Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Neuere Entwicklungstendenzen im französischen Parteiensystem | APuZ 9/1980 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 9/1980 Artikel 1 Nationalismus und transnationale Integrationsprozesse in der Gegenwart Das Europäische Parlament ein halbes Jahr nach seiner Wahl Neuere Entwicklungstendenzen im französischen Parteiensystem

Neuere Entwicklungstendenzen im französischen Parteiensystem

Udo Kempf

/ 21 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Frankreichs Parteiensystem hat sich seit den Parlamentswahlen im März 1978 verändert Zwar besteht die alte Regierungskoalition nach wie vor, doch sind die Brüche, die sich schon seit Chiracs Ausscheiden aus dem Amt des Premierministers im Sommer 1976 abzeichneten, nun noch deutlicher geworden. Die Gaullisten bemühen sich, innerhalb der Regierungsmehrheit aus RPR, Republikanern und Zentristen deutlich auf Distanz zu Giscard d'Estaings Außen-, Wirtschafts-und Sozialpolitik zu gehen. Andererseits ist ihr innenpolitisches Gewicht seit ihrer Niederlage bei den Europawahlen gesunken, ohne daß es aberdem Staatspräsidenten gelungen ist, im Sinne einer „Öffnung nach links" einen Ersatz zu finden. Die Opposition bildet momentan keine Gefahr für die Regierung. Nach dem Gutheißendes sowjetischen Überfalls auf Afghanistan durch die französischen Kommunisten ist das Linksbündnis endgültig zerbrochen, obwohl Mitterrand auf dem letzten Parteitag an ihm festhielt, um bei den Präsidentschaftswahlen im Frühjahr 1981 die kommunistischen Stimmen im zweiten Wahlgang für sich gewinnen zu können. Doch auch hier scheint die KPF dem Führer der Sozialisten schon eine Absage erteilt zu haben. Für sie wäre eine Neuauflage der Linksunion nur denkbar, wenn sie in ihr nicht den Juniorpartner zu spielen hätte.

Das französische Parteiensystem scheint sich seitden Wahlen zur Nationalversammlung im März 1978 vordergründig kaum verändert zu haben: Die alte Regierungskoalition wurde von den Wählern bestätigt; Premierminister Raymond Barre blieb im Amt; eine Erweiterung dieser Regierungsmehrheit nach links, ih. die vom Staatspräsidenten gewünschte . Öffnung nach links“, blieb — sieht man von wenigen Einzelpersönlichkeiten einmal ab — aus. Sozialisten, Kommunisten und linke Radikalsozialisten bilden wieder die Opposition im Palais Bourbon.

Bei näherer Betrachtung hat sich aber seit Herbst 1977 eine nachhaltige Veränderung ergeben: Das sich seit 1965 allmählich abzeichnende Bündnis zwischen Kommunisten und Sozialisten scheint seit März 1978 endgültig zerbrochen zu sein. Sozialisten und Kommunisten befehden sich heftiger als jemals zuvor und werfen sich gegenseitig vor, den Bruch des Linksbündnisses und damit den Verlust des greifbar nahen Wahlsieges bewirkt zu haben.

Im Lager der Regierungsmehrheit sind die Gaullisten erneut in einen Dauerkleinkrieg gegen ihre Koalitionspartner, den Premierminister und besonders den Staatspräsidenten eingetreten. Jüngster Höhepunkt dieses seit nunmehr drei Jahren anhaltendes Zwistes im Regierungslager ist die Ablehung des Staats-Haushaltes 1980 durch die gaullistische Frakyon gewesen. Nur durch die Koppelung der ertrauensfrage mit Jem Haushaltsgesetz ge®g es Premierminister Barre, den Haushalt 0 verabschieden zu lassen. Damit haben si® zum wiederholten Male seit Giscards Amtsantritt die Gaullisten gegen die eigene " egierung gestellt.

nter Berücksichtigung solcher Entwickvegtendenzen soll nun im folgenden gefragt — und wie sich die bisherigen Parteien-bzw. Wahlbündnisse entwickeln können.

I.

Zunächst ist in sehr geraffter Form die Ausgangslage vor den letzten Wahlen zur Nationalversammlung zu skizzieren ohne die die jetzige innerpolitische Situation kaum zu verstehen ist Die im März 1978 abgehaltenen Wahlen galten als eines der wichtigsten innenpolitischen Ereignisse in der zwanzigjährigen Geschichte der V. Republik. Erstmals seit 1947, als der Beginn des Kalten Krieges die Kommunisten in die Opposition und fast völlige Isolierung verwies, bestand eine realistische Chance, daß es wieder kommunistische Minister geben würde. Der Vormarsch der Linksparteien schien unaufhaltsam. Sämtliche Meinungsumfragen sagten den Wahlsieg der Linken voraus. Die Kantonaiswahlen von 1976 und die Gemeinderatswahlen von 1977 brachten einen wahren Erdrutsch zugunsten der Linken.

Die seit 1958 fortschreitende Polarisierung im französischen Part^iensystem, die durch das absolute Mehrheitswahlsystem und die Volkswahl des Staatspräsidenten begünstigt wurde und zur Herausbildung von zwei sich in klarer und scharfer Konfrontation gegenüberstehenden Lagern geführt hatte, schien für die Links-union aus Sozialisten, Kommunisten und linken Radikalsozialisten endlich den erhofften Machtwechsel zu bringen und die regierende liberal-konservative, bürgerliche Koalition auf die Oppositionsbänke zu verbannen.

