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Strukturpolitik — Zwischen Markt und Lenkung | APuZ 24/1980 | bpb.de

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APuZ 24/1980 Strukturpolitik — Zwischen Markt und Lenkung Strukturberichterstattung aus gewerkschaftlicher Sicht Frauenerwerbslosigkeit — nur ein Qualifikationsproblem? Zusammenhänge zwischen psychosozialen Belastungen der Erwerbslosigkeit und Weiterbildungsbarrieren

Strukturpolitik — Zwischen Markt und Lenkung

Gerhard Voss

/ 27 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Der Beitrag untersucht, welchen Stellenwert die sektorale Strukturpolitik und die Strukturberichterstattung, die von der Bundesregierung jetzt aufgebaut wird, in den wirtschaftspolitischen Programmen der Bundesregierung sowie der gesellschaftlichen Gruppen und verschiedener wissenschaftlicher Beratergremien hat So wie sich die Strukturpolitik formal in eine Strukturpolitik als Ordnungspolitik, in eine Strukturpolitik als Rahmensteuerung sowie in eine Strukturpolitik als Marktsteuerung aufgliedern läßt, werden drei politische Positionen vertreten. Die dritte Position, die das Schwergewicht strukturpolitischer Aktivitäten auf die Marktsteuerung legt, kann auch mit dem Konzept der Investitionslenkung gleichgesetzt werden. Die Funktion und Bedeutung der geplanten Strukturberichterstattung ist abhängig von dem jeweiligen strukturpolitischen Konzept. Sie könnte auch als ein Informationsinstrument betrachtet werden, das den Ausgangspunkt zu einer „vorausschauenden" staatlichen Steuerung der Wirtschaftsstruktur bildet. Würden sich die strukturpolitischen Vorstellungen von SPD und Gewerkschaften in der wirtschaftspolitischen Praxis durchsetzen, so müßte die Strukturberichterstattung als ein ordnungspolitisch höchst problematisches Instrument betrachtet werden. Eine solche Einschätzung der Strukturberichterstattung würde jedoch den Realitäten widersprechen. Die strukturpolitische Konzeption der Bundesregierung enthält eine grundsätzliche Absage an gezielte Eingriffe zur Steuerung der Wirtschaftsstruktur und damit auch an investitionslenkende Maßnahmen. An dieser Konzeption ist auch die geplante Strukturberichterstattung orientiert

I. Konzeptionen staatlicher Strukturpolitik

Abbildung 1

Vor dem Hintergrund der unbefriedigenden wirtschaftlichen Entwicklung seit der zweiten Hälfte der siebziger Jahre haben Fragen des Strukturwandels und der Strukturpolitik immer mehr an wirtschaftspolitischer Bedeutung gewonnen. Zur Diskussion steht heute die grundsätzliche Frage, welchen Stellenwert die Strukturpolitik bei der Bewältigung des Strukturwandels in der Wirtschaft haben kann bzw. haben soll. Auf der einen Seite gibt es Bestrebungen, die Strukturpolitik neben der Wettbewerbspolitik und der Globalsteuerung zur „dritten Säule" der Wirtschaftspolitik auszubauen. Diesen Forderungen stehen aber andererseits Bedenken gegenüber, daß ein Ausbau der staatlichen Struktursteuerung das Konzept der Sozialen Marktwirtschaft sprengen könnte., Die Grundsätze der Bundesregierung In dem wirtschaftspolitischen Konzept der Bundesrepublik Deutschland kommt der Strukturpolitik 1) keine eigenständige Funktion zu. Sie hat in dem marktwirtschaftlichen System nur eine ergänzende und korrigierende Funktion. Für die Strukturpolitik existiert deshalb auch kein einheitlicher institutioneller Rahmen, wie er für die Wettbewerbs-politik mit dem Gesetz gegen Wettbewerbs-beschränkungen und für die Konjunkturpoli-tik mit dem Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft vorgegeben ist. Für die Strukturpolitik hat die Bundesregierung aber bereits Ende der sechziger Jahre Grundsätze formuliert, mit denen das Aufgabenfeld der Strukturpolitik abgesteckt werden sollte. Daneben veröffentlichte die Bundesregierung zwei Strukturberichte die die Grundsätze in einzelnen Punkten konkretisierten. In den Jahreswirtschaftsberichten von 1978 und 1980 der Bundesregierung sowie in der Antwort der Bundesregierung auf eine große Anfrage zur Strukturpolitik finden sich weitere Ergänzungen, die im Prinzip jedoch auf eine Bestätigung der Grundsätze aus den sechziger Jahren hinauslaufen. a) Theoretisch-konzeptioneller Rahmen Den wirtschaftstheoretischen Hintergrund der strukturpolitischen Konzeption in der Bundesrepublik bildet die Theorie der optimalen Allokation der Produktionsfaktoren. Diese Theorie besagt vereinfacht — auf die strukturelle Entwicklung in der Wirtschaft bezogen —, daß das wirtschaftliche Produktionsergebnis wächst, wenn der Einsatz der Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital durch eine Umschichtung in Richtung auf eine „optimale Wirtschaftsstruktur" verändert wird. Der Strukturwandel wird mit wirtschaftlichem Wachstum gleichgesetzt Ausgehend von diesen wirtschaftstheoretischen Vorstellungen werden nach den Grundsätzen der Bundesregierung mit der Struktur-politik in erster Linie wachstumspolitische Ziele verfolgt. Strukturwandel wird als Motor des wirtschaftlichen Wachstums verstanden. Durch die Förderung der am Markt erkennbaren Umschichtungen in der Produktion oder der Beschäftigung sollen Wachstumspotentiale der Volkswirtschaft erschlossen werden: „Von der staatlichen Politik muß erwartet werden, daß sie den Strukturwandel erleichtert und fördert. Unvermeidliche Anpassungen aufzuhalten bedeutet, auf Wachstumsmöglichkeiten zu verzichten ... Arbeitskräfte und Kapital sollen dort eingesetzt werden, wo sie den optimalen volkswirtschaftlichen Ertrag bringen." Im Strukturbericht 1970 heißt es ergänzend: „Die Bundesregierung fördert und erleichtert den Strukturwandel und den technischen Fortschritt, deshalb ist die Strukturpolitik der Bundesregierung in erster Linie Wachstumspolitik.“

Mit diesen grundsätzlichen Feststellungen der Bundesregierung hat die Strukturpolitik aber keineswegs eine praktikable Grundlage erhalten. Das Problem besteht vor allem darin, daß es keine Anhaltspunkte dafür gibt, in welche Richtung Arbeit und Kapital zur Mobilisierung von Wachstumsreserven gelenkt werden sollen. Bis heute gibt es noch keine empirisch ausreichend abgesicherten Theorien, die zur Erklärung und damit zur Prognose des wirtschaftlichen Strukturwandels herangezogen werden könnten. Die Erkenntnisse über strukturelle Entwicklungen sind so unzulänglich, daß weder die optimale Wirtschaftsstruktur formuliert noch festgestellt werden kann, welche Kombination der Produktionsfaktoren gesamtwirtschaftlich als optimal anzusehen ist. Mit einer Strukturberichterstattung, die von der Bundesregierung vorbereitet wird, sollen diese Informationslücken abgebaut werden

Gemessen an dem Erkenntnisstand können die Probleme der strukturellen Entwicklung lediglich als punktuelle Probleme gesehen und behandelt werden. Die Praxis der sektoralen Strukturpolitik ist deshalb auch mehr pragmatisch und punktuell ausgerichtet, und es besteht die Gefahr, daß sie in einen ordnungspolitisch bedenklichen Interventionismus einmündet. Wichtig sind deshalb auch die ordnungspolitischen Eingrenzungen der Strukturpolitik durch die Bundesregierung. b) Ordnungspolitischer Rahmen Der Rahmen, innerhalb dessen die Strukturpolitik auf die wirtschaftsstrukturelle Entwicklung Einfluß nehmen soll, wird durch die Grundsätze der Bundesregierung ordnungspolitisch abgesteckt. Es wird die Priorität des Marktes als Institution zur Steuerung der strukturellen Entwicklung der Wirtschaft hervorgehoben und davon ausgegangen, daß der marktwirtschaftliche Preismechanismus die Verteilung der Produktionsfaktoren auf die Regionen und Sektoren in Eigenverantwortung der Unternehmen steuert. Diese ordnungspolitische Position hat die Bundesregierung in dem Jahreswirtschaftsbericht 1980 in wiederholt: „Es ist erster Linie Aufgabe der Unternehmen, sich auf Strukturwandel einzustellen und die darin liegenden Investitionschancen im Wettbewerb zu nutzen. Die deutsche Wirtschaftspolitik ist darauf ausgerichtet, den Unternehmen die geeigneten Rah-menbedingungen zu sichern und unzumutbare soziale Härten infolge des Strukturwandels zu vermeiden."

