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Carl von Clausewitz und die Auswirkungen seiner Theorie vom Kriege Gedanken zur 200. Wiederkehr seines Geburtstages am 1. Juni 1980 | APuZ 22/1980 | bpb.de

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APuZ 22/1980 Heinrich Brüning und das Scheitern der konservativen Alternative Sozialdemokratisches Verfassungsverständnis zwischen Reichsgründung und Nationalsozialismus Carl von Clausewitz und die Auswirkungen seiner Theorie vom Kriege Gedanken zur 200. Wiederkehr seines Geburtstages am 1. Juni 1980

Carl von Clausewitz und die Auswirkungen seiner Theorie vom Kriege Gedanken zur 200. Wiederkehr seines Geburtstages am 1. Juni 1980

Alois Friedel

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Zusammenfassung

Das Leben des preußischen Generalmajors Carl von Clausewitz (1780— 1831) ist zeitlich eingerahmt vom napoleonischen Imperialismus und den Freiheitskriegen, den preußischen Reformen und der Restauration. Clausewitz stand zwar als Heerführer nie im Vordergrund, sein Einfluß hatte jedoch erhebliches Gewicht, so beispielsweise bei der Militärreorganisationskommission unter Schamhorst (ab 1808) und beim Zustandekommen der Konvention von Tauroggen, des preußisch-russischen Bündnisses von 1812. Wer Clausewitz sagt, meint im Regelfälle sein Buch „Vom Kriege", ein Standardwerk der Weltliteratur. In diesem Werk wird erstmals der „Krieg als Fortsetzung des politischen Verkehrs mit Einmischung anderer Mittel“ definiert. Nach Clausewitz hat der Krieg zwar eine „eigene Grammatik", aber keine „eigene Logik", er ist „Instrument", die Politik jedoch „Intelligenz" — nicht umgekehrt. Dies bedingt den Primat der Politik — auch im Kriege. Für die Geschichte Deutschlands wirkte es sich — vor allem nach Bismarck — nachteilig aus, daß maßgebende Militärs die militärischen Thesen von Clausewitz zwar bejahten, seine politischen Kernsätze aber nur bedingt anerkannten oder sogar ablehnten. Mit der Verkehrung der Clausewitz-Lehren in ihr Gegenteil begründete Ludendorff seine Theorie vom „totalen Krieg" schon im Ersten Weltkrieg. Hitler praktizierte dann den Zweiten Weltkrieg als „totalen Krieg" unter völliger Negierung der Politik als des beherrschenden Faktors und ohne durchdachten Kriegsplan. Damit war der Grundstein gelegt für die deutsche Katastrophe von 1945 und ihre weltweiten Auswirkungen. Der Primat der Politik gilt heute sowohl in den westlichen Demokratien wie in den kommunistischen Staaten des Ostens. Clausewitz'Wertschätzung im kommunistischen Machtbereich geht auf die positive Leninsche Interpretation des Buches „Vom Kriege" zurück. Die DDR sieht in „Tauroggen“ den Ursprung der deutsch-sowjetischen Waffenbrüderschaft. Im Westen zeichnet sich seit längerem eine Clausewitz-Renaissance in der Literatur und öffentlichen Diskussion ab. Weltpolitische Krisenlagen lassen verstärkt die Frage nach dem instrumentalen Charakter des Krieges auch in der Gegenwart aufkommen.

Von den militärischen Persönlichkeiten der neueren Geschichte hat keiner weltweite Aufmerksamkeit in einem so zunehmendem Maße auf sich lenken können wie der preußische Generalmajor Carl von Clausewitz (1780— 183. Sein hinterlassenes Werk „Vom Kriege" nimmt mit mehr als tausend Seiten unter den militärischen Schriften einen einzigartigen Platz ein; es gehört zu den Standardwerken der Weltliteratur. Clausewitz wird mit Thukydides, Macchiavelli, Montesquieu oder Marx verglichen. Wenn je vom Verhältnis zwischen Politik und Kriegführung die Rede ist, wird sein Name genannt: sei es, um sich auf ihn zu berufen oder den Versuch zu machen, ihn zu widerlegen. Die westlich-demokratische und die kommunistische Staatenwelt ist an ihm gleichermaßen interessiert. Selbst unter den Bedingungen der nuklearen Strategie, der hochdifferenzierten industriellen Massengesellschaft und total veränderter politischer Strukturen ist Clausewitz auch heute noch unangefochten der Klassiker der Theorie und Philosophie des Krieges.

Theorien über den Krieg und Theoretiker des Krieges sind keineswegs nur Erscheinungen des 19. oder 20. Jahrhunderts. Seit jeher sind die Gedanken über kriegerische Auseinandersetzungen ein Gegenstand besonders ernsthafter Überlegungen gewesen. Sie fanden deshalb literarisch einen vielfältigen Nieder-Carl von Clausewitz 1) — am l. Juni 1780 in Burg bei Magdeburg geboren — entstammte einer alten im schlesischen und mitteldeut-* schlag in Form von Beschreibungen oder als Anleitungen zum Handeln.

Auf dem Gebiet der Strategie, der Taktik, Organisation und Versorgung erfuhr das Kriegs-wesen durch die Französische Revolution (1789) eine radikale Veränderung: Das erstmals unter Wallenstein die Hunderttausendergrenze übersteigende Heer wuchs unter Napoleon zum Millionenheer mit völlig neuen Forderungen an Proviant, Rüstungsproduktion und Finanzierung. Der Krieg nahm durch das Massenaufgebot aus allen Volksschichten (leve en mässe) Frankreichs den Charakter eines Volkskrieges an. Die nationale Idee der Revolution beflügelte das ganze Volk und unter Napoleons charismatischer Führung insbesondere die Armee. So wurden bis dahin unbekannte geistige und moralische Kräfte freigesetzt für die Kriegführung.

Der vergrößerte Umfang der Heere, deren neuer nationaler Geist und der wachsende Einfluß der Technik auf das Kriegswesen erforderten eine elementare Umgestaltung der Lehren über den Krieg. Napoleon — Staatsmann und Feldherr zugleich — hat die neuen Lektionen in der Praxis vorgeführt; Carl von Clausewitz hat aus der Interpretation der napoleonischen Feldzüge und früherer Kriege zeitlos gültige Theorien über Krieg und Politik abgeleitet.

Lebensweg

sehen Raum beheimateten protestantischen Theologen-und Beamtenfamilie. Dem Beispiel des Vaters, des preußischen Leutnants a. D. und Steuereinnehmers Friedrich Gabriel von Clausewitz, folgend trat der junge Clausewitz 1792 bereits mit zwölf Jahren, dem damaligen Ausbildungsgang gemäß, in die preußische Armee ein. Er nahm 1793/94 am Feldzug gegen die französische Revolutionsarmee und an der Belagerung von Mainz teil. 1795 wurde er Leutnant bei der Infanterie in Neuruppin. Mit immensem Fleiß versuchte er nunmehr die Mängel seiner unvollkommenen Schulbildung zu überwinden. Auf der Allgemeinen Kriegs-schule in Berlin (1801— 1804) war er der begabteste Schüler von Scharnhorst. Dieser wies ihm die Richtung seines geistigen Schaffens und trug fortan wesentlich zu seiner Förderung bei. Von 1805 an war Clausewitz persönlicher Adjutant des Prinzen August von Preußen. Als dessen Bataillonsadjutant nahm er 1806 an der Schlacht von Jena teil und erlebte persönlich die schwere Niederlage, die Napoleon den Preußen beibrachte. Clausewitz geriet für fast ein Jahr in französische Kriegsgefangenschaft. Die bedrückenden Monate in der Gefangenschaft waren für ihn aber auch eine Zeit zur fruchtbaren Selbstbesinnung und zur kritischen Durchleuchtung des preußischen Versagens.