In dieser für die Linke geradezu euphorischen Stimmung veränderte sich die politische Landschaft Frankreichs schlagartig durch den Streit der drei Linksparteien über die Aktualidaosdie Gründe für die Meinungsverschieeiten sowohl im Regierungslager als auch 1 er Opposition zu suchen sind, awlche zwischenparteilichen und innerparc en Auswirkungen sie zeigensierung des 1972 abgeschlossenen Regierungsprogramms, das im Falle einer Regierungsübernahme durch die Linke eine Art detailliert ausgearbeiteten Koalitionsvertrag bedeutete

Dieses Gemeinsame Regierungsprogramm ließ viele Fragen offen: etwa die Regelung der Entschädigung für die geplanten Enteignungen im Versicherungs-und Bankenwesen, in der Chemie-, Rüstungs-und Automobilindustrie, die Modalitäten der innerbetrieblichen Mitsprache von Gewerkschaften und Arbeitnehmern („autogestion"), die Haltung gegenüber den europäischen Institutionen. Außerdem erwies sich eine Aktualisierung des alten Textes u. a. schon wegen der seit 1975 auch in Frankreich immer spürbarer werdenden Wirtschaftsrezession als unumgänglich Nach monatelanger Vorarbeit von Kommissionen sollten die Parteispitzen die noch offenen Punkte auf höchster Ebene regeln. Doch die Verhandlungen scheiterten im September 1977, u. a. weil die Kommunisten die Verstaatlichungen in einem Maße ausgeweitet wissen wollten, das ihren Partnern unannehmbar erschien. Die Aktionseinheit der Linken ist seither zerstört, das gemeinsame Regierungsprogramm, „dieser Mühlstein um unseren Hals" (so Pierre Mauroy nach der Wahl), hat nur noch episodischen Charakter.

Die Frage, warum die KPF die Verhandlungen mit ihren Partnern platzen ließ und damit den Sieg der Linken verspielte, läßt sich aller Wahrscheinlichkeit nach folgendermaßen beantworten: Vermutlich diente die ohne jeden Grund hochgespielte Verstaatlichungsdebatte sowie die Frage um die von den Kommunisten beanspruchten-Ministerien nur als Vorwand, hinter dem sich ein vorheriger Beschluß des Politbüros verbarg.

Aller Wahrscheinlichkeit nach war und ist die KPF nicht bereit, die Führungsrolle innerhalb des linken Lagers an die Sozialisten abzugeben. Marchais'Trauma, die Sozialisten hätten mit einem erheblichen Stimmenvorsprung an der KPF vorbeiziehen können, hat sich zwar bei den Wahlen im März 1978 nicht in dem Maße bewahrheitet, kann aber als der ent-scheidende Grund für den Bruch angesel werden. Das Gemeinsame Regierungsr gramm hatte nicht den Kommunisten, sond ausschließlich den Sozialisten Erfolge Wahlen gebracht. Mit anderen Worten: I KPF lief Gefahr, bei Aufrechterhaltung Gemeinsamen Regierungsprogramms Minderheit im Lager der Linken zu wert Sie mußte befürchten, daß ein Teil ihrer bis rigen Wähler zu den Sozialisten überwech te. Meinungsumfragen gaben der KPF ni einmal mehr 20 Prozent. Damit schien Rolle der Avantgarde gefährdet. In der hatten sich hinter Mitterrand und seiner I tei viele Protestwähler geschart, weil die zialistische Partei ihnen als Alternative zu nem konservativen Regierungschef, aber a als Garant gegen ein Abgleiten in den Koll tivismus galt bzw. gilt. (So ist die Sozialistis Partei von ihrer Mitgliederstruktur her a alles andere als eine Arbeiterpartei. Im genteil, ebenso wie ihre Mitgliederstrul entspricht auch ihre Wählerschaft ziem exakt der soziologischen Struktur der Be kerung Die Frage, ob die KPF einen Ein in eine Linksregierung überhaupt gewollt kann nur unter zwei Voraussetzungen pos beantwortet werden: Die KPF wäre einge ten, wenn sie — erstens — stärkste Partei Linken geblieben wäre und dadurch — z tens — ihre politischen und wirtschaftlic Vorstellungen ohne Einschränkungen in ei solchen Regierung hätte verwirklichen nen.

In der zügellosen Polemik, die auf den Br des Linksbündnisses folgte, warf die KPF Sozialisten vor, sie seien von Systemveräl rern zu reformistischen Sozialdemokraten worden, die auf eine Allianz mit den real nären Parteien aus seien. Die Sozialisten l terten, die Kommunisten hätten den Rück zu stalinistischen Verhaltensweisen ange ten und den Bruch bewußt provoziert Graben zwischen beiden Partnern schien mals und scheint auch heute so tief gewor zu sein, daß eine Einigung auf gemeinsame sitionen nur schwer möglich erscheint.

Das Regierungslager, bestehend aus Ga sten, Republikanern, Zentristen und nannten rechten Radikalsozialisten, zeichi sich vor dem entscheidenden Wahlgang “ nicht gerade durch Einigkeit aus. Die Uneinigkeit geht hier weniger auf grundsätzliche ideologische Meinungsverschiedenheiten zurück als auf ein Verfassungsproblem. Denn das den Kern der Verfassung berührende Prinzip, der Staatspräsident könne nur bei einer ihm ergebenen Mehrheit in der Nationalversammlung seine Machtkompetenzen voll entfalten, war erschüttert. Die Verfassung geht nämlich davon aus, daß der Staatschef eine klare Mehrheit im Parlament hinter sich hat, die ihn bedingungslos stützt So hatten die Gaullisten unter de Gaulle und Pompidou nur ein Programm, nämlich sich hinter den Präsidenten und seine Regierung zu scharen. AlsGiscard d’Estaing 1974 in den Elyse-Palast einzog, zerbrach diese Interessenidentität zwischen Präsident und stärkster Regierungspartei. Die Gaullisten wollten ihre politische Identität nicht preisgeben und gingen trotz des aus ihren Reihen kommenden Premierministers auf Kollisionskurs mit dem Präsidenten, der damals wie auch noch heute nur über eine den Gaullisten nicht ebenbürtige Hausmacht verfügt