Der ordnungspolitische Rahmen der Struktur-politik kann mit folgendem Zitat umschrieben werden: „Strukturen sind soweit wie möglich über den Markt zu steuern, soweit wie nötig über strukturbestimmende Rahmendaten. Nur in sehr begrenzten und begründeten Ausnahmefällen ist die direkte Staatsintervention erlaubt.“ Daraus können drei Ebenen struktur-politischer Steuerung durch den Staat abgeleitet werden:

— Strukturpolitik als Ordnungspolitik, — Strukturpolitik als Rahmensteuerung, — Strukturpolitik als Marktsteuerung.

Die erste Ebene bietet den breitesten Aktionsparameter. Sie soll letztlich der Festigung und Gestaltung der Sozialen Marktwirtschaft dienen und ist damit Bestandteil der allgemeinen systemkonstituierenden Wirtschaftspolitik. Durch die Strukturpolitik als Ordnungspolitik werden die. Komponenten, die in der Sozialen Marktwirtschaft die strukturelle Entwicklung bestimmen, selbst beeinflußt. Dazu gehört in erster Linie die Gestaltung des Wettbewerbs. Aus dieser Sicht ist die beste Strukturpolitik eine konsequente Wettbewerbspolitik. Aber auch alle Strukturelemente, die in einem funktionalen Zusammenhang mit der ökonomischen Wettbewerbsordnung stehen, sind Gegenstand der Strukturpolitik als Ordnungspolitik. Dazu gehört insbesondere noch die Mittelstandspolitik. Je erfolgreicher die Struktur-politik als Ordnungspolitik ist, umso weniger müssen andere Instrumente der Rahmen-steuerung oder der Marktsteuerung zum Einsatz kommen. „Eine Politik, die im Verfolg wettbewerblicher Ziele erfolgreich ist, entzieht weitergehenden strukturpolitischen Aktivitäten einen guten Teil ihres Beschäftigungsfeldes."

Die zweite Ebene strukturpolitischer Steuerung versucht über die Vorgabe von Rahmenbedingungen den marktbedingten Struktur-wandel zu fördern und zu erleichtern. Diese Aufgabenstellung der staatlichen Strukturpolitik wird oft als wenig konkret kritisiert, weil der gesamte Bereich der quantitativen und qualitativen Staatsbetätigung strukturelle Auswirkungen hat, so daß jede Wirtschaftspolitik Strukturpolitik sein könnte. In der strukturpolitischen Praxis wird die „Politik des Datenkranzes" auf die staatlichen Interventionen begrenzt, die gezielt zur Beeinflussung der Wirtschaftsstruktur eingesetzt werden. Dazu gehört vor allem die staatliche Investitionsfähigkeit, die mit dem Ausbau der Infrastruktur Daten für die Wirtschaft setzt und mit ihrer Nachfrage auf den Investitionsgütermärkten die sektorale Entwicklung direkt beeinflußt. In den Jahreswirtschaftsberichten von 1978 und 1980 werden von der Bundesregierung die folgenden Schwerpunkte staatlicher Rahmen-steuerung mit strukturpolitischer Zwecksetzung genannt:

— Durch einen zukunftsorientierten und umweltgerechten Ausbau der Infrastruktur sollen die Voraussetzungen für mehr arbeitsplatzschaffende Investitionen verbessert werden. , — In der Wirtschaft soll die Entwicklung und Anwendung marktorientierter Neuerungen erleichtert und günstige Voraussetzungen für technologischen Fortschritt, Innovation und Investition geschaffen werden.

— Die Mobilität von Arbeit und Kapital soll verbessert und Anpassungsprozesse durch flankierende Maßnahmen unterstützt werden.

Die Aufgabenstellung der Strukturpolitik als Rahmensteuerung läßt sich allerdings oft nur schwer von der Strukturpolitik als Markt-steuerung, die Marktprozesse korrigiert oder in eine andere Richtung lenkt, unterscheiden. In der praktischen Politik werden oft Maßnahmen der ordnungspolitisch besonders problematischen und meistens wenig erfolgreichen Marktsteuerung als Rahmensteuerung ausgegeben. Mit der strukturpolitischen Markt-steuerung des Staates sollen Marktprozesse korrigiert oder dort, wo ein marktwirtschaftliches Regulativ nicht existiert, ersetzt werden. Die Marktsteuerung ist nach den Grundsätzen der Strukturpolitik nur dann zulässig, wenn: — der Marktprozeß wegen außerökonomischer (z. B. Umweltschutz) Einflüsse oder außenhandelspolitischer (Ölpreisentwicklung) Entwicklungen nicht funktioniert oder zu sozialen Friktionen führt;

— ein marktwirtschaftliches Regulativ nur bedingt wirksam werden kann. Das gilt z. B. für den Bereich der Infrastruktur (Verkehrswesen, Bildungs-und Gesundheitswesen) oder bei der Entwicklung neuer Technologien.

Der strukturpolitischen Marktsteuerung steht ein weitreichender Interventionskatalog zur Verfügung, der weit über das Marktsystem ergänzende und korrigierende Einflußnahmen hinausgeht.

Der Katalog umfaßt staatliche Hilfen, die den Strukturwandel in der Wirtschaft verstärken oder gar auslösen sollen, bis hin zu Maßnahmen, die aus sozialpolitischen Erwägungen heraus den sektoralen Strukturwandel abschwächen, verlangsamen oder auch stoppen sollen. In den Grundsätzen zur Strukturpolitik wird dabei zwischen Maßnahmen der Strukturgestaltung und Strukturanpassung unterschieden. Dabei sollen die Maßnahmen der Strukturgestaltung durch eine Förderung des Aufbaus besonders zukunftsträchtiger Produktionszweige den wachstumspolitischen Zielen der Strukturpolitik dienen. Die Maßnahmen der Strukturanpassung, die teilweise auch Gegenstand der Rahmensteuerung sein können, decken sowohl Wachstums-als auch sozialpolitische Zielsetzungen ab. Einerseits sollen zur Mobilisierung volkswirtschaftlicher Wachstumsreserven spezielle Anpassungshilfen den Strukturwandel beschleunigen. Falls aber andererseits der sektorale Strukturwandel zu sozialpolitischen Nachteilen größeren Umfangs führt, sollen Anpassungshilfen den Strukturwandel verlangsamen und soziale Belastungen des Anpassungsprozesses ausgleichen.

In der strukturpolitischen Praxis lassen sich zwei Aufgabenfelder der Strukturpolitik unterscheiden. Zum einen geht es um die Entwicklung zukunftsweisender Produktionszweige. Dazu gehören z. B. die Luft-und Raumfahrtindustrie, die elektronische Datenverarbeitung sowie die industrielle Entwicklung der Kernenergie. Das andere Aufgabenfeld bezieht sich dagegen mehr auf schrumpfende Wirtschaftszweige. Dabei geht es um die soziale Absicherung der Umstellung oder Stillegung von Kapazitäten in Wirtschaftsbereichen, die sich an neue Marktsituationen anpassen müssen. Oft stehen dabei aber auch sicherheitspolitische oder gemeinwirtschaftliche Aspekte im Vordergrund.