Auf die Katastrophe von 1806 folgte der jähe staatliche Wiederaufstieg Preußens durch die großen gesellschaftlichen und militärischen Erneuerungen von Stein, Scharnhorst, Gneisenau und Clausewitz, der ab 1809 Adjutant und nächster Mitarbeiter Scharnhorsts bei der „Militär-Reorganisationskommission" war. Clausewitz'nach außen wenig sichtbarer Anteil an diesem Reformwerk kam in der engen Zusammenarbeit mit Scharnhorst und Gneisenau voll zur Geltung. Zeitgenossen hielten Clausewitz gelegentlich für „den Kopf der Partei“ und Gneisenau stellte die Begabung von Clausewitz, dessen „Rat ihm immer gefallen habe“, über seine eigene

Die 1810 erfolgte Beförderung zum Major ermöglichte Clausewitz die Eheschließung mit Marie Gräfin Brühl. Nach dem überwechseln Preußens in das Bündnissystem Napoleons im Jahre 1812 entschied sich Clausewitz zum Übertritt in die Dienste Rußlands. Es war eine politische Mißtrauenserklärung gegenüber dem eigenen König und erforderte ebensoviel Mut wie Überlegung. Clausewitz, der am Zustandekommen der preußisch-russischen Konvention von Tauroggen (30. Dezember 1812) selbst entscheidend mitgewirkt hatte wurde 1813 russischer Verbindungsoffizier im Stabe Blüchers, später Chef des Stabes einer deutsch-russischen Heeresgruppe. Bald nach dem Sieg über Napoleon in Völkerschlacht bei Leipzig (Oktober 1813) kehrte Clausewitz als Generalstabsoberst wieder in preußische Dienste zurück. Er nahm an der Entscheidungsschlacht gegen Napoleon bei Waterloo (Juni 1815) teil und wurde anschließend Chef des Stabes des preußischen Armee-korps am Rhein in Koblenz unter Gneisenau. Von 1818 bis 1830 war Clausewitz als Generalmajor Verwaltungsdirektor der Allgemeinen Kriegsschule in Berlin. Diese auf Gneisenaus Vorschlag hin erfolgte Verwendung war zunächst keineswegs als . Kaltstellung'gedacht, denn mit Unterstützung Hardenbergs, Wilhelm von Humboldts und des neuen Außenministers Bernstorff sollte Clausewitz 1819 Botschafter Preußens in London werden. Maßgebende Kräfte der Berliner Restauration vereitelten jedoch 1820 seine Übernahme in die Diplomatie. Diese Kräfte sahen in den Reformern nach den Karlsbader Beschlüssen von 1819 eine Art von „Frondeuren", manche verdächtigten Clausewitz als „geheimen Radikalen". Auch der König zeigte eine unverkennbare Abneigung gegen ihn

Clausewitz war in den Jahren seiner Verwaltungstätigkeit, von 1820 bis 1830, weniger über seine berufliche Laufbahn enttäuscht — seine Karriere lag, gemessen an den Anciennitätsund Dekorationsprinzipien jener Zeit, weit über dem Durchschnitt; es quälte den leidenschaftlichen Patrioten viel eher die — aus seiner Sicht — negative Entwicklung des durch Heeresreform, Selbstverwaltung und Bauern-befreiung erneuerten preußischen Staates. Clausewitz „räsonierte“ nicht. Er nutzte das Abstellgleis und widmete sich mit dem ihm eigenen Tatendrang der militärgeschichtlichen Forschung. Das Analysieren und Schreiben war schließlich schon seit seinem 23. Lebensjahr ein Teil seiner Existenz gewesen Ohne die relativ unbedeutende Dienststellung jener Jahre in Berlin wäre das wissenschaftliche Gesamtwerk von Clausewitz nie zustande gekommen: Muße und Ungnade des Königs trugen also in gleicher Weise zur Entstehung seines Werkes „Vom Kriege" und anderer Schriften bei.

Im Jahre 1830 wurde Clausewitz, dem man zuvor immer ein Truppenkommando, die Chance zum weiteren Aufstieg, versagt hatte, Inspekteur der II. Artillerie-Inspektion in Breslau. Er ließ seine kriegswissenschaftlichen Ausarbeitungen, denen seine Umwelt kaum Kennt-nis hatte, wohlverschnürt in Berlin zurück. Als Opfer einer Cholera-Epidemie verstarb Carl von Clausewitz am 16. November 1831 in Breslau. Seine Beisetzung erfolgte auf dem dortigen Soldatenfriedhof. An seinem 140. Todestag, im Jahre 1971, wurden seine Gebeine von dem verwüsteten Breslauer Friedhof mit Ehrenwachen der Nationalen Volksarmee der DDR in eine schlichte Grabstätte in seinem Geburtsort Burg bei Magdeburg überführt

Clausewitz’ Erkenntnisse über Krieg und Politik beruhen im wesentlichen auf eigenen Beobachtungen und Erfahrungen während der mehrere Jahre dauernden Konfrontation Preußens mit Napoleon, auf intensiver Lektüre und Selbststudium sowie auf fruchtbringenden Dialogen mit Gleichgesinnten seiner Zeit.

Clausewitz unterscheidet sich von früheren Militärtheoretikern dadurch, daß er wie diese zwar ein äußerst systematisches historisches Studium von (130!) Schlachten betreibt, dann aber — als erster — undogmatisch eine Gesamtschau des Kriegswesens entwirft und dessen untergeordnetes Verhältnis zur Politik feststellt.

Das Charakteristische an Clausewitz kennzeichnet deshalb weniger den vorzugsweise die napoleonischen Kriege analysierenden Schriftsteller als vielmehr den Philosophen, der eine Theorie des Krieges vorlegt in einer Zeit, in der die erste industrielle Revolution beginnt und Kant und Hegel von der Philosophie und Adam Smith — wenig später auch Karl Marx — von der Ökonomie her das geschichtliche Sein überdenken. Clausewitz zählt zu den bedeutendsten Militärschriftstellern der Geschichte, weil seine Gedanken über Taktik, Strategie, Politik und Geschichtsphilosophie eine zeitlos gültige Aussagekraft enthalten. Das Wesen seiner Methode ist: keine Anweisung für die Praxis, keine Rezepte für die Entscheidung auf dem Schlachtfeld, aber Hilfen für die Bildung eines kritisch abgewogenen Urteils im Rahmen einer Gesamtschau.

Alle großen Reformer des preußischen Heeres — Scharnhorst, Gneisenau und Clausewitz — waren geprägt von der Philosophie des Idealismus. Sie vertraten humanistische Bildungsziele und forderten für die künftigen Offiziere eine breite und ausgewogene, an Geistes-und Naturwissenschaften orientierte Bildung, um sie geistig fundiert auf die Bewältigung der drängenden, sehr unterschiedlichen Aufgaben in der militärischen Führung vorzubereiten. Clausewitz wollte nicht den einseitigen militär-technischen Perfektionismus wie er später unter Schlieffen und Ludendorff im taktisch-operativen Führungsbereich typisch geworden ist.

Lebenswerk

Clausewitz'zehnbändige „hinterlassene Werke ... über Krieg und Kriegführung" sind erst nach seinem Tode von seiner Frau in den Jahren 1832— 34 veröffentlicht worden. Ein Grund für die späte Veröffentlichung ist, daß Clausewitz zu Lebzeiten als Militär-und Sozialreformer und als Verfechter „gefährlicher“ Ideen wie des „Volkaufgebots" und des „Kleinkrieges" eine umstrittene Stellung in der preußischen Armee hatte und seinem König, einer der Säulen der „Heiligen Allianz", höchst verdächtig erschien. Ein weiterer Grund ist, daß das Manuskript über den Krieg 1831 noch fragmentarischen Charakter hatte und erst von seiner Frau publikationsreif gemacht wurde.

Das Buch „Vom Kriege“

„Denn mein Ehrgeiz war, ein Buch zu schreiben, was nicht nach zwei oder drei Jahren vergessen wäre." — Diese nach Clausewitz'Tod aufgefundene Notiz kennzeichnet seine Absicht bei der Niederschrift des Werkes. Das Buch „Vom Kriege" stellt eine Theorie der Führung des (großen) Krieges dar. Der umfangreiche Stoff ist in sechs vollständige Bücher (I—VI) sowie Skizzen zum siebenten und achten Buch aufgegliedert. Die acht Bücher beschäftigen sich mit — der Natur und der Theorie des Krieges (I—II)

— der Strategie (III)

— dem Gefecht (IV)

— den Streitkräften (V)

— der Verteidigung (VI)

— dem Angriff (VII)

— dem Kriegsplan (VIII).

In Clausewitz'unzähligen Detailuntersuchungen greifen Empirismus und Theorie eng ineinander. So wurde aus dem Werk „Vom Kriege" kein technischer Leitfaden für die Krieg-führung, sondern eine Abhandlung über das Wesen des Krieges. Dies ist das Urteil des bedeutenden zeitgenössischen Militärtheoretikers, Liddell Hart, der im übrigen nicht immer gerecht mit Clausewitz umgeht; er nennt ihn beispielsweise einen „Mahdi der Massen und des gegenseitigen Massakers" was der Clausewitz-Forscher Raymond Aron als „völlig absurd" bezeichnet Dies zu Recht, denn nachweisbar hat Clausewitz der Rolle der Verteidigung die stärkere und ökonomischere Form der Strategie zugewiesen.

