Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Nichts kommt teurer als nichtgemachte Politik Zum Bericht der Nord-Süd-Kommission | APuZ 42/1980 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 42/1980 Nichts kommt teurer als nichtgemachte Politik Zum Bericht der Nord-Süd-Kommission Abrüstung als Entwicklungspolitik

Nichts kommt teurer als nichtgemachte Politik Zum Bericht der Nord-Süd-Kommission

Udo Kollatz

/ 47 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Vorgeschichte und Hintergründe des Berichts der Brandt-Kommission sind in der Bundesrepublik Deutschland wenig bekannt. Der Beitrag analysiert dieses Umfeld und befaßt sich mit der politischen Resonanz, die der Bericht der Nord-Süd-Kommission hierzulande bisher gefunden hat. Nichtbeachtung durch die Bundesregierung und eine unzulängliche parlamentarische Behandlung geben wenig Anlaß zu Optimismus, daß es diesem Bericht gelingen könnte, den politischen Stellenwert eines Nord-Süd-Ausgleichs für die Bundesrepublik nennenswert zu erhöhen. Der Verlauf der 11. Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen im September 1980 in New York hat das bestätigt Die Kurzsichtigkeit dieser Politik wird den Preis für einen Ausgleich mit der Dritten Welt zu unseren Lasten weiter erhöhen. Hoffnung bleibt insofern, als die Kommission ihre Aufgabe mit der Publikation des Berichts nicht als erfüllt ansieht. Im übrigen liegt es in der Demokratie wesentlich an den Bürgern, ob staatliches Handeln sich in kurzfristigem Crisis Management erschöpfen darf oder ob es gezwungen wird, sich auf tiefergreifende, dauerhaftere Problemlösungen zu richten.

Die erste Kritik erwischte es auf dem falschen Fuß: Was denn Willy Brandt und seine Nord-Süd-Kommission an Vorschlägen parat hätten, um die Russen schnellstens wieder aus Afghanistan zu vertreiben? — Heute, fast ein Jahr später, kann man gelassener sein: Den damaligen Kritikern und professionellen Krisenbewältigern ist seither selbst nicht eben Erfolg! reiches eingefallen; desgleichen nicht zu anderen Problemen, mit denen sie sich in den Spannungsfeldern zwischen Ost und West, zwischen Nord und Süd unverdrossen befassen. Mit quickem Reagieren, mit Finassieren [und Taktieren ist offensichtlich nichts zu holen. Was dagegen könnte eine langfristig angelegte politische Strategie im Nord-Süd-wie im Ost-West-Konflikt bewirken, wenn man die Entschlußkraft und Beharrlichkeit auf-brächte, die zur Verfolgung strategischer Ziele nun einmal gehören? Kann die Brandt-Kommission dazu beitragen, was hat sie gesagt — und was verschwiegen?

Vor diesem Hintergrund, den gängige politische Diskussionen in der Bundesrepublik Deutschland fast nie erreichen und nie erhellen, weil sie zu versickern pflegen, bevor sie an jenen Punkt gelangen, von dem aus zu argumentieren sich eigentlich erst lohnt, stellt sich die Frage konkret: Greift die Perspektive unserer politischen Führung, greifen Alternativen der Opposition weit genug, um unser überleben — wie es der Brandt-Bericht formuliert — zu sichern?

Dieser Beitrag befaßt sich mit der Vorgeschichte und den Vorläufern der Brandt-Kommission, mit ihren Empfehlungen, dem bisher zu registrierenden Echo und den Chancen weiterer Aktionen.

I. Glieder einer allzu langen Kette

Die der Brandt-Kommission gestellte Aufgabe war nicht neu: Es geht um Vorschläge, wie das wirtschaftliche Nord-Süd-Gefälle im Interesse I beider Seiten zu mindern ist. Die Kommission sollte also überlegen, was geschehen müßte, um Entwicklungshilfe besser und erfolgreicher zu machen.

Vor 10 Jahren: Der Pearson-Bericht Zehn Jahre früher gab es ein ähnliches Unternehmen, eine von der Weltbank berufene — aber im Gegensatz zur Brandt-Kommission auch von der Weltbank finanzierte — Kommission unter dem hoch angesehenen ehemaligen kanadischen Ministerpräsidenten und Friedensnobelpreisträger Lester B. Pearson. Der Pearson-Bericht ist ein gewichtiges Dokument Willy Brandt, der 1971 ebenfalls Frie-densnobelpreisträger wurde, hat ihn übrigens in seiner ersten Regierungserklärung als Bundeskanzler am 28. Oktober 1969 zitiert „Die Bundesrepublik Deutschland wird ihre Zusammenarbeit mit den Ländern Afrikas, Lateinamerikas und Asiens im Geiste der Partnerschaft ausbauen. Am Vorabend der zweiten Entwicklungsdekade erklärt sie: Wir werden zu einer gemeinsamen Strategie der Entwicklung beitragen und Anregungen aus dem Bericht der Pearson-Kommission in Betracht ziehen. Die Bundesregierung wird sich bemühen, das dort vorgesehene Ziel für die öffentlichen Leistungen an Entwicklungshilfe durch eine Steigerungsrate von durchschnittlich 11 % im Jahr zu erreichen. Wir werden Wege suchen, um Rückflüsse aus Mitteln der öffentlichen Kapitalhilfe wieder voll für Zwecke der Entwicklungshilfe zu verwenden ...

Aber auch der Pearson-Bericht war keineswegs der erste Anlauf. Er sollte die Weltöffentlichkeit aufrütteln, das Weltgewissen schärfen, nachdem die erste Entwicklungsdekade (damit ist die Spanne von 1960 bis 1970 gemeint) nicht gerade erfolgreich verlaufen war. Trotz des neuen Anlaufs mit Hilfe des Pearson-Berichts wurde die Situation in der zweiten Entwicklungsdekade (d. h. zwischen 1970 und 1980) nicht besser. Es gelang nicht, die Startbedingungen der Entwicklungsländer in der Weltwirtschaft so zu gestalten, daß sie sich aus eigener Kraft allmählich weiterhelfen konnten. Im Gegenteil: Die Lage der ärmeren Entwicklungsländer, jener Länder also, die weder über Rohstoffe noch über öl noch über strategisches Potential verfügen, hat sich seither nachgerade dramatisch verschlechtert Deshalb kam es zur Berufung einer neuen Kommission unter Willy Brandt die ihren Bericht sozusagen am Vorabend der dritten Entwicklungsdekade vorlegen und neue Impulse geben sollte. Wie es bisher scheint, leider mit keiner größeren Aussicht auf Erfolg.

Von einer zu drei und mehr Dekaden Anfangs hatte man noch gehofft, den aus der Kolonialherrschaft entlassenen Völkern mit einer großen gemeinsamen Anstrengung über die politische Selbständigkeit hinaus in ver tretbarer Zeit auch zur wirtschaftlichen Selb, ständigkeit verhelfen zu können. Man sprach von einer großen, im Prinzip aber einmaligen Starthilfe. So wurde es auf der Geberseite ge, sehen. So wurde es auf Seiten der Empfänger empfunden. Das war vor zwanzig Jahren. Nur so ist es zu erklären, daß z. B. die Bundes, republik Deutschland mit einer fast symbolischen Geste einen Teil des Erlöses aus der Privatisierung des Volkswagenwerkes, der nicht in die Stiftung eingebracht wurde, den Entwicklungsländern als Kredit zur Verfügung stellte. Die Mittel sollten dort den wirtschaftlichen Aufschwung induzieren, wie weiland die Marshall-Plan-Gelder bei uns. Kein Geld konnte dafür symbolisch besser sein als dieses, galt doch das Volkswagenwerk im Inland wie im Ausland als das Musterbeispiel des deutschen Wiederaufbaus und wirtschaftlichen Aufschwungs nach dem absoluten Nullpunkt. Nur so kann man die etwas naiven, aber subjektiv ernst gemeinten Forderungen einiger afrikanischer Staaten verstehen, keine Geschenke, sondern nur Kredite entgegennehmen zu wollen. Länder wie Afghanistan und Burma lehnten gar verbilligte Kredite als unter ihrer nationalen Würde ab Man wünschte reguläre Kredite, die man auf Heller und Pfennig zurückzahlen wollte. Man wollte nicht Kostgänger oder Almosenempfänger sein, sondern gleichberechtigter Partner, der einen Kredit brauchte und erhielt, um die Zeitspanne zu überbrücken, bis die eigenen Investitionen und Anstrengungen Früchte trugen.

Von ähnlichem Optimismus getragen waren die programmatischen Erklärungen der Vereinten Nationen Zwar sah man auch die Schwierigkeiten und die Größe der Aufgabe.

Aber man glaubte doch, innerhalb eines Jahrzehnts in gemeinsamer Anstrengung die Entwicklungsländer auf die Schwelle eines sich • dann selbst tragenden Wirtschaftswachstums heben zu können. Die Ernüchterung kam schnell. Die Entwicklungsländer merkten als erste, daß sie die Kredite nicht bedienen konnten, weil die Reifezeit auch guter und solider Projekte bei ihnen jeweilsviel länger dauerte, als man nach den Erfahrungen in den industrialisierten Ländern jemals unterstellt hatte. Sie mußten neue Kredite aufnehmen, um die noch laufenden bedienen zu können. Die Grenzen tragbarer Verschuldung waren schnell erreicht und überschritten. Faktische Zahlungsunfähigkeit und mühsame Umschuldungen waren die Folge. Wo man außerdem noch unvorsichtig oder leichtfertig und in die eigene Tasche gewirtschaftet hatte, akzelerierte sich dieser Prozeß zusätzlich. Für die Bundesrepublik zeichnete sich ab, daß die — aus damaliger Sicht sehr hohen — Beträge aus der Privatisierung des Volkswagenwerkes, aus der Industrieanleihe und den Länder-Darlehen nicht ausreichten, um den Auszahlungsbedarf an Kapitalhilfe über das Jahr 1962 hinaus zu decken Die Mittel revolvierten langsam oder gar nicht Die den Entwicklungsländern eingeräumten Konditionen mußten ständig verbessert werden Ab 1963 sah man sich vor der Notwendigkeit, jährlich etwa 1 Mrd. DM aus dem Bundeshaushalt für die Bedienung der Kapitalhilfeaufbringen zu müssen Seither wird die Kapitalhilfe mit steigenden Beträgen aus dem Bundeshaushalt gespeist Von Industrieanleihen, Länderdarlehen und Privatisierungserlösen — alles Kennzeichen einer einmaligen Sonderanstrengung — ist keine Rede mehr. Viele Entwicklungsländer sind unsere Dauer-kostgänger geworden, fatalerweise ohne daß unsere Hilfe auf ihrer Seite wirklich Erleichterung oder gar Besserung schafft. Auch die Ver-einten Nationen beschlossen bereits am 19. Dezember 1966 die Ausarbeitung einer internationalen Entwicklungsstrategie für die siebziger Jahre Damit wurde „die" Entwicklungsdekade im Sinne einer einmaligen großen solidarischen Anstrengung stillschweigend zu Grabe getragen.

Eine zweite Entwicklungsdekade folgte. In dieser Dekade war die erste große Ölpreiserhöhung durch die OPEC Ende 1973 das dominierende Ereignis. Die meisten Industrieländer — an der Spitze die relativ wirtschaftsstarke Bundesrepublik Deutschland — reagierten darauf mit einer Senkung, zumindest mit einem Einfrieren ihrer Entwicklungshilfe.

Das traf vor allem die ärmsten Länder. Gerade sie hätten in dieser Situation Zeichen der Hilfe so nötig gebraucht wie nie zuvor. Selbst zusätzliche Hilfsmaßnahmen, wenn man sie beschlossen hätte, wären bei den langen Vor-laufzeiten, die sinnvolle Projekte nun einmal brauchen, für die Geberländer so schnell gar nicht ausgabewirksam geworden. Aber das psychologische Signal der Verweigerung schlug sofort überall voll durch. Schlimmer noch: Die Bremsspuren wurden in der Ausgabenpolitik erst dann voll sichtbar, als die Konjunktur in den Industrieländern längst wieder auf vollen Touren lief Die Entwicklungsländer konstatierten in dieser Phase, daß das Bruttosozialprodukt der Industrieländer beachtlich stieg, während deren Entwicklungshilfeleistungen relativ weiter sanken.