Im Gegensatz zur Konzeption der Grundsätze der Bundesregierung liegt das Schwergewicht sektoraler Interventionen vor allen Dingen bei den sozial-oder sicherheitspolitischen und gemeinwirtschaftlichen Aspekten. In der Praxis erweist sich die Strukturpolitik vorwiegend als ein sozialpolitisches Korrektiv, das kaum mit wachstumspolitischen Intentionen in Verbindung gebracht werden kann. Im Vordergrund stehen Fragen wie Sicherheit der Energieversorgung, Verbesserung der sozialen Lage in der Landwirtschaft, gemeinwirtschaftliche Bedienung der Verkehrsmärkte oder Mieterschutz, die sich nur schwer unter quantifizierbare wachstumspolitische Kategorien subsumieren lassen. Als Ausdruck dieser außerökonomischen und sozialen Belange der sektoralen Strukturpolitik dominieren in der Praxis auch die Maßnahmen der Strukturerhaltung, die eigentlich — von der Konzeption her — ausgeschlossen sein sollten. 2. Stellungnahmen wissenschaftlicher Gremien Auch in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion wird heute die Frage diskutiert, wieweit die Wettbewerbswirtschaft mit einer globalen Nachfragesteuerung in der Lage sein wird, die wirtschaftlichen Probleme der Zukunft zu lösen. Kernstück dieser Diskussion sind Vorschläge, „die nachfrageorientierte Globalsteuerung durch eine mittelfristig angelegte, angebotsorientierte Therapie" zu ergänzen. In der globalen Diagnose der wirtschaftlichen Lage besteht dabei weitgehende Übereinstimmung. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten werden letztlich auf eine zu schwache private Investitionstätigkeit zurückgeführt und als der entscheidende Anknüpfungspunkt für wirtschaftspolitische Maßnahmen angesehen.

Bei den Therapievorschlägen selbst werden aber unterschiedliche Positionen vertreten. Es lassen sich zwei konträre Positionen unterscheiden. Auf der einen Seite wird die Investitionsschwäche der Wirtschaft auf eine Lähmung des marktwirtschaftlichen Allokationsprozesses durch eine zu hohe Kostenbelastung der Unternehmen sowie durch staatliche Einflußnahmen in den Wirtschaftsablauf zurückgeführt. Zur Belebung der Investitionstätigkeit wird von dieser Seite eine Stärkung der Ertragskraft der Unternehmen durch eine entsprechende Steuer-und Abgabenpolitik, einen Abbau administrativer Hemmnisse sowie durch besonnene Tarifverträge gefordert. Dieser eher neoklassischen Position stehen mehr staatsinterventionistische Vorschläge gegenüber, die zur Belebung der Investitionstätigkeit dem Staat einen stärkeren Einfluß auf individuelle Investitionsentscheidungen in den Unternehmen sichern wollen.

Daneben wird noch die Position vertreten, daß in der gewerblichen Wirtschaft gar nicht jenes Investitionspotential vorhanden ist, das eine angemessene Wachstumsrate der Wirtschaft ermöglicht. Von dieser Richtung wird vor allem für eine Ausweitung der öffentlichen Investitionen plädiert

Die eher neoklassische Position nimmt der Sachverständigenrat in seinen letzten Gutachten, die sich auch mit Fragen der Strukturpolitik befassen, ein Es wird eine Rahmensteuerung empfohlen, die „das private Investitionskalkül entlastet und den Strukturwandel mehr als bisher fördert" Ziel ist letztlich, die Abgabenlast von investitionshemmenden zu investitionsfördernden Steuern zu verlagern. Aus der allgemeinen Empfehlung einer „verstärkten Beteiligung des Staates an den Risiken privater Investitionen“ könnten allerdings auch Ambitionen für eine strukturpolitische Marktsteuerung abgeleitet werden.

Eine ordnungspolitisch wesentlich restriktivere Position nimmt der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft in einer Stellungnahme zur Strukturpolitik vom Dezember 1978 ein. Ausdrücklich wird in dieser Stellungnahme die „Sicherung der Funktionsbedingungen der Marktwirtschaft" als die zentrale Aufgabe der Strukturpolitik hervorgehoben und damit in erster Linie für eine Strukturpolitik als Ordnungspolitik plädiert. Besondere Probleme würden Verzerrungen des Wettbewerbs, die durch staatliche oder staatlich subventionierte Unternehmungen auf Auslandsmärkten hervorgerufen werden, schaffen. Die strukturpolitische Rahmensteuerung wird in dem Gutachten auf eine Unterstützung von Innovationen durch Grundlagenforschung beschränkt. Mit der Begründung, das marktwirtschaftliche Anreizsystem begrenze die Innovationsbestrebungen auf marktnahe Lösungen, wird eine besondere Förderung der Grundlagenforschung vorgeschlagen. Die Marktsteuerung soll auf Schlüsselproduktionen, wie Energie und Rohstoffe, beschränkt bleiben.

Zu mehr staatsinterventionistischen Empfehlungen kommt dagegen die Kommission für wirtschaftlichen und sozialen Wandel. In dem Schlußgutachten wird eine „Strategie der gestalteten Expansion bei Vollbeschäftigung" vorgeschlagen, in der zwar die globale Investitionsförderung sowie die Förderung von Innovationen die zentrale Rolle spielen. Zugleich schlägt die Kommission aber auch vor, über eine spezielle Strukturpolitik Einfluß auf die Zusammensetzung und Struktur des wirtschaftlichen Wachstums zu nehmen. Damit werden die ordnungspolitischen Grenzen marktwirtschaftlicher Steuerung überschritten. Eine klare ordnungspolitische Eingrenzung der Strukturpolitik durch die Ordnungskriterien der Marktwirtschaft wird in dem Gutachten der Kommission nur in verschiedenen Minderheitsvoten der Arbeitgebervertreter vorgenommen

Ein konkretes strukturpolitisches Konzept hat die Kommission allerdings nicht entworfen. Es wird allgemein gefordert, den Stellenwert der Strukturforschung aufzubessern. Als ersten Schritt dazu empfiehlt die Kommission die Einsetzung eines unabhängigen Sachverständigenrates für Strukturfragen, der analog dem Sachverständigenrat für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung konzipiert sein soll. Darüber hinaus wird ein weitreichender Ausbau der Strukturstatistik gefordert, um strukturelle Zusammenhänge und Abläufe in der Wirtschaft besser erkennen zu können. 3. Forderungen gesellschaftlicher Gruppen In den politischen Parteien sowie in den Arbeitgeber-und Arbeitnehmerorganisationen werden sehr unterschiedliche Auffassungen zur Strukturpolitik vertreten. Die zurückhaltenste Position nimmt die CDU in ihrem wirtschaftspolitischen Programm ein. Der Strukturpolitik kommt dort keine eigenständige Funktion zu. Die Bewältigung des Struktur-wandels ist nach diesem Programm in erster Linie Aufgabe der Unternehmen. „Den Partnern, den Unternehmensleitungen, den Arbeitnehmervertretern im Betrieb und den Tarifparteien kommt die große Aufgabe zu, rechtzeitig für wirtschaftlich gebotene, humane Anpassungen vorzusorgen. Vordringliche Aufgabe des Staates ist es, die Sperren für eine leichtere und schnellere Bewältigung des Strukturwandels zu beseitigen, die durch Bürokratisierung, Besitzstandsdenken und Unbeweglichkeit erzeugt werden."

Die Position der Wirtschaft ist weitgehend identisch mit Grundsätzen, die Ende der sechziger Jahre von der Bundesregierung formuliert wurden. Die Bewältigung des Struktur-wandels sieht sie als ihre eigene Aufgabe an, aber auch als Aufgabe der Beschäftigten. Der Staat hat nur subsidiär „den Strukturwandel flankierend zu fördern, internationale Wettbewerbsverzerrungen aufzufangen und soziale Auswirkungen struktureller Veränderungen abzufedern.“ Diese Position ist auch auf dem Symposion zur Strukturberichterstattung vom Dezember 1979 wiederholt worden.