Der Nestor der internationalen Clausewitz-Forschung und Inhaber des einzigen Lehrstuhles für Militärgeschichte in der Bundesrepublik Deutschland, Prof. Werner Hahlweg, Münster, ist der Ansicht, daß Clausewitz'Werk „kein Lesebuch oder eine Instruktions -schrift (ist). Es ist aber die reifste und umfassendste Studie über den Krieg, die die abendländische Gesellschaft bis jetzt geschaffen Hahlweg hat." Werner legte im übrigen mit seiner „Vollständigen Ausgabe im Urtext mit historisch-kritischer Würdigung Werkes des Vorn Kriege'“ (16. Auflage) im Jahre 1952 die wissenschaftliche Grundlage für die neuere Beschäftigung mit Clausewitz

Der Krieg ist ein Instrument der Politik“ (Clausewitz) 11)

Das Verhältnis von Krieg und Politik ist Hauptthema und Kern des Werkes Während Clausewitz im Ersten Buch — etwas unscharf und nicht ganz unmißverständlich — sagt: „Der Krieg is Auflage) im Jahre 1952 die wissenschaftliche Grundlage für die neuere Beschäftigung mit Clausewitz 10).

Der Krieg ist ein Instrument der Politik“ (Clausewitz) 11)

Das Verhältnis von Krieg und Politik ist Hauptthema und Kern des Werkes 12). Während Clausewitz im Ersten Buch — etwas unscharf und nicht ganz unmißverständlich — sagt: „Der Krieg ist eine bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln" 13), wird die Definition im Achten Buch wegen des später eindeutig erkannten politischen Charakters des Krieges präziser: „Der Krieg ist nichts als eine Fortsetzung des politischen Verkehrs mit Einmischung anderer Mittel." 14)

Der Krieg hat nach Clausewitz zwar eine „eigene Grammatik", aber keine „eigene Logik”. Der Krieg hat demzufolge Instrumentalcharakter für die politische Absicht — und ohne politische Absicht sei das Mittel des Krieges nicht denkbar. Ist Krieg aber bloß das „Instrument", so ist die Politik die „Intelligenz", nicht umgekehrt. Das Unterordnen des politischen Gesichtspunktes unter den militärischen wäre widersinnig; denn die Politik hat den Krieg erzeugt. „Daß Politik alle Interessen der inneren die auch die der Menschlichkeit... in Verwaltung, sich vereinigt und ausgleicht, wird vorausgesetzt; denn die Politik ist ja nichts an sich, sondern ein bloßer Sachverwalter aller dieser Interessen gegen andere Staaten." 15) Deswegen kann der niemals Krieg von dem politischen Verkehr getrennt werden, wenn in „und dies der Betrachtung irgendwo geschieht, werden gewissermaßen alle Fäden des Verhältnisses zerrissen, und es entsteht ein sinn-und zweckloses Ding" 16).

Primat der Politik bedeutet aber nicht, daß der politische Zweck die Natur der Mittel unberücksichtigt läßt, er muß sich vielmehr der Natur der Mittel fügen. „Die Politik also wird den ganzen kriegerischen Akt durchziehen und einen fortwährenden Einfluß auf ihn ausüben, soweit es die Natur der in ihm explodierenden Kräfte zuläßt." Die entscheidende Rolle der Politik spiegelt sich wider beim Einwirken auf alle Phasen des Krieges und bei der Anwendung der Mittel

Das Ergebnis der Aussage von Clausewitz ist, daß das Denken des Militärischen für die Führung des Staates nicht bestimmend sein kann und darf. Das überfachliche, gesamtstrategische Denken gehört in den Aufgabenbereich der politischen Führung.

Unterschiedliche Interpretation und Anwendung der Lehren von Clausewitz

In Deutschland 19)

Bismarck und Moltke

Bismarck, nach eigenen Angaben Clausewitz zwar „leider" nie gelesen hatte, dachte Poli über das Verhältnis zwischen Krieg und -tik nicht anders als Clausewitz. Er sagt in seinen „Gedanken und Erinnerungen“: „Die Aufgabe, ... auf welche das Friedensbedürfnis Völker berechtigten Anspruch hat, liegt den politischen, nicht den militärischen Spitzen des Staates ob." Bismarck stand damit im Gegensatz zu Moltke, der den Primat der Politik nur für die Auslösung des Krieges und den Friedensschluß gelten lassen wollte. Nach Ansicht Moltkes sollte sich während des Krieges die Politik nicht in den Gang der militärischen Operationen einmischen. Diese sollten unabhängig von den politisch Verantwortlichen laufen.

Moltke beanspruchte deshalb Kriege 1870/im 71 die ausschließliche Beratung des obersten Kriegsherrn, des Königs, für sich allein. Er verhinderte zusammen mit seinem Stabe die Weitergabe entscheidender Lageerkenntnisse und operativ-strategischer Planungsvorhaben an den politisch verantwortlichen Kanzler, weil er im Kriege die volle Gleichberechtigung des Generalstabschefs neben dem Kanzler in Anspruch nahm. Erst nach wiederholten Auseinandersetzungen mit Bismarck und der Einschaltung des Königs, des späteren Kaisers, die zugunsten der Politik ausfiel, fand sich Moltke mit der beratenden Rolle des Militärs ab.

Bismarck hatte auch ohne Kenntnis von Clausewitz'Schriften die Politik als Herrin der Kriegführung verstanden — und verteidigt Seine Nachfolger hielten diese Position nicht. Bald wirkte es sich aus, daß maßgebende Militärs die militärischen Thesen des Werkes „Vom Kriege“ zwar bejahten, die politischen Kernsätze von Clausewitz jedoch ablehnten, nur bedingt anerkannten — oder gar ins Gegenteil verkehrten.

Schlieffen

Die Erfolge der Kriege von 1866 und 1870/71 verleiteten dazu, daß unter Schlieffen, dem „Dogmatiker des Vernichtungskrieges", Verselbständigungsbestrebungen der militärischen Führung gegenüber der politischen Leitung Auftrieb Die - erhielten. Entwick lung zur Gleichrangigkeit von politischer und militärischer Führung kündigte sich an.

In der Einführung zur fünften Auflage von Clausewitz’ „Vom Kriege" (1905) sprach Schlieffen von einem „überwiegen einer philosophischen Betrachtungsweise, die den heutigen Leser nicht immer anmutet", und der „dauernde Wert des Werkes . Vorn Kriege’ liegt... in der nachdrücklichen Betonung des Vernichtungsgedankens“. Die Einordnung des instrumentalen Charakters des Krieges in die Politik, die Kernformel von Clausewitz, wird von Schlieffen nicht erwähnt Auch in den Einführungen der anschließenden acht Clausewitz-Ausgaben bis 1918 bleibt sie ausgespart. Es ist jedoch viel die Rede vom „Sieg um jeden “ — ein eher un-clausewitzscher -Preis Gemein platz

Die auf Bismarck folgenden Reichskanzler Caprivi, Hohenlohe, Bülow und Bethmann Hollweg haben sich eines wesentlichen Kompetenzrechtes entledigt, als sie die generalstabsmäßige Planung von Feldzügen als Kriegsplan (im Sinne von Clausewitz) akzeptierten, ohne die militärischen Maßnahmen mit der politischen Zielsetzung abzustimmen. Der Schlieffen-Plan mit der in Kauf genommenen Verletzung der Neutralität von Belgien und Luxemburg war beispielsweise nur ein militärischer Feldzugsplan. Die politische Führung wußte von seiner Existenz. Er wurde dennoch nicht eingefügt in einen umfassenden Kriegsplan. Ein einflußreicher Vertreter des Auswärtigen Amtes, Fritz von Holstein, meinte dazu, wenn der Chef des Großen Generalstabes — eine strategische Autorität wie Schlieffen — diese Maßnahmen für erforderlich halte, dann sei es die Pflicht der Diplomatie, sich auf sie einzustellen.

Die politische Leitung fand sich mit dieser Sachlage ab. Sie forderte vom Generalstab keine Alternativpläne an. Dies hatte zur Folge, daß gleich zu Kriegsbeginn 1914 der von Schlieffen geplante Durchmarsch durch neu-trales Gebiet im Westen geschah, wodurch sich das Deutsche Reich einer Völkerrechtsverletzung schuldig machte, die international Schwierigkeiten heraufbeschwor.