Der Konflikt kam offen zum Ausbruch, afs der Gaullist Jacques Chirac im August 1976 mit Eklat das Amt des Premierministers niederlegte. Er hatte vom Präsidenten mehr Machtbefugnisse verlangt, als ihm nach der Verfassung und besonders nach der Verfassungsrealitätzustanden. Hinzu kamen sich ständig steigernde Attacken der Altgaullisten auf Giscard dEstaing, so daß Chirac sich vor die Frage gestellt sah, die Politik des Staatspräsidenten gegen starke Kräfte in der Gaullistischen Partei mitzutragen oder sich ganz auf die Seite der 'onihm nach Pompidous Tod reorganisierten partej zu stellen. Er entschied sich für seine sirtei und gegen den Staatspräsidenten. Dar-11 er hinaus vertiefte er den Graben im Regie-dtngslager, als er sich im Dezember 1976 an e Spitze der neu formierten und regeneriertenuaullistenpartei RPR wählen ließ

Seither hat das Wort Koalitionsdisziplin im satlment nur noch begrenzten Wert. Die sa istische Partei folgte nach ihrer gelunge-197 segeneration und Konsolidierung Ende biihrem Parteivorsitzenden Chirac nahezu ^jrei jedem Versuch, die eigene Position, notfalls auch zu Lasten der Regierung und des Staatspräsidenten, auszubauen. Die Gaullisten lassen kaum eine Gelegenheit aus, Staatspräsident Giscard d Estaing vor Augen zu führen, daß sie die stärkste Kraft im Regierungslager waren bzw. sind. Bezogen auf die Wahl 1978 wandten sie sich nicht nur gegen eine gemeinsame Wahlplattform mit den übrigen Parteien, sondern verzichteten zum ersten Mal seit 1962 auf die Aufstellung eines gemeinsamen Kandidaten schon im ersten Wahlgang. Als „Sammlungsbewegung' verstanden sie sich als einzige Alternative gegenüber einer drohenden sozialistisch-kommunistischen Machtübernahme; ideologisch verstehen sie sich damals wie heute als die Wächter der nationalen Unabhängigkeit und als die Garanten der Institutionen der V. Republik. Den Regierungspartnern warfen sie mit ihrem ständigen Liebäugeln zu Teilen der Sozialisten hin Opportunismus und Verrat am gemeinsamen Kampf gegen die Vertreter des Gemeinsamen Regierungsprogramms der Linken vor.

Die Partei des Staatspräsidenten, die Republikaner, hat zwar nach ihrer Reorganisation im Mai 1977 einen beachtlichen Mitgliederzuwachs gewonnen, war aber zum Zeitpunkt der Wahlen sowohl organisatorisch als auch hinsichtlich der Mitgliederstärke und der Ausstrahlung eindeutig den Gaullisten unterlegen Als Partei von Lokalhonoratioren und jungen Technokraten ist es ihr auch bislang nur sehr begrenzt gelungen, sich eine solide Basis im Lande zu verschaffen; auf regionaler Ebene ist die Partei eher unbedeutend; einzig das Ansehen Giscards gibt ihr ein gewisses politisches Profil. Ihr politisches Programm, nahezu deckungsgleich mit Giscards Buch „Französische Demokratie", umreißt der in seiner Vagheit auslegungsfähige Slogan „liberal, zentristisch und europäisch". Es spricht somit hauptsächlich eine Wählerschaft an, die in ihrer konservativ-liberalen Zusammensetzung aus der Mittel-und Großbourgeoisie der der gaullistischen Wähler ähnelt, aber ihr fehlt der populäre Aspekt des Gaullismus Die Absicht der umbenannten und umstrukturierten Republikanischen Partei war es, die Wähler der linken Mitte, die 1974 Giscards Sieg ermöglicht hatten, bei den Kreis-und Gemeindesratswahlen 1976 und 1977 jedoch zur Opposition übergeschwenkt waren, wieder zurückzuholen. Daß ihr dies z. T. gelungen ist, liegt weniger an ihrem Programm als an der Zerstrittenheit der Linken.

Das bei den Republikanern über die relativ unzureichende Basis im Lande Gesagte läßt sich im Grunde auch auf die Zentristen und Radikalsozialisten übertragen. Beide Parteien reichen mit ihrem Apparat kaum über Paris hinaus, leben von einer ruhmreichen Vergangenheit, reiben sich in häufigen internen Querelen auf und leiden unter Mitgliederschwund, weil ihre Positionen oft unklar sind Vor allem aber weigern sie sich, ihr Eigenleben zugunsten einer Partei der Mitte aufzugeben, die dem Präsidenten wirkungsvolle Unterstützung bieten könnte.

II.