Gelassenheit und Solidarität waren in dem Augenblick zur Mangelware geworden, als man sie am nötigsten gebraucht hätte. Das haben die Entwicklungsländer nicht vergessen, auch wenn die Entwicklungshilfeleistungen inzwischen wieder gestiegen sind.

Vor diesem Hintergrund wurden die Forderungen der Entwicklungsländer in der zweiten Entwicklungsdekade immer radikaler. Über die politische Programmatik einer dritten Entwicklungsdekade hat man sich im September 1980 auf der 11. Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen gestritten. Dabei wurde auch der Bericht der Brandt-Kommis-sion als offizielles UN-Dokument zur Kenntnis genommen.

Als Ergebnis der 11. Sondergeneralversammlung wurde ein Strategiepapier über die allgemeinen Ziele der Entwicklungszusammenarbeit in der dritten Entwicklungsdekade im Konsensus verabschiedet und an die 35. Generalversammlung zur Annahme weitergeleitet, mit zahlreichen Interpretationszusätzen einzelner Mitgliedstaaten, deren genauer Inhalt bei Abschluß dieses Beitrags noch nicht zu übersehen war. Der — noch wichtigere — Verfahrensvorschlag, wie diese Ziele konkret zu erreichen seien, blieb kontrovers. Die Verhandlungen sollen in der sich anschließenden (ordentlichen) 35. Generalversammlung fortgesetzt werden.

Der Leiter der deutschen Delegation, Botschafter Mathias vom Auswärtigen Amt, meinte denn auch, daß die Sondergeneralversammlung kein Erfolg, aber auch kein Mißerfolg gewesen sei Bundesminister Offergeld, von Ressorts wegen zuständig für Entwicklungspolitik, aber selbst nicht in New York, wertete es als Erfolg, daß die Sondergeneralversammlung in einer unter deutscher Beteiligung erarbeiteten Resolution „alle entwickelten Länder und alle Entwicklungsländer, die dazu in der Lage sind", gleichrangig zur Erhöhung ihrer Hilfe an die ärmsten Länder aufgefordert habe. Mit dieser Formulierung sei es erstmals gelungen, die gemeinsame Verantwortung auch der östlichen Industrieländer und der OPEC-Staaten für die Ärmsten der Armen im Text einer UN-Resolution festzuhalten

Die publizistische Kommentierung war deutlicher: „Gescheiterter Dialog", „Nord-Süd-Strategiebeschlüsse kommen in die Papiermühle“, die Strategie sei „in den Augen der westlichen Wirtschaftspolitiker ohnehin nicht viel mehr als Makulatur“

Vom Preis des . Erfolges'spricht man nicht Der Erfolg einer solchen Konferenz ist nicht etwa dadurch herbeizuführen oder daran zu messen, daß man einen Formelkompromiß findet oder daß man gar den Forderungen der Entwicklungsländer unbesehen nachgibt. Im Gegenteil: Eine Erfolgsbewertung muß bei den langfristigen, den strategischen Wirkun gen eines Konferenzabschlusses ansetzen. Ha ben wir durch das Ergebnis etwa nur einet Aufschub erreicht, den wir alsbald um so teuerer bezahlen müssen? Hat man Scheinlösun gen und Formelkompromisse oder Ansätze® dauerhafteren und tragfähigen Lösungenerarbeitet? Was hat uns eine Konferenztaktik, die bestimmte Beschlüsse blockiert, um vorgeblich . Schlimmeres'zu verhindern, in der Realität eingebracht, was wird sie uns real kosten? Man wird die Entwicklungsländer von unsin. nigen und für die Weltwirtschaft bedrohlichen Vorschlägen, die z. B. neuerdings auf eine Pa.

ralysierung des Internationalen Währungsfonds hinauslaufen, wohl erst dann abbringen können, wenn man ihre sachlich begründetet Forderungen ernst nimmt und sich ehrlich und konstruktiv damit befaßt. Man muß sich mit den Ursachen dieser Haltung auseinan.dersetzen, statt zu versuchen, die daraus resultierenden Forderungen konferenztaktisch abzublocken. Solange die Entwicklungsländer nämlich konstatieren müssen, daß man ihren realen Bedürfnissen innerhalb eines etablierten Weltwirtschaftssystems nicht Rechnung tragen will, werden sie unter dem Druck der eigenen Not ihre Forderungen nicht nur weiter eskalieren, sondern zusätzlich das System immer entschiedener bekämpfen -und eines Tages damit Erfolg haben. Durch eine unreflektierte Hinhaltetaktik erreichen wir eines mit Sicherheit: Der Preis, den wir für einen friedlichen Ausgleich mit der Dritten Welt eines Tages zwangsläufig werden entrichten müssen, wird von uns selbst ständig in die Höhe geschraubt Er verlagert sich zudem mehr und mehr auf Qualitäten, die für uns existenzbedrohend sind. Deshalb ist diese Haltung zutiefst unpolitisch. Sie ist überdies ökonomisch kurzsichtig und schädlich. Hätten die großen Industrieländer das Volumen ihrer Hilfe z. B. rechtzeitig von sich aus ernstlich erhöht, dann hätten sie die Etablierung eines dubiosen Gemeinsamen Fonds zur Rohstoffbewirtschaftung, die Parallelfinanzierungen über UNDP und FAO sowie viele andere bedenkliche Erscheinungen leicht abwehren können. Höchstwahrscheinlich wären Forderungen in dieser Form gar nicht aufgekommen. Zumindest hätten sie nicht diese starke Unterstützung gewinnen können, bei der die Industrieländer letztlich zum bösen Spiel dann nur noch resignierend, weil wider besseres Wissen, nicken konnten Im Ergebnis haben gerade die auf die Freiheit des Welthandels angewiesenen Industrieländer für ihre mangelnde Leistungsbereitschaft und den fehlenden politischen Verständigungswillen bisher stets sehr teuer bezahlt, nämlich mit Kompetenzen, mit einer Einbuße an wirtschaftlicher Freiheit mit einer Redu-

zierung künftiger Entwicklungschancen ihrer eigenen Wirtschaft. Sie haben diese Chancen geopfert, weil das — aus der Sicht der politisch Handelnden — zunächst nicht unmittelbar zu Buche schlug, nicht schon heute zu Ausgaben führte und deshalb dem eigenen Bürger und Wähler angeblich leichter zu verkaufen war. Wie sehr dieser Bürger dabei selbst verkauft wurde, zeigt sich freilich bald. Denn die Entwicklungsländer fühlen sich durch diese Opfer, durch diesen Zuwachs an institutionalisierter Macht keineswegs befriedigt. Sie können das auch nicht, denn die zusätzlich etablierten neuen Behörden, internationalen Gremien und Fonds helfen ihnen bei der Linderung ihrer existenziellen Not keineswegs. Sie schwächen zudem — weil sie ihrerseits zunächst Leistungen ohne Output absorbieren, produktive Entfaltungsmöglichkeiten beschneiden und sich gegenseitig prozedural behindern — den Strom der effektiven Hilfe. Aber die Institutionen sind inzwischen etabliert. Weitere werden ihnen folgen. Aus dem ebenso einfachen wie falschen Grund, daß die Entwicklungsländer glauben, eine neue Institution bringe ihnen letztlich doch neue (d. h. zusätzliche) Mittel, neue Fonds schafften mehr Geld. In Wirklichkeit kann die Schaffung neuer institutionalisierter Kostgänger den fehlenden Leistungswillen der Industrieländer weder stimulieren noch substituieren. Das ohnehin vorgesehene Hilfevolumen wird lediglich auf noch mehr Zuwendungsempfänger verteilt. Und weil deshalb trotz aller großartigen Beschlüsse bei den Empfängern kaum eineVerbesserung zu spüren ist, wohl aber die Kontinuität der Hilfe abnimmt, während immer mehr Hilfebürokratien immer verworrener agieren, fordern die Entwicklungsländer für die dritte Entwicklungsdekade längst nicht mehr Leistungen in Höhe von 0, 7 % des Bruttosozialprodukts der Industrieländer. Sie verlangen jetzt — da bei ihnen von der seitherigen Hilfe nicht eben viel ankam — mindestens 1% des Bruttosozialprodukts der Industrielän-der als öffentlichen Leistungstransfers Jahr für Jahr.

Das bedeutet: Wenn wir eines Tages wirklich 0, 7% des Bruttosozialprodukts leisten — und die Industrieländer haben gerade jetzt in New York wieder erklärt, sich darum bemühen zu wollen —, werden wir für diese beachtliche Anstrengung und das Erreichen dieses solange heiß ersehnten Ziels politisch nichts mehr bekommen. Wir werden nach wie vor auf der Anklagebank sitzen und entsprechend weiterhin unter Druck stehen, gefälligst noch mehr zu tun. Aber außerdem werden bis dahin auch der Internationale Währungsfonds, das GATT, die Weltbank und viele andere, akzeptabel arbeitende Institutionen auf der Strecke geblieben sein und neben ihnen zahlreiche neue, sehr ineffiziente Weltorganisationen das Licht der Welt erblickt haben.

Die Gegenüberlegung ist plausibel: Hätten die leistungsstarken Industrieländer sich dagegen bequemt, einen Transfer von 0, 7% ihres Bruttosozialprodukts rechtzeitig und ernstlich anzuvisieren, dann hätten sie sich nicht nur die Funktionsfähigkeit der Weltwirtschaft und der dazu erforderlichen Institutionen erhalten, sondern auch selbst noch entsprechende Bedingungen stellen können. Die Entwicklungsländer hätten sich beeilt, diese Bedingungen zu erfüllen, wenn sie einen höheren und kontinuierlich einplanbaren Transfer dafür bekommen hätten. Vor allem hätten die Entwicklungsländer dann gar keinen Grund gehabt, mit dem zweifelhaften Mittel der Proliferation von neuen Institutionen (vergeblich) um mehr Hilfe zu kämpfen.

Eine solche offensive, dynamische und zukunftsgerichtete Politik kostet Geld. Aber sie macht sich auch bezahlt. Wer freilich die Investition in eine offensive Strategie scheut, muß in der Regel für die Defensive — bei reduzierten Erfolgschancen — dann später ungleich mehr bezahlen. Nur wenn man den eigenen politischen Horizont auf kurze Wahlperioden einengt, kann man es sich leisten, diesen Zusammenhang zu übersehen. Deshalb ist pikanterweise die deutsche Wirtschaft, die bei ihren Auslandsgeschäften ja längst über die Kurzatmigkeit von vierjährigen Wahlzyklen hinaus-denken muß, durchaus für eine Steigerung der Entwicklungshilfe, ebenso wie die deutsche Gewerkschaftsbewegung, die Arbeitsplätze langfristig sichern will. In der Wirtschaft reagiert man auch zunehmend kritisch auf Konferenzergebnisse, die sich dadurch zu rechtfertigen versuchen, daß sie angeblich . Schlimmeres'verhütet haben, indem sie momentane Ausgaben abwehren, für diesen Aufschub aber mit der Opferung von im Augenblick noch unsichtbaren, in der Sache aber weit wertvolleren Zukunftschancen bezahlen.

Vor einem heißen Herbst oder schon im kalten Winter?

Es zeichnet sich ab, daß die Spannungen wachsen, daß wir uns von den Chancen für einen friedlichen Interessenausgleich zwischen Nord und Süd weiter entfernen. Hier in der Bundesrepublik Deutschland wird man die Haltung der Entwicklungsländer und ihre uns grotesk anmutenden Forderungen wie.derum nicht verstehen. In der Dritten Weltdagegen wird man unsere Haltung als zuneh. mend arroganter, egoistischer und kurzsichtiger empfinden. Das Mißverständnis wird -trotz des Berichts der Brandt-Kommission -auf beiden Seiten total bleiben, mit allen negativen und bedrohlichen Konsequenzen, die das für die Stabilität und den Frieden auf dieser Erde haben kann.