Ludendorff

Der unter Schließen sich abzeichnende Trend verstärkte sich wesentlich unter Ludendorff, der den Primat der militärischen Führung vor der politischen Leitung vertrat und damit Clausewitz auf den Kopf stellte. Ludendorff war der Ansicht, durch den „totalen Krieg" sei der Grundsatz, die Politik habe die Kriegskunst zu lenken, überholt Die politische Führung beugte sich im Ersten Weltkrieg diesem Anspruch Ludendorffs. Reichskanzler Bethmann Hollweg stand von Kriegsbeginn an — und bestätigte dies auch in seinen Memoiren 1919 — auf dem Standpunkt, der Nichtsoldat könne sich nicht anmaßen, militärische Möglichkeiten, geschweige denn militärische Notwendigkeiten zu beurteilen Diese Unterordnung des politisch verantwortlichen Kanzlers unter die Oberste Heeresleitung bedeutete auch, daß Ludendorffs Maximalforderung nach einem „Siegfrieden" (mit Annexionen) akzeptiert und — Ende 1916/Anfang 1917 — die politischen Möglichkeiten eines „Verständigungsfriedens" zurückgestellt wurden. Ludendorff wollte keinen Mittelweg zwischen Sieg und Niederlage. Er forderte unmißverständlich, die Politik habe der Kriegführung zu dienen. Ludendorff wurde damit zum Gegenpol von Clausewitz und zum ersten Theoretiker des „totalen Krieges“.

Clausewitz’ Werk „Vom Kriege“ erfuhr in der 1935 von Ludendorff herausgegebenen Broschüre „Der totale Krieg“ die schroffste Ablehnung. Ludendorff erklärte: „Das Wesen des Krieges hat sich geändert, das Wesen der Politik hat sich geändert, so muß sich auch das Verhältnis der Politik zur Kriegsführung ändern. Alle Theorien von Clausewitz sind über den Haufen zu werfen. Krieg und Politik dienen der Lebenserhaltung des Volkes, der Krieg aber ist die höchste Äußerung völkischen Lebenswillens. Darum hat die Politik der Kriegsführung zu dienen."

Seeckt

Seeckt, der „Visionär des Eliteheeres", der lange Jahre mit dem „Schlagwort“ Clausewitz nichts anzufangen wußte, fand erst in späteren Jahren einen Zugang zu Clausewitz Aufgrund seiner Erkenntnisse im Ersten Weltkrieg gelangte er 1923 zu folgender Auffassung über die Beziehungen zwischen Politik und Krieg: „Es ist einer der großen Irrtümer der politischen und militärpolitischen, aber auch der strategischen Lehre, daß sich die Kriegsführung im luftleeren oder besser gesagt politikleeren Raum abspielt und daß sie andererseits eines Tages unter Schloß und Riegel gelegt werden könne, um der reinen Politik das Feld zu überlassen.“

In den „Gedanken eines Soldaten" (1929) und in der 1930 erschienen Clausewitz-Studie erkannte Seeckt — wie Clausewitz — den engen Zusammenhang von Krieg und Politik. Die Politik ist für ihn die Grundlage und die Voraussetzung für die Kriegführung. Die Ziele eines Krieges seien stets politische. Die Maßnahmen des Feldherren müßten sich mit den Zielen der Politik in Übereinstimmung befinden. „Freilich muß die Wahl des Weges zur Erreichung des Zieles dem Feldherrn überlassen bleiben, obwohl selbst bei dieser Wahl und bei der der Mittel sich politische Erwägungen einmischen werden.“ Wenn Staatsmann und Feldherr nicht in einer Persönlichkeit zusammengefaßt seien, „dann muß der Staatsbegriff die Einheit der Handlung sicherstellen". Clausewitz richte seine Lehre „Vom Kriege" ebenso an den Staatsmann wie an den Soldaten, er wolle den Feldherrn „politisches Denken", aber auch den Politiker „soldatischen Willen" lehren

Beck und Halder

Beck und Halder — in diesem Sinne „fortgeschrittene Schüler" von Seeckt — kehrten zu Clausewitz'Lehren zurück. Beck fühlte sich als Chef des Generalstabes des Heeres verpflichtet, der politischen Leitung die militärischen Möglichkeiten des Heeres ungeschminkt darzustellen und vor außenpolitischen Gewalt-maßnahmen zu warnen.

Nach Clausewitz ist der politische Zweck „kein despotischer Gesetzgeber, er muß sich der Natur des Mittels fügen und wird dadurch oft ganz verändert, aber immer ist er das, was zuerst in Erwägung gezogen werden muß" Vor diesem Hintergrund verfaßte Beck seine Denkschriften von 1938 an Hitler. In Überein-stimmung mit Clausewitz ist Beck der Auffas-sung, daß Politik das Primäre, Krieg nur eines ihrer Instrumente ist. Nach Becks Überzeugung braucht das Schwert, „das jeder Staat grundsätzlich berechtigt ist“ bereitzuhalten, ... nicht nur zu dem Zweck seines sofortigen Gebrauchs scharf gehalten zu werden, sondern sein Vorhandensein allein wird oft genügen und sein Ziehen entbehrlich machen" Halder dachte ebenso, bloß erkannte er früher als Beck, daß man der Gewaltpolitik Hitlers nicht mit Worten, sondern nur durch die Tat begegnen konnte. Auf Halders Seite blieb es bei dem für Ende September 1938 geplanten, aber nicht ausgeführten Militärputsch, der die Verhaftung Hitlers zum Ziele haben sollte.

Das Denken Becks und Halders in Clausewitz-sehen Kategorien war längst nicht mehr Gemeingut der deutschen militärischen Führung im Zweiten Weltkrieg. Feldmarschall von Kleist äußerte sich beispielsweise 1945 gegenüber Liddell Hart folgendermaßen: „Die Lehre von Clausewitz ist bei dieser Generation in Geringschätzung gefallen — schon in der Zeit, als ich auf der Kriegsakademie und im Generalstab war. Zwar zitierte man seine Sätze, aber seine Bücher wurden nicht mehr gründlich studiert Er wurde eher als militärischer Philosoph angesehen und nicht als Lehrmeister für die Praxis. Die Schriften Graf Schlieffens fanden größere Beachtung. Sie schienen von größerem praktischen Wert zu sein, weil sie sich mit dem Problem beschäftigten, wie ein an Stärke unterlegenes Heer — was immer Deutschlands Verhältnis zur Gesamtheit (seiner Gegner, d. Verf.) entsprach — mit feindlichen Armeen auf beiden Fronten fertig werden könnte, deren Kräfte zusammen überlegen waren."

Hitler

Hitler hatte Clausewitz zwar gelesen, während des Krieges Zitate aus Clausewitz'patriotischer Denkschrift von 1812 als Durchhalteparolen benutzt und ihn schließlich in seinem politischen Testament erwähnt; sein Handeln stand jedoch im Widerspruch zu Clausewitz'Lehren. Wenngleich in der Person Hitlers die Einheit von Staatsmann und Feldherr bestand, so zog er sich im Krieg de facto von der Politik zurück und dachte nur noch in den „apolitischen Alternativen von Sieg oder Vernichtung, Weltmacht oder Untergang"

Die einseitige Betonung des Vernichtungsgedankens, d. h. die Proklamation der Waffen-entscheidung als „höchstes Gesetz“, führte schon zum Verlieren des Ersten Weltkrieges. Hitler übernahm Ludendorffs These vom „totalen Krieg“. Die im Gegensatz zu Clausewitz'Theorie einseitig betonte, nur am „Vernichtungskampf" und am „Endsieg" und nicht an der Herstellung des Friedens orientierte militärische Angriffskonzeption mußte folgerichtig auch zum Drama des Zweiten Weltkrieges — und zur Vernichtung des Gleichgewichts in Europa — führen.

Beide, Ludendorff und Hitler, hatten verkannt, daß der Krieg keinen Selbstzweck darstellt, daß er grundsätzlich nur ein Instrument der Politik ist und ihm in dieser Eigenschaft Grenzen gesetzt sind.

Im Ausland

Außerhalb Deutschlands erregte das Buch „Vom Kriege" seit dem deutsch-französischen Krieg von 1870/71 in Belgien, Frankreich, Österreich-Ungarn, Schweiz, England, Italien, Japan, Schweden, in den Vereinigten Staaten von Amerika und in Rußland Aufmerksamkeit

In Frankreich, England, in den Vereinigten Staaten von Amerika und in Rußland erfolgte eine sehr unterschiedliche Aufnahme.