Dagegen werden von der SPD und den Gewerkschaften ordnungspolitisch sehr viel weitreichendere Positionen vertreten. Es wird eine aktiv vorausschauende Strukturpolitik, die gleichberechtigt neben der Wettbewerbs-politik und der Globalsteuerung steht, gefordert. Als Ergänzung zum Marktmechanismus sollen Instrumente staatlicher Planung und Lenkung geschaffen werden. Im Zentrum dieser Vorschläge steht die Frage, welche Koordinierungsinstanzen und Kontrollmechanismen Funktionen des Marktes übernehmen sollen. Gefordert werden Strukturgremien mit der gleichberechtigten Teilnahme der Tarifparteien, die Empfehlungen für eine vorausschauende Gestaltung der Wirtschaftsstruktur auch nach gesellschaftspolitischen Kategorien erarbeiten sollen.

Eine SPD-Kommission hat in einem Modell für eine „Vorausschauende Strukturpolitik für Vollbeschäftigung und humanes Wachstum" entsprechende Vorschläge entwickelt. Dieses Modell enthält Vorschläge, nach denen Strukturräte als gleichberechtigte Koordinierungs-und Steuerinstanzen der wirtschaftlichen Entwicklung neben dem Markt eingerichtet werden sollen. Neben einem „Strukturrat der öffentlichen Hand", der aus dem Konjunkturrat und dem Finanzplanungsrat gebildet werden soll, soll ein „Strukturrat der sozialen Gruppen“ gebildet werden: „Die Konzertierte Aktion wird so weiterentwickelt, daß sie strukturpolitische Aufgaben übernehmen kann, d. h, daß sie einmal die Meinungsbildung der gesellschaftlichen Gruppen zum Strukturwandel koordiniert, zum anderen eine bessere Abstimmung zwischen staatlicher Wirtschaftspolitik und privaten Unternehmensplanungen herstellen kann. Für branchenspezifische Probleme können Ausschüsse gebildet werden. Arbeitnehmer und Arbeitgeber werden durch ihre Gewerkschaften und Verbände paritätisch vertreten."

Als Planungsinstrument ist darüber hinaus an einen „Bundesentwicklungsplan" gedacht, der Leitlinien der wirtschaftlichen, insbesonde-re der industriellen Entwicklung gibt. „Die vergangenheitsbezogene volkswirtschaftliche Gesamtrechnung muß erweitert werden durch die Aufstellung eines zukunftsbezogenen Bundesentwicklungsplans."

Dieses planerische Steuerungsinstrument bildet auch in den gewerkschaftlichen Vorstellungen zur Strukturpolitik das zentrale Instrument: „Unter Berücksichtigung der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, die zu einem umfassenden System der Wirtschafts-und Sozialberichterstattung ausgebaut werden muß, ist ein Rahmenplan zu entwickeln. Der Rahmenplan ist die Zusammenfassung der Regional-und Branchenprojektionen zu einheitlichen Landesentwicklungsplänen und einem Bundesentwicklungsplan." Bestimmte strukturpolitische Planungsgremien werden nicht genannt. Es wird jedoch angeführt, daß an den Vorbereitungen der Planungen die Gewerkschaften zu beteiligen sind, was nur in paritätisch besetzten Räten durchgeführt werden könnte. 4. Zusammenfassende Wertung In den strukturpolitischen Konzepten der Bundesregierung sowie verschiedener gesellschaftlicher Gruppen und wissenschaftlicher Beratergremien werden sehr unterschiedliche Akzente gesetzt. So wie sich die Strukturpolitik selbst in eine Strukturpolitik als Ordnungspolitik, in eine Strukturpolitik als Rahmen-steuerung und in eine Strukturpolitik als Marktsteuerung aufgliedern läßt, können drei Positionen unterschieden werden. Sie ergeben sich aus der Bevorzugung des einen oder anderen Bereichs der strukturpolitischen Steuerung. Die CDU und die FDP sowie der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft sehen die wichtigste Aufgabe der Strukturpolitik darin, die systemkonstituierenden Elemente der Marktwirtschaft, insbesondere die Wettbewerbsordnung, so zu gestalten, daß sie eine ausgewogene Wirtschaftsstruktur hervorbringt. Ablaufpolitische Maßnahmen werden nur in Ausnahmefällen akzeptiert und eher als Ursache struktureller Ungleichgewichte kritisiert.

Auch die Bundesregierung stellt ihrer strukturpolitischen Konzeption voran, daß der Wirtschaftsprozeß und damit die strukturelle Entwicklung der Wirtschaft durch den Markt-mechanismus determiniert werden sollen. Es sind aber auch ausdrücklich prozeßpolitische Maßnahmen, insbesondere über die struktur-politische Rahmensteuerung, vorgesehen. Prozeßpolitische Maßnahmen sollen aber grundsätzlich dem Kriterium der Marktkonformität genügen, d. h., die Maßnahmen dürfen nicht gegen den Markt wirken. Sie sollen grundsätzlich darauf beschränkt bleiben, den auf dem Markt bereits stattfindenden Strukturwandel zu beschleunigen, Anpassungsverzögerungen abzukürzen und Hemmnisse des Strukturwandels zu beseitigen. Diese Position, die das Schwergewicht strukturpolitischer Aktivitäten auf die Rahmensteuerung legt, wird im Prinzip auch von der Wirtschaft und vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vertreten. Beide halten Strukturpolitik für notwendig, um als Ordnungspolitik das System zu stabilisieren. Sie halten aber auch ablaufpolitische Instrumente für notwendig, die jedoch marktkonform sein müssen. Nur in Ausnahmefällen sollen spezielle strukturpolitische Ziele verfolgt werden.

Das, was in der ersten und zweiten Position die Ausnahme bleiben soll, bildet den Schwerpunkt der strukturpolitischen Vorstellungen innerhalb der SPD und bei den Gewerkschaften. Die Strukturpolitik ist hier weitgehend identisch mit Instrumenten und Institutionen, die in den Marktmechanismus eingreifen, um Strukturen zu schaffen, die der Markt nicht oder noch nicht herbeigeführt hat. Diese Konzepte sind als Vorstufe der Investitionslenkung einzuordnen, die mit hohen volkswirtschaftlichen Risiken verbunden sind. Eine staatliche Strukturpolitik, die sich die Aufgabe stellt, die sektoralen Produktionskapazitäten über langfristige, sektoral aufgeschlüsselte öffentliche Investitionsplanungen festzulegen, ist schon von der Informationslage her überfordert. Solch eine Politik setzt letztlich die Kenntnis voraus, welche Produkte und Leistungen in welcher Qualität und Menge, welcher Faktoreinsatz, welche Produktionsfakto9 ren zu welcher Zeit bei welchen Preisen gefragt sein werden. Dieses Informationsproblem ist unlösbar, jedenfalls beim derzeitigen Erkenntnisstand der Wirtschaftswissenschaften. Das Informationsproblem stellt sich aber bei jeder Strukturpolitik, selbst wenn sie nur die am Markt erkennbaren strukturellen Entwicklungen steuern will. Die Wirksamkeit auch der marktkonformen Strukturpolitik ist abhängig von der Transparenz des Prozesses der strukturellen Entwicklung. Ein zentrales Thema der Strukturpolitik ist deshalb auch die von der Bundesregierung geplante Struktur-berichterstattung, deren Elemente und Entwicklung im folgenden dargestellt werden sollen.