Die Brandt-Kommission hat sich — das ist meine Einschätzung — um einen Teil der möglichen Wirkung gebracht, weil sie der historisehen Dimension, d. h.der praktischen Erfahrung mit 30 Jahren erfolgloser Entwicklungspolitik, zu leichtfüßig auszuweichen versuchte. Wir in der Bundesrepublik Deutschland haben es überdies fertiggebracht, außer dieser historischen Dimension, außer der entwicklungspolitischen Vergangenheit also, zugleich noch die Probleme der Gegenwart und die Perspektiven unserer Zukunft ganz offiziell und amtlich zu verdrängen.

II. Die Verdrängung der Vergangenheit — nur ein Kunstgriff?

Der Bericht der Brandt-Kommission betont seine eigene Vorgeschichte nicht. Von zermürbenden Fehlschlägen, enttäuschten Erwartungen und unerfüllten Versprechungen über Dekaden hinweg ist dort kaum die Rede. Man muß schon sehr genau und zwischen den Zeilen lesen, um die vereinzelten Hinweise auf die nicht sehr ermutigenden Vorläufe zu erfassen.

Natürlich wollte die Brandt-Kommission nicht lediglich wieder einmal einen allfälligen Bericht vorlegen, nicht einen weiteren jener Appelle formulieren, die sich in ihrer kurzlebigen Alibifunktion erschöpfen, bevor sie endgültig in den Archiven verschwinden. Das ist verständlich. Aber wer — wie die Brandt-Kommission — die eigene Vorgeschichte dann gänzlich wegschiebt, nur um direkter und unbefangener zur Sache kommen zu können, wirkt darum nicht überzeugender. Er erweckt eher den Eindruck der Naivität, ja einer gekünstelten Euphorie.

Dem Leser wird auf diese Weise nahe gebracht, was heute (eigentlich) geschehen müßte, um unser Überleben zu sichern. Das freilich ist im Kern nichts anderes, als was gestern auch schon höchst notwendig und unbedingt am Platze gewesen wäre. Trotzdem ist es nicht geschehen. Warum es nicht geschah, obwohl es notwendig war und möglich gewesen wäre, das ist des Pudels Kern. Gerade dazu aber sagt die Brandt-Kommission fast nichts. Niemand kann ernstlich behaupten, daß die Bundesrepublik Deutschland als eines der leistungsstärksten Industrieländer nicht in der Lage gewesen wäre, die gleiche Quote an Entwicklungshilfe — gemessen an ihrem Sozialprodukt — zu leisten wie Dänemark, Schweden, Norwegen, Holland oder Frankreich Wenn wir uns mit unseren Leistungen an öffentlicher Entwicklungshilfe nicht in der Spitzengruppe befinden, sondern uns — bezeichnenderweise zusammen mit den anderen Wirtschaftsgiganten, mit den USA und mit Ja-i _____meistens weit unterhalb des Durch-i Schnitts bewegen dann ist das kein Naturgesetz. Es ist das Ergebnis politischer Willensbildung, das Resultat politischer Führungsenti Scheidungen. Will man das Ergebnis ändern, muß man deshalb zunächst die Bedingungen analysieren, unter denen derartige politische Führungsentscheidungen und Richtlinienvorgaben zustande kommen, beeinflußt und gesteuert werden.

Denn es geht ja gerade darum, hier nicht dem politischen Pfahlbürger nach dem Munde zu reden. Er muß vielmehr davon überzeugt werden, daß direkte und plausible, aber nur kurzfristige Gegenwartsinteressen zurückgestellt werden müssen, wenn man langfristig Zukunft, Frieden und Wohlstand sichern will.

Gefragt und gefordert sind nicht die Funktionäre, Technokraten, Parteimanager und Abstimmungstaktiker, sondern Staatsmänner.

Man muß also die Frage nach der politischen Führung stellen. Wer diese Fragestellung — aus welchen Gründen auch immer — zu vermeiden trachtet, läuft Gefahr, daß seine neu formulierten, in der Sache noch so gut fundierten Empfehlungen und Ratschläge bei der politischen Verwirklichung nachher an genau denselben (ungenannten) Klippen stranden, an denen bereits die früheren, nicht weniger plausiblen Vorschläge gescheitert sind.

Fachlich war der Pearson-Bericht keineswegs schlechter als der Bericht der Brandt-Kommission. Die Beschreibung der Situation im Pearson-Bericht war nicht weniger erschütternd, der Appell um mehr Hilfe nicht weniger eindringlich. Wenn der Pearson-Bericht es gleichwohl nicht vermochte, die politische Einstellung zu diesen Problemen nachhaltig zu ändern, warum sollte dann der Bericht der Brandt-Kommission wirksamer sein als sein Vorgänger? Man kommt also nicht umhin, sich mit den Gefahren zu befassen, die bei den Versuchen einer politischen Verwirklichung der Vorschläge drohen, mit den Hindernissen, die dabei auszuräumen und zu überwinden sind.

Nichts wäre in diesem Zusammenhang interessanter, in der Analyse faszinierender und für die künftige politische Arbeit hilfreicher gewesen, als wenn der Vorsitzende Willy Brandt in seinem Vorwort offen berichtet hät-te, warum es z. B. ihm selbst als Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland nicht gelang, die entwicklungspolitischen Vorschläge des Pearson-Berichts erfolgreicher in die Praxis umzusetzen. Immerhin war das ja ein Teil der Regierungserklärung und damit Bestandteil des offiziellen Regierungsprogramms. Was hat andererseits die Planungs-und Finanzminister, die Präsidenten wichtiger Entwicklungsländer, die jetzt in der Brandt-Kommission mitgearbeitet haben, letztlich gehindert, ihren Völkern zu einem besseren Auskommen, zu mehr Beschäftigung, zu einem steigenden, wenn auch bescheidenen Wohlstand zu verhelfen. Waren denn die Klippen, an denen so viel guter Wille scheiterte, so banal, daß man sie am besten erst gar nicht erwähnt? Werden sie künftig keine Rolle mehr spielen?

Ich halte das für unwahrscheinlich. Gerade die offizielle Behandlung, die der Bericht der Brandt-Kommission in der Bundesrepublik Deutschland bisher erfahren hat — sie wird in einem späteren Abschnitt näher dargestellt—, bestätigt diese Befürchtungen nur allzu deutlich. Indem der Bericht der Brandt-Kommission die ureigenste persönliche Erfahrung tabuisiert, die die Mitglieder der Kommission selbst bei der Verwirklichung ihrer eigenen entwicklungspolitischen Bemühungen gemacht haben, schwächt er die Legitimation der Kommission und erzeugt zusätzliche Zweifel an einigen der wesentlichen Vorschläge- Vergessene Legitimation Aufschlußreich ist das Vorwort des Vorsitzenden Willy Brandt selbst. Willy Brandt sagt „Als jemand nach meiner Legitimation fragte, einer solchen Kommission vorzusitzen, war ich nicht überrascht In aller Offenheit: Mein Werdegang mußte mich nicht unbedingt für diese Aufgabe qualifizieren ...

Willy Brandt führt dann aus, daß er sich zwar schon als junger Journalist mit den Problemen des Kolonialismus und den Kämpfen um Unabhängigkeit interessiert habe, daß er mit Nehru, Nasser, Tito und anderen führenden Persönlichkeiten zu einer Zeit zusammengetroffen sei, als die meisten Leute bei uns von der Dritten Welt noch nichts gehört hatten. Er habe durch Lektüre, Reisen und Gespräche einiges über Asien, Lateinamerika, Afrika und den Nahen Osten gelernt und das Doppel-problem von Entkolonialisierung und Ent-Wicklung nie aus den Augen verloren, aber: „Und dennoch bleibt wahr, daß es in meiner Zeit als Bundeskanzler andere Prioritäten waren, die mich in Anspruch nahmen und davon abhielten, den Nord-Süd-Fragen gerecht zu werden. Es ist gewiß so, daß ich denjenigen Kollegen nicht hinreichend Aufmerksamkeit widmete, die unsere Prioritäten überprüfen und ergänzen wollten. Gleichwohl war ich bemüht, mich über neue Ansätze zur Entwicklungspolitik auf dem laufenden zu halten. So erfuhr ich 1974 und 1975 von den Präsidenten Algeriens und Mexikos über bedeutende Initiativen, die einer neuen internationalen Ordnung zugute kommen sollten. Doch diejenigen, welche mir die Aufgabe antrugen, mögen mehr den Beitrag im Auge gehabt haben, den ich auf dem Gebiet der Ostpolitik zu leisten vermochte ..."

Im Grunde hat sich Willy Brandt nach seiner Selbsteinschätzung also erst am oder nach dem Ende seiner Kanzlerschaft diesen Fragen ernstlich zugewandt. Dabei — und das ist das Frappierende — ist er objektiv der Bundeskanzler, der von allen Bundeskanzlern bisher am meisten für die deutsche Entwicklungspolitik getan hat. Willy Brandt hat nämlich als Regierungschef — erstmals eine entwicklungspolitische Konzeption der Bundesregierung in einem Kabinettsbeschluß als Leitlinie für alle Ressorts festgelegt;

— dem Entwicklungshilfeministerium jene Kompetenzen verschafft, die ein selbständiges Ministerium im Grunde erst rechtfertigen;

— in Erhard Eppler über die Jahre hinweg einen Ressortchef gestützt und gehalten, der die deutsche Entwicklungszusammenarbeit als ernst zu nehmenden Faktor nicht nur im Bundeskabinett etablierte, sondern ihr — in seiner Person — auch international Respekt und Ansehen zu verschaffen verstand;

— die politische Mitarbeit und das Interesse des Bundestages an der Entwicklungspolitik zu festigen und auszubauen versucht durch eine umfassende Berichterstattung der Bundesregierung über alle Maßnahmen aus diesem Bereich

— in der Finanzplanung des Bundes erstmals langfristig Zuwachsraten für die Entwicklungszusammenarbeit eingesetzt, die eine kontinuierliche Projektpolitik mit einem Pro. jektvolumen ermöglicht hätten, das auch international Beachtung gefunden und der Bun.desrepublik Deutschland einen ihrer weltwir. schaftlichen Bedeutung entsprechenden Platz unter den Geberländern verschafft und erhal. ten hätte

über all das verliert Willy Brandt kein Wort, wenn er die Sätze formuliert, die ihn nach seiner eigenen Vorstellung für den Vorsitz in det Brandt-Kommission legitimieren. Dabei hätte jeder einzelne der hier genannten Punkte -und die Aufzählung ist bei weitem nicht erschöpfend — ihn spezifischer qualifiziert als das eher beiläufige, wenn auch kontinuierliche Interesse, das Willy Brandt sich selbst für diese Fragen attestiert. Wie soll man diesen Widerspruch zwischen den objektiven Akten und der subjektiven Einschätzung bewerten! Ist es überhaupt ein Widerspruch?

Verengte Einschätzung des Politischen Man wird m. E. daraus folgern können, daß der damalige politische Steuermann und Impulsgeber, d. h. Willy Brandt als Kabinettschef, diese Punkte und Positionen nicht als . politisch“, nicht als Teil seiner politischen Leistung aufgefaßt hat. Für ihn waren das Ressortangelegenheiten, Routinegeschäfte eines Bundeskabinetts, dem vorzusitzen nun einmal Amtsaufgabe des Kanzlers ist. Als politisch wichtig und erwähnenswert erscheinen ihm nur solche Dinge, mit denen er sich selbst, aus eigenem Interesse und eigenem Entschluß befaßt hat.

