. Jörn Rüsen), Frankfurt/M. 1976, S. 210.

  32. Fernand Braudel, Histoire et sociologie, zit nach W. Schulze, a. a. O., S. 74.

  33. F. Braudel, Longue dure, zit. nach Schulze, S. 74.

  34. Ebenda.

  35. Jürgen Kocka, Sozialgeschichte — Strukturgeschichte — Gesellschaftsgeschichte, in: Archiv für Sozialgeschichte, XV. Bd., 1975, S. 20.

  36. Ebenda.

  37. Theodor Schieder, Der Typus in der GeschichtsWissenschaft, zit nach W. Schulze, a. a. O., S. 103.

  38. Ralf Dahrendorf, Pfade aus Utopia. Arbeiten zur Theorie und Methode der Soziologie, München 1967, S. 238.

  39. E. J. Hobsbawn, Karl Marx'Beitrag zur Geschichtsschreibung, in: Seminar: Geschichte und Theorie, S. 149.

  40. Ebenda.

  41. M. Rainer Lepsius, Zum Verhältnis von Geschichtswissenschaft und Soziologie, in: Seminar: Geschichte und Theorie, S. 136.

  42. Ebenda.

  43. Ebenda, S. 137.

  44. Karl Popper, Hat die Weltgeschichte einen Sinn?, in: Seminar: Geschichte und Theorie, S. 317.

  45. Ebenda, S. 316.

  46. Reinhart Kosseleck, Wozu noch Historie?, in: Geschichte und Theorie, S. 28.

  47. Jürgen Kocka, Gesellschaftliche Funktion der Geschichtswissenschaft, in: W. Oelmüller (Hrsg.), Wozu noch Geschichte? Kritische Information 53, München 1977, S. 24.

  48. Ebenda, S. 25.

  49. Ebenda, S. 26.

  50. Ebenda, S. 29.

  51. Ernst Topitsch, Geschichtswissenschaft und Soziologie, hier zit. nach W. Schulze, a. a. O„ S. 12.

Weitere Inhalte

Horst Ueberhorst, Dr. phil., geb. 1925 in Bochum; Studium der Philologie; 1965 mit dem Aufbau und der Leitung des Instituts für Leibesübungen der Ruhr-Universität Bochum beauftragt, 1967 Ernennung zum Institutsdirektor; 1969— 1970 Sportreferent der Landesregierung im Kultusministerium Düsseldorf; seit 1970 o. Prof, an der Ruhr-Universität Bochum; 1972 Auszeichnung im Internationalen Carl-Diem-Wettbewerb; Mitglied der Internationalen Olympischen Akademie und der American Academy of Physikal Education. Veröffentlichungen u. a.: Elite für die Diktatur. Die Nationalpolitischen Erziehungsanstalten 1933 bis 1945, Düsseldorf 1969; Frisch, Frei, Stark und Treu. Die Arbeitersportbewegung in Deutschland 1893— 1933, Düsseldorf 1973; Edmund Neuendorff — Turnführer ins Dritte Reich, Berlin 1970; Turner unterm Sternenbanner. Der Kampf der deutsch-amerikanischen Turner für Einheit, Freiheit und soziale Gerechtigkeit (1848— 1918), München 1979; Geschichte der Leibesübungen, 5 Bände, Berlin 1972— 1978.