Frankreich

In Frankreich erschien „Vom Kriege" bereits 1832, fand aber nur zögernde Verbreitung. Dann wurde Clausewitz nach 1871 wiederentdeckt, als man versuchte, in die überlegene deutsche Strategie einzudringen, als deren wichtigsten Lehrmeister man Clausewitz ent-’ deckt zu haben glaubte.

Größere Breitenwirkung erfuhren die Lehren von Clausewitz, als der spätere Marschall Foch Lehrer an der Ecole de Guerre war.

England

Clausewitz hatte in der relativ kleinen britischen Armee immer nur einen begrenzten Leserkreis. Sein Werk „Vom Kriege" stand wegen seiner Abstraktheit und dialektischen Methode dem britischen Pragmatismus entgegen. Im übrigen mangelte es lange an geeigneten Übersetzungen. Dem britischen, weltweit orientierten Denken entsprach — auch angesichts der stets dominierenden Marine — eher das 1890 erschienene umfangreiche Werk des amerikanischen Kapitäns z. See Alfred Mahan („Clausewitz zur See") über Seestrategie und Seeherrschaft Ma-hans Werk übte auch nachhaltigen Einfluß auf Kaiser Wilhelm II, Präsident Roosevelt und den sowjetischen Admiral Gorschkow aus.

Vereinigte Staaten von Amerika

In den Vereinigten Staaten von Amerika erschien Clausewitz'Werk als Übersetzung erst während des Zweiten Weltkrieges (1943). Mahan hatte allerdings in seiner „Seestrategie" schon auf Clausewitz hingewiesen.

Sowjetunion

über Marx-und Engels-Studien ist Lenin auf Clausewitz'Werk aufmerksam geworden. Er beschäftigte sich während seines Schweizer Exils 1915 eingehend damit. Das Ergebnis war die Übertragung der Clausewitz’schen Lehre auf den politischen Machtkampf, d. h. auf die Durchführung des Klassenkampfes. Lenin legte sich seiner Gewohnheit entsprechend ein Heft mit Auszügen und eigenen Bemerkungen an. Dies ist die oft zitierte, aber wenig bekannte „Tetradka" (deutsch: Heft) Lenin empfahl später allen Parteifunktionären, das Werk von Clausewitz gründlich zu studieren.

Von dem Clausewitz-Satz: „Der Eroberer ist immer friedliebend (wie Bonaparte auch stets behauptet hat), er zöge ganz gern ruhig in unseren Staat ein“, war Lenin fasziniert, wie aus seiner Randbemerkung (hahal geistreich!“) hervorgeht

Lenin machte den Kerngehalt der Thesen von Clausewitz über das Verhältnis von Politik und Krieg zu feststehenden „Bauelementen“ des Marxismus-Leninismus. Dadurch hat das Werk „Vom Kriege" eine Gegenwartswirkung erhalten, wie sie kaum größer sein kann 33 a). Das Verständnis der Doktrin des revolutionären Marxismus ist ohne tiefgehende Kenntnis von Clausewitz nicht denkbar. Der imperialistische Krieg, so pflegte Lenin Clausewitz zu zitieren, ist die Fortsetzung der imperialistischen Politik der herrschenden Klassen „mit anderen (nämlich: gewaltsamen) Mitteln“

Raymond Aron zieht aus seinen ausführlichen Untersuchungen über das Verhältnis Lenins zu Clausewitz das Fazit, daß die Gedanken von Clausewitz, ausgelegt durch einen Marxisten, seit 1915 bis zu unseren Tagen Marxisten/Leninisten als theoretischer Rahmen oder als für das Handeln rechtfertigende Ideologie dienten

Clausewitz'Aktualität für Politik und Militärwesen in der Gegenwart

Priorität der Politik

Clausewitz'Lehre vom Vorrang der Politik fand in der politischen Praxis Preußens und Deutschlands lange keine Beachtung. Dies war wegen der unterschiedlichen politischen Zuordnung des Kriegsministers unter dem Kanzler und des Generalstabschefs unter dem König bzw. Kaiser von 1871 bis zum Ersten Weltkrieg auch gar nicht möglich. Clausewitz'Thesen wurden in der Reichswehrzeit wieder berücksichtigt, dann aber von Hitler mißachtet, der im Krieg letztlich einen Selbstzweck sah. Bei der Aufstellung der Bundeswehr standen Clausewitz'Lehren von der Priorität der Politik Pate. In der Gegenwart finden sie volle Anwendung.

Primat der Politik setzt bei Politikern internationale Problemkenntnis und Sachverstand — wenn auch nicht unbedingt Erfahrung — in militärischen Dingen voraus. Es bedürfte einer eigenen Untersuchung, ob das gegenwärtige Erziehungs-und Bildungswesen diese Kenntnisse in ausreichendem Maße vermittelt und ob der von lokalen Mehrheitsverhältnissen abhängige politische Nachwuchs Zeit und Gelegenheit findet, ggf. vorhandene Lücken zu schließen.

Clausewitz im Atomzeitalter?

Die Frage nach der Gültigkeit von Clausewitz'Lehren im Atomzeitalter wird immer wieder gestellt. Sie kann vom Prinzip her bejaht werden. Allerdings muß man sich der Mühe unterziehen, die zeitlosen Elemente des Krieges aus dem zeitgebundenen Beiwerk des Buches „Vom Kriege“ herauszuschälen. Dazu gehören nach Werner Hahlweg die nach wie vor aktuellen Themen des Werkes:

1. Natur und Begriff des Krieges als Element des sozialen Lebens, als existentielles Problem, in allen seinen nur denkbaren Erscheinungsformen in Vorstellung und Wirklichkeit;

2. Verhältnis von Krieg und Politik;

3. Beziehungen zwischen Theorie und Praxis auf grundsätzlicher Ebene;

4. Grundfragen von Theorie und Praxis;

5. Wechselverhältnis von Verteidigung und Angriff;

6. Bedeutung der moralischen Größen;

7. Rolle der Unwägbarkeiten (Imponderabilien, „Friktionen“);

8. Problematik des Vernichtungsprinzips in Gedanken und Verwirklichung;

9. Phänomen des Volkskrieges;

10. Reflexionen über das rechte Verhältnis von Zweck, Ziel und Mitteln

Die Priorität der Politik bleibt uneingeschränkt gültig. Schon die konventionellen Waffensysteme der Gegenwart — ob in Heer, Luftwaffe oder Marine — erlauben keine Kriegführung, erst recht keine Kriegführung im Rahmen eines Bündnisses, welche die politische Zielsetzung nicht berücksichtigt. Besonders deutlich wird die unabdingbare politische Entscheidung angesichts der nuklearen Potentiale und der NATO-Strategie der flexiblen Reaktion. Dieses auf die Verteidigung abgestellte Konzept macht es erforderlich, den vielzitierten Clausewitz-Satz „Verteidigung ist die stärkere Form der Kriegführung“ näher zu erläutern. Der häufig als Maxime seiner Kriegstheorie angeführte Satz erweckt — absolut gesetzt — nämlich falsche Vorstellungen.

Clausewitz definierte die Verteidigung als die Abwehr eines Schlages und — als ihr charakteristisches Zeichen — das Erwarten dieses Schlages. Das Ziel der Verteidigung ist demnach Sicherung und Schutz, während das Ziel des Angriffs die Eroberung ist. „Die Verteidigung besteht also aus zwei heterogenen Teilen, dem Abwarten und dem Handeln.“ Damit ist klargestellt, daß sowohl Abwarten als auch Handeln in der Form des Gegenschlages wesentliche Teile der Verteidigung sind.

Durch die Einführung der Präzisionswaffen wird dieses Prinzip von Clausewitz erneut aktuell. Für deren Wirksamkeit ist die technische Überlegenheit eine wesentliche Voraussetzung. Schließlich erhalten die von Clausewitz geforderten „moralischen Potenzen“ in der Gegenwart einen neuen Rang. Bekannt ist, daß die „Moral der Bevölkerung" bei Stalins fünf kriegsentscheidenden Faktoren die erste Rolle spielte. Dann erst folgten Qualität, Quantität und Ausrüstung der Truppen sowie das Können der Führung.