Der ehemalige Bundeskanzler Brandt räumt ein, daß er sich während seiner Kanzlerschaft den entwicklungspolitischen Problemen nicht sonderlich gewidmet hat. Aber Willy Brandt hat den damals aktuellen Pearson-Bericht in seiner Regierungserklärung immerhin noch zum Programmpunkt gemacht. Bei Bundeskanzler Schmidt war eine ähnlich programmatische Erklärung bisher nicht zu verzeichnen. Seine Distanz zu diesen Fragen ist offensichtlich. In einem vor der Bundestagswahl 1980 in hoherAuflage verbreiteten Buch wird die Vorbereitung einer Kabinettsitzung bei Bundeskanzler Schmidt plastisch beschrieben: . Jedes Thema hat die volle Zuwendung des Kanzlers, aber nicht alle Probleme geht er gleichermaSen gelassen an. So schubst ihn ein Entwicklungshilfedetail keineswegs aus der Balance. Er weiß, daß er da . stubborn bleiben will, teilt es ohne Verzögerung mit, gibt sich unbewegt, nach anderen Herausforderungen Ausschau haltend."

Ob bei den anderen Herausforderungen, bei der Energieversorgung zum Beispiel, bei der wirtschaftlichen Stabilität oder den internationalen Wähungsproblemen allerdings auf lange Sicht erfolgreich zu operieren ist, wenn man über unsere Beziehungen zur Dritten Welt so leicht hinweggleitet, bleibt zweifelhaft Hat eigentlich die aggressive Politik der OPEC, haben die Ereignisse im Iran, im Tschad, in Uganda, in Afghanistan oder in der Türkei so wenig mit der allgemeinen Politik und mit der politischen Vernachlässigung der Probleme der Dritten Welt zu tun, daß man darüber jeweils zur Tagesordnung übergehen kann?

Der Bericht der Brandt-Kommission zielt auf den entscheidenden Punkt, wenn er die politische Dimension der Nord-Süd-Problematik betont Wird es ihm aber gelingen, die hier bestehenden Mentalsperren doch noch zu überwinden?

Zwischen „Fachfrage“ und „Politik"

Für den Ertrinkenden, der verzweifelt ums Überleben kämpft, ist eine Debatte auf hohem fachlichen Niveau darüber, welches Rettungsgerät im Lichte dieser bedauerlichen Erfahrung für künftige Fälle am besten bereitzuhalten sei, von sehr geringem Wert. Ihn als den jetzt und unmittelbar Bedrohten interessiert am allerwenigsten, ob die Fasern der Leine, rechts-die ihn retten könnte, oder linksherum gedreht sind. Er hofft inbrünstig, daß man ihm den Strick endlich zuwirft, damit er sich daran festhalten und neue Kräfte sammeln kann. Das sagt nichts gegen die Notwendigkeit, sich auch einmal sehr ernstlich Gedanken darüber zu machen, welche Rettungsgeräte man generell braucht, wie man sie beschafft, wartet und instandhält.

Beides sind gleichermaßen berechtigte Perspektiven, aber sie haben in der konkreten Situation für die Betroffenen und die Beteiligten sehr unterschiedliche Prioritäten.

In dieser Unterschiedlichkeit der Ausgangspunkte liegt das Dilemma der meisten Nord-Süd-Gespräche. Für die eine Seite sind das harte Existenzfragen. Die andere Seite glaubt immer noch, es handele sich hier um Fachfragen (und damit um Randfragen). Wenn man diese Diskrepanz nicht auf beiden Seiten realisiert, redet man aneinander vorbei.

Die Brandt-Kommission hat das erkannt. Auch wenn sie es so deutlich nicht ausspricht, sieht sie in den Vorurteilen und dem persönlichen Desinteresse vieler westlicher Politiker eines der Haupthindernisse für den Beginn realistischer und fruchtbarer Gespräche zwischen Nord und Süd. Sie sucht nach Wegen, diese Kluft zu überbrücken.

Lag es wirklich an der Größe der Konferenzen ...?

In diesem Zusammenhang setzt die Brandt-Kommission ihre Hoffnungen u. a. auf die Wirksamkeit einer Konferenztechnik neuer Art, nämlich einer Serie von Spitzengesprächen wichtiger Staatsmänner in kleinerem Kreis Davon erhofft man sich bessere Ergebnisse als von jenen Mammutkonferenzen, die im Dunstkreis der Vereinten Nationen in den letzten Jahren so häufig wie nie zuvor stattfanden von den Entwicklungsländern mit viel Hoffnung anvisiert wurden, aber durchweg in Hoffnungslosigkeit, Streit und Konfrontation endeten. Sind die Mammutkonferenzen wirklich nur daran gescheitert, daß sie so groß waren, zu schwerfällig und zu zeitraubend, so daß die großen Staatslenker, deren persönliche Teilnahme nach dieser Vorstellung den Konferenzerfolg nachgerade automatisch garantiert hätte, dort gar nicht erst erschienen? Die Brandt-Kommission scheint das anzunehmen. Sonst wäre ihr Vorschlag zu diesem Punkt nicht verständlich. Ich meine dagegen, daß die Brandt-Kommission hier Ursache und Wirkung verwechselt. Ein Politiker lebt schließlich davon, daß er für die Verkündung seiner Idee immer eine möglichst große Plattform, einen großartigen Rahmen findet. Für den, der etwas zu sagen oder zu bieten hat, kann eine Konferenz deshalb gar nicht groß genug sein. Wenn das zutrifft, signalisiert das Fernbleiben der „Großen“ von den Mammut-konferenzen keineswegs, daß diese Konferenzen a priori ungeeignet, steril und unpolitisch waren. Im Gegenteil: Die „Großen" kamen nur deshalb nicht, weil sie zum Thema Nord-Süd nichts zu sagen hatten, in der Sache nichts bewegen konnten oder nichts bewegen wollten. Denn wenn sie etwas gewollt hätten, hätten sie sich für die Bekundung dieses Willens keine idealere Kulisse als eine der großen internationalen Konferenzen wünschen können. ... oder an der Vorentscheidung im Vorfeld? Weil es ein positives Konzept, eine Konferenz-strategie, die diesen Namen verdient hätte, nicht gab erschienen auf den Konferenzen nicht die Politiker, sondern deren Vertreter, ihre Mitarbeiter und Beauftragten mit vorher festgelegten Positionen. Konferenzerfolge — wie auch immer definiert — wurden nicht erwartet, waren nicht vorprogrammiert, wären auch kaum wünschenswert gewesen. Denn man wußte ja auf unserer Seite nicht, was man eigentlich wollte. Alles Abblocken, war die Parole. Wenn es gelegentlich durch die Autodynamik großer Versammlungen oder durch gruppendynamische Effekte innerhalb der Delegationen zu verbalen „Durchbrüchen" und „Fortschritten" kam, wurden diese schnellstens vom Tisch gefegt, sobald man nach Beendigung der Konferenz daheim wieder zu den Tagesgeschäften überging.

Die Größe der Konferenzen, die Form der Mammutkonferenzen, die Konferenztechnik hätte eine bessere politische Willensbildung niemals verhindert. Das Schicksal der Konferenzen war vielmehr längst entschieden, bevor sie begonnen hatten. Die Konferenzen — bis hin zur 11. Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen im September 1980 — machten die Ergebnisse negativer Vorentscheidungen lediglich in der Summierung deutlich.

Es geht also nicht um die Konferenztechnik sondern um die — jeweils eigene — politische Willensbildung, um politische Führung in Vorfeld internationaler Begegnungen. Sowei die Brandt-Kommission darauf zielt, verdient sie Unterstützung. Wenn eine bestimmte Technik der Vorbereitung bessere politische Vorentscheidungen begünstigen kann, sollte man es damit versuchen. Nur darf man nicht den Eindruck entstehen lassen, daß die Form bereits den positiven politischen Inhalt präju. diziere. Sonst befindet man sich schnell in der Situation von Münchhausen, der sich an eigenen Zopf aus dem Sumpf ziehen wollte, aber dann feststellen mußte, daß die Perücke nicht fest genug am Kopf saß.

Die Brandt-Kommission hätte es sich nichtersparen sollen, die ihr nur allzu gut bekannter Ursachen des Scheiterns der großen Konferenzen deutlicher darzustellen. Dann wären ihre Vorschläge zur Abhilfe plausibler geworden. Man hätte die Not erkannt, aus der diese Vorschläge gemacht wurden. Als eigentlicher Zweck der Serie von kleinen Konferenzen führender Politiker wäre deutlich geworden, daß es lediglich darum geht, zunächst diese selbst für das Thema zu interessieren. Durch ihre Zurückhaltung in diesem Punkt vermeidet es zwar die Brandt-Kommission, daß hier dieser oder jener sich für sein Verhalten in der Vergangenheit kritisiert fühlt. Ob aber derSache wirklich am besten gedient ist, wenn man die leidvolle Erfahrung mit den Konferenzen des letzten Jahrzehnts und ihrer politischen Vorbereitung nur verkürzt andeutet, statt Ursachen, Wirkungen und Verantwortungen oi-! fenzulegen, möchte ich bezweifeln.

In den Industrienationen mögen wir das alles inzwischen vergessen, vielleicht gar nichterst richtig zur Kenntnis genommen haben. Den Entwicklungsländern dagegen steht diese Kette unerfüllter Versprechungen und enttäuschter Erwartungen um so deutlicher vor Augen. Sie sehen sich tagtäglich sehr harten Realitäten gegenüber. Hier liegt eine der Wurzeln für die Eskalation ihrer Forderungen. Sollen sie neuen Versprechungen geduldig vertrauen, nur weil man jetzt sagt, durch den Bericht der Brandt-Kommission sei das Thema plötzlich relevant geworden? Dazu gehört wohl etwas mehr. Dazu gehörten überzeugende Taten. Die offene Analyse von zweiverspielten Dekaden durch die Brandt-Kommission hätte ein erstes Signal sein können, dal man wirklich nachdenklich geworden, d. h. aus der Vergangenheit zu lernen begonnen hat Die Vorbereitungen der Bundesregierung zur 11. Sondergeneralversammlung hätten eine neue, eine „politischere" Orientierung signalisieren können. Der Bundesaußenminister, zu einer Stippvisite nach New York gekommen, vermied jedoch schon im deutschen Eröffnungsstatement konkrete Festlegungen Mehr Hilfe für die Armen vom Ostblock zu fordern, wie es Minister Genscher tat, ist zweifellos richtig und notwendig und wird vom deutschen Wahlvolk gerne gehört. Nur kann der berechtigte Appell an andere auf die Dauer die fehlende eigene Leistungsbereitschaft nicht kompensieren. Die eigene Verhandlungsposition wird dadurch nicht entscheidend gestärkt Dabei hatten Parteitagsbeschlüsse von SPD und FDP über die Notwendigkeit einerverstärkten Entwicklungszusammenarbeit der Regierung bereits politische Rückendeckung signalisiert

Lag es an der Erhebungstechnik ...?

Einer der weiteren wichtigen Gedanken der Brandt-Kommission ist der Vorschlag, künftig einenTeil der Mittel für die Entwicklung automatisch durch internationale Abgaben aufzubringen. Diese Abgaben sollen insbesondere auf die Waffenherstellung und auf Waffenexporte, aber auch auf den internationalen Handel, den internationalen Tourismus und den Gemeinschaftsbesitz der Menschheit, vornehmlich die Rohstoffe auf dem Meeresgrund, gelegt werden

Als Bemessungsgrundlage für internationale Abgaben, mit denen der schlimmsten Not auf dieser Welt gesteuert werden soll, sind diese Anknüpfungspunkte sinnvoll. Die Brandt-Kommission nennt beeindruckende Beispiele: Ein Tausendstel der jährlichen Militärausgaben würde z. B. reichen, um die Malaria weltweit erfolgreich zu bekämpfen „Mehr Waffen", heißt es in dem Bericht, „machen die Menschheit nicht sicherer, nur ärmer". oder ... fehlte der politische Wille?