Das Wahlergebnis brachte den Regierungsparteien eine solide Mehrheit von 91 Mandaten und erlaubte eine rasche Regierungsbildung unter dem bisherigen Premierminister Raymond Barre. Diese alte bzw. neue Regierungskoalition kann jedoch nicht über die unverändert bestehende Zerstrittenheit innerhalb des Regierungslagers hinwegtäuschen. Zunächst ist jedoch auf die Entwicklung der Linken einzugehen. Während sich beide Parteien der Linken am Abend des zweiten Wahlganges gegenseitig für den verspielten Sieg verantwortlich machten, entstand innerparteilich folgende Situation: In der Sozialistischen Partei blieb eine parteiinterne Diskussion über die Suche nach möglichen Schuldigen in den eigenen Reihen für die Niederlage weitgehend aus. Die Partei scharte sich 1978 relativ geschlossen um Francois Mitterrand. Die Auseinandersetzung in der Sozialistischen Partei setzte erst etwa ein Jahr später ein. Bei den Kommunisten ergab sich eine entgegengesetzte Entwicklung, Im April 1978 führte die Wahlniederlage zur schwersten in-* nerparteilichen Auseinandersetzung seit 1! Es ging um die Ursachen der Niederlage,! zukünftigen Weg, die inneren Strukturen Partei und das Verhältnis zur Sowjetunion einem bislang nicht gekannten Ausmaßef in der Öffentlichkeit eine heftige Debatten die Politik der Parteiführung statt In zahl eben Schriften, Artikeln und Leserzuschril äußerten KPF-Mitglieder in der nichtkom nistischen Presse ihren Unmut über ihreol sten Funktionäre einschließlich des Gene Sekretärs Äußerten sich zunächst nur Philosoph Louis Althusser und der Histon, und stellvertretende Leiter des parteieiget Marxistischen Studien-und Forschungsa trums Jean Elleinstein, so zog diese Disk sion sehr schnell immer weitere Kreise. 1 Parteiführung, die über das Ausmaß sold Kritik zunächst überrascht war, versuchte zuwiegeln und bekundete öffentlich, keil einzigen Kritiker aus der Partei ausschliel zu wollen. Andererseits bemühte sie sich, Dissidenten in den Augen der Mehrheit, Parteimitglieder als undisziplinierte Intell tuelle abzuqualifizieren und sie des „Spot neitätskultes"

anzuprangern.

Als jedoch die innerparteiliche Auseinand Setzung andauerte, versuchte das Politbi einmal, die Gegner in den eigenen Reil durch das Bekenntnis zur Diskussionsber schäft wieder zu integrieren, zum anderenv schärfte es seine Kritik an der Sozialistisch Partei. Um nun die Diskussion mit den inn parteilichen Gegnern möglichst rasch zu I enden, organisierte die Parteiführung im I zember 1978 ein sogenanntes Intellektuell treffen in Vitry, wo die verschiedenen pari politischen Richtungen relativ freimütig i Positionen darlegen konnten. Eine Fort! zung dieser Gespräche, denen allenfalls ei Art Ventilfunktion zuzuerkennen ist, ist 1980 geplant.

Insgesamt gesehen ist die innerparteilis Opposition recht vielfältig: „Sie reicht vorn altstalinistischen Garde um Jeanette Thon Vermeersch über eine . linke'prosowjetis Opposition, die zur Einheitsfront der dreißig Jahre zurückkehren will, und eine Gruppe, marxistische Philosophen wie Althussersich vor allem um die theoretische und revg tionäre Substanz des Marxismus in der sorgen, bis hin zu Eurokommunisten wie Jean Elleinstein, die sich stark an der italienischen KP orientieren."

Verfolgt man die 78er Diskussion, so ist die innerparteiliche Konfliktsituation nicht nur durch eine Auseinandersetzung zwischen Altstalinisten und Eurokommunisten gekennzeichnet, sondern vielschichtiger: „Auffallend bei zahlreichen, vor allem jüngeren Kritikern der Parteiführung ist einmal der starke nationalkommunistische Impuls; die Kritik der Partei an der Sowjetunion geht ihnen nicht weit genug; zum anderen ist bei vielen eine ideologische Aufbruchstimmung spürbar, nicht in Richtung Sozialdemokratie, sondern zugunsten einer Erneuerung des revolutionären Marxismus im Sinne von Massenbasisaktionen. 16) Diese Stimmung drückt sich nicht nur in ihrer Kritik an der autoritären Parteibürokratie, sondern ebenso deutlich in einer scharlen Frontstellung gegen die Sozialistische Partei aus. Die Parteiführung reagierte schon auf diese Stimmung und ließ Ende 1978 eine gewisse Verhärtung hinsichtlich der zukünftigen Strategie gegenüber der Sozialistischen Partei erkennen.

Inzwischen ist aber diese innerparteiliche Kritik weitgehend verebbt. Sichtbarstes Zeichen dafür war der 23. Kongreß der KPF im Mai 1979. Kein Oppositioneller durfte das Wort ergreifen, alle Resolutionen wurden einstimmig beschlossen. Marchais ging nur kurz auf die Auseinandersetzung des vergangenen Jahres ein und versprach die „Kritik zu studieren, die Fehler zu korrigieren, den Unzulänglichkeiten unseres Handelns abzuhelfen" 17) Dies war keine inhaltliche Auseinandersetzung, wohl aber das Geständnis, daß solche Kritik berech-tigt sein kann.

Kritik an der Sowjetunion wurde nur punktu™ geäußert, „insgesamt — so Marchais — sei *e Bilanz der sozialistischen Staaten posi4 " Deutlich wurde dagegen der Bruch mit den sozialisten vollzogen, da sie allein Schuld ® der Niederlage trügen. Nicht die Wähler, ondern die rechtsabweichlerischen Partei-1 rer, allen voran Francois Mitterrand, seien Mnuld Folglich wurde durch Marchais die Union der Linken“ durch die „Union an der Bad 8 ersetzt; an die Stelle des Paktes zwischen . enRarteispitzen soll die gemeinsame klasdmpferische Aktion treten 18).