Wenn auch innere Kräfte und ideelle Werte nicht in klaren Zahlen ausgedrückt werden können, so müssen sie dennoch ins Kalkül des Staatsmannes und militärischen Führers einbezogen werden. „Moralische Potenzen" sind letztlich ein nicht unwesentlicher Gradmesser für den Verteidigungswillen und die Glaubwürdigkeit der Abschreckung.

"Krieg als Fortsetzung des politischen Verkehrs mit Einmischung anderer Mittel"

Das katastrophale Ausmaß der beiden Weltkriege löste in Europa den Ruf „Nie wieder Krieg!" aus. Dennoch ist Tatsache, daß — allein nach 1945 mehr als hundert kriegerische Auseinandersetzungen in Regionen außerhalb der unmittelbaren Einflußzonen der beiden Supermächte stattfanden, — auch Europa und Amerika wiederholt vor dem Abgrund eines Dritten Weltkrieges standen (z. B. Berlin, Kuba).

Die nachhaltige Ächtung des Krieges seit 1945 hat Krieg und Kriegsgefahr nicht verhindert. Krieg ist sogar als bewußtes politisches rfitel „vor der Haustür Europas" wieder in Erscheinung getreten. Als Beispiel mag der Yom-Kippur-Krieg (Oktober 1973) gelten, den Präsi-dent Sadat überraschend auslöste, um den politischen Immobilismus der Jahre 1967— 1973 zu überwinden und die Position der arabischen Seite gegenüber Israel für Verhandlungen zu verbessern. Dieser 4. Nahost-Krieg wurde als einer der „nützlichsten Kriege" bezeichnet, die in diesem Jahrhundert stattgefunden haben, weil dadurch politisches Handeln wieder möglich geworden ist

Der gegenwärtige Zustand des Nichtkrieges in Europa beruht letztlich auf dem strategischen Gleichgewicht der beiden Supermächte.

Das Aufkommen von überzeugenden Erst-schlags-Kapazitäten ggf. auch die Auflösung der Bündnissysteme könnten den Krieg als mögliche Form der Politik auch hier wieder denkbar und führbar erscheinen lassen.

Bezüglich der „Wechselwirkung" zwischen der Staatengesellschaft und dem Phänomen des Krieges sind im Hinblick auf die Zeit von Clausewitz zwei Hauptveränderungen festzustellen: — die technischen Neueningen auf konventionellem, atomarem und elektronischem Gebiet; — die Erweiterung der Staatengesellschaft über die ganze Erde und die daraus resultierenden Interdependenzen auf politischem, wirtschaftlichem und sicherheitspolitischem Gebiet Für die „planetarische Gesellschaft" (Raymond Aron) von heute ergeben sich drei mögliche Arten des Krieges:

— der konventionelle Krieg — der Atomkrieg in seinen verschiedenen Stufen — der Guerilla-oder Partisanenkrieg.

Nach Clausewitz ist „die Taktik die Lehre vom Gebrauch der Streitkräfte im Gefecht, die Strategie die Lehre vom Gebrauch der Ge" fechte zum Zwecke des Krieges" Dieser militärisch definierte Strategie-Begriff erfuhr seit längerem eine wesentliche Ausweitung.

Instrumente, die der gegenwärtigen Bedrohung in Form von unterschiedlichen Kriegsarten Rechnung tragen, sind:

— Außen-, Sicherheits-und Militärpolitik — Zivile Verteidigung — Wirtschaftspolitik, Forschung und Technik — Finanzpolitik — Informationspolitik — Innere Sicherheit, soziale Sicherheit, Staatsschutz.

Eine solche „multidimensionale Strategie" (de Maiziere) bedingt ein Feld geteilter Verantwortungen, d. h. die Aufgaben und Ziele der Politik sowie die Aufgaben der bewaffneten Macht bedürfen der Präzisierung. Ein erfolgreiches Zusammenwirken von politischer und militärischer Führung verlangt von beiden Seiten besondere Einsicht und Befähigung sowie fortlaufende Anpassung. Pauschal gesehen wird jedoch in Gegenwart und Zukunft eine glaubwürdige Abschreckungsstrategie nur noch Bündnissystemen möglich sein, die vom Führungs-und Verteidigungswillen einer Supermacht getragen sind. Hier stellt sich angesichts der beiderseits vorhandenen nuklearen Vernichtungspotentiale im Clausewitz'schen Sinne die Frage nach dem rechten Verhältnis von Zweck, Ziel und Mitteln des Krieges.

„Politik als Fortsetzung des Krieges“ (Lenin)

Die Ideen von Clausewitz haben einen starken Einfluß auf die sowjetische Kriegstheorie ausgeübt Seine gesellschaftspolitischen Aussagen wurden erweitert und mit marxistisch-leninistischem Gedankengut vermischt. Die Clausewitz-Definition von der Ungewißheit und Unmeßbarkeit im Wesen des Krieges wurde ins Gegenteil verkehrt. Durch „wissenschaftliche" Zweckauslegung wurde der Sieg des Sozialismus über den kapitalistischen Imperialismus zur absoluten Gewißheit umgedeutet. Zur Erreichung dieses Zieles ist jedoch nicht unbedingt ein Krieg nötig (Doppelbödigkeit der Formel „Friedliche Koexistenz").

In der Gegenwart zeigen weltweite politische Praxis, Ideologie, Streitkräfte und strategisches Konzept der Sowjetunion einen offensiven Charakter. • Die Ausweitung des sowjetischen Einflusses mit Hilfe von Stellvertretern in Angola, Äthiopien, im Jemen und in Vietnam/Kambodscha sowie die Invasion sowjetischer Truppen in Afghanistan verändern einseitig das ohnehin labile Gleichgewicht und stellen eine Herausforderung an den Westen dar. Die über die reinen Verteidigungsbedürfnisse der Sowjetunion hinausgehenden Verstärkungen und Verbesserungen bei den strategischen Waffensystemen, bei der Heeresrüstung, bei der Ausrüstung der taktischen Luftflotten und der Luftabwehr, vor allem aber auf dem Gebiet der Hochseeflotte signalisieren das sowjetische Streben nach militärischem Übergewicht. Militärische Aktionen und einseitige Höchstrüstungen verletzen den Kodex der Dtente, der auf dem Prinzip des gegenseitigen Gleichgewichts und der Parität beruht

„Kleinkrieg“ — „Nationaler Befreiungskampf

Clausewitz'Gedanken über einen Volkskrieg — nicht Revolutionskrieg — sind durch die Ereignisse in seiner Zeit (Volkskrieg Napoleons, Erhebungen in Spanien und Tirol) zu verstehen Für Clausewitz ist die Bewaffnung des Volkes nur Mittel der nationalen Verteidigung und eng mit dem Partisanenkrieg verbunden. Aber auch hier sollte der Primat der Politik Geltung haben.

Während Clausewitz als Theoretiker des Volkskrieges in der westlichen Welt lange vergessen war, hat ihn Lenin durch das Studium von Clausewitz, Marx und Engels wiederentdeckt — mit dem Erfolg, daß Stalin im Zweiten Weltkrieg auf diese Kriegsform zurückgriff und den „Vaterländischen Krieg" ausrief. (Partisanenkämpfe gab es auch in Jugoslawien, in Griechenland, Frankreich, Italien und Norwegen — mit unterschiedlicher Intensität und Zielrichtung). Hitler sah in der letzten Kriegsphase im „Werwolf" noch eine Rettung. Er stützte sich dabei allerdings — im Gegensatz zu Stalin — mehr auf die Partei als auf das Volk

Clausewitz'Erkenntnisse über den Volkskrieg haben die moderne Partisanenkriegführung, insbesondere den „nationalen Befreiungskampf", wesentlich beeinflußt (Anwendung der Lehre vom Krieg als „Mittel der Politik"). Im Zuge der Entkolonialisierung tauchten nach 1945 in Asien, Afrika und bei revolutionären Wirren in Lateinamerika Partisanenarmeen respektabler Größe auf. Sie waren nicht zuletzt die Folge eines überwiegend von Moskau ideologisch propagierten und waffenmäßig unterstützten „nationalen Befreiungskampfes". Subversionskriege — weithin auch der internationale Terrorismus und die Stadtguerillas — greifen größtenteils auf die gleichen geistigen oder materiellen Hilfsquellen zurück. Der Kleinkrieg erscheint in der Gegenwart als eine militärische Alternative zum Atomkrieg, wenn die Voraussetzungen hierfür gegeben sind. In präventiver Form kann er in Ballungsräumen durch Terrorakte, Sabotage und Verunsicherung der Bevölkerung die atomare Bedrohung unterlaufen.