Aber auch hier muß man fragen, warum nach so unbestreitbar richtigen Erkenntnissen, die es ja auch vorher schon gab, nicht bereits gehandelt wurde oder wenigstens jetzt gehandelt wird. Nach den hier entwickelten Gedanken kann die Antwort kurz sein: Die Entwicklungshilfe ist über 20 Jahre nicht deshalb so kläglich ausgefallen, weil man die richtige Bemessungsgrundlage nicht hatte oder nicht an-wandte. Die Entwicklungshilfe gerade der wirtschaftsstärksten Industrienationen blieb so gering, weil ihr die politischen Führer dieser Nationen keine nenneswerte Bedeutung beimaßen. Das führt zu der Frage zurück, ob und wie diese politische Einschätzung zu ändern und mit dem veränderten Bewußtsein eine positivere Haltung zu erreichen ist.

III. Die Verdrängung der Gegenwart — nur eine parlamentarische Panne?

Wertvorstellungen und Verhaltensweisen werden durch die Umwelt geprägt und von ihr reflektiert. Zwischen öffentlicher Meinung, parlamentarischer Artikulation und politischer Führung in der Regierungsspitze bestehen enge Wechselwirkungen. Werfen wir deshalb einen Blick auf die bisherige parlamentarische Behandlung des Berichts der Brandt-Kommission. Wie hat der Bundestag reagiert, was ist von dort zu erhoffen? Hat der Bundes-tag seine Chance genutzt, den politischen Stellenwert des Berichts der Brandt-Kommission zu steigern? Ist er dieser Chance — und damit seiner Mitverantwortung für die Sache — gerecht geworden?

Der Bericht einer internationalen Kommission ist keine Parlamentsvorlage. Er kann aber dadurch zum Gegenstand der parlamentarischen Erörterung werden, daß man sich bei Debatten zu diesem Themenkreis oder bei der Behandlung einer Resolution darauf bezieht. Es bietet sich an, die politischen Debatten zu analysieren, die der letzte Bundestag zu dieser Thematik geführt hat, seit Willy Brandt die Ergeb-nisse der Kommissionsarbeit im Dezember 1979 öffentlich vorgestellt hatte

Die Regierung gibt den Ton an — auch wenn sie schweigt Am 17. Januar 1980 befaßte sich der Deutsche Bundestag mit der weltpolitischen Lage. Die Opposition wünschte eine Aussprache unter dem Eindruck des russischen Einfalls in Afghanistan. Die Debatte wurde mit einer Regierungserklärung von Bundeskanzler Schmidt eröffnet Es war eine Rede voller Aktualität. Krise und Notwendigkeit der Stabilisierung waren die Hauptstichworte. Es gehe um Crisis Management. Wer von uns in dieser Lage eine Politik der großen Worte erwarte, der irre sich über den Stil unseres Staates und über die Interessen unseres Staates. Unter dem Eindruck des Geschehens kündigte der Bundeskanzler an, daß unsere Entwicklungshilfe an Pakistan und an die Türkei verstärkt werde. Indien bleibe auch in Zukunft der bedeutendste Empfänger unserer Hilfe Längerfristige entwicklungspolitische Perspektiven wurden nicht vertieft, weder in der Retrospektive noch im Ausblick auf die ferne Zukunft. Was man hätte tun können, was künftig geschehen müsse, um Krisen in der Dritten Welt langfristig möglichst wirksam vorzubeugen, blieb unerörtert. Daß zu diesem Themenkreis der Bericht der Brandt-Kommission und ihre Empfehlungen bereits vorlagen und in wesentlichen Punkten — seit der ersten Pressekonferenz in London am 17. Dezember 1979 — längst publiziert und kommentiert waren, fand der Bundeskanzler nicht erwähnenswert Er meinte: „Die Länder der Dritten Welt wissen, daß wir zu ihnen stehen." — So einfach ist das also, nach zwei durchaus nicht befriedigenden Entwicklungsdekaden.

Dem Kanzler folgten die Debattenredner. Es blieb Willy Brandt überlassen, festzustellen, daß die Ost-West-Beziehungen nicht mehr losgelöst von den Nord-Süd-Beziehungen ge sehen werden könnten. Wer den Friedet wirklich sichern wolle, müsse deshalb de zweiten großen weltpolitischen Aufgabe, den Ausgleich zwischen den Industrienationen und den sich entwickelnden Nationen also, die gleiche Priorität einräumen

Einige Wochen später, am 28. Februar 1900 kam es erneut zur Abgabe einer Erklärung zu internationalen Lage durch den Bundeskanz ler. Die Opposition wünschte eine weiten Aussprache, ohne daß dieser ein formeller Be richt oder eine Große Anfrage zu gründe lag Zu dem hier interessierenden Themenkreis sagte der Bundeskanzler — ohne auf den Bericht der Brandt-Kommission mit einer Silbe einzugehen — knapp und lapidar bei der Darstellung seiner Politik „Zum dritten: Sind Elemente dieser Politik unsere Beiträge zur politischen Stabilisierung, zur wirtschaftl.

chen Stabilisierung, um die Eigenständigkeit der Staaten der Dritten Welt zu sichern.“ Es war Willy Brandt, der schließlich selbst auf den Bericht der unter seinem Vorsitz zusammengetretenen Kommission zu sprechet kam — soweit ich sehe, die erste Erwähnung des Berichts in einer Aussprache von politischem Gewicht Am 20. März 1980 eröffnete der Bundeskanzler nochmals eine große Debatte, die „Zur Lage der Nation“. Er zog zunächst eine Zwischenbilanz, wieweit jene 20 Punkte verwirklichtsind, die Willy Brandt 1970 zum Gegenstand seines I Treffens mit Willi Stoph in Kassel gemacht hatte. Danach befaßte sich der Bundeskanzler nochmals mit der sowjetischen Invasion in Afghanistan streifte kurz die gemeinsame 5 Erklärung der Außenminister der EG-Staaten und der ASEAN-Staaten von Kuala Lumpur, j um sich dann Bündnis-und Rüstungsfragen! zuzuwenden.

Die Lage der Nation ist nicht berührt Daß die Lage der Nation immer stärker auch durch unser Verhältnis zu den Entwicklungsländern geprägt wird, daß unser überleben da-i von abhängen kann, wie ernst wir diese Frage nehmen, wurde vom Kanzler nicht verdeutlicht. Der Bericht der Brandt-Kommission wurde von ihm auch diesmal nicht erwähnt Dabei hätte das im konkreten Fall besonders nahe gelegen. Einmal, weil Afghanistan immerhin eines der Länder ist, die nach beiden Weltkriegen mit als erste normale Beziehungen zu uns hergestellt hatten. Afghanistan war überviele Jahre ein Schwerpunktland unserer Hilfe. Hätte man dann nicht zumindest die Problematik einer Hilfe erörtern müssen, die so unbefriedigende Resultate bringt? Wie kann man dann eigentlich erwarten, daß eine nach denselben Prinzipien gestaltete Hilfe, wenn man sie jetzt hastig verstärkt auf die Türkei und Pakistan konzentriert, dort unversehens die erhoffte Stabilisierung bewirken soll? Und wenn man so kritisch und selbstkritisch in diesem Zusammenhang nicht sein wollte: Bei der Rüstung und den Rüstungsausgaben hätte sich — und das wäre der zweite Anknüpfungspunkt gewesen — eine Verbindung mit den Vorschlägen der Brandt-Kommission, eine Auseinandersetzung mit ihnen in jedem Falle angeboten. Auch hier blieb diese politische Verknüpfung aus

Die Wirtschaftspolitik ist nicht betroffen Der Bundeskanzler steht mit dieser Haltung nicht allein. Bei der Beratung des Jahreswirtschaftsberichtes 1980 ergab sich ein ähnliches Bild. Bundeswirtschaftsminister Graf Lambsdorff spricht zwar von Schwierigkeiten der Erdölversorgung, von strukturellen Anpassungsprozessen Aber die Verknüpfung mit der Frage, wieweit die heutige Stellung und Haltung der OPEC und die daraus resultierenden Probleme eine Art Quittung für -ver säumte Entwicklungsdekaden sind — warum haben denn die Entwicklungsländer die OPEC politisch immer wieder gestützt, obwohl sie selbst unter den Preiserhöhungen noch mehr zu leiden hatten als die Industrieländer? —, kommt auch dem Bundeswirtschaftsminister nicht in den Sinn, jedenfalls nicht in den Rede-text Fazit: Aus der offiziellen Sicht der Bundesregierung hat die wirtschaftliche Lage der Bundesrepublik mit den beunruhigenden Feststellungen der Brandt-Kommission wenig zu tun. Infolgedessen streifte auch der Haupt-Wortführer der CDU, Prof. Biedenkopf, die Problematik unserer Beziehungen zur Dritten Welt nur beiläufig

Bei den Finanzierungsproblemen für die aktuelle Türkeihilfe wurde Bundesfinanzminister Matthöfer deutlicher, im finanztechnischen Sinn Warum dieses besondere Schwerpunktland unserer Hilfe heute — ganz überraschend? —, mehrHilfe als je zuvor braucht (wobei die Grenzen zwischen Rüstungs-und Entwicklungshilfe hierbei jetzt besonders ins Schwimmen geraten), blieb unerörtert. — Die Problematik hat sich dann durch den Militärputsch vom 12. September 1980 und seiner Ursachen nur allzu deutlich erwiesen.

Nur der Abgeordnete Wolfgang Roth (SPD) versuchte, den Ball ins Feld zu bringen — wobei er sofort ein klassisches Selbsttor schoß. Er erwähnte den Bericht der Brandt-Kommission und sagte dazu „Dieser Bericht durchbricht die Enge, die viele wirtschaftspolitische Diskussionen kennzeichnet. Es würde dem Deutschen Bundestag meines Erachtens gut anstehen, wenn er den Brandt-Bericht in die entwicklungspolitische Diskussion im Mai einbeziehen könnte." Wolfgang Roth spürt die Enge der Diskussion über den Jahreswirtschaftsbericht, zieht aber nicht die Konsequenz daraus, nun wenigstens selber umfassender zum Thema zu sprechen, d. h. zur wirtschaftlichen Lage der Bundesrepublik Deutschland in ihrer weltweiten Abhängigkeit, in ihrer Verantwortung und Verflechtung. Im Gegenteil: Die Erweiterung der Thematik wird sofort wieder von ihm verworfen — wenn das so wesentlich wäre, hätten ja wohl die großen politischen Wortführer dazu schon etwas gesagt —; die Frage, ob denn unsere heutige Wirtschaftspolitik ausreiche, um auch noch morgen unser Überleben zu sichern, wird den zuständigen Fachleuten für eine entwicklungspolitische Debatte zugewiesen. Das klingt dann so, als ob das ein Thema sei, das die armen Schwarzen in Afrika oder andere bedauernswerte Leute betreffe, aber eben doch nicht uns, nicht die Lage unserer Nation, nicht die Lage unserer Wirtschaft, nicht die Qualität unserer Wirtschaftspolitik.