Zweiffellos ist Marchais'Stellung seit Mai 1979 stärker denn je. Die innerparteiliche Kritik ist nahezu verstummt; die KPF bietet wieder das gewohnte Bild der Geschlossenheit. Dies kam nicht zuletzt bei Marchais'positiver Wertung des sowjetischen Einmarsches in Afghanistan zum Ausdruck. Entgegen aller bisherigen Taktik, sich in außenpolitischen Fragen als von Moskau völlig unabhängige Partei zu profilieren, schwenkte Marchais im Januar 1980 ganz und gar wieder auf Moskaus Linie um, als er die sowjetische Okkupation als eine „Reaktion auf eine militärische Intervention von außen" bezeichnete und die für den (ehemaligen) Eurokommunisten zynische Feststellung traf, Moskau sei gezwungen gewesen, einzugreifen

Während in der Sozialistischen Partei die innerparteiliche Diskussion u. a. über die Wahl-niederlage zunächst recht behutsam geführt wurde, brachen die Gegensätze zwischen verschiedenen Strömungen innerhalb der Partei in Metz im April 1979 um so heftiger aus. Bei den Kontroversen ging es nicht nur um sachliche Unterschiede über die Linie der Partei, sondern auch um die Personen, die die bisherige Strategie verkörpern (vor allem Francois Mitterrand), und letztlich um den Führungsanspruch in der Partei Grob unterteilt stehen sich zwei Positionen gegenüber: Die eine vertritt die unveränderte Linie Mitterrands, daß die Strategie der Linksunion der einzig mögliche Weg für die Sozialistische Partei ist, um an die Macht zu kommen. Die Partei — so Mitterrand — hege keinerlei Absicht, mit irgendeiner der konservativen Parteien ein Bündnis zu schließen. Für diese innerparteiliche Richtung gewährt nur ein Festhalten an einer wie auch immer formulierten Bündnisstrategie mit den Kommunisten die notwendige kommunistische Wählerunterstützung für einen sozialistischen Präsidentschaftskandidaten im zweiten Wahlgang 1981.

Die zweite Position läßt sich mit dem Namen des Wirtschafts-und Finanzexperten Michel Rocard verbinden. Rocard lehnt zwar ebenfalls eine Zusammenarbeit mit den Kommunisten nicht ab; jedoch fragt er, ob es nicht erfolgreichere Wege zur Macht für die Sozialistische Partei gebe als das Bündnis mit den Kommunisten auf der Grundlage von gemeinsa-men Regierungsprogrammen und Wahlabkommen Die Linksunion gelte es zu überdenken — so Rocard im Sommer 1978 —, desgleichen die Einstellung zu den sozialdemokratischen Parteien und insbesondere zur SPD. In der Wirtschaft müsse der freie Markt, soweit erforderlich, berücksichtigt werden.

In Metz sprach er sich dafür aus, die Union der Linken als ein Wettbewerbsbündnis zwischen zwei gleichermaßen eigenständigen Kräften neu zu konstituieren Rocard unterlag zwar mit seinem Entschließungsantrag — und Mitterrand gewann. Aber dessen Stellung als Erster Sekretär ist seit Metz 1979 stark geschwächt. Sein eigener Entschließungsantrag kam nämlich nur durch, weil der linke Flügel der Partei, der noch 1975 und 1977 von Mitterrand nachhaltig attackiert worden war, ihn nun unterstützte. Damit ist die Sozialistische Partei zwar nicht gespalten, aber geteilt: Auf der einen Seite stehen Francois Mitterrand und der mit ihm verbündete linke Flügel, auf der anderen Michel Rocard und der Bürgermeister von Lille, Pierre Mauroy.

Die Folge diese Bipolarisierung innerhalb der Sozialistischen Partei zeigt sich einmal in der immer noch offenen Frage, ob Mitterrand 1981 erneut bei den Präsidentschaftswahlen kandidieren wird, was seinen unbestreitbaren Autoritätsverlust offenbart. Zum anderen wirft diese Bipolarisierung die Frage auf, ob die Partei ideologisch noch auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen ist. Mitterrand gilt immer noch als Schöpfer der neuen Sozialistischen Partei von 1971; niemand aus seiner Partei wird gegen ihn kandidieren, wenn er Präsidentschaftskandidat sein will. Unbestreitbar ist aber andererseits, daß es ihm heute nicht mehr gelingt, die Partei durch seine Autorität so zusammenzuhalten, wie dies bis zu den Wahlen 1978 möglich war.

III.

Im Lager der Regierungsparteien blieben solche innerparteilichen Meinungsverschiedenheiten wie in der Kommunistischen und Sozialistischen Partei aus. Dafür lebten aber zwischen den beiden Polen der alten bzw. neuen Koalition, Gaullisten und UDF — eine nach der Wahl nun als Fraktionsgemeinschaft fortgeführte Parteienföderation aus Republika-* nern, Zentristen und rechten Radikals« sten —, die alten Zwistigkeiten wieder Gaullistenpräsident Chirac ließ fast keim bietende Gelegenheit aus, Staatschef Gii d'Estaing und seine Regierung zu kritisier sogar offen anzugreifen, um auf diese V sich für den kommenden Präsidentsd Wahlkampf zu profilieren.