II. Strukturpolitik und Strukturberichterstattung

Die Strukturanalyse ist seit jeher ein zentraler Forschungsbereich der Wirtschaftswissenschaft. Das ergibt sich daraus, daß Erkenntnisse über die Veränderungen in der Wirtschaft Voraussetzungen unternehmerischer und wirtschaftspolitischer Entscheidungen bilden können. Gerade in den letzten Jahren, in denen viele wirtschaftliche Schwierigkeiten auf strukturelle Entwicklungen zurückgeführt werden, haben sich die Aktivitäten auf diesem Gebiet verstärkt Entscheidende Impulse sind dabei auch ausgegangen von dem umfangreichen Forschungsprogramm, das die Bundesregierung unter dem Titel „Strukturberichterstat -tung" vergeben hat. Um eine bessere Transparenz der strukturellen Umschichtungen zu erzielen, hat die Bundesregierung den Aufbau einer regelmäßigen Strukturberichterstattung für die Bundesrepublik Deutschland durch unabhängige wirtschaftswissenschaftliche Forschungsinstitute beschlossen. Dabei geht es allerdings nicht um reine Grundlagenforschung, unabhängig von politischen Ambitionen. Der Beschluß hat auch politische Hintergründe, die sich aus den parteipolitisch unterschiedlichen Positionen zur Strukturpolitik ergeben. 1. Der politische Kompromiß Der Entscheidung der Bundesregierung, eine Strukturberichterstattung für die Bundesrepublik Deutschland aufzubauen, liegt ein politischer Kompromiß zwischen den Regierungsparteien SPD und FDP zugrunde, mit dem die weitreichenden strukturpolitischen Vorstellungen innerhalb der SPD abgedeckt werden sollten, da diese auch Eingang in die Wahl-plattform der SPD von 1976 gefunden hatten. Dort hieß es wörtlich: „Wir brauchen eine vorausschauende Industriepolitik ... Es ist daher (eine) vordringliche Aufgabe .., die Planungsfähigkeit des Staates systematisch zu erhöhen. Die wichtigste Voraussetzung hierzu ist ein systematischer Ausbau des Instrumentariums der wirtschaftlichen Diagnose und Prognose. Dazu gehören: Bessere statistische Informationen, bessere Methoden zur Analyse des wirtschaftlichen Strukturwandels, Beratung der Unternehmen, der Gewerkschaften und der Politik, auch in Strukturfragen durch die Wissenschaft."

Passage SPD-Wahlplattform -Diese der mün dete dann in die Forderung, Investitionsmeldestellen einzurichten, was aber in der Regierungserklärung keinen Niederschlag gefunden hat. Die Regierungserklärung enthielt folgende Passage:

„Für eine besser koordinierte Industriepolitik wird eine sektorale Strukturberichterstattung entwickelt. Sie soll die wichtigsten Industriesektoren umfassen und mit der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung verzahnt sein. Wir werden wissenschaftliche Forschungsinstitute beauftragen, dafür regelmäßig Branchenanalysen aufzustellen. Sie sollen außerdem die Voraussetzungen für die in eigener Verantwortung aufzustellenden Branchen-prognosen in besonders sensiblen Bereichen schaffen."

Die Bundesregierung beschränkt sich damit auf die Einrichtung eines Informationsinstrumentes. Welche enge Beziehung zwischen Information und vorausschauender, investitionslenkender Strukturpolitik aber besteht, geht deutlich aus der Programmatik der Ge-werkschaften hervor. In dem Entwurf eines Grundsatzprogramms heißt es in dem Kapitel zur Investitionslenkung:

„Grundlage der Investitionslenkung (oder investitionslenkenden Strukturpolitik, d. V.) ist der Aufbau eines Systems der Information, der Koordination und Erfolgskontrolle. Dazu ist — das Instrumentarium der Wirtschaftsund Sozialberichterstattung auszubauen, — die Publizitätspflicht der Unternehmen auch im Sinne einer gesellschaftsbezogenen Rechnungslegung zu erweitern, — eine Investitionsmeldestelle einzurichten." Die von der Bundesregierung geplante Strukturberichterstattung könnte auch als Teil der geforderten Wirtschaftsund Sozialberichterstattung angesehen und damit als erster Schritt in die Investitionslenkung bzw. vorausschauende Strukturpolitik interpretiert werden. Die Formulierung der Forschungsaufträge durch die Bundesregierung hat die geplante Strukturberichterstattung allerdings in eine andere Richtung gelenkt Das geplante Informationsinstrument soll mehr eine Ergänzung der marktkonformen als der vorausschauenden investitionslenkenden Struktur-politik sein. Die Hintergründe, die zu der Entscheidung über die Strukturberichterstattung in der Regierung geführt haben, machen aber deutlich, daß auch politische Ambitionen eine wichtige Rolle spielen. 2. Die Forschungsaufträge Mit den Forschungsaufträgen, die das federführende Ressort, das Bundeswirtschaftsministerium, an fünf wirtschaftswissenschaftliche Institute vergeben hat, wird einer Politisierung der Strukturberichterstattung jedoch entgegengewirkt. Danach werden die Arbeiten an der Strukturberichterstattung als eine Art von Grundlagenforschung verstanden, die die Konjunkturanalyse ergänzen und erweitern soll. Es sollen Strukturanalysen angefer-tigt werden, die ein möglichst umfassendes und konsistentes Bild der strukturellen Entwicklungsprozesse in der Wirtschaft zeichnen. Zu folgenden speziellen Fragenkomplexen erhofft sich die Bundesregierung eine Antwort

— Der Zusammenhang zwischen struktureller und gesamtwirtschaftlicher Entwicklung soll aufgehellt werden, um vorhandene strukturelle Entwicklungslinien transparenter zu machen und insbesondere Beziehungen zwischen Expansions-und Schrumpfungsprozessen aufzuzeigen. — Die Implikationen der globalen Wirtschaftspolitik einschließlich der gesamtwirtschaftlichen Rahmengestaltung auf die Strukturen der Wirtschaft sollen verdeutlicht werden.

— Es sollen Informationen erarbeitet werden, um die vorhandenen strukturpolitischen Aktivitäten in ihrer gesamtwirtschaftlichen Wirkung besser einschätzen zu können.

— Die Informationsmöglichkeiten der Wirtschaft sollen verbreitert werden.

Dieses umfangreiche Forschungsprogramm läßt sich wohl nur schrittweise verwirklichen. Zudem wird eine längere Experimentierphase nötig sein, in der überhaupt erst Ansätze für eine derart umfassende Strukturanalyse entwickelt werden müssen. Die breite Aufgabenstellung läßt kaum kurzfristig Ergebnisse erwarten, die in volkswirtschaftliche Rahmenpläne einmünden oder die Grundlage markt-widriger Interventionen sein könnten.

Die Forschungsaufträge sind auch so formuliert, daß die Gutachten kaum die Grundlage für eine amtliche Strukturberichterstattung sein oder gar für eine amtliche Strukturprognose mißbraucht werden könnten. Drei Grundsätze, an die die Institute gebunden sind, sind in diesem Zusammenhang entscheidend: — Die Strukturberichte müssen Ex-post-Strukturanalysen zum Gegenstand haben, sie dürfen also keine Prognosen enthalten.

— Die Strukturberichte müssen von den einzelnen Instituten gesondert und im Wettbewerb untereinander erstellt werden. Sie sind keine amtlichen Berichte und sollen auch nicht in eine Gemeinschaftsdiagnose, wie bei der Konjunkturpolitik, münden.

— Die Strukturanalysen sollen im Rahmen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung erfolgen. Isolierte Analysen einzelner Sektoren sollen nicht Bestandteil der Berichterstattung sein.

Damit ist weitgehend ausgeschlossen, daß die Strukturberichterstattung zunächst über das umfassende wissenschaftliche Programm hinaus in den Dienst einer investitionslenkenden Strukturpolitik gestellt werden kann. Ein Beleg dafür sind auch die Gutachten, die die beteiligten Institute inzwischen der Bundesregierung vorgelegt haben. 3. Die Gutachten Unmittelbar nach der Entscheidung, eine Strukturberichterstattung einzurichten, hatte die Bundesregierung die beteiligten Forschungsinstitute beauftragt, in „Vorstudien“ die Mitte 1977 abgeschlossen wurden, die „Konzeption einer Strukturberichterstattung für die Bundesrepublik Deutschland" zu entwerfen und die „Möglichkeiten und Grenzen der Analyse sektoraler Strukturentwicklungen" aufzuzeigen. Nach Auswertung dieser Vorstudien wurden die Institute Anfang 1978 damit beauftragt, eine . Analyse der strukturellen Entwicklung der deutschen Wirtschaft" vorzunehmen. Erste Analyseergebnisse sind in „Zwischenberichten" festgehalten, die Ende 1979 vorgelegt wurden. Die endgültigen Analysen sollen Ende 1980 fertiggestellt werden. a)

Vorstudien In den Vorstudien kommen die Institute zu dem Ergebnis, daß die theoretische und empirische Basis für ein periodisches Diagnoseinstrument der strukturellen Entwicklung noch sehr unzulänglich ist. Kein Institut konnte deshalb für eine Gesamtanalyse struktureller Entwicklungen ein einsatzbereites Verfahren entwickeln. Dabei war auch entscheidend, daß das statistische Material für eine solche Analyse nicht vorliegt. Insgesamt haben die Institute in den Vorberichten festgestellt, daß die für eine konsistente, gesamtwirtschaftlich orientierte Strukturanalyse erforderlichen theoretischen Grundlagen, Statistiken, Methoden und Indikatoren erst im Laufe der Arbeiten an der Strukturberichterstattung entwickelt werden können. Auch nach ihrer Auffassung muß noch ein umfangreiches Programm der Grundlagenforschung durchgeführt werden, bis periodische Analysen erstellt werden können.