Eine leider wahre Geschichte Die am 25. April 1980 folgende entwicklungspolitische Debatte besiegelte die Bedeutungslosigkeit der Angelegenheit. Die Präsenz der Abgeordneten im Bundestag war so extrem schwach, daß sich sogar eine ansonsten wohlmeinende Zeitschrift herausgefordert fühlte, ihrem Bericht ein halbseitiges Foto des gähnend leeren Plenarsaales voranzustellen: „Entwicklungspolitische Debatte vor leeren Bänken" Ob die politischen Wortführer der Fraktion, ja ob auch nur der Abgeordnete Roth im Saal war, läßt sich auf dem Bild nicht erkennen. Gesprochen hat keiner von diesen; auch als Urheber oder Adressaten von Zwischenrufen treten sie nicht in Erscheinung

Dabei war es eine große entwicklungspolitische Tagesordnung. Sie enthielt — einen Antrag der Fraktion der CDU/CSU zur Steigerung der deutschen Entwicklungshilfeleistungen — den Dritten Bericht zur Entwicklungspolitik der Bundesregierung — die Große Anfrage der CDU/CSU zur Deutschen Entwicklungshilfe in internationalen Institutionen nebst Antwort der Bundesregierung — den Vierten Bericht zur Entwicklungspolitik der Bundesregierung — die Beratung eines Resolutionsantrags der Fraktionen der SPD und FDP zum Bericht der Unabhängigen Kommission für internationale Entwicklungsfragen (also: des Berichts der Brandt-Kommission)

Nach der Fragestunde debattierten die Abgeordneten Schluckebier, Dr. Holtz und Bindig (SPD), Dr. Todenhöfer, Frau Fischer, Dr. Hüsch, Höffkes, Werner und Josten (CDU/CSU) über diese Tagesordnung. Für die FDP sprachen die Abgeordneten Frau Schuchardt und Vohrer, für die Bundesregierung Bundesminister Offergeld und Staatsminister Dr. Hamm-Brücher. Die Aussprache dauerte bis 13. 05 Uhr.

Parlamentarische „Effizienz"

Soweit ich es übersehe, wurden in dieser Sitzung zum ersten Mal in unserer Parlamentsgeschichte zwei Berichte gemeinsam behandelt die die Regierung im Abstand von zwei Jahren erstattet hatte. Der Dritte Bericht zur Entwicklungspolitik der Bundesregierung datiert aus dem Jahre 1977. Er liegt dem Bundestag seit Anfang 1978 vor, ohne daß dieser darüber jemals in einer Plenarsitzung debattiert hätte, Der Vierte Bericht war jetzt hinzugekommen Da konnte man beide gut auf einmal „erledigen". Regierungsbefriedigung Im Namen der Bundesregierung begrüßte Bundesminister Offergeld, „daß die . Unabhängige Kommission für Internationale Entwick. lungsfragen'sich so umfassend mit dem Nord-Süd-Problem befaßt hat". Stolz fügte der Minister hinzu: „Schon heute kann man sagen: Viele Empfehlungen des Berichts entsprechen der Entwicklungspolitik der Bundesregierung.“ Ins Alltagsdeutsch übersetzt heißt das dann wohl: So schnell wird sich an unserer Politik nichts ändern, und wir sehen auch keinen Grund dazu.

Weniger sich Hamm-Brücher äußerte Frau „Dieser Bericht verdeutlicht -dies in dieser Stunde zu sagen, ist vielleicht auch wichtig —, daß schwierige Zeiten keine Entschuldigung dafür sein dürfen, drängenden weltpolitischen Problemen auszuweichen, selbst wenn sie nicht von heute auf morgen zu lösen sind. ... Aus außenpolitischer Sicht ist schon heute festzustellen, daß — und das wurde auch schon gesagt — ein großer Teil der Empfehlungen bereits Bestandteil unserer Entwicklungspolitik ist, was uns aber keinesfalls darin hindern kann, die deutsche Konzeption und die deutschen Entwicklungsleistungen weiter zu verbessern und weiter zu entwickeln, auch gerade in schwieriger weltwirtschaftlicher und haushaltsmäßiger Lage. Denn der dramatische Aufruf in diesem Bericht, daß die Suche nach Lösungen in den Nord-Süd-BeZiehungen kein Akt des Mitleids ist, sondern die Bedingung des beiderseitigen überlebens dies ist auch die Überzeugung der Bundesregierung." Oppositionsposen In der Begründung zum Antrag der CDU/CSU zur Steigerung der deutschen Entwicklungshilfeleistungen heißt es dagegen: „Die nicht eingehaltenen Zusagen Bundesregierung der über den Umfang der deutschen öffentlichen Entwicklungshilfe belasten nicht nur die deutsche Verhandlungsposition auf der 5. Welt-handelskonferenz, sondern auch unsere ganze Nord-Süd-Politik."

Der Antrag trägt 26 Unterschriften. Auch mit der Lupe kann man auf dem bereits zitierten Foto aus dem Plenarsaal auf den Bänken der CDU/CSU noch nicht einmal halb so viele Abgeordnete zählen. Im übrigen hat die CDU/CSU den Entwicklungshilfehaushalt zwar öfter abgelehnt, aber niemals mit der Begründung, daß er zu gering sei. Die physische Abwesenheit gewichtiger CDU/CSU-Politiker bei der Debatte des eigenen Erhöhungsantrags demonstrierte denn auch, wie ernst dieser gemeint ist

Konsequenzen?

Es gab — auch in dieser Debatte — bei allen Parteien Redner, die sich redlich um die Sache bemühten. Dr. Holtz z. B. betonte die Bedeutung, die der Brandt-Bericht als offizielles UN-Dokument bereits erlangt habe. Andere Abgeordnete widmeten sich praktischen Problemen unserer Hilfe, befaßten sich mit Fragen der personellen Hilfe und mit zahlreichen Einzelaspekten des Berichts der Brandt-Kommission

Aber von der politischen Gewichtung her war das Gesamtbild nicht ermutigend. Mit dieser Präsenz, mit diesem Redneraufgebot, in dieser Kürze diskutiert ein Parlament nicht, wenn es ihm um politische Existenzfragen, um Chancen unseres Überlebens geht Auch nur bei einer halbwegs für bedeutsam gehaltenen Frage sähe das alles im Bundestag ganz anders aus. Eine politische Perspektive für die dritte Entwicklungsdekade hat dieser Bundestag nicht gezeigt.

Fazit: Unsere offizielle Haltung den Problemen der Dritten Welt gegenüber ist weiterhin von politischer Geringschätzung geprägt. Wer angesichts des Brandt-Berichts daran zu zwei-fein gewagt hätte, wurde durch die Debatte des Bundestages, durch die Haushaltsbeschlüsse der Regierung und durch die deutsche Marschroute auf der 11. Sondergeneralversammlung Vereinten der Nationen gründlich davon abgebracht.

Ein Bundestag kann sich dabei nicht auf andere Präferenzen eines Bundeskanzlers, dieser nicht auf den Eindruck herausreden, daß das Parlament sich selbst in diesen Fragen offensichtlich nicht ernst zu nehmen scheint. Aus der Sicht des Staatsbürgers gilt folgendes: Wenn der Bundestag voll zur Sache steht, wenn auch nur die Opposition das Thema wirklich ernst nimmt, ist eine demokratische Regierung stets zur Stelle.

Wir Bürger entscheiden!

Vor allem müssen wir Staatsbürger entscheiden, ob wir eine kurzfristige Krisenbewältigung für ausreichend halten. Wäre es nicht besser und richtiger, uns langfristig und ernsthaft auf einen Ausgleich mit der Dritten Welt einzustellen, auch wenn das für uns nicht ohne Opfer geht?

In der Schwebe lassen sollten wir die Frage nicht, dazu sind die Folgen eines Irrtums für uns alle viel zu gefährlich. Solange wir uns in dieser Frage allerdings politisch nicht wirklich entschieden haben, dürfen wir uns nicht wundern, daß die Entwicklungsländer den bei uns fortbestehenden Widerspruch zwischen Lippenbekenntnissen und realem politischen Handeln registrieren, uns gerade deshalb mißtrauen und darauf reagieren, indem sie ihre Forderungen und Aktionen aller Art gegen die uns nach wie vor begünstigende Welt-wirtschaftsordnung eskalieren.

Die Bewahrung und Verteidigung einer Wirtschaftsordnung, die uns Wohlstand gebracht hat und bringt, darf nicht zu Lasten der weltweit Ärmsten gehen. Nur wenn auch die anderen als Realität konstatieren, daß eine weltwirtschaftliche Arbeitsteilung ihnen ebenso Vorteile bringt wie uns, daß sie auch ihnen die Chance eröffnet, ihre Armut zu überwinden und allmählich zu besseren Lebensbedingungen zu kommen, werden wir die Weltlage stabilisieren und den Frieden erhalten können. Wenn wir ihnen die Chance dazu nicht geben, wenn wir weiterhin unsere Märkte für sie sperren, unsere Beschäftigungsprobleme auf sie abzuwälzen versuchen und ihnen die höheren Stufen der Wertschöpfung bei der Verarbeitung ihrer eigenen Rohstoffe vorenthalten, kurz, wenn wir uns erst dann um ihre Probleme kümmern oder zu kümmern vorgeben, wenn uns eine eigene akute Krise dazu zwingt, wer-den wir ihr Vertrauen (als wichtigste Grundlage politischer und wirtschaftlicher Stabilität) nicht gewinnen.

IV. Resonanzen — Dissonanzen

Wenn wir hier untersuchen, auf welche Reaktionen die Brandt-Kommission gestoßen, welchen Grad der Aufmerksamkeit sie erfahren hat, so geht es keineswegs darum, einer Kommission oder den in ihr Tätigen Applaus zu verschaffen. Uns bewegt allein die Frage, ob es der Kommission gelungen ist, einer so wichtigen Frage zu entsprechender politischer Resonanz zu verhelfen.

Für die deutsche Öffentlichkeit war es überraschend und ungewohnt, daß im Jahre 1977 ein Deutscher aufgefordert wurde, den Vorsitz einer unabhängigen Kommission zu übernehmen, in die man weltweit hohe Erwartungen setzte.

Wir kennen nur noch Parteien Die Neuartigkeit des Vorgangs mag die z. T. reichlich provinzielle Reaktion einiger politischer Gruppen erklären; zu entschuldigen ist sie damit nicht In der Absicht, Willy Brandt eins auszuwischen, bezweifelte man damals im Lager von CDU/CSU zunächst lauthals seine Qualifikation für diese Aufgabe. Nur: Was auch immer seine Qualifikation sein mochte oder in den Augen von CDU/CSU nicht war, diese Kritik konnte ihn nicht tangieren. Er hatte die Kommission nicht erfunden, sich nach der Aufgabe nicht gedrängt Er selbst hatte sehr gezögert, den Auftrag zu übernehmen. Die Kritik mußte also — wenn ernst gemeint — den Präsidenten der Weltbank treffen, Robert S. McNamara. Denn schließlich war es dann ja seine Torheit, auf eine — nach Meinung von CDU/CSU — so absolut ungeeignete Persönlichkeit zu verfallen, sie sogar noch zu umwerben. Wen sonst aber hätte McNamara — seriöse Motive der Kritik unterstellt — nach Ansicht seiner Kritiker dann wohl berufen sollen? Helmut Kohl oder Franz Josef Strauß konnten sich nicht übergangen fühlen. Wer von ihnen wäre international als Moderator gesucht gewesen, wer beherrscht moderne Fremdsprachen, wer hätte in dieser Funktion weltweit positive Resonanz gefunden? Also statt Willy Brandt dann lieber gar keinen Deutschen?

Es wäre einfacher, derartige Peinlichkeiten mit Stillschweigen zu übergehen. Aber wir sollten nicht auf Dauer darauf vertrauen, daß uns solche Provinzialität international nicht auch allgemein schadet Folgendes fällt auf: Soweit die Reaktionen von hier aus zu überblicken sind, hat man — mit Ausnahme der Bundesrepublik— in jedem anderen Land die Berufung eines seiner Bürger in die Kommission als Auszeichnung und Ehre auch für das betreffende Land empfunden und begrüßt, über örtliche Parteigrenzen hinweg. Daß man außerdem vielleicht auch diese oder jene Person noch zusätzlich in der Kommission gern gesehen hätte, steht dazu nicht in Widerspruch.

Natürlich spielte bei der Berufung eines Deutschen auch eine Rolle, daß man auf diesem Wege das bisher recht geringe Interesse speziell der Bundesrepublik an entwicklungspolitischen Aufgaben zu stimulieren hoffte. Nun, wir haben jedenfalls durch alle Parteien hindurch gezeigt, daß wir so einfach nicht herumzukriegen sind!