Einer der Höhepunkte dieser immer noc dauernden Auseinandersetzungen war Streit um die Wahl des Europäischen! ments Der geradezu feindselige V kampf, den die Gaullisten gegen das Eur sehe Parlament und die eigenen Regien Partner geführt haben, wird erst durch die sache erhellt, daß die Gaullisten in d Frage gespalten waren. Der nationalist Flügel um Michel Debr lehnte die W zunächst als unvereinbar mit den Prinz des Gaullismus glatt ab. Der liberal-kons tive Flügel um den ehemaligen Außenmir Couve de Murville dagegen widers Debr heftig. Chirac seinerseits versuch vermitteln, und es gelang ihm, auf dem I pakongreß seiner Partei im November die Einheit seiner Bewegung zu bewahre dem man beschloß:

1. Die Ablehnung einer Einheitsliste mi übrigen Koalitionspartnern und damit Schwächung des Regierungslagers.

2. Die Herausstellung der Notwendigke Freiheit und Unabhängigkeit Frankreic bewahren.

Die Gaullisten hatten damit zwar der D wähl zugestimmt, machten aber gleich ihre alte Forderung nach Umwandlungd ropäischen Gemeinschaft in eine rein schenstaatliche Organisation deutlich. Übertragung irgendwelcher nationaler S ränitätsrechte lehnten sie kategorisch a Gipfel dieser Politik des begrenzten Kor gegenüber dem Staatspräsidenten undd rigen Koalitionspartnern war Chiracs A von Cochin“ im Dezember 1978. In diesen ruf an die Wähler bezichtigte er Giscar verblümt, Frankreichs Unterwerfung unt Brüsseler Technokraten vorzubereiten der Idee seiner Erniedrigung zuzustm Gleichzeitig rief er die Franzosen zum V stand gegen die Europapolitik der „Part 1 Auslandes", d. h.der Giscardianer auf Während sich der Staatspräsident und sein Premier nahezu jeglicher Replik auf solche Polemik enthielten, gab es ein kurzes Aufwallen der Kritik bei den gaullistischen Ministern lind Abgeordneten Sie beschworen Chirac, keinen Krieg gegen die Regierung zu führen", ließen es aber bei dieser Erklärung bewenden. AlsAntwort auf die Frage, warum Chirac eine zwiespältige Politik betreibt, nämlich einmal heftige Kritik an Giscards Außen-, Verteidigungs-und Europapolitik sowie an der Wirtschafts-und Sozialpolitik, zum anderen aber parlamentarische Unterstützung durch seine Fraktion, läßt sich folgendes nennen:

-Die Gaullisten können aufgrund ihres ideologischen und realistischen Selbstverständnisses nicht mit der Linken koalieren. Sie haben daher nur die Wahl zwischen dem Rückzug in die Opposition und dem Verbleib in der Regierungskoalition. Würden sie Giscard nicht mehr unterstützen, würde dieser das Parlament auflösen, was eine eklatante Niederlage ter die Gaullisten zur Folge hätte. Deshalb «erden sie einen vollständigen Bruch mit dem Staatspräsidenten nicht wagen.

-Mit seiner „Konfliktstrategie" will Chirac seiner Anhänger-und Wählerschaft die NotWendigkeit und Eigenständigkeit der gaullistischen Bewegung beweisen, sie quasi als Alternative zu den übrigen Koalitionspartnern empfehlen. Auf diese Weise soll der Gefahr vorgebeugt werden, daß sich die Kräfte im Re-

gerungslager langfristig zu ungunsten der Gaullisten verschieben.

'Chirac muß bei dieser Politik, sich von den übrigen Koalitionspartnern demonstrativ abgrenzen, einen weiteren Faktor berücksichdie verschiedenen Strömungen inner7 der Rassemblement Pour la Rpublique.

y steht der überwiegende Teil aller Mit-Mer hinter ihm; aber es gibt auch eine einreiche Gruppe von führenden Gaullisten, ® eil der sogenannten „Barone" (de Gaulles Hnpfgefährten aus der Kriegs-und Nachbdgszeit) die sich einer solchen Politik des grenzten Konflikts widersetzen. Sie wurden RPA Im Dezember 1976 bei Gründung der ehe pn Chirac aus wichtigen innerparteiliuhrungsgremien ausgeschaltet, verfü-

kicker nach wie vor über einen respektablen sich d in der Gesamtpartei. Sie könnten nun gegebenenfalls mit Giscard d’Estaing und den Republikanern verbünden und damit die gaullistische Partei auseinanderbrechen lassen. Um dies zu vermeiden, muß ihnen (stellvertretend seien genannt: Olivier Guichard, Jacques Chaban-Delmas, Alain Peyrefitte und Couve de Murville) Chirac partiell entgegenkommen und seinem Grundsatz treu bleiben, „niemals etwas zu tun, das den Sozialisten und Kommunisten zur Macht verhelfen würde“ — Als weiterer Gesichtspunkt ist das Bemühen zu nennen, die Anfang und Mitte der siebziger Jahre abgespaltenen linksgaullistischen Gruppen (u. a. unter Jean Charbonnel und Lo Hamon) wieder zu integrieren. Dieser „progressistische Pol des Gaullismus" (so J. Charbonnel) verstand sich als der populistische Flügel der Partei unter General de Gaulle, spaltete sich dann jedoch allmählich von der in ihren Augen immer konservativer werdenden, die Interessen des Besitzbürgertums vertretenden Partei ab. Nun sind beide Seiten wieder an einem Zusammengehen interessiert. Voraussetzung dafür ist für J. Charbonnel aber ein weiteres Abrücken J. Chiracs und der RPR von Giscard d'Estaings und R. Barres Wirtschaftspolitik. — Bei all diesen Betrachtungen darf nicht Chiracs Überlegung zu kurz kommen, sich für die Präsidentschaftswahlen 1981 möglichst günstige Startchancen zu schaffen.

Wie wenig aber sein Europawahlkampfkonzept die Wähler überzeugte, zeigt der Verlust von 6, 38 Prozent der Stimmen gegenüber dem Ergebnis bei den Wahlen zur Nationalversammlung 1978. , IV.