Mao, Lin Piao, Ho Chi-Min, Giap und Che Guevara als Personen und PLO, IRA und die Befreiungsbewegungen im südlichen Afrika als Organisationen waren oder sind entschiedene Vertreter des Kleinkrieges und — zumindest vordergründig — Anhänger des Prinzips der „sozialen, und nationalen Befreiung". Mao gilt als Lehrmeister der „Strategie der Dritten Welt" Nach seiner Theorie kämpfen und siegen Guerilla-Armeen gegen einen übermächtigen, hochentwickelten, waffenstarken Feind; denn die alte — europäische — Strategie versagt, wenn nach seiner Taktik gekämpft wird, wo — Armee und Bevölkerung identisch sind, — „die Guerillas in der Volksmasse schwimmen wie die Fische im Wasser", — „die Mobilisierung des gemeinen Mannes im ganzen Lande ein riesiges Meer schafft, in dem der Feind ertrinkt".

Clausewitz-Renaissance

Die Clausewitz-Renaissance in der Gegenwart ist kein Zufall: Die große Militarismus-Diskussion der Nachkriegszeit, die unterschiedlichen Clausewitz-Interpretationen im (früheren) deutschen Generalstab und die ebenfalls divergierenden Meinungen des Auslands über Clausewitz'Lehren bedurften dringend einer Klärung aus zeitgenössischer Sicht. Clausewitz'hinterlassene Werke wurden deshalb ein Gegenstand intensiver Forschung. Vermehrt befassen sich Wissenschaftler — auch Friedensforscher — mit den Lehren von Clausewitz. Auch die Vertreter der Studentenbewegung griffen in der Mitte der sechziger Jahre im Nachvollzug von Engels, Lenin, Mao, Ho Chi-Min und Che Guevara auf Clausewitz-Ideen zurück. Niemals zuvor wurden übrigens auf dem Buchmarkt ähnlich viele Exemplare „Vom Kriege“ abgesetzt. { Zeitgeist, Aktualität und Interesse an Clausewitz'Theorie fanden literarisch einen bedeutenden Niederschlag in unzähligen nationalen und internationalen Publikationen. Das Zeitlose an Clausewitz’ Kriegsphilosophie wird durch diese Rezeption bestätigt.

Die DDR, die seit den sechziger Jahren auf der Suche nach Tradition und Vorbildern ist, sieht in „Tauroggen“ die Wiege der deutsch-sowjetischen Waffenbrüderschaft Die NVA beansprucht die „hervorragenden bürgerlichen Militärs" wie Scharnhorst, Gneisenau und Clausewitz in gleicher Weise für die Pflege „fortschriftlicher deutscher militärischer Tradition“ wie den „genialen Militärtheoretiker der Arbeiterklasse, Friedrich Engels“.

Die in der Bundesrepublik Deutschland bestehende Clausewitz-Gesellschaft hat die Wiederkehr des 200. Geburtstages des preußischen Generals zum Anlaß genommen, im März 1980 vor einem internationalen Forum in der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg die aktuellen Bezüge der Theorien von Clausewitz zur Gegenwart herzustellen. In der gleichzeitig erschienenen Publikation „Freiheit ohne Krieg?“ äußerten sich maßgebende Persönlichkeiten des In-und Auslandes über das Verhältnis von Politik und Krieg, die Dimensionen der Strategie unserer Zeit und die Clausewitz-Diskussion der Gegenwart Jedoch — und auch dies bestätigte das internationale Clausewitz-Forum — kein Philosoph, kein Politiker, kein Wissenschaftler kann sich zu Lebzeiten und erst recht nicht pothum vor vereinseitigenden Interpretierungen schützen.

Literaturhinweise:

Aron, Raymond: Clausewitz et la guerre populaire, in: Defense nationale, Jan. 1973, S. 3— 10.

ders.: Penser la guerre, Clausewitz, 2 Bände, Paris 1976 Clausewitz, Carl v.: Vom Kriege. Hinterlassenes Werk. Vollständige Ausgabe im Urtext mit völlig überarbeiteter und erweiterter historisch-kritischer Würdigung von Prof. Dr. Werner Hahlweg, 18. Aufl. Bonn 1973 ders.: Vom Kriege. Hinterlassenes Werk. Einleitung von Prof. Dr. Ernst Engelberg und Generalmajor a. D. Dr. Otto Korfes, Berlin (Ost) 1957 Clausewitz-Gesellschaft (Hrsg.): Freiheit ohne Krieg? Strategie-Diskussion der Gegenwart im Spiegel der Theorie von Carl von Clausewitz. Vorwort von Ulrich de Maiziere, Bonn 1980 Eckert, Georg: Von Valmy bis Leipzig. Quellen und Dokumente zur Geschichte der preußischen Heeresreform, Hannover, Frankfurt/M. 1955 Hackl, Othmar: Carl von Clausewitz — Leben, Werk, Nachwirkung, in: Information für die Truppe, H. 5/1980, S. 43— 79 Hahlweg, Werner: Carl von Clausewitz. Soldat — Politiker — Denker, Göttingen 1957 ders.: Carl von Clausewitz, in: Wolfgang v. Groote (Hrsg.), Große Soldaten der europäischen Geschichte, Frankfurt/M., Bonn 1961, S. 299— 337 ders.: Das Clausewitzbild einst und jetzt. Mit textkritischen Anmerkungen, in: Carl von Clausewitz, Vom Kriege, 18. Aufl. Bonn 1973, S. 1— 172 ders.: Lenin und Clausewitz. Ein Beitrag zur politischen Ideengeschichte des 20. Jahrhunderts, in: Archiv für Kulturgeschichte, 36. Band (1954), H. 1 u. 3 Liddell Hart, Basil H.: Strategie, Wiesbaden o. J. (1955)

Höhn, Reinhard: Scharnhorsts Vermächtnis, 2. Aufl. Frankfurt/M., Bad Harzburg 1972 Lenin, W. L: Clausewitz'Werk „Vom Kriege“. Auszüge und Randglossen. Vorwort und Anmerkungen von Otto Braun, Berlin (Ost) 1957

Mao Tse-tung: Theorie des Guerillakrieges oder Strategie der Dritten Welt Einleitendes Essay von Sebastian Haffner, Reinbek bei Hamburg 1966 Marwedel, Ulrich: Carl von Clausewitz. Persönlichkeit und Wirkungsgeschichte seines Werkes bis 1918. Militärgeschichtliche Studien, hrsg. vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt, Bd. 25, Boppard/Rh. 1978 Paret, Peter: Clausewitz and the State, Oxford 1976 ders.: Yorck and the Era of Prussian Reform 1807— 1815, Princeton 1966 Parkinson, Roger: Clausewitz. A Biography, London 1970 Rautenberg, Hans-Jürgen: „Der Krieg ist ein Teil. Das Ganze ist die Politik". Zur Nachwirkung von Clausewitz in marxistischen Kriegstheorien, in: Information für die Truppe, H. 5/1980, S. 80— 88 Ritter, Gerhard: Staatskunst und Kriegshandwerk. Das Problem des „Militarismus" in Deutschland, 4 Bände, München 1954— 68 Rothfels, Hans: Carl von Clausewitz. Politik und Krieg. Eine ideengeschichtliche Studie. Reprint der 1. Auflage (Berlin 1920) mit einem Nachwort von Joachim Niemeyer, Bonn 1980 Schmitt, Carl: Clausewitz als politischer Denker. Bemerkungen und Hinweise, in: Der Staat. Zeitschrift für Staatslehre, öffentliches Recht und Verfassungsgeschichte, 6. Bd., H. 4/1967, S. 479— 502. Schramm, Wilhelm v.: Clausewitz. Leben und Werk, Esslingen 1976 Schütte, Ehrenfried: Carl von Clausewitz. Denker des Krieges, in: Criticön H. 40 (März/April) 1977, S. 99— 103 Senghaas, Dieter: Rückblick auf Clausewitz, in: Atomzeitalter. Information und Meinung, Jan. 1966, S. 39— 46 Stamp, Gerd (Hrsg.): Clausewitz im Atomzeitalter, Wiesbaden 1962 Wallach, Jehuda: Das Dogma der Vernichtungsschlacht. Die Lehren von Clausewitz und Schlieffen und ihre Wirkungen in zwei Weltkriegen, Frankfurt/M. 1967.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Im Zuge der Clausewitz-Renaissance entstanden während der siebziger Jahre mehrere umfangreiche Bibliographien über den Theoretiker des Krieges: Roger Parkinson, Clausewitz. A Biography, London 1970; Raymond Aron, Penser la guerre. Clausewitz, 2 Bde., Paris 1976; Peter Paret, Clausewitz and the State, Oxford 1976; Wilhelm von Schramm, Clausewitz. Leben und Werk, Esslingen 1976; Ulrich Marwedel, Carl von Clausewitz. Persönlichkeit und Wirkungsgeschichte seines Werkes bis 1918, Boppard 1978. Für den eiligen Leser empfiehlt sich als Einführungslektüre: Werner Hahlweg, Carl von Clausewitz. Soldat — Politiker — Denker, Göttingen 1957.