Die Brandt-Kommission hat es nicht einmal geschafft, echten Zorn zu erregen — das hätte ja dann der Fall sein müssen, wenn alle anderen die Entwicklungspolitik so ernst nehmen, wie sie immer behaupten, nun aber feststellen müssen, daß die Brandt-Kommission mit einem ungenügenden oder politisch kontroversen Bericht dem Thema nicht gerecht geworden wäre

Zugegeben, der Bericht der Brandt-Kommission erschien zu einem besonders unvorteilhaften Zeitpunkt: die brutalen Völkerrechts-, brüche in Iran und in Afghanistan und ihre mi-litärpolitischen Folgen überlagerten fast alle Überlegungen

Trotzdem zeigten sich, wenn man die ersten publizistischen Reaktionen und Stellungnahmen vergleicht, bemerkenswerte Unterschiede. Eine kleine Blütenleese Der Bericht der Kommission wurde dem Generalsekretär der Vereinten Nationen, Wald-heim, am 12. Februar 1980 in New York offiziell übergeben. „Bedenkliche Vorstellungen und Forderungen" lautete die Überschrift der vom entwicklungspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gezeichneten Stellungnahme vom gleichen Tage. „Ironie des Schicksals" schrieb die Wirtschaftswoche am 15. Februar 1980, denn: „Gerade die originellsten Ideen, die dem Vorsitzenden Brandt besonders am Herzen lagen, wurden durch die weltpolitischen Ereignisse überrollt Allen voran die Verknüpfung von Abrüstung und Entwicklung.“ Demgegenüber Bundesminister Offergeld „Der Bericht wird zu einer Zeit übergeben, in der die krisenhaft zugespitzte internationale Lage jedem vor Augen geführt hat, daß nur eine langfristig angelegte Entwicklungspolitik, die auf soziale und wirtschaftliche Reformen abzielt, friedensstabilisierend sein kann." Und an anderer Stelle: «Schon jetzt läßt sich sagen, daß diesem Bericht eine ähnliche Bedeutung zukommt wie vor zehn Jahren dem Pearson-Bericht, der die Praxis der Entwicklungspolitik in der Zweiten Entwicklungsdekade maßgeblich beeinflußt hat“ Dazu Der Spiegel vom 11. Februar 1980:

Auch der Nord-Süd-Report des ehemaligen kanadischen Premiers Lester Pearson, 1969 erstellt, war zwar jahrelang ein Nachschlagewerk für Entwicklungspolitiker: Etliche seiner Forderungen, etwa . weichere'Kreditbedingungen für die ärmsten Länder oder der Anstieg multilateraler Entwicklungshilfe, sind inzwischen durchgesetzt. Doch auf weitreichende Forderungen der Dritten Welt reagierten die Industrieländer hinhaltend."

Eine der fundiertesten Kurzanalysen bot TIME Europe vom 18. Februar 1980: „Unlike many studies of North-South problems, the report does not try to win Support for Third World development on the basis of charity or the white man's bürden. The Brandt Commission argues strict mutual interest."

Deshalb kritisiere der Report zu Recht die von den reichen Nationen errichteten Handels-hindernisse gegen die Exporte aus den Entwicklungsländern. Aber TIME beobachtet auch: „The most significant shortcoming in the Brandt Commission treatment ot North-South relations, however, is its limited attention paid to the role of the private sector. The report looks to government rather than to individual initiative to solve the problems of development ... Yet the past decade's development success stories in Brazil, Hong Kong, South Korea, the Ivory Coast and many other advanced developing nations have shown the importance of private sector initiative and profits in motivating economic takeoff.“

Hier liegt in der Tat einer der deutlichsten Unterschiede im Verhältnis zum Pearson-Report Die Frankfurter Rundschau schließlich druckte am 8. März 1980 Auszüge aus dem Kapitel über Abrüstung und Entwicklung nach: „Die Zusammenhänge liegen weitgehend noch im dunkeln."

„Es ist wie bei der Feuerwehr: Wird sie zu spät losgeschickt, nützt auch die stärkste (Geld-J-Spritze nichts mehr", meinte ppp am 31. März 1980 zur Entwicklungspolitik nach dem Brandt-Bericht.

„Brandt lobby gains political muscle", konstatierte The Sunday Times vom 18. Mai 1980, doch die FAZ vom 3. Juli 1980 recherchierte in USA, daß nicht einmal der Vorsitzende des Unterausschusses für Auslandshilfe jemals von diesem Bericht gehört hatte. Der Vorwärts konnte am 17. Juli 1980 freudig feststellen, daß die deutsche Entwicklungspolitik Vorschläge der Brandt-Kommission übernehme: „Noch lange nicht vom Tisch", während laut Bayern-Kurier vom 2. August 1980 an Willy Brandts unrealistischen Konzepten nur eines klappe, nämlich die „Verteilung der Posten“.

Die Kette der Zitate ließe sich fortsetzen. Einen gewissen Aufmerksamkeitseffekt hat die Brandt-Kommission erzielt, aber eine Tendenz zur Unterstützung langfristiger Strategien zeichnet sich in der deutschen Publizistik bisher kaum ab. Das bleibt nach wie vor offen. Vielleicht kommen wir doch noch einmal so durch, scheint man zu hoffen.

Die Regierung Thatcher in Großbritannien hat inzwischen die Vorstellungen der Brandt-Kommission brüsk verworfen

V. Wie es weitergeht

Absolut neue Vorschläge, sensationelle Patentlösungen zur Behebung der Probleme der Dritten Welt hat die Brandt-Kommission nicht geboten. Dieses war freilich von der Sache her auch nicht zu erwarten. Die Probleme, um die es geht, sind längst bekannt. Was „eigentlich" geschehen müßte, weiß man im Prinzip ebenfalls. Man sollte deshalb die Brandt-Kommission nicht schelten, weil sie großartig Neues zur Sache nicht hervorgebracht hat, den am Thema Interessierten auch nicht bringen konnte Wenn man von einigen speziellen Akzentuierungen einiger Gesichtspunkte einmal absieht: im Grunde steht das alles längst in vielen entwicklungspolitischen Programmen. So gesehen, spielt es auch keine Rolle, ob man zu all den anderen unerfüllten und nicht verwirklichten Programmen und Dekadenstrategien jetzt noch die Empfehlungen der Brandt-Kommission in internationalen Gremien „annimmt" oder „beschließt".

Das Wesentliche wird sich auf einer anderen Ebene vollziehen. Es war schließlich nicht die Aufgabe Brandt-Kommission, entwicklungspolitische Fachfragen aufzubereiten. Sie hatte einen politischen eine politische Funktion. Die eigentliche Aufgabe der Brandt-Kommission war der — nach vielen vergeblichen Anläufen — erneute Versuch, Entwicklungspolitik als zentrale Aufgabe der „großen“ Politik endlich so zu etablieren, daß sie nicht länger zum Schaden der Welt als Randfrage des allfälligen Grisis Management'erscheint und nur in diesem Zusammenhang, d. h. jeweils nur punktuell und aktuell und damit im Grunde ohne politische Konzeption die politische Aufmerksamkeit auf sich zieht Darum geht es. Nicht um das Abhaken einzelner Vorschläge aus einem dickleibigen Buch, und nicht um die Übernahme einzelner Passagen und Formulierungen in papierne entwicklungspolitische Grundlinien oder Konferenz-vorlagen. Die Erfüllung dieses politischen Auftrags ist der Brandt-Kommission auf der politischen Bühne der Bundesrepublik nicht gelungen, im ersten Anlauf jedenfalls nicht Auch auf der 11. Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen wurde der Bericht zwar von den Sprechern der Entwicklungsländer immer wieder zitiert, im Ergebnis ohne Erfolg. Aber die Brandt-Kommission hat auch selber erkennen lassen, daß sie von der bloßen Präsentation und Publikation eines Textes noch keine Wunder erhofft, ihrenAuftrag damitnoch nicht als erfüllt ansieht. Sie wird ein kleines Büro aufrechterhalten Die Mitglieder der Kommission bleiben als Agitatoren ihrer eigenen Vorschläge aktiv In dieser Beharrlichkeit und in der Unterstützung durch alle Bürger, die über den nächsten Tag hinausblicken können und wollen, liegt die Hoffnung, liegt die Chance das liegt die Aufgabe Überleben, für den neuen Bundestag.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Das überleben sichern. Gemeinsame Interessen der Industrie-und Entwicklungsländer, Bericht der Nord-Süd-Kommission, mit einer Einleitung des vorsitzenden Willy Brandt, Köln 1980 (engl. Origi-naltitel: North-South: A Programme for survival, Re-l Portof the Independent Commission on Internatio-I “ al Development Issues, The MIT Press, Cambridge, Massachusetts, Second Printing, April 1980).

  2. Die Anregung zu dieser „großen Bestandsaufnahi pe war 1967 von George Woods, dem damaligen I Residenten der Weltbank, ausgegangen. Sein Nachfolger, Robert S. McNamara, berief die Kommission 1968.

  3. Die Gründe, aus denen die Weltbank sich diesmal nicht an der Finanzierung beteiligte, sondern die Deckung des Finanzbedarfs der Brandt-Kommission freien Stiftungen und anderen Zuwendungsgebern überließ, hängen vermutlich damit zusammen, daß die Weltbank selbst mit ihren eigenen Finanzierungs-und Kapitalaufstockungsproblemen z. Z. auf starke Vorbehalte im Kongreß der USA stößt In dieser Situation ist es wirksamer, wenn eine auch finanziell unabhängige Kommission ihre Meinung über den Kapitalbedarf der Weltbank für künftige Programme äußert

  4. Der Pearson-Bericht, Bestandsaufnahme und Vorschläge zur Entwicklungspolitik, Bericht der Kommission für Internationale Entwicklung, Vorsitzender Lester B. Pearson, Wien, München, Zürich 1969 (engl. Originaltitel: Partners in Development, Report of the Commission on International Development). — Der Textteil der deutschen Ausgabe umfaßt immerhin 280 Seiten; hinzu kommen noch etwas über 100 Seiten Situationsberichte aus den einzelnen Kontinenten und Statistiken.

  5. Verhandlungen des Deutschen Bundestages, 6. Wahlperiode, Stenogr. Berichte, 5. Sitzung, S. 30 D/31 A.

  6. Diese Länder werden von den Ölpreissteigerungen und den dadurch bedingten weiteren Verteuerungen von Düngemitteln und industriellen Produkten betroffen, ohne daß sie auf Grund ihrer Wirtschaftsstruktur in der Lage sind, diese Preissteigerungen auch in ihren eigenen Exportprodukten weiterzugeben. Siehe auch World Development Report 1980, S. 4/5 u. S. 80 ff.

  7. Vgl. Klaus Billerbeck, Formen und Wege der Ent-1 Wicklungshilfe, in: Wirtschaftsdienst, 41. Jahrgang’ 1961, S. 22/23.

  8. The United Nations Development Decade, Pr spects for Action, Report of the Secretary General United Nations, New York 1962. Die Resolution der Generalversammlung — Resolution 1710 (XVI) -1 in der die Entwicklungsdekade proklamiert wurde, ist im Anhang zu dem vorgenannten Bericht des Generalsekretärs U Thant mit abgedruckt.

  9. Vgl. dazu Friedrich Karl Vialon, Die Kunst der Entwicklungshilfe, Vortrag, gehalten am 29. Juni 1962 auf einer Veranstaltung der Industrie-und Handelskammer Stuttgart, veröffentlicht als Sonderdruck der Zeitschrift Europäische Wirtschaft — Entwicklungsländer, Baden-Baden, Bonn, S. 17.

  10. Die zunächst jeweils im Einzelfall ausgehandelten Konditionen wurden späterhin standardisiert. Zum derzeitigen Stand siehe Vierter Bericht zur Entwicklungspolitik der Bundesregierung, BT-Drucksache 8/3582, S. 24/25, Anm. 3. Da sich auch Darlehen zu 0, 75 % Zinsen bei 50 Jahren Laufzeit und 10 tilgungsfreien Jahren als zu starke Belastung erwiesen, erhalten die am wenigsten entwickelten Länder heute fast nur noch nicht rückzahlbare Fi-nanzierungsbeiträge.