Die Strukturveränderungen innerhalb der Nachfrage, der Produktion und der Produktionsfaktoren sollen nach Meinung der Institute den Kern der Strukturanalysen bilden. Für die Analyse dieser Strukturveränderung schlagen die Institute im Prinzip drei Methoden vor:

— Indikatoren, — Input-Output-Tabellen und -Analysen, — ökonometrische Modelle.

Die Brauchbarkeit dieser Methoden wird jedoch unterschiedlich eingeschätzt. Als das wichtigste methodische Instrument wird von allen Instituten — mit Ausnahme des IfW — die Input-Output-Rechnung herausgestellt, weil sie kompatibel mit der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung sei und eine Verknüpfung der Wandlungen in der sektoralen Produktionsstruktur mit den gesamtwirtschaftlichen Kreislaufbeziehungen erlauben würde. Vom IfW wird die Input-Output-Rechnung deshalb abgelehnt, weil diese Methode keine zeitnahe Analyse erlaube und auch nicht die außenwirtschaftlichen Beziehungen berücksichtigen könne.

Zweifel werden von den Instituten aber auch hinsichtlich der Anwendbarkeit ökonometrischer Modelle angemeldet, mit denen der Strukturwandel simultan erklärt werden könnte. In überschaubaren Modellen müßte der Disaggregationsgrad niedrig gehalten werden, was auf Kosten möglicher Erkenntnisse über strukturelle Veränderungen im Detail ginge. Bei der Strukturanalyse ginge es aber gerade um Detailfragen bis hinunter auf die einzelbetriebliche Ebene. Als das praktikabelste methodische Diagnoseinstrument wird in den Gutachten letztlich die Indikatorenanalyse mit der Regressions-und Korrelationsanalyse angesehen. Sehr differenzierte Vorstellungen haben die Institute zu den Möglichkeiten und Grenzen einer Strukturberichterstattung in den Vorberichten geäußert. Besonders zurückhaltend ist das RWI, daß der Strukturberichterstattung die Rolle eines reinen Informationssystems zuweist, das keinen empfehlenden Charakter haben könnte. Dagegen spricht sich das Ifo und das DIW für die Erarbeitung wirtschaftspolitischer Therapievorschläge im Rahmen der Strukturberichterstattung aus. Das HWWA sieht die Chance, aufgrund der Information der Strukturberichterstattung die Instrumente der Strukturpolitik bei der Steuerung von Anpassungsprozessen gezielter einsetzen zu können. Das IfW lehnt eine sektorale Politik auf der Grundlage der Strukturberichterstattung ab. b) Zwischenberichte In den Ende 1979 von den Forschungsinstituten vorgelegten Zwischenberichten werden erste Analyseergebnisse dokumentiert. Die Berichte haben zwei Schwerpunkte. Einmal geben die Institute einen Überblick über Fortschritte und Probleme bei dem methodischen Aufbau ihrer Strukturberichte. Es handelt sich dabei um einen ersten Erfahrungsbericht über die Anwendungsmöglichkeiten der Methoden, wie sie in den Vorberichten vorgeschlagen wurden. Zum anderen aber werden die ersten Analyseergebnisse wiedergegeben.

Zu dem ersten Punkt werden keine wesentlichen Ergänzungen zu den Vorberichten gegeben. Die Institute sind bei den methodischen Ansätzen geblieben, die in den Vorberichten diskutiert wurden. Der umstrittenste Punkt in dem methodischen Teil der Gutachten ist die Frage der Statistik. Alle Institute weisen darauf hin, daß die Anwendung ihrer Methoden durch die noch bestehenden Lücken bei der Statistik behindert worden seien. Die Ursache für die statistischen Schwierigkeiten ist der Tatbestand, daß das Programm des Statistischen Bundesamtes zur Um-und Neuberechnung der für die Strukturberichterstattung notwendigen Daten parallel zu den Arbeiten der Institute an den Zwischenberichten lief. Einige statistische Lücken sind inzwischen zwar geschlossen, konnten aber in den Zwischenberichten nicht mehr berücksichtigt werden

Aber auch die zentrale Vorgabe, die Struktur-berichterstattung konsistent mit der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung aufzubauen, bringt ganz erhebliche statistische Schwierigkeiten mit sich. Zwei Probleme werden dabei von den Instituten als besonders schwerwiegend herausgestellt:

— Die wichtigsten statistischen Größen für die Strukturberichterstattung, die Werte für die Bruttoproduktion, die Vorleistungen und die Bruttowertschöpfung, müssen für die sechziger Jahre weitgehend geschätzt werden, so daß die Werte mit großen Fehlern behaftet sind, die die Darstellung über die Entwicklung der Wirtschaftsstruktur seit 1960 erheblich verfälschen.

— In der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung fehlt ein konsistentes Preissystem für die Deflationierung von Produktionswerten, von Vorleistungen und der Wertschöpfung. Das heißt, die wichtige Frage, welchen Einfluß die Preisentwicklung auf die Strukturentwicklung hat, kann anhand der vorliegenden Daten nicht geklärt werden.

Insgesamt kann festgehalten werden, daß die zentralen Fragen des methodischen Aufbaus der Strukturberichterstattung noch weitgehend ungelöst sind. Ein entscheidender Hemmschuh beim Aufbau der Strukturberichterstattung ist die Statistik.

Vor diesem Hintergrund sind auch die analytischen Ergebnisse zu beurteilen, die in den Zwischenberichten dokumentiert werden. Die Analysen enthalten Aussagen zum Tempo des Strukturwandels, zur Drei-Sektoren-Hypothe-se, zur Entwicklung der Produktionsund Beschäftigungsstruktur, zur Lohnstruktur sowie Erklärungsansätze zu den Ursachen der Unterbeschäftigung und zum Investitionsverhalten sowie zum Außenhandel Diese Aussa-gen können aber nur als vorläufige, nicht in jeder Hinsicht abgesicherte Ergebnisse bezeichnet werden. Die Ergebnisse können insbesondere noch nicht als Beleg oder als Erklärung für bestimmte Strukturtrends oder Strukturprobleme in der Wirtschaft herangezogen werden. Die Darstellung der Ergebnisse kann wiederum in zwei Schwerpunkten zusammengefaßt werden:

— Darstellung der Entwicklung der Produktions-und Beschäftigungsstruktur zwischen 1960 und 1976. Es wird dabei zwischen 60 Wirtschaftssektoren unterschieden.

— Erklärungsansätze für Wandlungsprozesse, wobei sehr unterschiedliche Akzente und Ergebnisse erzielt werden.

Zu dem ersten Schwerpunkt, der auch als „Kernberichterstattung" bezeichnet wird und in dem die Institute das vom Statistischen Bundesamt für die Strukturberichterstattung bereitgestellte Material analysieren, werden recht einheitliche Ergebnisse gefunden. Im wesentlichen laufen die Ergebnisse auf die Beobachtung eines Trends zu den Dienstleistungen — sowohl bei der Produktion als auch der Beschäftigung — hinaus. Dabei bleiben die Institute aber bei der reinen Deskription stehen. Ob die festgestellte Expansion des Dienstleistungssektors als Indiz für die Gültigkeit der Drei-Sektoren-Hypothese gelten kann, bleibt allerdings offen.