  2. Vgl. Peter Paret, Clausewitz, a. a. O„ S. 239 (Fn. 41).

  3. Näheres hierzu bei Werner Hahlweg. Das Clausewitzbild einst und jetzt, in: Carl von Clausewitz, Vom Kriege, 18. Aufl., Bonn 1973, S. 29.

  4. Vgl. P. Paret, Clausewitz, a. a. O., S. 319— 323; vgl. ferner Ehrenfried Schütte, Carl von Clausewitz. Denker des Krieges, in: Criticön, Nr. 40 (März/April) 1977, S. 100 f.

  5. So P. Paret, Clausewitz, a. a. O., S. 431— 437. Paret nimmt hier eine Revision des Persönlichkeitsbildes von Clausewitz vor, dem (fälschlicherweise) lange nachgesagt wurde, seine Flucht in die Gedankenwelt sei nur Ersatz für ungenügendes Avancement gewesen.

  6. Vgl. Artikel „Philosophen. Viel genannt", in: Der Spiegel, 30. Jg., Nr. 50/1976 (v. 6. 12. 1976). Dort Abbildung des Clausewitz-Grabes in Burg.

  7. Vgl. W. Hahlweg, Carl von Clausewitz, Soldat — Politiker Denker, a. a. O., S. 69 f.

  8. Basil H. Liddell Hart, The Ghost of Napoleon, New Haven 1934, S. 118 ff. („The Mahdi of Mass'); vgl.ders., Strategie, Wiesbaden o. J. (1955), S. 415—— 431; vgl. ferner W. Hahlweg, Das Clausewitzbild, a. a. O„ S. 144 ff.

  9. Raymond Aron, Penser la guerre, Clausewitz, 2. Bd., Lage planötaire, Paris 1976, S. 289.

  10. Unter Hahlwegs Gesamtredaktion erscheint noch 1980 im Dümmler-Verlag (Bonn) die 19. Aufl.

  11. Mit dem Inhalt dieses Kapitels hat sich Lenin eingehend befaßt. Seine Randbemerkung: „das allerwichtigste Kapitel".

  12. Ebda., S. 991.

  13. Ebda., S. 210.

  14. Vgl. Werner Hahlweg, Clausewitz und die Gegenwart, in: Schicksalsfragen der Gegenwart, 2. Bd., Tübingen 1957, S. 191 ff.

  15. Otto von Bismarck, Gedanken und Erinnerungen, Stuttgart u. Berlin 1928, S. 408.

  16. So E. Schütte, Carl von Clausewitz, a. a. O., S. 103 (Fn. 3).

  17. Vgl. Otto von Moser, Das militärisch und politisch Wichtigste vom Weltkriege, Stuttgart 1926, S. 28.

  18. General (Erich) Ludendorff, Der totale Krieg, München 1935, S. 10.

  19. Vgl. Hans Meier-Welcker, Seeckt, Frankfurt/M. 1967, S. 180 u. 592 f.

  20. Zit. bei Jehuda L. Wallach, Das Dogma der Vernichtungsschlacht, Frankfurt/M. 1967, S. 348. Vgl. Hans von Seeckt, Gedanken eines Soldaten, Berlin 1929, S. 16 f.

  21. übernommen von Werner Hahlweg, Das Clausewitzbild, a. a. O., S. 78.

  22. C. v. Clausewitz, a. a. O., S. 210.

  23. Ludwig Beck, Studien, hrsg. von Hans Speidel, Stuttgart 1955, S. 251 f.

  24. Basil H. Liddell Hart, Jetzt dürfen sie reden. Hitlers Generale berichten, Stuttgart u. Hamburg 1950, S. 358.

  25. Joachim C. Fest, Hitler. Eine Biographie, Stuttgart 1973, S. 835.

  26. Eine Aufstellung der deutschen Ausgaben und der Übersetzungen des Buches „Vom Kriege" von 1832— 1969 findet sich in der zitierten Ausgabe C. v. Clausewitz, Vom Kriege, a. a. O„ S. 1270— 1275.

  27. W. I. Lenin, Clausewitz'Werk „Vom Kriege". Auszüge und Randglossen, Berlin (Ost) 1957.

  28. W. I. Lenin, a. a. O., S. 23.

  29. Vgl. W. Hahlweg, Carl von Clausewitz. Soldat — Politiker — Denker, a. a. O„ S. 99, und ders., Das Clausewitzbild, a. a. O„ S. 87 f.

  30. Raymond Aron, Penser .... 2. Bd., a. a. O., S. 68.

  31. W. Hahlweg, Das Clausewitzbild, a. a. O„ S. 40 f. Dort auch nähere Einzelheiten „im Sinne einer ersten Einführung".

  32. C. v. Clausewitz, a. a. O„ S. 616, 626.

  33. Ebda., S. 648.

  34. Ebda., S. 356 ff.

  35. So Lothar Ruehl in einem Vortrag vor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik am 17. Januar 1974 in Bonn.

  36. C. v. Clausewitz, a. a. O., S. 271.

  37. Näheres hierzu bei Hans-Jürgen Rautenberg, Der Krieg ist ein Teil. Das Ganze ist die Politik. Zur Nachwirkung von Clausewitz in marxistischen Kriegstheorien, in: Information für die Truppe, H. 5/1980, S. 80— 88.

  38. Vgl. hierzu Alexander Fischer, Christoph Bertram, Ulrich de Maiziere u. a., Politik, Strategie und Rüstung in der Sowjetunion. Wehrforschung aktuell, 7. Bd., München 1977. Vgl. ferner Günter Poser, Militärmacht Sowjetunion 1980. Daten — Tendenzen — Analyse, München, Wien 1980.

  39. Vgl. hierzu Detailuntersuchung von Werner Hahlweg, Preußische Reformzeit und revolutionärer Krieg, Beiheft 18 der Wehrwissenschaftlichen Rundschau, Berlin, Frankfurt/M. 1962.

  40. Vgl. Raymond Aron, Clausewitz et la guerre populaire, in: Defense nationale, 29. Jg., H. 1/1973, S. 3— 10.

  41. Mao Tse-tung, Theorie des Guerillakrieges oder Strategie der Dritten Welt, Reinbek bei Hamburg 1966. In dem einleitenden Essay untersucht Sebastian Haffner das Gemeinsame und das Trennende der Kriegsauffassung von Mao und Clausewitz (S. 14— 22).

  42. Vgl. Thomas M. Forster, Die NVA Kernstück der Landesverteidigung der DDR, 5. Aufl. Köln 1979, S. 284— 296.

Weitere Inhalte

Alois Friedel, Dr. phil., geb. 1924; Studium an den Universitäten München, Marburg, Bonn und Heidelberg. Truppen-, Schul-und Stabsdienst in der Bundeswehr. Referent im Institut für Wissenschaft und Politik in Eggenberg. Von 1971— 75 Gutachter für Militärpolitik und Sicherheitsfragen beim Deutschen Bundestag in Bonn. Seit 1976 Wissenschaftlicher Referent im Bundesministerium der Verteidigung. Veröffentlichungen: Die politische Symbolik in der Weimarer Republik, 1956; Unsere Symbole, Bonn 1963; Deutsche Staatssymbole, Frankfurt/M 1968; Mitherausgeber: Sicherheitskonferenz in Europa (1954— 1972), Frankfurt/M 1972; Der 4. Nahostkrieg — Regionaler Konflikt — Globale Folgen, München 1974; Autor der Gruppe . Äußere und militärische Sicherheit" im Rahmen des Curriculum „Sicherheit und Gesellschaft“, Bonn 1980. Zahlreiche Aufsätze über zeit-und kriegs-geschichtliche, militär-und sicherheitspolitische Themen.