Summieren wir die einzelnen Faktoren in der Entwicklung des französischen Parteiensystems seit März 1978, so kommen wir zu folgenden Ergebnissen: 1. Das von General de Gaulle subtil organisierte und souverän dirigierte Kräftespiel des majoritären Parlamentarismus, der auf der Interessenidentität zwischen Staatspräsident und der ihn unterstützenden Parlamentsmehrheit beruhte, hat bis zum Tode Pompidous im Frühjahr 1974 nahezu reibungslos funktioniert. Seit der Amtsübernahme des Nicht-Gaullisten Giscard d'Estaing, insbesondere aber seit Chiracs Ausscheiden aus dem Amt des Premierministers ist aber das System des majoritären Parlamentarismus durcheinandergeraten, da die größte Regierungsfraktion dem Staatspräsidenten und seinem Regierungschef häufig die früher geübte Solidarität verweigert. Ein Auseinanderbrechen der Koalition scheint — aus den genannten Gründen — momentan wenig wahrscheinlich. Im Hinblick auf die Präsidentschaftswahlen 1981 dürfte es aber wegen der geradezu neurotischen Profilierungssucht der Gaullisten bei den bekannten Kontroversen im Regierungslager bleiben, die sich lähmend auf beabsichtigte, längst überfällige Reformmaßnahmen vor allem auf sozialem Gebiet auswirken werden. 2. Die heutige Position des Staatspräsidenten und des Premierministers im majoritären Parlamentarimus wird dadurch erschwert, daß der Staatschef über keine den Gaullisten ebenbürtige eigene parlamentarische Hausmacht verfügt. Seine eigene Partei ist hierfür trotz aller beachtlicher Reorganisation bislang noch zu schwach. Dem Versuch, die drei kleinen Regierungsparteien zur Fraktionsgemeinschaft UDF (Union für die französische Demokratie) zu bündeln, war zweifellos ein Achtungserfolg beschieden. Jedoch zeigt sich in diesen Parteien das alte Dilemma der Parteien der Mitte: Sie sind nicht bereit, ihre Eigenständigkeit zugunsten einer wohlorganisierten und gut strukturierten Partei aufzugeben. Dies trifft zwar nicht für die Republikaner zu, wohl aber für die Zentristen und die Radikalsozialisten. Beide sind über die immer wieder auftauchende Frage einer Fusion mit den Republikanern zu einer einzigen Partei gespalten, so daß die heute bestehende Parlamentsfraktion „UDF" den momentan möglichen Föderationsgrad widerspiegelt. Selbst wenn man die Erfolge der UDF bei den Europawahlen mit einbezieht, ist wegen ihre Heterogenität und der auf Selbständigkeit bedachten Zentrumsmandatsträger ein echtes Gegengewicht zu den Gaullisten allenfalls in Ansätzen erkennbar. 3. Die Parteien der Opposition bilden momentan für die Regierungskoalition keine Gefahr. Während die KPF nach einer Phase starker innenparteilicher Auseinandersetzungen über die Taktik der Parteiführung mittlerweile wieder zur gewohnten Geschlossenheit und zur Parteidisziplin zurückgefunden hat, ist die interne Diskussion in der Sozialistischen Partei seit Frühjahr 1979 durch zwei fast gleichstarke Strömungen gekennzeichnet. Mitterrands torität, jahrelang durch seine Verdienste den Aufbau der neuen Sozialistischen P unerschüttert, scheint heute von starker nerparteilichen Kräften in Frage gestellt Bündnis mit dem linken CERES-Flügel (, trum für Erziehung, Forschungen und so: stische Studien") der Partei seit Frühjahr hat ihm nicht nur den Vorwurf des Opp nismus eingebracht, sondern stößt auch den in Metz unterlegenen Kräften (imme fast 40 % der dort vertretenen Delegie stimmen) auf Kritik. Die seit diesemJahr zutage getretene Bipolarisierung an der $der Partei könnte zu einer Gefährdung Partei in gemäßigten Wählerschichten fül Unter anderem auch deshalb kann es nid Interesse Francois Mitterrands liegen, Konfrontation mit Michel Rocard und P Mauroy sowie deren Anhänger zu weit ufern zu lassen. Ein Zeichen für eine Anr rung beider Positionen ist die Einigungat „Sozialistisches Projekt“ mit dem mar Kommunisten zu einer gemeinsamen H lungsaktion bei den Präsidentschaftswa bewegen will. Kernaussage dieses Projek der Hinweis auf die Triebkraft der Sozia sehen Partei im Rahmen eines solchen V bündnisses und — so das Verlangen Rot — auf die Autonomie der einzelnen Pa im Rahmen einer neu belebten Linksuni Ob die Kommunistische Partei einen sol Vorschlag jedoch aufgreifen wird, scheint fraglich. Nachdem schon das Politbüro M rands überraschendes Einschwenken al sogenannte „Union an der Basis“ Ende Set ber unbeantwortet gelassen hatte, er Marchais im November 1979, den Komi sten gehe es bei den Präsidentschaftsw darum, der Sozialistischen Partei den Rar zulaufen, und nicht darum, den bürger Widersacher zu schlagen.

Wer nun Präsidentschaftskandidat der Sc sten wird — Francois Mitterrand oder M Rocard —, darüber entscheidet ein Part im Herbst 1980. Bis dahin bestimmt die deckte Konkurrenz zwischen beiden d nerparteiliche Diskussion. Es besteht aus das Risiko, daß ein Fortdauern der i parteilichen Auseinandersetzungen die reitschaft der Gesamtpartei — und auc Wähler — schwächt, sich geschlossen u Kandidaten der Partei mobilisieren 2 sen. assen wir zusammen, so stehen wir vor dem aktum, daß sich die seit Mitte der sechziger ihre bestehende bipolare Struktur des Pariensystems von einem auf zwei relativ howene Blöcke polarisierten System seit An-ing 1978 zu einer Quadripolarisation fortntwickelt hat, d. h. zu einem System von jeeils zwei annähernd gleichstarken Gruppen innerhalb eines jeden der beiden Blöcke, wobei die UDF und die Sozialisten den jeweils gemäßigteren Partner darstellen, Gaullisten und Kommunisten den jeweils radikaleren.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. dazu:'Udo Kempf, Das französische Regierungssystem — Eine Einführung, Opladen 198O 12, S. 135 ff.