Sehr unterschiedliche Ansätze und Hypothesen werden zum zweiten Schwerpunkt von den Instituten diskutiert. Es wird auch nach Antworten zu der für die Strukturpolitik entscheidenden Frage gesucht, ob der sektorale Strukturwandel vorwiegend durch Änderungen der Nachfrage, durch Änderungen von Angebotsfaktoren oder durch Änderungen der außenwirtschaftlichen Bedingungen hervorgerufen wird. Im großen und ganzen bestätigen die Gutachten die These, daß weniger die Entwicklung der Binnennachfrage als vielmehr die Änderungen bei den Angebotsbedingungen sowie die weltwirtschaftlichen Verflechtungen ausschlaggebend für die heutigen Strukturprobleme sind. Dementsprechend werden die Ursachen der Unterbeschäftigung von der Mehrzahl der Institute auf ungünstige Angebotsbedingungen zurückgeführt Insgesamt bieten die Gutachten besonders auch für die Einordnung der strukturellen Entwicklung in die gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge interessante Anhaltspunkte, womit ein Teilziel des Auftraggebers erreicht ist.

Die anderen vom Auftraggeber vorgesehenen inhaltlichen Schwerpunkte sind dagegen in den Gutachten noch wenig zum Zuge gekommen. Weder zu den Wirkungen der Global-steuerung auf die Strukturen der Wirtschaft noch zu den Wirkungen strukturpolitischer Aktivitäten des Staates sind die Gutachter über Materialsammlungen hinausgekommen. Für die Endberichte haben die Institute aber auch zu diesen Fragestellungen Ergebnisse angekündigt. 4. Zusammenfassende Wertung Die Strukturberichterstattung hat zwei Gesichter: Sie kann als Bestandteil eines politischen Programms oder als wirtschaftswissenschaftliche Grundlagenforschung betrachtet werden. In jedem Fall soll sie aber ein Informa-tions-und Diagnoseinstrument sein, das die komplizierten strukturellen Entwicklungslinien in der Wirtschaft offenlegt.

Nach dem strukturpolitischen Programm der SPD und der Gewerkschaften soll dieses Informationsinstrument den Ausgangspunkt einer „vorausschauenden" staatlichen Steuerung der Wirtschaftsstruktur bilden. Die „Wirtschaftsund Sozialberichterstattung 1'oder die Strukturberichterstattung ist hier Bestandteil von Bestrebungen, den Marktmechanismus durch Instrumente staatlicher Planung und Lenkung zu ergänzen oder zu verdrängen. Würden sich die strukturpolitischen Vorstellungen von SPD und Gewerkschaften in der wirtschaftspolitischen Praxis durchsetzen, so müßte die Strukturberichterstattung als ein ordnungspolitisch höchst problematisches Instrument betrachtet werden.

Eine derartige Zielsetzung für die Strukturberichterstattung würde jedoch den Realitäten widersprechen. Die strukturpolitische Konzeption der Bundesregierung enthält eine grundsätzliche Absage an gezielte staatliche Eingriffe zur Steuerung der Wirtschaftsstruktur und damit auch an investitionslenkende Maßnahmen. Dieser Position wird auch mit der Gestaltung der Forschungsaufträge zur Strukturberichterstattung an die Institute durch das federführende Ministerium, dem Bundeswirtschaftsministerium, Rechnung getragen. Der Versuch, eine Strukturberichterstattung aufzubauen, wird als „eine Art Grundlagenforschung" betrachtet.

Anhand der vorliegenden Gutachten der Institute ist ein abschließendes Urteil darüber, ob und in welcher Form ein gesamtwirtschaftlich konsistentes Analysesystem für sektorale Veränderungen eingerichtet werden kann, noch nicht möglich. Die Gutachten zeigen aber, wo die grundsätzlichen Schwierigkeiten liegen:

— Theoriedefizit: Es fehlt an theoretischen Grundlagen, auf denen ein gesamtwirtschaftlich konsistentes Analyse-System für sektorale Entwicklungen aufgebaut werden könnte. — Methodische Schwierigkeiten: Es fehlt an methodischer Erfahrung und an Modellen, mit denen der Strukturwandel in der Wirtschaft umfassend und simultan erklärt werden könnte. , — Statistische Informationslücken: Es fehlt an aktuellem statistischen Material, mit dem man wiscenschaftliche Hypothesen, Methoden und Modelle überprüfen könnte.

Die Überwindung dieser Schwierigkeiten wird noch eine längere Experimentierphase in allen beteiligten Instituten erfordern.

III. Ausblick

Die künftige Bedeutung und thematische Eingrenzung der Strukturberichterstattung ist weitgehend abhängig von der Rolle, die der Strukturpolitik innerhalb der Wirtschaftspolitik in der Bundesrepublik Deutschland beigemessen wird. Im Jahreswirtschaftsbericht 1980 hat die Bundesregierung betont, daß auch in Zukunft die Strukturpolitik die ordnungspolitischen Grenzen einzuhalten hat, die das System der Sozialen Marktwirtschaft bestimmt Die Strukturberichterstattung wird deshalb auch nicht zu einem Informationsinstrument der Planung und Lenkung privatwirtschaftlicher Investitionen ausgebaut werden können.

Die Bundesregierung betont in dem gleichen Bericht aber auch, daß die Bundesrepublik Deutschland ihren Platz unter den führenden Industrienationen „nur durch eine ständig dynamische Anpassung ihrer Wirtschaftsstruktur" halten kann. Die Durchsetzung einer Politik, die den Strukturwandel fördert, würde aber oft am Widerstand der Betroffenen scheitern, weil diese „in der Regel defensive und selektive Maßnahmen weniger konkreten und in der Zukunft liegenden gesamtwirtschaftlichen Vorteilen" vorziehen würden. Die Bun-desregierung unterstreicht in dem Jahresbericht, daß deshalb „gerade in der Strukturpolitik die Anerkennung einer gesamtwirtschaftlichen Betrachtungsweise" unerläßlich sei. Hierzu kann die Strukturberichterstattung einen wichtigen Beitrag leisten, indem sie die Zusammenhänge zwischen struktureller und gesamtwirtschaftlicher Entwicklung weiter aufhellt Diese zentrale, gesamtwirtschaftliche Fragestellung, die schon in den ersten Forschungsaufträgen zur Strukturberichterstattung herausgestellt wurde, sollte konsequent weiter verfolgt und vertieft werden.

Diese Fragestellung sollte aber auch, wie im Jahreswirtschaftsbericht 1980 betont, um den instrumentellen wirtschaftspolitischen Aspekt erweitert werden. Um in der Struktur-politik aus Interventionen ohne gesamtwirtschaftliches Kalkül herausfinden zu können, sollte die Strukturberichterstattung auch mehr Erkenntnisse „über die Wirkung von wirtschaftspolitischen Interventionen und von Subventionen nicht nur auf einzelne Bereiche, sondern vor allem auch auf die Leistungsfähigkeit dr Gesamtwirtschaft" erarbeiten. Die Strukturberichterstattung würde so vor allem einen Beitrag zur Erfolgskontrolle der Wirtschaftspolitik leisten und damit in erster Linie ein Informationsinstrument des Staates sein. Es ist das erklärte Ziel der Bundesregierung, die Strukturberichterstattung auch über 1980 hinaus fortzusetzen und weiterzuentwickeln. Das ist allerdings keine Frage der Periodizität oder der Form von möglichen Strukturberichten der Bundesregierung. Die bisherigen Analysen haben vielmehr gezeigt, daß der Strukturwandel in der Wirtschaft, der Prozeß der Erneuerung und Veränderung, kaum in einem starren, periodischen Analyseinstrument eingefangen werden kann. Die Aufgabe der Weiterentwicklung der Strukturberichterstattung besteht in der Gestaltung eines Programms der Grundlagenforschung zur strukturellen Entwicklung in der Wirtschaft. Der komplexen und vielseitigen Thematik ist die breite Beteiligung wirtschaftswissenschaftlicher Institutionen in der Bundesrepublik Deutschland angemessen. Mit kurzfristigen Analysen, die von einigen wenigen ausgewählten Instituten ausgearbeitet werden, wäre niemandem gedient.