  11. Vialon, a. a. O„ S. 17/18, sagte schon damals im Hinblick auf die bevorstehende Haushaltsfinanzienung, „daß es des immer sehr schweren Entschlusses Warf, die Sorgen für das Morgen über die für das Heute zu stellen“.

  12. Vierter Bericht zur Entwicklungspolitik der Bun-desregierung, Tabelle 16 (Sp. 5), S. 121.

  13. Resolution 2218 B (XXI). Die offizielle Proklamation der zweiten Entwicklungsdekade erfolgte am 13. 12. 1967 mit Resolution 2305 (XXII), die Dekadenstrategie selbst wurde mit Resolution 2626 (XXV) am 24. Oktober 1970 verabschiedet.

  14. Ich habe diese zeitlichen Abläufe in dieser Zeitschrift (B 50/78) in meinem Beitrag „Entwicklungszusammenarbeit — Lehrstücke praktischer Politik", S. 14— 17, näher dargestellt.

  15. FAZ vom 17. 9. 1980.

  16. Sozialdemokratischer Pressedienst 35/179 vom 18. 9. 1980, S. 2.

  17. Handelsblatt vom 17. 9. 1980; siehe auch FAZ vom 17. 9. 1980.

  18. Das ist nicht nur eine Frage der technischen Effizienz der Hilfe, sondern weit stärker noch eine Frage der politischen Gewichtung, die in den statistischen Globalzahlen untergeht. Die amerikanische Hilfe z. B. war — statistisch gesehen — mit 0, 56% des Bruttosozialproduktes im Jahre 1964 auf

  19. Siehe die bereits zitierten Konferenzberichte.

  20. Man darf die öffentliche Entwicklungshilfe und den privaten Transfer (Investitionen) nicht in einen Topf werfen, obwohl die Bundesrepublik dann in Vergleich etwas besser abschnitte. Die privaten Investitionen gehen nur in wenige Entwicklungsländer. Die ärmsten Entwicklungsländer bleiben daher auf öffentliche Hilfe angewiesen; sie werden von den privaten Investitionen praktisch ausgespart.

  21. Vgl. World Development Report, 1980, The World Bank, Washington, D. C., August 1980, Tabel 6(S. 140/141), sowie Vierter Bericht zur Entwicklungspolitik der Bundesregierung, Tabelle 30

  22. S. 13 f.

  23. Es handelt sich dabei um die im Zweijahresabstand erscheinenden Berichte zur Entwicklungspolitik der Bundesregierung, BT-Drucksachen 7/1236; 7/4293; 8/1185; 8/3582.

  24. Die Planungen wurden von dem damaligen Fi nanzminister Helmut Schmidt auf einer internatio nalen Konferenz in Nairobi bekanntgegeben. Di Zurücknahme dieser Finanzplanung unter dem spä teren Bundeskanzler Helmut Schmidt führte zun Rücktritt von Erhard Eppler vom Amt des Bundes ministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit; vgl Erhard Eppler, Das Schwerste ist Glaubwürdigkeit Gespräche über ein Politikerleben, rororo aktuell Hamburg 1978, S. 100 f.

  25. Krause-Burger, Helmut Schmidt, Aus der Nähe gesehen, Düsseldorf und Wien 1980, S. 21.

  26. S. 326; 330 f.; siehe auch Vorwort des Vorsitzenden S. 36 f.

  27. Der Dritte Bericht zur Entwicklungspolitik der Bundesregierung verzeichnet S. 201; u. a. die Konferenz über menschliche Siedlungen („Habitat“), Vancouver 1976, die Weltbeschäftigungskonferenz, Genf 1976, die Wasser-Konferenz, Mar del Plata 1977, die Weltwüsten-Konferenz, Nairobi 1977, sowie die noch andauernde 3. Seerechtskonferenz. Im vom BMZ herausgegebenen Journalistenhandbuch 1980 füllt die Konferenzliste mehrere Seiten.

  28. Vgl. Udo Kollatz, Entwicklungszusammenarbeit — Lehrstücke praktischer Politik, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 50/78, S. 21/22.

  29. Bulletin Nr. 93 von 29. August 1980, S. 793 ff.

  30. Der der SPD nahestehende Pressedienst ppp 31/164 vom 28. August 1980 kritisiert zwar genüßlich, daß sich Bundesminister Genscher durch seine Er-klärungen in New York vom eigenen Wahlprogramm der FDP distanziert habe, verschweigt jedoch, daß die Bundesregierung sich gleichermaßen von entsprechenden Parteitagsbeschlüssen der SPD entfernt hat.

  31. S. 155; S. 305 ff.

  32. S. 149/150.

  33. S. 149.

  34. Siehe Dokumentation im Sozialdemokratischen Pressedienst 34/245 vom 21. Dezember 1979, S. 5 ff.; die englische Buchfassung wurde Generalsekretär Waldheim am 12. Februar 1980 in New York übergeben, die deutsche Buchausgabe erschien am 3. März 1980. Dementsprechend gab es Mitte Dezember 1979 und Mitte Februar 1980 in der in-und ausländischen Presse ganze Serien von Kommentaren und Berichten und in der deutschen Presse dann nochmals im März 1980.

  35. Stenogr. Ber. 196. Sitzung, S. 15578 D ff.; insbes. S. 15580 B/C.

  36. S. 15580 A

  37. S. 15582 A

  38. S. 15619 B.

  39. Stenogr. Ber. 203. Sitzung, S. 16171 ff. (S. 16174 B).

  40. S. 16201 B.

  41. Stenogr. Ber. 208. Sitzung, S. 16620 C u. 16622B siehe auch S. 16620; 16621.

  42. Sie wurde auch weder von Bundesaußenminister Genscher, der in dieser Debatte nach Ministerpräsident Strauß das Wort ergriff, noch von diesem hergestellt, vgl. S. 16635 D ff.

  43. Stenogr. Ber. 211. Sitzung, S. 16858, 16862 f.

  44. S. 16869 D.

  45. S. 16885 A/B; die politische Dimension dieser massiven Türkeihilfe wurde erst später durch Kontroversen innerhalb der SPD und innerhalb der Regierungskoalition deutlich; vgl. FAZ vom 20. 6. 1980.

  46. S. 16872 A

  47. E + Z, Entwicklung und Zusammenarbeit, Heft 6/80, S. 4.

  48. Nur Herbert Wehner war — wie immer — auf seinem Platz. Willy Brandt hat allerdings am 16. April 1980 an der nichtöffentlichen Sitzung des Fachausschusses teilgenommen. Im übrigen klafft zwischen der dem Stenogr. Bericht beigefügten Liste der entschuldigten Abgeordneten und der tatsächlichen Präsenz eine bei diesem Thema selbst für den Bundestag nicht alltägliche Diskrepanz, vgl. Stenogr. Ber. S. 17233 D.

  49. Drucksache 8/2861.

  50. Drucksache 8/1185 mit Ausschußempfehlung 8/3217

  51. Drucksachen 8/3095 und 8/3483.

  52. Drucksache 8/3582.

  53. Drucksache 8/3944.

  54. Stenogr. Ber. 215. Sitzung, S. 17226 D.

  55. S. 17241 D/17242 A

  56. Drucksache 8/2861.

  57. Insbes. Abg. Josten erhielt für seine Schlußrede ommer wieder Beifall von allen Fraktionen, S. 17249 ff.

  58. In der Debatte vom 25. April 1980 wurde von Abg. Frau Schuchardt daran nochmals sehr zurückhaltend erinnert, S. 17222 D.

  59. In der Debatte vom 25. April 1980 sagte Abg Frau Fischer: „Dieser Bericht hat politische Mängel Deswegen ist, befürchte ich, die Diskussion über diesen Bericht ziemlich schnell verebbt. — Das Gegenteil wäre m. E. richtig: Wenn der Bericht polit sehe Mängel hat, muß man erst recht den Finge 1, darauf legen, um die Sache zu korrigieren. Nimm, man angebliche Mängel zum Vorwand, um keine Diskussion zu führen, ist man in Wirklichkeit an der Sache nicht interessiert

  60. Wenn International Herald Tribune am 24. Juli 1980„The Brandt Report: Sunk Without Trace?“ sich wundert, warum so erfahrene Mitglieder der Kommission wie Heath, Palme, Ramphal oder Brandt die Veröffentlichung der Berichte nicht kurzerhand um -4 Monate zurückgestellt haben, bis die erste Er-regung über Afghanistan etwas abgeklungen sei, Rv das nicht die Sache. Denn die erste öffentliche Bekanntgabe im Dezember 1979 lag zeitlich vor dem rinmarsch der Russen. Außerdem mußte der Be-Echt erscheinen, bevor die Programme zur dritten Entwicklungsdekade beschlossen wurden.

  61. Pressemitteilung des BMZ Nr. 10/80.

  62. Der Pearson-Bericht widmet den Privatinvestitionen noch einen großen Abschnitt und sieht in ihnen eine wesentliche Chance der Entwicklungsländer; vgl. S. 125 ff. Die Brandt-Kommission befaßt sich mit den privaten Investitionen mehr indirekt, im Zusammenhang mit der besonderen Problematik des Technologietransfers und multinationaler Unternehmen; der entsprechende Abschnitt heißt denn auch „Transnationale Unternehmen, Investitionen und Technologietransfer“, S. 235 ff.

  63. Abfuhr für Brandt-Bericht, Stuttgarter Zeitung vom 18. Juli 1980.

  64. Es ist deshalb wohl etwas zu stark, wenn Otto Matzke im Rheinischen Merkur vom 23. Mai 1980 die Überschrift „Willy Brandts . Gesammeltes Schweigen'" wählt Zutreffend macht Matzke allerdings auf Diskrepanzen zwischen dem Vorwort des Vorsitzenden und dem Kommissionsbericht selbst aufmerksam. Es ist auch nicht zu bestreiten, daß die Kommission viele Probleme unterschätzt

  65. Ich halte es deshalb für fatal, wenn sich die Diskussion zum Brandt-Bericht sozusagen unter Ausklammerung der politischen Grundfragen sofort wieder auf die Einzelaspekte wirft, so interessant diese auch sein mögen. Insoweit bin ich grundlegend anderer Auffassung als Udo Ernst Simonis, Kritik der entwicklungspolitischen Empfehlungen der Nord-Süd-Kommission, in dieser Beilage B 37— 38/1980, S. 3 ff. Man sollte die Fragen nicht an Brandt richten, sondern an die politisch Verantwortlichen.

  66. Dieses Verbindungsbüro soll in Den Haag eingerichtet werden; vgL Sozialdemokrat Magazin 6/80 S. 7.

  67. Nach Gesprächen mit Willy Brandt und Bruno Kreisky hat der Staatspräsident von Mexiko, Lopez Portillo, führende Politiker für Anfang nächsten Jahres zu einem Gipfelgespräch nach Mexiko eingeladen. Auf dem Weltwirtschaftsgipfel in Venedig wurde ein Spitzentreffen für Anfang 1981 ins Auge gefaßt, aber nicht förmlich beschlossen.

Weitere Inhalte

Udo Kollatz, Dr. jur., Dr. rer. pol., geb. 1931 in Königsberg (Pr.), Rechtsanwalt in Bonn, Honorarprofessor an der Technischen Hochschule Darmstadt, Staatssekretär i. e. R. Veröffentlichungen u. a.: Qualität trotz Gleichheit?, Frankfurt 1972; Eingeplante Fehler oder fehlgeplante Einflüsse?, in: transfer 4, Opladen 1977; zahlreiche Aufsätze in Zeitschriften und Sammelwerken zu wirtschaftsrechtlichen, organisations- und verwaltungspolitischen Fragen, insbesondere zur Steigerung der Effizienz und Verbesserung der Kontrolle in der öffentlichen Verwaltung.