  2. Vgl. Klaus Hänsch, Von der Blockbildung zur Blockade in der französischen Nationalversammlung. Eine Analyse der Wahlergebnisse vom März 1978, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, Heft 3, September 1978, S. 359 ff., und Peter Radunski, Wahlkampf in Frankreich: Die Wahlkampfführung hat entschieden, in: ebd., S. 330 ff.

  3. Vgl. Udo Kempf, Der Bruch der französischen Linksunion, in: ebd., S. 342 ff.

  4. Vgl. Dieter Menyesch, Das alte und das neue Frankreich, in: Der Bürger im Staat, Heft 1, März 1978, S. 33 ff., und Karl Jetter, Partner und Konkurrenten, in: Frankreich — Eine Länderkunde, hrsg. v. Klaus Hänsch, Hamburg 1978, S. 64 ff.

  5. Vgl. Patrick Hardouin, Les Caractbristiques logiques du Parti Socialiste, in: Revue Franca Science Politique No. 2, Avril 1978, S.

  6. Vgl. Udo Kempf, 1980, s-ff.

  7. Vgl. Die Beiträge in Pouvoirs, No. 9, Paris 1979: „Le Gsraratsme k und Daniel Seguin, Les Nouveaux ivardiens, Paris 1979.

  8. Vgl. Klaus-Peter Schmid, Frankreich vor den »ndu in; Europa-Archiv Folge 3/1978, S. 65ff., niman mnharlot, The Majority, in: Howard R. Pen-W" dasshhiningdto. nFrance at D. C„ 19t 8h 0e. Polls, The Elections of 1978,

  9. Vgl. Pierre Dabezies, Gaullisme et Majoritb, in: Projet, No. 112, Fvrier 1977, S. 152 ff., und Pierre Crisol/Jean-Yves Lhomeau, La Machine RPR, Paris 1977.

  10. Vgl. Jean-Claude Colliard, Les Rhpublicains Indhpendants — Valry Giscard dEstaing, Paris 19722.

  11. Vgl. Jean-Pierre Soisson, Le Parti Rpublicain, Confhrence-Dhbat de I'Association Francaise de Science Politique, Paris 10. 12. 1977, und Robert Ponceyri, A la recherche du gaullisme — electeurs et militants depuis 1974, in: Projets No. 118, Septembre—Octobre 1977, S. 929 ff.

  12. Vgl. Udo Kempf, Die Parteien der „Majorit", in: Der Bürger im Staat, a. a. O., S. 17f„ und Klaus Hänsch, Frankreich, in: Die politischen Parteien in Westeuropa, hrsg. v. Joachim Raschke, Reinbek bei Hamburg 1978, S. 187 ff.

  13. Vgl. Wolfgang Jäger, Die Kommunistische Partei Frankreichs — Wandel in der Krise?, in: Politische Vierteljahresschrift Heft 1, Mai 1979, S. 16 ff.

  14. Vgl. u. a. Louis Althusser, Ce qui ne peutpl rer dans le Parti Communiste, in: Le Monde vo • 26., 27. und 28. April 1978, und Jean Elleinstet XXII*'Congres du P. C. F. ä l chec de la gaucne, Monde vom 13. und 14. April 1978.

  15. Wolfgang Jäger, a. a. O., S. 25.

  16. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14. 1. 1980.

  17. Vgl. Paul J. Friedrich, Der Parteitag der französischen Sozialisten in Metz, in: Die Neue Gesellschaft, Heft 6, Juni 1979, S. 493 ff.

  18. Siehe dazu den Beschlußantrag seiner Gruppe „Unit, Clart, Synthese" für den Parteitag in Metz 1979, in: Le Poing et la Rose, No. 28, Janvier 1979, S. 40 ff.

  19. Paul J. Friedrich, a. a. O., S. 494.

  20. Vgl. Roland A. Höhne, Widerspruchsvoll Weigerung: Die Gaullisten, in: Dokumente März 1979, S. 20 ff.

  21. F. A. Z. vom 8. 12. 1978.

  22. Monde vom 11. i. 1979.

  23. So Jacques Chirac in: Der Spiegel, Nr. 21 vom 21. Mai 1979, S. 157.

  24. Le Monde vom 2. 11. 1979.

  25. So auch Jean-Luc Parodi, Das französische Regierungssystem: Neueste Entwicklungen und Perspektiven, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, a. a. O„ S. 372 ff.

Weitere Inhalte

Udo Kempf, Dr. phil., geb. 1943 in Remscheid; Professor für Politikwissenschaft an der Pädagogischen Hochschule Freiburg i. Br. und Lehrbeauftragter an der Universität Freiburg. Veröffentlichungen u. a.: Das politische System Frankreichs. Eine Einführung, Opladen 1 9802; Bürgerinitiativen und repräsentatives System (zus. m. B. Guggenberger [Hrsg. ]), Opladen 1978; Die Parteien der „Majorit 6" in Frankreich, St. Augustin bei Bonn 1980 (i. E.); Stichwort „Frankreich" und „Monaco" in: Politisches Lexikon Europa, hrsg. v. Robert K. Furtak, München 1980 (i. E.).