Wenig zweckmäßig wäre deshalb eine Eingrenzung des wesentlichen Teiles der Strukturberichterstattung auf eine sogenannte „Kernberichterstattung", die nur von einzelnen Instituten erstellt würde. Die „Kernberichterstattung" sollte vielmehr von dem allgemeinen, grundlegenden Forschungsprogramm zur Strukturberichterstattung getrennt und als ein generelles Problem des Ausbaus der statistischen Datenbasis betrachtet werden. Der Adressat für diese Problematik ist eindeutig das Statistische Bundesamt, das mit einem Ausbau der Strukturstatistik alle wirtschaftswissenschaftlichen Institutionen in die Lage versetzen sollte, differenzierte Strukturanalysen durchführen zu können.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Allgemein wird unter Strukturpolitik die staatliche Förderung von Veränderungen in einzelnen Teilbereichen der Volkswirtschaft verstanden. In der wirtschaftspolitischen Praxis konzentriert sich dabei die Förderung auf die Unterstützung regionaler und sektoraler Veränderungen sowie auf die Gestaltung der Unternehmensgrößenstruktur. Dementsprechend unterscheidet die Wirtschaftspolitik zwischen einer regionalen und einer sektoralen Strukturpolitik sowie einer Unternehmensgrößen-Strukturpolitik. Die Problematik des Aufsatzes konzentriert sich auf die Fragen der sektoralen Strukturpolitik.

  2. S. dazu ausführlich: Heinz Campert, Die Wirtschafts-und Sozialordnung in der BRD, München 1976, S. 161 ff.

  3. Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft vom 8. Juni 1967.

  4. Grundsätze der regionalen und sektoralen Strukturpolitik, BT-Drucksache V/2469; Grundsätze einer Strukturpolitik für kleine und mittlere Unternehmen, BT-Drucksache VI/1666.

  5. Strukturbericht 1969 der Bundesregierung, BT-Drucksache V/4564; Strukturbericht 1970 der Bundesregierung, BT-Drucksache 7/986.

  6. Jahreswirtschaftsbericht 1978, BT-Drucksache 8/1471; Jahreswirtschaftsbericht 1980, BT-Drucksache 8/3628.

  7. Antwort der Bundesregierung auf die große Anfrage der Fraktion der DU/CSU zur sektoralen Strukturpolitik vom März 1978, BT-Drucksache 8/1607.

  8. Grundsätze der regionalen und sektoralen Strukturpolitik, a. a. O., S. 2 u. S. 3.

  9. Strukturbericht 1970, a. a. O.

  10. Siehe dazu Kapitel II dieses Aufsatzes.

  11. Jahreswirtschaftsbericht 1980, a. a. O., Ziffer 38.

  12. Hans Friderichs, Strukturpolitik heute und morgen, in: Ifo-Schnelldienst 21/1974, S. 5.

  13. Christa Thoben, Konzeption einer Strukturberichterstattung für die Bundesrepublik Deutschland, Essen 1977, S. 5.

  14. Jahresgutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. BT-Drucksache 7/5902, Ziffer 284.

  15. DIW Wochenberichte 1-2/80; 13/79; 15/78.

  16. Jahresgutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung 1976/77; 1977/78.

  17. Jahresgutachten des Sachverständigenrates 1977/78. Ziffer 437.

  18. Jahresgutachten des Sachverständigenrates 1977/78, Ziff. 438.

  19. Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesministerium für Wirtschaft, Staatliche Interventionen in einer Marktwirtschaft, Stellungnahme vom 15. /16. Dezember 1978, S. 65 ff.

  20. Kommission für wirtschaftlichen und sozialen Wandel, Wirtschaftlicher und sozialer Wandel in der Bundesrepublik Deutschland, 1976.

  21. Siehe Minderheitsvotum in dem Gutachten der Kommission zu den Ziffern 69-72, 86, 116, 173, 177, 183, 230 -236, 239.

  22. Wirtschaftspolitisches Programm der CDU vom 6. September 1979, S. 6.

  23. Leitlinien zur Wirtschafts-und Beschäftigungspolitik, gemeinsame Presseerklärung der Bundes-vereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, in: Mit Wachstum gegen Arbeitslosigkeit, Köln

  24. Siehe Siegfried Mann, Eröffnungsrede zum BDI/iW-Symposion zur Strukturberichterstattung am 4./5. Dezember 1979, in: Strukturberichterstattung. Ein Informationsinstrument der Wirtschaftspolitik?, Köln 1980.

  25. Vorausschauende Strukturpolitik für Vollbeschäftigung und humanes Wachstum, Bonn Juli

  26. Vorausschauende Strukturpolitik ... a. a. O. S. 21.

  27. Antrag des SPD-Parteitages Dezember 1979, Antrag Nr. 708.

  28. Entwurf eines Grundsatz-Programms des Deutschen Gewerkschaftsbundes vom 2. Oktober 1979,

  29. Regierungserklärung vom 16. Dezember 1976, Ziff. 16.

  30. Mit der Strukturberichterstattung beauftragt sind: Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Berlin, Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung (Ifo), München, Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel (IfW), Kiel, HWWA-Institut für Wirtschaftsforschung (HWWA), Hamburg und Rheinisch-Westfälisches Institut für Wirtschaftsforschung (RWI), Essen.

  31. Jahreswirtschaftsbericht 1978, a. a. O_

  32. Die Vorstudien haben die Institute unter dem Titel „Konzeption einer Strukturberichterstattung für die Bundesregierung" veröffentlicht.

  33. Die Zwischenberichte haben die Institute unter dem Titel . Analyse der strukturellen Entwicklung der deutschen Wirtschaft" veröffentlicht.

  34. Ausführlich siehe dazu: Margot Engelmann, Ergebnisse der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen für Zwecke der sektoralen Strukturberichterstattung, in: Wirtschaft und Statistik, Heft 10/79, S. 715 ff.

  35. Ein Überblick über den Inhalt der Gutachten ist abgedruckt in: Aktuelle Beiträge zur Wirtschaftsund Finanzpolitik, Nr. 83/1979 vom 24. Oktober 1979. Eine synoptische Darstellung der Ergebnisse ist von Konrad Müller im Bundesministerium für Wirtschaft erarbeitet worden.

  36. Hans Tietmeyer, Die Strukturgutachten der deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute, in: Wirt-schaftspolitische Blätter, Heft 5/1978, S. 37.

  37. Jahreswirtschaftsbericht 1980, a. a. O., Ziff. 38.

  38. Jahreswirtschaftsbericht 1980, a. a. O., Ziff. 39.

  39. Jahreswirtschaftsbericht 1980, a. a. O., Ziff. 39.

  40. Jahreswirtschaftsbericht 1980, a. a. O„ Ziff. 42.

Weitere Inhalte

Gerhard Voss, Dr. rer. pol., Dipl. -Volkswirt, geb. 1940; Leiter des Referates Strukturanalyse, Strukturpolitik und Energiewirtschaft im Institut der deutschen Wirtschaft, Köln; nach Abitur in Kassel und kaufmännischer Lehre in der Industrie Studium der Volks-und Betriebswirtschaft in Kiel und Bonn; 1973 Promotion an der Universität Köln über „Erfolgskontrolle regionaler Strukturpolitik". Veröffentlichungen u. a.: Soziales Bodeneigentum und Bodenmarkt, Köln 1973; Trend zur Dienstleistungsgesellschaft?, Köln 1976; Sektorale Strukturpolitik — Anspruch und Praxis, Köln 1977; Strukturveränderungen im Wirtschaftswachstum, Köln 1978; Veröffentlichungen in Fachzeitschriften zur strukturellen Entwicklung der Wirtschaft sowie zur Struktur-und Energiepolitik, u. a.: Kernkraft-nutzung als Bestandteil einer aktiven Wachstums-und Energiepolitik, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 5/78.